Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 25, 1902, Sonntags-Blatt, Image 10

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    Roman von IOUlse Mcsthikcb.
W
»
.- . »- - ----- -x-- - Ifhifsnulöscfob oibtsloldfslnstitifillbuondfdsujifdfulitd
(15. Foreseßuugz !
Kommissionsrath Piillemann wand- !
te sich sodial an den Beamten. «Mor- »
gen. Herr Kommissar. Schaffen Sie
uns Ruhe vor den Spi buben. Sie.
Reiter der Gesellschaft! Sicherheit siir
miser Eigenthum« . »
Ueber den weißen Scheitel der alten
Dame weg sah der Kommissar in des
Mars Augen, die ihn hvpnotisirien
An den Plan dachte er, den Plan der «
Kleinen Villa, von solch inneretnGrau
gen geschüttelt, daß seine fahl gewor
Lippen die Antwort verweiger
Aber Wicelius. vom Uebermuth sei
ner frohen Laune gestachelt, wieder
holte lachend: »Ja, schaffen Sie uns
Ruhe, lieber Kommissar. Wir lassen es
uns auch etwas kosten. Sie haben von
dem grandiosen Preis gehört? Jch ar
mer Junggeselle habe allein fünfma
serrd Mark dazu gezeichnet.«
Der Kommissar fand endlich die
Sprache.
»An meinem guten Willen liegt’s
nicht, Herr Kommissionsrath,« sagte
er langsam und schwer.
Woran Piillemann achselzuckend
dsem eingetretenen Direktor zarauntn
« eknöpsie Sorte! Immer was
Tieånnigeö, Gcheimnißdolles. Dabei
polpern sie über ihre eigenen Füße.«
Und er sah mit lläglichem Blick ans
den Beamte nzuriich «pb despr mass
herausprtngtk —- lxtn Rest Spieler
aushedeni Jst was Rechtes! Unter
uns, lieber Direktor, ist mir gänzlich
schnitt-de ob die Junter ihr Geld nach
der Regel oder gegen die Regel ver
jeuen Ich spiele nicht. Daß mir der
Staat mein redlich erworbenes Eigen
thum sichert, dafür bezahl’ ich meine
Steuern.«
Jn einem Wirbel von Komplimen
ten, Abschiedsgriißen, Lachen, schob die
kleine Gruppe sich aus der Thür. Frau
von Rössmg mahnte mit ihrer hellen
Stimme noch aus der Schwelle den
Doktor, ihr ja am dreißigsien nicht zu
fehlen. Sie fürchte sich vor dem Gelde,
wahr und wirklich! Der Gedanke, den
jahrhundertealten Besitz der Rössrngs,
dies Fundament des alten Geschlechtes
sozusagen zusammenaepreßt zwischen
ihr-en zwei Händen zu halten, rege sie
unbechreiblich aus.
Hinter Wicelius stehend, sing Fritz
has lametadschastlich kurze Kopsnicken
aus, das Lisbeth ihm gönnte, und den
langen, lotetten Blick, der im letzten
Augenblick noch Wicelius traf.
Der grüßte und nickte und lächelte,
und als die Thiir sich hinter der Grup
pe schloß, zog er sein weißseidenes Ta
chentuch aus der Brusttasche und fuhr
über die Stirn. Die Junihitze war
chon drückend.
Ein leises Mitten. Frih bückte sich
sund hob einen Gegenstand aus, den
Vorgesehter mit dem Tuch aus der
che geschleudert hatte. Es war die
·’lste einer goldenen Presche, eigent
ch nur ein Stück Rand, der nicht
Pehr vorhandene Edelsteine umschlos
en haben mochte.
· »Sie haben etwas verloren, Herr
Doktor.«
Er sah ihm in die Augen, in das
Weiße der Augen, diesem wunderlichen
Junggesellen, der zerbrochenenFrauen
fchmuck in der Tasche mit sich herum
trug. Aber es war kein Flackern in
diesen Augen, nicht der Schimmer ei
nes Erröthens aus den bräunlichen
Was-nea
,,Danke schön. Sieh, findet sich das
Ding hier? Hab’ es zu Haus gesucht
wie eine Stecknadel Ein Rest von dem
Schmuck meiner Mutter, Herr As
roth Jch lasse mir den Stein zu einer
Nabel umarbeiten· Es ist mit doch
lieb dasz ich’s wieder habe.«
Er log. Fritz Agroth s scharfe Au
Uen hatten deutlich ertannit es war ein
neu-es, kein getragen-es Schmuckstück.
Warum log er? Was siir eine Be
wandtnis hatte es mit dem Stückchen
Schmuck, das er jetzt mit ruhiger SE
"cherheit im Goldberschluß sein-er Geld
tasche barg? Wer war er überhaupt,
dieser Mensch voll Widersprüche, der
sich insgeheim geduldig bestehlen ließ
und öffentlich siinitausend Mart sü:
die Ergreisung eines Spitzbuben aug
setzte?
Es war der Mann, der Lisbeth
Püllemann heirathen wollte. Es war
aber auch der Mann, der Fritz Als-ratl
Brod gegeben hatte, die Möglichkeit,
seinen Bruder aus eine gute Schule zu
Ficke-n feine Mutter vor Noth zu
chiiten
Fri Atroth senkte den Kopf auf
fein lt und biß die Zähne zusam
Uun Nicht denlenl Nur nicht denken
Die Gedanken kamen doch. Keiner
Er sah. Mußte er nicht warneni
d wieder: Ul- Itiemand ihn retten
. M,hntte der ihn ger.ettet Zum
; W soc man selbs am getkimrsel nicht
YW Ins-ehem, der Mann hatte
«i « scheinst-if Mußteüeåeiu verdre
-lich mit Ihnen!« sagte dai eine nn
gare Gewächs, das ans Fritz eisersiich
tig war.
Iris nahm sich zusammen rechnete,
rechnete. Jeder siir sich und Gott siir
uns alle!
Aber zwischen den steifen Zahlen
sah er Lisbcth, nicht die vernichtete Da
me von heut’, die kleine Lisbeth im
kurzen, vertragen-n Rdckchen und sie
klagte, ihre großen Kinderaugen voll
Thränem »Böser Fritz! Warum hast
ou mich nicht gewartet-F
Die Uhr schlug Eins. Wicelius griss
in die Brustkasrhe wo auf seinem Her
zen Aerolitha’s Brief steckte, und nahm
seinen Hut. Der alten Frau, die kam,
um das Bureau zu segen, schenkte er
drei Mari.
.Er geht zu ihr!« dachte Frih grim
mig Er meinte Lisbeth. hellmuth
Wicelius aber ging zu Aetolitha.
Sie saß und nahte Fiitter aus ein
neues Kostiim Sie hatte in einem
Sommertheater ein bescheidenes En
gagement angenommen.
»Besser als nix! Warum soll ich ge
hen it- Ferien?« sagte sie zu der Win
termeier. »Ich hab’ das nicht nöthig.
Arbeiten macht geschmeidiger als ein
Bad. Und ich muß sein klug nnd ver
dienen serr viel Geld fiir später. Eine
Frau kann in mein Fach nicht arbeiten
Finger ais bis dreißig Jahr« höch
mä «
Bis dahin wollte sie ein Vermögen
haben.
Wicelius hatte sich nicht anmelden
lassen. Sie suhr erschrocken aus bei
seinem Eintritt.
»O —- Sie —!««
Er stand an der Thiir wie an jenem
Abend.
»Ich lomme am Tag, wie Sie be
sehlen, Aerolitha.«
Da streckte sie ihm die Hand entge
gen, ihr ehrliches, sonniges Lächeln um
die Lippen.
»Ich bin so froh, daß Sie mir nicht
bös sind.«
»Si e hat-en mir sebr weh gethan.«
»Das hab' ich nicht gewollt. Jch
hatte den Kops verloren. Was Sie zu
mir gesagt haben, das ging mir um in
mein Sinn und stiea wie ein Meer s
Es war mir, als müßt’ ich ersticken
und ich hatt’ Angst, furchtbare
Angst —«
»Bo: mir? —- Kind, ich hab’thnen
gesagt, ich halt’s! Nich: gegen Ihren
Willen sass’ ich nur die and da."
»Vielleicht hatt’ ich ngst vor mir
selbst. Ja! Jch lieb’s nicht, wenn die
Dinge fallen iiber mich her mit so ein
Gewalt daß ich nicht wollen kann,
was ich möcht'. ch muß immer sehen,
wohin ich mein usz setzc Es ist die
allererste Regel von mein Kunst, wissen
Sie.« »
»Der Kunst des Gleichgewi ts. « s
Er lächelte. »Es ist was daran. ber (
das Herrlichste rm Leben ist doch gera- «
de, was aus dem Gleichgewicht siillr.
Das große Glück das große Gefühl«
die große Tugend sogar sallen nicht in ·
dSas Gleichgewicht der Dinge. Fürchten
Sie sich davor auch?«
»Ja! Ja! —- Und auch vor solchei
Menschem die aus dem Gleich ewicht
fallen. Sie sind so einer arum;
sind Sie unglücklich. Es thut mir soi
leid um Sie. Jch wollt viel drum ge
ben, wenn ich Sie lonnt’ einfach, txt-H
hig und zufrieden machenk
»Einsach, ruhig, zufriedenf wieder- -
holt e er.
»Ist das unmöglich?«
»Lassen Sie mich noch einmal, lal
sen Sie mich anders geboren werden«
Geben Sie mir anderes Blut, ein an
deres- Hirn, eine andere Vergangenheit
—- vann vielleicht. Aber warum denn
auch ruhig und zufrieden? Glücklich
können Sie mich machen, Sie allein!
Das ist mehr, Aeroliiha!«
»O, das ist ein Jrrthum2 Die ganke
Welt steht Sie offen! Die ganze Welt
macht Sie nicht glücklich. Was iönnt’
ich Sie geben?«
»Dich·« Er ergriff ihre Hand.
Sie riß sich los. Sie rang nach
Athem, nach Worten.
»O mein Gott! Mein Gott! Was
verlangen Sie von mir! Alles, was ich
hab’, mein Leben, mein’ Stolz, mein’
i reud’ an mir felöfi. Und wenn ich
Sie all das gegeben hab’ und ganz
arm bin, dann wird es Ihnen nicht
werib fein, was Sie glaubten.«
Er machte eine Bewegung.
»Nein, nein! Der Schmetterlings
ist nur reizend, wenn er fliegt in der
Luft. Wenn Sie ihm ausgernpfi ha
ben die Flügel, ist es kein Schweine
ling mehr, freut er Sie nicht. Lassen
Sie rnich mein' Flügel! Bitte! Bitte!«
»Aber was fürchtest du denn? Ich
liebe dich, Kind! — Wenn du deine
sähst Hand Ins meine legst, hältst du
sie zuriick von wilder That Wenn du
mich »Hei-G MI, als fchliige allez.
M It nndekien åsi in der-;
Ine- , e ngen an
m te ms Säuman —- Um deinet
Uervliisch könnt« ich die Men
Eåeiinchm Sie n
. rang
Jst-mi- spat-Im
wiss-»He
autetn Gewissen allen Menschen in die
Augen sehen darf. Und ich hats ge
fchwpren in die hände einer Todten,
daß ich immer ein rechtschaffenesMiid
chen bleiben will!«
Ueber seine gespannten Züge glitt
ein Lächeln.
.Jst’f dass Streiten wir um die
Form? Kind, Sie sollen meine ran
sein, in allen Ehren, dar aller li.
Jch will doch nichts, was Jhnen Kum
mer macht, Jhr Gewissen belastet-«
Aerolitba war zurückgewichen bis
zum Fenster. Todtenbleich stand sie
dort· «
»Jhe’ Frau?«
»Erschreckt Sie das auch?«
»Nein — Ja! Ich weiß nicht. Es
ist so fremd. Jch hab« daran nie ge
dacht, nie!«
»Aber du willst? Du hast mich ein
wenig lieb? Saa’ ja!«
Er suchte sie in seine Arme zu zie
hen. Aber sie entalitt ihm gewandt,
stand blaß und zitternd ihm gegen
über.
»Ich weiß nicht. Heilig, ich weiß
nicht! Lassen Sie mir Zeit! Lassen Sie
mir mich besinnen. Jch bin Jhnen
gut. O, gewiß! sehr gut. Und wenn
ich sürcht’, dann ist es für Sie eben
iodiel wie für mich. Verlangen Sie
heut’ lein’ Antwort, bitte. Jch — ich
werd’ Jhnen schreiben.«
»Auch das. Du machst mit mir,
was du willst. Jch aeh’ also. Aber
dent’ auch, was fiir Stunden, Tage ich
zubringe in der Erwartung. Denk’,
daß ich kein Glücklicher bin, wie die
Menschen wähnen, daß du meine ein
zige, letzte Hoffnung bist, daß wenn
du — Kind! du weißt nicht, weißt
nicht, was du mit bist!«
Eine tiese schmerzliche Rührung et
arisf Aeralitha beim Anblick seiner
Sanftmuth.
Ach fühl’. daß Sie es sehr. feist aut
mit·mir meinen,« sagte sie bewegt.
»Und ich had’ nie empfunden sür ein’
Mann, was ich sür Sie empiind’, das
» ist wahr. ch kann nicht sagen. ob
das ist Lie ’.« Mit einem kleinen.
j schalthasten Lächeln setzte sie rasch hin
- su: »Ich will drüber nachdenken.«
Er nahm ihre Hände, drückte seine
Lippen. seine Augen darauf. Und
« ohne ein Wort aina er aus der Thür.
Aerolitha aber war, als sei ein
Wirbelsturm über sie weggesegt. Er
schöpft, athemlos warf sie sich aus den
nächsten Stuhl und ftüßte den Kopf in
die Hände.
Seine Frau! Seine Frau! —- Er
konnte bei ganz anderm ansragen und
würde ein bedingungsloses Ja davon
trauen. Warum hatte sie sich denn
? nicht in seine Arme geworfen? — Er
war ihr nicht gleichgültig. Sein Blick,
feine Stimme brachten ihr Blut, ihre
Sinne in Aufruhr. Ein heißes Mit
leid mit seinem Kummer er iillte ihr
Eberz. Sie hätte sich den tleinen Fin
ger abgeschnitten, wenn's ihn hatte
glücklich machen können. Und doch
dies Zaudern, dies Erstarren, Versa
gen der Empfindung im entscheiden
den Augenblicki Warum? Warum?
Ein Iinaer pochte an ihre Stuben
thiir. Sie that sich aus. Jtn Rahmen
stand Rod, die Lippen zusammenge
tnissen, einen bösen Blick in den sun
telnden Augen.
Aerolithcki Athem setzte aus. Sie
starrte ihn an wie eine Erscheinung,
wie eine Offenbarung »Daruin!'·
schosk es ihr durch den Kons, durch das
erbebende Herz. «Darum!«
Nod drückte die Thür ins Schloß.
Er sah Aerolitha nicht an.
«Bitt’ um Entschuldigung. Jch
wollt’ die Bücher oon Frau Winter
meier holen. Darf ja wohl? Störe
nun nicht mehrt«
»Rob,« begann Aerolithe langsam,
»Den Doktor Wieelius hat mich ge
fragt, ob ich sein’ Frau werden
wollt’.«
Rob zuckte zusammen. Eine ehrliche
Werbung hatte er nicht erwartet. Aber
er antwortete nicht, riiumte nur stutnin «
die Schriften, die seine Wirtdin Ihm
qelieden hatte, vom Fensterbrett. Und
als- er pedantisch einen Band aus den
andern gelegt hatte, ging er ohne ein
Wort der Thiir zu.
»Sie sagen ja gar nix?«
Nod wandte sich. «Fel)lte auch noch,
daß ich was sagte! —- Ein Kerl, von
der Straße ausgelesem den Sie ans
Barmherzigkeit füttern!«
Das hindert nicht, daß Sie könn
ten ein bischen Antheil an mein’
Schicksal nehmen, wie?«
»Also, ich wünsche viel Glück. Da
Sie den Doktor brieslich herbestellt
hatten, sind Sie ja nun wohl zufrie
den? hübscher —- da ich doch was- sa
gen soll! —- wiir’s sreilich gewesen,
wenn Sie nicht an jenem Abend oie
Comödie mit nxie ausasesiihtt hätten,
nicht mir den Kopf toll — Aber ein
« Mensch wie ich hat ja wohl nicht das
Recht, sich zu bellagen.«
»Ich bab’ sein' Comödie gespielt.
Ich spiel’ nie ein’ Comädie! — Sie
sind unverschäm, wissen Sie das?«
! »Ich ärgeee Sie ja nun nicht länger,
bin dabei meine Sachen zu packe-U
««6aben Sie ein’ Plafis
»Nein. Ich gelf an die Straße,
wo ich hergekommen bin. Wird wohl
mein Plas sein« da ich einen anderen
nicht hab’ finden tönnen.«
»Was soll das seini Es hat Nie
mandsstziz gehen heißen. Warum ge
n ie
me , iii
hebe-. vorsiebkulabhtwn
H
serolithnl DIE ich das Giiick zu ver
geben. und allen Reichthnm der Welt
und die Sterne am himmel —!«
Er brach ab, beste die Dank-, grim
mia dar-Eben das seine Hunge, heiße
Liebe dies Geständnis se nen Lippen
erpresit hatte. Was wolik er denni
Ein Gescheiterten hilfloser. der von
dieses Mädchens Gnade lebte! —- »Ich
bitt’ um Entschuldiaung. Bettler re
den ihren Wohlthätern nicht von Em
pfindungen ’s ist unanständig, lä
cherlich. Aber Sie beareifen nun, daß
ich nicht bleiben kann. Zur Zeit kann
ich Ihnen auch nicht einmal Ihre Aus
lagen zurückerstatien.«
»Was reden Sie denn nati«
»Aber aus der Welt geh’ ich nicht
als Jhr Schuldner,« fuhr er fort. »Ich
schlage die Thür nicht hinter mir zu
ålåebiich Jhnen nicht zurückerstattet
Sie hielt ihn fest. Aus den Augen«
Iie in Trotz und Liebe ihr ent egen
sprühten, war der erleuchtende unie
in ihr Here überqesvrungen Ein wil
der, ungebärdiaer Knabe nur« von der
ganzen Herbheit der Unreisr. Aber
doch Fleisch von ihrem Fleisch Blut
oon ihrem Blut. Einer, der aufge
machsen war wie sie im Kampf mit
der Noth des Lebens, einer, der
ihre Sprache sprach, ihre Gedanken
dachte, und unter der Plumpheit uno
Rauheit des Ausdrucks ein angedro
chenes, thausrisches Gefühl. Und die
sen liebte ste. Der andere, um sieben
Welten iibet jenem und ihr selbst ste
hend, würde ihremEmvsinden und Be
nkeisen ewi-: sieben Welten fern blei
ben.
Zwischen Weinen und Lachen rief
Aerolitha:
»Was reden Sie für dummes Zeugl
Und alles durcheinander! Sie haben
mich lieb, Rob, und darum wollen Sie
fort! Das ist ja Unsinn! Unsinn! —
Mir find cn inn- mis bein- Mir
können lehr gut noch ein paar Jahr’
warten, nicht wahr?«
»Wir-! Wir! —- Frau Doktor Wirr
lius braucht nicht zu warten!«
»Aber ich werd« nicht Frau Doktor
Wiceliusi Ich schreib ihm, baß Sie
nicht wolkenl«
»Aerolitha!«
.Ja- ja, ich hsds Sie lier Nob, ob
rleich ich sagen muß, es ilt ein’Dumm- «
heit. Denn der Doktor ift sehr viel
höflicher und wird niemals grob.« .
Er rili sie in feine Arme. Er küßte
ihre Lippen, ihr Gesicht.
Aerolithal Aerolitha!«'
»O, aber,« sagte fie, ihn in den
Haaren tausend, ich wehr’ mich auch.
Es wird nicht immer friedlich gehen
mit uns beiden, mein betr! weil Du
bist solch ein Izorniges, anspruchsvolles,
unzufriedenes Patron.«
»Nicht mehr," murmelte er, »nicht
mehr. Mit dem einen hat das Schick
ial alles, alles glatt aemacht, was
kraus war, was noch kraus kommen
wird. Nur das tränkt mich, baß ichi
solch ein Habenicbts bin, solch ein!
Garniemano2 während ou —-«
Sie leate ihm die Hand auf den
Mund. Jn sein Ohr flüsterte sie i
Worte der Hoffnung, des Glücks-.
17.
Sonntagnachmittag. 0«unilonnes.1
schein. Jn den geschlossenen Kaule
ven Oebe. Auf Straßen und Wegen
genießenbe Menschenschaaren Und
Iie nicht aenießen, träumen in ihren
Stuben ihren Sonntagstraum, jeder
den seinen, untvürbiae unb heilige
Träume, verschieden wie die Seelen
oer Menschen, aus denen sie aussteigen.
Die Ausla en von Jslap«s Anti
Iuatiat ichlie en oerltaubt hinter den
kleinen Iensterscheiben Vor ber La
Ienthiir tm Hausflur liebte ein schmu
ßiger Zettel: «Geschlossen.« Jn lei
nem Bureau arbeitete der alte Mann.
Er liebte die Festtage wie die späten
Ubenoe ihrer Ungeftörtheit wegen.
Dis Elanan- bkmmto Manchmal
sod er den Kon von dem Werthpapier,
Das er prüfte, und horchte, die Lupe in
der hand, reaungslog ins Dunkel.
Jslap träumte nicht, er dachte.
»Ein Krem ist’s mit den Töchtern.
Wachsen sie heran, sind sie keine Stiizze
»die die Söhne. Man soll sie verhei
rathen, und dann kommen die Schwie
Iersöbne, die sind nicht Blut von unse
rem Blut. Sie denken an das Erbe
und nehmen keine Rücksicht auf di:
Ruhe von einem alten Mann. Möcht’
doch der Katzoff die Missemeschune de
ftieben! —- Was hab’ ich von dem Ein
faltsviniel dem Bullentalb? ——— he?
mag? —- Vrinat mir mein Haus in
Verruf mit feinen Dummheiten, der-i
NebbichS Wenn die jungen Hechte frei- ;
sen den Speck der dicken Karpfen, gut! i
Js ’ne »esunde Speise, KarpfenfetUI
macht sie iett. Aber Blut? —- Was-H
haben Use vom Blut der Karpfen, soll
mir einer faaem Blutiae Mäuler! —
Blutiae Mäuler, daß die Leut’ mit
Fingern auf sie zeigen«
Er fuhr zusammen. Durch das al- (
te Haus war ein Ton geklungen wie
ein Seufzer. 1
»Es ist ’ne Ratte. natürlich! —- Jch
werd’ alt. Er hätt’ mich müssen aus
la«en mit dieser Sache. Jst kein Ge
schäft, so wai!«
In dem Ladenraum wurden Letzt
Schritte laut. ule kam aus ein
Berichte-a neschlnr t, in dem schlief,
fonntäglich geruht, königlich chsn un
ter der Krone ihres stammenden haa
cei, auf dem ein Keiner Strahl-at mit
kium . Felddtumenftrauk chauleltr.
Sie wollte hinaus aus taub nnd
Dust-eh ins Sonnean t, ins Men
1, der Sei del s ä ti
Fezse sk» W Witz-«
Isi- m dein fmtöaltches
Berlin zeigen. Und verdrossen schaute
sie sich enn. Minos-f hätte da sein sol
en.
Sie riß die Ladenthiir auf. Da sah
sie hinten im Dunkel am nie-es n Ge
länder der Kellertreppe eine flatt,
die sich binabbeugte, ties, tief hinunter
in die Fingernifzn Zum zweitenmal
in einer e überraschte sie ihren
Schaf in dieser Stellung.
»Na blas« mer aber eener den Starb
weg! Max! was hafte immerlos in den
Keller zu siieren?«
Er fuhr auf. Er lachte, faßte,
liißte sie. »Da ice schiin duntel in,«
sagte er wild. ,.Willite mal tucken?«
»Du! Mach’ leine schlechten Winel
Allong! Bei den «Zelten« is Tanz.
Nec. erst bewunder’ mal! Bin ich nich
pietiein?«
Sie deutete auf ihren Stehlragen,
in dem Katzoffs Nabel steckte, die ro
the Beete zwischen den Goldblötterm
»Ach ja fo, die Brosche!" Sein La
chen klana aeiwungem »Haste die in
jestocheni Jö ja man ein Quarl.«
»Wer du, das is was jani Aparts
Daö sagt die Spenglern drüben auch
— Jeden wir denn nu?« ·
»Noch ’n «Zelten?" Ach wo! Hier
lönnen wir ooch tanzen.« »
»Im Keller? Du bist woll ’n biß
ten btufttranl im Rappe? —- Herr
jehs’, warum haste denn deinen
Schnurtbart abjeschnitten?«
Er versuchte wiederum, sie zu lüs
fen. Sie wehrte sich.
»Hör’ auf du! Jch will nich! Zer
knautsch’ mir nich meinen Staats«
Sie weinte beinah. »Mar« loknmi
bring’ mich nach ’n »Zelten!« Jch —
ich bin auch fut. Bloß komm! Da
Mensch nun doch mal Luft schnappen
im Jriinen!«
»Wil1sie wirklich jut sein«-«
»Jetviß un wahrhaftig! Bring’ mich
blon nach ’n »Ztlten!«
« »Et »is ’ne mtlntzige Dummheit,"
urummrk ek· »Im, Denn lod:
Sie schrie aus vor Freude.
Da öffnete Jslap die Thür.
»Komm herein, ihri«
Sie wagten nicht zu widersprechen
»Was denn, Butter? hats uns nich
saus. Wir woll’n nach ’n »3elten.««
Jsiap schob die blaue Brille aus die
Stirn und sah seinen künftigen
Schwiegersohn an. «Verriickt? Des-»O
Katzosf wurde roth
,.Die Kohlriibe werden sie mir ja
nich jleich ’runterhauen.«
»Hier bleibsie,'« zischte Jslap. »Hier
im Haus bis Schummern. Dann
nimmst Du Deinen Berliner und towe
Fleppen (gute Papiere) und trautest
ab, aufs Land, in Dienst."
Jule in ihrer wilden Eisersucht
umklammerie ihren Bräutigam.
»An-R Land? Fort? — Fort lass«
ich ihn nich, Vatter.«
Da wandte Jsiap den Kopf. Jn der
trüben Dämmerung des Leidens ge
wahrte er jetzt erst an des Mädchens
Hals die rothe Beete zwischen den
Goldblättern. Seine Gesichtsfarde
wurde grünlich. Mit behenden Fin
gern riß er den Schmuck herunter, hob
die Hand und gab seiner Tochter eine
wuchtige Ohrfeige.
»Das Paradies ist verloren gegan
gen durch ein Weit-. Der alte Jslap
toill nich oerschiitt gehen um eine eitle
Dille.«
Jule heulte auf. »Du sollst mir
nich alles wegnehmen! Der Schmuck
jehört mir. Max hat mir’n iejebem
mir!«
Aber iiber der Tochter haschende
hände weg warf Jslep gleichmiithig
die Brosche in ein Kästchen mit altem
Gott-schmuck, das er zutnipste.
«Katzofs, komm in mein Kabinett.
Jch muss mit dir reden ein paar f ,är
ter.«
Der Mann mit dem Stiernacken
und den Ringermustein wehrte mit ei
nem Achselzucken seines Mädchens lei
denschaftlichei Flehen um Beistand ab
und foiate aelioriam dem Alten. den
er zwischen Daumen und Zeigesinger
hätte zerdrücken können. Aber Jstap
war ziih wie ein Riemen und giftig
wie eine Schlange und wollte seinen
Willen. Jrn Thürrahmen sah er sich
noch einmal nach Jule um.
»Ganz, verd ..... t«
Da schlug die Thiir in’s Schloß.
Jule wars sich schreiend aus der-.
Boden und raufte ihr Haar.
Während sie keuchend, knirschend
am Boden lag, trat Will Struszberg
in den Laden. Wenn dieser junge
Mann nichts Besseres mit sich anzu
sangen wußte, besuchte er gern den al-«
ten Jslap, tvo sich immer in irgend
einem Winkel ein Geschästchen sand.
Jule stand hastig aus, wischte die
Thrijnen von ihren Augen.
»Ei, Fräulein Jule, weinend! und
so im Staat?«
Sie rückte ihren Hut gerade und
schönste Athekn. —- ,,Wollen Sie zu
Vatterni Der is beschäftigt.«
»Schad’t doch nichts. Jch warte
sehr gern hier ein bißchen. Oder —
hat er was dagegen?"
«si.r?!" —- Wenn Sie Kahossen
meinen, das endet-P mir nu schon jänzi
lich-schau pe sein.«
,, anu Berzanktt Nee doch!
Wenn einer so ’ne schöne Braut hat."·
»Ich mein’ auch, ieh könnt’ rnich se
hen lassen.« Ein Gedanke kam ihr.
» ·ten Sie mal, Weilchen, eigentlich
k’ nten S ie mich ’n bißchen aussäh
oen, wies«
»Aber wohin Sie wollen«
»sec« Sie Jchl in vie "nde.
·Denn so nach n » tten« mit tich.«
Eine Bette-the lana überlegte er.
amtierte verstohlen ihre Erweian
ob ihr Inst-u seine Laden traun-äs
koxrektbett n t eoraprotnttt re. L
W
fallen mußte sie immer. Aber die Jnle
mit ihrem Fenertemperament dor des
Kopf stoßen, war nicht räthlichz se
bot ihr entschlossen seinen gekrümm
ten Arm.
»Ein grandioser Gedanke! Habe
die Ehre, Fräulein Jslap.«
»Ich komme, ich kemme.« Eilig
zupfte sie vor einem alten Spiegel ih
ren Anzug vollends wieder zurecht.
Der Stehlragen, an dem die Nadel
fehlte, klaffte. Da packte sie ein wü
thender Trotz. Sie nahm den Kasten,
in dem Jslap ihren Schmuck einge
schlossen hatte. Mit der Kraft, die der
Zorn ihr gab, sprengte sie den Deckel,
wühlte mit zitternden Fingern ihr
Kleinod heraus und defestigte es an
ter alten Stelle.
»Das is nämlich meine. Butter
wollt’ sie mir wegnehmen. Aber dafür
sind wir auch noch da. Nu, kommen
Sie! —- Nee, wirklich Willchen, eigent
l lich sind Sie ’n furchtbar netter Kerl«
j Sie traten aus der dunklen Pforte.
s Wie eine Ente in ihr tühles Wasser
element, so tauchte diese große blit
hende Dirne im Heißdunger ihrer ge
nußverlangenden Jugend hinein in
den Sonnenschein, in das brausende,
farbige Leben, den Boden der Zer
setzung vergessend, aus dem sie hervor
ging, die grauenvollehöhle, der sie ent
stieg, den Giftsiachel selbst, den sie an
sich trug, um im Lichtstrahl der Freude
zu tanzen mit anderen Eintagsfliegem
« Unterdessen unterhandelte in seinem
s Eabinett Jslap, mit Händen und Fil
; ßen gestilulirend, mit dem ehemaligen
I Schlachtergesellem Leise. kaum hör
.bar, wisperte er, während die Erke
. gung seinen mageren Körper schüttelte.
Und der Stiernacken seines Gegner-i
beugte sich tiefer und tiefer, die mus
lelstrotzenoen Arme wurden schlosser
und schlossen
Zwei Stunden später, nachdem
Jule mit Will durch xie Vorderthiir
ornaueaegangen spar, zchiich durch vie
Hinterhiise und Schuppen ein Mann
mit schwarzem Vollbart, eine schwarze
Binde über einem aerötheten Auge.
dem Vahnhof Friedrichstraße zu, den
er kurz vor Abgang des Schnell-Izu s
nach Danzig erreichte. Jn dem Panr,
den dieser Mann außer Tauf- und
Militijrschein und den Zeugnissen ver
schiedener Meister in seinem tleinen
Berliner mit sich führte, war er be
zeichnet als August Klente, gebürtig
aus Potsoam vierzig Jahre alt, mit
telgroß, mit schwarzem haar und
Part, Schiachrergeselle.
Lautlos, wie ausgestaar lag Js
lap’s Haus im Sonnenschein. Außer
ngap befand sich, die Ratten und
Mäuse ungerechnet, nur noch ein le
bendiges Wesen darin, Naht Kadi,
und der lag in sich zusamineugehus
schelt reglos am Ofen der Hinterftube
auf seiner errdederte. Er mußte Tag
für Tag so viel durch die Straßen ren
nen, daß der Sonnenschein ihn nicht
lockte. Er liebte sie« auch nicht, diese
nordische, ftiefmütterliche Sonne, in
der die Menschen froren, und er war
immer müde. Drs machte der Hirstem
der ihn die ganzen Nächte hindurch
schüttelte und seinen Kbrper schon zum
Gerippe ausgetrocknet hatte. Bald
fechzehnjährig erschien er behend wie
ein Elfjiihriger. Aber er war sehr
vergnügt. Die Augen, die sich in dem
hageren Gesicht unheimlich ausbreite
ten, zur Decke erhoben, die langen Fin
ger unter dem Kon verschränkt,
träumte auch er seinen Sonntags
traiim. Er sah nicht die Spinnweben,
die in einein unfühlbaren Zugwind
droben hin und her schwangen. Er
sah die Felsriboen seiner Heimath
fonn gebadet in der dunlelblauen
Himmel steigen. Jrn frischen Wind
hauch zitterten die Silberbliitter der
Oliven; über ihm schimmerten wie
goldene Sterne Orangen, neben ihm
leuchtete das Meer, Neapels blauer
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den Wellen Er laq am Strand und
war warm, warm bis in die Knochen,
warm bis in s hetz Wenn ein Frem
der des Weges kam oder fuhr, nahm
et die Mütze von seinen schwarzensots
tell-unten »Solvo«, Signor. Das
war seine ganze Arbeit. Von den-.
Solbi kaufte er sich Macraconi, und
theilte sie mit der lquen Gipvanncsn
Die fing und briet ihm Vögel dafür.
Gottfetzung folgt. )
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- Sie kennt ihn.
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Sie: »Was mich für Verm Edey
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