Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 24, 1902, Sonntagsblatt, Image 14

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    IWWW W- I
· Der Gerichtsthur .
I
Htiminakssrzähcuug von »L. Gewe.
( Z. Fortsetzung)
Es ist in dieser Erzählung zwar
eines Geschwisterpaares erwähnt wor
den, welches aus dem Rentlammer
Secretär Werner und dessen bei einer
in der Nähe von Z. wohnenden Guts
herrschast als Gouvernante sungiren
den jüngeren Schwester Elisabeth be
stand. Der Vater Beider war in frü-«
herer Zeit reichsgriislicher Oetonoknie
beamter gewesen und hatte später eine
reichsgriisliche Domäne gepachtet, wel
che in einer zur unteren Grafschaft Z.
cehörendem mehrere Meilen von deren
Grenzen entfernten und von preußi
schem Gebiet umgebenen Enelave gele
gen war. Der alte Werner wurde ais
tüchtiger Oelonom weit unv breit ge
riihmtx aber ebenso bekannt waren
auch sein Geiz und seine Habsucht.
Seine Gattin hatte sehr unglücklich
rnit ihm gelebt und war von ihm, als
er vor etwa zehn Jahren jene Pachtung
antrat, mit ihren beiden Kindern in
Z. zurückgelassen worden, wo sie ein
ahr vor meiner Berufung das Irdi
sche gesegnet hatte.
Der alte Oetonomie - Director —
welchen Titel Werner "hrte —- klim
merte sich nach seiner rennung von
Frau und Kindern nicht weiter um
diese, als dasz er ihnen den gesetzlich
vorgeschriebenen Unterhalt zukommen
ließ. Wiederholte Annaherungsver
suche der Letzteren wies er barsch zu
rück und stellte seine Zahlungen ein«
sobald sie erwachsen waren. Jnveß
lang es Beiden, theils durch die
Zoferwilligteit ver Mutter, theils mit
fremder Unterstützung, sichs siir die
Stellungen zu befähigen, welche sie zur
Zeit meines Amtsantritiö bekleideten.
Diss- Inetek Tal-III Umfisnrwn di
Kinder keine große Liebe für den Va
ter hegten, nahm man allgemein als
selbstverständlich an; und Theooor
wenigstens, der Sohn, machte oon sei
ner Abneigung gegen Jenen lein hehl
Uebrigens atte die Frau ihrer Kinder
wezen niemals in die von ihremManne
beaehrie ger: «!cht iche Scheidung gewil
ligt: erst ihr Tod löste die Ehe auf.
Bald hieß es dann auch, daß der alte
Werner nunmehr zu der längst beab
sichtigten zweiten Ehe mit einer rei
chen, tinderlofen Wittwe schreiten
werde. ’
ndeß mochten sich dieser Absicht
wo l Hindernisse in den Weg stellen,
denn die Zeit, welche anftandshalder
von dem Wittwer inne zu halten war,
ging vorüber, ohne daß die Vermu
thung der Leute sich bestätigte.
Da, es war im Anfan e des dritten
Monats· meiner Arnts «·hrung, ge
langte die Nachricht nach Z» daß der
alte Werner plötzlich chwer erkrankt
sei, und dasz sein Able en in tiirzester
Zeit zu erwarten stehe. Es fiel nicht
aus« das-, Elisabrth, die Tochter, welche
eine Abneiaung geaen den Vater we
nigstens niemals offen an den Tag ge
legt hatte, sofort an dessen Kranken
lager eilte; als aber der Renttammer
Secretiir seiner Schwester acht Tage
später folgte —- der Urlaub hatte ihm
nicht frher ertheilt werden können —
konnte man sich dessen Thun nur da
mit erklären, daß er befürchtete, Jene
könnte ihn mittelst ihres vielleicht bei
dem Todttranlen gewonnen Einflusses
hinsichtlich der Erbschaft zu übernat
theilen suchen.
Jch selbsth atte im Ga se, in wel
chem ich ge ewohnlich zu ttag speifte,
von der ache gehört, ohne weiter No
tiz davon tu nehmen, zumal mir der
Renttammer- Seeretiir nur oberfliichs
lich. seine Schwester persönlich aber
ar nicht bekannt war, obgleich Jo
anna sie ihre Freundin nannte.
Dennoch war ich nicht wenig be
stürzt, als acht Tage nach der Erfieren
Abreise der Polizeioerroolter der En
rlade, in welcher die von dem alten
Werner gepachiete Domaine G. belegen
war, mir durch Estaffette ein amtli
ches Schreiben sandte, die Anzeige ent
haltend, daß der frühere Oelonomiei
Director an ilnn deigebrachien Gift
gestorben, daß feine beiden Kinder je
nes Berbrechens dringend verdächtig
waren und daher ihre Berhaftung
hätte anordnen müssen.
Sofort traf ich Anstalten, mich, wie
es meine Pflicht war, in Begleitung
des Altuars an Ort und Stelle zu be
geben, und bestellte den Letzteren rnit;
dem Wagen vor die Behausung meiner L
Verwandten, von denen ich mich zu
vor auf einige Tage deradfchieden
wollte.
Der Onkel und die Tante, auch die
site Christine und Friedrich, welche die
betreffenden Personen enauer kann
ten, zeigten sich ebenso be ··rzt, wie ich;
aber einen noch viel stärkeren Eindruck
machte die unerwartete Kunde auf Jo
hanna. Sie erbleichte und zitterte,
daß fie sich nicht auf den Füßen erhal
ten konnte Jch suchte sie mit der Be
sie-kanns zu Revision-, daß die Schuld
kenndin nicht erwiesen sei,
M iider upt nur ein un
nZufall dorliese und daß ich
Hirsch-sung verkehren
M X« »Es-Z rMm « k- pi
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«« -...-....».s:
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’That dor, brachte ich das in Erfah-H
rang.
Nur sehr schwer hatte sich der alte
Herr Were-: durch die Bitten seiner;
Tochter und die Vorstellungen seiners
anständigen haushölterin beweaeul
lassen, der Erster-en den Zutritt an sein (
» arranienlager zu gestatten. Doch schien I
;rs, als set die Anwesenheit und dies
Sorgfalt eines so lange ihm fern ge- s
i wesenen, jüngeren Kindes oon günsti: J
zgem Einfluß, denn die Krankheit
Woandie sich wider Ermatten des srxt;
lzehn Jahren mit ihm bekannten, ins
einer nahebelegenen Ortschaft wohnen- i
i den Arztes plötzlich zur Besserung und (
diese machte in wenigenTageti sdl
.arosze Fortschritte, daß seine völlige
«Genesuna nicht mehr bezweifelt wer-;
den durfte. Er ließ dann auch ein
IWort von Dankbarkeit gegen seine
i Tochter fallen.
Uebrigens erfuhr diese von der
haushälterin, daß in der That eine
zweite Heirath ihres Vaters im Werte
sei, daß die Hochzeit nur aufgeschoben
worden, weil die betreffende Wittwe
auf die Verordnung ihres Arztes zur
Befestigung ihrer Gesundheit bis zum
iEnde des Sommers in einem Bade
Jorte verweilen und daraus zu gleiche-n
HZwecke nach dem südlichen Frankreich
sich begeben mußte und dasz daher die
Hochzeit auf den nächsten Monat fest
gesetzt worden.
Nach derselben —- so hatten beide
Theile sich verpflichtet —- sollte ein ge
gensetiges Testament errichtet werden,
mittelst dessen für den Todesfall des
Einen der überlehende Theil zum Uni
oerfal-Erben eingesest und Werner’s
Nachkommenschaft aus der ersten Ehe
auf das gesehliche Pflichttheil be
schränkt würde.
Die Haushalterirr fchättte das oon
ihrem Brodhcrrn besonders durch die
langjährige. äußerst oortheilhafte
Pachtung zusammengesetzte Vermögen
auf eine bedeutende Höhe, und for
derte, als die Genesung des Kranan
in sicherer Aussicht stand, bei dern
Vater hinsichtlich des beabsichtigten
Testamentes zu ihren Gunst-en hinzu
wirken; ob diese einen solchen Versuch,
den sie später entschieden in Abtes-se
stellte, wirklich unternommen, hatte sich
«3ur Zeit nicht ermitteln lassen.
; Als Eliiabeth’sBruder eintraf, wa
)ren bereits alle Besorgnisse hinsichtlich
des Kranken gehoben. Dieser wollte
Iden Sohn durchaus nicht sehen; und
kals Theoddr dennoch gewaltsam in
sdas Krankenzimmer drang, erregte er
l dadurch den Zorn des alten Werner in
isolchem Grade, daß ein Krampsansall
lersoigte und eine Zeitlana ein Rückfall
zu befürchten stand. Nachdem er sich
erholt, ließ er seinem Sohne durch den
herbeigerufenen Ar t erklären, da Je
ner, indem er seit « ahren offen einen
Daß und seine Mißachtung gegen sei
nen Erzeuger an den Tag gelegt, fel
ber die Bande des Blutes gelöst habe,
daß daher keine Gemeinschaft mehr
zwischen ihnen bestehe, und Theodor,
als ein Fremder, keinen Pfennig oon
idem Erbe des Schwergeiriintten zu
per-warten habe. —
Darauf äußerte er in Gegenwart
des Arztes und der Haushalterin zu
der weinenden Elisaheth, daß er zwar
seine Tochter hinsichtlich des väterli
chen Erbes aus das Pflichttheil be
schränken müsse, es sei denn, daß er
die zweite, jüngere Gattin sit-erlebe
und diese ihm keine Kinder geschenkt;
daß er aber in jedem Falle die ihm
don Elisabeth gewidmete treue Sorg
falt und Pfiege gebührend belohnen
; werde.
J Trotz jener Erklärung verblieb
»Theodor in der Behausung des Va
ters, voraedend, daß er dessen Ver
zeihung noch zu erringen hoffe; und
Niemand maßte sich das Recht an, den
Sohn aus dem Vaterhause zu vertrei
ben, während man dem alten Werner,
der auf ärztliche Anordnung noch fiir
einige Zeit das Bett zu hüten hatte,
aus Schonung die Anwesenheit des
oerhaßten Sohnes oerheimlichte.
Der im südlichen Frankreich wei
lenden Braut war die Erkrankung des
alternden Verlobten auf dessen Ver
langen mit ice Bitte unt schleunige
Rückkehr sofort gemeldet worden, und
glaubte man deren Eintreffen baldigst
erwarten zu dürfen.
Am dritten Tage der Anwesenheit
Theodor’s, gegen Abend, verlangte
der alte Werner einen Stärtungs
trank, dessen Genuß ihm vom Arzt ge
stattet worden. Eliiaheth ging, den
elben zu bereiten.
Als sie rnit dem Getränl zurück
kehrte, befand sich die haushiilterin in
dem neben dem Krankenzimmer bele
genen Gemache, und hörte ihren Brod
errn sagen, Elisabeth möge das Glas
nur auf den Tisch neben dem Bette
ftellen und ihn allein lassen; er wolle
versuchen, ein wenig aufzustehen.
Die aushälterin begab sich darauf
in den arten, um frisches Obst für
den folgenden Tag einzusammeln
Theodor sol te ihr, da dieser Theil des
Gartens auf der dem Krankenzimmer
entgegengeseiten Seite dej Hauses be
legen war, half ihr bei der Arbeit und
bald gesellte sich auch Elilabeth u den
Beide-. Die hanghiilteein onnte
spat-i sage-» das sie sei di- Se
Wit send eine Spur von Auf
IS
regt-eng an dem Einem ader Anderen
wahrgenommen hätte. Sie begab stch
nach Elisabethe Kommen in dar
..·Jaus, um den Eingang zur Wohnun;
..u verschließen, wie es der alte Wer
arr, während er das Bett hüten mußte,
i-.e:g oeclanate, und lehrte dann in den
Garten zurück.
Es begann zu dunkeln. als der
Arzt, der. auf der Rückkehr oon einer
arztlichen Rundreise begriffen, hier
vorbeifahren mußte, in den Garten
trat, um seinem Patienten noch einen
Besuch abzustatten Die Hauf-halte
.-:n eilte ihm voraus. um seinen Be:
such zu melden und Licht in das Kran
kenzimmer zu bringen.
Von Elisabeth begleitet, ging der
Arzt lanasam dem Hause zu, sie über
das Besinden des Vater zu befragen,
während Theodor im Garten bleiben
zu wollen schien. —- Elisabetkz hatte die
Fragen des Arztes noch nicht beant
worten können, als vom Krantenzinn
mer der ein Schreckensschrei erscholl,
welchem Hülferuse sie folgten
Der Arzt eilte nach dem Orte des
Rufes; Elifabeth folgte ihm erschro
’cken nach, und auch die im Hause be
findlichen Dienstboten eilten herbei.
Allen bot sich ein unerwarteter Anblick
hat«
Die hausbälterin war aus einen
Stuhl gesunken; und während das
Entsehen aus ibrem erbleichten Ange
sicht sprach, deutete sie mit zitterndem
Arme aus das Bett. Jn diesem lag der
alte Werner regungslos, mit weit ge
öffnetea, alanzlosen Auaen in das
Leere ftarrend. Das Glass, welches
das ihm von Elisabetb bereitete und
vor etwa einer halben-Stunde gebrachte
Getränt enthalten. lag aus dem Fuß
tevdich vor dem Bett, und mit seinem
Inhalt war des letzteren Decke ge
tränkt worden.
Der Arzt schritt schnell zur Unter
suchung, welche zunächst dem Pulse,
den Lippen und der Zunge des Leblo
sen aalt, und sich sodann auf die
durchnößte Bettdecke, und aus das
vom Fußteopich genommene Glas, in
welchem noch einige Tropfen des Ge
trantes zurückgeblieben waren. er
streckte. Kein Laut störte ihn dabei.
lDas Folgende hatte der Arzt noch
an demselben Abend aus dem Gedächt
nrtse niedergeschrieben)
»Um Gott, Herr Dottor.« unter
brach endlich Elisadeih. die, am Fuße
oez Bettes stehend und mit den Pan-»
den auf dessen Lehne sich fti.itzenlz den;
angstvollen Blick bald iider das ver-s
zerrte Gesicht des Oel-losem bald über«
die immer ernster, ja drohender los-r
dende Mine des Arztes irren ließ, das
unheimliche Schweigen — »sagen Sie
mir, wag ist meinem Va:er widerfah
ren?"
,.;’tbrem Vater?!« erwiderte der
Arzt, das Glas aus den
Tisch stellend und dasselbe mit
der Hand bedeckend, und seine Stim
me klang tief ernst durch den stillen
Raum, während er den Blick langsam
über die Anwesenden gleiten ließ. —
,.Jbr Vater, mein Fraulei:·., if: todt;
er ist ——«
Der Sprechen-Je hielt inne, als
scheute er sich, weiter zu reden.
»Barmherziger Himmel!« rief Eli-»
fabeth und sant aus einen Stuhl.
»Todt!l'« erscholl es fest im Zim-;
mer von fast allen Lippen. s
»Mein armer Vater ist todt?!« er-«
tönte es aus dem Nebenzimrner, dessen
Thür hastig geöffnet ward, und in
welcher Theodor erschien. »So darf
ich nicht mehr hoffen, seine Verzeihung
zu erlangen?!.... Ein Schlagflusz
muß ihn plöflich getroffen haben; wir
hätten sonst im Garten irgend etwas
wahrgenommen t«
Der Arzt heftete den Blick einige
Sekunden lang mit eigenthümlichem
Ausdruck aus den Sohn des Todten;
dann wandte er sich, ohne Jenem zu
antworten, zu der hauihälterim
»Wer hat das Getränk, welches in
diesem Glase enthalten gewesen, dem
Oetoncmie-Director aereichtf«
«zriiulein Werner, here Dottor.«
» ie, Fräulein?« fragte der Arzt
mit besonderer Betonung. — — »Sie
selbsts«
Elcsadeth machte ein bejahend es
Zeichen
»Aber wer hat das Geträni berei- !
iet?" fuhr der Arzt fort. —
»Ich Herr Doktor« sprach Jene
jetzi. »O mein Gott, wäre der Trank
meinem armen Vater schädlich gewe
sen?!«
»Das Getränt an sich nicht. Wo
haben Sie dasselbe bereitet?'·
»Ja der Küche, wie gewöhnlich.«
»Wa: Jemand dabei zuaegen?«
»Nein, Herr Doitor.« -
»Gaben Sie dag Glas, bis Sie das
selbe Ihrem Vater reichten. aus ihren’
banden iießen Sie es während dieser
Zeit irgendwo unbecchtet stehen?
»Nein, Herr Doktor. Jch tru das
Glas, nachdem ich ec- gefiillt, au dem
Tableti, welches noch hier aus dein
Tische sich besii:det, hierher, stellte es,
da mein Vater allein bleiben wollte,
aus eben diesen Tisch-» Diese Fra
gen, Herr Doktor —«
»Ich bitt-s- noch um einige Augen
blicke Gedu! d, mein Fräuleins«
Aus dem erwähnten Tal-leih wie der
Arzt jetzt gewahrte, waren ebensalls
einige Tropfen des Geträntes vorhan
den, welche beim Tragen oder beimAbs
ben des Glases verschüttet worden
ein mochten; er prüite deren Geruch
und Oe chrnaet.
»Ist ernand in der Zwischenzeit in
d es Zimmer geiommenk
te Frage galt den anwesenden
Dienst boten ie wurde von ilen
verneint. Die haushiilterin ver ie,
daß sie beim Kommen des Nr tes die
Wohnung mä michs-Heu se andern
O
also Niemand in das Krankenzimmer
lpätte gelan en lünnen.
»Ich mu Sie bitten, FrüuleinWev
ner und auch Sie, Frau Müller, mich
in die Kii zu führen-«
Ledterer ame war jener der Haus
biilterin. Die beiden Genannten erbo
: ben sich.
Der Arzt trat zu einem männlichen
I Dienstboten, von dessen Zuverlässigkeit
; er aus eigener Bekanntschaft überzeugt
s war, führte ihn zur Seite und ertbeilte
I ihm mit leiser Stimme einen Auftrag
Jener gina eilig von dannen.
»Die übrigen Anwesenden, obne
Ausnahme, muß ich bitten, bis aus
Weiteres und ohne meine Erlaubnis
dieses Zimmer nicht zu veriassen nnd
auch nicht das Bett des Todten zu be
.ubren,« saate der Ant« indem er den
« lict aus Theodor richtete. »Ich mache
keden Einzelnen für vie Befolgung die
ser Anordnung seitens Alter verant
wortlich."
»Ich werde für die Befolgung Ih
rer Anordnung Sorae tragen, Herr
Dottor,« versetzte Idee-von «Leider
tann ich über den Grund und Zweck
derselben nicht mebr im Zweifel sein.«
»Ach Bruder — sage mir doch um
Gotteswillen —«
»Ich bitte, lassen sZie uns geben,
mein Fräulein« wurde Elisabetb vorn
Arzte unterbrochen.
Letzterer reichte dein bleichen und
behenden Mädchen den Arm, machte
dein Rentlammersecretär eine lurze
Verbeuaung und verließ vas Zimmer.
Diebausbalterim welche sich von der
Bestürzung, die sie beim Anblicke ihres
· so unerwarteten und plötzlich
verstorbenen Brodbrrrn ergriffen, noch
nicht völlig erbolt hatte, wankte den
l Beiden nach.
» Jn der im Zouterrain gelegenen
’ Küche ließ sich der Arzt die Flasche ge
ben, aus deren analt Elisabeth den
Trank zusammengesetzt hatte und
prüste jenen dem Geruch und dem Ge
schmacl nach
»haben«· Oie wirklich nur aus diesen
Flatchen die Bestandtheile des Ge
tränles entnommen, Fräulein Wer
ner?«
,«’sa, Herr Doktor: es sind dieselben
Flaschen, die ich bier stets bei der Be
-- --- ---- ’--.- m-1-- F)b
Illllslu VCI UUII letkllskssl XII-löst- Osts
deaehrten Trantes gebraucht habe.«
Der Arzt untersuchte einige andere’
Flaschen, welche ihren Plaz in der.
Nähe jener gehabt hatten. r sand,«
daß teine Verwechslung dier stattge
sunden.
»Haden Sie selbst das Geträni nach
der Zudereitung gekostet?« I
»Ja, herr Doctor.« (
»Wie —- Friiulein ——«i!"
»Mein Gott, ja! Mein armer Va-»
ter forderte stets eine sehr sorgfältigel
Mischung, und so mußte ich mich über- i
Zeugen-ol- ich dieselbe richtig getros
en.«
»Und wie oiel haben Sie davon ge
trunken?«
»Ein-a einen Tbeelöffel voll-«
»Es schmeckte wie geiviihnlich?«
»Gewiß; sdnst wäre die Mischung
nicht richtig aetrofsen gewesen«
»Fiel Ihnen nicht wenigstens ein de- «
sonderer Geruch aus, ähnlich dem von
bittern Mandean«
»Nein, Herr Doktoe!·«
« rau Müller,'« wandte sich der
Dator zur haushiilterin, die nun
mehr zu ahnen begann, um was es sich
handele; «wird in diesem Hause ir
gendwo Cdaniali, Blausiire, ausbe
wahrt?«
»Nein. here Doltorl Blausiiurek
terms Himels Willen, das ist ja Gift!«
»Ja, es ist Jiftx und dieses Gift ist
in dem von Fräulein Werner file de
ren Vater bereiteten Tranke, der diesem
ur Erquickung dienen sollte, in gro
er Menge enthalten, hat dessen schnel
len Tod herbeiaesiihtt. Ei ist ein
Giftmord in diesem Hause derildt wor
den; noch will ich hoffen, nicht auch ein
Vatermord!«
«Gerechter Gott!" schrie die Haus
SLUL-:- -..s
WIILCIII III
uisabeth starrte wie bewußtlos aus
den Ae t.
Führen Sie Fräulein Werner aus
ihr Zimmer, Frau Müller, und tragen
Sie fiir dieselbe Sorge.'« «
Der Arzt verließ die Küche.
Am Eingange des hauses, an wel
chem er vorbei mußte, harrte der in
dem zur Domaine gehörenden Dorfe
stationirte Gensdarm, den er, bevor er
das Krantenz nunmehrTodtenzimmer
verlassen, hatte herbeirufen lassen. Er
forderte diesen, unter Mittheilung des
Geschehenen, auf, den Sohn und die
Tochter des Vergifteten bis aus Weite
res in diesem hause unter seiner und
einiger Dienstboten Bewachung zu hal
ten.
Die um den Todten versammelten
Leute hatten ebenfalls allmählich be
griffen, daß es sich hier um eine Ver
åiftung handele, möge dieselbe mit
orbedacht oder durch ein Versehen
herbeigeführt worden sein.
Sie waren jedoch nicht sehr betrübt;
den Niemand hatte den geizigen und
zarten Brodherrn zu lieben vermocht.
heodor fügte sich der gegen ihn ver
hängten Maßregel mit großer Bereit
willigkeit; er versicherte dem Arztedasz
er an dessen Stelle nicht anders han
s deln würde. Der Lehtere sorgte fiir die
» Sicherstellung der vorhandenen That
; beweise und fuhr sofort zu dem eine
sStnnde entfernt wohnenden Polizei
!verwalter, diesem das Geschehene zu
Iman
i der am am folgenden Morgen
stattfindenden Durchsuchun der s
fetten der Geschwister fand ich in dem
Koffer Elisabeths in der That ein
s ·a chchen vor, welches noch einen Rest
lausäure enthielt, von dessen Vor
handensein Jene jedoch teine Kenntniß
beleistn baden wollte,
Obgleich gegen den Sohn des Ver
gifteten keine Beweise vorlagen, so
durfte man in ian einen Mitwisser
des Berbrechens vermuthen, wenn ein
solches von seiner Schwester wirklich
veriibt worden.
! Aber wer Anders hatte irgend wel
ches Jnteresse an dem schleunigen Tode
des alten Werner, als dessen beiden
Kinder? Wenn ibr Vater starb, bevor
Jenes Testament errichtet worden —
I oder vielmehr, bevor dessen Braut zu
rückkehrte, die durch ihren Einfluß
wohl auch Elisabetb aus dem Hause
getrieben hätte — so waren die beiden
Geschwister die einzigen und natürli
chen Ei entbiimer einer bedeutenden
Erbschaft, die ihnen sonst fast ganzt,
oder doch zum größten Theil entging.
Und fürwahr, siir Leute ohne Reli
,gion und Gewissen war die Versu
chung groß! Der alte Werner hatte
sich stets lieblos gegen seine Spross
»linge gezeigt; und diese hatten eine
iZeit lang hoffen dürfen s-— wenn die
; see Ausdruck hier statthaft ist« — daß
dessen natürlicher Tod, der sie bei dem
bartnäckigen Glauben des Schwer
tranten an seine Wiedergenesung in
den Besitz der reichen, und im Grunde
ja tbnen auch rechtmäßig zustehenden
Erbschaft gesetzt hätte, bald erfolgen
werde.
Bei solcher Sachlage erfüllte der «
Polizeiverwalter nur seine Pflicht, in
dem er die Geschwister in das Ge-«
fängnisz absiibren ließ und dem zuste:
henden Justizamte zu Z. den Vorfall
meldete.
Jmllebriaen mag lgier gleich bemertt
werden, daß die alsbcid von mir ver
anlaßte gerichtgärzeliche und chemische
Untersuchung die Vergiftung des al
ten Werner mittelst des in dem von
seiner Tochter bereiteten und ihm
über-brachten Getränteg entbaltenden
Cyantali bis zur Evidrnz bestätigte.
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I
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An Ort undStelle angelangt, u.:ter- i
ließ ich Nichts, wag mir uLlstitirung
über den Fall verschaffen tonnte. Jch
besichtigte das Wohnt-aus des Vergif
teten, prüer besondere den Weg, den
Elisabetb mit dem vergifteten Ge
triint von der Küche bis in das Kran
tenzimmer batre zurücklegen müssen,
eonferirte mit dem Polizeivertjoalter
und mit dein Arzte, verharre nie-Daue
halterin und die iilrkgen Dienstboten,
liesz in allen Apotheten der weiteren
Umgegend, jedoch erfolglos nach einem
etwaigen Käuser von Enantali Nach-—
sorschungen anstellen und stellte na
türlich auch mit den beiden Geschwi
stern eingehende Verhöre an.
Es war ja der erste wichtige Fall,
der mich in meinem neuen Amte be
schäftigte; es lag ein Kapitalverdrechen
vor, und zwar eines der scheuszlichsten,
welch-es die Kriniinalpraxis kennt.
Nicht allein die That an sich, sons
dern auch die Persönlichteit der An
etlagten erregte das größte Aussehen
— ch sollte nach dem damaligenGerichtst
verfahren deren etwaige Schutt-laster
teit an das Licht bringen, den oder
die Schuldigen des Versprechens über
führen und sie der verdienten Strafe
überliefern. Jch wußte, daß ln der
nächsten Zeit die uAaen eines großen
Publikums, besonders aber die der Ju
risten auf das Juslisarnt zu J. gerich
tet sein würden. Es galt also ——— so
traurig es auch den-. Laien klingen
mag —- rnir die Sporen zu verdient-U
und ich war entschlossen, Alles daran
zu setzen, unt meine Aufgabe glänzend
zu lösen.
Jn demjenigen Theile Deutschlands,
in welchem die untere Grafschaft Z.
gelegen, war damals in Kriminalsiils
en noch das geheime und schriftliche
Verfahren in alleiniaer Anwendung
Dieses nun in Verbindung rnit den
eigenthümlichen Verhältnissen des ebe
rnals reichsunmittelbaren Ländchens,
theilte mir die zweifache Rolle des An
tliigers und zugleich Vertheidigers des
Angeklagten zu. Ich hatte als Jn
quirent die Untersuchung zu führen.
nach deren Schluß, wenn ein Kapital
verhrechen vorlag, die Atten, an das
zuständige preußische Obergericht zu
senden und entweder die Meist-rech- L
ung oder hie Verirrttzeiltzng der An
geklagten zu beantragen.
Die urtheilsprechendcn Richter bela
enen Jene nicht zu Gesicht; sie satt-n
sich lediglich ans den Alten zu infor
miren und beider-, Verurttzeikuna oder
Freisprechung, nur auf ceren Inhalt
zu begründen·
(Fortsek.nng solgt.)
———-·-s.-———
Diener weicht-hauen
Eine überaus lustige Gerichtive:
Zandlung wird aus Wien berichtet.
Hin here Grubinger erhielt vor Nur
zeni den Besuch seiner Schwiegermut
ter. Da diese treffliche Dame nur
zwei Tage bleiben wollte, unterließ
here Grubinger ihre polizeiliche An
meldung. Indessen blieb die Frau
fiinf Tage. und here Grubinger atte
sich wegen unterlassener Anmeldung
vor dein Strafrichter des zweiten Be
Zrls zu verantworten. Es gab ein
erhär. —- Nichter: »Sie haben fiinf
Tage hindurch eine fremde Person in
ihrer Wohnung beherbergt.« Grubins
ger: »Aber ich bitte, das war ja meine
Schwiegermutter.« —- Richter: »Wa
rum haben Sie die Frau nicht gemel
det?« —- Grubinger: »Ich habe jeden
Tag ihre Abreise erwartet; ich habe ihr
gesagt, daß wir sonst bestraft werden,
aber sie ist doch geblieben« —- Richter:
»Um fo mehr hatten Sie die Anmeld
ung vornehmen sollen." —- GrubingeU
»Gott behüte, here Richter-! Wenn ich
sie angemeldet hätte, wäre sie fünf Mo
nate bei mir ebtieben.« — Der An e
ilagte wurde reigespiochem weil et ich
ucn einen Besuch und nicht um die
Melms ein-Z Miethers handelte.
ZEIS
putweniaetfkeztretwteu
On- rette-.
Die »Nun- - Australisclte Zeitung«
schreibt in der une eben zugegangenen
Nummer vom 5. December: »Unser
Bunde-i s Parlament hat in den les
ten Tagen sich bereit ertllirt, Nen
Guinea als Territoriurn des Bundes
staates anzuerkennen, und hat sitt die
nächsten siins Jahre 20,000 Pfund
Sterling jährlich siir die Verwaltung
der bisherigen englischen BesiIMIC
ausgesetzt. Unserem eigenen Ministe
rium muß durch diesen Beschluß des
Bundes-Parlaments ein Stein vom
Herzen gefallen sein, groß genug, um
die gesammte Parlament-S - Oppssis
tion zu erschlagen, da Queenäland seit
eins-see Zeit vie Schulden der Verwal
tung in Neu-C:iinea gerantirle —- und
auch bezahlte. Für uns lann also die
Sache nur angenehm sein« denn es
würde wohl schwer fallen, irn Staate
Queenslano auch nur eian Menschen
zu finden, aer optirniiirsch genug ist, zu
glauben, daß Quem-Ums Finanzen
glänzend genug sind, um dsn Große-Ir
tigen zu spielen. Ob es abzr vom reifs
australischen Standpuntte aus gerol
:l;en war, ReuiGuinea zu ,.asrnelti
ren«. ist eine ganz andere Sache. Un
ziveiielhnst war es siir das- Bundes
Parlainent sefzr verlockend, der Welt
zu zeigen, Daß Australien auch die
Qberherrschnft der umliegenden Inseln
beansprucht Tun-Ich wäre ess? vielleicht
besser gewesen, erst ’n«.-:l die Angele
genheiten auf dem ansiralisrizrn Fest
lande ordentlich zu reJ::!-s:rk!, elie man
sich mit »der Umgegend« beschäftigt
Da ist zum Beispiel der berühmte Ta
rif, aus den ganz Australien schon seit
Monden :vartet. und dessen Nichter
scheinen den Geschäftsgang allseitig be
hindert. Schließlich ist es vielleicht
noch mehr fraglich, ob die Einnahme
des Bundesstaates je hinreichend wird,
um die nothwendigen Ausgaben zn
decken, viel weniger die Kosten der Ver
waltung von Neu-Guinea. Das Jn
teressanteste kei der Sache ist schließ
lich, daß das »Annektiren« von Neu
Guinea überhaupt eine sehr fragliche
Sache ist. Neu-Guin« gehört nur
znnj Theil der englischen Regierung.
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I
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pouano oentzr den onnaien Loen und
Deutschland den nordöstlichen, und der
Rest, welche: unter englischer Verwal
tung steht, umfaßt den ungesundesien
Theil der Densel. so dasz mit der Be
sidung nicht Viel Staat zu machen ist.
Es dürfte oeni australischen Staaten
bund eine etwas theute, aber nuhlose
Geschichte werden«
W
gäqu Zäviesersodr.
Die 1iingste Ente, und dabei eine
der seit-sten, die je im Lande des dy
raniioalen Humbugo erzielt worden,
ist die (ztoar noch in den liransän en
begrissene) Verlobung der älte en
Tochter Rooseoelt’s —- mit dem deut
schen Kronnrinzen. Man kann da wie
der die Beobachzung machen, daß den «
anreeilanischen Sensationsmachernq
nichts heilig ist. Ja sogar die zarte
Blüthe einer noch im Schooße der Zu
kunft geborgenen Bewindung der
Häuser Hodenzollern und Rocsevelt
tonnte ihren indistreten Argusaetgea
nicht entgehen! Doch wir wollen hof
sen, dass durch die faulen Witze einiger
Sensationsnreier Fel. Alice Roosevelt
nicht um die ihr in seinsinniger Weise
vom deutschen Kaiser zugedachte Aus
zeichnung kommen wird. Noch näm
lich hat Papa Roosevelt seine Erlaub
nis; nicht ertheilt. Als nämlich, um
turz zu retapituliren, der ameritanis
sche Botschaster While am Mundes
tage den deutschen Kaiser begrüßte,
benebs- Biksn has Weines-Heft auf den
Präsidenten der Ber. Staaten, dantte
iiir dessen neulich iiberniit:elte Glück
iviinsche und druckte schließlich den
Wunsch aus« daß Fel. ·e’llice Nonse
oelt, das hübsche Idchteechen des ri
sidentin, ais Tnuipathin .. i dem ta
pellaus der ainerilanischen Kaiser
Yacht sunairen ruhn-.
Es handelt sich um die Schon-nee
Yacht, mehtjc gegenwärtig von der
ameritaniichen Schiffsbaugciesschrst
Tomnsend und Donoan auf sehn-nee
Jsland iin Kaiser Wilhelm ton
struiri wird. Der Monarch lyzt eine
hohe Meinung von der aineritanischen
Schiffsbaukunst, die durch die miß
lungenen Versuche des Sie Thomas
Lipton, den Amerita - Becher u er
ringen, noch erhöht wurde. ie in
Austrag gegebene Yacht wird nach
speriellen, vom staiser selbst angese
benen Gesichtspunkten hergestellt
Die Bitte des Kaisers an den Priis
fidenten wird hier als ein Beweis da
iir betrachtet, dass der Monarch außer
den gegebenen politischen Bürgschasten
der guten Beziehungen zwischen
Deutschland und Anierita auch einen
persönlichen Freundscliastsbeiveii er
bringen will. Eine distreteee Form
hätte er kaum sinden können.
Aber wehe! Gerade diese niedli
internationale Höflichteit eree te
Spelulationswuth unserer Neuigkeitss
haschen Flugs wärmten dieselbrn-«x
die östers schon dementirte Meldung
von einem Besuche des deutschen
Kronnrinzen aelegentlich enesStapets
lauses aus, das junge Zischen wird
zusammengebracht. und der kleine
Schelm Amor besorgt das Uebrige! »
Und so kann das Deteotter »To
Dan« seinen staunenden Lekern an ter
tender Stelle berichten, da der
Kaiser is inuggling up toRooees
vest, ro win Aiicc tot a Deut-biet
instrmu «- Miss Roosevclt tbe next
empress of Germanyt lluersh
for ehe- Srara and steipcsl Ja« un
sere amerikanischen Mit-scheut
Glitt-h- Baums