Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 28, 1902, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Sonntags - ZH att.
Beilage des ..Uebraska staats-Kitzciger und Yerold«.
J. P. Windølph, Herausgehen Grund Island, Nebk., den de Februar 1902 Jahrgang 22. No. 20
Sonnenstrahlen
- Fastnachtss Sessel-lang von Lied
- wig v ol tt e
sti; wühlen Anni’s schlanke-Hände
r Truhe. Endlich lommt der ver
- Atlasrock zum Vorschein Zwei
· ebnte hat er zwischen alten Uni
- «cten und Frauenputz verträumt.
ni·s Rococchäschen rümpft sich.
nd der soll nun gut genug sein zu
’- ais Ball«« sagt das Mädchen
ießlich, »Mutter ist gar zu beschei
auf meine Kosten, sie hat das fa
neue Atlaölleid und ich — na ja,
-«ll mal wieder ausschauen wie
ters Großmutter!«
lso gefunden, Anni?« fragt durch
" ür tretend, eine schlanke, jugend
Frau, »das war aber ein liebens
--iger MonoloaL Zeige mal meinen
- tsrockl Der ist ja noch herrlich
bends weiß wie Schnee, gleichv
Lämmchen wird meine Anni da
herumspringen und hoffentlich so
sich sein als ich damals!«
· zu fehlt mir der Bräutigam,«
tet Anni belehrend.
- kommt mit dem Hochzeits
neckte die Maiorin und ficht dabei
sng und frisch alt-J wie Anni’g
ueste:.
nsinn. Mutterl« schilt das ver
e Mädchen ,,lle5riz1ens hast Du
act-enh ich weis-, schon, wie es sein
, w1r tanzen natitrlich wieder in
Quaorille nnd ich mus; mit an
, wie die ,.siis3en Herren« Dir zu
ln: .
niroriaste sehen beut-: genau wie
leit: Tochter aug.« »O Diese faden
tenantHSchmeictyeleien, aber Mut
ich zvarne Dich, glaube ihnen
I«
nni,«« lachte die Majorin, »Du
· ja die Welt un·-..«
n sitt-derer Sporenschritt ertönt
em Flur.
«star!« ruft die Frau, »lomm’
mal herl«
ne große, vierschrötige, wiegende
lt schiebt sich durch die Zimmer
und schnitt mit grauen, lustigen
en ans die Beiden.
Aas gibt’s, Helene?«
söre doch, wie superllug unserKind
—- bi::e: mich eben, den sahen Lini
tsikchmeicheleien lein willig Ohr
chenlen wag meinst Du,·«l·ann ich
lelcl!1·«Yt-titt;glt«:tli Uktutuxu use
ie wird immer besser,« murmelte
aior und zwinterr Dazu vergnügt
den Auaem
utter sieht aber auch jedes Mal
r aus als ich.« fchntollt Anni·
o so.« lacht anhört-via der Major,
cht Dir Deine schöne Frau Mutter
chaffenT Mache trach, Kleine, es
Dir aber nicht gelingen, hast zu
Pan Deinem alten, garstigen
r." «
r Major schiebt sich lachend davor-«
achö alleine aus,« brummt er in
n arauen Bart und sich seiner
rerr Neiterstieseln entledigend,
» Ter lustig einen nach dein anderen
« War-FI.
I« st- - «
ute ist der Ball beim Präsidenten
s Jahr gibt die »Stütze« der klei
t Provin.3ialstadt, oben im alten
blosse, ein Ballfeft, diesmal wira e
z absonderlich schon werden, fürst
l herrschasten haben ihr Erscheinen
Iesag:« Vrinz Vittor mit seinem
tgeren lIbegemabL Kammer-huren
b hofoamr.
Inni bringt diese Nachricht see-len
ssrrügr nach haufe. ,,Enolich mal
.anderes Gesicht oder gleich viere,«
Tat sie und zieht ein blasirtes Gesicht
«nian weiß doch, für wen man sich
t,« dabei schaut sie verstohlen in den
n Pseilerspiegei.
h sich Anni wohl nur für Jene
M Warum erzählt sie nicht« daß
Gras Wikdors kommt, Erich Witz
,sp Der-zwei Jahre aus-Meilen war
I stets lyr Pers mi: neiget way-Dac
rei erfüllt hat?
»Dente nur Mutter, Trudi meint.
it heran-»He Atlas-gewann sei aanz
knartiig und s-) nett habe ich noch
t ein Balltleid gehabt!«
»Na, Gott sei Tant, Daß Trudi das
int, übrigens haben Deine Klagen
cin Herz nicht schwer gemacht. Die
tgend bat einen Schmuck, weit schö
k als Zarnmr uno Seide —glaube
r.«
Die Majorin seufzt ganz leise. Es
hatt tiir eine schöne Frau, daran zu
nken, das- sie es nicht mehr lange sein
ed.
Anni steht mitten zwischen den »for
m«, schmeichelnden Ofsizieren unt
rudert lebhaft. Jhr lenchtendee Ge
ht verräth ihnen wahrlich nicht, wie
»st- sie von ihnen denkt; aber mit
iem Male wird sie ernst, woritarg,
I· hist-, schlanke Männergestalt eilt
itzt das Parquet, bleibt hie unt- da im
kspräch sieben und wendet sich endlich
ain zi: Antli. Dunkle Gluth
ti: des Mädchens Antlitz. »Gras
.- s f, lsrich Witzdors,« so dämmert
in Kopf und Herzen, als er freund
h plauvernd sich zu ihr beugt. Anni
gefangen, ganz und gar, was
chmärmerei gewesen, hat piöhlich das
net-ersehen in Liebe gewandelt, in
underbar unbezwingliche Frauen
zbr. Auch Wi does ist erstaunt, wie
jsn ist das M dchen geworden, die
tine Annil Die Paare einen sich und
n. Erich Widders platwert wei
itnv Anni hat auch vergessen, daß
junge Professvrs-Sohn von gegen
sie um den ersten Walzer gebeten
t tin-b fcksiichtern am Wege steht. Die
sit-en sehen sich nur in die Au en, als
, sie allein aus der Welt sind
Die Majorin sieht, wie einPaar nach
dem andern vorüberfliegt und Anni sich
ihren Blicken nicht zeigt. Mit fragen
dem Auge naht sie sich der Thüre und
sieht Anni felbstvergessen, mit süßem
Lächeln im Antlitz, den Worten Witz
dorfs lauschend; der junge Professors
sobn sieht daneben mit trüben, hoff
» nuagslofen Zügen.
? »Na, Helene, hütest Du Deine
Kuttent«
’ Leise ist der Major hinter seine Frau ,
gesetzlichen
» »Na nu, Witzdorf?« sagt er leise,
» »h«ore, Helene, der kriegt aber die Anni
nicht, das sieht ja diebifch verfänglich
’aus! Paß mir gut auf, Helene, laß mir
» meinen Sonnenstrahl nicht rauben, potz
tausend, diese Bälle, das reine Hei
»rathsbureau!« Damit macht der
’schwerfällige Major kehrt und schiebt
sich ins Spielzimmer.
Der Professorensohn stürzt auf Frau
Helene, wie der Geier auf die Taube
und klagt ihr sein Leid; Frau Helenc
hilft ihm, sie trennt die Beiden und
Anni schmollt sehr, denn die schöne
s Mutter geht am Arme Wiydorfs dahin
und ihr bleibt der grüne, blasse Schul
junge.
Immer glänzender haben sich die
Söle des alten Schlosses gefüllt, ver
lockendet tönt die Musik, die eigenthiim
lichen Düfte, die Blumen im geschlosse- l
nen Raume, Puder und Wachslichter
I
hervorbringen, mischen sich untereinan
der. Die erhöhte Temperatur, die
Wärme von vielen erwartungsvollem
lebenslusiigen Menschenkindern, macht
es sitckend heiß und erregt Alt und
Jung, wie ein Rausch liegt es über »
Allen. i
Wie aliicllich die Majorin aussieht ;
»mein Hochzeitstlei2«· fliistert jzkaup
Helene und streicht iich oaoei now-em- l
lich ein Löckchen hinter’s Ohr. Aber sie
hat nicht Zeit ziiiiiNachdenken, sie wird
zu Prinzessin Dichta befohlen und
mußte für eine halbe Stunde verges- ;
sen, dasz es so etwa-s wie Mann und ;
Kind auf der Welt gibt, hier bestehen »
ia nur fürstliche Interessen, sürstliche
Fragen werden beantwortet, das eigene
Herz, die eigenen Gefühle schweigen.
Anni tanzt viel, fie ist vollkommen
atheiiilos. Mit Stirnrunzeln bemerkt
es Graf Witzdorf Er geht schnur
stracks auf sie zu. »
»Pnusiren Sie doch, Sie schaden sich, »
kommen Sie, ich will Ihnen Bilder
zeigen.« »
Das Mädchen legt wortlos ihre-Hand
auf den Arm bes- Mannes, er nimmt sie
und hält sie fest, und iim seine Lippen
fliegt ein stolzes Lächeln.
.,Mein,« fährt es ihm durch Herz und
Sinn, »mein, ganz inein.« Ueberall ist
es gedrängt voll. Ueberall ruhen be
deutsame, neiigierige Blicke auf den
Beiden. Aniii sieht.eå nicht, Witzdokfi
ist es einerlei. Dort ist ein Eckchen, T
eine rothe Sammetbant steht hart am !
Fenster, sie sieht heimisch, einlasdenb
aus, aber als sie sich dem Sitze nahen, ’
Pseift der Zugwind durch die Scheiben, i
wie eine Mauer stellt sich Witzbokf das ;
vor und schützt das Mädchen. Anni ;
steht vor ihm, sie sieht und fühlt nuri
ihn tin-d seine heißen zärtlichen Blicke, H
wie gebannt schaut sie ihm ins Antiig. i
»Wir lieben uns, Anni!« I
»Ja-« nickt das Mädchen (
»Ich will Dir Eltern nnd Heini-gib
Instit-n Mi» DOJII m«.t, f-in!« (
«Ja,« nickt Anni willenlos, aber in?
ihren Auqu leuchtet es sehnsucbtgvoll,
Und ihr Athem geht schnell und hastia. i
Ergriffen beugt sich der starke Mann ?
auf Anni’H Hand, sie zittert, die gest
tvaltiqe, wundersame Kraft der Liebe»
bebt in jedem Nerv. Da tön: eine
fremde Stimme, profane Worte: "
»Gnädiges Fräulein werden gesucht -
Quadrille, visiti-big.« »
Der Ort, die Zeit fordert ihre Rechte,
Anni folgt dem unwilliommenen Stö
rer. Sie zieht das Taschentuch aus
dem Kleide, die erhitzte Stirne damit
zu streichen. Ein Papier fällt auf den
Boden, achtlos schreiten des-Mädchens
Füße darüber hin, aber Witzdorf sieht
es, es gehört Anni, fiir ihn hat es
Werth und er hebt es auf, öffnet es
—, es ist ja nur ein Zettel ——und wirft
einen schnellen Blick darauf.
Wie von der Biber gestochen, laßt er
das Papier fallen, um es dann eilig,
verstohlen, wieder aufzuheben. Sein
Gesicht ist blaß geworden, dann roth,
die Lippen flüstern unbewußt die
Worte, die das Auge eben gelesen.
»Mon ange adore, je vous aime
plus qu ma vie, tout le votre —- Os
lar.« Höhnisch bitter zucktes um des
Mannes Mund. Er blickt hastig auf
Anni. die dort drüben mit träumeri
schem Lächeln, nach dem Takt der-Musik
hin und herzt-by dann wendet er sich
urz und verläßt den Saal.
Anni hat es gesehn, etist fort. Die
Flammen scheinen dunkler geworden,
einsam tst’s mitten zwischen den plan
dernden, lauten Menschen.
Den erhthten Körper tn einen Pelz
gehüllt, geht Etsch langsam, mit finste
ren Brauen, durih die talte Schnee
nacht. Die Gedanken wirbeln in seinem
Kopfe, wie die Flocken um ihn her
Eiidlich, auf weiten Umwegen erreicht
er sein HoteL Den Hut auf dem Kopfe,
den Pelz um die Schultern schreibt er
eilig einige Worte auf ein Papier, fal
tet es, steckt Anni’s Zettel dazu und
übergibt beides »dem müden Manne in
der Portierloge.
»Sosort besorgen, ebe die Herrschaf
ten vom Ball zurück sind,« befiehlt er.
Der Mann bleibt verdrießlich, er
schüttelt sich, aber ein gutes Trinlgeld
verachtet er nicht.
Der Ball hat sein Ende erreicht.
Anni’g große, dunkle Augen blicken mit
stummer Frage ringsum.
Ohne Abschied gegangen! Wie an
ders hatte sie sich das Ende des Tages
gedacht! Daheiiii iin Wohnzimmer, er
mit den Eltern, sie als glückliche Braut.
Langsain hüllt sie sich in den Mantel,
immer noch blickt sie umher-, ei muß ja
kommen.
»Was tausean Anni, wir sinld die
Letzten,« poltert der Major und saßt
das Mädchen energisch am Arm,
»Mutter sitzt schon im Wagen und
friert zum Eistlumpen.«
Anni ist seltsam still, »ja Vater, ja
Mutter,« ist Alles, was sie antwortet.
Die Eltern schauen sich in die Augen.
»Sie ist müde,« sagt entschiildigend
Frau Helene und Anni schmiegt sich
dichter in das weiche Polster.
»Noch ein Brief, Fräulein Anni,«
sagt oben in des Mädchens Schlafge
mach geheimnifivoll die Jungfer.
Erregt, smit erschrockenen Augen,
greift Anni darnach.
Zwei Zettel fallen aus der Hülle.
Zwei verschiedene Handschriftm Den
franzijsischeii läsit sie fallen, er ist ihr
UIIULIIUIIUUU,, uUcc Ucc lllll Mit All-!
ßen, kräftigen Buchstaben, wag soll
der bedeuten ? -
»Ich respektire ältere Rechte. Graf
Erich Witz-dors.«
»Mutter-, Mutter!« ruft Anni angst
voll; Ein Mutterherz ist doch zu Allem
gut.
Da steht Frau Helene schon hinter
ihrem Kinde.
Schweigen-d liest sie den Zettel, und
greift nach dem, der auf dem Teppich
liegt. Mutter unid Tochter! Wie ju
gendliches Feuer breitet eS sich über
helenen's Züge, als sie die französi
schen Worte liest, gealtert, bleich, voll
Sorge erscheint Anni’s Antlitz.
»Sprich, Anni,« flüstert Frau He
lene.
Anni erzählt hastig, hochathntend,
fast verzweifelt.
·,.Stille, Kind —- lyier stiftet die
Schwiegermutter schon vor der Hochzeit
Unheil, die französischen Worte sind
vom Vater an mich gerichtet, dazumal
als er vor Paris stand. Nun lege Dich
nieder, Anni —- Morgen wird Alles
gut, ich selbst werde gleich Witzdorf
auftlären.«
Anni lächelt unter Thränen und
küßt die Hatt-d der Mutter.
Graf Erich Witz-vors betritt am an
dern Tage, steif und förmlich gepanzert
gegen alle Ueberredungstunst der klu
gen Frau Helene deren Wohnzinnner.
Aber nur einige wenige Worte und des
Mannes Antlitz leuchtet vor Entzücken
unsd Freude. ,,Anni, Anni,« jubelt er
und hätte fast den alten Major um
armt, der sich zuerst durch die Thüre
drängte, aber dann kommt Anni und
ohne den Väterlichensegen abzuwarten,
Licht «- sis An fsin FU»
»Daß ich das niii ansehen niuß,«
brummt verdrießlich der Vater uno
Anni, die heute nur glückliche Gesichter
sehen will läust zum Major und kiiszi
ihn so heiß und zärtlich, daß er wie
der unwirsch wird nnd vor sich hin
murmelt:
»Komm an die falsche Adresse.«
»Pfui, Vater!« sagt Anni entrüstet
und wendet sich fort.
»Helene, nsun sind wir Beide wieder
allein, meinst Du nicht, daß es dunkel
ohne unseren Sonnenstrahl sein wird?«
Frau Helene blickte nachdenklich aus
die Beiden, die kosend am Fenster
stehen, beleuchtet von den Strahlen der
Wintersonne. Dann schüttelt sie lä
chelnd das schöne Haupt und spricht:
»Ich habe noch Wärme und Jugend
genug Oglar, uin Dir das Leben bell,
licht und sonnia zu machen, traure
nicht!
Wirt-angstvoll.
A.: »Das neue Schlummerlied,
welches ich componire, will gar nicht
» fertig werden« —- B.: «Woher kommt
denn das? Arbeiten Sie nicht fleißig
ldaran?« — A.: »Fast jeden Abend,
Man-n habe ich aber angefangen zu
lesen, so schlase ich schon ein.«
Form vollendet.
l
i Herr: »Als wildsrenider Mensch ge
niren Sie sich nicht, aus ossener Straße
mich anzubrinan —- Bettlm »Na,
wenn Sie se wünschen, kann tck Ihnen
ja weisen zwischen 12 und 1 Uhr
meine isiteabstatten.«
l
Liebe und Schlagsahne.
Heinrich Fischer saß an seinem Fen
ster und seufzte. Er sah nicht den
blintenden Sonnenschein, nicht die
blühenden Blumen, er seufzte nur aus
Herzensgrunde, denn er tvar verliebt,
verliebt bis über beide Ohren.
Das wäre ja an sich nichts Schlim
mes gewesen. Er hatte ja eine feste
Anstellung an der Bank und konnte
schon eine kleine Frau ernähren. Auch
war er von der Natur nicht allzu stief
miitterlich behandelt. Er hatte einen
schönen stattlichen Wuchs-, und seine»
Freunde neckten ihn sogar mit seinen
schönen Augen. Also warum sollte H
das Mädchen seines Herzens nicht auch :
ihm seine Liebe zuwenden? Nur seine
Schüchternheit, diese abscheuliche
Schiichternheit!
Es waren jetzt gerade drei Wochen
her. Er hatte sich zu seinem Abend
schoppen noch ein paar gute Cigarren s
mitnehmen wollen und war in das erste
beste Cigarrengeschäst gegangen. Und
hier hatte er sie kennen gelernt. Gleich
vom ersten Augenblick an hatte sie ihn .
entzückt. Wie reizend hatte sie ihn an
gelächelt, als sie ihm fiir seine Cigarre
Feuer reichte! Wie liebenswürdigj
hatte sie ihm, dem plötzlich eingefallen I
war, daß er sich doch eine größere
Auswahl Eigarren taufen müsse, die :
verschiedenen Muster vorgelegt! Gleich
in der folgenden Nacht hatte er auch
von ihr geträumt Natürlich fand der :
nächste Abend ihn wieder beim Cigars
reneintauf, und bald war der Abend
schoppen verdrängt, und Heinrich Fi
scher saß stundenlang bei der schöner-.
Annie und plauderte inii ihr.
Ach. und wie sie plaudern konnte,
) nnd wte entzuckeno sie lachtel Das Herz
! wurde ihm weit beim Zuhören. Nur
wenn andere Käufer in das Geschäft
traten, dann stand er übellaunig auf,
murmelte etwas von läftiger Störung
und bewachte jedes Lächeln und jedes
Wort Annies mit neidischer Mißgunft.
Oft stellte Annie ihn zur Rede:
»Ich weiß nicht, was Sie wollen,
Herr Heinrich. Die anderen Herren
wollen doch auch bedient fein. «
»Ja, das wohl « antwortete er, ,aber
Sie brauchen nicht dabei zu lächean«
»Sie thun ja gerade, als ob Sie
mein Lachen gepachtet hatten, Herr
Heinrich, und
».f)ab" ich auch,« fiel er ihr ins
Wort, »das foll auch nur mir allein
achören.« »Wie meinen Sie dass«
fragte Annie, und fah ihn mit ihren
lachenden Augen fragend an. Und er
beging sdie Dummheit und fab ihr wie
der in rie Augen, und natiirlich war
aller Mut-b aus ihm gewichen. E:
wurde roth und ftotterte:
»Na, ich meine nur fo, ich finde —
ich dachte — —«
Da gian die Ladenthiir auf, undeitt
paar Herren mußten bedient werden«-—
Das hatte nun volle drei Wochen so
gedauert, und er war noch nicht ein
Bischen weiter gekommen
Jetzt aber faßte er einen Entschluß.
Er betrachtete seufzend fein Spiegel
bild, zog dann feinen Mantel an feßte
den grauen, weichen Hut auf, den sie fo
gern an ihm fah, und sagte, indern er
der Thiir cZufchtcitk
»Heute giebt es kein Zurück mehr,
komme was da wolle.«
Je näher er dem Laden kam, unt so
mehr beschleunigte er feine Schritte.
Aber wer beschreibt feinen Schrecken,
ais an der Stelle, von cwo ihmefonit
Ilci » Jtlllllk clllsiktlklu’-1Wtc, ciil sbciL
« ves- «S)’esi«.tit ihn ansah und eine fremde
Stimm-.l ihn fragte:
»Was idiinscht der Herr?«
Er iisxifiie sich erst einen Augenblick
T besinnen ehe er sich oon diesem Schreck
erboten konnte.
Was war mit Annie passirt? War
sie trantZ War sie vor ihm gefloben?
Und warum? Er mußte es herausbe
totnmen So fragte er denn nach
Annieg Verbleib und erfuhr, daß sie in
einem anderen Stadtviertel Vertausc
rin in einer Konditorei sei.
Ylufathmend verließ er den Laden.
Er machte sich zwar aus Süßigkei
ten gar nichts. Jm Gegentheil, er
hatte einen Abscheu davor· Aber was
bliesb ihm übrias Die Tage, wo er
das Plaudekstiindchen mit Annie ent
behren mußte, schienen ihm wie verlo
rene. Lieber wollte er alle Süßigkei
ten der Welt iiber sich ergehen la en
als Annieg Anblick entbehren. cht
Tage hielt er es auch aus, und pflicht
schuldigst ließ er Chotolade, Eisbai
sers und Schlagsahne in seinen Magen
niedertauchen. Aber bald empfand er
die bösen Folgen. Sein Appetit ließ
nach, sein Magen begann von der vie
lenSchlagsalme zu schmerzen und seine
auteLaune schien zu sinken.
Heute saß Heinrich ischeri schon seit
einer Stunde in der onditorei und
wiirate mit Todesverachtuna die dritte
Tasse Chokolade mit Schlagsahne her
Unter, Und noch hate Annie teine Mi
nute Zeit gesunden, sich mit ihm zu
unterhalten. Jetzt wischte Heinrich sich
die letzten Reste der Cbokolade aus sei
nem blonden Schnurrbart und rief.
mit desehlender und doch zugleich bit- :
tender Stimme:
,,Friiulein Anniet kommen Sie doch
einmal zu mir!« »
Annies Gesicht überlies es wie Pur
Pur, und sie kam zögernd näher.
»Was wünschen Sic, Herr Fischer?«
—- Er nahm sie bei der Hand und zog
sie näher zu sich her.
»Das geht unmöglich so weiter,
Fräulein Annie, das müssen Sie ein
sehen,« sagte er.
Sie seufzte leise und sagte mit vor
Thränen zitternder Stimme:
»Das finde ich auch, das- habe ich
schon lange gesunden.«
»Das freut mich,daß Sie das ein
sehen,« lachte er. »Bei der ewigen
Schlagsahne und Chokolade verdirbt
man sich den Magen und Laune-, und
deshalb schlage ich Jhncn vor, gehen
Sie wieder in ein Cigarrengeschäft.
Das war doch am allerschönsten.·'
Annies Augen erweiterten sich beim
Anhören seines Vorschlages immer
mehr, dann sbrach sie in Thränen aus
nnd schluchzte ein über das andere
Mal: »Sie sind schlecht, Herr Fischer,
so schlecht!« Heinrich war entsetzt aus
gesprungen; an diese Wirkung seiner
Worte hatte er nicht gedacht. Er legte
seine Hand auf ihren gesenkten Kopf
und streichelte unausgesetzt ihr weiches
Haar, während er hervorsprudelte:
»Beste, liebste Auniet Sie sollen ja
nicht weinen! Um meinetwillen sollen
Sie doch gewiß nicht weinen! Aber
sehen Sie, ich tann doch nun einmal
nicht leben, ohne Sie jeden Tag zu sei
ben, und die Süßigkeiten tann ich
wirklich nun nicht mehr vertragen und
da dachte ich —— —«
izlnnres Ihranen hatten sich unter
seinen bittenden Worten gelegt, und
ohne ihn anzublieten sagte sie erra
thend:
»Und giebt es denn da wirklich tei
nen anderen Ausweg als das Ecgari
rengeschäst, wenn Sie mir wirklich so
gut sind?«
»O ja,« rief Heinrich Fischer, der
ron Annies Thrinen wie berauscht
war, und dem die Angst, sie zu verlie
ren, den Muth gab, Ia ja, einen Weg
wußte ich schon! Wenn Sie der- wäh
len wollen —«
»Der wäre?«
»Werde meine Frau, süße AnnieZ
Dann brauchen wir tein Blumen-: und
tein Cigarrengcschäft mehrt«
»Di) ich willk« erwiderte Annie.
»Ich habe Dich ja so lieb!« Und wil
lig ließ sie sich in seine Arme nehmen
und erwiderte seine Küsse.
»Du Böser!« sagte sie dann. »Wie
lange hast Du mich warten lassen! Fast
zweifelte ich schon an Deiner Liebe!«
—- Jetzt erscholl aus dem Nebenzim
mer eine weibliche Stimme:
,.Fräulein, eine Tasse Kassee!«
Llnnie löste sich erröthend aus Hein-»
rich’5 Armen, und sagte lachend:
»Gottlob, daß diese Tasse Kasse-:
nicht vok fünf Minuten gewünscht
wurde, wer weiß, ob ich dann jemals
den Muth gesunden hätte, Dir meine
Liebe zu gestehenl«
Wams wird eine Frau alte
Eine Frau, wie sie uns vor klugen
steht, wird überhaupt nicht alr. Das
heißt: älter oder jünger können Jahre
und Erfahrungen sie wohl machen,
wirklich alt aber braucht sie nie zu
werden; immer vorausgesetzt, daß sie
auch einmal jung war, denn die, welche
schdzr in ihrer Jugend alt«warien, die
Uscsuclt UicV llLUuLUUs UUUJ ltlt XULCL
Ueber eine Frau, die einmal wirklich
jung war, hat das Alter teine Macht.
Ob ihre Augen unter weißen-. Haar
hervorblicken, das junge Herz ioiro
immer daraus hervor-lachen und sie znit
einem Hauch der Jugend umgeben.
»Ein Fleckchen in meinem Herzen
bleibt immer 18 Jahrel« läßt Jda
Bay-Ed ihre Hortense von Eschen in
der ,,Lampe der Psyche« sagen und so
soll es bei jeder Frau sein. Dies Fleck
chen, das, wenn es von der rechten Art
ist, auch an das übrige Herz von seiner
Wärme abgiebt, gewissermaßen das
Herz des Herzens bildet, hält dem
Frost und der Erstarrung des Alters
siegreich stand, gleich der warmen
Quelle, die alten Sagen nach im hohen
Norden mitten unter ewigem Eis und
Schnee eine grünende, blühende sQase
sämij »
Hier muß die Frau huten nnd zu
sammensassen, wag die Jugend jung
macht, das frohe Vertrauen zu den
Menschen, den Glauben an das Glück
und an die Zukunft, die rückhaltlose
Bewunderung und die schnell aufslam
mende Begeisterung, das Glühen sür
das Jdeale und das warme Wünschen
und Hossenx und wenn das leiden
schaftliche Verlangen, die Gluth der
Empfindung, das thöricht schöne
Schwärmen auch siir sie selbfst keine
Bedeutng mehr haben, so muß re diese
doch an Anderen verstehen, ihnen
Theilnahme.und Mitempsindung ent
gegenbringen.
Eine Frau, die sich so ein Stück
,
Jugend zu erhalten wußte, db wiss
von niemand alt genannt werden, III
wenissken von der Jugend selbst. Wir
der agnet zum Eisen, auch wenn ei
noch so verborgen ist. so wird die Ju
gend sich unwiderstehlich zu solch einein
jungen Herzen gezogen fühlen, auch
wenn das Alter seine Hülle darüber
gelegt hat« Eine Frau aber, die vons
der Jugend als ihres Gleichen erkannt
und in ihre Kreise gezogen wird, die
ist nicht alt, die ist jung, was auch ihr
Taufschein sagen möge. i
Helene Stöckl
Kommission-.
Wohl wenige, welche sich in Kriegs
und Friedenszeiten mit dem Kommis
sbrod befreundeten, haben sich jemals
die Frage vorgelegt, woher wohl die
Bezeichnung ,,Kommiszbrod« komme;
aber auch diejenigen der Mannschaften,
welche sich nicht mit dem Brode zu be
freunden vermochten, dagegen das
Brod zu einer ganz guten Ein-nahme
quelle, wenn auch heimlich, durch Wei
tervertauf machten, werden wissen,
woher der sich so fest eingebürgert
Name »Kommißbrod« stammt. Ueber
den Ursprung der Bezeichnung näheres
zu erfahren bezw. zu oeröffentlichen,
erscheint wohl ganz zweckmäßig Die
,,Jnternat. Rundschau fiir Bäckerei,
stonditorei u. s. w.«, Berlin O» be
richtet darüber: Die Bezeichnung rührt
aus der Zeit des Ist-Mahlzeit Krieges
her. Als Wallenstein gegen Zralsund
zog und Theile seines Heeres in der
Mark lagen, waren die oaoon betrof
fenen Orte auf die Tau-er nicht im
Stande, das geforderte Brod zu be
schaffen. Man zog daher Städte und
Dörfer, die nicht mit Einquartierung
belastet waren, gleichfalls zu Lieferan
I gen herbei. Um nun eine gerechte Ver
theilung der Kornausschreibungen zu
ermöglichen, hatten die Landesbehdri
den im Einverständniß mit der Trup
penfiihrung eine besondereKommission
damit beauftragt, die auch das Brod
Harten ließ. Diese Brode, welche von
Noer Kommission verabfolgj wurden,
khiefzen Kommissiongbrode woraus im
sLause der Zeit das Wort ,,Kommiß
; brod« entstand
Ja fo!
» Zu einen-. T:orflyode:, Der sich eben
ketiblirt dat. kommt ern altes Bauer
Hein unt sich einen Halm ziehen zu
i
i
I innen. Die Operatkon geht schnell vor
’sich. Aber kaum ist der Patient weg,
eilt auch schon die Frau des Baders
Iooll Ungeduld und Neugierde herbei.
;,,Was hast Du denn von Deinem er
Isten Patienten eingenommen?« fragt
sie· Triumphirend zeig. er ihr ein
Goldstück »Wie?« ruft sie entsetzt.
»ebn Mart! Um Gottes Willen,
Mann, das ist ja viel zu vieik Es it
doch so schnell gegangen und Du bi
noch Anfänger! Du wirst sehen, der
kommt nicht wiedert« Aber ihr Mann
lächelt nur mitleidig und spricht erha
ben: »Das Versteht Du nicht — es
war ja sein letzter!«
Naiv.
Frau: »Da; ist ein netter Herr, die
ser Sberiss Müller, der grüßt mich
schon so freundlich. trotzdem er erst ein
mal bei uns gepfändet bat!«
Kindliche Antwort
Frau Schmidt, welche gegen den
Willen ihres Gatten mit einer Freun
din den Maskenball besuchen will, wird
von dem Gemahl der Letzteren, welcher
als Mephisto kostiimirt ist, abgeholt
Eine halbe Stunde später kommt Herr
Schmidt nach Hause und den Thatbc
stand ahnend, sucht er seine Frau; al
lein vergeblich. Daraus fragt er den
kleinen Fritz: »Wo ist Mama?« —
,.Die hat soeben der Teufel geholt,«
antwortete de: Kleine.
Fquche Voraussetzung
Graf (zu seiner Angebetetenix »Ach.
Fräulein Amanda, wie gut die Mäd
chen es doch haben! Wir müssen bei ei
nem Antrage eine lange Rede vom
Stapel lassen und Sie sagen ein
fach. — Amanda: »Nein!«
i
I Große Mir-Ue
H Schmizrendirector (er bei de: Casse
-sitzt, alH schon der achte Theaterbesu-«s
Ischer mit einem FünfzigsCentsstück
tommt): ,,Heut’ kommt wieder einmal
alles mit großem Gelde, wer soll da
t herausgeben tönnen?-«
Ghin-hast
Fran F.: »Warum kommt denn
eigentlich die Frau Secretär immers
so spät zu dem Kasfeekränzchen?« —
Frau H.: »Die hat ja ihr Dienstmäd
chen schon zehn Jahre und wartet daher
immer, bis die Schimpserei über die
Dienstboten vorbei ist.« ·
Der perseete Sportman.
i Sie: »Was seh« ich, Hm Müaek·.
Sie tragen eine Automobilmüsze——?
Fuhren Sie denn auch?« —- Er: »Nein,
zu einem Automobil reicht leider das
Geld noch nicht« ·
Unbedacht.
Vorsitzender der Straftammer:
,,Zeuge Hühner, erzählen Sie uns den
Ursprung des Streites.« —- Zeuge:
»Der Angeklagte schrie ganz plödlielx
ohne daß ihn Jemand gereizt hattet .
»O, Jhr Dummköpse, Jhr Cretins,
hr Dickschädel»..« —- Vorsitzendee
( en Zeugen unterbrechend): »Bitte,
wenden Sie sich dochaesälligsh with
rend Sie sprechen, nicht dem Publikum,
sondern dem Gertchtshose zut«