Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 07, 1902, Sonntags-Blatt., Image 14

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    NrHHW M
Der Gerichtsthurm
Ninus-Erzählung von ;L Heide.
(Fortfetzung.)
Die Tage vergingen und der positive’
set-cis wollte sich nicht finden lassenJ
Ha geschah ek- eines Morgens, als
I mich eben vom Frühstück erhoben
irr-b im Begriff war, mich in mein Pri
Ictssrbeitggirnrner zu begeben. daß der -
alte Melzer —- mein treuer Burgwart« ;
sie ich den ehrlichen, ehemaligen Krie- ’
get von 1818—1815 im scherz zu.
Wen pflegte —- in militäriicher Hal
tung eintrat, welches ein Zeichen war,
its er mir eine amtliche Meldung zu
stachen hatte. Er gab rnir denn auch
Folgendes tunb:
Ilö er am heutigen Morgen wie gr
Ishnlich bie besetzten Gefängnißzellen
restoirta entdeckte er in ver von Elifai
Itth Werner bewohnten eine ireiiich
asf den eeften Blick taum sichtbare
I e in der Fensterblendungx als er
’ jebodch näher untersuchte, fanb
er, baß eine Bohle, sichtbar mit An
wendung von Gewalt und eines geeig
neten Wertzeugeö, dermaßen aus ihrer
Befestigung gebracht worden, daß mit
leichter Mühe ein hanbbreiter, freier
Raum zwischen biefer Bolile und der
darüber befindlichen hergestellt werben
bunte.
Eine weitere Nachforschung in der
Zelle ergab, dafz auch Versuche, ob
wohl vergebliche, gemacht worden, den
Tisch, oen Eins-( und das eiserne Bett
ftell, welche Gegenstände theils im
Fischen theils in der Wand be
gt waren, von ihrem Platze zu
bringen, wahrscheinlich um mittelst
derselben zu dein oberen freien Theil»
des Fensters gelangen zu können. Ue
Dr dieses Vorkommnis befragt, Dei-: T
steigerte bie Arreftantin jede Aus-I
kunst. I
Die sofort von der mitanmefenden
Frau Melzer ;.-s.-.:nommene Bruchsa
chung der Zelle, resp. der Betten, Klei
der etc· nach dem gebrachten Wert
Ieuge war ersolglog.
Jch begab mich sogleich an Ort und
Stelle und fand die Angabe Melzer’å
bestätigt Elisabeth war noch bleicher
als sonst. Als ich sie examiniren woll
te, hat sie unter T«hrönen, Davon abzu
lassen, da sie die Wahrheit nicht sagen
könne« was darum auch immerhin mit
ist geschehe. Da meine Ermahnungen
erfolglos blieben. und ich reine äußer
lichen Zwangsmittel anwenden mochte,
glbegniigte ich mich für jetzt damit,
e sofortige Ueberfiedelung in eine
andere, auf der entgegengesetzten Seite
des Thurrnes belegene Zelle anzuord- »
nen, die abendliche Erleuchtung dersel- :
ben zu untersagen nnd ihr die ernste
strnnng zu ertheilen, daß sie irn
siederholungssalle die schörfstenMaß
regeln zu erwarten habe.
Eine abermalige, nach ihrer Entfer
nung angestellte Nachforschung in der
betreffenden Zelle. welche sich haupt
sächlich aus den gedielten Fußboten
richtete lieb ebenfalls erfolglos Es
war nicht nöthig, Mel-irr und dessen
rau zu erhöhter Wachsarnteit auszu
dern.
Der Gedanke an einen Fluchtversuch
seitens Clisabeth’k blieb mir fern: ich»
atgwöhnte nur eine Verbindung nach
sahen zum Zwecke derBeseiiigung noch
vorhandener Schuldheweise, und dach
te dabei mit tiefem Mißbehagen an
nnaå gestriges Benehmen. Ue-«
tigens sorgte ich dafür, daß dieser
Vorfall und Elisaheth’s Uebersiete
lang in eine andere Zelle nicht verlaut
bar wurden, wie ich selbst auch Nie-.
man davon sagte. «
Von diesem Tage an war es- mitl
L-— -f-----7-cecldu-0·n besc-Hsk.sv Wiss-?
-,—--»-.- . ..
hältnisse zwischen mir un: erannii
yet-bei «
Mein Arawckfn und Ehre Ghin-nd- ;
lichleit mochten zu gleichen Theilen sie
Schuld rcran tragen. Wir rentanetens
einander mit Kaleex und wenn .rx:r »
uns auch nicht a:.k;eniällin ntieden 5cs"
fuchten wir nrsch weniger einander cui :
Während der drei Monate meinte "
nunmehriaen Hiersein-Es war Zaun-. eins
Tag vergangen, an welchem sie mir
nicht irqend ein kleines Anlieaen ver
traut hätte, dessen Erfüllung mir eine
Feude gewesen: fvriad hatte sie tein
ort einer freundlichen Bieje mehr für
stich, und für die Aufmertsarnteiten,
sie ich ihr in gewohnte-r Weise erwies«
Und denen sie fich nicht entziehen sonn
te, erntete ich eher Spott als Dant.
Jrn Allgemeinen nahm fie die Hal
M wieder an, die mich vor sieben
Jahren so sehr verdrossen hatte, fo
:- ieh bald geneigt war. die vertheil
e Umwandlung ihres Wesens, die
sich nach meiner Wiederkunft fo fehr
IIWt, siir eine Täuschung zu halten.
Der Onkel und die Tante gewahrten
tiefe Wandern-sann Bedauern; aber
Its-heit, Jnhanna s Tdun und Lassen
die mindeste Einmischung ihr
anheimzuftellen, befragten sie
III-m die«Beranlaflun jener. Jch
Mk such mit den nltern zu
, ein Wort Aber die unertliirdm
U. Bannen junger Damen fallen zu
M und speiset-te nicht Meinung
II Inte» daß es Heile spie
MD W M ski
’ II
!.- - ’ it
banna’å don mir zurückgewiefenesVer
langen gewissenhaft beobachtete, ver
ftand sich von selbst.
Jemehr ich auch jetzt Johanncks
schönen Eigenschaften Gerechtigkeit
widerfahren lassen mußte, um so her
ber war mir das Gefühl der mir ge
wordenen Kränkung, welches ich unter
der Masle der Gleichgültigteit verbarg
und gelegentlich durch bittere Jronie zu
vergelten trachtete. Jch litt übrigens
mehr noch unter diesen Umständen, als
ich mir selbst damals llar bewußt wur
de, oder mir gestehen mochte.
Der Werner’sche Giftmord also, wie
oben bereits gesagt, war die Veranlas
sung, daß das süße Glück, welches ich
im traulichen Umgange mit der brä
oerlich geliebten Freundin ges-Inan,
ein so schneller- Ende sand.
Was nun die von mir geleitete Un
tersuchung gegen die des Gistmordes
an dem leiblichen Vater beschuldigten
Geschwister betrifft. so will ich den
Leser nicht ermüden mit der Aufzäh
lung der fast täglichen Verhöre den
vielen Nachforschungen und Grundi
gungen. die icb zum Theil selbst an den
betreffenden Orten anstellte und ent
halte mich auch aus derselben Rücksicht
der Erzählung don der mancherlei an
gewandten, erlaubten List behusk der
Entlockuna eines Geständnisses, wie
der Schilderung der Ueberredungs
tunst, welche ich zu diesem Zwecke auf
bot. Es genügt hier, zu sagen, daß
ich zur Stunde. wo ich die im Anfange
dieser Erzählung mitgetheilte Untern
dung mit meiner guten Tante hatte,
ich mit den beiden Geschwistern noch
ebenso weit dom Ziele entfernt war,
wie damals, als dieselben unter An
trage geiteut wurden, und day ich mich
bereits ernstlich mit der Frage beschäf
tigte, vb mir nicht die Pflicht im Dien
ste der Gerechtigteit gebiete, gegen die
nach meiner festen Ueberzeugung schul
digen und doeb bartniictig leugnenden
Angeklagten mit den schärfsten gesetz
lich zulässigen Mitteln vorzugehen —
Wir hatten in jenem Jahre einen
schönen Spätherbst gehabt; ein fast be
ständig tlarer Himmel und eine milde
Luft hatten die Reize, welche meine
Thurmwohnung für mich hatte. ier
der vorgefchrittenen Jahreszeit unver
tiimmert erhalten. An jenem Sonn
abend aber, mit dessen Abend diefe
Erzählung beginnt, gegen Ende des
Novembere, hatte sich das Wetter plötz
iich geändert « »
Wind und Regen, stoßweife der eine
fv heftig wie der andere, vertiinreten
ungeftiiin die Nähe dec- Decembers.
Jch brachte den Abend bei meinen
Verwandten zu. Nach dem Essen,
während die Frauen sich mit leichten
dandarbeiten beschäftigten und der
Ontel im bequemen Sorgenftuble feine
Pfeife tauchte, las ich vor, wie ich feit
dem Eintritte der langen Abende ftets
in diefem Hause zu tburi pflegte. Jch
hatte ein Buch gewählt welches ich in
der ein wenig bunt zusammengestellten
Sammlung des Ontetg vorgefunden
und das ich fiir einen solchen Abend
eigens aufaefvart hatte. Et- war ein
Schauer - Roman ich weiß nicht ab
vvn Cramer« Spieß oder Leibroet:
fein mir ebenfalls entfallener Ti
tel flößte schon Grausen ein, und
er handelte neben einer herzbre
chenden Liedesaefchichte faft nur von
MATRan und Geifterivut in both
verfallenen Nitterburgen und Klöstern
Aber seltsam: die Lettiire, welcke ich
mir zum Scherz vorgenommen, be
gann bald, mich zu interesiirenx es
wurde Alles in einer fv naiven Weise
erzählt, und die vorkommenden Schil
dofissnesn Ins-'- kq v«d.--ms;4«s- h
---u.«-,«u ask-« sur,
Ich iiber nie vollsten Unrnoqlickskeiten
hinweafab «nt der Entwickan in
Spannung winke-Auch der Lntei war
ganz Ohr; rsie Lunte theilte ihre Ani
merffninieii Fittichen die-r Seheinten
Beobachiunq ask-banne, L auf ineicke
wie ich gingt se rek. Geheirte Irteir EJI
bruck nmchkx cl: sich von ihrem gesun
den Verstanrsix erworien ließ.
Es wer bereits elf Uhr, als ich das
Buch zuschlug. —- Eben wieder pras
selte der Regen wie Trommelschlnn vtie
gen die geschlossenen Fensterladen, und
die Bäume km Garten ächzten laut un
ter der Gewcklt des sen-senden Windes.
»Du wirst diese Musik auf Deinem
Thurme noch besser zu hören bekom
men,'« saqie der Onkel. »Du wirst we
nig schlafen tönneri."
»Ich höre solche Musik gern, wenn
ich itn Trosenen und-Warmen sitze,« er
widerte ich. »Da bleibe ich noch gern
eine oder zwei Stunden wach; nachher
schläf« sich’s schon·«
»Ur-mer Gustav. der Weg bei solchem
Weiter!« seufzte die Tann
.M5Tantchen, ich bin in fünfzehn
Minuten im Trockenenf
»Sie sollten diese stürmifche Nacht
nicht in Jhrer einsamen Thierinon
nung zubriäemi. va«,«sin nahm Jo
hanna das
Es war das erste Mal während die
ses langen Abends, daß sie mich direct
use-ein « -
up»Unt- Immn nicht,Cpnsi-es« fresse
TLMW keinen Man-tei- sen-d
W I- inn sie-ne
Bliese. »Ich fürchte irgend ein Unglück
fiir Ste!a
»Ja. Gustav. ich schließe mtchHanm
chenå Bitte an,«' stel die Tante ein
»Meine verehrte Cousrne hat leine
Bitte ausgesprochen liebe Tante."
»Sie dürfen in meinen Worten eine
solche sehen. Cousin« sagte Johanna
leise, auf einen Moment den Blick zu
mir erhebend.
»Was habt ihr Frauenzimmer nur!«
. polterte der Onkel heraus. »Wir ho
ben solches Wetter noch öster zu erwar
ten. Glaubt Jhr, daß das Bischen
Wind den Thurm verwehen wird? Der
hat schon anderestiirme ausgebalten!«
»Das ist es auch nicht, Väterchen,«
sprach die Taute. »Mir ahnt ein Un
gliick —·'
Des Onlels Lachen unterbrach die
Gute. —- ,.Ahnungien!« spottete er·
.Soll sich der Junge etwa vor Gespen
stern fürchten, die Euch im Kopfe her
umsputen? Rede Du. Justitiar!"
Jch gewahrte wohl, daß Johanna’5
Blick bittend auf mich gerichtet war;
aber des Onkelo spöttiiche Miene bei
meinem augenblicklichen Zögern gab
den Ausschlag.
»Wie tönnerr Sie glauben, Ontel,
daß ich mich durch Phantasien bestim
men ließe, mich vor mir selbst lächerlich
zu machen. Die Damen meinen es
auch wohl nicht so ernstlich.«
F »Da hört Jh:«s.» Laßt ihn W gez
; hen: es ift heute spat genug geworden.
: Johanna erhob sich schnell, zündete
? ihr Licht an. liißte nach ihrer Gewohn
f Zeit rer Alten« Wangen, wünschte Bei
sden eine gute Nacht, machte mir eine
stumme turze Verbeugung und ent
schwand.
Auch wir Anderen erhoben uns. Der
Onkel erinnerte mich daran, daß mor
aen Sonntag sei und ich demnach zum
ittagessen erwartet werde. driiclte
mir dae Hand und solgte dem Beispiele
Johanna’5. Die Tante begleitete mich
mit der Lampe auf den Rottidor, wo
sie, wie bereits erzählt, noch einmal
den oergeblichen Versuch unternahm,
mich für dieseNacht von meinerThurm
wohnung fern zu halten.
Jch setze also von dieser Stelle auå
meine Erzählung fort.
Es war in der That ein boses Wet
ter. Der Wind fuhr mit solcher pet
tigteit die Strafe herab-, Daß ich taum
den Schirm auszuipannen vermochte;
. der Regen schlug mir eifig in’s Gesicht.
nnd hatte cui der Straße, deren spar
same Oellaternen bereite im Erlöschen
begriffen waren, große und iieie Pfü
tzen gebildet. Kein lebende-Z Wesen
ließ sich wahrnehmen in dieser stossw
steren Nacht.
Schon nach wenigen Schritten he
gann ich mein Widerstreben gegen die
Bitten der Tante zir bereuen —- nicht,
baß ihre schlimmen Ahnungen mich
beeinflußten, oder ich gar den turzen
, Gang im schlechten Wetter scheute;
» aber ich sagte mir, daß ich die gute, so
s sehr um mich besorgte Frau durch mei
sne Hartniickigteit um einen sicherlich
nicht gerinaen Theil ihrer Nachtruhe
I gebracht habe. Indes eine Umtehr
war sent nicht emhr !I"glich, ohne daß
ich diese durch die Hauealocke sowohl
dem Onkel wie Johanna oerrieth, nnd
das durfte nicht sein.
; So ichriii ich denn so schnell wie
’rnöglich siirbasi iint harte bald-, bis
aiif ein wenig Masse, völlig wohlbehal
ten oen Gerichtgthurm erreicht.
Kaum tnarrte meinSchlitssel in dem
Schlosse der schweren Ssorte, als auch
mein getreuer Burgwart, der nach sei
ner Gewohnheit trotz n. fväten Stun
de mein Nachhausetommen abgemattet
hatte, mit der hellleuchtenben Laterne
zur Stelle war und mich mit militii
rischem Gruße empfing.
»Guten Abend, lieber Mel-er! Esn
kösgs Wetter heute. Etwas vorgefu
en.'«
»Nichts, zu Befehl, Herr Justitiar.«
»Um so besier.«
»Haben der Herr Justiiiai noch Et
was zu beiehlen?"
»Nein, lieber Meliser. Gute Nachtt«
Jch nahm die Laterne und stieg die
um den engen« Hof sich windenden
s Oremtreppen ernan. un einem per
hier befindlichen tlemen Fenstern blieb
ab e nen Moment stehen nnd blickte
Hinab zu de: n Fenster Ier vrn Theodor
bewohnten m -ot!terram aeleaenen
I stelle Tiefe war finster Tie aber
Iden Arn mtslotalcn aelegeni Ctaae in
welcher sich die actt Dellen sur leichte«
Haft befanden die sogenannten ode
ren Zellen— waren nach oben und nach
; unten tnit eisernen Gitterthüren abae
l schlossen, zu denen ich den Schlusse-l vei
l mir führte.
Hier war Alles still. Noch eine
Treppe von etwa vierzig nsedriqen
, Stufen, und ich befand mich in meiner
hohen Wohnunep
i Der Onkel hatte wahr gesprochen;
feine ichauerliche Musik aus allen Ton
arten empfing mich hier oben. Das
Heulen des Windes ertdnte wie das
lvon tausend r hölle Verdammten;
l die schweren Hetteevorhänge außen In
den hohen Fenstern schlugen wie ge
wagtige lügel gegen die tlirrenden
Glaifchei n; die geroltetenBzIernen
l
l
I
l
v
s
Windfahnen auf pitzen
kreischten wievierhundert ene;
und der Regen tramrnelte auf die Zink
latten des Baches« als übten sich
Funfzig Tarnbaurs im Wirbel chlagen.
Ei war, als wenn das wilde er das
alte Gebäude urntodta
Das facht rnich indeß nicht an· Jch
fühlte mich nøelpza sYoach um an’s
Schlaer zu den aher vertausch
te ich meine nasse Kleidung mit der be
auernen streicht und begab mich in
immer-. hier tte die
mäue state Retter- meine emin
— —
f - .«»..H.,- M
beiten schon ienner . , aIes Nölbiae fur ;
ein Stündchen : baglichen Aufent-:
balig hergerichtet !
Im Karnin -— rcd baite solch-e ausz-I
fruberrr Zeit hier oiZn voraeiundent
Und sie ans Vorliebe Tür das Behaa- «
liche aelassen -—— laaen neben einem,
»für die ganze Nacht ausreichendenVor:
rathe, die ausgetraeineiic Holzfchrilc
Irenelrechi aufgefckichie, und jrb deil
ldurfle nur eines Kändbblzchen5, um«
Esie in stand zi. feiern
Ebenso geringe Mühe loftele mich
das Aniiinden der Lampe auf dem Ar
beitstifchr. Das-eben auf dem Tisch:
chen mit der Narmorplalte glänzte die
blanke Maschine zum Bei-eilen von
heiße-n Leser und die Ygredienziem
.um nach-Tselieben eine ag: Laffen
TTbee oder ein Glas Grvg auen u
können, nebst dem erforderlichen « fl
sauberen Geschirr, warteten meiner
Wahl. Ich entschied mich filr die les
tere Alternative, und bald gesellte sich
das angenehme Singen der Mafchrne
und das ebenfo angenehme Kniftern
des im Kantine brennenden Feuers zu
dem einförmigen Vendelfchlag der
Wandnht und zu dem ungefliim nächt
lichen Toben da draußen, während
das milde Licht der Lampe sich eben
nur iiber"den Arbeiisiifch verbrei
tete, die Flamme im Kamine aber in
fchneller Abwechslung ihre grellrn, be
weglichen Streiflickter über die einfach
aemuiterte Wandtaprie bis Lum wei
ßen. noch rnii rergoldeten Otickarbeii
len gezierten Plafond die Akten- und
Bücher - Nepossiorien, mit den auf
ihnen befindlichenansbiifien berühm
ter Juristen, rsie dunklen Fensterfchei
ben und den braunen. den ganzen
Fußboden bedeckenden Teppich warf.
Als der Gqu im Glase mit der lan
aen Pfeife um die Weile dampfle,
fühlte ich mich unaemein behaglich hier
im Warmen, Trockenen und Hellen,
gesichert acan alle Unholde der Erde.
durch die Höhe des Thurmes und durch
vierfache fiarle Thüren und Schlösser,
und belächelte die Beforgniß meiner
guten Tause· die nach meiner Ansicht
nur durch die Acafzerungen einer
weiblichen Laune der beute Abend net
bös aufgereaten Johanna hervorgeru
fen wurden.
Zum wirklichen Arbeiten oder Ein
diren fublie ich beim denn doch keine
sonderlickse Lust mehr. Um mich eben
,n.-- s-» heissesseiasn neean EÆ tin-U
,..... » -...,,-..· .--,... .-,
IBand des- nenen Pitaoal vor. Ein in
’temselden daraeitellter Kriminalfall
den ich zufällig aufgeschlagen nahm
indes- mein Interesse so sehr in An
spruch, daß ich iiber dem Lesen endlich
die Tabatsvieife, sowie das Kamins
teuer vergaß und auch nicht mehr aus
das Toben des Wetters hörte
Als ich zu Ende gele en, lehnte ich
mich in den Stahl zuriick und schloß
die Augen« Um iiber eini e besonders
merttoiirdige Vorlommni e in dem
betreffenden Kriininalvrozesse nachzu
denten. Ein leichtes Frösteln störte
mich jedoch bald anf. Jm Kamin
erlimmten nur noch einige Kohlen. Die
Wanduhr schlug eben Zwei.
; »Da ist es denn doch an der Zeit,
daß man sickx zur Ruhe begiebt," sagte
ich zu mir jekber und erhob mich.
Je t erst fiel mir auf. daß es drau
ßen ziemlich ftill war. DerRegen trorni
melte nicht mehr auf das Zinldach, der
Wind hatte sein Gsbeul und die Wet
terfahnen ihr Kreitchen eingestellt, nur
die leichten S läge der Vorhänge ge
gen die Fen ter ließen sich von
außen noch hören und dei der Be
weaung derselben fielen mehr oder
minder breite Streiilichter durch die
Glagicheiben iiber den dunklen Fuß
boden des Zimmer-.
Das Wetter hatte iich während mei
nes dreiftiindigen eifrrgen Lesens ge
.ändert.
Ohne gerade eine bestimmte Absicht
dabei zn haben, öffnete ich einen Zen
fterfliigel und zog den Vorhang ein
wenig in die Höhe. Die Ziemlich volle
Mondscheibe blickte mir seitwärts ins
Gesicht; to weit ich sehen konnte, wer
der Himmel völlig wollenfrei. Der
«Wind ging nur noch Seife.
Unwillliirlich ließ ich den Blick
siiber die erhellte ebene Lands-haft
schweifen, in deren Dintergrund die
Mauern des Schlosses am See scharf
laeqen den Leuen Diondlaeinhnmil
isich absetzte-n yodtzrend r-:e Wasserflöss
Tche wie ein Henker fllletalliximel klin
-me17e. Bis in weitere Entierc:u:c- bin
lwor aus der Flur jeder ernincrrnaßen
hervorragende- Gegenkland :e.1:lick, Ho
erkennen.
Fast unmixlelcer unter n:e.nc.sn
«Tllurrne, außerhalb des noch vorhan
jdenen alterthiiinjichen Seetljorgz de
s annen oic sogenannten Anlagen, mit
I- uschwert einnefaßle Spaziergänge,
jdie in ihrer Breite von extra dreihun
Idert Schritten diS « einem alten Be
aräbnißdlotze rs.chlen, oer ale solcher
schon lange Zeit nicht mehr benutzt
iwurde, aber in seinem früher-en Zu
stande erhalten zourde und ebenfalls
u Spoziergönqen diente. Jn der
« itte desselben erhob sich eine ehema
lige Kapelle. welche jetzt jedoch nur die
leeren Wände darbot, und ein dem Ge
richtsthurme zugelehtter Eingang da
her niemals verschlossen wurde, wie
auch der Begräbnißplatz selbst nur
durch einen niedrigen, mit mehreren
Durchgänqen versehenen Plantenzaun
einfefriedigl war. Zwischen der einen
Se te desselben und den vor dem See
thore hinter den Wohnhäulern belege
nen Gärten, zu denen auch der meiner
Verwandten gehörte,zog sich ein s ina
ker Fahrweg zu den offenen Fe dern
M«
Der nächtliche Anblick diäes alten
Friedhofes tnlt seinen eblifchen.
elnen ins-Wen Empfangen ver
witterten Meinen nnd seiner
rM Ist mir hinemest nen;
ich hatte ihn oon diesem Zimmer
aus schon öfters heim Mondenscheine
gehabt. Daher machte es auf rnich ,
sent feinen sonderlichen Eindruck:
und schon wollte ich mich vom Fenfter
abwenden, als ich eine Wahrnehmung
machte, die inein höchsteLBefremden er- !
regte. s
Jch sah nämlich deutlich, wie die.
Thur der Kapelle ausging und von in- l
nen ein menschlicher Kopf in der ent
standenen-Oeffnung sichtbar ward, der,
wie es mir schien, einige Setunden
lang zu inir herüber blickte, dann plötz- »
lich wieder nach innen verschwand, wo
rauf auch die Thüre wieder zuging.
»Wer nur in aller Welt hat zu die
ser Zeit dort zwischen den leeren Wän
den etwas zu suchen?« fragte ich mich
selbst. »Es schien ein Mann zu sein.
Sollte er in der Kapelle nöchtigeM
Aber warum öfnet er dann mitten in
der Nacht die Thür und sieht sich den
Thurm an? Wollte er nur nach dein
Wetter sehen? Das zeigen ihin die bei
den auf der anderen Seite befindlichen
Fensteröffnungen deutlich genug.
Wahrscheinlich wollte er Etwas be
giiinen, wovon ihn mein Anblick zu
rück hielt. Watte nur, Freund-; ich
werde Dich dennoch belauern.«
Ich ließ den Vorhang hernieder,
schloß geruäschvoll, so daß der Schall
bis zurKapelle dringen mußte,dasIen
ster, suchte mein gutesFernrohr, ver
löschte dieLampe,trat dann an das an
’dere Fenster. öffnete leise einen Flügel
desselben, zog aber den Vorhang nicht
empor, sondern hegniigte mich, das
Fernglas zwischen den letzteren und
die äußere Umsassung des Fensters zu
stecken, so daß es von da drüben nicht
bemerkt werden lonnte, ich aber Alles,
was dort etwa geschah, so deutlich se
Jhen mußte, als wäre ich an Lrt und
Stelle. ,
» Meine Erwartung wurde nicht ge
täuscht. Nach einigen Minuten ward
die Thitr der Capelle abermals, und
zwar sichtlich rnit Vorsicht geöffnet,
und auch der Kopf zeigte sich wieder.
Noch einige Secunden, und die voll
ständige Gestalt eines Mannes er
schien in der Oeffnung, das Gesicht
seitwärts, dein erwähnten Fahrwege
zugewandt Er blieb auf der oberen
der vor dein Eingange befindlichen bei
den Stufen stehen«
— »Selis-ain!:murmelte ich-. »Befände
Ilm DE! VIIIMUAMISICMMGIECcckcllll
Wernkr nicht unter sichereni Verschluß
in diesem Thurme, so könnte ich wet
ten. daß er es wäre!«
Der Mann trat alsdanld wieder in
das Duntel der Kapelle zurück, tieß
aber deren Thür hold offen.
Das Fernrohr nicht von dern Auge
lassend, harrte ich in erhöhter Span
nung der tdrnnienden Dinge.
Gortteyuna folgt. 5.)
W
Aver. des starr nicht seen sap.
Es ist eine wunderlich derlehrte
Welt, in der mir leben. anies Bil
lington der Henker von Ultengland,
stirbt an gehrochenem Herzen. Er war
in die fehnierzliche Lage getommem in
Manchester einen atten Freund mit
Strick und Knebel ins Jenseits beför
dern zu müssen, und hat dat- nicht ver
winden tönnen Und er hat in drei
zehn Jahre langer Amtsfiihruna Zeit
rienug und Gelegenheit in Fülle ge
habt, sich sentirnentale Regungen ab:
zugewöhnen.
Tier Ausdruck Amtsfiihruna ist nicht
ganz richtig, denn in diesem Lande der
Humanitöt und Cidilisation werden
zwar mehr Todekurtheile gesprochen
und dollstreckt als in irgend einein an
dern Culrurstaat, das Amt eines
Scharfrichters aber eristirt nicht mehr.
Nicht bloß wer Menschenblut verges
sen. sondern wer aus einem Wohn
haufe Gegenstände irn Werthe von 40
-Sck.illing, aus einein Laden Waaren
für 5 Schillinig entwendet, wer einen
ihn-. nicht gehörenden Baum gefällt
oder einen fremden Aaninchenbau de
ltohten hatte, lonnte noch vor 75
Jahren in England rnit dein Tode be
ltrast werden. Und noch heute verfällt
dort nicht allein der Mörder und der
Sack-verrathen auch der Brandftifter
in Staatgarsenolen und :Wersten, so
irie der Seeräuber von Rechtes wes-en
dcnt Strick dei«HenterE, und Das tri
»rtict,e Straireetst kennt die auf dern
Continent List-at snilDere Behandlnnq
der Kindesnidrticrinrien matt.
Tie Ernennung eines-.- Scharfrichtere
ron Amt-:- icegen bat man schon vor
längerer Zeit ausgegeben. Es soll der
äußersten Verrohung eines Einzelnen
nicht die cnitxiche Santtion ertheilt
werten Einst wurde der Henker visi
ziell ernann: und in der Weise in sein
Arnt eingeführt, daß er schwören muß
te, jenen Verurtheilten ohne Ansehen
der Perion. wäre es selbst sein eigener
Vater, ordnung-mäßig vomLeben zum
Tot-e zu bringen. Daraus entließ man
; ihn mit den einem Staatsbeamten ge
igenliher wenig ceremoniösen Worten:
»Fort rnit Dir-, Hallunte!'« an seine
grausige Arbeit. Calcrost wurde zwar
»1829 noch ernannt, aber schon nicht
s mehr in der alten Weise vereioigt. Ei
nen amtlichen Nachfolger hat er, als er
den Strick an den Nagel hängte, nicht
erhalten. Berantwortlich siir die ge
sehmäßige Vollstreckun der Todesurs
theile sind die Sheris s, vie obersten
Graf chaftsbeaintern Sie lsnnen mit
der intichtung betrauen, wen sie
wollen. Da dem seine staatsbürger
liche Verpflichtung zur Uebetnahme des
petnltchen Auftrages entspricht, so
kann sü- den Shetiss das unsre be
Dilemma entstehen, sich entweder tas
siilltseiu machet-« indem der Delin uent
am ben bleibt, oder ihn eigen ·nviq
unlink-Knien- »
Die menschliche Natur hat die Sitt
riffe nor dieser Alternative bisher noch
stets bewahrt. lim die Nachfolger
fchaft Calrrafts bewarben sich nicht
weniger als 847 Männer der allerver
schiedensten Berufe. lind da Uebung
auch im senken den Meister macht, la
wird die Scharfrichterarbeit auch ohne
gesegliche individuelle Beschräntung
zum thatsächlichen Monopol einzelner.
Im Gedächtniß der heutigen Genera
tion leben in England vor allen ande
ren drei Henkernament «
Calcraft, der im Jahre 1800 gebo
ren wurde. tarn in jungen Jahren und
auf ziemlich eigenartige Weile zu sei
nem Lebensberuf. Er ging eines Ta
ges in früher Morgenitunde überzins
burn Square, als er einen alternden
Mann ltöhnend an der Mauer lehnen
fand. Er nahm« sich seiner an, brachte
ihn in ein benachbarte-Es Haus und er
fuhr, daß er den Scharfrichter Foxen
vor sich hatte, der sich aus dern Wege
zu einer Hinrichtung befand und dem
plöylich so unwohl geworden war, daß
er seiner Amtspflicht nicht genügen zu
können- fiirchtete, zumal da auf seinen
Gehilfen Tone Chefhire, der gewöhn
lich betrunken im Dienft erscheine, kein
Verlaß sei. Calcrait, nicht faul und
tein Mann der bleichen Furcht, erbot
sich sofort, einzulpringen. Er erwies
sich als so anstellig, daß er die Genug
thuung erlebte, bald darauf zum Nach
folger Foxens ernannt zu werden.
Fünfunddreijzig Jahre lang hat er
Jdanrr seines Amtes gewaltet. Von
Jdern schauerlichen Umfang seiner Tha
.tigteit macht man sich einen Begriff,
wenn man erfährt, daß die Zahl der
von ihm- absoldirten Hinrichtungen in
London allein wegen nicht gegen das
Leben gerichteter Verbrechen im ersten
lJahre 24 betrug und daß an einem
Jeinzigen Tage des letzten Jahres sieben
JManrr einerSchiffgbesatzung die ihren
Cavitiin umgebracht hatte, unter seinen
» Händen geendet haben.
f Die Wahl feines Nachfolgers Mar
s wood wurde ebochemachend fiir das
thandweri. Calerast war ein alter
iRoutinier gewesen, der dieselbe Strick-—
; länge« die gleiche Knotenschlingung bei
l allen Delinguenten anwendete, Mar
! wood brachte System in die Such-. Er
i erkundigte sich vorher genau nach Ma
szen und Gewicht des Verurtheilten,
nahm je nachdem einen längeren oder
kürzeren Strich verwandte auf die
--s-.«:—... — . —---..-- »-.-I-- m--I.
Queutzuug ur- Inn-sun- mCsH Juni-;
denten als mancher nioderne Drarna
ziiter und sorgte in der menschenfreund
ilichsten Weise dafür daß feinen Ge
.hent:en durch sofortiges Zerbrechen der
lWirbelsiiirle selbst oie tiirzefte Agonsie
Hersparr wurde.
s Tie Reform interessirte nicht blon
l am Galaen, sondern auch höheren Or
steL Tier Decernent im Miinfteriurn
, des Jnnern ließ sich das neue Verfah
- ren rnit der nöthigen Vorsicht am eige
nen Leibe oorbernonstriren und muß
sebr befriedigt gewesen sein, denn An
ertennung blieb nicht aus· Der sprich
morrliche englische Henterlohn oore Jkåz
Penny war schon zu Calcraftg seiten
legendar geworden. Dieser bekam ein
Hrvdchentliches Firum von 1 Guinee nnd
»für jeden Hinrichtungcatt eine Tan
stierne von 1——5 LstrL Unter Mor
onoo wurden oiefe kärglichen Emplo
’ menre auf 10 Lftrl. siir jede Ereeution
Herhöbn Er blieb ed auch Unter Bil
;lingron. Davon hat der Scharfrichter
iallerrsings auch seine Gehilfen zu ent
» lohnen. Aber die toften zuweilen
inichts-, bringen nranchrnal sogar noch
» etwas :ein·
I Man erinnert sich noch des starren
jEntsetzeng, das die englischen Zei
itunaileier einer- Morgeng packte, alo
Este erfuhren, daf- oer Spron einer der
Jangeseiiensten britischen Abelsfarnilien
aus peroerser Neugier in der Vermi
koung einer- Fleischergescllen iiir then
sres Geld bei mehreren Hinrichtunqen
. Handlanaerdienste geleistet hatte. Aber
das ist noch lange nicht der Gipfel von
Entartung in dieser Richtung inner
ihalb der Culturmenfchheit. Das blieb
lder Smaragdinsel vorbehalten. Ir
iland besaß ums Jahr 1850 einen
i Inst-Euer Scharfrichtsf MS ist seist
i Zchaneianetdote, sondern geschicht
Fliche Wahrheit, auf Grund deren das
i Wort ,,Hangiooman- dem qroßen enn
’ lischen Wörtcrbnch visiziell einverleibt
worden ist. Ladn Betm«, wie sie ge
nannt wurde, war eine schlanke,
»schwarziiuaige, nicht unsynipathische
!Ersck.einun,a. Jhk fiel auch der Voll
zug Ver Damals noch im Schwein e be
sindlichen öffentlichen Prügelstra e an
heim, wobei sie besondere Strenge ent
» kaltem Sie soUn manchem Jahre bis
lzu hundert Hei athsantriige zurückge
wiesen haben.
Billinaton ist von den englischen
Scharfrichter-n der leßten drei Mens
schenalter verhältnismäßig am selten
sten in dir Oessentlichleit genannt wor
den. Vielleicht aber sind auch die Hen
ter, über die am wenigsten gesprochen
wird, die besten. Jeden-fass hat er
von sich auch sagen tiinnen, was sein
Vorgänger einst einem nosewe sen
Fragesteller antwortete: sKlo en über
mich sind mir seitens vers iichstbe
theiligten nicht zu Ohren gelommen.«
-—·-.--— «
Kaiser Wilhelm wünschte leineJllus
mination zur diesiiihrigens Feier seines
Geburtstag-'s. Seine lieben Berliner
sind auch ohne Jlluminatlon «helle«
Illu.
g g III
Gerade die Nationen, welche m
meisten zur Zeit iiher Frieden aus Er
den reden. bauen die größten Kriegs
schiff-. «