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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (July 25, 1902)
Kurt’5 Flora. — Qumoreske non Oätar Blumenthal. Mein Freund Kurt war erst seit einem Vierteljahre verheirathet und wäre unzweifelhaft der glücklichfte Ehemann der bewohnten Welt ge wesen« wenn er nicht unter dein Bann eines unerbittlichen Verbots hätte seufzen müssen: Er durfte —- nicht rauchen. Als Bräutigam hatte er sich das ugeständniß abschmeicheln lassen. elches Zugeständniß würde man vor dem hochzectstage verweigernt Ich glaube nicht, daß jemals eine grau file ein Verlangen triftigere ründe angegeben hat, als Clothilde, starke entzückende Braut. »Weißt Du, Kurt« —- sagte sie und senkte schämig die Augen nieder — »wenn Du mir einen Kuß giebft und wir Lippe an Lippe drücken, selbst da reißt mich der Cigarrengeruch, der sich in Deinen blonden Barthaaren See angen hat« aus allen himmeln . . .. urt, muß ich nicht diese Tabaks pflanze verwünschen?« Ach, das war ein Argument! . . . . Kurt siihlte sich zu einem sublimen Entschluß befähigt —- und im Ange sichte des gestirnten Himmels sprach er das entscheidende Wort aug: »Nun, gut, Chlotildel Ich werde mir fiir immer das Rauchen abgewöh nen.« »Du Gutert Du Liebert Du Ein ziaert« antwortete die Braut mit je ner Zärtlichkeit, welche die Frauen niemals vermissen lassen, wenn sie wieder einmal ihren Willen durchge seßt haben. Kurt faßte in der ersten Zeit sein Gelübde nicht all u tragisch auf. le »Was ist mit eeuba?« fragt Ham t »Was ist mir Cuba?« fragte Curt. »Was ist mir Cuba, was die ganze Hadanna, wenn es gilt, Clothilden einen Wunsch zu erfüllen?" Aber bald stellten sich bei ihm alle jene Unbehaglichteiten ein, die unaus bleiblich sind, wenn wir eine einge wurrelte Gewohnheit dliidlich aus uns herausgraben sollen. Jn desz sollte er wenigstens nicht ganz ohne Abschied den Gewohnheiten des Junggesellen standes entführt werden« Acht Tage dor der Hochzeit gab’s in Clothildens elterlichetn Hause ohne Unterlaß zu nähen und zu schassen. Bald bemerkte Curt, daß seine Besuche in diesen Ta gen als Unbequemlichleit empfunden wurden. Clothilde mochte auch lein steht daraus. »Kurt,« erklärte sie «ez ist besser, daß wir uns bis zum hochzeitstag gar nicht mehr sehen. Aber ich will Dir etwas sagen: Da in dieser Woche sa doch leine Gefahr vorliegt, daß Du mir den oerhaszten Cigarrengeruch ins Deus hereinbrinfst —- so rouche Dir nur noch einma ordentlich aus! itr die nächsten acht Tage entbinde ich Dich von Deinem Gelübde. Passe und qualme setzt meinetwegen wie ein Fabrisschornstein — ich habe bis zu unskrem hochzeitstage nichts dage n « Kutt siihlte nur allzugut, daß es l sich hier um die Henkerstnahlzeit seines ! Junggesellenlebens handelte und mach te darum von Clothildens Erlaubniß - den ausgedehntesten Gebrauch. So : leidenschaftlich, mit solcher Emsigleit und Unermiidlichieir hatte er noch nie- ; mais den oon Clothilden verpönten" Cigarren gehuldigt —- ach, es waren E eben die letzten »Ziige« eines Lediaen, » denn am Hochzeitstage hatte die Herr: l lichleit ein Ende! j Jn den ersten Wochen der Ehe hatte j Kurt leine Zeit zu Erinnerungen an; das verlorene Rauch-Paradies. Dies Sonne des Glückes stand setzt hochl über seinem Haupte. Wie sollte Rurt J ietzt an das Tabatlraut und seine u Freuden zuriictdentenl Alter nam den ersten vier Wochen hört man aus« nur von Luft und Liebe zu leben. Auch Rurt stand wierer aus der Erde und so mangelhaft auch seine botanischen Kenntnisse waren, das Eine wußte er genau, daß diese Erde ni t blos Veilchen und Vergiß-nein ni t erzeugt, sondern auch allerhand genießbare Kräuter und unter ihnen herba nicotiana, deren Mut-anwen duna Christos Columbus zuerst aus der Jnset Guanahani entdeckt haben soll· Ja, schon wieder war die Zeit gekommen, wo dem armen Kurt seine Cigarre aus Schritt und Tritt fehlte und wo selbst Clothildeng Zärtlichkei ten die Erinnerung daran nicht der scheuchen konnten. Sie musterten zusammen die Hoch zeitsgeschenke Es braucht dem Run digen nicha esagt zu werden« daß sich ——einige stauchtische darunter be fanden. «Uebersliissige Möbel,« brummte Kurt und sehe sie mürrisch in die ent legenste Saloneckr. Beim Frühtassee qab ihm Clothilde stets den üblichen Morgentusz. « »O, Clothildens Motgeniiissevsind sün,« dachte uKrt, »aber eine or genci arre wäre auch nicht bitter.« A es —- Aclea erinnerte ihn bald an die versagten, derschtvorenen Freu den« Ein Freund srug ihn: -,,Nun, der immet Deiner Ehe ist wag noch voll ändig wolkenlostP ollenlost . . . . Wenn der harmlose Freund geahnt Eh welchen Pseil er hier von der e REFUND kam er aus dem Ge M nach Hause und sand aus dem4 Tisch seines immees eine Eigennu tiste stehen. in Freudenstrahl über sloa sein Gesicht. »Gewiß eine Ueberraschung von Clothilde!« dachte er »Das gute Kind! Sie sah, wie hart mir die Ent behrung ankommt und giebt mir aus diekse zarte Weise mein Geliibde zu ru .« Nicht ohne Mühe öffnete er die Kiste, um aufs Schmerzlichste ent täuscht zu werden. Es war die Kiste, in der Clothilde den Hammer, die Kneiszange und den Bohrer ausbe tvahrtr. Ach, dieser Bohrer ging ihm durch’s herz, das von so ganz anderen ho snungen erfüllt. m rKeis von Frunden hatte er eines Tages der Versuchung nicht wi derstehen können und eine Cigarre ge taucht. Schließlich aß er eine Kasseebohne, da er gehört hatte, daß dies ein pro bates Mittel zur Verscheuchung des Cigarrengeruches sein soll. Mit De liquentenmiene kam er nach Hause, aber kaum hatte ihm Clothilde den Befriißungstuß gegeben, als sie aus rre : « fui —- Du hast ja geraucht.« «« ch — getaucht? . . . ." »Leugne es nur nicht mehr, denn das hieße zum Wortbruch die Lüge gesellen. Jch rieche ja vie Kasse bohne, mit der Du den Cigarrenge ruch vertreiben wolltest!« Er brauchte Zeit, um die Schmol lende zu besänstigen. Als er am andern Mittag zum Essen lam, sand er seine Frau im Promenadenanzug. »Nun « Du willst ausgehen?« »Wir Beide müssen es. Wir sind heutågznöthigt, auswärts zu speisen.« », o « »Ja, der»stiichenherd raucht.« »Du lachsti« »Ich lache, weil Du wenigstens ihm das Rauchen nicht verbieten tannsti« Zu so diabolischer Schadensreude hatte sich Kurt’s gutmüthiger Charak ter dereua verzerrt. « If c Träuinerisch sasz Kurt eines Mit tags aus seinem Zimmer —- Clothilde war ausgegangen — als ihn sein al ter Freund Ernil besuchte, dem ers denn auch im Lause des Gespräches seinen Kummer klagte. »Ich will Dir etwas sagen, lieber Freund,« »ertl«cirte schließlich EniiL »Du sollst und mußt Dich von diesem Joch besteien.« « »Aber wie?« »Zuerst heimlich. Jch habe jetzt ein ausgezeichnetes Kraut entdeckt: Meine Flora ist geradezu unvergleichlich.« »Deine Flora?" »So heißt die Cigarre.« »A ot« »Die schicke ich Dir eute Abend her und dann sollst Du ehen. welcher Göttersreuden Du bis 1etzt verlustig aeangen bist.« Hier össnete sich, ohne daß die Sprechenden es merkten, die Thiir des Redenzimmers und Clothilde hörte die folgenden Unterhaltungen. »Du bist sehr freundlich, Emil,« sagte Kurt. »Aber ist es nicht den noch Unrecht, daß ich meine Frau mit dieser ,,’51ora« hintergehen werde?« »Sei was —- die Frauen müssen nicht Alles wissen.« « »Aber wie verberge ich sie vor Clo thilde?« »Seht einfach. Jch sehe, daß Du einen sehr hübschen Gartenpaoillon hast. Dort lasse ich heute Abend durch meinen Diener »Flora« hin bringen —- nach dem Abendessen schützest Du eine Verabredung mit einem Geschäftssreunoe vor und dann dersiiast Du Dich in den Padillon, um Dich unbelauschi den ersehnten Freuden hinzugeben. Jch versichere Dich, mer eine ,,Flora" bei sich yat,« Dem wird schsverlich die Zeit lang.« »Aber es bleibt doch immerhin Unrecht!« »Ach, wer wird so gewissenhaft sein . . . . »Nun, es soll auch der einzige Be trug bleiben, oen mit meine Frau vorzutoerfen hat« Clothilbe hatte aenug gehört. Zit ternd, auf den Zehenspitzen schlich sie aus dem Zimmer und ging in ihr Bouooir, um bitter, bitterlich zu wei nen . . »Aber er soll von meinen Thränen nichts metten,« gelobte sie sich und faßte Den Entschluß, sich fo lange zu beherrschen, bis er ins Geschäft gehen würde. Dann wollte sie zu ihren El tern eilen und ihren Rath hören. Mit Mühe und Noth gelang es ihr, diesen Vorsatz zu verwirklichen. Bei der Mutter fand sie schnellen Glauben —- o, diese Schwiegermiiiter — wäh rend der Vater kopfschüttelnd sagte: »Aber es ist ja gae nicht menschen mäalich! Nach dreimonatlicher Ehe! Und im eigenen Haufe!« »Wenn ich es aber doch petfönlich »mit angehört habe, Papa, ganz deut i lich und Wort für Wort.'· i « tann’s mir nicht denken!« « r fagte felbft, daß er mich hin i tetgelte und daß es dee einzige Betrug sein falle, den ich ihm jemals vorzu i werfen hätte . . . O, ich habe auch an idem einen vollan smng Ein neuer Thränenftrom folgte die fen Worten. «Das arme Kindf sagte die Mut ter. »Es ist htmmel chreienv, was Edle modernen Ehemänner für Unge heuer stnb.« »Nun, nim, kalt klein« warf Papa s Dachs ein. »Ich wekde Euch ein-u Barsch ag machen. Clothilde bleibt pdrletufig ruhig bei uns. Dann gehen dir zu ihr zum Abendessen und war en gelassen ab, ob Kurt die Verab edung mit einem Geschäftsfreunde porschiitzen wird. Geschieht es « . .«« »O, gewiß wird es geschehen,« cnterbrach Clothilde. »Ich weiß, satz« er seiner Leidenschaft nicht Herr »Nun gut —- so folge ich ihm heim ich in den Gartenpavillon und ent arde ihn ohne Erbarmen.« Der Vorschlag wurde genehmigt, iber es war ein recht einsilbiges Xbendessem als das junge Ehepaar tnd die Eltern um den wohlgedeckten Tisch saßen. Man erwartete span rungsvdll Kurt’s Enscheidungswort tnd endlich erfolgte es. »Es thut mir recht leid, liebe Clo bilde und liebe Schwiegereltern,« )egann uKrt. »daß ich heute Abend iicht bei Euch bleiben lann.« »So?« frug Papa Warbitz. »Wa rum denn?« »Jch habe mit einem auswärtigen Beschäftsfreunde eine Verabredung ietrvfsen." Damit war der Zündfaden in die Buldertonne gelegt. »Der Heuchler!« dachte die Schwie zermarna. »Der wendet« dachte Clothilde. »Der Spitzbube!« dachte Papa Marbitz. Die Fußfpitzen der drei Beute trafen sich, wie von einem elek .rischen Strom in Bewegung gesetzt, n demselben Augenblicke unter dem Tisch. Papa Warbitz fand zuerst feine Beistesgegenwart wieder. Es wurden ein Paar Abschieds-Komplimente ge vechfelt und Kurt ging Die Rutüetbleibenden lauschten mit oerhaltenem Atheni. Ach — jetzt ging Iie Korridorthiir. Er war draußen. Und jeytl . . . man hörte deutlich den Bartenlies unter feinen Stiefeln knirschen . . . Ein leises Geräusch drang herüber .. . Das war die Thür ges·Gartenpadillons . . . er war am kjteu »Nun aber komme ich!« sagte der ilte Wart-its Mit den Mienen eines Broßinquisitdrs verließ er das Zim ner. Clothilde saß bleich und zit ternd in der Sophaecke neben der Mutter. Die Beiden horchten aus jeden Ton, der aus dem Garten herübenoehte . . . Ein unbändige-J Gelächter war das Erste, was sie hörten, so daß sie er schrocken emporsuhren. Und immer näher und näher kam das tolle La chen, bis Papa Warbitz in die Stube polterte. . »Einen Sessel, daß ich hineinsinte!« ries er aus. »Hahaha . . . ich berste vor Lachen —- ust . . . das ist ja zum Ausschreien komisch!« »Komisch?« srugen die Damen mitt einem Munde. »Zum Todtschießen lächerlich, kann ich Euch sagen .. . Ach, laßt mich nur erst zu Athem kommen . . . noch nie mals ist eine unbegriindete Eifersucht aus curiosere Weise widerlegt wor den-« Clothilde athmet aus. »Gott sei Dant! Aber erlläre uns doch nur Alles. Wie habe ich nur so falsch hören können «" »Du hast ja gar nicht salsch ge hört-« ’ »Nichl?« »Ernst hintergeht Dich wirklich« »Und Du lachst?« »Ok) ich lache!« »Nun aber endlich, Mann, löse uns das Ritthsel aus, rief Clothildens Mutter. ,,Also gut —- ich traf Emil, und traf ihn mit seiner »Flora«!« »Herr des Himme15!« »Ich tann Euch sogar hinzufügen, daß sie thatiächlich an seinem Munde hing, daß sie geradezu sür ihn glüht, und das-, er sie gar nicht auggehen las sen will·« »Nicht anggel)en?« frng Clothilde. »Was soll das nnr heißen? Sie kann doch nicht eioig iin Gartenpaoillon bleiben?« »Warum denn nicht?« sing War biß. »Geh nur selbst hinan-Z und Du kannst ie aus dem Tische stehen sehen.« »Aus dem Tisch? Eine Dame! Mir wirbeln Die Sinne!« »Nun, um sie wieder ins Gleichge wicht zu bringen, die »Flora«, oie Jlsr für ein weibliche-; Wesen gehalten habt, ist nichts· weiter, als eine harni lose Cigarre und Kurt thut sehr klug daran, daß er sich heimlich Das Vergnügen verschafft, das ihm Clo tlsilde verboten hat. Du aber, liebe Tochter, bist für diese Grausamkeit hinlänglich durch die Angst bestraft, die Du am heutigen Tage ausstehen mußtest.« . « Jch schweige über die Scenen, die sich nun abspielten und erwähne nur als das Wichtigste, daß Kurt jetzt täg lich zwei Cigarren tauchen darf, und wie ich ihn kenne, wird er nun bald zu dem altgewohnten Dutzend zurück kehren W Sattel-et set-dacht Wirth: »Sie wollen cnir Ihre Toch ter nicht geben —- warum nichts« Oetonotm »Ausrichtig gesagt: ich habe zuverlässi erfahren, daß bei Jhi nen der Gerickcstsvollzieher ein- und ausgeht.« Wirth: »Ich werde doch meinem besten Stammgast nicht das Lolal ver bietenl«« - Fred’S Freund. Slizze von L. Dili Jn der Mittags-eit, wenn dieSonne am wärmfien schien, ging der alte Major d. D. in der langen Alleestraße spazieren. Die Leute kannten ihn alle. Mit den Erwachsenen sprach er nie ein Wort, aber die Kinder hatte er gern. Man sah ihn nie allein, immer waren Kinder um ihn. Für jedes hatte er ein paar Wort-e, wenn er auch noch so aximmig unter seinen buschigen, wei ßen Augenbrauen heraussah. Die kleinen Mädels, die in die Schule gin gen, hielt er an den Zöpfen fest und fragte sie, ob sie auch ihre Ausgaben gekannt hätten -—die Buben, die sich prügelten, trieb er mit seinem Stock auseinander, und wenn sie einen Hund quälten, ward er sehr böse. Die Kindermädchem die die Wagen mit den Kleinen umhersuhren, hielt er an und spielte mit den Kindern, oder er schickte die Mädchen in die Sonne, wenn sie an den zugigen Ecken herum standen und schwatzten. Arn liebsten aber hatte er den tleinen Fred. Vor vier Jahren, als der seinen ersten Ausgang unternahm —- er war gerade deri Wochen alt und wurde warm eingewickelt behutsam dir-Treppe hinuntergetragen don der Amme — hatte er seine Bekanntschaft gemacht. »Lasz Dich mal ansehen, kleiner Wicht!« sagte der alte Herr und hob den blauen Schleier von seinem Ge sichtchen. Fred hatte ein hellblausei tenes, zierliches Häubchen auf, das sehr hübsch war und so gar nicht zu seinem richtigen Bubengesicht paßte. Und Fred wehrte sich auch gegen das Häubchen und ballte die Fäustchen. Der Major lachte und sagte: ,.Recht so! Laß Dir nichts gesallent Du bist ein Bub’, und einen Helm sol len sie Dir aussehen, aber keine Mäd chentappel Sag das Deiner Mama!« Als Fred größer war und schon in seinem Wagen sitzen konnte, trug er einen großen Hut mit einer deardr. Der gefiel dem alten Herrn. So oft er den Hut von weitem sah, winkte er mit dem Stock, und das Msidchen mußte warten, bis er herankom. Frei lernte Von ihm alles Mögliche Wie man militärisch qrüßte und wie man einen Stock wie ein Gewehr präsen tirte. Er lachte mit all seinen weißen Piihhnchem wenn er seinen alten Freund cl . — Als Fred zum ersten Mal in Hosen ausging, war der alte Herr sehr stolz. Er ließ ihn vor sich her marschiren und sagte: »Was der Kerl fiir stramme Beinchen hat! Und wie er sie setzt! So ein Kehrmichnichtdran!« Er sah ihm die aanze Straße hinunter nach und murmelte: »Ein Staatsterl!« —-— Reichthum hatte der alte Herr in seiner militiirischen Laufbahn nicht Ierworben. Er wohnte einsam in sei ner kahlen Junggesellenwohnung in der Kasernenftraße, der ödestenStraße der Stadt. Aber fiir die Kinder, die zu ihm lamen, hatte er immer etwas. Einen Apfel —oder ein Kaiserbild. Fiir Fred kaufte er billige Spielsachen und freute sich, wenn sie ihm Spafz machten Dann sah man ihn einmal im Win ter ein paar Wochen lang nicht auf den Straße-ji« Es war gerade Fast nacht, und in dem bunten Truhel ver gaß-en ihn die Kinder. Nur Fred machte sich Gedanken iiber seinen Freund. Mama meinte endlich, als er ihr aar keine Ruhe lieh, der Herr Major sei Vielleicht verreist. -—— Verreist war der alte Herr nicht, aber er war sehr trank gewesen, Und der Arzt, der ihm jetzt das Lluffiehen erlaubte, hatte ihm hundert Verhal tunasniaßreaeln gegeben, die sein Pa tient mit grimmigem Lächeln entgcacni nahm. Er stand am Fenster und sah hinaus auf die leere Straße« die der Wind burclneate. US ivar em kalter Wintertag, aber ee war Mittaa, nnd nie Sonne schien. Ta sah er oon fern ein-en kleinen Jnnaen einhertrollen Die Mütze anf dem Ohr-— die flinken Beinchen in rothen Strümpfen kam er die Straer hinunter uno trieb einen Ball bor sich her »Der ist sicher seinem Mädchen wea aelaufeni« fnate der alte Herr erregt, lind es schien so; kenn Jreo lief allein weiter. — Lein Zitopsen am Fenster blieb erfolaloE. — lfr ward ängstlich! Wo lief der hin? Wie leicht konnte ein Pferd —---—-— Herrgott si— immer weiter rannte er Wjetzt Ioar er nm rie Ecke rerschnmnken — er fah ihn nicht mehr. Er überlegte Der Arzt hatte aesaat: «Vorsicht! Nur im Zimmer bleiben!« Aber der Teufel hole alle Aerzte. Dort der kleine Kerl, allein auf der Straße --—— Eis-— — Er nahm seinen Mantel und Hut -— und stieg die Treppe hinunter — so schnell er konnte. Unten fiel ihrn ein oaß er feinen Halgfhawl vergessen s hatte, aber er aina dennoch. Seinen Stock bei jedem Schritt aufstützenb, ging er dem kleinen Freb nach — Es fiel ihm schwer, das schnelle Gehen. ( Er mußte oft stehen bleiben, uml » Athem zu holen — die An ft hatte ihn » aanz heiß gemacht —- der ind blies ihm kalt entgegen. Er pfiff —er rief-und noch ein Pfiff —- dann fah er Fred von Wei tem ftill stehen und sich umdrehen, mitten auf der Straße wo die Last wagen rollten. Der alte Herr blieb l stehen und stieß seinen Stock zornig auf das Trottoir. »Willst Du machen, baß Du heim kommftl Du Kerl. Dul« tiefer laut. s Fred gehorchte unwillig und langsam. Jn diesem Augenblick riß ihm ein Windstoß seinen Hut herab uno trieb ihn über die Straße. Fred tam ge laufen — er beschrieb einen weiten Bogen urn den alten Kenn, drückte sich eilig an die Mauer entlang und lief gerade in die Arme seiner Mama« die athemlos die Straße herabgelaufen kam. »Gott, was hab’ ich mich gesäug stigt,« sagte sie zu dem Major, den sie schon so lange kannte und mit dem sie dennoch nie ein Wort gesprochen hatte. Sie übersah es in ihrer Aufregung ganz, daß er ohne Hut vor ihr stand. »Er ist mir aus dem Laden heraus weggelaufen, und ich merkte es erst, als ich bezahlte —- —« Sie nahm Fred bei der Hand und dankte dem alten Herrn. Der alte Herr,· der sah, daß Fred gut aufgehoben war, drohte ihm noch einmal mit dem Finger und trat zurück; als er grüßen wollte, fühlte er, daß er keinen Hut mehr auf dem Kopfe hatte, und so setzte er sei nen Weg mühsam fort, um ihn zu suchen. —- Er fand ihn in einer Rinne. Der Wind blies über sein gelichte tes, weißes Haar. Ein scharfer Winter wind — trotz der Sonne. sit ist III »Denke Dir, Ired«, sagte Frebs Mama, als sie ein paar Tage später in das Zimmer trat, wo der kleine Kerl am Fenster spielte, »der alte Major ist geftorben.« »Ei, warum denn?« fragte Fred und besah seine Bleisoldaten, die in Reih und Glied auf dem Fensterbrett standen. »Eben sagte mir der Herr Doktor: Heute wird der arme, alte Herr beer digt,« sagte Mama. Man konnte von dem Ecksenster aus die Kasernenstraße übersehen. Vor dem Hause, wo der Major gewohnt hatte, stand eine Gruppe schwarzgetleideter Herren, die Regimentstapelle und ein schwarzer, leerer Wagen mit weißen Quasten und Fransen. Der Kriegerverein hatte sich ausgestellt Vor dem Hause stand der Fahnenträger mit der umflorten Fahne. Fred betrachtete sich das Alles sehr kniest-satt »Ei, warum wird ihm denn ein Ständchen gebracht?« fragte er und stützte die Ellbogen aus das Fenster brett. »Er ist doch kein Ofsizier!« ,,Doch ——er war einer!« sagte Ma ma. ,,«-’5riiher einmal.« · Fred wollte noch Vieles wissen, was ihm sehr wichtig schien; warum der Mann die Fahne nicht auseinander wickelte, und ob sie ihm auch nicht zu schwer sei; und ob rer alte Herr nun in den Himmel käme. Fred wußte sich zu erinnern, daß er ihm einmal gesagt hatte, er käme nicht hinein, weil er sein Kindermädchen geschlagen hatte. Das hatte Fred damals sehr getränkt. Aber Mama war so still undernst. wie er sie noch nie aesehen hatte. Si: lachte nicht und sah stumm hinaug. Aus ihren Augen perlten Thränen· Sie sah den alten Herrn an der Ecke stehen — froh, daß dein kleinen Fred nichts passirt war, und durch sein weißes Haar blies ter Wind. —-— -—— —— ——-—— Dort unten entstand eine Bewegung in der Menge. Sie traten zur Seite. Aus dem Haus tam, ge tragen von vier Männern, ein Sarg. Die Mama hob Fred auf die Fen sterbank. »Da,'« sagte sie. »Jetzt sag’ ihm Lebewohlt Er war Dein Freund!« Sie trat vom Fenster zurück. Die Musik begann, der Zug ordnete sich und setzte sich in Bewegung. Der schwarze Wagen folgte langsam . .. Durch Fredg lleine Seele aber iog’s wie ein Ahnen, daß dort Jemand fort getragen wurde, rer ihn lieb gehabt ha te, und daß er einen Freund ver loren hatte ——-— deren man irn Leben nicht viele findet. -—-—---·----— Schwärmeru siir die sogenannte gute alte Zeit sei folgende Mittheilung aus der Halb inonatschrist »Niedersachsen« empfoh len: »Das Loos elternloser armer Kinder« war in sriiherer Zeit ein ge tader trauriges, suchte doch die be llcffcllcc UITUKULUC futuyc »Ein-Ae möglichst billiq unterzubringen, wie nachstehende Bekanntniachung zeiatr »Ein elternloser Knabe, ungefähr zehn Jahre alt, soll am künftigen Eonntaa den mindest Bietenden ankerdunaen werden. Liebhaber wallen sich nach geendigtem Gottegdienst bei dem Kauf mann Bernhard Wehberg einfinden antum, den 28. Oktober 1Rfi2. Die Kirchfpiels - Deputirten Wie-mann. Publilandnm Antum, am 28. Oktober 1832 A. A. Cordess, Vogt.« —-Nie vergesse ich ein Erlebnifz ans meinen Kind-erfahren, wo ein solches Kind unteraebracht werden mußte. Es war ein Knabe, etwa vier Jahre alt. Man hatte das Kind auf einen Tisch »ne stellt, und die stimmberechtigten Mit alieder umstanden ihn erwartungsvoll. Gebot auf Gebot wurde abgegeben, als wenn eine Verfteigeruna abaehals ten wurde. Jch meinte damals-, der arme Schlucker sollte verkauft werden und stellte eine dahingehende Frage. Ja, der arme Knabe wurde dem Min «destfordernden in Pflege gegeben, und zu dem Zwecke war die Gemeinde, wie auch andere Liebhaber, die sich mit fol chen Pfleglingen befaßten, geladen. Eine nicht besonders gut beleumundete wet mie den Jungen man, ick dau et Da trat ein Mann aus der Gemeinde her-vor mit den Worten:,, Dann ge Person war die Mindestfordetnde. ot för bat Geld, süs werd van den Jungen en Spitzt-anwe« Gott-dates Der Brave erhielt auch das Kind . nd hat einen ordentlichen Menschen das raus gemacht. Was wäre alm nie-di ans jenem Kinde geworden, wenn es in die Hände jener Person gelangt wäre? Das ist eine Frage, woran ich später oft gedacht habe.« -—-—--. wagezeuet besann-er Persönlich reitet-. Es war zu Dresden in den Jahren 1712 bis 17L57 Gebrauch, die regieren den Herren und Frauen, die sich dort einsindenden Gäste aus der großen Wage im Zeughause zu wiegen und in ein Wagebuch das Gewicht der Ge wogenen gewissenhast einzutragem Da bemerkte man nun ganz genau, daß nach der Tafel das Gewicht um meh rere Psunde verstärkt worden war. So wog zum Beispiel der Kronunterkanzs ter Lipsly Vormittags 273, Nachmit tags 278 Pfund, der Kronschatzmeister Poniatowsti Vormittags 207, Nach mittags 212 Psnndx die vielgeliebte Gräsin Orsella, 1725 gewogen, brach te es auf 182, drei Jahre später auf 129 Pfund; die zärtliche Gräfin Flem ming war ein Pfund weniger. Der König August der Starke selbst woa als er 42 Jahre alt war, sein höchste-. Gewicht, 260 Pfund. Was war dao xc gen einen Markgrafen Georg Fries - ni von Brandenburg Sein Bild hing aus dem Anspacher Schlosse und brach te aus seiner Rückseite die Nachricht, daß er nach seinem Tode 1603 geöff net wurde, und da sand es sich, daß seine Leber süns, die Lunge vier, das Herz antderthalb Pfund wog. Der Ma gen hielt sechs MAsz in sich. Der ganze Leile wog vier Zentner und war sieben Schuh lang. --- ——----(---—— Aue-rede. Nun? Du kommst ja wieder eine Stunde später aus der Schule als die anderen!« »Ja, der Herr Lehrer liebt mich so, daß er sieh immer sehr schwer vonmir trennen tann.« Beim Rurpfuschetn Kurpfuscher: »Hier haben Sie eine Essenz gegen Hühnernugen.« Patient: »Aber ich wollte ja ein Mittel gegen den Blndrvurm!« Kurpfuscher: »L, dazu ist die Essenz auch sehr gut. « Ein Beweis. A (;zu B, denen ein Fuder e roh begnet): »Ich bin nicht aberglöul sch, aber Stroh bedeutet Unglück.« B: »Das stimmt, ich hatte erst ge stern mit meiner Frau wegen eines neuen Strohhutes Krach.'« Unter Dienstboten. Köchin tzur Hausfrau, mit der sie in Streit gerathen): »Wenn ich Ihnen nicht mehr gefalle, tönnen Sie’s ja man fagen, dann gehe ich. Ich kriege jeden Tag eine Herrschaft wieder, Sie abe nicht eine neue siöchin.« Vogt-aft. Alte stunk-sen »Wenn ich nur wjißtr. wie ich die Flecken im Gesicht fortbe lomme; ich habe schon alles Möglich Versncht, aber nichts l;ilft." Freundin: Nimm doch mal Benznn ngxfikbilu —, -.---- Is- . Wo ist die dritte Kasfeeschivesteri Liiiiiiliche ttiemiitlilichseit Vniierwirth: »Herr Doktor, it Brief is fiir Sie nnqeionimen.« Gotkinierfrifchlcrx »Na da geben Sie i"-.,r. doch her.« Bauernwirtin ,,G."eich, gleich, ich les’ ihn g’rad’!« Große Auswahl. Heirathkiandidak »Die Dorne ge iiillt mir aber nickt mit her Sie mich beinnnt gemeint l)alen. Die schieli ja auf nein rechten Viii·i:.« Lieiznittlen »Wolltcn Sie eine hä ben, die auf dein linken Auge schieit":« Aus dein tciknintk Fritz: »Herr Sekretijr, bitte schnal len Sie doch auch Ihre Schiittichuhe an und zeigen Sie mir die Figuren, die Eie konnen.« Secretiirx »Aber ich kann doch gut keine worden« Fritz: »Ist nicht wahr; meine Schwe ster hat erzählt, daß Sie gestern Eis liefen nnd dnbei eine so lomsiche Figur machten.« Der Unterschied Professor szum Uhrmacher): »D Uhr, welche Sie gestern gemacht hoben, ist heute schon stehen geblieben. III bitte Sie um Alles in der Welt, ei Uhr ist doch tein Regenschirmt«