Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 02, 1902, Sonntags-Blatt, Image 12

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s, WOBWWGOIOGIMWWOOOE
Jus Muhmka im Omnibuzi
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Roman vonFottuue choisgobeiy Z
Z
S
Intorisitte Uebersetzung Don Will-eint Thal.
MNIWWWWMQWWW
(4. Fortsetzung.)
st.
s Der Boulevarv Rochechonart if: um
zugsweise der Stadttbeit der Winter
tneipen, die der Pariser xnit »Es-sou
tots« bezeichnet Mich Freund- Bincs
zählte schon lange Zeit zu den Stamm
Zsten eines dieser nicht gerade im
iten Rufe stehenden Lotale. Er
hauste in der Rue Murat unterxn
Dache« und der ..Große Vort« lag zwi
schen der Rue Clignancaurt und dein
Boulevard Ornano, kaum zwei Schrift
von-feiner Wohnung entfernt.
Binos war hier zu Hause; er hatte
ein offenes Konto und erfreute sich ei
nes fast unbegrenzten Kredit5. Er
brachte ungefähr 12 Stunden von 24
hier zu. und war, wie man zu sagen
pfkegt, der Herrgott des Lokalsk
Er hatte sich hier auch Freunde er
worben, die es sich zur Ehre rechneten,
ihn freihalten zu dürfen, wenn erDurft
hatte denn er freundete sich nicht mit
jedermann an. Er verkehrte nur mit
foliden Leuten: einem Stahl-entwal
Fabrikanten aus St. Quem fiir den er
Pläne zeicbnete einem Rentier Na
mens Pievouche, der einen sehr guten
Eindruck machte, einem friilyeren Dro
nenhänvler, der zwar nicht in der Un
terhaltung glänzte, weil er taub war,
der aber vie Künstler und befondecH
Binos bewunderte
Herr Viel-suche war ein sehr ange
nehmer Plaudern-, er hatte viel gete
hen und viel behalten. Er kannte oiete
Leute und Länder, sprach oon allem
als ein ersahrener Mann und verstand,
gute Rathschläge zu geben. Dabei war
er distret, sogar so sehr, daß er nic er
zählte, was er that und was- er in sei
ner Jugend getrieben hatte. Binog
dachte sich, er hätte in rer Armee ge
dient, doch er war dessen nicht sicher,
und schließlich bildete er sich ein, sein
Freund wäre ein Angeste,ter der hohen
politischen Polizei.
Doch seit drei Tagen wartete Binej
vergeblich auf seinen Freund; Herr
Piedouche tam nicht. und diese-« un
oermutheteVerschtoinden versetzte Bi
nsos in die unbebaglichste Stimmung,
ganz besonders jetzt, da er oor Verlan
·en brannte, ihn wegen der Assaire im
mnihus um Rath zu fragen.
Man wußte wohl, daß Piedouche in
demselben Stadttheil wohnte, die ei
nen behaupteten, auf der Place Min
der-Z, die anderen in der Rue Duntic
then, doch er mpsing seine Bekannten
aus dem Case nicht in seiner Woh
nung, und auch Binog kannte seine
Adresse nicht« obwohl er ihn mehrmals
danach gestagte hatte.
Piedouche hatte es stets vermied-kn.
diese Frage direkt zu beantworten, und
das Geheimniß, kmt dem er sein Leben
umgab, hatte nicht wenig dazu beige
tragen, dem Maler die Ueberzeugung
beizubringen, er gehöre der Polizei an.
Er verließ den «Groszen Bock« jetzt
gar nicht mehr; höchstens ging er nach
nach der Morgoe, um in Ersahrung
zu bringen, ob das junge Mädchen aus
dem Omnibus sich noch dort befande,
oder oh sie jemand retognoszirt hätte;
doch stets kam er von diesem düsteren
vlAussluge zurück, ohne etwas Neues er
fahren zu heben.
Niemand war erschienen, um die
Todte zu retlamiren, und der von der
Behörde festgesetzte Terrain erlosch am
Morgen des dritten Tages. Dann
würde die Einsargung vor sich gehen,
hatte der Portier des Gebäudes er
" klärt; der Leichnam würde dann in
das allgemeine Grab geworsen, und
das Geheimnis des Verbrechens wurde
mit dem Opfer aus dem Hospitals
Kirchhofe bearaben.
Also ain Dritten Tage gegen Miitag
ging Binos in Dem ersten Zimmer sei
ner Lievlingsineipe trübseiig auf und
nieinn
Der Vater Poireau schlummcrie
hinter seinem Ladentisch zwischen ei
ner Absinih-Flasche und einem leeren
Glas; der frühere Drogenhändler,
welcher Pigache hieß, las in einein
Winkel die Zeitung, Die ihn jedenfalls
sehe interessiren mußte, denn er sprach
sein Wort uno tuncce sich nicht vom
Fleck. Aetgerlieh und gelanqweiM
wollt-e Binos ihm eben einen Sie-ist«
spielen, indem et seine Zeitung mit
einein Streichholz anziinoete, als vie
Thüt der Kneipe sich plötziich öffnete.
.,Guien Tag, meine Herren, guten
Tag, Vater Poirean,« sagte eine laute
Stimme.
»Pi-:oonche,« ries Binos, ,,na, ens
lich, da sind Sie ja! das ist ein wahres-«
Glück, denn seit drei Tagen suche ich
Sie überall.« ·
· Hakusan-, utn mir ein Glas Kog
nat auszubieten,« lachte Piedouche, der
in heiter Laune zu sein schien.
»Beste-S das, und dann noch wegen
etwas anderen-, aber wo waren Sie
Eben-, sind Sie krank gewesen?«
« traun nie, sehen Sie mich doch
II. ehe ich ans wie ein Rekrut, der
»s, MMHW vom Militiit
: I —- sdtet Weitem-, eine
: trterther Freund, ich lade Sie ebenfalls
- em.«
I »Das ist lieb von Jhnen," versetzt«
; Biere-T »aber es liegt mir nicht vie-»
daran, in der Nähe des Vaters Pi
E gachz zu sitzen.«
i »Warum? Was bat denn der arm
H Kerl Ihnen aelhan s«
»Gar nichts, aber ich habe Ihnen
I eine Geschichte zu erzählen und uns
; Rath zu fragen, und zwar allein.«
I »Nun, er wird uns nicht sprecher
F hören, er ist ja vollständig taub. «
; Also bitte, sprechen Sie, aber erst wo!
J len wir anstoßen,« sagte Piebouche
I ber die drei Gläser aesiillr und neben
i Pigache Platz genommen hatte. »Ach
» Ihr-: Gesundheit Than fuhr er fort«
kund schlug sein-ern Nachbar aus die
i Schulter.
Z »Nicht übel, nnd Jhnens« erwidert
j der Alte rerbuht
; »Er glaubt, ich frage ihn, wie es
- ihm aseht,« lachte Pievouche. »er ist
! wirklich etwas fand-eh als es nöthig-.
l ist, lassen wir ihn also in Ruhe, unc
l erzählen Sie mir Ihre Geschichte.«
I Bin-IT der es sich bereits am TiielA
. bequem gemacht baite, berichtete nun
; bis-: Fahrt im Omnibas von Anfang
I an, ohne auch nur die geringste Klei
IniatIii auszulassen. Hzrr Piebouche
I hörte auf nertsarn zu, erlaubte sich nur-«
l zwei- bis dreimal zu iiicheln, uns riei
S schließlich:
I »Das ist aber ein merkwürbiaei
I Atem-euch aber wie. zum Teufel. ta-v
I rnen Sie denn um dreiviertel zwölf ir;
s jene Gegend-ifm
»Ich hatt-: den Aban bei einein
; Freunde zugebracht,« stotterte Binne-,
I rer diese Frage nicht ootlxergesehssr
hatte.
»So, so, ich mirs-J arftelsem die Ge
7 schichte dieses vliitzlichen Tod:ssal1·e—3
T ist interessant, aber worüber wollen
i Sie Mich denn um Rath fragen, ich
«- din doch tsein Arzt«
. »Ich auch nicht« und doch bin ich
I überzeugt, das arme Madchen ist im
I Ornnibus ermordet worden«
« »Ach, warum nicht gar, von wer-:
i renn, nnd w5:?«
Aus diese Frone hin begann Bind
H den zweiter Theil der Erzählung die
; er schon seit drei Tagen an den Mann
: zu bringen gedachte. — Pierouche war
j ernst geworden, et nickte bei jeder Be
l m-:rtung, die Binos machte, nachd:nt
lich rnit rern Kopfe und vertilgt-: dani
hintxreinander d:ei Gläschen Kognac,
. ohne ein Wort zu erwidern.
T »Wahrhastig,« sagte er endlich, »ich
glaube jetzt auch, daß dieser Tod nicht
aus natürlich-ern Wege eingetreten ist;
L haben Sie die Thatsachen dem Polizei
j, lonirnissar mitgetheilt?«
; »Ich habe rnich wohl gehutet, denn
l ich will ohne ihn zu Wette gehen; ec«
l wird Zeit sein, ihn in Kenntniß zu
sehen, wenn ich das verbrecherische
Paar ausfindig gemacht haben werde.«
«Siie»haben ganz recht, die Korn
I missare suchen gern da, wo nichts zu
H suchen ist, vielleicht hätt-e man sogar
l aus Sie Verdacht aeworsen. Ader sa
! gen Sie mal, Sie hat-sen doch vermuth
; lich die Nabel und den zerrissenen Bei-es
aufbewahrt :"
»Das versteht sich von s:lbst! id:
trage sre sogar tzi mir, da sehen Ei.
nur.«
Mit diesen Worten zog «Bincg anr
» der Tasche seines Rock-IS -;in Etui, in
« sesn :r gewöhnlich seine Pfeife aufbe
walfrtr. Er öffnete dasselbe und natms
i sie betten Bemeigstiicle heraus, die
» Fern-Inst ihm übergeben hatte.
’ »Das ist ja ein merkwürdig-S Bei
steck,« rief Piedvuchr.
»Sie begr:ifs:n, ich halte Furcht, die
deitcn Gc·-:nstänre zu verlieren, unr.
vor a««n Dingen, mich zu ritzen. Ader
Zi: können sie ansehen, ich bitte jogar
rarurn, aber seien Sie vorsichtig.
»Gewiß ich werde si- nicht anfas
s:,n das wird tas Sich rste sein, san
dein, wenn Sie g: statten, mich begnii
g: n, den Inhalt des Papier-Z zu en!
ziffern.«
»Wie, ob ich es gestatte? aber mit
Vergnügen, ich bitte Sie sogar darum;
sagen Sie selbst: geht nicht aus jeder
Zeile der Beweis des- Verbrechen-;- her
vor?«
Während Piedonchc das zerknittert:
; Papier entsaktete, bentrette Binoks, als
; er den Kopf erhob, daß der Vater Pi
. gache ihm verschmitzt zulächelte. Der
E gute Mann hatte seine Zeitung sinken
- lassen und betrachtete jetzt die Nadel
’ mit neugierigen Blicken.
»Aha,« sagte er, »was ist denn das
sür ein msetttviirdiges Jnstrumeni,
wer hat Ihnen die verehrt?«
,Riihren Sie sie nicht an,« schrie
Bindi ihm zu und schloß zur größeren
Sicherheit das Etui.
Rh- eien Sie nur nicht so ausge
regt, will Ihnen dieses Andenken
ja nicht streitig mache-IX
Eies doch deine itun dlag
uns inw, a m u«
brummte sinc
,I)er W see-aß nicht viel,« innr
welt- M, denn es ts- auch
nicht ein Sas weh-indem der einen
not endige- Sinn nsieth
W aber Ia- ianu MM den
»Ist Este eise- M W
knen...u Sie ist augenscheinlich die
Meine, die man im Omnibus umge
bracht bat. »Ich komme auf meinen
erst-tu Plan zurück« . . . den Plan, sie
mit einer Nabel zu tödten, das ist doch
ganz klar . . . »er geht wenig aus«
aber doch manchmal Abends«. . . ins-—
mer die Kleine . . . der Schurke-, der
das Ieicht-Erben bat, mußte nicht, bei
wem, aber ivo iie wohnte. nämlich im
Hallenviierteh und dort bat er ils: such
als sie von einem Gang-: kam, ausge
iauert.«
»Das ifi aber wirklich erstaunlich·
und ich muß Ihnen offen gestehen. ich
hätte sag nie lyerousgefunzem was Si-:
mir da erzählen. Wasnun aber die
Nabel anbetrisst, so könnte ich, wenn
Sie es wünschen erfahren, in welches
Gift sie getaucht ist. Ich ienne einen
Chemitee, der in solchen Sachen seli
bewnndeet ist. Er wird Experimente·
Analyien anstellen und Ihnen ganz
genau Bescheid sagen lönnen.«
»Ja, aber zu dem vaeckx müßten
Sie mir den Gegenstand nnvertrauen,'
fuhr Piedouche fort.
»Mit Vergnügen« erwiderte Binos.
»ich bin überzeugt, raß Sie leinen
schlechten Gebrauch davon machen wer
ten. Also nehmen Si-: vie Nabel uno
das Etui obendrein: aber unter einer
Bebingung!«
»Unser welcher?«
«Unter Der Bedingung, Laß Sie mir
verspr:chen. mir Jbren Beistand zu
leisten. Jcb bebe gtschworem Die
Schuldan aufzufinden, nnd nan Sis:
würde ich nichts Rechtes zu Stand-:
bring-n«
»Weder iomth es kenn, daß Sie
eine so hohe Meinung von meinen Ta
lenten bat-an« fragte Pieooixclje
lachend
»Nun, so wie wie beide miteinan
Ppk stoben sann Sok- -s Eber en in ins-n «
«
ts- If Wink-» »ich denie mir da Sieh-.
dem Fache schon früher gearbeite.
haben-«
»Ich bin nicht abaeneint, aber was
hätten wir schließlich davon, wenn
wir wirklich mitunferen Nachforschun
gsm irgend welches Resultat erzielten ?'
»Nun, wir hätten zunächst das Ver
gnügen, den Tod eines armen Mäd
chens zu rächen, das von Schurken er
mordet worden-«
»Das ist allerdings schon etwas, tar
gebe ich zu; die Frage ist nur, ob ex
nns auch aliirisen wird. Sie haben
mir, glaube ich, gesagt, das Opfer
wäre in Der Moral-: n: cht retognoezir
worden-. ’«
»Lei:er nein; es wird sogar heute
Abend schon begraben«
»Teus-el, dann ift ja tein Attaenhtict
zu verlieren· Wenn man nicht ent
reckt, wer sie ist« so wird man auch
nicht die entdecken, welche sie getödte:
haben, und ich muß Ihnen gestehen, ich
sehe eigentlich nicht ein, wie wir ihren
Namen erfahren follten.«
»Es giebt nur ein Mittel, wir miis
sen ihre Wohnung ausfindig machen
Lesen Sie noch einmal den zerrissenen
Brief durch, und Sie werd-en finden.
daß hier von einer »Rue des .
und nicht von ein«-r Rue re . . .« die
Rede ist«
»Da haben Sie recht, dieser Plutus
ist allerdings ein Ausgangspunkt.«
»Gewiß, und ich hätte alle Straßen,
reren Namen einen Plural aufweist,
besuch» wäre ich nicht von ver Hoff
nung, Sie zu treffen, zurückgehalten
worden. Seit drei Tagen habe ich so
zusagen den »Großen Bock« nicht ver
lassen. Poireau würde es Jhnen be
stätigen, wenn er nicht betrunken wäre
und ich würde das Zeugnisz des Va
ters Pigache anrufen, wenn er nich:
ftocktanb wär-e.«
»Was wollen Sie, ich war eben mit
meiner Erbschaft beschäftigt, doch der
Aufschub hat nicht viel zu sagen. wir
i lcsliklcll Olc Omclklc lmlllclcslll IlUlII
aus-Fetzen Wenn wir das Liloreszinteh
tarchlehenj meiden toir die vollständige
Liste der Straßen baden, die siir uns
in Frage kommen, aber haben Sie mir
nicht gesagt, das unglückliche Mädchen
Stätte den ietzten Otnnibus bestimm,
dir von der Martthalle adsälsrt?«
,,Jaroohl.'«
»Demnc.ch saht sie nach Hause und
wohnte in der Gegend des Pigalle
Platzes; es wäre also vernünftig, mit
diesem Ztadttheil anzufangen; kennen
Sie dort eine Rue des. . .?"
,,Ll), es giebt mehrerer die Rue des
Marier die Rue des Abbesse5. . .«
»Nun gut, so wollen wir zuerst mit
der Rue des Abbesses beginnen.«
»Die ist hier ganz in der Nähe, und
sie ist auch nicht sehr lang,« verseyte
Binos, «es wäre also gut, wenn wir
mit ihr ansangen.«
»Einverstanden! Mach-n wir uns
also qleich aus den Weg-«
Piedouche schüttelte den Wirth, weck
te ihn, bezahlte die Zeche Und verließ
das Lokal.
Binos folgte ihm aus den Boulevard
und fee schlugen nun zusammen den
Weg nach der Rue des Abbesses ein«
»Mein Lieber,« sagte Piedouche, als
sie in die Rue d’Otsel einbogen, »ich
deute mir, daß dieses arme Mädchen
wohl keine eigene Wohnung hatte, we
nigstens glaube ich das nach der Be
schreibung, die Sie mir von ihrem
Kostiien geliefert haben-«
»Am Toilette war allerdings nicht
glänzen d,« murmelte singt, «fte sah
wie eine bessere Arbeiterin ans nnd
nieste wohl in einer Wansarde woh
net-ans recht, oder PMB-in
I t
III-Ah daPIpie gut thlten, unse
te Rachfotschungen bei den Hotetö zu
beginnen.«
»Ehe gute Idee. sogar eine ausges
zeichnetez ja, Sie verstehen wirttieh
etwas von der Sache, daran hätte ich
nie gedacht. Und da Sie so klug sind,
sagen Sie mir vietteicht angs» warum
man die Kleine eigentlich getödtet hat?
Sicherlich nicht« mn sie zu bestehlen,
denn man hat nur vierzehn Sous bei
itzr gesunden.«
»Ich denke mir, daß es sich vielleicht
um eine Frauenrache handelt, doch das
geht uns ja siir den Augenblick gar
nichts an. Wenn wir erst wissen, wer
sie ist, haben wir immer noch Zeit, nach
den Gründen zu forschen, aus denen sie
ermordet worden ist.'«
»Mein Freund, Sie baden recht,«
sagte Binne, der stets der Ansicht Lies
douches war·
Sie ginnen schnell und waren gn
MontmartreiTheater bereits vorüber
aetommen; etwas weiter beginnt die
Rue des Abbesses, die sich bis zur Nue
Lepique hinzieht Piedouche blieb,
nachdem sie wenige Schritte gegangen,
aus der Straße stehen, zeigte Binse
ein großes Hans und sagte: »Sehen
Sie, snein Lieber. hier haben Sie eine
Miethstaserne. die nach nichts beson
derem aussieht und die Sie aerade Ies
balb .nii Ihrem Besuche beehren soll
ten-«
»Mit Jl)nen?« fragte Binos.
,.Ot1-nein, ohne mich.«
»Wie, ich soll allein in dieses Hans
gehen und den Wirth ohne Sie aus
steigen-? Der Teufel hole mich, wenn
ja; weis-» was ich ihn-. saaen soll. Es ist
tein leichtes Stück, sich noch einer
Mietherin zu eitiindigem deren Namen
man nicht einmal weiß!«
»Sie lassen sich aber durch eine
Eileinialeit derbliissenx Sie tönnen ji
auf drei oder vier Markieren vorgehen-«
»Welche würden Sie vorziehen?«
»Die einsachsie! ich würde ans mei
ner Tasche ein Hundertsousstiick ziehen
und dasselbe dem Portier nnter die
Nase halten; dann wiirde ich ihn ein
sach fragen, ob im Hause nicht ein
junges Mädchen wohnt, das so unr- so
aus-sieht. Jch möchte daraus wetten.
daß er Ihnen die Antwori nicht schul
dig bleiben wird, und wenn man seh
nen »Nein« antwortet, so können Sie
fest darauf rechnen. daß man Jkinen
die Wahneit sagt«
»Ich glaube. Sie wiirden diese Ka
mödie aber weit besser spielen, als ich.«
»Nein, denn ich habe das Mädchen,
dessen Namen Sie in Erfahrung brin
gen wollen, nie gesehen, und würde es
sehr schlecht beschreiben; dagegen kön
nen Sie, der es in aller Muße betrach
tet hat, ein so ähnliches Porträt von
ihm entwersen, daß man es aus der
Stelle erkennen tvird.«
»Ja, ich könnte sie sogar aus dem
Gedächtniß malen,« fuhr Binos fort,
»ich habe schon daran gedacht, als ich
sie aus den Fliesen der Morgue lieaen
sah.... ein realistisches Bild für die
nächste Gemäldeausstellung-«
»Nun, dann machen Sie doch ans
Werk. was hält Sie zurück?«
»Ich kann es Jhnen ja gestehen, ich
habe das Fünssranlsstiick nicht bei mir,
denn ich habe mein Poetemonnaie zn
hause dergessen.«
»Wenn es weiter nichts ist. . . . hier
haben Sie das meinige,« versetzte Pie
douche, und zog eine hübsche, lederne
Börse aus der Tasche.
Binos zögerte der Form halber ei
nen Augenblick, dann aber nahm er die
Ol·L-k- «.!4 L.- m--t-— FUL- --I«-.-.
CUJLYI Ulll LDIU OJlstcll. »sz llclklllc
das Geld nur als Daneben lieber
Freund, dass ich Ihnen in den nächsten
Tatzen ziiriictersiatten erorde. Jtufzer
rein werde ich mich bemühen Jlire Fi
nanzen zu schonen; vielleicht bekomme
ich die Auskunft fiir dreißig Sons»
doch ich denke eben daran, selbst wenn
ch die Auskunft habe, fo wird sie niic
nicht viel nützen; man wird mir viel
leicht sagen, daß die fragliche Person
dort gewohnt hat, daß fte aber seit drei
Tagen verschwunden ift, und was
Dann?«
»Sie werden sich geschickt nach ihren
Gewohnheiten erkundigen, nach den
Leuten, die sie empfing. · . . Sie wer
den fraqen, ob sie Sachen, Vapiere in
ihrem Zimmer zurückgelassen-, und
welchen Namen sie beim Einzuge ange
geben hat. Wenn Sie dog alles er
fahren haben, io brauchen Sie nur
nach der Morgue zu eilen und Jhre
Erklärung abzugeben; dann wird
man die Polizei benachrichiigen. der
Wirth wird vorgeladen werden, er
wird feine Mietherin rekognoszieren,
da sie ja noch nicht begraben ift. Das
alles sind Anhaltspunkte, mit deren
Hilfe Sie eine ernfthafte Unterfuchung
beginnen können.«
«Piedouche, alter Freund, ich biete
Ihnen Freundschaft auf Leben und
Todt« rief Binos in einein Anfakl von
Enthusiasmus »Ich werde die
Schwelle diefei hat-fes überschreiten
das einem Palast durchaus nicht äh
nelt, und mir unter Ihren Anspizien
die Sporen in der Privat-Diplornatie
derdienerr. Dann werde ich Ihn-en
meinen Bericht abstatten. denn ich
denke doch. daß Sie auf mich warten
werden«
»Seht gern, ich werde dort oben auf
dein Blase vor der Mairie warten, und
Sie brauchen sich nicht zu beeilen, ich
lecke Zeits
»Iwmät, alter Freund und ieht
verstört-R tief der Maler, und siiirzte
s
! na; been von Piedouche bezeichneten
War-te
Der That-weg war nicht breit, zwei
Leute hätten mit Miihe nebeneinander j
gehen können, und außerdem war er
sehr schlecht beleuchtet. Binas ging»
vorsichtig weiter nnd streckte die Arme ;
aus«-, um sich an den Wänden vor-»
wörts zu tappen. Schließlich fühlte
er auf der linken Seite einen Mauer-«
entsprang und eine Stimme rief ihmT
zur i
»Was suchen Sie?'«
»Ich möchte mit dem Portier spre-;
chen,« sagte Bindi ;
»Es giebt hier leinen Poriier,« er-:
wiederte eine Frauen stimme ’
»Dann möchte ich die Wirtbin spre
klan
»Die Wirthin bin ich, was wollen
Sie; kommen Tie, um zu miethen?« »
»Nein ich lomme wegen einer Ihrer l
Mieterinnenk »
»Kenne ich nicht, vermiethe nur nnl
Männer-F
»Aber man hatte mir doch qesagt. .«
»Was hat man anen qesaati Er
klären Sie sich näher und vor allen
Dingen, treten Sie ein, damit ich Jhri
Gesicht sehen iann.« s
Durch längeres Tasten tras er aus’
eine Gitterthür« die halb geöffnet stand.
Er stieß sie anf, trat in eine Lage und
hatte einige Mühe, eine kleine alte
Frau zu erkennen, die vor einem er
löschenden Kotsfeuer saß.
»Na, sprechen Sie nun,« ries sie ihm
zu, Jetzt weiß ich, mit wem ich es zu
thun l)al)e.« «
»Sie b:izaupten, Sie wissen, mit
wem Sie zu thun haben, ich wette, Sie
trren sich.«
»Wenn Sie wetten wollten, so trät
den Sie verlieren,« versetzte die Frau;
»ich tenne Sie. wie meine Tasche. Jch
weiß Jhren Namen nicht, aber ich
weiß, das-, Ihr Beru darin besteht, gute
Leinwand mit schlechten Farben zur be:
tleetsen; Sie sind Maler, alterFreund,
und zwar lein Sildermalerx ich bin
Ihnen wohl schon hundertmal aus dem
Bouledard Clichn mit Ihrem Farben
tasten beqeanet.«
»Da haben Sie recht, Miitterchen,
und ich werde Ihnen Jhr Porträt ma
len, wenn Sie wollen«
lFortsehung folgt)
--—y---—
trügt-rette Theater-reklamie.
Aus einer klein-n Stadt in Pis
mont, Italien, wird errichte-: Tag Les
caldlatt. das jeden Zaum-Ja die gei
stige Kost der Bewohner Deo Stadi
chens bildete, enthielt auf der vierten
Seite folgende Annonm »Eine Mil
lion Mitgift! Der Vormund eine-:
jungen schönen Fräuleins, Waise und
Erbin eines Vermögen-« geschätzt auf
eine Million, wünscht sie zu verheira
then, da er in Kurzem aus geschäftxi
chen Gründen Italien verlassen muß.
Das Fräulein sucht teinen reichen
Gatten, voraus-gesetzt. daß er gut iit
und inee gewisse Eleganz bestsi. X. Y.
et(.« Diese Annoitce erregte das größte
Aussehen. Man zerbrach sich den
Kopf tiber den Namen der schönen Er
bin. Die Stadt war mit heirathe
iähigen Töchtern, die eine derartige
Mitgift aufzuiveisen hatten, überhaupt
nicht gesegnet, man rieth daher aus
eine Turinerin oder Mailänderin, die
seinen tüchtigen, soliden Mann einer
kleinen Stadt den aroszstädtischen Ge
cken und Mitgisijägern vor-zog Riss
niand der aufgeregt-en Junggesellen
wollte es dem Andern zugeben, dasz er
Lust verspürte, die Crbin zu besitzen;
aber jeder hatte nichts Eiligeres Zu
thun, als an die bezeichnete Chissre Zu
schreiben und seine Güte und sonstigen
Qualitäten in’g beste Licht zu setzen.
Die Antwort blieo nicht aus und
lautete: »Ich habe mit Vergnügen Ih
ren pries gelesen. Ihr Name ist mir
.— sp-- ...—h
s
l
l
s
!
Uns-W ccllcll lltcsllcl UcUslcll sslkuuss UI
guter Erinnerung Jeh behalte mir
dor, nähere Ertundianngen einzuzie
hen, aber werde mich freuen, wenn Sie
sich in unserem Haufe um mein Mün
del bewerben. Vorher aber muß ch
wissen, oh mein Mündel in Ihrer Ge
siali das Ideal finden wird, das Te
fiir ihren Gatten eriräunit. Montag
wird im Tealro Cioicp der Abend des
glänzenden Schauspielers X. stattfin
den. Versäunien Sie nicht, sich einen
Sesselplatz zu verschaffen und tragen
Sie als Ertennungszeichen eine Blume
im Knopfloch und eine Zeitung in der
band. Während des-Z Monologee ver-«
gessen Sie nicht, fich das Talchentujj
vor den Mund zu halten. Mein Mün
del und ich werden uns in einer Lage
der zweiten Reihe befinden und Sie fo
fort,erlennen. Jst das Fräulein von
Jhrer Erscheinung befrievint, suche »F
Sie aus und lade Sie zu mir in die
Loge. Hochachtend der Verfasser der
Annonee.«
Der «a,lijnzende Schauspieler« des
Teatto Cioieo hatte noch niemals ein
so lgeanies Publicnm in den Sesseln
gefehen. Alle waren aus«-erkaqu man
hatte sieh noch aus den Gängen, ja aus
dem «benachdarten Cafe mehrere besor
gen müssen. alt alle waren durch
das starke Ges lecht befetzt und oie
heiraihsluftiaen Junggesellen sahen
mit ihr-en Blumenftränszchen jin-inspi
loch sher aeeurat aus. Alle schienen
große Zeitungsleser, denn alle hielten i
eine Festung in der hand. Es gab zu- !
nach eine lieine Camildie, aber alles
wartete voll Spannuna auf den Mo
nolog, den der glänzende Schauspie
:er;', der zugleich Verfasser war, reci
tr e.
Es schien lehr heiter ja sein, denn»
das elganie Publikum helt besiiindiak
das Talchentuch vor den Mund. wies
nsn die zu stark ausbeeshende beiieeteit !
in verbergen. Der Man-leg war gut
thnde, und nun laut es: Ein bartigee
alter here mit aoloener Brille eilte zu
den Fantqu : Reihen. und alle Ekel-m
der Provinz erhoben sich mit einem
Run. um sich ihm bemerkbar zu· ma
chen und betrachteten ihn mit angst
lichen Augen, feines Wintes gen-artig
Der alte here sprach. aber er bevor
zugte Keinem er sprach zu Allen: »Ver
eisete Herren," sagte er, »ich mußJlinen
allen mienen schönsten Dank ausspre
chen, daß Sie meine Einladung, rpenn
sie auch neu und sletsam war, mit io
viel Enthusiasmus anaenommen ha
ben. »Eine Million Mitgift« ist der
Untertitrl der Posse, die wir fest dar
stellen werden . . .« Der alte Herr mit
der goldenen Brille und dem langen
Bart war derselbe glänzende Schau
spieler. der sich schon siir die Posse, die
den Schlüssel des Rätlisels bringen
sollte, deriliedet hatte. Die Zeitunge
Annonce war seine Erfindung, um die
Fauteuils zu vertausen. Aber die ge
täuschten jungen Leute zeigten nich:·
daß sie Spaß verstanden. Sie zischt-n
die Posse aug!
Kostsptellqe Strümpfe.
Ltluch an den Strümpfen bethiiiig:
sich nie Ppnntasie und Laune der Mo
oedamen vst in recht sonderbarer
Weise. Von allen Toilettenartiteln
haben allerdings die Strümpfe am
längsten ihr schlichtes Aussehen bes
ltaltem Königin Elisnbeth, die sich
seist kostbar Mein-fe- brncki in Ren-iste
rung aus-, als sie im Jahre 1561 ein
Paar seidene Strümpfe erhielt, und
erklärte, dasz sie nie vorher einen sol
chen Luxus gesehen. Dann aher gaben
sich die Damen nicht mehr damit zu
frieden, glatte, seidene Strümpfe mit
Bewunderung zu betrachten. Ludwia
der Dreizehnre schenkte seiner Gemah
lin Anna von Oesterreich ein Paar ge
stickte Strümpfe knit ihrem Familien
roappen in Perlen aus Gott-gelind
Von Ludwig dem Vierzehnten erhielt
Madame de Montespan Strümpfe
mit Edelsteinen gearbeitet, welche die
Sonne, das Liebiinasshmbol desMo
narchen, und ihre alönzenden Strah
len daritellien tlus dem rechten
Strumpf ging die Sonne über einem
Saphirmeer aus, ans dem linlen ging
sie hinter einer Smaraadroolte unter.
Lied-»dieses Geschmack ivnrde in spä
teren Jahren einfacher; Frau von
Maintenon mußte sich mit einem von
Waltean demalten Psar begnügen.
Ein anderes Paar Strümpfe das von
Weine-In gemalt spar, zeigte Scrnen
aus Hineinse- »Esiher«. Jn Engla ro
malte Sie Peter- Leln aus ein Paar
Zeidenstriimdse in zwei von tostdaren
Edelsteinen gebildeten Streifen dir
Portraits des »Merry Monarch« nnd
der herrschenden Favoritim Louiie de
Querouaille, die ihr der König mit ei
nem Paar juwelenbesetzter Strumpf
dänder schenkte. Auch in Unseren Ta
gen herrscht in Paris wieder eine ähn
liche Manie für eriimpse mit Hand
malerei.
Eine Dame, die in der Welt der
Singspielhallen bekannt ist, besiht ein
Paar Strümpfe, ans der zwei Por
traits von ihr nach dem Leben, das
eine in Bühnen-, das andere in Stra
ßentoilette, gemalt sind. Eine andere
Dioa der Pariereg besitzt siir 8200 ein
Paar Strümpfe mit dem Bildnisz ei
nes Perehrers. Dazu gehören
Striimpsbiinder in Form von
Schlanaen aus biegsagnen Gold mit
Smaragden, Opalen und anderen
Edelsteinen. Diese Strumpsbänder
sollen gegen 810,000 aetostet haben.
Von lehr reichen Damen toiro auch
hiiu ig Spihe zu Strümpfen ge
dra t, und der Werth der Aleneons
spitzen wird noch durch Edelsteine er
höht. Die schöne Olero besitzt ein Paar
schwarze Spitzenstriimpse, mit ihrem
Namen-sag in Diamanten und Nu
binen und einer kostbaren schwarzen
Perle als Punkt. Bei einem vor eini
ger Zeit in London aeaebenen Costiim
ball erschien eine Dame Namens Len
ni nlä Revis-herum- Heå Gelde-«
Jbr Kleid und ibr stopfputz ioar mit
nachgeinachten Münze-: aller Völter
geschmückt, und iltre Beine steckten von
den Anieen abwärts in dicht anschlie
ßenden Hüllen ans ita.ienucheni Pa
pieraeld im Werthe von mehreren
tausend Dollars. Ein Liverpooler
fchenlte vor Kurzem feiner Nichte zur
Hochzeit ein Paar seidene Strümva
in deren Kniee je eine englische Bank
note von 100 Ast-. St. eingearbeitet
war. Am excentrischsten und toftspiev
ligften ist vielleicht vie Jvee einer-Unte
ritanerin MrT Butten die durchbre
chen gearbeitete Hüllen aus Gold- und
Silberbeaht, an dem Gold- und Sil
berglöckchen hängen, besitzt. Diese
Hüllen trägt sie auf Dem bloßen Fuß,
Ver fo gefärbt wirb, bafz er rnit der
glitzernben und tönende-i hülle bar
monirt.
Sw
Menfchen, die überall purnpe.si,
man's gewiß rivitlitlfamaI Brunnen.
Graf Boni hat einen lebendigen
König-sauer « geschentt betont-new
Wozu eigentlich? Der Mann hat Jot)
wohl schon einst Yogell
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Ein Poet als PensionstommisjiirZ
Warum auch nith. Di: Pensionsan
sprüche beruhen Ia sehr oft auf Wahr
beit und — Dichtikng.«
-Jn Pr. 54 der Münchener Zig. wird
angezeigt-« «Gut«: Wöscherin zum Jn
vcntarpreis sofort zu « oertaufen.«
Selbst wenn es sich um ein altes Jst
oentar handelt, ist ein solcher Vertan
doch höchst unpettthtz
Au den Dirnen beenrnt , i
nicht, fie begeetfem Ihm Mk