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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 13, 1901)
W Kalt, rvartn lau! Sitz-te von «Gtozttta». ktlnsrs dem llnaariiaton von Q. Latiaittt Doktor Ssapp hatte das unerwartete Glück, in einer weltfernen Gegend ein unwirthlicheg Grundstück von einer Großtante zu erben. Es aad dort nichts weiter als einen Brunnen, aber dieser Brunnen verlieh dem Grundstück seit undentlichen Zeiten einen gewissen Werth, da sein Wasser sehr kalt und sehr reichlich war. Die Nachbarn schickten daher ihre Dienstboten zur Sommerszeit dorthin zum Wasser holen und vergalten die Geiälliaieit dadurch, sich alle zwei, drei Jahre mit einem Korb voll Waldfriichten, Heidcl beeren oder frischen Eiern erkenntlich zu zeigen. Dr. Csapp betrachtete nachdenklich das brunnenbehastete Grundftiirt. Was sollte er damit beainnens Den alten Zustand konnte er unmöglich be lassen, denn Walderdbeeren af-, er nicht, und die frischen Eier faulten sicher schon, ehe die Brunnensteuer bei ihm anlangte. »Heureka!« rief er Plötzlich, sich an die Stirn schlagend. »Wenn haben wir das viele talte Wasser? « Jch werde einfach eineKaltwasserheilanstalt hier griinden.« Da Dr. Csapp kein Geld besaß, konnte er in der That etwas Kliiacresz nicht augdentem und Jedem, der zu wenig von diesem Metall sein eigen nennt, kann man nur anratben, eine Kalttoasserbeilanstalt ins Leben zu rufen. da es die billiaste und dabei doch einträalichste Einnahme der Welt ist. Was braucht matt dazu? Kaltes Wasser. ein Dutzend Leinentiicher, einige Pferdedecten, eine Baractr, mit unaehobelten Bänken tnöblirt, einen schonunaslosen groben Burschen· den man Bademeister oder Massenr benen nen kann, eine in Oelfarbe hergestellte Firmentafel mit der Ausschl-ist »Halt tvasserbeilanstalt«, sowie einige An noncen in der Zeitung. Das braucht man und nicht mehr. Dr. Csabp aber hatte höhere Absichten mit seinem Grundstück im Sinne, da her formulirte er die Aufschrift in zwei Worte, so daß sie jetzt lautete: ,,Kalttvasserheilanftalt und Sanatos rium.« Zwei solchen imposanten Worten war die heutige Welt, deren Haupt lebensitveck das ,,(s.uriren« ist« unfähig zu tviderftehen.« Dr. CsappH Anstalt gedieh denn auch bald dermaßen, daß nach Verlauf von kaum zwei Jahren folgende Art von Annoncen aus den Eintünften des ererbten Brunnens möglich waren: Nu r la l t! Harten tvir unseren Leid sal-! Stühlen tvir unsere Hierin-til Be nützen wir Tr. Csapvs stalttvnsierheil tnethode« die einzig nnd allein nur in der Qtnltltrnnnetz tnit einem Entmtoriunt verlInndcnenWasierheilanstait. unter ver sijnlicher Aussicht nnd Leitung Tr. Csnvw erfolgen inmi. Maltbrunneih nn einein der schönsten Pnnlte der Mat vatlnsn gelegt-in ist eine Eisen, Arsen. sod, Schwefel, Mehle-, PbocsvhoL Sanct stofs- Zau. Chiusi-nd Litbiutn enthnl tende, natitrlichc Quelle-. sinnreiche Luft und Lindflune nach allen tttichtungen Eisenbnltnsmtion in nächster Niter in tattnt zwei Ztnndcn zu erreichen linielil bar sichere Heilung bei kttlteutnationnt5. Glieder nnd Siteruensituuiichc latarrlmli selten Beschwerden. Blutnrntntin Meint sucht. Vollbliitinteit, Nieren- undMazien tritntheiten nnd Frauenleiden Vorzug liche hinein-, schöne Wohnungen, tnaszisie Preise Nijhereg durch den Badeiniuectatx Das Publikum strömte in die Kalk brunner Anstalt, utn sein Leben auf Erden zu verlängetn. Dr. Csappsz Heiltnethode war auch äußerst an lockend. Diejenigen Menschen nämlich, die sich nicht heilen lassen wollen. lie ben es, freundlich behandelt zu werden; jene hingegen, die ernstlich irgend eine Heilcur durchzutnachen gedenten, hal ten es fiir nöthig, daß der Arzt sie quäle und durch seine souveräne Grob heit die Besserung ihrer Gesundheit befördere. Dr.Csapd aber tvar grob wie Boh nenstroh, und dag Hauptprincip seiner heilmethode bestand darin, daß die Kranken alles aushalten müßten, was peinigend und unangenehnt war. Jn Kaltbrunnen mußten die Leute barfuß gehen, bis ihnen die Sohlen bluteten; man jagte ste, wenn die Sonne glühend schien, ohne Vut in die tenaenden Strahlen; die Hungernden bekamen nichts zu essen, den Durjtiaen war das Trinken verboten, die Miiden sollten nicht schlasen, wer sich aber dor dem kalten Wasser entsetzte, wurde unaus hörlich damit begossen. Hielt er auch das standhaft ang, so gerieth er in die unbarmherziaen Hände der- Massean Da das Unternehmen Tr. tssappg sich so angenehm entwickelte lies; er seine ergrauenden Locken bis iur Schulter wachsen, rasirte sich nach Art der westeuroväischen Gelehrten, aina immer in Schwarz und nannte sich Professor-. Endlich engagirte er einen junaen Asststenzarzt Dr. Csepp, der unter dem Vorwande heilgymnastischer Proeeduren sich an den Kranken itn Boten übte. Das alles hielten die Patienten aus, denn der Mensch ist ein unglaublich start organisirteg Wesen. Er erträgt das alles, ja, je mehr er gemartert wird, desto leichter gesundet er. Eines Tages sagte nun Dr. Csepp zu Dr. Csapp: »Herr Professor, ich habe in Erfah runa gebracht, daß Sie eine lfsjährige Tochter in dem Institut der englischen Fräulein besitzen· Nun, ich liebe Jhre Tochter . . . .« « »Was sder Tausend? Sie haben sie ja noch nie gesehen?« Sonntags Blatt « Lwcilagc des ,,chmska Staats- Auzcigcr nnd Herold« ; L « »k. B. Lbiudolph, Herausgehen Grund Island Nkbt., den lis. Tck 1901 Jahrgang 23 No. 15 , — I » . »Das- macht nichts-. Jch liebe also das Fräulein, wie gesagt, und bitte um ihre Hund« »Mit welchem Recht?« »Mit dem Recht, daß ich nicht hiS ins Unendliche nur zu Jhrem Nutzen arbeiten möchte. Jch will Jhr Schwie gersohn und dadurch Ihr Geschäfts theilhaber werden. Das Unternehmen ist glänzend genug, daß sich auch zwei in die Einnahmen theilen können. Jch bin meiner 1200 Gulden überdrüssig, da ich weiß, daß Jhnen zwanzig-, dreißigmal soviel im Jahre durch die sen nichtswiirdig kalten Brunnen und Fieifizre sachgemäße Hülfe in die Taschen lie t.« Dr. Csapp gerieth über diese offen-« herzige Ansprache seines Assiitenten in heftigen Zorn und warf ihn kurzer Hand zur Thiir hinauf-. Dr. Csepp schwor Rache. Schon nach toenigenIaaen las Dr. Csapp in einem medicinischen Fachblatt einen Artikel: »Die Gefahren der Kaltivassercun Von Dr. Csepp, ehemaligein Assistenzart der Kaltbrunner Wasserheilanitalt.« Jn dieser Abhandlung schilderte lksepp mit großer -Ol)jectivität, das; seine durch viele Jahre in Kaltbrunncn gesammel ten Erfahrungen ihn init schweren Be denken gegen die Kaltwassercur erfüll ten. Die unendlich vielen Nerven-, Gehirn- und Herzleiden, die Aahl töpsigteit, Gicht, das Gliederzittern und unzählige andere törperlichenUehel seien zweifelsohne durch die Kaltwass serdehandlung gezeitigt worden« Es iki nchin --- fn fchlnft dkk Akiikkl ——— daß man nicht länger die Augen ver schliesse und schleunigst zur Warmtvas serbehandlung zurückkehre. Aus dieser Fachschrist gelangten Augziige in die Tagespresse und er regten die ernstliche Besorgniß Dr. Csappg. Ja, selbst Separatabziige dec Artikelg erschienen unter dem Motto: »Mir tdarm!« und wurden tostenlos an sämmtliche Patienten des Kalt beunner Sanatoriumg verschickt. Die llnzusriedenen unter ihnen d. h. die Gesunden, die eine tägliche Besserung ihres Anstandes nicht con statiren konnten --—- begannen zu tnur ren: »Freilich, freilich! Die Kaltroass serheilmethode taugt wirklich nichts. Man miißte einenVersuch mit warmem Wasser machen-« Und eines Tages er schien über dein Thor der seit langem stillstehenden, aber noch mit brauch baren Kesseln versehenen Stiiritussa hril in Kaltbrunnen ein frisch gestri chenes Schild tnit der Ausschrist: »Tr. Cseupg Warnitvasserheilanstalt und Sanatorium.« Von nun an trat in dein Annancen theil der Zeitungen dem Kaltbrunnen »Mir kalt!« iiherall das Flalthrunnerx »Mir warm!« entgegen und die der Kalttdassermethode iiberdriissigen Va tienten gingen in Mengen don Tr. Csapp zu Dr. Csepp über Tag rIlnsehen desJ neuen Unterneh mens hob sich von Tag zu Tag. Die durch liälte gequälten Menschen ver nahmen von den zur Wärme zuriickge lehrten Gefährten voll Neid, dass Dr. tsseuu noch schrecklichen Euren mit sei nen Patienten unternehme, tvie Tr. Csaptx Hatte matt in der alten Heil anstatt die Menschen augfrieren las sen, so wurden sie in der neuen wahr hast getochtz während dort nur Fleisch zu essen erlaubt war, dursten hier nur Gemüse und Mehlspeisen genossen werden. Wurden die Leidenden bei Dr. Csapp einfach geknetet, mußten sie hier nun Holz spalten und Kohlen tra gen, das Feuer unter dem Kessel an ziinden und es unterhalten. Dr· lssapp sah mit der Zeit ein, dass, Dr. Csepp das öialte mit dein Warmen zu Grunde concurrire. Wenn dieser Kampf noch lange dauerte, würde bald aller Werth ans dem von der Groß tante ererbten Brunnen auggepuinpt sein. So entschlosysich denn der Doc tor zu dem groszen Schritt, nnd eines TaaeH erschien er bei seinem ehemaligen Afsistenzarzt und jetzigen Concurren ten. »Lieb» College«, erklärte er, »da bin ich, nni Ihnen Frieden anzubieten. Jchertenne an, daß Sie mich besiegt haben. Sie haben Recht, Jhre Me thode ist die wahre. Daher theile ich Ihnen mit, dasz ich noch heute die nö thigen Kessel bestellen werde, um zu Ihrem tsurshstein überzugehen-« Dr. Csepp erschrak jetzt, verlor aber seine liteisteggeaenwart nicht. »So? Dann taufen Sie lieber mein Unternehmen, denn wenn Sie, lieber College, warm werden, wende ich mich sosort der Kälte zu. Zwei Marmort stalten an einem Ort können nicht ge deihen." »Darin haben Sie ebenfalls recht, lieber College. Aber ich will Ihnen noch etwas sagen, was vielleicht der beste Ausweg wäre.« »Und?« »Sie wissen ja, baß ich eine 19jäh rige Tochter bei den englischen Fräulein babe. Dieses reizende Kind liebt Sie - unbekannter Weise Falls Sie diese Liebe erwidern und ich die Freude hätte, Sie als meinen Schwiegersohn begrüßen zu dürfen, to könnten wir die beidenUnternehmungen vereinigen.« .,Hand darauf!« entgegnete Dr. Csepp erfreut. « Die beiden Aerzte kamen nun über ein, daß es sowohl mit der Kälte wie mit der Wärme genug sei. Beide Heil metltoden waren so zu sagen ausge schödft und der noch nicht unterminir ten dritten, der »Lauen«, gehörte die Zukunft. Die dazu nöthigen FachartikeL Zei tunggberichte und Annoncen ließen auch nicht auf sich warten, und in der nächsten Saison arbeiteten Dr. Esapp und Dr. Csepp gemeinsam unter der Devise: »Nur lau!« Die Kaltdrunner ,,Vereinigten Sas natorien siir Lauwasserdeltandlung« konnten kaum die Menge der Kranken fassen. Der geerbte Brunnen Dr. Csavdg aofz unaufhörlich seine kalten Wassermassen mit dem heißen Wasser der ehemaligen SpiritugsabrikKessel zusammen, zum Heile der leidenden Menschheit! Beide wurden binnen kurzem Mil lionäre. Tausende von Geheilten sea neten ihre Namen; denn wenn die Menschheit das Kalte und Wurme aus l)ielt, warum sollte sie nicht auch das Laue vertragen. Der Jdi0t. Von Georges d’lFL«pareiL-. l. ,,,’5iil)rt den Burschen herein!« be fahl Der König oon Preußen ,,.c;tier ist ver Mann, Ijtajeftät!« Der Jbiot war eingetreten. Tiefes Schweigen herrschte, während Des Kö nigs Augen forschend oie Gestalt des Gefangenen überflogen. Hinter ihm standen, ftramm aufgerichtet, zwei Adjutanten in lautlofer Erwartung. Nur bas- regelmäßige Ticlen der Wanoubr war oernehntbar. Jmtner noch ruhte des Königs Blicl auf beut Antlitz Dei- Gefangenen. Er betrachtete den brutalen Kopf mit Dem wirren Haar, Den blähen alanz lofen Augen. Von Der herabhängen Den Unterlippe lief unaufhörlich Spei chel herunter; es fchien lautu Dentbar, Daf; in diesem oerthierten Körper eine menschliche Seele leben tonnies Die ser Kopf, der eher einem Thontluuts pen glich, war beinahe grauenerregend. »Nein, meine Herren, wag halten Sie von dein ba?« fragte Der Könia - »Aber sprechen Sie franzöfifch vor ihm! - Was meinen Sie?«« »Das-, er nicht blönsinnia ift, wie er sich Den Anschein giebt, uno Daf-, Mas feftiit ihn oetroft befragen tönnen!« »Sie find alfo Der Mann,« beaann oer Konra, »Der meinen Grenaoieren in der Nacht »zum lit. diese-Z LUionatI mit geheimer Botschaft fiir Den Gene ral de Cheoerl enttoifchte.« Der Herr feher nahm ein Papier zur Hand, Das er beut Gefangenen entaeaenhieli. Dieser aber rührte fich nicht unb hob Den Blick nicht auf. »Er thut, als wäre er auch noch taubstumm,« bemerkte einer Der Ab jutanten. »Er ift ein raffinirter Schuft,« Dabei versetzte er dein Manne einen kräftigen Stoß. Der Jbiot blickte ihn an unb lachte in sich hinein. ,,Diefer Brief giebt genaue Auss L kuntt nber Ihre Mission,« fuhr Der skönig svr1. »Sie sind entdeckt; gehen Zie also diese Komödie auf und ani rvorten Zie!« Verständnileog irrten des Xdivten Augen umher. Ein alter General hatte inzwischen den Gefangenen aufmerksam betrach tel. Er war ein iveißhaariaer Mann, voller Wiirde in feinem Wesen. Jetzt trat er näher und sagte zu dem Frem den: »Ich erkenne Sie wieder, Herr Illarqui5!« Der Spion schien nichts zu verste hen; sein Kopf ivackelte blöde hin und her, und aug dem Mundtvinkel rann ihm der Speichel. Wieder herrschte hangeg Schweigen, und nur die Wanduhr tickte weiter. »Sie haben,« sprach der König dann wieder, »den General de Che vert, der bei Aachen Stellung genom men hatte, venachrichtigt, daß er ein neues Corps herbeiziehen möge, aus den Regimentern von Navarra, Aus vergne und vierzig Grummet-Corn paanien. . . .« Der Jdiot verfolgte mit gespannter Aufmerksamkeit eine Fliege, die am Boden kroch, und plötzlich zertrat er mit lautem Aufstampfen das Thier. »—- und zwei Kavallerie-Brigaden, die auf Halberstadt ziehen sollten Das stimmt doch Alles-, nicht wahrs« i schloß der König. ! Rur die Uhr gab ihre tictende Ent- l gegnung. 2. Jetzt wandte sich der alie General an den König. »Ich möchte darauf schwören, Majestät, daß Dieser Mann der Marquis Antdine de Coadilo ist. Zwei seiner Brüder stehen in Che veret’g Armee, ebnso wie er selber. Sie sind alle Drei fiir tapfer, sogar tolliiihn beiannt. Am 19. trug er noch seinen Bart; jetzt hat er ihn ab nehmen lassen, daH verändert ihn voll ständig. . . O, ich ertenne Sie sehr wohl,« sprach er zu dem Gefangenen gewendet. ,,Oeffnen Sie mal den Mund! Ein Edelmann hat gewöhn lich gepflegte Zähne!« Der arme Blödsinniae blieb unbe weglich, er hörte offenbar nicht. Der Grenadier wurde hereingerufen, der den Jdioten beim Genick packte und ihm qewaltsam den Mund öffnete. Die Hähne sahen faulia und schwarz aug, wie bei einem Kranken. Der General gerieth in hellen Zorn. »Oho, der ist aber gerissen! Bei Gott, ein iluger Kopr« f Der Jdiot ergriff einen Stuhl,1 drehte ihn an der Lehne unaufhörlich im Kreise herum und ließ ihn dann zur Erde fallen. Plötzlich drückte er seine Auaenlider zusammen und mit grellem Auftreischen riß er sich ein paar Haare aus. »Dies« Komödiant!« knirschte der General. Auf die beiden jungen Adjutanten hatte dieser Vorgang jedoch einen ge: waltigen Eindruck gemacht Sie wa ren ganz bleich geworden, und einer nnn ihnen murmelt-« Nr ist sit-hef lich irrsinnig; man braucht ihn ja nur anzusehen!« Auch Der König schien sich langsam zu Dieser Ansicht zu kehren. »Ich kann bei diesem armen Narren auch nicht Die geringste Spur eines Llriitotraten iinDen,« meinte er. »Ur theilen Sie nicht ooreilig, General! Der französische Spion hat uns frei lich sehr geschadet; aber dieser Mensch Da ist vielleicht Doch unschuldig!« Die jugendlichen Ofiiziere blickten in athemloser Spannung auf Den Kö nig. An Der Wand aelehnt, stand Der alte General in Gedanken versunken Da. Plötzlich ariff er nach seiner Pi stole, trat Dicht hinter Den Gefangenen unD feuerte, Die Waffe auf Den Fuß lioDen gerichtet, ab. Rauch unD Flam-r me stieaen hoch aus« aber Der JDiot riihrte kein Glied. Der König lachte auf. »Nun, Ge neral, wag Denken Sie jetzt? Glau ben Sie immer noch, Das-, Der Kerl nicht taub ist?« Ter alte sSolDat murDe aanz blaß Vor Zorn. llnD mieoer trat erivar tunagoolle Stille ein. »Ach «va-:«,« saate Der Ftönia, der all Dieser fruchtlosen Versuche miiae mar, »Da-z Subjett ist wirklich nichts weiter als ein VagabunD Wer hat ihn Denn einaebracht?« ,,lsiner von Den Geloen Hufaren liw Majestät, Der als« besonders tiich tia bekannt ist.« »Um so schlimmer! Sehen Sie Doch nur Diesen Kopf an. Er verräth auch keine Spur von irgenD welchem inneren Leben: eine tthe Seele, wei ter nichts-P rs u. Angewidert trat Der König an’s Fenster, Durch Das er hinaugsah, und -r. — ex: Jl- « ,... s»- fu«-» Lunte »Hu-up pr. »u, un, uns xzusssuxy »s verlassen, als der alte General ihn zuriickhaltend leis saatet »Wenn ich bitten darf, gehen Ma jestät noch nicht! Bleiben Majesth nur noch ein paar Augenblicke! Ich zweifelte ja zuerst auch, aber jetzt bin ich fest überzeugt, das; der Mann ein allerdings ungewöhnlich aeschickier Komödiant ist. Er spielt seine Rolle ausgezeichnet. . . Wirklich, Sie ma chen Jhre Sache vorzüglich, Herr Marqni5,« wendete er sich laut an den Gesanaetien, dein er dicht in die Au gen blickte. Der Jdiot rührte sich nicht. ,,Trotzdem,« meinte der König, ,,spricht Alles aegen diese Möglichkeit Dieser irre, unglückliche, schniutziae Bursch’. . .« Der General trat ans den Gefange nen zu und riß ihm den Kragen her Unter, daß unter den Fetzen die Haut «hervorkam, schwarz vor Schmutz. »Majestät,« saate der alte Soldat, »ich 'bite inständiast um einige Minu ten Gehör unter vier Augen, aber der Mann hier soll inzwischen nicht von der Stelle.« »Gut, solaen Sie mir,« beschied der Könia Er und der General verließen das Gemach. ,,Jch schwöre, daß ich mich nicht irre, Majestat,« begann der alte Offi zier. »Und ich glaube, Sie sind starr töpfig!« entgegnete derKönig lächelnd. »Nein, nein, Majestiit, gewiß nicht! Jch bitte Ew. Majestät nur noch um ein wenig Geduld! Es giebt noch andere Mittel, und an eines denke ich besonders-l« »Und das wäre?« »Nun, Majestät, wir haben es hier doch mit einem Franzosen zu thun. Er selbst wird sich nicht verrathen; dazu hatte er seine Rolle zu gut stu dirt. Maiestät kennen ja diese heroi sche Rasse; diese Menschen sind kühn, soralo"5, aber dennoch. . .« Jetzt bogen sie um die Ecke des-Gan ges und führten das Gespräch mit ge dämpster Stimme fort. Nur noch ein hastiges Wispern war vernel)inbar, und dann, nach wenigen Minuten, hörte man das eilige Dadonrollen ei: nes Wagens. Bald kam der Wagen zurück, brach te einen Jnsassen mit, und nun bega ben sich der König und der General wieder in das Gemach, in dem der Jdiot noch wie vor stumpf vor sich hinstierte. 4. Mit Ausnahme des Königs, der sich in seinen Stuhl zurückgelehnt hatte, blickten alle Anwesenden gespannt auf den Jdioten. Allmählich theilte sich des Herrschers Zweifel auch ihnen mit. Denn während der König mit dem General abwesend war, hatte der arme Narr einen Stuhl zerschmettert, abwechselnd gelichert und geweint und aug voller Lunge gebrijllt. Ein Gän setiel, den er in einem Tintenfasz ste aen san. harre ihn wuo gemacht, und nur mit aller Kraft hatten sie es fer tiq gebracht, ihn in der Mitte des Zimrners festzuhalten. Jetzt stand -:r gebändigt da, nur der Kopf pendelte » lanasam von einer Seite nach der an deren. »Majestät,« begann jetzt der Gene ral, »sind im Begriff, Diesen Spion zu der-urtheilen. Jn Versailles kennt man ihn als ritterlichen Edelmann. Wir haben nun da eine Dame aus Halberstadt, die einst Kammersrau bei der stöniain Maria Leszynsta gewe sen, sie kennt jedes Gesicht am fran zösischen Hofe aus«1vendia. Jch habe nach ihr geschickt, und mit Ew. Masc ftiit Erlaubniß wollen wir sie dem Marquis acaeniiberstellen.« Der Könia tvintte zustimmenö. Zwei Wachen öffneten die Thür, und mit leichten, unhörbaren Schritten trat in ruhiaer Haltung die Gerufene herein. »Madame, ist Ihnen dieser Fran zose da betannt?« fraate der König. Forschend blickte die Frau den Ge ; fanaenen an, dann eutaeanete sie be stimmt: »Nein, Masestiit!« ,,(ttut,« mischte sich der General ein, »Sie werden wieder gerufen, wenn man hier noch Ihrer bedarf. Aber bitte, gehen Sie durch jene Thiir dort hinaaus·« Um dieser Aufforderung Folge zu leisten, mußte die Dame quer durch das Gemach und dicht an dem Gesan aenen vorüberaehen. Athemlose Stille herrschte in dem Raum. In dem Augenblick, als die Frau an dem Jdioten vorbeischreiten wollte, stolperte sie, stieß einen kleinen - Schrei aus und fiel in die Knie. Jm selben Augenblick veränderte sich der Ausdruck im Gesicht des Ge fangenen -s- -—— — ,,O, Madame, gestatten Sie mir!« - Hastia hielt er inne. Ein wahrer Tumult brach in dem Zimmer los. Leichenblaß war der König ausaesprunaen. Die Frau war lautlos verschwun: den· «Dieser Thort« murmette einer mitteidia. Drunten im Hofe dröhnte das aleichmäßiqe Stampsen schwerer Stiefel und das Ausschlnnen von Musketen· Dann schallte die Stimme des Marquig Antoine de Coadilo laut und hell durch die Lüfte: »Lang lebe der König von Frank l reich!!« Und darauf das Entladen von zwanzig auf ein Herz gerichteter Flinten. . . »Sosind die immer zufassen,« murmelte der alte General vor sich bin, main-end er den Schloßhof der ließ· ———-— -—.—--- - « Carneqie ist bibliothekwahnsinnig ——so saat Millionär Benedei. Mag sein. aber die Methode in diesem Wahnsinn ist gar keine üble. . Cur tut-eisiger This-fe. Ein in China ansässiger Schwebt berichtet dem Stockholmer Astonblad eine interessante Episode aus der Zeit, kurz nachdem die Boxer die Gesandt schaften in Peting zu beschießen begon nen hatten. Es war von höchsterWich tiateit, Nachrichten nach Tientsin zu schicken. Die Boten, die man schon abgesandt hatte, fanden unter den Boxern den Tod oder mußten unber richteter Sache wieder umkehren. Schließlich erklärte sich ein 15jähriger Chinesenknabe bereit, den Versuch zu wagen. Man steckte ihn in ein Bett lercostiim und rüstete ihn auch mit ei ner kleinen Thonschale aus, wie die chinesischen Bettler sie benutzen. Der Brief wurde in Oelpapier gewickelt und dann auf den Boden der Thon schale geleat und mit einer Schicht Reisbrei überschmiert. So ausgestat tet, lief; man den Boten am 4. Juli in der Dunkelheit mit einem Tau an der 40 Fuß hohen Mauer hinab, aber hierbei aina die Thonschale in Stücke. Borsichtig löste der Bote den Brief los und wickelte ihn nebst dem Oelpapier um einen Finger, gleichsam als hätte er sich diesen verletzt Bald wurde er I Tsöds I Ists-· Von den Boxern angerufen und unter- - sucht, die aber den vermeintlichenBett- . ler aleich wieder laufen ließen. Unbehelligt legte er nun den halben Weg zurück, bis er eines Abends bei einem Bauerngehöft Halt machte, um zu betteln. Dem Bauer, der hier wohnte, waren alle seine Knechte aus geriickt, sie hatten sich den Boxern an geschlossen, nnd der Bauer zwang nun den Knaben, bei ihm in Dienst zu bleiben. So ginaen achtzehn Tage Verloren, dann stellte sich der Knabe, indem er Essen und Trinken ver schmähte, krank, woraus ihn der brave Dienstherr wegjagte. Langsam schlepp te sich der Bote fort, bis er aus Ge siclitgweite des Bauers war, worauf er seine Schritte beschleunigte. Glücklicb vor Tientsin angekommen, mußte er drei Tage uml)erstreisen, ehe es ihm gelang die Soldatenwachen zu passi ren, aber schließlich, am 22. Juli, konnte er seinen Brief dem englischen Conful übergeben. Unmittelbar darauf sandte man den Boten mit einer Antwort nach Peking zuriick; diese war auf einen dünnen Papierstreisen geschrieben, an Sir lflaiide Mardonald gerichtet und lau tete: »Ihr Brief Vom 4. Juli ist ange kommen. Jetzt sind 24,000 Mann aelandei und 19,()0() befinden sich hier E— - in Uentnn General Oasen-e rocro morgen in Takn erwartet. Tientsin steht unter ausländischer Regierung. Das Pulvermagazin der Boxer ist ex plodirt. Viele Soldaten sind unter wegs-. Die meisten Damen haben Tientsin verlassen.« rTotzdem die Borer iiberall waren, glückte es dem jugendlichen Boten ungefährdet Pe tinq zu erreichen, wo er am 28. Juli sAntwortschreiben an die Gesandt schasten überreichte Der muthige Cliinesenjunne war natürlich der Held de: Tages. — Mit Dorf mit 47,217 Einwohnerir. Das größte Dorf in Deutschland ist zur Zeit die industrielle Laubge meinde Vorbect im Rubrtohlenredier mit sinle Einivobnern. Nach der Vollgiäbl unq von 1895 beanspruchten noch ie Berliner Vororte schöneberg mit italisi- Einmobnern und Rixdorf mit 554,ll45; Einmohnern die ersten Stellen unter den ,,Törsern«. Seit diese beiden ,,Dörfer« nun zu Städten erboben morden sind nnd Altendorf bei Essen, das Wie-J bereit-Z 4l),280 Einwohner hatte, am l. August d. J. mi: Essen vereinigt morden ist, ist Bdrbeit an die erste Stelle gerückt. Vor et.oa 15 Jahren bezeichnete man all aemein disz Dorf angenbielan l19, 127 Einwolmeri im Gnlengebirge als Ins »ard"f),te Dorf« «i«n31visclien ist dasselbe aber bereit: an die Ell Stelle aeriiitt Weiter zirosie Dörser sind: Lielnenberg im Regierungs-bein Bot-sonnt mit 4-';,JI72. Löbtau bei Dresden mit :«’-:J,Rt)7, Hamborn bei Rudrort im Reqierunngezirt Löffel dorf mit :t:3,;:)lt8 Neuiveiszensee bei Berlin mit ., 9,44 Deutsch Wilmers does bei Berlin mit ZU,671, Altenessen mit 2H,l;78, Biler mit 28,5l)0, Neun tireben bei Trier mit 27,695, Schalle bei Gelsentirchen mit 2l5,l)74, Bottrop mit 24, Höl, Wonne mit W,663, Gras-, Lichterselde mit 23,175, Za borze bei Zabrze im Regierungsbezirt Oppeln mit 22,592,1leelendorf mit 21.,88li, Panlow bei Berlin mit 21, III-, Steqlitz bei Berlin mit 21,423 Eimodbnern Natürlich steben den M »D·orfern« auch viele tleine »Städte gegenüber. Tie prentruche Provinz Boten hat al lein stsZ Ztiiote niit nur 1 —---20()0 Ein inolmein nnI S) niit weniger wie 1000 Einnmlniern Deutschland hat nicht weniger als 135 ,,St"cidte« auszuwä sen, Die weniger als JW Einwohner haben. Als gllertleinste Stadt kann wohl Das ,,3täotchen« Hauenstein bei Watdghnt in Baden mit 191 ,,St«cid tern« angesehen werden. Dann kommt das benachbarte Wiirttemberg mit dem Städtchen Zaoelftein bei Caltv, das 293 Einwohner hat· Die Z. Stelle be ansprucht Fürstenberg im badischen KreiseVillingen ini Amt Einwohnern. Unter 1000 Einivobnern bleiben im aiinzen Deutschen Reiche 135 «Städ te«. die sich auf alle Gegenden ziemlich gleichmäßig vertheilen. -——-—-—-.--— X Ziemlich viel schmutzige Hofwäsche . wird jetzt eoram publico gewaschen.