Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 14, 1902)
Eine Nachtwacha cumoresle von Arthur Bornstein. , Die Jalousien an den Apothelensens Kern hatte ich ordnungcgetnäß herab gelassen, die übersliissigen Gasslams ’ rnen verlöscht; dann hatte ich mir den E Schlafrock meines liebmerthen Freun des unt-Kollegen angezogen, dieSchlas mtosfeln desgleichen und es mir in i alten Lehnstuhl so bequem als möglich gemacht. Einen Schinöler hatte ichda, die Cigarre brannte, eo fehlte nichts zur völligen Gemicthlichleih als eben das Getränk, das ich mir nach be lanntein Rezept aus dem bereits lieb lich stammenden Wasser und einer ent sprechenden Quantität Cognar, zu be reiten im Begriff war. El ntlich war es doch ein starleg Stil chrn, in der Apothete des erbitter ten Konkurrenten meines derzeitigen chess den Nachtdienst zu übernehmen, aber mein Freund Miiller hatte so ein dringlich gebeten, hatte so rührend an meine Freundschaft appellirt, daß ich guter Kerl selbstverständlich wieder nachgegeben hatte. Seine Braut, o. h. in spe. war ja aus dem Man-schen, oa mußte er doch natürlich hin; sollte und tonnte iches verantworten, wenn er die günstige Gelegenheit, sich« der Dame seines Herzens einmal ordentlich zu nähern, sich womöglich auszusprechen, ungenutzt vorbeiaelm ließ? Rein, das konnte ich doch nicht« um so weniger, als ich bei der Sache eigentlich gar nichts riotirte. Der Groa war sertigl Lieber etwai rnehr Cognac! Viel hilft viel! Ha, wie dal- Leib und Seele wärmt! Herrin ist das Glas klein, das ist ja schon aus, wenn inan’;- mal scharf ansicht! Scha det nichts. machen wir ein neues! Vivat Seauenis oder vielmehr vivant sequeni tei. J sehe aus die Uhr, halbels; ir. späte ns zwei Stunden ist Müller zurück. Die werden schnell genug herum sein! Wenn ich gewußt hätte. daß die Sack-e so gemiithlich werden würde, hätte ich mich gar nicht erit so pitten lassenl«Miiller Jst mir«ja« auch Ispptl vsl qcsclulg geil-Hub ursruzuupz ein prächti er Mensch! rosit iiller, ich komme Dir trag tu Deine baldige Verlob——— rrr — reißt mich die Nachtglocie us meinen beschauiichen Reslerionen! ka, natürlich, ich hab’s ja vorher ge wußt, wenn’s am schönsten ist« wirst einem das Schicksal den berühmten Meieorstein in die Sappe Jch stütze zur Ladenthiir und reiße die Klappe aus. Draußen steht eine Dame; soviel ich im slaeterndenschein der Apothelenlaterne erkennen tanii, Und soweit man das aus der Figur und der haltung zu beurtheiien ver mag, ist sie sung; von dem Gesicht sann ich nichts sehen, ste hat einen dich ten Schleier davor. Ich mäßig. meinen Zorn über das Einnahme ingeln etwas, »gegen Damen muß man unter allen Umstan; den alani sein« war von jeher meine Devise. »Sie wünschen, mein Fräulein?« «Ach können Sie mir nicht ein stausepulocr geben«-« pic:: e: kir: draußen. Das geht mir aber doch über tie Mtschnun »Was-is Ein Brausepuli verf! Deshalb ilinaeln Sie mich her ausf! Aber das ist denn doch ——« »Ach werden Sie nur nicht böse, Irr Provisor! Jch will es ja gleich er nehmen! Mit ist plötzlich mit einem Male so schlecht geworden! Ach bitte, geben Sie rnir ein Pulver und ein Glas Wasser!« stöhnt sie. »Ach, mir ist so schlecht —- o —ach!« überlege. Die offenbar Kranke au der Straße lassen und Pulver und Wasser durch die stlappe reichen, das eht doch nicht gut. Aber hereinlasien n die fremde Apotheke, um elf Uhr Macht« Nein, das geht auch nicht. Die Dame hatte allem Anschein nach das letztere erwartet. »Aber Fritz, bist Du es denn nichts« Lüstertfsie plötzlich aus einer ganz an ksa . ein-»O Nanu?»?!! Was ist denn dast! Aha, at o darauf gina die Sache hinaus? J, se . einmal einer den Kerl, den Müller an. , »Aber was besinnit Du Dich denn, so mache doch ausk« tränat die Taktik »Ja doch, ja doch,«· damit leeile ich mich, die Rolljalousie in die Höhe zu stehen. Einen leisen Geivissenstisk unterdrücke ich energisch, erstens tciill sich Müller verloben, es itt also nur recht und billig, wenn ich ihm das ndtvert lege, und zweitens bin ich te Abend sein Vertreter — also auch in dieser Angelegenheit »Na, guten Abend, altes Haus-I« tönt es mit einem Male in tiesem Baß an mein Obe. Entsetzt saer ich herum. Die Dame hat Schleier und Hut abgenommen. rr Gott« die hat ja einen mächtigen chnurrbart — das ist — das ist ja ein Mann! Mein erster Gedanke ist atijrlich ein vertappter Einbrechert Hilfe - -« will ich losscheeien, aber » mein nacknäicher Besuch tacht ja außer-« ! ordentkick rseraniigt über das aanzel Acht rem, so sieht doch tein Eint-re aueik : süsslich stutzt er. »Mensch —- Du · —- u bist es ja aae nicht!« stotterter j hervor Jch bekomme meine Fassung wieder: Ich bin ei doch, Verehrtettert Wir - Deinen jedoch über die Bedeutung des s- Of see chtedenee Meinung zu sein; sites n dankbar. wenn Sie mir »sp» , II tunseu über diesenPuntt « »Oui«-tiefem Mein Name ist Oennig, mit wem habe ich denn das Ver riigenW Ich bseiize Brumtneisen,« bringt er roch immer ganz verdutzt hervor. »Ich wollte meinen Freund und Verbin bnn Obre-der Mütter-, der hier Provi sor ist oder vielmehrsein soll, aus de: Durchreiie beimsuchen —« » a —- aber verzeihen Sie, wozu soll enn da die Vertieidung als Da me?« tache ich fest los. « »Ein kleiner Scherz siir meinen Freundi« lächelt er verlegen, .er ist; nämlich in« unserer Verbindung alss wüster Don Jnan bekannt, nnd das wollte ich ihn ein bischen stecken. Aber i ich habe mich webt eirrt, mein Freund scheint seine Sie ung gewech elt u haben —« » ein« nein, Sie ben sich nicht geirrt, unser beider eitiger Freund Müller ist hier.« »So, wo denn?« »9lugenblicklich isi er allerdings nicht hier, trie Sie sehen! »Er ist- zu einein Tanzteiinzchen, und ich vertrete ibn. Wenn Sie aber auf ihn warten wollen, in ein bis zwei Stunden ist er ( spätestens zurück. Es soll mich freuen, wenn Sie mir Gesellschaft leisten wür- I den.« »Hu liebenswürdig —- tvenn Sie ge- I statten —« » »Aber mit dem größten Vergnügen, ; mein lieber Herr Brummeisen, zu, Zweien wartet es sich weit besser, als so allein. Einen steifen Grog habef ich du, Cigarren ebenfalls-. Bitte nur sitzt-greifen! Wollen Sie sich es nicht ein bischen bequem machen-« »Wenn Sie erlauben, lege ich ein bischen ab. Das gottverqessene Ding, das Korset drückt nämlich ntörderlich!« Damit bat er das besagtefileidnngg ftiick abgeworfen und bemüht sich nun, zseinen Körper von einem mächtigen Schnürteib zu befreien! Leider geht das gar nicht so leicht, tote er gedacht hat. I ,,Uss« stöhnt er endlich, Würden Sie Ihrer Güte die Krone aussetzen und mir ein bischen helfen-! Ich betumme Das Ding nicht rnnter!« Bereitwilligst springe ich zu, atcr auch meine Mühe ist umsonst. Bei-min -ii·»- Tab-seien txt-»Hei em- Mystik-seminis und Unbehagen. Da — Rrrrrr —- geht die Nacht tlingel los, sast noch toller als das erste Mal. Erschrocken fahren rrsir Beide zusammen. Rrrrrr -—- rrrrr! Dazu donnert eine träftiae Faust an die Ladenthiii· Wüthend springe ich zur Klappe, dem Klingler roerde ich lehren! »Donner s— »i« Der Nest bleibt rnir in der Kehle stecken. Draußen steht mein Freund Müller. Aber —- er ist nicht allein, an seinem Arm hängt Fräulein Liedchen, die An gebetete seines Herzens, daneebn ste hen ihre Eltern, das wurdige Eehpaar Pichler. »Guten Abend, lieber nnig,« be rüßt mich Müller seeund ich,- na, das uert ja so lange, Du hast wohl ge schlafen! Sei so gut, lasse uns herein. Die gnädige Frau hier hat p dtzlich furchtbare Zahnschmerzen belornrnen, und ich habe ein probates Mittes dafür. Ziehe. bitte, die Jalousie hoch, hier - rechte- in die Strip:e.« i Jch detomme einen fürchterlichen Schreck. Die Damen hereinlassen in die Apothele zu dein Korsetinenschent i Das geht doch nicht! I »Dann-til ,sosort,« stottere ich. »so mach doch aus,« drängt Müller, seDu brauchst ja blos kräftig hochzuste n « I »Ja, ja —- es —- es —- geht nicht, ( i es rnusz sich wag verhängt haben, einen Izusenblich ich ioill nur inal nachse-I i n." ; Damit mache ich lurz entschlossen die r s Klappe zu und stiirze nach hinten. i J Den unaliirtsetigen Brumineisen, der s ! sich noch inirner vergeblich mit seinem ! J Schniirleib abmüht, in das hinter der I . Apotheke aeleaene Zimmerchen schieben, i » ist das Wert ioeniaer Seiunden i Die Jalousie geht empor, glatt roie I ein Theatervorhanei. « « »Da-.- scheint sich aber böse verher dert zu halten« meint Miiller beim Tinte-Inn »Die Jalousie geht doch sonst immer wie geölt ’raus und kun ter. Dorf ich die Herrschaften mit ein ander betnnnt machen: mein Freuno, Provisrst Hennin, Frau Pichler. So und nun setzen Sie sich einen Moment. meine Damen, in einer Minute ist Das Mittel fertig.« Mit geaziöset Hanf-be cvegung meist et aus die bot dem La dentisch besindlichen Stiihie, die, um einen Tisch gruppirt, zum Ausruhen sjit wartende- stnnben bestimmt sind. Dann begiebt er sich mit wichtiger Miene zu seinen Pistol-ein Die Henschasten sehen sich. Herr Pichlee nxctt sofort aus seinem Stuhle ein. Ftnu Pichlee beginnt die Unter hemmen ,,L·"ntschulbi n Sie nur, daß wir so spät noch M —- ——« plötzlich hätt sie inne und staut entsetzt aus Den Tisch Jch folge, böser Ahnung voll, ihrem Bin-. Wiss tem Tische liegt let Damenbut mit dem Seine-ist« den der Unglück giensch, des Btmmneisen, ausgehen at. Frau Pichtee wird seueetoth, Fräu iein Pichtet bei-gleichem uns ich nicht minder. Zugleich fahren die beiden Damen mit einer Vehtmenz wieder von ihren Stühlen aus, als ob die besagten Sitz gelegenbetten plöplich glühendheiß ge worden männ. Das fett et Olesene amiltens pbethempt Mc cls Ratt-et tm Dr ----- Bank-i ccn por,viii. . .«nt! »Wenn mai sein Ehepeipcp , halb neu giertge B...« »z, im beleuch teten Auen-i . ycmcx ind. »wir nollen liede. gern . »Aber Deine Oahnsch.s.erzen, liebes Tildehenis mark-etc ver schlummer truntene Gemahl erstaunt. »Die sind mir vollkommen vergan gkkk — komm nur schnell, kommt« drangt die Dame. Da naht Müller. »Wie? Die herrschaften wollen schon geheni Ader — —« Pei stockt mich er; auch er hat den vmmösen hat erblickt. Er wendet sichx wieder zu den Damen, er will retten, was-M retten ist. » r wollen Sie nicht wenigstens das Mittel schnell nehmen, gnädige Frau2« sliitet er in den süßesten Tö nen, deren seine ausgepichte Kehle fähig ist. Doch die Alte ist unerbittlich: »Nein, nein, ich danke, Herr Müller-! Bemühen Sie sich, bitte, nicht weite-! Die Schmerzen sind mir völlig ver gangen.« Plötzlich erhebt sich in der Hinter stube der Apot te ein mächtiges Ge schrei. »Hilfe. Diebe! Mörder!« schaält es fchrill durch die nächtliche Sti e. Familie Pichler und rvir beiden Provisoren bilden, im ersten Schreck erstarrt, eine schöne Gruppe. Dann stürzen Müller Und ich zu der Ointerthiir. Aber wir haben sie noch nicht er reicht, als mit einem heftigen Ruck geöffnet wird. Jm Thürrahmen er scheint der Prinzipal Müllers! Am Kragen hält er oen vergeblich sich sträubenden Brummeisen. Selbstverständlich hat der Un aliicksmenfch das Korfet noch an. Das Paar nimmt sich im Halbdunlcl recht unheimlich aus. »Sauve quit peut!'« denkt Herr Pichler Und ist mit einem Sage im Freien: ich hätte dem beleibten Mann vim solche SmmmssjhiakeiL Weiß -Miiller hat Brummeisen ertannt und »der Rorsetmensch setundirt Allmälig Gott nicht zugetraut. Fräulein Wich ler folgt ihm. Doch mit einem ge waltgen Sprung ist der Apotheter an der Thür. »Halt! Keiner verläßt das Lotals« donnert er. Die Jalousie rasselt wie der herab, Frau Pichler ist gefangen! Jst getrennt von ihrer Familie! Durch eine eiserne Rolljalousie22 Allein bei Nacht mit vier fremden Männern in einer nur schlechterleuch teten Apotheke. Vernichtet sinkt sie aus den nächststehenden Stuhl. Draußen schlägt der gänzlich er munterie Ehegatte verzweifelt an die Ladenthiir. Aber leine Menschenseele hört auf ihn. Natürlich bin ich, der Konkurrenz- . provisor, das erste Opfer apotheler lichen Zorne-. ; »Herr!« wettert er mich an, ,,tvag’ soll das heißen? Was haben Sie hier zu suchen?!« Jch zucke schweigend die Achseln. Uebrigens wird seine Aufmerksam leit sehr bald von mir abgelentt. - in den Llrtnrn liegen fich Beide! Jetzt läßt der Apotheter mich steh-en und fährt auf das Freundegpaar los. Jrn höchsten Zorn packt er seinen Pro visor und reißt ihn von seinem Freunde los. Müller protesiirt energisch: »Das ist ja mein Freund Brumrneisent« Und nun folgen die Aufllärungen, legen sich die Wogen! — Frau Wich ler steht etwas enttäuscht aus, als der Apotheler sich jeyt bei ihr entschuldigt und sich beeilt, sie ins Freie zu lassen, übrigens sehr zum Glücke ihres wacke ren Gemahls, den der Nachtwächter eben wegen nächtlicher Ruhestörung arretiren will. Ein Markstück stimmt den JHIiann des Gesetzes milder. Bei mir aber entschuldigt sich der Herr Apotheter nicht, dng hält er wahrscheinlich dem Previsrr seines Konkurrenten gegen-nur nicht He nöthig. Doch ich will de: n krcoen Manne nicht Unrecht thun einiae Wochen spa ter, als wir zur Verlobung Lieschens mit meinem Freunde Müller wieder zusammentrasen, hat er eE nachgeholt. Zur Hochzeit der Beiden siihren wir ein Theaterstiick aus« das ich gedichtet habe. Freund Brumrneisen tritt in einer Damenrolle aus, ich habe sie ihm —— natürlich nur bildlich —- auf den Leib geschrieben. —-.O.-—q— Warum man grau wisse Der bekannte russische Forscher, Prof. Metschnitow, hat gesunden, daß das Graun-erben des Haares von der Entwicklung sogenannter ,,Pbagocy ten« lFreßzellew herrührt, die den Farbstoss der Haare zerstören. Diese Hellen haben eine sehr veranderliche Gestas da sie, wie Amöben, zahlreiche PlotaplasmasFoetsätze aus-senden Sie stammen aus dem Mart des Haare-« und wandern von dort in die Rinden schicht, wo sie die Farbtörper verschlin aen und sortschafsen. Wenn, wie es » bekanntlich vorkommt, das- Haar in einer einzigen Nacht erbleicht, so lösit sich dies nach Metschnitow durch die gesteigerte Thätigtrit der Freßzellen erklären. —-———-d-.«--——--— Anstaan Fremder: »Sage-i Sie, mein Lieber, weshalb hat man diesem Manne ein Monument gesenkt« — Feemdensiihs ret: »Nun, weit er noch tein s hatte.« — Exellenz. , W Von N. Baron v.Robett-. Dieser Papagei war jedenfalls das nothwendigfte Ausftattungsftiick, das unserem jungen Haushalte noch gefehlt hatte. »Natürlich! Soforti —- ich werde gleich hingehen und ihn ersieigern,« sagte ich, mich mit übertriebener Ent schlossen-bät vom Kasfeetische erhebend. Meine Frau hielt mich am Arme zu rück, sie tannte meinen Spott, und nun feste sie ihre gewisse unwiderstehliche Schelmenmiene auf, ein tomis fle hender Seitenblick aus ihren ugen, das eine ein wenig verkleinert, um mich trosdem sum Antause des überaus nothwendigen Möbels von einem Pa pagei zu bewegen. »Du betommft ihn jedenfalls halb umsonst. Der Käfig würde sich mit feinen blanlen Beschlii gen wundervoll dort am Fenster aus nehmen. Ich liebe Papageien so.« Nun, ich wollte fehen — vielleicht gab es dort noch eine andere dringende Rathwendigkeit, irgend einen ent zückenden antiten Krug oder eine herr liche geflickte Delfter Schüssel auf mein Conio zu erstehen. Die Versteigerungsanszeige hatte den »vorziiglich sprechenden« Papagei mit ten unter herrschaftlichen «Möbeln, Teppichen und allerlei Haushaltungs gegenstanden angeführt. Man stutzte. gerade dies intelligdnte und mit menschlicher Sprache begabte Thier unter todtem Gerümpel ausgeboten zu finden. Vielleicht eine Waise, die nach dem Tode ihrer Herrin, etwa einer arillenhaften alten Jungfer. vorerst leinen anderen Unterschlupf als den Auttiongsaal fand. Schon aus Mit leid hätte man das Thier erstehen tön nen. Ich machte mich also zur anges setzten Stunde aus« Die Dluttion fand in einem geräu migen Gartensaale statt, in dem die Stimme des Ausbieters wie die Tritte der din: und herschleppenden Gehilfen in dröhnender Weise unter dem weiten Sparrendache wiederhalltem Durch die Staubschicbt der Bogenfenfter dämmerte das feuchte Dunkelgrün ei nes mit alten- ·Kaftanien bestandenen Gartens. Die Wände des Saales wa ren mit carnevalistischen Wappen schildern und verschossenen Zähnchen behangen. Die eine Schmalseite nahm eine Bühne ein, bis zu deren Höhe sich die Bänte und Stühle des Zuschauer raumes wie in einer ungeheuren« er starrten- Welle, das Podiuin sogar noch überfluthend, itapelten. Der abge nutzte Vorhang hing zur Hälfte über dem geheimnißvollen Ritter-sagte des Hintergrunbes hernieder· Zuerst meinte ich, das Bühnenin dentar sei zur Versteigerung hier un ten im Saale ausgesetzt. Phantastifch geschnitzte, thronartige Armstiihle mit Krone und Wappen, übergeräumige, steifnackige Sovhas, mit verbiichenem Damast überzog-en, ungeschickt massive Tische mit Spuren der Vergolbung, halberblindete Pruntspiegeh ein win zigegs Nippekstiict von einem Tafeltla: vier dazu altmodische, merkwürdig schlanle Lampen buntes Geschirr ein Ha .«is«.". tot-« rerbeulten tupfernen Tie geln und Kasserollen, auch diese mit einer Krone versehen, Alles hinfällig« verbraucht, die Ueberbleibfel aus einer untergegangenen Welt, wie von der But-ne dort herstammend, wo es im merhin, beim Trug des Lampenlich te-, den Schein einer gewissen Pracht ausgeübt hätte. Die Oase in dieser Wüste war durch einige Gewächse angedeutet, ein paar litalmen mit bronzeartig gediirrten Blättern, ein rhemaligerGummibaum, jetzt nur noch eine dünne Stange mit zwei grünen Fähnchen von Blättern oben an der Spitze. Nun, es war we nigstens barmherzig von dem Mittw nator, das-, er dem Pavagei einen Platz in der Laie angewiesen hatte. Das Thier saß dort in dem verstaubten Käfig aus dem untersten Steg, zufam mengeductt wie ein erbärmlicheg Häuf ckxen Unglück, ein mürrischer, alter Herr mit einer gewaltigen rechthaberi fetten Nase, in sie nen arauschillernden Puletot nehullt, betten Farben vollig verschossen waren; zuweilen hob er miide dac- runzeliqe Augenlid und warf mit der schwarzen Augenperle einen vereichtlichen Blick auf das Pu blitirm. Eben wurde ein wackeliger Tisch für zwei Mart als »Brennholz« losge scniogen, da schrie eine Stimme ganz :ii«r3rderlich »Viel-et Hallunten!« »Wo? Wo ist der Dieb?« Alles sah sich um. Ein Polizist schnellte eisrig hervor-. ; Selbst der Iluktionator hatte im er- i sten Augenblick den Papagei vergessen. Nun natürlich —- dert ,,Excellenz wird ungeduldig! Er beißt nämlich Ereellenz« —- erläuterte Jener. ,,Ex rellenz, ist es Jhnen nun gefällig?« — Lllles lachte, während der Käfig aus den Tisch gestellt wurde. »Ein vorzüglicher Redner — Sie haben eben eine Probe gehört, meine FyerrschastenW rief der Mann. »Wer bietet-« Der arme alte Herr diickte seineNase noch tieser in den arnuen Paletot, als wollte er von der Schmach, der er aus gesetzt war, weder etwas hören noch sehen. ,,Errellenz! He, Excellenz!« hdltntcn einzelne Stimmen, um das Thier zum Sprechen zu reizen. Da riß der Ausbieter seinen billigen Witz: »Na, seine zwei Mart ist er doch werth. « Ich bitt’ Sie, eine Erkal lenz sitt zwei Markt Wer nicht«-« Die Angebote kletterten groschen weise bis auf vier. »Mei- Morl zum tm — Erstent — Wer mehr? — Vier Mart zum Zweiten . . . .'« »Rten ne da plus!« rief Jemand. »Wie viel? Deutlich, bitte!« »Excellenz hat geboten!« johlte es — »Er-cean hat selber geboten! — Wie viel denn? Was sagt er? — Brasiliantsch hat er geredet. Nein, lamerunisch.« »Bitte, nochmals aus deutsch, wenn's beliebt!'« rief der Aultionator grinsend, mit einer ironischen Vorbeu gung nach dem Käfig. Excellenz hob dascheine rklugenäiåzrneåtr halb, um es gei wie er zu r en. Da fuhr ich mit zehn Mark heraus. Es war nur das Mitleid, den würdi gen Alten so schändlich verhandelt zu sehen. Die Frau, die ihn nicht weig zu bekommen fürchtete, überbot mi s um fünfzig Pfennige, und ich belam ihn mit elf Mart zugeschlagem Er schüttelte ein weni den Paletot und nahm weiter leine stotizp Meine Frau empfing ihn nicht sehr freudig, er war nicht das, was sie er wartet hatte. »Ich nahm ihn aus Mitleid,« entschuldigte ich, »sonst wäre Ier in die Hände irgend eines Rüpels sgerathen Er ist aus guter Familie.« Jedenfalls nahm sich der neue Kä isia, der seinetwegen angeschaff wurde, Iiiberaus prächtig in der Fensterecke aus. Exeellenz freilich machte sich gar nichts daraus, er wußte, daß derKiisig eigentlich sijr einen anderen bestimmt war, für einen Kollegen, der mit seiner Erscheinung nicht so gründlich das Papaaei:liapitel in Brehm’s Thierle ben Lügen strafte, wie meine Frau meinte. Natürlich redete er nichts-. Wir ba ten, wir drohten, wir respetttirten ihn seieriichst als Excellenz — tein Wori. »Ich hätte ihn an deiner Stelle gleich aus-stopfen lassen,« meinte das Frau chm schnippisch Besondere- die Magd hatte eine Wirth aus den stummen Patron: »Brancht mehr Arbeit wie ein Kind. Das schreit doch. Na wart’, ich sorgI schon, daß cr seinen Schnabel auf sperrt!« Jch Verwies ihr die Respeltwidrig leit: daß sie sich nicht unterstände ihm Gewalt anzuthunl Wir ergingen uns in allerlei Ver muthungen ijber seine Vergangenheit. Hundertsiinfzig Jahre! Er hatte drei Menschenalter überdauert, die Gewit ter der Weltgefchichte sind über ihm dahingebrauftz er hat die Generatio nen kommen und gehen und ihre Klei der wie ihre Geiittung sich wandeln sehen. Doch fiir ein gesprochenes Wort von ihm hätte die kleine Frau gern all’ die fragliche Romantit darangegeben. »Du sagst, er hätte während der Aut tion gesprochen? Jch glaube, er kann gar nicht reden, er ist taubstumm!« Sie stellte sich vor dem Käfig auf und rief, die Händchrn zu Seiten des Mundes höhlent: »Excellenz belieben uns mitzutheilm, ob Sie taubftumm oder nicht!" Keine Antwort. Wir kamen uns diefem Eigeniinn gegenijber sehr dumm vor. Vielleicht lag es am Platzes Der Käfig wurde an ein anderes Fenster gestellt. an Futter wurde geändert, wir lonfultirten fogar einen Thier arzt. Der meinte, wir wären mit dem Monsieur einfach angeführt worden. »Nun, ich hatse ihn aber doch spre chen gehiirt, Herr Dottor.« »Was sagte er denn?« ,,Tftien ne ra plug.« »DrUM auch," grinste der Doktor, »da haben Sie ja die Erklärung. Es ift aus« er giebt nichts mehr zum Be sten. Er hat genug geredet.« »Wettert Was sollen wir mit dein sVieh, da es sur sein Futter nichts lei Jstrn will? Es hält uns- zum besten! F Seine Nase rrird immer hochmüthiger, immer ironiscker das Blinzeln seines Augenlider-. Die tleine Frau bestand darauf, daß wir ihn wegtbzätm «Wohin?s Man tann ihn doch nicht bei Mutter Gran an die Lust setzen zum Spott der Spatzenik Er ift allers fchwach nnd trir müssen ihn schon zu Inf- ist«-ern « »Wa5!« fuhr das Frauchen entrüstet heraus- ,,.s)unie:t und fünfzig Jahre ist er alt, en braucht er zum Sterben mindestens zehn Jahre-. Fort damit!« Jch widersetzte mich — sie hatte den immerhin ehrwurdigen Herrn nicht in der Schaie der Lluttionszsstnnde gesehen wie ich. Die Piänteleien seinetwegen nahmen einen gereizten Ton an, an dem früher so sonnigen Himmel unse rer Ehe flogen dunkle Wolken mit Schlossen und Regengüssen vorüber. Wenn er nur ein Wort geredet hätte — nur eine winzigeGenuthuung von zwei, drei Silben fiir all den Aerger und die Thränent Auch sonst im Hause schlug der Ton in Moll um. Das Pu teufelchen hetzie meine Frau aus die Nessingbeschläge des Räsigg, die ihr die Magd nicht fun telblank genug nutzen konnte. Zuletzt stellte diese Las Ultimatum: er oder sie! —- Man wird sich doch kein Ultimaturn gefallen lassen. Gut also, so geht sie! Zuvor aber neruhte Se. Excellenz dennoch, sein Wort zu reden. Nur ein einziaeå Wort, aber es reichte hin für die Entscheidung Eine Tante platzte zum Besuch her ein, um die junge Wirthschuft zu ton trolliren. Es war ein außerordentlich kostbare-s Familienstiick von einer Tante, «an stark nach Geld klang. Sie wurde von einem Heer von Neffen und Nichten wetteifernd auf Händen gehn aen. Von nngemein zerbrechlicher Laune-; eine Fliege an der Wand konnte ihre Gunst umschlagen machen. Der Fall Seiner Excellenz interes N sirte die Dame. O, see Ittrde dag T ier schon um Sprechen bringen! ie kleine »ame verbrachte alsd Stunden vor dem Käfig, ihre dicken Fingcrchen spielten Harfe an den Städen dess:i den und sie versehn-endete die siiszesten Schmeichelnamen, um dem eigensinni gen Patron den Schnabel zu öffnen. Sie taute ihm die Worte und Silben bor, sie drehte deren wie an einer Ha spel, ein Taubstummer wiire gesprächig geworden. Jch muß gestehen, ich be wunderte seine Gedlud innerlich, sI sedr ich Tantchens Geduld äußerlich applaudirte. — Endlicht —- »Je dous aime« buchfta birte sie gerade, plötzlich reckten sich seine dünnen Beine ein wenig empor, sein Paletot prustete sich in die Breite, er wandte den Ko f nach seiner Quä lerin, öffnete den chnadel und schleu derte ihr laut und deutlich ein ,,Belze »bu’b!« hin. i Es war zu viel! Es war entsetzlich! J Tantchen war der Ohnmacht nahe, wir jäußerst bestürzt. Natürlich muß der Uebelthiiter sossort aus dem Haus-! Wir hatten unsere Mühe und unser Mitleid an einen Undankbaren, an einen Frie densstörer, einen Grobian verschwen det. Fort damit! Die Magd wurde also angewiesen, diesen Hohn auf eine Excellsenz an ir gend jemand aus der Nachbarschaft zu verschenken. Sie schmunzelte vor Freude über diese Genugthuung; wir selbst aber athmeten auf. . Spät am Abend wurden wir aus dem Schlag geschrectt. Jämmerlich schrie jeman : ,,Die«be! Mörder! Hal lunlen!« Es war der niederträchtiae Abschied dieses Jntriganten; am Mor gen war der Käfia leer. Ein paar Tage darauf hatten wir en delieiöseh Mittagsmahl Der Bra ten tdar wunderschön —- schon der Dust, als Mina mit einem gewissen feierlichen Triumph die Schüssel auf den Tisch setzte! Es war ein stram mer Bursche von einem Vogel undich trug ihn der Köchin auf, dem Händler mein Kompliment zu machen. Wir waren im besten Schnabuliren, als plötzlich meine Frau mit Entsetzen auf ihren Stuhl zurückfuhrz «Gabel und I.ks Dscnck lllkklcll lllls Uclll aktuel- —·- tue-u ’ blaß, mit stieremBlick wies ihr Finger « auf ein Stück des Geflügels dort. ! »Um Gottes Willen, Kind, was )ist’å? Was haft Du?« « Auf dem Teller lag ein Schenkel lnochen, der einen seinen Silberring mit ein paar Kettchengliedern trug — entsetzlichl Die armen Damen! Wüthend donnerte ich Minna herbei. Mit Schluchzen gestand sie ihr Verbre chen. Es hat Excellenz niemand neh men wollen, da hat sie ihm den Garaug gemacht — HühnerfchiclsaL nichts an deres! Und der schöne Braten dauerte sie — das Vieh hat lang genug den Aparten im Leben gespielt, warum soll man sich scheuen, es in den Brattops zu legen? Freilich die hundertundfiinfzig Jahre hatten sie stutzig gemacht und sein Exeellenzname; sie hatte eine Him melanast ausgestanden, daß er nicht gar würde. Ein startes Stück —- aber die Tante begann, die Sache wider Ermatten mit Humor anzitsassen »Ich bitte Dich, Miit-na, ein Thier, das wie ein Mensch sprechen kann! Du wolltest wohl Men schenfresser aus uns machen?« Mesnchenfressert Das richtige Wort! Llltindestenez acht Tage lang ka men wir ans wahrhaftig als Men schenfresser vor s -—--.--.--—-—— Der them-e Paletor.s Folgende hübsche Geschichte ist Zwar ,,loaenhast to vertell’n,« soll aber .sleichwahl buchstäblich wahr sein. Ein reicher Angelitcr Latibmann,« der sich nur ungern von seinen Golbfiichsen trennen masti, wird zu einer Hochzeit eingeladen und ikn Familienrath sein vom Großvater ererbten Winterpaletot siir diefeg Fest als nicht mehr geeignet befunden Man bestimmt Vater denn auch, nach Schlegwig zu fahren, unt Dort eine neue Winterhijlle fiir sich zu erstehen Die Frau aber weiß, bas; Weit-w Just mm isilli.«is"«-n tmit «m month-. sten »standegxzein«a·ßen Red« aussuchen wird, und da sie seiner eine Praktische Frau ist, welche weiß, daß nur das Tl)enre billig iit, so reist sie kurzer Hand vorweg und vereinbart mit dein betreffenden seaiifmanm er solle, »wenn idr Mann lame, nur ruhig io viel ab lassen, als Dieser nisdingen :verde, sie wolle hinterher den Reit bezahlen EO geht dann alleel dreararnmniäßig zu· Der Bauer lcuste einen Rock, der 65 Mark tostet. sur 12,:IU Mart nnd will, bekleidet mit dem eleganten Gar derokenstiicl, wieder nach Hause fahren, da begegnet ibrn sein Freund, der den Rock gebührend bewundert. Er taxirt ihn auf 20 Mark Werth, und ehe man sichs- rersiel,.t, hat der Paletot seinen Herrn für die Summe gewechselt. Un ser Freund läßt steudia die so schnell verdienten 7,DO Mart in seiner Tasche klixipern und eilt zum Kaufmann zu ru . Abermals ersteht unser Angeliter nach kurzem Handeln einen Winterrock, der eiö Mart kostet, fijr 12,50 Mark. Dann aber geth; ohne Zivischenfall nach Haufe, wo der eleaante billige Rrsck aroßen Anllnna findet. Auch die Geschichte Von dem Handel wird von den Uneinaeioeihten mit Heiterkeit aus genommen, als jedoch die Frau davon hört, fällt sie in eine tiese Ohnmacht. Nachdem ie wieder zu sich gekommen, lann die Aufklärung nicht mehr hin aus-geschoben werden und jetzt macht unser Freund ein sehe langes Gesicht, denn er sieht ein, daß ein Ueber ieher silr 122,50 Matt doch etwas reechlich theuer ist« .