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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (May 30, 1902)
—--——— Amerikanifchu Bürger. Erzählung von E. v. Wald-sedtrow. Der alte Jens Harssen roar aufge regt. «So,« fagte er zu feinem Sohne und blieb vor ihm stehen, »alfo nach Tondern follft du -— zur Geftellung mußt du —- und fehen wollen sie, ob du gut genug bift zum Kanonenfut ter!« Auch Jioer harffen, dem Jungen, war nicht wohl daher. Er war Tiber die enge Oeimath II nordfriesifchen Marfchlandes nicht hineingekommen und hatte noch laum Soldaten ge sehen, defto mehr aber von ihnen ge hört. »Wer weiß,« wandte er unsewiß « ein, »ob sie mich nehmen werde —« »Dich nehmen?« fragte Jcns Harf sen fpiitifch. »Ja, fag’ ich dir! Du schielft nicht und haft nicht einmal X-Beine oder Piattfüße —- dich wer den sie in den bunten Rock stecken. Himmellreuzt ich tönnte aus der Haut fahren —« »Ja, hin muß ich aber doch —« »Ja, natürlich· Und das ift es, was mir nicht in meinen Kopf will. Wer befiehlt unst Der Preuße? Wollen wir denn Preußen fein-? Ha ben wir nicht einen anderen König ge hat-ti« Tie Bäuerin, eine Frau mit sympa thischen Zügen, sagte beichwichtiaend: »Du übertreibft immer gleich, Jens. Erst wollen wir doch abwarten, ob sie ihn haben wollen, und dann können - tvir immer noch weiter darüber re den.« m...- a.»n-». mithe- bi» Jmn own- sIus »in so-,-F hoch und vermied es, sich gegen sie hinreiszen zu lassen. Desto heftiger suhr er den Sohn an. s« »Mach nicht so’n Jaiiimergesicht!« ries er erbost. »Steht der Bengel da. als ob er nicht bis drei zählen konntet Ductst du dich schon tin vor aus? Herrgott, so sollte dich die Oeige Lornsen sehen, die würde sich bedanten siir fo einen martlcsen steil! Rass dich zusammen, geh hin und srag fie, was sie von dir wollen —- und -—« er dämpste die Stimme zum Zischen —- »und wenn sie das blaue Tuch bereit halten« das-, du nur so hineinfahren iannst —- dreh ihnen eine Nase —- iibr die Grenze ’riiber —— verstehst du mich. Aber jetzt mach, daß du hinaugtommstz drauß-es giebts auch noch zu thun·'« si- - si Nach einigen Tagen sattelte Jiver in der Frühe einen Braunen und trat den sanken Weg nach Tondern an. Als er am Nachmittag zurückkam, hing er schlotternd aus dem Gaul, stieg aus dem hose steis aus dem Sattel und schwankte aus die Eltern zu. ,,Na?« herrschte der Vater ungedlu dig. s Jiver nielte beiahend mit dein Kopfe, als ob er damit genug sage. «Gezogen?« sragte Frau Harssen. »Im —- — zur Kaoallerie —« »Also nicht mal zur Jnfanterie, wo er noch mit zwei Jahren hätte sreitom men tönen!« polterte Jens Hatfsen aufgebracht. Himmeitreuzt Jch lel lieber haus und Hof vertausen, als daß ich das zugebe! Ueber die Grenze sehst du mir, Bengel, und wenn sie mich dann schikaniren wollen: ich kom me nach, und aus meinen hos töimen sie auch einen Preußen setzen ——-« Jwer hockte verzweifelt in seiner Kammer, bis der Abend nahte und er sich erinnerte, daß Helae Loinsen zu kommen versprochen hatte. ijer schlich sich aus dein Hause und ging ihr ein Stück den Fahrweg ent TZD fassht Ihn bis-h Of ..«.«», ....».,,.... -.. .,«... ..,.. --.- » iannt und eilte aus ihn zu. »Na?« fragte sie, wie am Nachmit tag Jwers Vater. Ter eingehende Sold-at stotterte die verhängnißvclle Antwort. Der sreudige Ausdruck ihrer Züge verschwand sosort. »Geh, du!« stieß sie hervor, und die großen blauen Augen sprühten zornig zu itstn hinüber. »Und deshalb stehst und stotterst und ineinit, daß du gleich sterben mußtt tind dein Vater — was sagt der?« »Ich —- svll iiber die Grenze ge n ——» »Und was willst du thun?« »Ich weiß noch nicht!« Sie trat dicht an ihn heran, und ihr Athern streifte ihn. — ,,Wenn du —« sie betonte jedes Wort erregt —- ,,das thust, ist es aus mit unsi« »Wenn ich was thue?« its-» »Was dein Vater willi« ·"«-’ « »Du meinst, ich soll —« f»Wenn dir an mir etwas gelegen it—'« »Aber der Vatert« »Er wird sich darein sinden.« »Wenn der sich was in den itcps gestzt bat —« »Schweig! Du steckst dich hinter ihn, weil du selbst nicht willst, weil dr« rnit der Angst hast, weil du rein Mann bist —- Und wenn du fliehst — dai ist seig und erbärmlich.« ,,J werde rnit deinem Vater re den!« siigte sie energisch hinzu. Das wirst du nicht,« gab er gereizt sitt-Ist »Ich werde schon allein her csssinderh was ich will; dazu brauch’ ist M nicht« »Sie Dies ihn von sich. «.’, »So mach, was du willst, du! Ader iehalt was ich dir gesagt hab’t« O O Einige Wochen nach der Gestellung rnd Aushedung tarn der Losungöi chein. Ausgehioben zu den zweiten Garde Iragonern nach Berlin. »Berlin?« sauchte der Bauer .Selbstoerständiich! rade euch vom siorden stecken sie nach dem haupt )reußennest, um euch nur ja ganz in gen Klauen zu haben. Jwer, sen dich; nir gegenüber. Es muß mal klar verdn zwischen uns, End ich will Nr agen« was ich mir habe durch den Kopf gehen lassen. Das vorn Ver kausen des Hofes ist mir so 'raugge fahren, und wen ich darüber nach denke, niein’ ich, daß das doch nicht iehi und auch nicht nöthig ist. Die Harsseng haben den Hos gehabt, so ange sich ziiriicldenken läßt« und wenn ch ihn verkaufen müßte, würde es mir Joch schwer fallen. Wenn du aber jber die Grenze nach Dänemark iingst, würde mir nichts andres übrig bleiben. Also daraus kann nichts verden. No hig ist es aber auch nicht, venn du ni t nach Täneniark, son Iern — nach Amerika aehs .« Er räusperte sich und ließ eine kurze Pause eintreten. »Da — wirst du in siins Jahren Bürger-, und wenn du amerikanischer Bürger bist, dann kannst du ruhig zurückkehren, und iein Mensch kann Dir was anhaben. Das kostet was; aber darauf soll es mir nicht ankom- i nen. Ich werde dir zweitausend Tha- J ler mitgeben, wenn du einverstandeni dist. Veschlas dir’g!« ; Jirer legte sich aber nicht schlafenp Illlloclll schlug Ucll MS nun-, »Hu Lornfen’schen Hofe ein. T Helge hatte sein Kommen gewahrt und empfing ibn vor der Hausthür. »Was willst?« fragte sie mit beeng iem Athem. « »Von dir nichts. Deinen Vater will ich sprechen,« gab er nachtragend zurück. »Der ist drin —« Sie wies ihn nach der Wohnstube. »Guten Abend,« grüßte Jwer den Bauern dtfangem »Na, lünftiaer Soldate,« scherzte Peter Lornsen, der allein iin Zimmer war, ,,findest du auch wieder mal zu un9?« »Ich wollte Euch was fragen,« ver setzte Jwer stockend. »So? Na, da frag zu!« · »Ihr seid in Preußen drin gewe sen: ist es da -—— war’t Ihr —- hat es Euch da gefallen?" »Jawoll, mein Jung, aber sehr. Uebrigens: wir sind beide drin, das mußt du nicht vergessen.« »Nein. Aber Jhr tennt meinen Va ter, der mag die Preußen nicht.« «Marotten, Jwerx laß dich dadurch nicht beirren. Dein Vater ist eigen sinnig und verliinsig nicht zu bekeh ren. Aber du wirst bald selbst hin geben und dich wohlfiihlen. Oder — haft du Anast?« »Ein bißchen,«« bekannte Jwer. »Ist der Dienst hatt?« »Für einen jungen, kräftigen, ac sundrn Menschen wie du? Laß dir keine Flausen vormachen!« »Vater will nicht zugeben, daß ich diene.« »Wil! nicht? Sieh mal an. Wird aber zum Glück nicht gefragt werden« »Er will mich fortfchiden — nach Anterita.« »Ach was!« »Er will mir Ger mitgeben, und nach fünf Jahren soll ich wiederlom men.« »Und dann’« ( «-«·:k-t.-.. m::---.. « --. »Luz- ulllchltisnsuxni kunva k-« gönzte Jwer. »Da tönnen Sie :nir nichts nielir anbaben.« Lernsen tachte belustiat auf »Wa5 dein Alter sich nicht alles :.,utechtleat! Schneidet sich aber, der gute Jenz ——« ,,Wieso?« »Da-« will ich dir sagen, mein Jung. Zuriidtonunen tannst du, dag ist rich tig. Aber bloß zu Besuch. Merlst du was?« »Nicht siir iininer?«» »Tai- tiinnte dir so passen. Andern vielleicht auch. Aber da ist ein Riegel vargeschoben Willst du dich nicht wieder hinüber bemühen, mußt du schen io gut sein und den Dienst, vor kein du ausartnissen bist, nachholen.« »Ich bab’ inir’s schon so halb ge dacht,« gestand leer ein. »Wann mußt du antreten?« ,,Lttober.« »Du hast noch Zeit zum Ueber legen. »Ja. Gute Nacht'« Peter Lornsen lachte hinter ilnn her. »Bangbiix!« höhnte er in den strap piaen Bart. »Und an so’n Hans Fürchteniich hängt sich das Mädel!« « e- s Jwer mied den Vater mehr als ie; aber er war nicht bloß« scheu, er war in gelehrt. An einem Abend zu Anfang Sep tember trat sein Vater zu ihm in die Kammer. »hat die Muclerei bald ein Ende?« fragte ee mit verhaltenern Drehen. »Das Geld liegt bereits mach, daß du jent forttornrnst!« Jtoer schwieg. Nach einer Weile brachte et mühsam hervor: «Jch werde geben, Zeiten« I »Na, endlich! Jch habe dir einen tänischen Paß besorgt. Von Kopem bagen mache weiter. Wann willst du —K« »Morgen, Vater.« »Schön. Je eher, je liebeft Jwer war merkwürdig still. »Ich komme gesund wieder,« sagte er beim Abschied zu der weinenden Mutter, die ilm fest an sich drückte und ihm dann mit den guten, thränenges füllten Augen nachbliclte, so lange sie sei-ne Gestalt sehen konnte. Auf seinen Wunsch war er ganz allein aeaanaen. An oer Grenze der kleinen Ge meinde saß Helge Lornsen am Weg rand. »Jwer, geh nicht!« bat sie den Ge liebten. »Ich muß!« gab er weich zur Ant wart. Sie barg in jähem Ungestüm das Gesicht in die Hände, und ein Schluch zen rüttelte sie. .,Vergis; mich nicht,« bat er leise, »und auch nicht, daß ich dich allein lieb habe.« s- it- si Es war mit einein Male still ge worden aus dem Hofe Harssen5, und das Fehlen Zwerg machte sich uner wiinscht bemerkbar. Jens Harssen ging gegen seine son stige Gewohnheit ins Wirthshaus und suchte so die Zeit todtzuschlagen." Mit einiger Spannung erwartete er den Anfang Oktober und ob die Be hörden kommen und sich nach Jwer er tundigen würden. Der Mann des Gesetzes stellte sich aber n·« ein, und als der Oktober very-H war, ohne daß eine Nach frage ch dem Verschwundenen er hoben worden wäre, begann Frau Pausen etwas aufzuarhrnem »Vielleicht toinint überhaupt nie mand mehr,« äußerte sie zu ihrem Manne. Jens war nicht recht überzeugt, eher i über das Verhalten der Behörde et-? was befremdet, antwortete aber doch: »Ja, das tann schon seiii,« und suchte sich feine Aussage selbst durch die Motivirung zu beglaubigem »Es ist ja nichts Neues bei uns, daß die jungen Leute sich beizeiten aus deni Staube machen —- da haben sie sich vielleicht iiachaerade daran gewöhnt und drücken ein Auae zu, weil weg doch mal weg ist. Gestellt hat sich un ser Junge nicht, das sehen fie; daß er nicht darauf wartet, sich holen zu lassen, werden sie sich auch wohl saaent Weihnachten rückte heran, und die Pictethaube ließ sich nicht blicken. Sie tani auch nicht« als über die schneide freiten Aeeter wieder der Frühling ins Land zog. Die Pickeihaube tam über haupt nicht, und Jens Harssen und seine Frau hätten befreit aufathnieii tönnen, wenn nicht durch daåUquleig ben auch jedes Lebenszeichen-Z von Jwer eine andere Sorge für sie herauf-« beschworen worden wäre· »So habe ich das freilich nicht ge meint,« arollte der Bauer, »das-, er uns ein halbes Jahr lana warten las sen oder überhaupt nicht schreiben soll te. Und das sollte er sich doch selbst an den Fingern abzählen, das-, wir natür lich endlich von ibni hören wollen, wo er steckt iind was er treibt. Aber der Bengel ist sein Lebtag ein Däiiihet »ewesen und wird wohl auch nie ae scheit werden« »So ein Brief trauert ja auch lange von drüben bis zu iiiis.« »Das wohl; ater sieben Monate?« »Die ersten kannst du nickt iiiitrecb nen, Vater; da sollte er ja nicht sehr-IT ben.« Als ein Jahr veraanaen war, rei lor Jens Harssen die Geduld zini schaffte seinem Unwilleii in heftigen Aitgfallen»).«1lst. »Ist das nun die Ijlöalick-leii!« brauste er auf. »Unsere einsiae Irr-Te ist der Benael gewesen von ttein aus, nichts haben wir ihm abaishen lassen —- und so lohnt er ung! Baue Tausende habe ich ihin iniiacqebeii, nicht die paar Pfennige siir einen Marle hat er fiir uns übrial Tna und Nacht haben wir teine Ruhe, und er lebt in der Ferne herrlich un: :n Freuden und hat fiir uns teinc vie danten mehr-« »Herrlich und in Freuden?« irierrr holte Frau Harsfen die Worte ihres Mannes. «Könnte er —-«- könnte er nicht auch trank sein?« Jene stutzte nur einen Augenblick ,,Krant? Der?« polterte er. »Ha: dein auch nur einmal der lleine Fin aer weh gethan? Leichtsinnia, ohne Herz ist der Bengel! Wir tönnen so lange warten, sage ich dir, bis seine Taschen leer sind ——— dann wird er siclx vielleicht aus uns besinnen. Aber dann soll er warten; und wenn er uns alle fünf Tage einen Klage-brief schickt « nicht einen Heller rück ich melsr her aus siir den Bruder Leichtsuß!« . . I »Nun sind bald zlvei Jahre heruni,« stöhnte Jens Harssen beim Nahen des Bweiten herbstes. »Die Ernte, der iehftand —- alles ist besser, als es jemals war —- ursd —- und -- ich habe doch teine rechte Freude daran. Wenn ich es auch nicht sagen wollte, Mater, du wüßtest es ja doch.« »So still,« bestätigte die Bäuerin, »bist du noch nie gewesen« Nach einer Pause setzte sie mit einem Anfall von Schluchzen hinzu: »Du hast es Mir-gemeint Vater, aber recht war es doch wohl nicht, und darum miissen wir es nun tragen. Und wenn er bloß lebt und gesund wiederkommt, wollen wir ja auch zu frieden sein, nicht?'« Die buschigen Brauen Jens Harf sms zuckt-u verdächtig; vie Last drückte s ihn fast zu Boden. « Die Monde vergingen, und der Bann, der über dem einsamen Marsch- i hvfe lag, wurde nicht gemildert. Zum Ungliick fielen Jens auch noch Zeitungsberichte iiber amerikanische Zustände in die Hände, die lein rosiges Bild entworfen und mit dem Kraftsatz schlossen: »Der Revolver sitzt iiberall locker, Und ein Menschenleben gilt nir gends weniger als im Lande des Dol lars.« ,,Lebt Jwer denn noch?« fragte sich der Bauer stockend. »Jetzt wäre aerade die Dienstzeit zu Ende,« rechnete er, als er an einem klaren, sonnigen Herbstsonntag nach dem Kirchaanae am Fenster stand und interesselos iider die weite, sonnen und tvasserflimmernde Ebene starrte. Aus seinem wartenden Briiten störten ihn unfanft laute und liastiae Schritte auf, die von der Diele her an sein Ohr drangen nnd ihn unwil lig auffabren ließen. Einer der Knechte stiirrnte heran, riß die Tlsür aus und schrie mit einein Freudenbrüllent »Bau« —- Bauer —- der Jtver tonnnt ——- der Jmer lom:nt!« Jeng Harssen taumelte, als hätte ihn der Schlag getroffen. »W« a«— as-— es« feuchte er. »Ja, ja —— der Jiver!« frohlockte· rer tinechL Jens stolperte aus den Flur, stieß gean einen Schrank und fiel fast ans der Hausthür. Er sah seine Frau den Fahrweg hineilen, die Arme ausgestreckt, dem Heimtehrenden entgegen, den das Tlltutterauge zuerst erkannt hatte. »Jwer — Jwer —« Mutter und Sohn lagen sich in den Armen, und bald gesellte sich der Bauer zu ihnen. .,Jwer —- Jung —« Das saltige Gesicht Harfsens zuckte in ehrlicher Freude. ,,Jung —- Jung —« wiederholte Jan Harssen abgerissen und betrach tete den Wiedergetehrten Init so un rserhohlenem Staunen, daß Jwer hell und freudig auslachte. Er war breiter geworden, und der gebeugte Nacken und die schlappe Hal- s tung von vordem tparen verschwun den. Den Bauern durchfuhr in seltsatner Ahnung ein freudiger Schreck. »Jung —- wo »- wo —— kommst du hat« fragte er fliegend. Frisch und zuversichtlich lam Jwers Antwort: »Von Berlin, Vater —- von den Soldaten!« Frau Harssen schien etwas ängstlich gespannt, aber Jene athmete tief anf, faßte den Sohn an beiden Händen und sahihm lange in die Augen. »Gott sei Dankt« sagte er dann in quellendem Herzens-ton. ,,Jung, wir haben uns gegrämt um dich —- das liegt zurück, und ich bin froh, das-, du tliiaer warst als ich. Ja, gottlob, Jung!« Daß iibcr die Ilecler vom Lornsen schen Hofe her eine weibliche Gestalt wie auf Flügeln geeilt lam, bemertten die drei Glücklichen erst, alg aus der Nähe der freudige Zuruf Helges laut wurde. Tas Mädchen flog dem Geliebten jubelnd in die Arme-. Csb ims- -"- »ml1nt« ftnmmeltp sie beseligt, als sie hörte, von wo fein Wen in die Heimatl) zuriictfiilirte. Auf kein Hofe fand sich Gelegenheit zur Aussprache »Ja, wenn du da warft,« sagte der Bauer und lachte, »konnte freilich nie mand toninien und nach dir fragen. Aber —-— schreiben hättest du doch wohl tönnen7« »Wuf3te ich, wie du es aufnehmen wiirdestt« fragte Jwer ernst. »Ich freue mich aber, das: das, was ich hoffte, eingetroffen ist: Nun ich da bin, bist du zufrieden!« »Ja, mein Jung, ja —s« Peter Lornsen war der erste Befu cher auf dem Hofe. Er schüttelte dem künftigen Schwie gersolin kräftig die Rechte. »Na, wie hat dir’g in Amerika ge fallen?« fragt er launig. ,,Ainetitanischer Bürger bin ich lei der nicht geworden,« antwortete Jwer, auf den Scherz eingehend; »denn hatte ich bei ten Gardedragonern in Berkin keine Gelegenheit.« ----—-.O.—-— Unter Kollegen. Erster Schauspiel-m »Nun, was halten Sie von unserem neuen Rolle a-:n, oem Bonivivant?« Zweiter Schauspiel-en »Oh, ein überaus guter Kerl! Der tritt nie Je manoem zu nahe, höchstens dein Souffleur!« Kennzeichen. ,,Also auf dem Betriebsamt sind »Sie; lennenSie einen gewissenillteyser?« »Wir haben mindestens zwanzig ,,Meier«, wie sieht er aug?« »Ja, fo genau kann ich ihn nicht be schreiben, er hat mir neulich zwanzig Mark abgeborat.« »Den tenn ichl« - Jugendliebe Stizze nach dem Leben von Eduacd Strichen Das Mahl war zu Ende, und der Abend brach herein. Während wir aus der Terrasse Kasfee tranken, setzte sich das junge Mädchen ans Klavier und sang, indem sie sich selber begleitete. Es war nur ein feines Stimmchen, aber so rein und unveraleichlich süß. Die Fen ster waren halb geöffnet, und wir sa hen, zwischen den großen Palmen hin durch ihren Obertörper mit seiner ge raden Haltung, ihre zierliche, geschwei dige Taille, die prall umspannt wurde von weißem Mousseline. Ein Spiegel strahlte uns ihr durchsichtiges Profil zurück, die schallhaft und spöttisch ge boaene Nase, das zierliche Ohr, die zarte Linie des Nackens und das lach luftiae Grübchen, das sich in die Mundwinkel höhlte. Neben dem Klavier ,in einein brei ten und tiefen Sessel zusammenar lauert, die Beine übereinander geschla gen, saß ein Jünglina von siebzehn Jahren, so blond wie sie, so hübsch wie sie und mit fast ebenso zarter Haut. lsr sah sie an, und sein Blick verlor sich in den rer Sänaerin. Und als die Stimme, die nach und nach erlosch mit der träumerisch ersterbenden Melodie, ihre letzten Töne verhauchte, sah ich, wie zwei Thränen über die Wangen des- Knaben rollten. Als dann eine Bewegung unter den Gästen entstand und ihr Artiakeiten ge saat wurden, machte ich das junae Llltiidchen aufmerksam auf diese The-ä nen, die sie nicht bemerkt hatte, used fliisterte ihr ins Ohr: »Geh-en Sie nur Heinz an, Annamarie, vorhin ver schlana er Sie fast mit den Auqen, und ietzt stehen die Auan voller Ihr-Je n-n!« Fi- stiefz ein kurze-; und leichte-I krnstallhelleg Lachen aus, trat zu kern Knaben, und wärend sie seine blonden Locken mit den Fingern ftreicheite, sagte sie, indem sie mich ansah: »Deine ist mein kleiner Page! Ist er nicht ge fühlvoll und entzückend?« si- -i- si Ja, zu gesiihlvoll und zu entzückend! Wäre ich der Vater dieses Knaben — eine solche Frühreife würde mich be unruhiaen. Er hat das weiche, fast srauenhafte Wesen der Knaben, die von ihren Müttern zu sehr verziirtelt und geliebtost werden, eine Einbildung3 kraft, die sein kleines Gehirn dauernd in fieberhafter Aufregung erhält, ein Herz, das zusammenschriett und er schüttert wird bei Der geringsten schmerzhaft-en Berührung Unvorsiehtige Annaniarie! Tiese Be wunserung einer taum erschlossen-In Seele schmeichelt ihr vielleicht mehr ais die Huldigung all der jungen Geclen, die sieh um Die Ehre streiten, ihr he vorzngter ,,Flirt« zusein, und sie treibt ohne Bedienten ihr Spiel mit der unbe wußten Liebe dieses- jungen, nervösen Menschenkind-km « Gestern sah ich sie auf dem Wege Zu dem alten Schlosse, dessen Ruinen sich aus dem Gipfel eines kleinen, ais-Dr steilen, mit Brombeeren und wildem Strauch-wert aanz iiberieuclderten Ber ges erheben. Sie amiisirie sich über die aliihenden Erklärungen Frronberg5, Dieses Einfaltkpinselg, dem auch sein-. drei Millionen nicht den Geist ersetzen, Der ihm fehlt. »So! Also Sie lieben mich so sehr? Nun, wenn Ihre Leidenschaft eine sc große ist, dann —»« »O gnädiaesj Fräulein, das Opfer meine-J ganzen Lebens ——« »Ach, so viel verlange ich ja gar nicht. Sie sollen mir nnr diese kleine, rothe Blume holen ——- Zehen Sie? — Tort eben zwischen ten beiden Zacken Des Felsen5.« Fironberg nahm einen kräftinen An lauf: aber am Rande Des Grabens-« der länass Des Weges dahinfliesz blieb er stehen, machte ein ganz beiaiiiniernI« werthesz Gesicht und stainn:ette: »Hinaus käme man schon, wenn man alle sein- Kraft aitfmtiknennitiimk. leer wie wieder herunter nachher?« Da brach sie in ein lautes Lachen aus. Aber noch ein anderer als ich und Kronbera hatte ihre Forderung gehört« und Veraeblich schrie sie: ,,Heinz, ich verbiete es Ihnen! Kom men Sie sofort zurück!« Heinz ertletterte wie eine Gemse, er klammerte sich mit Händen und Füßen an die Wurzeln und pflückte die kleine rothe Blum-e; dann ließ er sich Von Brombeerstrauch zu Vrombeerstrauch, von Gestrüpp zu Gestrüpp aleiten, und inmitten von Erde und Gestein, das Init ihm rollte, siel er vor die Füße Annamariesz mit blutiaen Fingern, zerrissenen Kleidern, aber triumphi rend. Dag- junae Mädchen drückte ihn ans Herz vor den Auaen Kron beras, der aanz verblüfft und beschämt dastand. »Ach Kleiner,« saate sie zwischen zwei Küssen und mit vor Thränen zitternder Stimme, »e5 aibt keinen Andern, der mich liebt, und ich liebe nur Dich!« M V Und doch acht das Gerücht, daß sse Kronbera heirathen wird. Das flüstert man sich im Salon zu, und in der Disz nerstube spricht man schon vom Ver lobunagschinaus. Heute Mem-n tras ich Heinz, ganz bleich und bekümmert: Rinae um seine Atmen erzählten, daß er schiecht ge schlafen habe. Er kam zu mir, denn er weiß, daß ich Interesse für ihn habe, und daß ich sein bester Freund in. »Ist es wahr,« fragte er mich — und seine Stimme zitterte vor verhal tenee Bewegung —- ,,daß Fräulein An namarie sich mit Herrn Kronberg ver «"ti«ii-h«««s v Sei-· i er emb an u, i m txt zu bun. aber ich te nicht, In lsim »Ich weiß ni is davon, M ich sente: nein«! sagte ich in einem Ton, ius dem wohl meine Verlegenheit heis iuszuhören war. »Sie denken: nein!« erwiderte er ind schüttelte dabei den Kopf und iriiclte krampshast seine Finger. »Aber Zie sind sich dessen nicht sichert« Und dann aing er davon Nach dem Frühstück sah ich, wie er in Kronberg herantrat. Sein Antlitz chien aanz ruhig, aber in seinem Blick aa etwas Finsteres und Entschlosse ieg. Jch vermuthe, da ßer ihn über )ie Heirath sraatc. Denn über das-z ilberne Gesicht Kronbergs ging ein ireites Lächeln zufriedenaesiellter Ge lenhastigieit, und ich hörte, wie seine zrobe Stimme heraustrompetete: »Ja, mein junger eFreund, Edas Ge »chii.ft ist seit heute Morgen abgeschlos en.« Und da in diesem Augenblick Anne narie den Salon betrat, wandte er ich zu ihr mit den Worten: »Nicht wahr, Fräulein, wir dürfen »L; jetzt eingestehen —- jetzt ist es ja )ssiziell?« - Heinz sagte kein Wort. Er iab An iamarie nicht an. Er ging still von« dannen, bleicher als zuvor, und als nan die Verlobten uinrinate, um sie in bealiickwiinschen ,war er verschwun :en, ohne daß es jemand ausgefallen väte. — — Es waren kaum zehn Minuten ver ianaem nachdem er hinausgegangen mai-, und kein Mensch dachte an ihn-— da hörte man einen KnalL »Das war im Hause!« ries Anna Inarie in der allgemeinen Bestiirzung. »O mein Gott«, sprach ich bei mi:, denn mich packte eine schreckliche Ah nung, »wenn das nur nicht Heinz lvar!« Und ich stürzte aus die Treppe zu. — Ich fand Heinzsewußtlos mitten in seinem Zimmer am Boden liegen. Mit seinem Vater, der mir nachqeeilt war, tqu ich ihn aus sein Bett. Er lebte noch. Er hatte wohl aufs Herz gezielt, aber da sein Arm zitterte, hatte die Kugel einen anderen Weg genommen. Als ich hinabqinn, um den Arzt zu holen, traf ich aus der Treppe Anna mntie uno Krone-Im »Ach, wag hab-en Sie qethan!« sagte ieh zu Dein iunnen Ijiiidchem ich ver monte es nicht, oie Worte zu unter rriictien Eie wurde Ganz blaß, und ich hör e, daß sie Dann zu ihrem Verlobten ante: »Aber so oehen Sie doch! Sie sol aen mir immer, wie ein Hund. Sehen Sie denn nicht, Daß Sie mir ein lijreurl sind?« — Heinz wird nicht sterben. Annainai rie Pflegt ihn und hat ihm das Ver sprechen abgenommen, das-« er die Un that nicht wiederholen wird. »Ein ich irsirtlich an dem Unheil schuld?« fragte sie mich ein wenig spei ter. Und eg- sproch eine Seclenpein aus ihr-In Worten, rosi, sie mir leid that. »Nein, nzeine Firme, Annanarie«, antworiete ich ihr. »Sie konnten ja nicht missen« baß in Dein Herzen dre seE kleinen Werther so viel Liebe wohnte, wie Zie in dein Herzen keines Manne-.- finksrn Irerden, Ver je uin Sie krerlsen ioiro.« » chirbild. e s III-. b ; . s«««- III-, JQ ist Ler E r::: muirihZ ZEka ,,W.rri!!:r jfi xre Fremssre des neue fien Tr.-.Incr«:- Dec- Turnus Fejlcr so einzli ri·, krrrrfcctir ll n. ,,J«1,r-Cr t:.1: so Wl neistiae Anlei ken rar: r., r::j: kic Eckmrspjeier fort während m «.!1:i:re Stricke qcrathexr sino.« Berti-mindrer Neschäftdknifi. Ecmkjksrxrkrstrrrt ,,7Fjircj;2erljche«s Pech! Miinstc jdx sxir bellte auf viel seitrr «erars.«s,err ,,Ti-e Verfolqte Un schulk«« ni«r »Tec- Ukmssojsckre Hünd ir)1«xd,m« un, in«;v »H: ist kein Mensch im It;c.1!cr.« os. Hut-erk "s"k ernst-: N ssik t«« franic der Ti rettrsr rsrdzik Wsrn Irr r.sermk:-. ulg er tin-en tu Jlthpt n nach einem Arzt rufen lzdmu »Ja fr»:rli(is,« Dunste die besorgte Anmerk, »Ur Edwertschljxmssr hat auc» llnrsrrst txt: Wer eine Stednaocl qeschluctt.« Anerkennung Gauner Ler seinem Vertheidiger): »Schön baden Z« kr’r::1’t, Herr Doktor, sehr schän! - Wo haben S« denn ei gentlich stuti rt, FJJrr Doktor?« :«s’cstälintrrg. Verlänsm »Nun, rr«..r das Dia mantschrrmrz in meinen Strümpfen nicht wasche-GR« Runde: »Schr echt, — man kriegt’ö garnicht wieder runter von de Füß!"