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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (July 25, 1902)
in wifiokenschufx KriminaLRoman you Heinrich Yes-, · « Jst-COE- - seg- DE EBOOK-Ist poc- stccizstcw (3. Fortsetzung) Tante Pinchen wurde aufgerufen. Ehre Vernehmung machte dem Herrn mtcrischter ziemliche Schwierigkeit nnd nur mit Mühe war ihr beizu bringen, daß sie persönlich in keiner Weise etwas dabei zu erleiden habe. aber ihre Ausfagen ergaben in teinem Punkte mehr, als diejenigen Regatens. Die beiden Damen waren vorläufig entlassen. Es erfolgte an Demselben Vormittag auch noch einmal die Ver nehmung Schmiedeckes, des alten Scholz, der beiden Buchhalter, des Lehrlings und der Köchin Anna. Jm Wesentlichen ergab sich kein neues Mo ment. Anna hatte, wie Schmiedecke bekunden kannte, etwa zehn Minuten nachdem sich die Herrschaft entfernt, das Haus verlassen, und bis dahin hatte sie tein fremdes Wesen darin ge federt Aehnliches sagte der alteScholz ans, er hatte während der Woche faft fortwährend den haf vor Augen ge habt, aber keine menschliche Seele da rin bemerkt. Um das lritische Zimmer des »Herrn«, das ja ebenfalls nach dem hafe zu lag, aus dem man die Vorgänge darin auch gut hätte be obachten können, hatte er sich natür lich nicht bekümmert. Nur einmal, als er in nicht zu weiter Entfernung da von vorüberging, lurz bevor derSchufz fiel —- erft nachträglich, erst beim Ver- E hör, als der herr Amtsrichter ihn ihn mahnte, sein Gedächtnis anzu strengen, war es dem Alten eingefal len —, nur dieses eine Mal war es ihm gewesen, als ob aus dem Zimmer oder wenigstens aus dem Wohnhautes Stimmen heraustämen. »Was siirt Stimmen?« fragte der Herr Amts-! richter. Aber Genaueres tonnte der» Alte nicht sagen. Es war nur, wenn ihm jetzt «richtig zu Muth war, ein verhallend-er Laut gewesen. Er hatte’ eben nicht weiter daraus geachtet. Viel- J leicht täuschte et sich ja auch. »Wenn ihn der Amtsrichter nicht so gemahnt hätte, so hätte er auch gar nicht mehr daran gedacht.« Obwohl diese Aussage des Alten etwas Neues war, so wußte Amt-seichter Braunfisch doch aus sei ner Praxis, was er davon zu halten hatte. Eine unsichereAussage war ver wirrender als gar keine. Namentlich basirten solche Aussagen auf nach träglichen Selbsttäuschungen oder aus dein WichtigleitsgefühL das sich man cher Zeugen bemächtigte Hätte der Alte in der That eine solche Stimme ehärt, so müßte sie, um durch das fter zu dringen, sehr laut gewesen ein« Es müßte ein Disput, ein Streit gewesen sein. Dem aber widersprach der ganze Thatbesund. Nicht in einem DIan nicht in einem Streit, sondern im Schlafe war der Todte ermordet worden. Immerhin mußte das vage leugniß zu Protokoll genommen wer den. Schade um die Tinte und das Papier. Was Schmiedecle betraf, so hatte er im Gefühle seiner heutigen Bedeutung auf seinem schwarzen Sonntag-stock seine sämmtlichen Wittwe-Auszeich nungen angelegt, er hatte in seinen jungen Jahren in Potsdam bei der Garde gestanden und seitdem eine Art Berliner Dialett und Wesen an sich be halten, durch die er sich gebildeter vor kam. »Herr Amtögerichtörath,« sagte er —- als bewanderter und, wie eben bemerkt, geblldeter Mensch pflegte er betitelte Mitmenschen immer um eine Rangstufe zu erhöhen—k— »Herr Amts geklllslblslcs, UkUOk Vlc MlO Vclllcy'-' men, möchte ich mir eine ergebenste Meinung erlauben. Jch bade einen Freund, der istSchlosser, und der tennt den Geldschrant don Herrn Rosenau ganz genau. Warum? Weil er aus der Fabrik ist, wo der Schrank gemacht worden ist. Soll ich Ihnen sagen, was mein Freund meint? Wer das- Schloß nicht ordentlich kennt, meint er, der brinat’s auch nicht aus — auch nicht mit die Schlüssel. Wenn Einer also das Geld rausgenommen hat —- ein Fremder war’s nicht. Oder Herr Holl seld müßi’s gewesen sind — na, uno davon kann doch nicht die Rede sind. Also meint er, und das mein’ ich auch: alles das Zeug, daß ein Fremder dabei im Spiele ist, ist Quatsch. Die Sache liegt eben so — ganz unter uns Beiden gesagt, Herr Amtsgerichtsrath, und es braucht ja auch sonst Niemand ioas da don zu wissen —- herr Rosenau hat sich das Leben genommen. Warum? Du lieber Gott, das fragen die Leute immer, wenn Einer so ’ne Sache macht, ohne daß man gleich einen Grund sieht. Die reichen und die anständigen Men schen haben auch ihren Kummer, ohne daß er ihnen gleich jedesmal im Gesicht Hebt, und so wird? eben auch bei herrn Rosenau sen-sen sind.« »Sei-eigen Sie sent, « schrie der herr Inst-ei i.chter Essai-up fuhr Schmied-se betrossen aifsiewerdens-viere gären-n Rang tin e in IWÆ sie sur aus dassgwas Y: IS W Wiss LIW :-W Ida-, inwie- mu die » Wes-; spiel die Möglichkeit nahe. daß sich« Je mand von den Arbeitern während der Mittagstunde in dem Innern oder sonstwo an einer verborgenen Stelle im Hause eingefchlichen hatte. Es war also nothwendig, daß oon jedem Einzelnen sein Alibi nachgewiesen wurde. Schon am frühen Morgen hatte der Amtsrich . ter einen Boten hinaus geschickt nach » der Fahril, der ihm die Lohnliste » brachte. Bei ihrem großen Umfange I versprach sie mehrere Tage in Anspruch » zu nehmen. Was die Vernehmung Hollseld’s be traf, so hatte sie der here Amtsrichter aus einem besonderen Grunde fiir den Nachmittag festgesetit. Hollfeld schien ihm von allen Personen, die vorläufig bei der Sache in Betracht lamen, die wichtigste zu sein. Er wollte sich rnit diesem Herrn Hollfeld in aller Muße beschäftigen, deshalb hatte er sich eigens für ihn den ganzen Vormittag vorbe halten. Es war wieder ein so heißer Tag wie gestern. Unbarmherzig brannten draußen aus den menschenleeren Stra ßen wieder eine wahre Kochofengluth Der Aufenthalt in den Korridoren des Gerichtsgebiiudes, dessen alte dicke Steinpfeiler eine angenehme Kühle verbreiteten. war dagegen ein wahres Labfal. Auf den an den dicken Mauern entlang laufenden Bänken saßen die Leute mit ihren Vorladungsschreiben und wischten sich aufathnrend den Schweiß von der Stirne. So konnte ein Gerichiögebäude auch sein Ange nehmes haben, wenn keinem oas auch heute wohl zum ersten Male zum Be wußtsein kam. »Herr hollseld!« erscholl die Stim me des Gerichtsdieners durch den küh len langen Gang. Er ließ die Thür ossen —- hollseld trat ein. »Ich habe noch eine Anzahl Fragen an Sie zu richten,« begann Amtsrich ter Braunsisch, »nehmen Sie Platz. Hollselv seyte sich. »Sie haben, wie mir nachträglich bekannt wird, herrn Rosenau sehr nahe gestanden, nicht nur im geschäft lichen, sondern auch im rein mensch lichen Sinne?« Der Amtsrichter faßte bei dieser «Frage sein Gegenüber genau in"s Auge. Ruhig begegnete hollseld sei nem Blick. »Zawohl!' erwiderte er. . err Rosenau hat häufig Bera thungen mit Jhnen gehabt, das besagt also, Sie waren hiiusig mit ihm al lein, Sie hatten jederzeit Zutritt zu ihm, auch in seine Privatgemöcher?« »Aller»dings!« .hm. Amtsrichter Braunsisch strich sich seinen Schnurrhart. »Wollen Sie mir nun ganz genau erzählen, was Sie am gestrigen Morgen mit herrn Rosenau zu thun gehabt haben, wann und wo Sie mit ihm zusammen gewesen sind, wie lange und so weiter·« Hollselh hatte, wie aus seiner prä zisen Antwort hervorging, diese Frage wohl erwartet und sich Daraus vorbe reitet. Wie an jedem anderen Morgen, so hatte er auch an diesem kurz nach acht Uhr das Contor betreten, wo herr Rosenau bereits an seinem Schutt-ti sche saß. Dann nach einer Viertel stunde hatte er sich in die Fahritriiume begeben. Wenige Minuten vor zwölf war er nach dem Contor zurückgekehrt nor-» ek, nachdem· Herr Rksenau das: sclsc Uclclib Ucllsllcll, »Du-s Uns clwu 1 ( Uhr gearbeitet hatte. s »Wie? Wa5?« unterbrach ihn Braunsisch erstaunt, —- »aber von semiilf bis zwei war doch die Mittaags ( vause, oder gilt Diese nur für Das Fa- i brikpersonal?« ; Hollselo lächelte ein wenig. s »Als Stellvertreter von Herrn Ro- ; senau, als Leiter eines derartigen Be- » triebes habe ich eben mehr zu thun als i Andere. Jch war nicht nur an die- - sem Tage, sondern überhaupt sehr häusia genöthigt, über Geschäftsschluß in der Fabrik zu bleiben.« » Allerdings, diese Erklärung war ziemlich stichhaltig. « »Gut also,« subr der Herr Ums-Z richtet sort — »und dann, wie Sie sa- ’ gen, um etwa ein Uhr haben Sie also die Fabrik verlassen?« »Jawohl.« ,,Der Zeuge Schmiedecke hat nun zu Protocoll gegeben, daß Niemand, ohne daß er selbst das Hosthor öffnet, die Fabrik verlassen kann« »Das ist richtig. Nur hat er wohl nicht an mich gedacht, und daß ich ei nen Schlüssel zu dem Thore habe.« »Ist dieser Schlüssel andauernd in Ihren Dänben geblieben?« »Ich trage ihn an einem Bunde, sen-it in des nacht Ins- ich ihn nicht von mir, ich bewahre ihn mit den Ihrigen dann unter meinem Kot-sm en.« Gui, und nachdem Sie hie Fabrik al o verlassen, haben Sie Feu- Ro sen- sitbt wieder gesehen «MT« q d ich nett der-n Rose-u mä ein-L - UIÆW etwas WO- - ich sitJ eins Kakus durch den Garten, llopste an sein Zim mer, ich hatte mich nicht getäuscht, er war noch wach. Es waren aber nur wenige Worte, die ich mit ihm zu re den hatte, dann verlieh ich ihn wie det.« Diese Aussage Hollseld's bewirkte. daß selbst der Schreiber, der in gleich giltiaer Geschäftsmößigleit dasaß und vermuthlich von dern Glase Bier träumte, das er nachher trinken wollte, wie alarmirt zu ihm hinsah. »Aber davon haben Sie bisher lei nefSizbe gesagt!« fuhr Braunsisch au »Es ist has erste Mal dass Sie mich darüber bestagenf erwiderte Hollselb unbefangen und mit derselben unbe weglichen Gelassenheit wie bisher. Der Herr Amtsrichter rausperte sich. Dieser Zeuge hatte etwas Unangeneh mes siir ihn. Er hatte geradezu etwas Jrnpertinentes. »Das sind doch aber ganz aussiillige Sachen,« sagte er. »Als sich hetr Ro senau in sein Zimmer begab war es halb eins Er begab sich dorthin, um zu schlafen — und um Eins ist er noch wach. Und außerdem wollen sie sich gsleeich gedacht haben, daß er noch wach it.'« Hollseld erwiderte nichts. Es wurde ja auch seine Antwort von ihm ver langt. »Rachdem Sie dann herrn Rosenau verließen —- wo gingen Sie bin ?« »Nach dem Bahnhos.« »Nach dem Bahnhos? Was hatten Sie dort zu thun?« »Ich pslege dort im Restaurant seit Jahren zu Mittag zu speisen.« Das war an sich nichts Aussallenoes. Die Bahnhossliiche war wegen ihrer Güte bekannt. »Wie viel Zeit brauchen Sie zu die sem Weges« »Ungesiihr zwanzig Minuten.« »Das wäre aber aussallend wenig.« »Ich nehme den Weg iiber die Felder, er bietet eine große Abtiirzung.« Es war nicht klar. was der bett Amtsrichter eigentlich mit diesem lesten Fragepunlt bezweckte oder regte sich in ihm vielleicht ein Argwohn gegen holl feldttfelbft Indessen verfolgte er den FraIepunlt nicht weiter. Hollfeld’5 Vernehmung war hiermit zu Ende »Es wäre möglich, daß ich in näch ster Zeit noch einmal oder auch mehrere Male Sie zu sprechen habe. Deshalb muß ich Sie fragen, ob Sie etwaige Reisen oorhaben ?« Nein — zu betreffen hatte Hollfeld vorläufig nicht« und er stand jederzeit dem Herrn Amtsrichter zur Disposi tion. Damit war er entlassen. Zwei Tage später wurde herr Rose nau, nachdem der Staatsanwalt die Leiche freigegeben hatte, zu Grabe ae tragen. Der Friedhof konnte die Menge der Leidtragenden und der Reugierigen laum fassen. An der Gruft sprach der herr Paftor fehr schöne Worte und als Trost fiir die Hinterbliebenen hob er hervor, daß der theure Todte ohne Schmerz da hingegangen war. Auch das geseg nete, das vorbildliche Andenken des Gefchiedenen müßte ihnen zum Trost gereichen, sowie ferner, daß ihnen in einem treuen Diener desselben eine Stütze verblieben fei. Aller Augen richteten sich bei diesen Worten auf Hollfeld Er stand dicht neben Re nate. Sie hatte ihn selbst darum ge beten, in ihrer Nähe zu bleiben — und gehörte er nicht auch, wie Alle wußten, fo gut wie zur Familie? Re nate sah in ihrem Trauergeroand so fchön aus wie noch nie. Der lange fließende schwarzeSchleier machte ihre Geftalt größer als sie war. An der offenen Gruft rannen ihr noch einmal die Thriinen iiber die blasz geworde nenWangen, aber neben demSchmerxe um den bitteren Verlust stand noch etwas in ihrem Gesicht, nur Hollfeld gewahrte es, sonst Niemand. Auch Tante Pinchen bemertte nichts davon. nnmtfbörlickt hatte sit in Diesen dtkl Taaen allen Leuten, die etwas davon wissen wollten, erzählt, wie ihr Bru der ihr noch in den letzten Tagen ge sagt hatte, welche Stütze er an ihr ae sunden und wie dankbar er ihr sei. Nun hatte er nicht einmal sein Testa ment gemacht. Tante Pinchen erreate damit allgemeine Anerkennung uno Theilnahme Im Uebrigen gab es Leute in der Versammlung wes-lu auch ietzt noch an eine Mordthat nicht alauken wollten. Die Redereien Schmiedecle’s und seines Freunde-, des Schlossers, waren wie ein Fluasa men gewesen. Hier und dort hatten sie Wurzel gefaßt, selbst in die Con dolationen und die theilnahmsoollen Fragen, die Renate von allen Seiten entaeaennehmen mußte, drängten sich ihreSpuren hinein, und Renate, schon vorbereitet durch die überstandene amtliche Vernehmung, hörte sie wohl heraus. Sie bederrschte sich aber. Selbstdeherrschungl Vielleicht hatte » sie schon vor den-. Tode ihres Vaters die Kraft dazu, ohne daß Jemand etwas davon ahnte, nöthig gehabt. Jn den letzten Taaen hatte sie jeden sallp darin eine große Uebung gewon nen. Die Traueroersammlun löste sich aus und Renate stieg mit ante Pin chen in den nun dorsahrenden Wagen· Ja Ernte-n elung eines Dienen Eiss nete hollse d, bescheiden dabei in den hinterseund treiend, den Schlag· Vielleicht adee, daß er dabei eine be stimmte Absicht hatte, etwa die Uh åsiifsich so noch einmal Neunten voi M zu bringen. Seine —- weni sienö äußerlich bete set —- una i dein-liebe und so sel stlose Ergeben Iii wer seit der eefen Stunde, tot iheee bedurfte, dieselbe geblie ben. In der Fabric. die heute natiirg lich geschlossen war, ging Alles seinen gewohnten Gang, das war nur ihm nnd seiner Umsicht. seiner Fürsorge zu danten. Jede Sorge nahm er von ihr. Er breitete seine Flügel iiber sie. An das alre, jahrelang in ihr ausge soeichert gewesene Vorurtheil gegen ihn dachte sie jetzt kaum noch. Jn ten wenigen Tagen war es geronnen ivie altes Gletschrreis, das in der Sonne schmilzt. »Ich hätte eine Bitte an Sie — daß Sie uns nach Hause begleiten,« sagte sie nach einem lurzen Zögern, »ich hätte noch etwas mit Jhnen zu besprechen.« Er verneigte sich. Der Wagen war ein Landauer. Er bot hollseld aus dem Rücksih noch be quem Platz, und so rollte er mit allen Dreien davon. Ein leiser Regen be gann von dem während des ganzen Tages schon grau behangenen himmel hernieder zu rieseln, und das verdut stete Erdreich sog die mageren Tro pfen gierig ein. Es ivar Abend ge worden, aber die Länge des Sommer tages ließ noch nichts davon spüren Der Wagen subr um die Stadt her um. Nach einer Weile war man an gelangt. Tante Pinchen hatte im Hause mit Anna noch eine Menge Dinge zu er ledigen· Renate war also ungestört mit Hollseld allein. Sie bat ihn, mit ihr in den Salon zu kommen. »Es ist keine geschäftliche, sondern eine persönliche, eine Familienangele genheit, in der ich mich an Sie wen den tröchte«, begann sie, »mein Vater hat Jhnen so viel Vertrauen geschenkt« auch mir slösren Sie welches ein und eben deshalb möchte ich mit Ihnen über diese Sache reden«. Sie bot ihm einen Stuhl an, und entschlossen, obwohl es ihr sehr schwer zu werden schien, suhr sie sort: »Sie werden ein Gerücht vernommen ha ben — man spricht hier und da davon, dair mein Vater nicht das Opfer eines Mordei geworden ist, sondern daß er selbst hand an sich gelegt hat. Ant worten Sie mir ossen, haben auch Sie davon gehörtk Allerdings hatte er das, aber sollte er es ihr gestehen? «Ja«, erwiderte er nach einigem stummem Ueberlegen, »aber eine solche Verleumdung dars Sie nicht beküm mern«. »Sie bekümmert mich nicht mehr· Nur die Wahrheit will ich wissen, ohne Schonung, und deshalb srage ich Sie: Sind Sie davon, daß mein Vater von fremder hand getödtet worden ist, so überzeugt, dasz Sie jede andere Mög lichteit, also auch die eines Selbstmor des siir ausgeschlossen halten«-«M Wieder ließ er, ehe er antwortete, eine Pause vergeben. »Ja, davon bin ich überzeugt«, »daß wir setzt zwei alleinstebende sagte er dann. Es war duntel geworden. Kaum unterschied er noch ihr Gesicht. Ab sichtlich schien sie kein Licht zu bestel len. »Dann wäre es also die Pslicht ei nes Jeden«. suhr sie sort, und ihre Stimme hatte etwas Gewaltsames. Erzwungenez, »eines Jeden, der dazu im Stande wäre, Alles zu sagen, was den Mörder an’s Licht bringen tönnte«. Er horchte aus· Was meinte sie? Jn welchem Tone sprach sie? »Das wohl ganz gewiß«, erwiderte er« scheinbar von ihrer Frage nicht be sremdet, einsach und schlicht. Die Thiir wurde geössneL Es war Tanie Pinchen. »Sol! ich denn nicht Licht bringen lassen?« fragte sie. Vom Korridor her siel der Schein einer Lampe aus Renatens Gesicht. Renate sah verstört aus. »Bitte, ia«, erwiderte sie hastig der Taute, als sijrehtetejietsich plötzlich Vol Uclll chutuct unt nc qu. Anna hatte die Lampe schon in Händen und stellte sie auf den Tisch »Herr Hollfeld bleibt doch do zum Ibee?" fragte Tante Pinchen. »Gewiß«, wendete sich Renote jetzt wie verwirrt zu ihm, »nicht wahr, Sie bleiben?« Er bejahte selbstverständlich aber vergeblich wartete er daraus, daß Re nate das Gespräch fortsetzen würde· Offenbar hatte sie die Unterbrechung aus andere Gedanken gebracht und sie bereute, das Gespräch überhaupt an gefangen zu haben, wenigstens brach sie es plötzlich ab oder gab demselben doch eine Wendung, die ihn täuschen sollte. Es war tlar, baß sie sich in irgend einer Seelennotb befand, in der sie nach einein Ausweg tostete, nach einer sie iiibrenden Hand. Schon hatte sie bilsesuchend die seine berührt, da schauderte sie —- warum? —- im letzten Augenblicke wieder davor zu rück. Sie wußte etwa- von der That! Vielleicht Alles! Warum dies ihr Be nehmen nun? Aber nein, nicht jetzt war Zeit zu diesen Fragen. Sie durfte nicht einmal erratben, daß sie ibn beschäftigten Und doch errietb sie ibn zum Theil. »Sie wundern sich vielleicht itber mich«, sprach sie rnit nngestren tetn Lächeln. »Ich spreche, als müße ei einen solchen Menschen geben, der et was davon zu sagen tvei . Die That ist am hellen Tage echeben, und wäre et nicht wunder qr genug, baß sie dann für immer im Dunkeln blei ben· solltest Aber ich vertraue aus Gott. Die Loche ist mein, spricht erl Er wird den Weder finden, er wird ihn sie-senk« G llan beinahe, als agte sie et inne usi, um die tin-nie in UM MICHAEL-M —-— H-— wenn die Unterbrechung nicht aewesen wäre. vielleicht zu einer Mittheilung gdriinat hätte —- und um sie glauben zu machen, daß es ihr gelungen war, ihn eariiher zu täuschen, fagte er ihr neiniae dafiir geeignete Worte. Tante Pinchen kam mit dem Gedul Anna brachte den Thee, und das machte der Komödie ein Ende. .Wiinfchen Sie Rum zu dem Thee, Herr Hollfeid?« fragte Tanie Pinchen. Hollfeld dankte. »Sie können sonst welchen bekom men. Wir haben welchen im Oause". Hollfeld dantte wirkiich Er fügte die Bemerkuna hinzu, daß, wie er ein mal von einem Therhändier ehört, nur in Deutschland die klusitte herrschte, Rum in den Thee zu thun. wodurch der Thee um sein Aroma und seinen feinsten Geschmack käme; Tante Pinchen fand das äußerst interessant. und unvermerkt gab er dadurch der Unterhaltung eine dehaglichere Wen duna. Zum ersten Male seit dem Unglück wurde imRosenau’schen Haufe wieder einmal von etwas Anderem ge sprochen. Man mußte zugestehen, daß Haufen-, wenn er nur wollte, ein sehr fesselnder Erzählek zu sein verstand Er las zu Hause die großen Zeitungen, die modernen Zeitschriften, sogar aus das Theater und die neue Literatur kam er zu sprechen, und wie sich nun heraus-stellte, auch musikalisch war er — er spielte Klavier. »den Hollfeld«, fiel Pinchen ein, »dann miissen Sie mit Renate später einmal vierhändia spielen, die Noten hahen wir dazu, sie liegen immer so unnütz da. Das müssen Sie uns be stimmt versprechen«. hollseld sah Renate an. Nenate erröthete leicht. Sie fand allerdings, daß ihre Tante in der so schnell zwischen ihnen und Hollfeld zu Stande aetommenen Vertraulich teit etwas zu weit trinkt« aber ein »Nein« wäre fest für ihn verletzend gewesen nnd das verdiente er nicht« Auch konnte sie sich dem ersten milde i ren Eindruck. der sich seit den leyten schrecklichen Tagen und zwar eben wieder durch Hollfeids Gegenwart um sie her verbreitete, nicht ganz entzie hen. Sie war ihm einen Dant schul dig —- schon für sein TaitgefübL das ihn veranlaßte, auf den Vorschlag der Tante zu schweigen und damit die Entscheidung ihr selbst zu überlassen. »Renate, meinst Du denn nicht«-M wandte sich die Tante fest drängend an sie. »Wenn Herr bollfeld uns später zuweilen einen Abend dazu opfern wil1,« entgegenete stie, »aewiß, so wer, de ich ihm danlbar dafür sein-« ,,Der Dank ift auf meiner Seite,« antwortete er im Tone wärmster Cr sebenheit. lIortsetzung folgt.) « Eigenthämliche Krankheiten l i Epidemie-n die an gewisse Orte ge bannt sind. Alle Reisende, weiche in den lehten Jahren die Pamirg durchstreift haben, · jenes wilde windige hochplateau in« Central-Listen, welches man sehr pas send das ,,Dach der Welt« genannt hat« wissen etwas über das »Penjdeh Zeitmal« zu berichten. Diese mert würdig gestaltete Narbe ist die hinters lassenschaft einer besonderen Urani beit, welche die in Penjdeb lebenden Leute befällt und zwar nur diese unter den Millionen« von Erdbewohnern Anfangs zeigt sich ein kleines aber bösartiges Geschwür im Gesicht und am Hals. Später vergrößern und verbreiten sich dieselben über den gan zen Körper, indem sie nicht nur die Oberfläche sondern auch die tiefer lie genden Gewebe angreifen. Jn diesem Zustande ist natürlich jede Wiederher stellung aussichtslos; aber auch in ver gleschungsweise milderen Fällen erfor dert die Krantheit Monate, ja Jahre, zu ihrer heiluna. Der -Bislra Bouion« ist nur in der schmutzigen Algierischen Etadt einbe misch, von der er den Namen führt. Er beginnt als kleiner sleifchiaer Knopf; nach einer Woche ungefähr löft sich der Scharf und hinterläßt ein brandige5, lehr bösartiges Gefchtviir, welches sehr schwer zu heilen ist. Man sagt, daß unter den 7 ——8000 Einwoh nern, deren sich Bistra riihmt, nur wenige sind, die nicht durch die eigen thiimlichen Blatternarben ähnlichen Gruben entstellt sind, welche diese etel hafte Krankheit unweigerlich zurück läßt. Schlatter-Ist ten sen-obenan Zwei mertwiirdige Krankheiten gibt es, die entweder jede allein oder vereint die Leute befallen, welche sich im Con gobeaen niederlassen. Die eine ift die Schlafsucht, eine schreckliche, geheim nißvolle und absolut tödtliche Krant heit· Anfangs ist der Patient nur fchliisrigz dann schläft er fast beständig und erwacht nur, wenn er gewaltsam geweckt wird, um seine Nahrung zu sich zu nehmen. Schließlich tritt vollstän dige Empfindungöloiigteit ein, er wird nicht mehr wach, um essen zu können und stirbt direlt den Hunger-tod. Die zweite ift noch merlwiirdiger, aber glücklicherweise nicht immer tödt lich. —- Sie tst unter den Specialiften fiir tropische Krankheiten unter dem Namen «Uinhum« bekannt. —- Dieses aus der Sprache der Eingeborenen stammende Wort bedeutet «Slige« und ist ein passender Name fiir eine Krank heit, deren tyxische Erscheinung in der langsamen mputatton einer oder - mehrerer sehen des Opfers besteht. —- - W -- -.--,- ---. Dieseibe vollzieht sich r:--k·.?f:-:!ii sie-ex gezaetten tnorpetizen Winzer-, Esc- txt-: unt das Gelenl des aiikcsetirsi :-t."i-:-:-e·2 wächst, gerade da, wo es mit : i-: Tit-; verbunden ist. Sebald der schlossen ist, ziebt er sich ji«-; k. .. und die Zehe fällt, wenn axtrb keck-: sc schnell. doch so glatt ab. als txt-m ts: durch dar. Messer des Cdåtntgm athg trennt wäre. Dte Choteeagenend am mai-seen Mit der schrecklichen asiatischen Essa lera ist die Welt jetzt so vertraut ge worden, daß die Leute ganz vergessen, daß es aus der Erde einen Ort giebt, und streng genommen merklich nur ei nen einzigen, wo sie entdentiich ist. Diese Cholerageaend ist ein niedriger sumpsiger Distritt im Gangesdelta, unmittelbar unterhalb der Stadt Cal kutta gelegen und an Ort und Stelle als »Ihr Sunderbunds« betannt. Den Europäern ist die Gegend völ lig unzugiinglich, nicht allein wegen der Uebrschtuenttnungen und der zahl losen Tieger, sondern hauptsächlich wegen des tödtlichen Fieber-s. welches Jeden befällt, der sich nur kurze Zeit daselbst aushält. Man kann sich leicht vorstellen, wie dicht gehäuft der thierilche und vegeta bilifche Stoff ist« der in diesen schreck lichen Einöden der Zersetzung and-tim sällt und wenn zu dieser natürlichen Verpestung noch der Unratb lotnint, der durch den Huglifluß aus einer un gewöhnlich dicht beuiillerten Stadt herabgefiibrt und abgelagert wird, tann ein Laie es begreifen, daß hier eine ganz bestimmte Flora und Fauna von Mitroorganisnten und darunter speriell der Cholerabacillus entwickelt wird. Als itn Jahr 1874 zahlreiche eng Mche Ingenieure und Erbat-better sich Wscktlvssen, nach Cereo de Pasoo in Peru zu eben, um sich am Bau der Enden-Eisenbahn zu beideiligen, bat ten sie es sich nicht träumen lassen. date viele von ihnen zu einein fchleichenden Tode an einer merkwürdigen Krani heit verurtheilt waren, derenNarne da mals in Europa nicht einmal bekannt war. Die Krankheit, urn welche es sich handelt, heißt Verrugas tspanifch: Warze) und tomrnt nur in einzelnen tiefen Thalern des dortigen Hochlans des vor. Hier ist sie allerdings entde mifch und fürchterlich verderblich, spe riell fiir den unacrlimatifirten Weißen. In schlimmen Fällen wird die ganze Körperoberfliiche mit schwammigen, warzenförrnigen Erhebungen bedeckt, deren Größe zwischen einer Himbeere dis zu einem Tauben-Ei schwankt. Aus jeder derselben quillt das Lebens blut des Ertrankten, bis er an Er schöpfung zu Grunde geht« Ieise-siedet in Otbealtar. Die Lombardei ist die einzige Ge gend, wo das Pellagra fortwährend haust. Es ift das jene geheimnißvolle Krankheit der Neuzeit, die dern Genuß von verdorbenern Mais ihre Entste hung verdantt und die feit dem Jahr 1833, wo sie zuerst betannt wurde, den Tod von, wie man berechnet hat, mehr wie 500,000 Bauern veranlaßt hat· Der »Mandatay Ringwurm« ist in ganz Burma betannt und gefürchtet, aber selbst der unwissendste Burmefe weiß, dasz er ihn nur innerhalb der alten Hauptstadt betornnten taan. Aehnlicher Weise ist das «Felfenfie ber« lediglich auf Gibraltar beschränkt« obwohl es wahrscheinlich, daß das so genannte Malta Fieber« welches nur ian diefer Jnfel, und zwar nur im sFriihting und herbst auftritt, nahe s damit verwandt ist. ; Die Aleppmtirantheit ist in teiner anderen Stadt Klein-Attenk- bekannt, ebenfo wie die von den englischen Sol hsfsn In AIHZWIUDOan DolchIsIIf-0« aus diese Stadt beschränkt sind. s Auch in England giebt es einige, » allerdings weniger gefährliche Krank ; heiten, die in einzelnen Gegenden en » demisch sind, so z. B. der »Terbyshire shalg« und die «Tevvnibire Lolit«. !Ersterer, eine Art Krani, verdankt ! feine Entstehung dem mit Kall: und ’Magnesiasalzen gesättigten Trinttvass ser, letztere riirbt von dem durch Blei verunreinigten Apfelwein her. Ctn Sen-leimen schwitzt nie. Unter dem Namen »Beau« Brutn Inel figurirte am hole Georaea des Vierten von Enaland zu Anfang des 19. Jahrhunderts ein geeienbafter Mann, dessen Erfindungsgeift auf dem Gebiet der Mode rein verschwen derischen hofleben Georg« des Vier ten dienstbar war. So ,,erfand'« Brummel die gesteiften weißen Bin den, welche den hats bis zu den Oh ren einschniirten, aber nichcsdestotve niger Jahrzehnte lang das csntziiaen aller englischenStutzer bildeten Selbst der König lanb die unbequemen Kra vatten reizend und bultsigte durch bat Tragen derselben rem Genie Mr. Brummel’s. Nur der Leibarzt Geist-g' hatte den Muth, die Halsbinden als natur und gesundbeittiwidrig zu be zeichnen. »Bedenten Sie doch,« sagte er zu Mr. Brummel, »Die man im Sommer in diesen Din ern ichwintP Allein Beau Brnmnrel chleuderte den Jgnoranten einen oeråchtlichen Blick zu und sagte: Linse-nennen sehn-ist niet« Dieser beizeit-volle Ausspruc Brunnneks wurde arn date Morast des Vierte-r zum geflügelten- Worte, mit dein man alle die Unbeauetnlichi leiten zu entträften Pslefty welche der Zwa bötilcher Et aue te und Mode nett beachte. CI