Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 28, 1902, Sonntags-Blatt., Image 16

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    W
Der Smaragd
Novelleite von T. Fahr-ow.
Frau Geraldine Currer - Wenstein
saß var ihrem Juwelenlasten und be
trachtete nachdenklich ein sehr altes
Schmuckstiick, welches sie zwischen ih
ren weißen eng-ern hochhielt
»Schade, sz es ein Smaragd ist,«
murmelie sie- »Ein Saphir würde
mir viel besser stehen —- der Vergleich
zwischen meinen Augen und dem
blauen Edelstein läge dann so naht«
Frau Currer - Wenstein war eine
frühere Opernsiingerin, die einen rei
chen Amerilaner geheirakbet hatte und
nach dessen Tod nach Berlin gezogen
war, wo sie nun mit Hilfe der ameri
tanischen Kolonie eine Rolle in der
Gesellschaft spielte.
Die niedliche Zofe, welche sie be
diente, blieb jetzt hinter ihrer Herrin
stehen und bemerkte:
»Wenn Madame das weiße Kleid
anstatt des grünen anz« n. würde der
Stein noch besser ausse n.«
,,,Sicher,. Colette, da haben Sie
recht. Frisiren Sie mich doch mal zur
Probe wie fiir heute Abend.'·
Colette, die geschickte,' kleine Fran
ziifm, machte sich an die Arbeit. Mit
Hilfe verschiedener künstlicher Pufsen
und Locken baute sie ihre Dame eine
griechisch - renaissancsemiißige Frisur
zurecht, unter der »das edle Gesicht
doppelt reizend aussah —- wenn auch
nicht mehr ganz jung. Zuletzt legte sie
ein seines goldenes Kettchen gleich ei
nem Stirnreis um den schmalen Kopf;
vorn in der Mitte hing der antile An
hänger aus die weiße Stirn herab, der
»beriihmte Smaragd«, welchen der se
li Mr. Currer einem verarmten eng
lifchen Herzog abgelaust hatte.
»Seht gut,« sagte Geraldine bei
fällig, nachdjem sie sich in ihrem vier
theiligen Spiegel genügend betrachtet
hatte. ,,Wo haben Sie eigentlich Jhr
Kunstverstiindniß her, Colette?- Sie
wissen in Kostiirnem Trachten und bi
storischen Besonderheiten besser Be
fckpsd »in ist«
,,«Dazu gehört nicht viel,« hätte Co
lette beinah gesagt; aber sie besann
sich noch zur rechten Zeit und hauchte
ver-schämt:
»Mein Vater war Schullehrer in
Marseille, unsd ich war doch auch an
der Bühne.«
»Sie können den Anhänger nachher
ein wenig mit Eau de Cologne reini
gen,« sagte Geraldine. »Aber nehmen
Sie sich ja in Acht. Der Stein ist ein
fach unersetzlich, ich mache Sie ver
antwortlich dafür, daß er nicht ge
schädigt wird.«
»Seht wohl, Madame —- Befehlen
Madame jetzt noch die gewöhnliche Fri
sur zum Aussabten?"
Jawohl, Madame befahl. Und das
braune Tuchtleid mit dem Zobelum
bang dazu; bei der russischen Gesand
tin war beut Empfangstag, da durfte
Mrs. Currer-Wenstein nicht fehlen.
Kaum war die gnädige Frau fort
gefahren, als Colette sich einer wert
wiirdigen Beschäftigung bingab. Sie
schloß sich nämlich in ihr Stäbchen
rin, nahm ein things ReagcnsglaT
ein Lämpchen, eine Lupe und einige
winzige Fläschchen mit Säuren her
vor und haustirte eine ganze Weile mit
dem Smaragd wie es etwa ein Chemi
ter gethan haben würde.
Das Resultat war ein gottesläster
licher Fluch, der zwischen den schmalen
Lippen hervorbrach.
»Das bött’ ich mir ja denken tön
nen!« knirschte Colette, indem sie ihre
Apparate wieder sortpackte. »Aber
warte, II Ratten Du sollst mir nicht
entgehe-P -—-· —
AnWeren Abend flutbete blen
dender-« Lichtglanz über die elegante
Wir-g herab, welche die Räu
me--: » — Milanischen Botschaft er
«· Z
, « net-Mich war anstrei
Xtiz · je aller anwesenden
Mk Mxxtn jungen Mädchen
Z
aber war man sich ecn1g, das Maud
Garrister noch viel schöner fei; man
ging Weiten darüber ein, wer von die
sen beiden in dem Kampf Siegerin
bleiben würde, diesem für andere so
amüsanten Kampf, der nun schon seit
Wochen hin- und herwog te.
Es handelte sich um Colonel Mol
ton, den gefeierten, schönen Helden aus
dern letzten Kriseg, der nebenbei auch
noch einer der reichsten Vergl-verthe
sihee des Nordens war.
Man wußte nicht, ob er sich mehr
der beiführerif n Wittwe oder der
lieb-reisenden and zuneigtr. Daß
diese aber beide für den Colonel
bmmäen,"das konnte schon ein Blin
st heu
Roger Molton stand mitten im
See-l unter dem größten Kronleuchter
txan ließ seine Blicke mit Siegerrniene
Eber das heutie Schlachtfeldæ leiten
Getaldine ja aus wie eines önigin
in ihrem schweren, schleppenden Atlas
gewnnde mit dein leuchtenden Sma
siber der weis-en Stirn.
aber fa aus wie ein Lenz
tskdskth ’
III trug ein blaßblaue5,s weiches
Its-Mitleid über diesem Wogen von
We » Zweite-idem Exepe nnd
el m Mast-lu
WWT Fkkczaaz
indem bethenSaa
----- -i
auf ihre pas-Mr Wlin wsnrf Es
lag darin Spät Verständnan ja
ein wenig Lerachtung
Das reiz te ihn. Man-d- enz iickrns
des Kindergesicht sab viel belebter als
gewöhnlich ani; und da in demselben
Augenblick einige glänzende Ossiziere
sich der schönen Erbin näherten, dachte
der Colonel, es sei Zeit, seine Ueber
legenbeit zu zeigen.
Mit seinen langen Schritten ging
er aus Maud zu unsd lächelte sie an:
»Dies ist mein Walzer, nicht wahr,
Miß Mand?«
»Ich glaube nicht! Gras Zweisiedel
habe ich ihn zugesagt!«
Und dort schwebte sie in einem
wundervollen, gehobenen Rhytrnus.
Das war Molion denn doch zu
bunt! Flugs wandte er sich zu Gerals
dine, die ibn huldvoller empfing und
sast ebenso schön tanzte wie jene. Und
man konnte ihr den hos machen!
Ader der Aerger ließ Roger noch nicht
los, und wie gewöhnli ch peitschte die
Eifersucht seine gelassenen Empfin
dungen zu größerer Glutb auf — er
liebte jetzt Mand. Als er sich nach be
endetern Tanz dieser wieder näherte,
lodertens seine Augen sie zärtlich an
wie noch nie;
»Sie find grausam zu mir gewesen,
Mand! Wollen Sie wirklich wie alle
Ihre Landsmanninnen fiir diese blan
ken, preußischen Leutnantz zu seh-wär
men anfangen Z«
»Sie sind doch sehr nett, diese Leut,
nanisc So ritterlich! Und dann
glaubt man’S, wenn sie eine-n von
Liebe reden. «
»So! Und mir n- cht?«
»Haben Sie mir schon jemals von
Liebe geredet-» tDies mit erstaun
ten, unschuldigen Auges-U »Ich glau
be, Sie irren sich-Sie lieben ja Frau
CurrersWenstein."
»"Wissen Sie das so genau?«
»Es macht den Eindruck! —- Uebri
gens wissen Sie —- falsche Edelsteine
j brauchte die Dame doch eigentlich nicht
zu tragen.«
»Falsche Edelsteine? Bab! Die ist
doch reich!'
»Der Smaragd auf ibrer Stirn ist
Z-fk-I- -,--.? RE---O EI. —«c. --
IUbsq, III III UIFIOLILO oq IIDID Is
doch wissen, da Pa Juwelier war, be
vor er Minen hatte. Jch war sein
Lehrling damals und verstebe ern-as
davon. —- Natiirlich —- Mrs. Euer-r
war’5 ja wohl vor-. de: Bühne her ge
wohnt, Glassteine zu tragen«
»Was aeben uns aber schließlich
Frau Eurrers cdelfteine an! Lassen
mir sie doch.«
»Ob« Colonel Molton, Sie nehmen
ihre Partei! Nun luck zu, sie wird
also wohl Rech: baden mit ihrer An
kündigung, daß sie sich demnächst wie
der verheirathen wird.«
’ »hat sie das gesagt?«
; »Ja. vorhin! Und zu mir! Und
ich habe ihr darauf geantwortet, daß
Tfte sich dann zur Hochzeit einen neuen
» Smaragd schenken lassen sall.«
Zhahix und was hat sie geantwor
tet «
»Nichts natürlich Sie sah knich un
glaublich dumm an! Ich gratulire
Ihnen zu dieser tünstigen Gemahlin,
lieber Colonel!«
So lustig lachten die Perlenzäbne
und so nichtsnuyig zwinberten die
braunen Augen dazu, daß Roger
Molton entschlossen den runden,
schlanken Arm durch den seinen zog
und Maud mit sich nach eine-n entle
genen Zimmer führte:
»Ich habe Ihnen etwas zu sagen,«
sprach er nett leiser aber energischer
Stimme.
Was der Mund Ou sagen hatte, er
fuhr die Bang-naschen eine Stund
spiiter, als das neue Brautpaar Arm
in Arm im Saale erschien
Geraldine war einer Ohnmacht
nahe, aber sie ließ sich nichts werten.
Es gab ja noch andere hell-en alt
«diesen Molton«. Viel aufgeregter
wurde sie ,als das Gerücht die Säle
durchsehen-irrte und endlich durch
freundliche Vermittelung einer Ri
valin auch sie erreichte, daß ihr be
rühmter Smaragd als elende las
imitation ert nn: fei.
Wirklich iab man nämlich zwei
große Flecken in dem birnenförmigen
Riesensteini
Geraloine Inchelte einigen oer vor
nehmsten Damen znz
»Nun ich weiß ji« wem ich diese
albene Nacht-ehe zu verdanken habe
Nur per biasse Neid hat sie pitiiriL
Ich leugne garnicht poß ich außer
meinem kostbaren echten auch eine
Jmiiaiion besche oie ich auf öffentli
chen Bitten uno derlei gefährlichen
enheiten zu tragen pflege. Solche
Be cht gebrauchen ja die meisten Da
men. heut aber sollte natürlich per
echte M genommen werden, meine
Zustng bat das Versehen gemacht.
iipe erfreuen Sie mich poch morgen
zum Lunch mit Ihrem Be ach, meine
llepw Freundinnen, ja? onn zeige
ich nen p»en berühmten Sinnenng
We bei Fest sieEnpeM ging,
Mk es. Turm- n siem
Sie beste voe Wücher QQ
Tote-it- ivar nicht zu Hause —- na
Eskich — sie ging ja immer ans, toens
ihre herein fort war. «
Von ihrem Streibtische schraubie pie
ergriinmte Dame hieraus pie ette
Apis scheinbar nur ein Bücher«
per, in Wirklichcit aber ein Schwes
lästchenwa
Sie trug sie in ihr Schlosse-einen
Mspieshiisrab usppMntii
eiseis Wwfchtiissel pas tnnstreiche
. in dein sich ein-H und M
Her maran seien-p, wähnend sie
Wien nsp erlen in einem
v- Ovid-M p
i
I
lz
·- c« Hixi MI
Ein Schrei erstickt then Lippen —
dai Kästchen war leer.
Auf dein Grunde desselben lag ein
Zettel:
»Snchen Sie mich nicht, Madame,
denn Sie finden mich nicht. Jch bin
lein Neuling im Juwelenfach, nnd da
ich heute entdeckte, baß Jhr Smaragd
falsch war, strachte ich mir, der echte
werde schon irgendwo stecken. — Ich
habe ihn gefunden, wie Sie sehen
und er soll mein Glück machen
Den Colonel Molton lassen Sie
übrigens nur schießen; für den md
Sie zu alt! Er liebt die jungen .
men, hat er mir neuliMsagt.-Mit
besten Grüßen bin ich e treue Co
lette.«
Arn nächsten Morgen in aller Frühe
reiste Geralbine nach Paris ab. Sie
wußte ia doch, daß man ihr nie und
nimmermehr Diese wahrhaftige Ge
schichte glauben würde. . ..
——-·
Discours feel-see Eins-eh
Während des Bürgertrieges suchte
Richter Balken-in von California den
General Hallen auf und erbat sich von
ihm für sich und feinen Bruder-, die
beide als ehrliche Anhänger der Union
bekannt waren. Passe durch die Vor
postenletten; da mit diesen Pässen zu
viel Unfug getrieben war, verweigerte
Halleck die Passe und der Richter ging
zu Kriegsminister Stanton, der Hal-j
- leck; Weigeruna deitäiigte. Jn seinem 1
; Ange: suchte Balowin dann den Prä- (
kadnten Lincoln auf nnd bat ihn umi
T vie Päife »Ja, da mird sich nichts
’ machen lassen! Geben Sie doch zu Hal
!eck!« — »Der bat mich schon abgewie
sen!« —- ,.Dann gehen Sie doch zu
Stanton!«· —- ,.Auch der bar mich absl
schlägig beschieden!" — ,,Hm!« meinte
»Abe« lächelnd, »dann weiß ich nicht,
was Sie thun sollen. Jcki lann anen
nicht helfen, weil ich bej der augenblick
lichen Bundesregierung nicht sehr viel
Einfluß babe.«
----- I-- Il- ---'-—L'C-- Uns-C
aIIIII sIIIf Is. IOIIIIIIOIII IIIOIO I
dem Jeden-ein set Feste-ein l
Nicht Alles eignet sich für unser
Klima und unsere Wohnungsoerhiilt
nisse, wag wir drüben als nützlich und ,
gesund errichteten so auch die guten,i
molliien Federdette::, die besonders in k
kalten Landbäufern. zu hoben Bergen ;
ausgebauscht, die rniiDen Glieder zu
behagliche: Ruhe eånäaden und Ia auch .
im Winter recht angebracht sind. Derl
Wind dringt durch die klavorigen Fen
ster und schlecht schließenden Thüren-»
und der Athen: friert aus der Bettdectx l
Da schlüpft es sich ganz gut unter und I
man zieht bedagli ch da- Deckbett über I
Jdie Ohren! Ader hier in unseren ge
« heizt en Hausern sind Federbetten direkt
’zu vermeiden tnan wurde nur unsl
ruhig schlafen, in Schweiß gerathen;
und dann das schwere Federbett weg-;
stoßen, unt sich alsdann gründlich zu
ertälten. Hier in unserem Lande, wo z
die Wohnungsoerhältnisse deschränktk
sind, ist nur die weiße, wollene Decke;
zu empfehlen, die mindestens 3 bis-L
mal im Jahre gewaschen werden muß i
und wöchentlich einma: ir. die Sonnei
. gehängt werden sollte. Zum Sonnen z
der Federbetten haben wir Stiidteri
keinen Plan und ohne reqelniäßiges
Sonnen, Lüsten und Klopfen sind die;
Federdetten Kraniheitserzeuger und .
Staubbewahrer und tönnen wirtlich1
schädlich werden. Aber auch die rein- j
lichsten Betten enthalten Staub, sobald «
man sie s iittelt, denn derselbe entsteht -
aus den leinen getrockneten Fleisch-»
theilen der Enten und Gänse, die sich »
an den Federn ansetzen und auch durch ;
Dampseeinigung niemals ganz ver-;
nichtet werden.
Der sen-pas emd dte Stadt Ist-ts. 1
Schon tin Laufe des vorigen Jahres
bat die Stadt Arnalsi ikn Reapolttanis
schen fiir 1902 eine Centennarseier zu
Ehren des iin Jahre 1302 dort gebo
tenert Flavia wima angekundiat. Den
Amalfitanern gilt nämli ckJ Der Ge
nannte noch Unme: fur den Erfinde:
des Kompasses obwohl höchsten- da
von die Rede fe-. n kann daß e: an
diesem für die Zchififjhri so nützl: chen
Jns enie einige Verbesserungen an
gebra that. Denn schon :::·. 13 Jahr
hundert bediente man sich in: Mittel
"länoischen Mem der Der-. Norwegern
längst bekannten Magnetnadel, welche
die Italiener, ein halländisches Wdri
entlehnend, «Bussola« nannten. Jhee
Verwendung als Kompaß fand da
mals in sehr primitioer Weise statt:
man brachte die Naoel in einen Strah
halm, den man in einem Wasserbehiil
tet schwimmen ließ. Jn solcher Ge
stalt sah den Kompaß Brunetto La
tini, der Lehrer Dante's, im Jahre
1258 bei dein berühmten, als Zauber
känstler verschrieenen Roger Baron.
Während des ersten Viertels des 14.
Jahrhunderts hat der venezianische
Chronist Marino Samiio der Aeliere
eine· Beschreibung der Küstenumtisse
des Mittel-neues gegeben, der zu ent
nehmen ist, daß die Bussola in Ge
brauch genesen sein muß. Andere
Spuren uten darauf hin, daß man
sie spätestens IM, also vor Flavip
Sie-MS Geburt, kannte und bei der
Schisifahtt verwendet hat« Die Stadt
Malsi könnte sich demnach bischtivem
ihren Miit-ärger nicht als Erfinder,
aber vielleicht als Vetbessetee des
Kein-passe- zu feiern
WH
Om- seht-M
Chef: LWUJhnen Manni, isi mein
Zuchdalter plöilich gest-them wenn
Sie dasselbe zu leisten vermissen le
können Sie die Stelle haben. « -
.Wj - - 4 Mg , ,- —
Vie Ehetcheuen
Rohellette von Leo Verthold
Es hatte in asen Joacnalen gestan
den, namenttich in den Fachblöttern,
daß das »Nein Blatt« einen neuen Re
dakteur suche.
Natürlich einen zweiten, denn die
Stelle des Chefredacteurs war längst
glänzend befe i, unkündbar, war er
doch zugleich esiser der fehr profan-i
renden Zeitung.
Das wußte man in den betreffenden
Kreifem auch daß DoctorFranz Eier-ft
meier ein sehr felbstbewußter, energifch
auzetretender here war, der Niemand
ne n sich duldete, nur unter sich, es
lag in feiner Natur, und es war noch
fnie die rechte Gelegenheit gekommen,
in diefer Beziehung an sich zu arbei
en.
» Es liefen nur wenig Angebote ein,
die meisten von auswärtö, wo man
noch ahnungslos war· welch’ ftrenge
Ansichten der here Chefredacteur hat
te. «Ein mit männlich fefter Hand-»
fchrift sehr correct geschriebener Be-»
werbungsbrief war aus Hamburg ge
kommen. Er war Dr. Gerftmeier
vortheilhaft aufgefallen; beim LefenI
zupfte er, wie es seine Gewohnheit
war, an dem blonden Kinnbart, spitzte
die Lippen, was er stets that, wenns
ihm etwas befonders gut gefiel, dannj
legte er den Brief bei Seite, um ihn«
gleich ldarauf noch einmal vorzuneh
men und zu durchfliegen
»Bewerbe mich um den zweiten Re
dacteur - Posten. fühle mich den An
forderungen gewachsen und würde
mich gern persönlich vorstellen.
Ergebener
Hans Anthonn."
,.So lieb ich’s,« murmelte Gast
meier, Jurz und treffend, das ift mein
Mann, lassen wir ihn tommen."
Zum nächften Sonntag 9 Uhr früh
wurde Hans Anthonn bestellt. —
Der Chefredacteur saß an dem Tage
schon von 8 Uhr an in feinem Bureau.
Es hatte sich enorm viel angesammelt,
was der Erledigung harrte.
Punkt 9 Uhr brachte ihm der Diener
eine Karte: Hans Anthony.
»Sieh da, wie pünktlich!« freute sich
Gerstmeier. »das iit mein Mann,"
und wieder spitzte er die Lippen.
»Ich lasse bitten.'·
Kein kräftiger Männertriit war
hörbar, nur Leise-J Rauschen eines
Frauentleides.
Eritaut blickte der Doctor auf.
Eine Dame stand vor ihm; jung,
schlank, wunderhiibich, in Trauer
Mit-ung
Sie verneigte sich wie jemand aus
der feinen Welt, und schien durchaus
nicht verlegen.
Gerstmeier war's delta wehr.
»Sie sind ..... Hans Anthony",
begann er, fast stotternd.
»Es iit mein Pseudonym herr
Doktor, ich beschäftige mich schon seit
einiger Zeit literarisch. . ..«
Die grauen Augen guckten ihn ru
hig durch den ilaren Schleier an» . .,
sicher, aber nicht unbescheiden
»Sie sehen mich überrascht, mein
Fräulein, mir ist dieser Gedanke gar
nicht getamnien,-ich bedaure, Sie be
niiiliit zu haben, es handelt sich hier
natürlich unt einen Redacteur, und
nicht urn eine Redactriee....« «
Er war eigentlich ärgerlich, ent
tiiuscht, fast unhöflich, denn er bot der
Bewerberin noch nicht einmal einen
Stuhl an.... plötzlich aber stand er
und sein Bedauern zu wiederholen
.Jch fürchtete es, Herr Doctor«,
sagte das Mädchen ernst, »denn-ich
wollte ich nichts unversucht lassen, niir
eine sefte Position zu errin n, ein
Fundament siir mein Schaffen .....
vielleicht könnten Sie Ihr Vorurtheil
überwinden.«. sobald ich den Uni
sang der Pflichten kenne, würde ich sie
gewisse-zu erfüllen suchen. ..«
. in Fräulein. ich habe nicht irn
Entfernteste-i an diese Eventualität ge- i
dacht, ich glaube taum. daß eine vorn?
schwachen Geschlecht, selbst beim bestens
Willen, solchen Posten gut ausfüllenj
kann. Es lieat zwar in der Natur deri
Sache, daß ich oie suoerioren Arbeiten
ausführe, mein Gebülfe die inferioren,
ich die Poiine vie Leimkkieci pag!
große Feuilletom oEe Kritik-in s. to.,;
mein zweiter Redakteur das Lolale,
das haiiecvirthschaftliche Unterhal«
tende. . . J
»Also echte Frauenarbeit, herr!
Doktor!« — wars Fräulein Hans;
Anthonn ein —- ..rneine Ansprüches
wisrden ja auch nicht groß sein.« !
Ei regte sich etwas vom lsavallier in l
ihm, auch etwas vorn Kaufmann, das!
Originelle übte wohl auch seinen Reiz «
auc, -·-—- unwilltiirlich machte er ein-i
ladende handbewegung, indem er ei
nen Sessel betbeizoa « I
»Sie heißen eigentlich?:
«hanna Antonsen, ich komme aus
Hambiirg, tun-ich bis seht gelebt. Ich
bin Waise, war vie Braut eines Offi
ziers, dersich zurück-ing, als nach des
armen Vaters Tode vie Verhältnisse
nicht so lagen-, als man vermuthete. .«
» »Sie werden ihn später doch noch
»heirathen?« "
,.Nein, das werde ich nicht thun,
herr- Dottor, ich werde gar nicht hei
Irathen, ich habe jekt eine Scheu vor
Liset Ebe, —- um so mein möcht-e ich aus
Ase-en Füssen stehen.m Wenn Sie
isich ertuvvigen wollen.... Sen-tot
skurzmann in Gamburg war-mein
Mk, Intt seiner Bewilligung bin
r gegangen.«
Doktor Franz Gerstineier war
letchtsinnia Er erkundigte sich nicht,
er engagirte sie gleich.
Den Namen hon- Anthonv sollte
IW s- «
—
sie weiter ftibeern . . . Iriiuieinz viel
leicht auch später Fräulein Vani.
Ein Schreibtiich wurde iiir sie zu
reche stellt. Arbeit fand sich in Hülle
und kitlle, zaghaft fing sie an, aber
sie war aufmerksam, pflichttreu und
Elle-eifrig und sprach kein überflüssiges
ort
»Das isi mein Mann,« sagte Gust
meier abermals zu sich selbst und fpitzte
den Mund.
Snperior und inferior, so war das
Verhältnis von Anfang an gewesen,
aber allmählich gewann Fräulein
Hans doch mehr Terrain, Bücher-be
sprechungen, verantwortliche Lettiire,
Kritilen aller Art.... gingen auch
vom Schreitisch des zweiten Redak
teurs in die Druckeret, und immer
Jmehr hatte sie sich zu einem tüchtigen
sGehiilfen emporgearbeitet. Sie kannte
"aber auch weiter nichts als ihren Be
ruf und was mit ihm zufammenhing
Gesellschaftiich lebte sie völlig su
riiclgezogen, suchte keinen Bettehr. Jn
ihren Freisiunden arbeitete sie daheim -
in dein bescheidenen Zimmer, das sie
sich gemiethet, und manche hübsche No
vellette ging unter dein Zeichen »Ganz
Anthonn,, in die Welt hinaus-. . » «
Als sie eines Tages wieder emsig bei
ihrer Thätigleit faß, reichte ihr Dr.
Gersimeicr ein blau angestrichenesi
Zeitunggblatt hinüber !
»Prei-Jausfchreiben,« lag fre. Das-«
Thema war-eine Nobeler aus dem
gesellschaftlichen Leben, die Ehe des-»
treffend.
»Das wäre doch etwa-; fiik Sie»
Fräulein Hans, bei Ihrer ausgesprosl
chenen Abneigung ich tönnte Jhs
nen sogar einen hübschen Titel em
pfehlen: »Die Ehefcheuen« sp-— wagt
meinen Sie dazu? Wollen wir beide
den mal bearbeiteni Ja Z«
»Wir beide. Herr Doktor, die Ebe- l
scheuen, das wäre wohl fonoerbar.«'
»Warum sonderbar, FräuleinHanTi
mir würde es recht aus oecn Her
zen tominen."
Sie schwieg still. Daß er das sagen
konnte, war doch eigenthiimlich .. da- ·
bei drehte er not sen goldenen Trau- l
ring hin und her. . .. «
- U-- k-1. --—s.-:—-ek«« « sp-. .,-. -
cps IUUI VII-, »Ist-Tuscisch lquiUcllc
sie sich im Stillen, »und anscheinend
qliicklich.... wie pünktlich verließ er
in der Mittagsstunde das Bureau, um
nach Haus zn gehen, wie behaglich war
sein Aussehen, wenn er, wahrscheinlich
nach gutem Mittagessen nnd zärtlichem
Geplauder mit der jungen Frau, wie
der in die Reduktion tarn.«
Sie haiie die Dame nie gesehen-, nur
hin und wieder kamen Meldungen von
der Frau Doktor, mal am Telephon
oder ein Briefchen» es schien alles
so geordnet, fo aut· und nun diese Be
merkung von ihn:... sie that mir or
dentlich weh. «
Ja, wenn sie aus ihrem Herzen her
aus über dies Thema schreiben sollte,
sie, die nur einen schauen Blick in eine
selige Gemeinschaft thun durfte, deren
arme Seele wohl weniq Hunger nach
Liebe empfinden würde, sie könnte
Worte und Töne dasiir finden, aber er
—- welche Sünde, esz nur zu denken!
Und so schrieb sie die Novelle:
»Die Ehescheuen" und sandte sie
zur Zeit fort. ..
Aebr sonderbar, die Empfindungen
von Kummer und Sorge, die Verbil
ierung, das schmerzliche Gefühl, Von
einem Manne, der sie anscheinend ge
liebt halte, verlassen zu sein sie
halte sich alles das von der Seele ge
schrieben, es wurde ihr srei und leicht
new herz, manchmal war es ihr, als
ob neues Glück einziehen könnte, dann
aber wieder, als ob eine surchtdare
Scheidewand sich austhürme und sie
»der neu erhossten Freude wieder ent
zog.
So vergingen weitere Wochen, sie
dachte gar nicht an den Termin der
Preisconcurrerq - Erledigung, als ei
lst-Wesens die M M gleich gis
sc Oklcfc IkllMlc, Vckl cchcll CI Dcll
Chefredaiteue Franz Gerfimrier, den
ten an den Redakteur Deren Hang
An ny, auch der Inhalt war der
gleiche: Die Jury oeg Preisausfchrei
bens hatte die beiden Arbeiten, die
sonderbarer Weise dasselbe Thema be
handeltem »Die Greift-even« als beste
anerlanrii und Den e: fim Preis unters
beide getheilt.
Gerftnxeier’5 Moito mir »Gut-e
rior" gewesen, Hanna hatte sich »Ju
fekior« gewählt Sie konnte sich gar
nicht beruhigen, fo erstaunt und er
freut war sie. . .. irnser wieder nahm «
sie »den Brief zur Hand, endlich er
laubte sie sich aber doch die Frage an
ibren Chef zu richten, wie er denn eno- »
lich sein Thema beabnbeli habe. «
Ein freudiger Schimmer belebte die »
Züge des Mannes, der nur auf eine
kleine freundliche Anregung zu warten
schien.
Er fehte sich in Positur.
»Natürlich so,« erklärte er, »daß
ein furchtbar ebefcheuer, gänzlich ver
naqelter Mann sich völlig überruinpeln
iäßi und sich Hals über- zeapf in die
Ehe stürzt« . und Sie Fräulein
.Ha"ns, was haben vie geschrieben?«
WJch Herr Doktor« sie ward
«qliibend roth, »ich möchte es lieber nicht
faseri. . . .
»Aber Fräulein Duns, warum denn
nicht? Jch lefe ei in doch nachher-, alfo
bitte was war M »
»Ich erzählte von einer Ehefcheuen,
Deren Herz anfang s verbitteri war,
die aber endlich mit Gewalt es bei ei
ner neuen Liebe zmn Schweigen brin
gen mußte. . »
»Warum mußte .. die Wahrheit;
ni, Sie niiiffen es mir fagen...
anna, dte Was-heit»
WHH « f ,
Er hatte ihre Hand ergriffen und
sah ihr fest in die Augen. -
»Weil er ihr unerreichbar, weil er
verheirathet war!«
Ein Triumph-ruf entfuhr thin, selt
sam arbeitete es in seinen Zügen.
Da wurde sie unterbrochen, der
geldbrieftriiger tam und brach-te den
reis.
Zvei Gelt-kniest
iir herrn Dr. Gersimeier.
Für herrn hans Anlhontn .
Sie auittirten, entnahm-en die
lScheine den Couverts und legten sie
tan den Tisch.
I »Wissen Sie. Hanna,« sagte da der
tDoitor mit einem Male, »was wir
Imit dem Gelde da machen wollen« —
denken Sie mal iiber meinen Vor
schlag nach. .. eine Hochzeitsreise wol
len wir machen. . .«
Sie wich erschreckt zurück.
Wie er nur so häßlich schet n
»lon·nte! Es that ihr weh, sie fühlte Ich
beleidigt, gedemiithigt Thtiinen ran
nen die Wangen herab» .
»Thriinen, Hanna, Kindl«
»Wenn das Ihre Gemahlin gehört
hätte!«
Nun lachte er laut
»Meine Gemahlin-E Aber, Mädel,
das giebts ja gar nicht. . .'«
»Die Frau Doktor. . flatterte sie.
»Ist ja meine Mutter, mein altes,
gutes Mütterchen..» Also darum
dies Zagen und Zurückweichen .. nun
ist mir alles llar. .
»Und der Ring dort. . .«
»Aber Hanna, das isi ja der Ring
des Vaters. den trage ich zum Anden
ken: bist Du nun die Skrupel los, und
willst Du nun endlich avanciren und
Frau Chef-Redakteur werdens«
Und nun spitzte er wieder den
Mund. aber doch zu ganz anderem
Zwecke als sonst... und lange, la
ließ er seinen ehescheuen Schatz ni
mehr los. —
Nun sa· te er auch nicht mehr: »Das
ist mein n,« fondern jedem, der
es hören wikz erzählt er freudesiralp
tend: »Das wird meine Frau!«
Erste Frage.
»Heute habe ich von Ihrer Jener
Martia geträumt.« —- «Uno haben Si
rnit ihr gesprochen?«
Unterschied
Gatte: »Alles, was Du mir sagst,
will ich hinunterwiirgen, aber nicht al
les, was Du mir tochft.«
Selbsteinfchätmng.
»So, Sie haben sich in den Alpe
angetauft?« — Baronint »Ja, es geht
nichts über einen eigenen Sonnenun
tergang.«
Bettes-net.
Sohn: »Ich habe fünfzigtausend
Mart Schulden-" —- Bater: .,Jnfatnet
Lümmel, da könntest Du ja von den
Zinsen leben."
Nache.
Dichter Der zu einer Tafel geladen
ift): »So ein elendes Essen; aber ni t
eine geistreiche Bemerkung sollt J r
von mir hören!«
Mißverständnis-.
Maine-: »Karlchen. wo ist die Sol
datenfchachtel?« —- Karlchenx «Ma1na,
meinst Du unsere Köchin2«
Unter Dienstboten.
»So. Du hättest rechte Kämpfe mit
Deiner herrschaft?« —- Dienstmäd
chen: »Ja, die war ein halbes Jahr auf
Reisen uno da ist sie ganz verwildert!«
Unten-.
Junger Arzt: »Ich bebandeie Fräu
lein Meter wegen ihrer Fettfucht, doch
sie wird nicht magerer.« — Fräulein:
»Den Dotier, verloben Sie sich rnit
mir, ba vergeht sie vor Neibt«
Der gerne-re.
Freundin: »in der junge Arzt, den
Du wegen Deiner Augen confultirst,
noch immer so verliebi?« —- «Na, ich
sage Dir, knieend hat er mir heute
die Rechnung überreichi!«
Mitarbeit.
A.: »Ich hörte, Deine Frau wäre
iheaiermiide?" —- B. (knii einerSchaus
spiekeein vermählt): »Nein, fee hat mir
erst gestern wieder eine Seene ge
macht!«
Schnelle Genesung.
Landarzh »Nun, wie geht es Ih
rem Sohne,« hütet er auch immer noch
das Betst-« —- Bauer: »Nee, here Doc
tor, seit gestern die Schafe.«
Mit Musik.
Häuschen fausZs hast« e iommend):
»Mama, vie Marie läß Dir sagen, Du
möchtest doch zum Guiaich, das sie eben
bereitet, einen ··nngariichen Tanz auf-»
spielen!« ""· « " «
---.-.
Poesie sind Prass
«. Sass lieber August, denkst Du
auch noch manchmal an dassFestessem
bei dein wir uns kennen ierntenLM —
,,Ob ich noch daran denke!... Das
ganze Menii könnr’ ich Dir heriageka'«
Immer Guid-samt
Mit-ster: »Ja der-. «Freifchiiy geh’
ich nimmer! . . . Der niiisz eigentlich:
-,,Der Sonntagsjäger« heißen! In der
"Waifiichkucht läßt der ..Mc.x« vie
«fchiinft’ Will-san icuf’2: und ien Z. Aet.
Mießi et auf a« Bub'-: unk- triffi ’:i
Its-speci«