Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 20, 1901, Sonntags-Blatt, Image 11

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W
Die drei Schwestern
, Von Cavoret.
Sie lebten zusammen und arbeiteten
vom frühesten Morgen bis spät in di
Iiacht, die drei Schwestern Es war
ern Dasein, erfüllt von Sorge und
Kummer. Niemals lächelte ihnen das
Glück. Da trat eine Ueberraschung
ein, eine Ueberraschung, wie sie ihre
mühen Herzen wohl nie erträumt hät
ten. Es mußte ein Jrrthurn des viel
beschiistigten Schicksale sein« daß es
sich plötzlich ihrer Existenz erinnerte
und sie mit einem ungeahnten Glück-:
salle überrumpelte. Eine ihrer verges
senen Tanten war gestorben. Und it-:
war eine Tante in des Wortes eteliter
Bedeutung gewesen, sie hatte ihnen
eine Erbschaft von baaren tausean
Gulden hinterlassen. Tausend Gatten
— das ist für so arme, sorgengrwiihw
te Mmschenlinoer eine Million. Tas
Gliicl berauschte sie ——- die drei blei
chen Schwestern tonnten es anfangs
gar nicht glauben, das; es so viel Geld
aus Erden gäbe. Und sie legten das
ganze Kapital, das sie anzutasten nicht
wagten, in die Sparkasse-. Ein ganz
leiser Zweifel, ob ee dort wohl sicher
sei, entstand in rer Seele einer Jeden.
Aber als sie in dem glänzenden Ge
bäude warteten --«-- sie waren ja alle
Drei dahin gegangen sss und es mit
ansahen, wie andere Leute noch viel
mehr Geld dem Institute anvertrauten,
fühlten sie sich einigermaßen beruhigt
Und in der Nachbarschaft gab ec— sijr
einige Wochen nur einen Gespräche
stoff: die Erbschaft der Schwestern
Kleine Geschäftsleute, die in der un
mittelbaren Nähe wirkten uno bisher
stolz an den Schwestern vorüberaegan
gen waren, richteten nun mit einem ge
wissen Ernst ihren Blick aus sie. Die
rrei Schwestern genossen nun mit ei
nenr Male die Achtung des ganzen
Hat s-:55. Sie waren nicht mehr so ver
lassei wie bisher, es wurde ihnen eine
Freundschaft angeboten, die mit dem
lleinen Erbe in teinem Verhältnisse
stand. lind daran war nur die Tante
sobald Gar Suerereimnarenbändler
in demselben Hause wagt-: sogar eine
ehrbare Annäheeung. Er kam zu ihnen
und benahm sich so eigenthiimlich denn
früher hatte sich keiner so benommen.
Bald erlannle jede von ihnen, daß rais
eigenthiimliehe Benehmen des Speie
reitvaarcnhändlers in demselben Hause
aus Heirathsabstchten zurjictzuiiihren
sei. Sie fragten sich im Ställen, ani
welche er es wohl abgesehen habe. Sie
priisten ihre Vorzüge — die entschlo
sene Eitelkeit benutzte rasch die seltene
Gelegenheit, um ans ihrem leisen
leisen Schlummer zu erwachen —- und
fanden die gegen sie gerichteten Hei
rathsabsichten des guten Mannes voll
kommen am Platze. Denn an das
Sparkassenbuch dachten sie nicht« Was
wußten sie, wie es am lihestandszi
markte zugehe. Sie wollten es nicht
wissen. Es siel ihnen ja aus, das-, er
sich jetzt erst zu seinen Gefühlen ent
schlossen hatte, aber sie mehrten allen
prosaischen Verdacht riieksichlszlos ab·
—— Der Spezereiwaarenhändler ließ
den Zweck seiner Besuche immer deut
licher durchblicken. Er sprach mit
feierlicher Absichtlichkeit oon seinem
Geschäfte, das nur eines kleinen Fia
pitals bedürfe, um wesentlich gehoben
zu werden. Und ohne Vermittlung
sprach er gleich daraus mit Derselbe-n
seierlichen Absichtlichkeit von der Ghe,
welche nach den Bersicherungen von
Fachmännern aus diesem Gebiete dass
höchste Gliick des Lebens bedeute. Die
drei Schwestern blickten sich verständ
nißinnig an. Und keine tonnte es uns
terdriicken. siir eiaene Rechnung nach
ihm zu schielen. Vegreislichk Er war
ja ein schöner, liebenstoiirdiaer JJtann
und überdies Heirathscandidat von
fee Sorte der Vorsichtigen. Er ent
chied sich siir keine der drei Schwe
stern. Er konnte ebenso gut siir die
Anna schwärmen. wie iiir die Karo
line oder Marie. Darüber war er sich
selbst noch nicht im Rlaren Und wie
er da mit allen Dreien in gleicher
Weise kokettirte, das packte er sehr
geschickt an. Das war ein Kunststück,
das ihm nicht so leicht ein Heirath-Ei
randidat hätte nachmachen lönnm Der
Spezereiwaarenhändler befand sich in
einer heiklen Situation. Er wäre be:
-·;e »und-s -im h» Selimestern Au
«-.--....,
l:eiratb,en, natiirlich mii einer Mitgift
von tausend Gulden. Nun tuuszte er
ganz nut, daß das Erde all-In Dreien
gemeinsam arborte Er suchte daher
nach einem schlauen Mittel, um den
Schwestern feine rettende Idee zu
suggeriren· Er sprach mit tonseauen
ter Betonung, daß die angedeutete He
bung seines Geschäfte eine runde
Summe von taufsend Gulden dediiiaen
tviirre. Nachlästg wars er t)in, das-,
ihm z. B. mit einem Betrage von drei
hundert Gulden ganz und gar nicht ge
dient wäre. Derartige, des öfteren
vorgebrachte Betonungen sörderten
allmälig das volle Verständnis der
Schwestern siirden Stand der Sach
lage. Und anschtkk end an diese finan
ziellen Erörterun cis-- hatte der Speze- ’
reiwaarenhändler es niemals unterlas
sen, auch weiter das Glück der harmo
nischen Herzen-ehe rühmend hervorzu
heben. »Aus Händen möchte ich fte tra
gen, die Gefährtin meines Lebens,"
erklärte er in bestimmter Weise und
schaute dabei alle Drei an, »so daß
keine wußte, welche von ibnen aus
Händen getragen werden sollte. Eben
so gedachte er alle Sorgen von der Ge
säbrtin seines Lebens abzuwenden,
ein herz ausschließlich für sie allein
schlagen zu lassen, und ihr das H
Sonntdlgs XVI-Mk
Beilage des ,,9ccbraska Staats- Anzciger und Herold«.
; B Wmdospn bekam-Ueber Mund Ichland Nebr» den Zu. Tec. 1901 Jahrgang Zz Naxltp
i
so riemiithlich zu machen wie nur mög
lich. Das sagte er so im Allgemeinen,
und Jede durfte seine werbendenBlicke
in ihrer Weise auffassen.«
» Endlichz eines Tages erklärte Karo
ltne, die Zweitälteste, daß etwas ge
schehen müsse; Wie die Sache liege,
meinte sie verständig, könne nur eine
heirathen, da ihm mit weniger als tau- .
send Gulden nicht »gedient« sei. »Und .
es wäre schade, ihn entkommen zu las
ien,« seufzte sie mit zarter, etwas egoi
stifcher Anspielung. Sie beschlossen
daher einniiithig, daß der Spezerei
waarenhändler »in der Familie« blei
ben müsse. Einfach auszuloosem welche
die Glückliche sein sollte, erschien ihnen
denn doch als eine Prosanation. Da.
in einem nnbegreiflichen Anfalle von
Edelmuth erklärten Fiaroline und Ma
rie, sich für die Aelteste zu opsem Sie
hielten das fiir den gerechtesten Aus
weg. Der Aeltesten gebühre der Mann.
Sie stiitzten sich auf ein gebrärtchlicheg,
traditionell-s Ehe-recht der Aeltesten
und resignirten. Durch diese selbstlose
Entsagung retteten sie die Ehre des
ganzen Standes der armen. ledigen
Mädchen. Und ein paar Wochen spä
ter führte der Spezereiwaqrenhiindler
die blasse, zarte Anna zum Trauerlied
Die Ehe brachte ihm nicht jenes Glück,
von oem er immer so rückhaltlos ge
schwärmt hatte. Daran trug Anna
nicht oie tleinste Schuld. Sie war
brav, bescheiden und liebte ihren
Mann. Aber Karoline und Marie ver
leideten ihm das häusliche Glück. Sie
fühlten sich niitverheiratbet. Sie par
tizipirten ja mit einer kleinen Einlaae
an dieser Ehe. Sie interessirten sich
gar zu lebhaft fiir dass Thun und Trei
ben deg Spezereixoaarcnhiitidlerg. Bei
jecer Kleinigkeit wollten sie zu Rathe
gezoan sein. Beim Möbeleinkanf
sollte ihr Geschmack mitsprechen. Jn
die Art der Haugfiihrung sollten He
dreinreoen diirfen. lieberhaupt in al:
I-- .....»0». ci« III wiss-III ,.... den«an
IIU euuu wn s-- »u, »- ------
hatten sie ja begründete Ansprüche.
.Wann ist Dein Mann gestern nach
Hause aetommen2« »Was, so späi?"
»Hast Du ihm eine tüchtige Gardinen
predigt nehalten7« So qinq das die
nanze Zeit. -—— Sie tijmmerten sich um
die Freuden nnd Leiden der Ehe. Sie
begleiteten das Ehepaar-, wenn es ein
mal ins Theater gina Sie tlatnmerten
sich an diesen Mann, sie drängten sich,
wie selbstverständlich in diese Ehe, an
der sie mit ihrem Vermöaen tietheiliat
trinken. Er litt unter ihrer iia Antriebe
nen Theilnahme. Die Nachbarschaf:
lächelte iiber ihn. Wie er da über die
Straße Pilaerte, inmitten von drei
Frauen, Arm in Arm mit den Schme
stern, während seine Gattin bescheiden
an der Seite ging. ,,D-u hast ihn ssa
den ganzen Tag«, sprachen die Blirte
der Schwestern, »wir wollen auch einen
Mann haben«. Und die Ehe wäre so
glücklich gewesen denn dae Paar liebte
sich unendlich, wenn die Schwestern
nicht störend eingegrisfjen hätten. Da
erbarmte steh der Zu all seiner. Eine
Spekulation gelang ihm und er der-«
diente ein hübsches Stimmchen Er
hatte nichts Eiligeres zu thun, als den
Schwestern ihre Cheantheile Zurück-iu:
zahlen. Nur ungern nahmen die Ar
men, welche nun wieder ohne Mann
blieben, das Geld. —
-— —-.——————
Eine Pariser beir«1tl).
Heiteres vom Seinestrand.
»Heda, mein lieber Meisters«
..Jch txt-Iw- mich Um- txt-. sie-L wisch
eigen aeorper nch ourch sag »unter
chen einer Droschke durchztvängen uno
erkenne sofort meinen ausgezeichneten
Freund, den Doctor Cozet
Er gievt mir ein Zeichen, einzusteii
gen, und während ich feinem kiebeng
würdigen Drängen nachgeve, vittet er
niich, ihn bei den Besorgungem die er
im Begriff stehe, fiir seine demnächst
stattsindende Hochzeit zu machen, Ge
sellschaft zu leisten. Jch nehme an.
Während der Fahrt schüttet mein
Freund mir sein Herz aus«
»Du wirst kaum glauben, daf; ich,
außer dem hübschen Andenken, das
ich Tir, dem großmiithigen Freunde,
verdante lich protestiret. nur folgende
Hochzeitsgeschenke erhalten habe: 1.
Eine Hammelskeukr. 2. Zwölf Des
fertlöffel, unecht natürlich. Z. Ein
Ausziehtischchen von sehr relativeni
Werthe.«
»Das ist wirklich Ivenig«, warf ich
ein.
»Nicht nur wenig, mein Lieber, fon
dern ich hin auch comproinittirt, wenn
ich als Arzt bei dem schamlosen und
verrückten Akt, genannt »Aufstelluna
der Hochzeitsgefchenke«, meinen Gä
sten nur diese erbärmlichen Gegen
stände zeigen kann. Du verstehst
mich?«
L»Voklkommen.«
,,Gliicklicherroeise ist aber Paris,
das vielverleumdete, die Stadt, in der
sich fiir Alles Hülfe findet.««
Der Wagen hielt eben vor einem
Hause unweit der Dreieinigkeitstirche
und ein Aufzug beförderte mich in den
dritten Stock. Ein Diener öffnete auf
unser Läuten und führt uns in die
Wohnung Diese bestand aus meh
reren Zimmern, die mit den verschie
denartigsten Gegenständen angefüllt
waren. Bald war ich über den Zweck
unseres Besuches im Waren
Ein kleines Männchen mit einem
bartlosen Eulen-Gesicht trat auf uns
zu, und bevor noch der Doctor Zeit
hatte, den Mund zu öffnen, sagte er:
»Schon gut, sehr gut . . .Sie kom
men wegen Hoch«zeit5gefchenien, wäh
len Sie, such-en Sie aus-, meine Her-—
ren. Kennen Sie die unvergleichlich
vortheilhaften Bedingungen meines
Hauses? Nein? Run, die wenig ums
»sangreichen Gegenstände wie Silber
sachen, Bibelots u. s. w ..... kosten
! Stück fiir Stück l Franc Miethe pro
; Tag, Zusenden und Abholen 50 Cen
times pro Stiiet extra. Fiir große
; Möbel, Porzellnn u. s. w. lzahlen Sie
dag Dreifache.«
Jch war starr.
Mein Freund wählte eine Kantin
Garnitur im reinsten Louig XX«I.
SthL ein Dutzend Etuig mit Silber:
waaren, einige hübsche Tischchen (ganz
unerläleich), einen prächtigen goldenen
Chronometer, einen glänzenden Kron
leuchter, einen vollständig ausgestatte
ten Operationglastem durchaus geeig
net, die Ehrfurcht der lieben Collegen
wuchzurusem und andere Sachen.
Unser Eulenmännchen strich sich ei
nige Male iider sein kahle-S Haupt,
Ok-;«·- II« .-.-.-.n-Icc.««-. !U.««--»«UL"K
»un- Utw unt-H »aus-s- thu dexk Ussu v
in verschiedene Klassen, machte rasch
seine Rechnung uno erklärte, daß der
Betrag sich auf 265 Franks belaufe.
Der Dortor wollte eben bezahlen, als
ihm das Männchen mit Recht entge
ctenbielt, das; er auch Den Preis der
» Visitenkarten entrichten müsse, die je
-dem Gegenstande beizulegen wären,
und zwar 530 Centimeg fiir einen ge
möbnlichen bürgerlichen Namen und
10 Seniiineis mehr, wenn dem stunden
»ein Titel oder Bloeletiräbiceit lieber
wäre. Matt fragte mich um meine
Meinung und ich stimmte Dafiir, Das-,
die Hälfte Der Karten Namen der
höchsten Aristotratie tragen sollte.
Dieser Antrag wurde angenommen
und die Rechnung beglichen. Genaue
Jttstruetionen wurden gegeben und
toir nahmen unsere Wanderung wieder
auf.
, »Da-«- ist noelt nicht Alle« « sagte
unterwege- meitt alter Schttlsreutio.
) »Der ekske Punkt ist glücklich erledigt
aber ich darf nicht vergessen, Daf-, mei
ne tukiinftigen Schwiegereltern am
Hochzeitstage ein großegTiner geben«
Gerade als ich mich anschickte-, in
Bezug auf die etwas dunkle Mittltei
lung eine Frage an ihn zu stellen, hiel
ten wir vor einent Haus-e in jenem
i Theil der häßlichen tliue litalanbe, der
schon längst hätte oemolirt werd-en
sollen. Dieses Mal mußten wir all«
unseren Mutb uns unsere straf: tu
samtnennehmen, um Die fiinf finiteren
und tvurmstichiqen Treppen zu er
klimmen. Endlich oben angetoumien,
leuchten wir wie Seehunde, und zwar
dermaßen, daß sich die Thiir öffnete,
bevor mir noch die Schellenschnur ge
zogen hatten.
Ein sanstittiithiaer Greis empfing
uns, keineswegs überrascht durch un
seren Besuch dessen Zweck er kannte,
nim- rmfi mir- »i·t niiibin hatt-n ihn
denselben auseinander zu setzen. lsr
liess uns nicht einmal Zeit, zu der
schnaufen, sondern begann ohne lim
schweife:
Die Depefchen ausz- Frankreich und
den Ländern des Weltpostdereing wer
den nach dein officiellen Tarif berech
net. Für meine Mühe beaniiae ich mich
mit einein Franc Commifsion pro De
besche. Das ist selir wenig. Urtheilen
Sie selbst: 15 tsentimes Vorw, um
jeden Eorrespondenten zu benachrich
tigen, und sil) tsentimeg Commisston
für ihn. Was die überseeifchcn Län
der betrifft . . .
Cozet unterbrach ihn.
»Dan! bleibt uns keine Zeit, meine
Hochzeit findet schon in acht Tagen
statt.«
Man tam überein, das; 40 Depeschen
aus den größten Städten Frantreichs,
der Schweiz, Belgieng und Holland-Z
abzusenden wären. Schließlich er
lliirte man es auch für unerläßlich,
eine Depesche aus Ruleand zu erhal
ten. Das hebt einen Mann bei diesen
Zeiten!
si- e- «
Am Hochzeitstage drängt sich im
Hause der Braut eine große Menschen
menge um die mit kostbaren Gegen
ständen beladenen Tische. Alle Erschu
nenen stimmten darin überein, daß
das Talent und Geschick des Doktors
solche Geschenke verdiene. Besonders
der venecianifche Kronleuchter zog Al
ler Blicke auf sich. Jnfolge eines son
derbaren Zufalleg trug die angeheftete
Karte den Namen eines der anwesen
den Gäste, der die Complimente eines
Jeden über das prächtige Geschenk,
ohne auch nur iint der Wimper zu
zucken, hinnahn1. Jch hörte ihn sogar
zu Jemandem äußern, daß er da einen
wahren Gelegenheitglauf gemacht habe
und sich dadurch zu dieser Thorheit
hätte hinreißen lassen. Jch bin nicht
weit entfernt zu glauben, daß er sich J
am Schluß des Tages noch große Vor- :
würfe wegen seiner Verschwendung »
machte.
Beim Diner erregte die Fülle der
Depeschen, die einliefen, großes Auf
sehen. Aus Lnon telegraphirte ein
Gelehrter seine Glüclwünsche nnd
driictte dem Doctor seine Dankbarkeit
aug, daß er ihn von einer bis dahin
siir unheilbar gehaltenen Krankheit
curirt habe. Aug Marseille prophezeite
ihm ein großer Rheder, er toiirde ein
zweiter Pasteur werden. Aug St.
Etienne, Geni, Basel, Rotterdam,
Qstende u. s. to. . . . Väter, Schwe
stern, Brüder, Ontel, Tanien riefen
auf das Haupt ihres Wohlthäters des
Himmels Segen herab.
Man sprach nur noch von den her
vorragenden Verdiensten des Doktors-.
Jeder brachte seine kleinen Dienste vor,
und dieDamen nahmen ihm sämmt
lich das Versprechen ad, sie in Behand
lung zu nehmen ---- man riß nnd stritt
sich um ihn.
Beim Nachtifche, als eine tleine
Stille sitt-schaden bym hie lohla M
Pesche. Sie lautete:
»Dein Retter meines Lebens-, der
mich den Meinigen erhalten, dem gro:
ßen Arzte Cozet, sende ich meine heiße
sten Wünsche fiir sein Glück unoWth
erziehen.
Lampotow, Kammerherr S. M. des
Zeiten«
Der Saal hallte von tosendem Bei
fall wieder. Das mahnsinniae Hände
tiatschen wollte aar kein Ende neh
men. Eozei, als guter Patrioh weinte
vor Rührung Als er sich gefaßt
hatte, hörte ich ihn murmeln:
,,Vierhundertsiinsundsiebiig Fran
ten, fiinsundzmanzia tsentiineg .....
na! irsenigsteng habe ich mir dasiir
Patienten aesichert.«
—»».--—
Gekröute Häupter am Spiel
tisclx
staiser Wilhelm als Etatspieler. Ha
liardspiel ins hohen Kreisen.
Zuieleriristenzen.
Man hat in bürgerlichen streifen
aanz abenieuerliche Vorstellungen oon
Den Summen, welche in den höchsten
itreisen im Spiele verloren werden.
Es ist ja richtig, daß eg noch immer
eine stattliche Anzahl berusginiißiger
Hochspieler in Den adeligen Clude der
europiiischen Großstädte giebt, aber
ebenso sicher ist es, daß eine ebenso
große Anzahl Von Aristotraten und
Finanzgrößen grundsätzlich iitier
tleinbiirgerliche Einsiitze nicht hinau»:.
geht und thatsächlich nur spielt, um
sich zu izerstreuen, nicht um zu -- ge
minnen. Vorbilalich sinD in Dieser
Beziehung die Monarchen.
Kaiser Wilhelm spielt Stat niemals
höher als um Den Pfennig per Point,
und wenn Das auch siir authiirgerliche
Verhältnisse schon hoch genannt wer
Ven kann, so wird Doch auch in Biir
aertreisen nicht selten hoch gespielt.
Ja, ich habe » freilich unter Millio
nären um eine Mart per Point
spielen sehen, und habe mir sagen las
sen, Daß ein berühmter Bühnensänger
und der ebenso berühmte Leiter eines
Deutschen Hoftheaterorchesters tioohl
Schuch in Dresden) nicht niedriger
spielen, wobei es freilich vortommen
soll, Daß die Herren oftmals in einer
Nacht am Stattisch ihre Monatsgage
verlieren. Bei dem erwähnten Stat:
spielsasz des deutschen Kaisers — an
dere deutsche Fürsten spielen auch nicht
höher, ja noch» nidriger, so Her König
nis- ,
cuucu uuu Ouussclh ucr irr-r Her-i
Slat spielt, meist nur um Die Viertel
pfennige « lann es wohl einmal zu
einem Verlust von zwanzig Mart kom
men; Doch da muß der betreffende Ver
lierer schon sehr im Pech sitzen.
So ergina eg einmal Dein durch sei-:
nen Witz bekannten Rechtgamoalt Ha
aemann ans Leipzig, oer vor ein paar
Jahren die Ehre genoß, mit dem Kai
ser am Spieltisch sitzen zu dürfen. Der
Kaiser war damals Jagdgast des
Amtsrathes von Diese-Baron und
als Abends«Stat gespielt wurde, saß
der Rechtsanwalt so im Pech, dasz er
schließlich etwa zwanzig Mark verlo
ren halte. Da entsuhr ihm dann die
bekannte StatspielersReoensarh »Hier
ist man ja wahrhaftig unter die Rän
ber gerathen!« Alles lachte, und Der
Kaiser nicht am wenigsten. Als dann
aber der Kaiser ein Jahr später wie-«
der bei eHrrn von Dietze als Jagdgast
.weilte, bat er den Gastgeber vorher,
daß auch der damals »auggeraubte«
Rechtsanwalt wieder geladen würde,
und als er diesen dann erblickte, ging
der Monarch sofrt auf ihn zu und
überreichte ihm mit den Worten: »Ban
den Räubern zurück!« ein in Brillan
ten gesafztes Zwanzig-Mart-Stiick.
Jn der Regel spielt der Kaiser ge
rade an Jagdabenden gern Stat, und
diese Liebhaberei haben auch andere
Fürsten. König Albert von Sachsen
setzt sich gern nach der Jagd an den
Spieltisch, und da er oftmals allkin,
oder nur in Gesellschaft eines Ade
tanten jagt, so zieht er nicht selten nic
dere Forstbeamte zum Spiel hinzu.
Das Gleiche thut auch der Kaiser von
Oesterreich, nur daß dieser nicht Skat
sondern Tarot spielt.
Einmal machte der Kaiser von
Oesterreich mit einem Jagdgenossen
und einem Forstgehilfen enien »Top
per«. Der Forstgehilfe war dem
hohen Herrn beritg alg Tarotdirtudse
von früheren Gelegnheiten her bekannt :
und willkommen, er wußte-, daß er mit
ihm, dem Kaiser, gerade so kühn und «
spettatulög spielte, wie mit dem nächst-—
besten Anderen. Er läßt Niemanden
gern gewinnen. nnd wenn seine Car
riere davon abhinge! Wie nun also
die Herren einmal so beim »Topper«
sitzen, geräth der Forstgehilfe immer
mehr in Feuer. Einmal bekommt er
ein gute Blatt, sagt den ,,«"·s3agat Ulti:
inn« nn s-— sein immer Ehrgeiz algi
Spieler beseelt ihn, und obwohl es nur
um Kreuzer geht, möchte er doch lieber
den Kon verlieren, alg diese Partie.
Zu seinem Malheur ist aber sein hoher
Gegner als Tarolist ebenso tüchtig,
wie als Jaaer und fängt ihm den
»Mond« ab, als der Forstaehilfe den
hohen Herrn irrthümlich gar nicht-z
mehr in der Lage wähnte, das thun
zu können. Jn seinem Erstaunen, in
seiner Erregung hierüber findet der
Geschlaaene kaum Worte, um seine
Stimmung augzudrückem er haut mit
der Faust aus den Tisch und schreit:
»Da hört sich aber Alles aus! Hat der
zierl noch ein Tarok!« Raum aber
sind Diese Worte dem Geheae seiner
Zähne entflohen, so wird ihm klar,
mag er aethan —-—-, er erröthet und er
bleicht ---. Dem Kaiser aber machte
die Livisode so oiel Spaß, daß er einige
;,eit vor Lachen nicht zu Athem kann
Dann aber bedeutete er dem Forstge
hilfen, er möge sich nur bernhiaen, in;
der Hitze des Gefechteo könne einem
enraairten Spieler so Etwas schon
passiren. Der Forstaehilfe mußte
meiterspielen, die gewohnte Zeelenrntse
schien er aber nicht wiedergefunden en
haben, denn er verlor im weiteren
Verlaufe des Spielg eine Partie nach
der anderen.
Aehnliche Geschichten, in denen von
Statt-vielem berichtet wird, die im
JTemperament beim Spiel mit hohen
Heren Zlatredengarten gebrauchen,
die ihren Spieldartnern nicht ganz
angemessen waren, werden vielfach er
zählt So soll einmal ein süchsischer
Forstbeamter, der mit dem stönia Ill
bert Etat spielte, diesem und feinem
Bannen als der Forstmann bei einein .
aluckltchen spiele alle Stiche machte-,l
in der freudian Lsrreguna seines- Her :
sens gerufen haben: »Schtvarz, Jhr
Ludersch!«, iooruber der König unge
metn belustiat, der erregte Forttmann
aber natürlich sehr erschreett war. ilno »
das; der König dem temperamentvoL
len Manne die üble Anwendung des
Statsvieleraugrufeg nicht übel nahm,
betoieö er ihm dadurch, daß er ihn wie
der an den Spieltisch befahl, als die
nächste zaadqeleaenheit der hoh: n
Herren wieder in die lfHoickauer Ge
aend führte wo jener Forstma nn am
tirte.
Natürlich setzen sich hohe Herrschaf
ten nicht mit Erstjemandem an den
Stattisch, auch nicht bei einem nach
fröhlichem Jagen schnell improvisirten
Spiel. Und wenn er auch ein einfa
cher Forstbeamter ist, so muß es doch
ein rechtschaffener, braver Mann sein,
der solcher Ehre theilhaftia wird. Frei
lich einein Fürsten ist einmal vor eini:
gen Jahren in einein bekannten Welt
badedrte eine Geschichte passirt, die be
wein, dass er weniger vorsichtig in der
Wahl seiner Partner war. Ner be
treffende Fürst war allerdings kein
regierender Herr, wenn er auch einem
solchen sehr nahe steht; auch war der
selbe damals, als ihm die Peinliche
Sache passirte, noch recht jung an Jah
ren· Genug, der Prinz lernte in jenem
Badeort zwei Herren kennen, die
durchaus den Eindruck von Kavalieren
machten· Sie waren gegen Jeder
inann höflich und liebenswürdig und,
wenn sie auch durchaus nicht aufdring
lich waren, so waren sie doch so unge
mein gefällig daß man sich gern ihre
Näh-: gefallen ließ· Kein Wunder,
daß auch der Prinz gern von ihrer
umfassend-en Kenntniß der Gegend
Vortheil zog und sich ihnen auf Par
thien anschloß.
Bei einer derselben kam es nun auch
—
zu einem Spielchent es wurde Hazard
entrirt, doch zu einem Spielsatz, der
die Leidenschaft nicht allzu sehr erre
gen konnte, und bei welchem der Prinz
sogar eine kleine Summe gewann.
Wenige Tage darauf verließen die bei
den Herren den Weltbadeort und der
Prinz hatte dieselben längst vergessen,
als er aus amtlichem Wege über seine
Beziehungen zu diesen Herren ausge
forscht wurde. Der Prinz konnte nur
erzählen, was hier in Kürze mitge
theilt ward,« und war nicht wenig
überrascht, zu hören, daß er in die
Hände bekannter Spieler gefallen war.
Jndessen versicherte er, daß nicht sie,
sondern er selbst jenes eine Spiel an
geregt hatte, freilich Wohl veranlaßt
durch ein don jenen Beiden hervorge
; rufenes Gespräch, und das; er keines
"wegs durch dieses eine Spiel ausge
raubt worden sei, wozu gar nicht der
lsinsatz angethan gewesen, sondern
daß er vielmehr, wie erwähnt, einen
kleinen Betrag jenen Beiden abgewann.
Ader durch dieses eine unschuldige
Spiel hatten die beiden Spieler frei
lich mehr gewonnen, als ihr prinzlicher
Partner ahnte, denn die ertundigende
Behörde leate dem erstaunten Prinzen
ein photographisches Bild vor, auf
dem die drei Personen spielend abge
bildet waren. Ohne daß der Prinz
davon eine Ahnung gehabt, hatte ein
Photograph, natürlich auf Bestellung
jener Beiden, die Spielenden photo
graphirt, und die beiden berüchtigten
Spieler konnten nun jene Photogra
phie als gute Geschäftsketlame be
nutzen, zu welchem Zweck wahrschein
lich die ganze Partie veranstaltet wor
den war; konnte ihnen doch das Bild
die Pforte zu mancher Gesellschaft
öffnen, die ihnen sonst verschlossen
dlied.
Jn jenen hohen Kreisen, in denen
das Hazardspiel gepflegt wird, ist man
naturgemäß --— wie mancher Spieler
prozeß der letzten Jahre gezeigt hat-—
nicht allzu peinlich und vorsichtig bei
der Auswahl der Spielgenossen. Frei
lich war man dies in früheren Zeiten
noch weniger als jetzt. Da hatte man
man seilen iogar oen Wunsch, nur
irgend einem »beri.ihmten« Spieler
gleichsam seine Kraft zu messen.
So befand sich zur Zeit des Wiener
Rongresses in Wien ein gewisser O.
Beam, der damals für den ersten und
ältesten Spieler Europas galt und der
in den höchsten Kreisen bekannt war.
Dass Spiel war die Beschäftigung
seines ganzen Lebens gewesen, er hatte
stete- nur von demselben gelebt. Heute
hat man andere Anschauungen über
den moralischen Werth solcher Leute.
Die damaliaen Ansicht-In möge die
folgende Geschichte illustriren, die O.
Bearn selbst mit einem gewissen Stolz
erzählte. »Lange hatte,« so ungefähr
berichtete er, »der Herzog von H. mit
mir zu spielen gewünscht, und ich ließ
mich nicht lange darum bitten, ihm die
Gelegenheit dazu zu verschaffen. Er
wählte Piquet. Wir spielten anfangs
mit mäßigen tkinsätzein steigerien aber
allmählich die Einsätxe bis zu schwin
delnder Höhe. Hunderttausende gin
gen hin und her.e Als der Morgen
tagte, hatte der Herzog sein ganzes
enormeg Vermögen verloren.
»Er erhob sich und sagte: »Ich bin
Inomentan außer Stande, mit Jhnen
«!lbreclsiiiiiig zu halten. Jch werde Ih
nen aber meinen Jntendanten schicken,
der Ihnen dann die Besitzurtunde
iiber meine Giiter iiberge ben soll.«
»Sie sprechen wie ein Mann von Ehre,
Herz va» entgegnete ich, »aber man
soll nicht von mir sagen können, daß
ich den Inhaber eines der tlannvollsten
Namen Englande an den Bettelstab
gebracht habe. Da ich indessen keines
ioeak umsonst die ganze Nacht gesessen
und gespielt hatten inaa, so erlauben
Eie mir, dass ich einen Notar hierher
ruan lasse. Vor ihni mögen Sie
schwören, nie wieder eine Karte anrüh
ren su wollen, und er soll eine Urkunde
aussetzen, durih die Sie sieh verhind
lieh Inaihen, mir, so lange ich lebe,
enie Eltente oon tausend Pfund Ster
lina 2u zahlen« Die Bedingungen
murren auaenoinuien und treu gehal
ten. Der Herzog oon H. hat in seinem
Leben nie wieder eine Rarte ungerührt
uuo iih erhielt seit dein Taae pünktlich
ineiue titente·«
Heute diirste ein professioneller
Spieler sieh tauiu soliher titauhrittees
thaten riihinen, oh Dieselben nun auf
wahren Thatsarhen beruhen oder in
dag- Gehiet der Liienoinniaqen zu ver
toeisen sind, indessen ist man auch heute
noch allzu meitherzia in den Kreisen
der Liebhaber deg Hazardgs prosessio
nellen Spielereristenzen gegenüber.
Die Münchener Neuesten Nachrichten
enthalten die Retlaine iiher eine Thu
sorte uiit heiaesiiaten Attesten, deren
eines »Heinrirh Ruhestörer, Steuer
sammler« unterzeichnest ist. Wenn die
ser Name nicht echt sein sollte, ist er
doch gut erfunden.
di- sk III
Sonnenstrahlen aus Flasche-n gezo
gen, für Heizzwecle, ist die Erfindung
eines Mannes- in Indiana Wenn die
Erfindung sich bewährt, wird fet
Kohlentrust kein Aktien : Kapita s
Wasser mehr aus Flaschen ziehen kön
nen.
s- ie si
Wo vor 118 Jahren Georqe Wa
shington von seinen Ofsizieren Ab
schied nahm und ihnen bei jener Gele
genheit einen kräftigen Punsch semi
ren ließ, ist zur Erinnerung an den
Taa -— Thee servirt worden. Es ist bei
uns seit jener denltvürdigen Zeit noch
manches andere sehr viel dünner ge
I worden. «