Sonntags Blatt Beilage des ,.3.icbra5ka Staats-Anzeigcr und Yerold«. J. P. Wiudolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» den 18. Juli 1902. Jahrgang 22. No. 46 Seine Tochter-. Erzählung von- Uilhelm Vergn« Jch habe heute meinen alten Freund ; Weidner zu Grabe geleitet. » Es war ihm gut gegangen in seinen - jungen Jahren, meinem Freund Weid- » nee. zu gut vielleicht. Alles schlugf ihm ein, und als ,er schließlich einet heißgeliebte Frau in sein hat-B führte, da schien ihm sein Glück auf Erden vollkommen zu sein. Nach Jahresfrist indeß starb diefe Frau, nachdem sie einem Kinde das Leben gegeben hatte. Nie habe ich einen Menschen so falsungslos gesehen, als Weidner bei diesem Todesfall war. Nach-mehreren Wochen stillen Brü- ( tens faßte Weidner die Idee. er werde - in der Fremde sein altes Selbst wie-i -derfinden; hinaus in die Welt wolltei er, je weiter, desto besser. Jn jenert Zeit flog die erste Kunde von den ersten ; Goldfunden in Californien von Ohr zu Ohr und iveckte hiiden und drüben in Tausenden die Gier nach Gewinn. Zu meiner Beftiirzung erklärte Weid ner, auch er wolle sich nach dem Gold lande begeben. Vergeblich stellte ich ihm vor, daß seine Körperkräfte den Beschwerlichleiten eines Lebend in der Wildniß, verbunden mit harter Arbeit, nicht gewachsen feienz er ließ sich durch keinerlei Gründe von seinem Vorhaben abbringen. Mir überließ er, seine An gelegenheiten zu ordnen, und schifftes sich mit tvahnsinniger Hast ein, ohne nach seinem Kinde efragt zu haben. Jch selbst hatte amals eben einen bescheidenen Hausstand gegründet Mein liebes Weib nahm dao kleine Wesen, welches uns der zerrüttete Freund zurückgelassen, mit stillem Jubel an ihrem Herzen auf. Und als dann Jahr auf Jahr verging, ohne daß uns eigene Kinder bescheert wur den, blieb sie zufrieden in dem Besitze des einen, welches das ihriae gewor den war durch die liebetveckende Macht der Sorge. Meinen Freund Weidner hatte ich -—- ich weiß nicht, wie ich dazu tam — als einen flir immer Verlorenen angesehen, schon als er Abschied nahm. Er meldete mir freilich in einigen Zeilen seine Ankunft; auch schrieb er in langen Zwischenraumen noch ein paar Mal wieder, immer aus einem anderen Orte, dann aber verstummte er. Nun zweifelte ich nicht mehr daran, daß mein unglücklicher Freund in dem fernen, wilden Lande ein frühzeitiges Ende gefunden habe. Helene wuchs heran als unser viel geliebtes Kind, das uns Niemand streitig machen konnte. Erst nach ihrer Konfirmatian erfuhr sie aus meinem Munde, daß sie uns nicht durch die Bande des Blutes ange höre. Ganz still hörte Helene meine Er zählung an. Als ich damit zu Ende war, athmete sie tief aus« Mit gesal teten Händen, die Augen feucht von langsam vordringenden Thränem sagte sie: »Gott fei Dani, dasz dies alles ist. Jch fürchtete schon, ich sollte aufhören, euer Kind zu sein. Er wäre mein Tod gewesen —- gewiß!« Sie schauerte zusammen; dann wars sie sich an meinen Hals. »Es ist nicht wahr, es soll nicht wahr seist« ries sie leidenschaftlich aus. »Ich kann Nie mand lieben als euch, Niemand als euch will ich angehören. Jhr seid meine Eltern, ihr bleibt meine Eltern —- temme, was da will. Niemals lasse ich euch, niemals!« — An jenem Tage hatte unsere Liebe gleichsam eine höhere Weihe empfan gen; es war uns allen, als ob wir jetzt nach inniger uns aneinander schließen müßten als ehedern. Hin und wie r schien eine plötzliche Ban «;,.-.;e e: » htm- m kommen. Ein mal fragte ich sie bei solcher Gelegen heit, was sie beunruhige. —- Ernstbast erwiderte sie: »Es könnte doch sein daß er" —- sie nannte ihren Vater nie anders —- »daß er krank läge mitten in dem wüsten Lande, und wir hörten davon. Müßte sie dann nicht zu ihm reisen, um ihn zu "pslegen?« — Sie wollte nicht daran glauben, dasz er todt sei. »Ihr werdet sehen,« sagte sie, »daß er lebt, daß er sich aus ein mal, wenn es ihm gut geht, wieder an die Heimath erinnert. Und auch viel leicht an mich. Dann wird er kom men und Liebe von mir verlangen, nnd ich habe ihm keine zu geben. Er wird unglücklich sein, und ich werde ihm doch nicht helfen können, da ich nichts in meinem Herzen sür ihn sühie.« helene hatte recht: ihr Vater lebte. Eines Morgens tam ein Bursche aus« einem Gasthause dritten Nanges zu mir mit der lakonischen Bestellung, herr Weidner sei dort und wünsche mich zu sehen. Jch mußte mir den Namen wiederholen lassen, ehe ich meinen Ohren traute. Dann unter richtete ich meine Fran. ihr überlas send, Helene vorzubereiten, und ging mit beunruhiqtem Gemüth zu dem bezeichneten hause. —- Ein alter Mann in groben Kleidern kam mir zaghast entgegen. Er sei Weidner, versicherte er mit einem melancholis schen Lächeln, als ich ihn betroffen anstarrte. Jch drückte ihm die harte hand, die er mir scheu entgegenstreckte. s ia", sagte er seuseznd, »die acht-' Jahre haben mich ara mitar npmtieenf —- Dai hatten sie in der That! Er war nur noch eine Raine, der arme Weidner; verfallen, verwit tert, verivahrlost. Mit Schrecken dachte ich daran, daß ich Helene diesen Vater zuführen mußte. Er begann wieder mit feiner eintdnigen, müden Stimme: »Du hast dich besser gehalten alg ich; es mus-; rir recht gut gegangen sein." — Verlegen stand ich ihm gegenüber. »Du fragst nicht nach deiner Tochter2« sagte ich und bemühte mich, einen hei teren Ton anzuschlagen. Weidner sah mich nicht an, als er langsam antwortete: »Es ist ihretwegen, daß ich hierher gekommen bin. Aber lästig sallen will ich Niemand, auch ihr nicht. Jch passe nicht mehr hierher; zu euch nicht, zu ihr nicht. Sie wird glauben, ich sei todt: dabei mag sie bleiben. Nur einmal sehen möchte ich sie. Versteh’l mich recht: aus der Ferne, wie einl Fremder. Mehr verdien’ ich auch nicht. j « Dann geh’ ich wieder zurück, wohin ich l gehöre. Und deshalb hab' ich dich ru fen lassen; du sollst mir dazu behilflich sein. Weiter verlang’ ich nichts.« »Nein, nein!« ries ich aus. Zu solch einer unnatürlichen Entsagung biete ich die Hand nicht! Du kommst mit mir — sogleich! Helene erwartet dich!« — Leise vor sich hin wiederholte Weid- s ner den Namen. »Also Helene heißt; Ilt," Ingl- n mit zuueuurn cippctt.; »Ich hätte es mir denken können. Du meinst es gut mit mir, Rudols, aber es gebt nicht. Weißt du: ich bin zum Paria geworden, und wer mich be rührt, wird unrein. Und wenn ich’s jetzt bedenke: ich hätte bleiben sollen, wo ich war. Aber es lam mit einem Male über mich und ließ mir leine Ruhe; ich wäre trank geworden, wenn ich länger widerstanden hätte. Und ietzt Rudolf, ich will dirs nur geste hen: ich siirchte mich vor meinem Kinde.« Ich nahm Weidner’s Arm und zog ihn mit mir. »Du bist närrisch, alter Freund!« ries ich und zwang mich, zu lachen. »Wenn ihr euch erst tennen aelsernt habt, du uni- Helene, so nach ein paar Tagen —- natiirlich wohnst du bei mir »s, dann werdet ihr ein Herz und eine Seele sein.« —-— Er mußte fühlen, daß ich gegen meine lieberzeuaung sprach. Als wir vor meinem Hause ange kommen waren, wars ich einen raschen Blick nach den Fenstern des Wohn zimmers. Helene lauschte hinter der Gardine; undeutlich, wie ich ihre Züge sah, glaubte ich doch den Ausdruck eines starren Schreckens darin zu er lennen. Rasch eilte ich die Treppe hinaus mit der Empfindung, als müsse ich dem lieben Kinde noch ein mal versicheru, daß sie uns auch wei ter angehören solle. allen Vätern zum Trotz. »Nimm mich mit,«« teuchte Weidner hinter mir. Da mußte ich elten bleiben und ihn erwarten. Drinnen stand Heime in der Mitte des Zimmer-, mit der linken Hand auf einen Tisch gestützt, dicht hinterz ihr meine Frau mit verschränkten Ar- I men, trotzia ausschauend wie eine Lö- T win, der man ihr Junges rauben will. z »Hier bringe ich dir deinen wirklichen Vater, Helene,« zwang ich mich, in einem Tone zu sahen, der ermuthi " gend klingen sollte. Dann trat ich iur Seite und überließ es Weidner,k tie Spannung zu lösen. Helene schauerte usammen: sie wandte sich ab i und war-i sich meiner Frau in diei «.Ilrine. »Er ist es nicht,« stöhnte fie, »ich weiß nichts von il)m.« f Weidner seufzte und nickt-s ein paar » Mal langsam mit dem Kopfe, etwas vrr sich hinmurmelnd, tu- rch nichts writan Dann redete er wich an, - feine Stimme llanlz hohl nnd lkeifer.s »Im labe mehr errei t.t als ich :ucllte,«· s tagte er: »ich danke dir, :liiidolf.« Zei- H ler setzte er hinzu: »Der Himmel hat siit, im mir geöffnet, cino ich hat-e ci ! fisc: seiner Engel ai«:·e«scl:. iir ivirdj allent bei mir bleiben, denn hier have I irii «17n ausgenommen« II feiner lin- : tiichen Weise preßte er die F)iinis« aeaen ; zie Brust und machte einen Schritt ges E gen die Thür. ,,Wo willst du hilf-« rief ich bestürzt. «-—— »Zurück« woher ich i gekommen bin,« antwortete er in einem i Tone, als ob dies selbstverständlich i i i sei. Ungewiß, ob ich ihn zu halten ver «tuchen, ob ich ihn gehen lassen sollte, Ibliette ich zu Helene hinüber. Das Mädchen stand in heftigem Kampf. Es i zuctesum ihre Lippen; in ihren Augen i schimmerte es feucht. Schon hatte : Wetdner die Thür geöffnet, schon hat i ten feine schweren Füße im Hinausges i hen die Schwelle gestreift ——, da wand i es sich aus ihrer Brust empor, das ent i scheidend Wort und tlana wie himm- » i lifche Musik in des Scheidewden Ohr, i das Wort »Besten« —- Er hemmte i seine Schritte und drehte sich langsam lum. Noch zweifelte ee daran, ob er wirklich gemeint sei; fragend blickte er mich an, ob nicht etwa mir der Zuruf gelte. Jch lenkte seine Augen auf He lene, die ihm tapfer die Hände entge genstreckte-. Schtvanlend lam er Zu rück in oas Zimmer einen unartiku litten Laut ausstoßend, der wie ein verhalteneg Jauchzen llana. Noch aber hatte er seine Tochter nicht er reicht, als er ohnmächtig zusammen brach-» - Ich ließ Weidners Gepäck vom Gast-" « hause holen. Ein Sack von geöltem I Leinen, wie ihn die Matrosen mit sieh . führen, barg all seine Hab-et Dennoch war er nicht gerade arm; in einem halbzersetzten Taschentuch trug er in Banlnoten eine nicht unansehnliche Summe bei sich. Jch unterrichtete den Haugarzt von der Ankunft Weidners, dessen er sich noch von früher her erin nerte. erzählte ihm von seinem mitth maßlichen Schicksal und bat ihn, das sichtlich niedrig brennende Feuer seines Lebens-, wenn möglich, durch die Mit tel der Wissenschaft zur hellen Flamme anzufachen. Am nächsten Morgen, nachdem der Arzt den noch immer äu ßerstErmatteten besucht und soweit es thunlich war, aussefragt hatte, berich tete er mir, daß eidners Lebenskraft durch ein Uebermasz von körperlicher Arbeit, verwinden mit Enthehrungen aller Art, aufgerieben sei. Er werde iald zur ewigen Ruhe eingehen. Vor Helene verheimlichte ich die Befürchtun gen des Arztes; sie hatte die Pflege des Kranken übernommen und wid mete ihm alle ihre Zeit. Nur flüchtig sahen wir sie allein in dieser Zeit, meine Frau und ich. »Ihr wißt nicht,« sagte sie mehrmals, »was fiir ein armer guter Mensch er ist.« Alles hat er mir erzählt, was er erduldet hat, von »dem Tode meiner Mutter an. E Und er klagt nicht; er spricht Von sich wie von einer andern Person. Dann ssagt er er sei glücklich jetzt, unfäglich Eglücklirh Jch muß es ihm glauben, E wenn ich H gieich nicht hegreifen lann. « ; Aber der Kornlein in Papa Weid E net-Z -— so nannte sie ihn « Sand chr waren nur noch wenige und das Eletzte rann hald herab. Eines Abends, ials eben die untergegangene Sonne Inoch rosig in den Wollen nachgl iihte, E rie f uns Helene »Er ist so tvunder:: - E lich « fliiiterte sie mir zu, als ich ins E ttieidners stiinmer trat; ,,es ist ein ge » Eheinres Grauen in mir, das ichsnichtE Ehannen lann. Sieh nur —— was istE mit ihm?« « Der Sterhende hatte uns sein Ge sich zugewandt; es war wieder das Ge E sicht meines alten Freundes, mit demE er uns vor achtzehn Jahren verlassen E hatte, trotz der grauen Haare, trotz des E entstellenden Bartes. — »Ich komme, i mein Weil- « stieß er hastig hervor.E Dann richtete er sich plötzlich auf.E ,,Oelene!« rief er mit lauter Stimme und breitete seine Arme aus· Schon « aber-, als das Mädchen ihn erreichte,k war er in die Kissen zuriickaesunten,t und der Todte empfing den ersten und letzten Ruf-, seines Kindes-. ; —-.-—-s Du Zieveniiuddreißiqfte. Mit einezn univilltiirlichen »Alle Achtuna!« lefen mir in der »Bohemia« » folgenden Bericht aus Bär-ringen im Lfrzgebirge über reichen Kinderfegem E ,,Dem hiesigen, im 69. Lebensjahre» stehenden anohner, Herrn Jofefx Ströer, wurde heute das Ii7. Kind,i ein Mädchen geboren. Herr Ströeri ift zum dritten Male verehlicht. Seine ; erfte Frau beglückte ihn in 17jährigerz Ehe mit 18 Kindern, 10 Knaben, Z Mädchen, auch einmal mit Zivillinaen, . feine zweite Frau in 12jähriger Ehe ! mit 12 Kindern, 8 Knaben, 4 Mäd: F chen, und feine dritte Chegattin eben s falls mit 12 Kindern, 6 Knaben und 6 Mädchen. Von diefen 37 Kindern befinden sich 10 am Leben. HerrStröer ift mit Glückggiitern nicht fehr reich lich aefegnet und fah sich infolge Krankheit auch genöthigt, feine befte Einnahmequelle, die Aiifziicht und das Abrichten von Gimpelm aufzugeben. In früheren Jahren bereifte Herr Ströer fowohl die Hauptftädte der öfterreichifchen Länder, als auch die des Aue-landes, und verkaufte feine abgerichteten Vöael.« Nichttun-. Poftbote: »Weshalb fchreiben Sie denn auf den Brief ,,Abgabe verwei gert?« es muß doch heißen »Annahme oerweigeri«!« Rentner: »Ach, ich fehe ja, er ifi von meinem Neffen.« . Gitter Ratt-. Opernfiinaerin tzum Kriiiter): Nachdem ich Ihnen einige Proben meiner Kunst geaeben —- zu welcher Pariie würden Sie mir rathen?« mitten »Wenn Sie ein reicher und ehrlicher Mann um Ihre Hand bittet dann fagen Sie »ja«!« HW— Unswanderer. Von Hans Osxmald. Eine moderne Karamanserei — das zst der erste Eindruck, den der Fremde Ion Bremen erhält. Wer zum ersten nal vom Bahnhds aus hineingeht in Iie alteHansastadt, der sieht fast nicht-« xls Gasthäuser. Hotels in seinstem, Jernehmsten Stil, gute, solide, bür erliche Gasthäuser und einfache olls - Herbergen, Massenlogementg, Zwischen diesen Häusern haben sich llgenten für das ,,Zwischendeclge "chäst« niedergelassen Jeder kleine Raum neben den hohen Glassenstern Ier Kontorriiume ist mit hohen Buch staben bemalt. Fast alle Völker Mit tel- und Osteuropas finden dort ihre Sprache wieder-hier im Nordwesten Deutschland-L hier im reinsten, deut fchesten Winkel des Deutschen Reichs, im Land der Friesen. Da stehen lsechische Worte neben ungarischen, ilowalische neben rumänischen, und auch die merkwürdigen Buchstaben der Rassen mit ihren halbasiatischen Li nien sind da schwarz auf weiß ange malt —— als sei hier die Stelle, wo alle Sprachen Badels verstanden würden. Auch die Menschen, die sich durch die Straßen bewegen, sind so ein bun tes Gemisch-aus aller Herren-Ländern Illlll cui Ocllljcll UUU »Hu Steuer-uns Brernens. Da gehen Gruppen, in denen die kurze Jacke der Slowenen nnd Ungarn, ihre kleinen runden Hüte und die Stulvenstiesel die Mehrzahl bildet-« Drüben vor dem Schauspi iter roller bunter Aussicktstlartem steht ei n Mann im hellen Schafspelz. Sei ne vielen kleinen seh .var-sen Zöpfe fal len herab auf das wolliae Fell ein Schäfer, ein Hirt ans der Wallachei in seiner unverfälschten Urtracht. Das Weib, das neben ihm steht und die blanke Auglaae anstaunt, ist nicht we niger echt. Ihre Füße stecken in ho hen, derben Schafstiebeln, ihre bun ten, bauschiaen Röcke sino arell besetzt, das niedrige, knochiae Gesicht ist von schl.,v1rzem strähniaein Haar umgeben Auf den Bänken vor den Burea 15 der Aaenten sitzen Mädchen, deren ··Dalbschuhe verrathen das-, sie etwa aus dem polnischen Sichlcsien stam men. Aber ihre bunten Kopftiicher, ihre weiten Iacken uno bunten Kleiner bersten, daß sie noch weit entfernt leb ten von Ver Thrannei der Mode, daß sie in völlia ländlicher Zchlich.heit auf reivachsen sind. Aug einem derHäuser kommen hoch aetoachsene Burschen, die meitenBaum ioollhosen in die Stiefel gestopft, eine flache, araue Schirm-Mütze auf dein turzaeschorenem rundlichen blonden Schädel und den Oberlörper in einer Art Liteioka: Rassen, die ihr Letztes oertaust und ihre Wolqastepve verlas sen haben, weil sie nicht, wie so viele ihrer Nachbarn, zu Grunde aehen woll ten, und weil es sie verlangt nach ei nem Land, in dem man nicht einen Aufenthaltsschein haben mufi in dein man auch nicht wegen allerhand Verne lren nach Den eisiaen Ebenen Zibiricns oekschiclt werden kann. Sie alleL diese- Ucuerzähliaen und ; Jus em oeneres was reisenden nno heiter und voll Freude in den Taaen, da sie in Bremen auf die Abfahrt des Zchiises warten, das sie nach Tor neuen Welt brinan soll. Sie sind nicht be trübt das-, sie ihre Heimath hinter sich haben; sie weinen nicht, daß sie die leisten Stunden aus dem heimathlichen Erdtheil verbringen. Nein, sie sind alle voll Sehnsucht und Unaeduld, voll Zu-: iriedenheit, etwas erwarten zu können. Dieser Frohsinn begleitet die Aus oanderer bei allen Formaiitätem die sie noch vor dem Betreten des Dam users zu erlediaen haben. Selbst bei dem sie mit dem sonst von ihnen mit einer gewissen Furcht anaesehenen Aret in Berührung kommen, verlieren sie nicht ganz ihre fröhliche Stimmung-— Dieses Jinvsen ift von den amerikani schen Behörden siir jeden euroviiiseben tluswanderer vorgeschrieben Bei dic "er Gelegenheit werden zualeich sämmt Eiche Augwanderer auf ihren Gesund heitszusiand untersucht. Da seder sei nen Arm entblößen und dem Arzt hin strecken muß, braucht der Jniosende sein Geimpiten nur noch scharf in die Dingen zu sehen, um zu wissen, ob er ihn zurückhalten nrsß oder ob er ihn hindurchlassen kann duris das ein maschiae Netz, das wki u der großen Fahl der Auswanderer von den Be hörden gezogen worden ist. Es ist schon ein gesiebtes Mterial, das in die vasräume gelassen wird. Aber hier wird es noch einmal scharf aesichteL Die Augen der Aerzte be trachten jeden, als wollten sie durch ihn hindurchsehen. Und wenn er vor ihnen bestanden, rufen sie dem der vasung beiwohnenden Beamten vom amerika nischen Consulat eine verabredete Nummer zu. Meist ist es die gleiche Numme, das Reichen, daß der Unter-suchte am näch sten Tag das Schiff betreten dars. Bei den Männern kommt es überhaupt sast — aar nicht vor, das-, einer zurückgewiesen wird. Was da seinen Arm, seinen Obertörper entblößt, ist edelste Kraft, nichts als Muskel und sehniae Stärke, Körper wie aus Stahl aeformt, pracht volle Sinnbilver der Arbeit. Amerika tann sich zu diesem immerwährenden Zustrom klarster Stärke unv gesunder straft nur bealijckxoünschen. Bei den Frauen, die lzusammen mit den Kindern nnv gewöhnlich vor den Männern geimvst werden, kommt es schon öfter vor, vaß diese oder jene ab gewiesen wird. Da sieht man nicht viel solche tadellosen, erfreuenden Gestalten wie bei den Männern. Die Frauen sind nicht von der Arbeit veredelt unv verschönt woroen. Ein Uebermaß von Thätialeit hat ihre Schönheit abge streift, sie vermindert. Manche blei chen, sorgenvollen Gesichter schauen ängstlich aus den Vorzimmer hinein in ven Untersuchunnsraum der in ver Llondaepäethall unmittelbar am Bahn hos liegt. Aber die vielen Kinder brinan mit ihrem Frohsinn auch hier Heiterkeit un dLebhasxialeit hinein. Am Moran nach ver Jmpsuna ver letzten für einen Dampfe-: des Nord deutschen Llohd bestimmten Zwischen vecker aehen vom Bremer Hauptbahm hos Sonderzijae mit den Passagieren nach Bremerhaven ab, wo ver bereits anneheizte Dampfer ans sie wartet. — Mit Sack und Pack, mit Kind und Ke gel klettern die »Ztvischendeeler" hinein in vdie Wagen. Die meisten überlassen sich aus der kurzen Strecke noch einem kurzen Schlaf. In Bremerhaven wird alles un ruhig. Mit den Bündeln und Kisten in der Hand, die Kinder an den Rock schößem laufen sie wirr durcheinander-. Es ist nicht so leicht, in dieses Gewirr der Völker und Sprachen Ordnung hineinzubrinaem Eine ganze Menae Wärter müssen hinzuspringen und die Menschentnäuel entwirren. Und rasch muss- Uns gehen. Jede Minute ist kosts bar. Die Fluih geht in einer Viertel stunde zurück, und bis dahin muß der Dampser hin aus sein auf die offene See. Vorher müssen die Aug-wandern aber erst noch die Zolltammer paisir3n. Und ihre Fahrt- und Gesundheits schein miissen auch noch Untersucht mer den. Das Hinaussteiqen an Deck be ansprucht auch seine Zeit. Oben aus dein Deck, wo alle schnell unterm-bracht werden mußten, standen ein paar Schiffsarbeiter, die jeden der Männer-, der nicht gleich Bescheid mußte, snßt kriegten, um ihn mit einem gelindert Smsk nach der richtigen Seite zu leiten. Als sie aber einen kleinen Mann, der mit einem amerikanischen Zwickelbnrt geschmückt war, ebenso an fassen wollten, sa her sie mit seinen grauen Augen durchdringend nn: »Ich bin amerikanischer Staatsbijrger!« Damit marschirte er stolz in das Ztvischendeck hinein. Auch die deutschen Angwanderer wichen dem maschinen artigen Griff aus und gingen unge lenkt auf ihren Platz. « Bei der Auswahl der Plätze im Zinischendech das sich meist an der Spitze der Schiffe befindet, wo es eher-. Gerade nicht am anaenehmften in ists-n ist, zeigte sich ebenfalls die Kultur uud der Iliin die leichte Fassunasaabe als dar Ileberleaene. Der araubäriiae Ameritaner und ein loctiger Galizier hatten aleich Die besten Ecken die Initia ften uno aesichertsten Stellen im Zwi schendeck herausgefunden und belegt. Als am Rotesandleuchtthurm die Fiafiit - Passagiere die mit einem klei nen Damvser nachk«.inren, auf das Schiff gingen, und als vie meisten von ihnen weinten, während der kleine Dampser in den Hasen, in der Heiniath zurückkehrte mit den Verwandten, als er immer tleiner und kleiner wurde, auch da zeiate keiner der Zwischendes eler Schmerz oder Traurigkeit um das, was sie hinter sich ließen. Nur erstaunt sahen sie zu den betrübten Passaaieren empor. Die Mehrzahl dieser Menschen, vie zum erstenmal aus’s Wasser kommen, sind leoiae Männer und ledikie Frauen. Auch'eine aerinaere Zahl von Familien zieht mit jedem Dampser hinüber. Und nicht selten lommt es vor, daß auch eine Mutter mit ihren Kindern allein doie Ueberfahrt inirniachi. Sie ziehen dein Mann und Dem Vater nach, Der schon vor Monaten ausgewandert tst und der nun seine Familie nachkom iuen läßt. Wie eine Maoonna sitzt eine solche Frau mit ihrem Säualina und rsen größeren Kindern da. Gerade, das-. sie noch keine modischen Hüte tra aen, daße sie in einfachen Kitteln ste cken, aerade das erhöht die Schönheit, erhöht den malerischen Ausdruck der vielen Bilder, die diese Auswanderer bknn.—— Aus hoher See verbringen viele ihre Zeit mit Schlafen. Es ist kaum zu glauben, was einzelne zusammen schla fen können. Besonders die Männer. Die Frauen erzählen sich schon lieber etwas. Und dann —- die Kinder geben manches zu thun. So hat manche Frau Geleaenheit, sich zu beschäftigen Wird es dieser oder jener Mutter zu viel, so springen andere Frauen hinzu W Nach und nach entwickelt sieh zwischen oielen ein inniaes Verhältniss http bei der Ankunft in New York wie eiE große eFamilie, nfie eine geschlosse Gemeinschaft leben. Dort-bei lönkt dann alles jäh auseinander-, was eine Woche lang zusammen Freude und Trübsal, Sturm und Sonnenschein er lebt. In dem »votläusigen Gen-ahe sam«, wo alle Auswanderer warten müssen bis eine Reihe Formalitiiten er füllt sind und bis sie, gegen Verlegung ihrer Papier-e ihre Contrakte oder Baarmittel in die Ver. Staaten »ein treten« dürfen, halten diese flüchtigen Bande noch ein wenig zusammen. Dem Unersahrenen und Schwächeren wird »aeholsen. Die Stärkeren tragen das «Gepäct von Raum zu Raum, und Rathschtiiae und Hoffnunan werden mi.aetheilt. Hier und da streiten sich wohl noch einiae um einen Weg, den ein dritter einschlagen soll. Wird aber erst von den Jsolirunasriiumen der Landunagstea hinüberkaeleat aus die feste Erde, dann laufen alle auseinan der. Jeder hastct rasch hinein in die neue Welt, mit glänzenden Augen; seine Pläne, seine Hoffnungen, seine Erwartungen sind in dem vor Erre auna fiebernden Gesicht ausgedrückt, Nun ist die- mochenlanae Ruhe vorbei, und es gilt, die Wünsche in Wirklich teiten untzusehmieden Da hat keiner mehr für die andern Auge und Ohr. Eilends streben sie hinein in das neue Leb-en, siegessicher und zutunstsfroh jAber mancher erhält auch da seinen schweren Pact Entiäuschunaen, an dem er reichlich zu tragen hat Wie das eben in jedem Leben, in jeder Welt se; ikk . «....·-«...-» - Der See-graut Hass. Jn Paris ist am 29. Mai der Ser aoeant Hoff, 66 Jahre alt, gestorben. Wer war Hofs, ,,Le Seraent Hosf«, wie er stets aenannt wurde Eine der populärsien Persönlichkeiten von Pa ris. Seit langen Jahren hütete er als prrtneeren ardszenlsriumphbogen aus der wace de Heimre, und wer das napoleonifche Ruhmesdenkmal bestie gen, hat auch die malerische Gestalt mit dem weißen Schnurrbart gesehen, die am Fuße der Wendeltreppe das Trinkgeld für die oben genossene Aus-« ficht erwartete. Dem Volke von Paris blieb der alte Pförtner beinahe so se henswerth wie die Sehenswiirdigleitk die er bewachte. Wie Latour der »erste Grenadier«, war Hoff der ,,erfte Un terofsizier von Frankreich«. Nur hatt( er feine Kriegslorbeeren doch nicht ganz so einwandfrei verdient, wie der Offi-, zier Napoleons. Er verdient eigentlich eher einen Platz in der Geschichte der Jagd als des Krieges-. Während der Belagerung von Paris tödtete er mehr als dreißig deutsche Soldaten. Jn der Nacht, hinterrücks, mit dem Spürsinn und Zcharfsinn eines Jndianerg schlich er sich an die ahnungslosen Vorposten heran und schosk sie ab wie Kaninchen. Das ist sein ganzes Heldenthum, das feittem von ihm selbst mit einem fast legendären Glanze umgeben wurde. Er wußte seinen Ruhm auch sehr geschickt zu pflegen. Alle Augenblicke standen lange Artikel in den Zeitungen über ihn und seine Thaten und erst kürzlich erzählte cEules Claretie im »Journal« noch einmal die lange Ge schichte mit neuen Anekdoten. Der französifche General d’ Exea hatte den Menfchenjäger am 16. November als Lohn siir seine That-en vor der Front mit der Ehrenlegion geschmückt. Jm deutschen Lag-er war man längst aus ihn aufmerksam aeworden und sahn dete nach ihm. Bei Champignh ge rieth er denn auch in Gefangenschaft. Aber Hoff war ebenso pfiffig wie toll kiikm tfr nab sit-b nlä Gesamtit Wolff aus und wurde in das Gesan qenenDebot Grimpert bei Köln diri airt. Verdacht hatte man allerdings auf deutscher Seite gefaßt und es wurde eine Untersuchung über ihn in seinem Geburtsorte bei Zabern im Elsafz eröffnet, wo man augenschein lich bestätigte, daß es auch einen Un teroffizier Wolff im Z. Jnsanterie-Re giment gab. Jedenfalls gelang die List vollkommen und Hoff kehrte nach dem Friedensfchluß unerkannt und unber sehrt nach Frankreich zurück. - -.-·-.«-.-..-. Pech. A.: Freund, wag machst Du denn heute für ein mißmuthiges Gesicht?——· B: Ach, denke Dir mein Pech. Jch träumte dies-e Nacht meine Erbtante sei gestorben und sie habe mich zum Universalerben eingesetzt Meine Freude darüber war natürlich riesen groß! Jch eile also zum Begräbnis; und bekam, als die Engelsgute unter Ver Erde ruhte, anftandglos die Erb schaft ausgezahlt Ich sage Dir, ein Sack voll Geld war eg! -s--— Vergnügt eile ich zur Bahn, um wieder heimzu fahren. Schon tauchen in der Ferne die Thurme der Heimathgstadt auf — da höre ich plötzlich ein grelles Pfeier — dazwischen asellen laute Angftrufe —- ein fürchterlich-er Krach —- und ich werde munter! — A.: Und von der aeträumten Erbschaft war natürlich nichts zu sehen! —- B.: Ach, höve nur weiter! Als ich traumverloren um mich schaue, da ist’s mir, als ob mein Blut gerinntt Jch liege Dir nämlich in den Trümmern meines zufammen gebrochenen Bettes und vor mir steht hohnlächelnd —- der Gerichte-voll ziehet! ——-.-.-——» Scherztmqr. »Von wem kann man behaupten das-, er seine Zeit wirklich verstanden habe? Von dem Dienstmanm der den afctinzen Tag ohne Auftrag geblieben r .« I