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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 6, 1901)
M Cene Zitte. -—..--.. Von Hans Albrecht. Das Letzte war nun auch gethan Man hatte sich am Sorge aufgestellt, der Pfarrer hatte eine kurze Rede ge: halten, und dann hatten die schwarz getleidetem hilfsbereiten Leute den Sarg so schnell hinabgelassen — so furchtbar schnell und so tief —— er hatte ihn lauen mehr gesehen, wie er hinab blicken wollte. Ein Jeder der Umste henden hatte ein paar Blumen hinabge worfen, die wieder solch schwarzer Mann mit der angenommenen, bezahl ten Jammermiene in einem kleinen Körbchen hinhielt, und ein paar hatten sich nach der gelben Lehmerde gebückt und eine Handvoll aus den Sara ge streut. Dann noch die unglaubliche Menge Händedriicle und herzliche. viel leicht auch heuchlerisch gestannnelte Worte der Theilnahme — bis die Erd schollen anfingen, dumpf und hohl aus den Sarg zu fallen. Da war er wie von Fnrien verfolgt in den Wagen ge sprungen. und den ganzen Weg, sogar seit noch llang ihm das entsetkli.hh hohle Poltern der Erdschollen im Obre· Vorbei, vorbei — das Heim veröde! und leer, seitdem sie dahingegangen. Der einsame Mann setzte sich vor den Schreibtisch und stützte den Kopf in die hand. Die Thiir zum anstoßenden Zimmer, wo die Todte gelegen, war weit geöffnet, ein Dust von frischem olze und Lorbeerbliittern, solch ein ergenthümlich scharfer, durchdringender Duft drang zu ihm herüber — er konnte ihn nicht mehr ertragen. er schloß die Thür und sank wieder aus den Stuhl zurück. Er versuchte, sich sein Leben vorzustellen, wie er die drei zehn Jahre mit ihr gelebt, wie sie doch eigentlich, wie rechte Ehegatten es sol len, Freude und Leid getheilt, Sorge und Glück, Enttäuschung und Hoff nuna ---s aber alles verschwamni in est-im- Pebel nirbt einmal ihres FI Gesichtes, des Gesichtes so lieblich und zart und ernst, das er so geliebt und dann in jungem Liebesrausche so selig geküßt, vermochte er sich zu erinnern, so dumpf und todt war alles in ieineni Hirn geworden. Und die Jahre lagen doch auch lang und einförmia dazwi schen. Aus der himmelitiirmenden Be geisterung. mit der er si- sich damals erzwang, war längst ein ruhiaeg Ge wöhnen geworden, und dann liatte er ja die Fabrik, das große Unternehmer« das ihn vorn Morgen sriih bis spät in den Abend hinein-beschäftigte, ja, das seine Gedanken oft die Nacht hindurch wach hielt mit neuen Plänen und Ent: wiirsen und Versuchen. Still und freundlich hatte Dota im Hause gewaltet. Jn Freude hatte sie ihm auch den Knaben geboren mit Ge duld und Güte hatte sie ihn ausgezo gen. Jenes Große in den Gefühlen, jenes hinreiszende war ihr freilich nicht gegeben s— selbst seine große Liebe in den ersten Jahren ihrer Ehe tonnte es nicht zum Leben erwecken. Und so war er auch ruhiger gewor den, ganz allmälig, und sein Beruf hatte ihn immer mehr in Anspruch ge nommen; das Treibende, Rastlose, Vollbliitige in ihm, das er in seiner Ehe nicht verwerthen konnte, hatte sich i spitz-Um Erwerbe ausgelebt. Die Unterneh mungen waren immer ausgedehnter geworden —— das Glück hatte ihm Ge lingen und Reichthum in den Schooß geworfen. ' Und dann der Knahe im Haus«-, ein tuhlges stillv, ganz wie vie Mutter - , vergebens hatte der Vater auf eine Le bensäußerung gewartet, die ihm sagte, dass er Blut von seinem Blute war, vergeben-»aus ein wildes Umhertollen im Hause, seinetwegen in vollster lin ongenhesit aber still hatte der leine gespielt, und still hatte er den J Geschichte-i gelauscht, den Märchen T- und frommen Liegenden die ihm die f Mutter erzählte-« Jm Hause ging es stets friedlich zu, nie hörte man ein lautes oder gar ein böses Wort, die Dienstboten waren brav und tüchtig und thaten der gedul digen Herrin alles zur Liebe-. Manch mal war der große Friede ordentlich ein wenig bedrückend für Alfred Thor: wald. den Hausherrn, geworden; er brach dann tteine Auseinandersetzuw gen vom Zaune, nur um sich etwas ers regen zu können, und so war er eigent lich ein bischen zum Dei-boten gewor den, ohne es zu wollen oder zu sein, und es schien ihm, als iröchen die Ge i miither nur um so mehr in sich hinein, denn nun iam noch die Angst hinzu vor ; des Bauche-km kühn erhobener Stim Mc und den Faustschlägeu aus den Tisch, wobei das Geschirr klirrte. - Umsonst versuchte sich ver Cinsame vorzustellen, warum eigentlich in den ,-lehten ahren Dora immer stiller und reundltcher geworden war —- abck mit Jener Freundlichkeit, die tiihl eher ab wehri als entgegenkommt und die den Ekfspch sturmner Unterwürfigkeit so ähn lich sicht Plöhlich erfaßte ihn eine wilde Sehnsucht, etwas der Todten Zuge-hö tigei anzusehen, in der Hand zu hal ten« mit seinen Küssen zu bedecken; et Ias, was ihr vielleicht ganz besonders setih gewesen, was sie irgendwo in tinem verborgenen Fache ihres Schreibtisches aufbewahrt. Ein Bild vielleicht oder einen Gruß von ihm, tvie er ihr deren so viele bei seiner ös « isten Abwesenheit gesandt hatte. Er f aus und and werthlose Notizein - echnungen und Briese von ihren sum-binnen die ihm gleichgiltig wa - i s- —-——« I i . ren, wohl-auch ein paar Verse, aus ir · gknd einen Zettel til-geschrieben und - zwischen anderen Schriftsachen ver streut. Da hielt er ein kleines Päcti , chen in der Hand, sauber zugeschniirt nnd versiegelt. aus dem in deutlichen Buchstaben zu lesen war: »Noch mei nem Tode nngelesen zn verbrennen.« Was konnte das sein? Ein Tagebnch . alte Brieer -- vielleicht aar ein Ge « heim-riß ausk- der Zeit, die vor ihrem gegenseitige-n Kennenlernen lag? Nie hatte Dora von irgend einem Erlebniß oder von Menschen erziibt:, die mehr als einen alltäglichen Eindruck auf sit« gemacht hatten. Vielleicht lag in dem Inhalte irgend eine Aufklärung ver borgen über das ernste Wesen seiner Fran, vielleicht wäre es ilmi möglich, wenn er ihn kannte, noch nach ihrem Tode etwas autzumachen oder auszu Iöschen TM unbezwingliche Wunsch stieg in ihm auf, das Packchen trotz ih rer Bitte dennoch zu össnen -- und dann wieder ein Zögern, wenigstens diese letzte Bitte der Todten zu erfül: len. Er tonnte es nicht « mit zittern den Händen riß er die Schnur entzwei, schlug daLs Papier auseinander und sal) eine ganze Anzahl dichtbeschriebene Briefblätter die Schrift war ihm unbekannt Wie gebannt begann sein t Auge auf dem obersten zu lesen: »Meine tbeuerste Freundin! Wenn » ein Wiederfeben nach so langer Zeit zwei Menschen mit den alten Gefühlen findet, die -— trotzdem das Leben sie getrennt bat, dennoch zusammengeht-i -, ren, deren Seelen ein Leben führen in t Welten, die nicht jeder Staubgeborene kennt, so düntt es mich, sollten eben f diese Menschen auch den Muth besitzen, i sich dies einzugestehen, wenn auch nur i sich Beiden ganz allein. Und auf die ; fes Geständniß warte ich. Jch will es zvon Dir selbst hören, Geliebte, von lDeinem Munde, mit Deiner süßen, imilden Seele, von Schriftzügen, die Deine geliebte Hand dem Papiere an J vertraut. Und vereint mit diesem : ·m»-k«.» km» za. Ist-« »Wir. msv main-s ! Freundschaft zu bewahren oder Deine Liebe —-- wie man es nun nennen mag. Das-, was ich fordert-, beraubt Nieman den, selbst Deinen Mann nicht, es ist nur etwas, was ihm nie gehört hat und nie gehören konnte s-- —-« Alsred Thorwald tam nicht weiter stöhnend sant sein Kopf aus die Tisch platte, zähnetnirschend wars er das Parlet zur Seite· -- O diese Höllen qualen, betrogen, getäuscht von einer Frau, die er rein und ihm ganz erge ben wähnte, von ihr, die ihm seinen Knaben geboren, der sein Trost sein sollte im einsamen Alter! Oder durfte er vielleicht dem Knaben nun auch nicht mehr seine Liebe schenteni Ein häß licher Verdacht stieg in ihm aus, der ihm das Blut ins Gesicht zurücktrieb--— nur einen Blick noch aus das Datum der Briefe; der erste und der letzte Brief in demselben Jahre geschrieben, der kleine Fred mußte damals vier Jahre alt gewesen sein » so war we nigstens eine entsetzliche Qual von ihm genommen. Und als könnte er wieder unschlüssig werden und weiter lesen, riß er wie rasend die Briefe aus und warf sie in den Ofen. Vorbei, vorbei nun auch die Schmerzen um ihren Tod. O die Ungetrene! Einem Anderen hat te vielleicht ihr herz gehört, und er hatte nur den Körper besessen--—darum so kühl und gleichmäßig und ruhig! Den Namen —— den Namen wissen, Rechenschaft fordern « aber es war ja nur ein seltsames Zeichen gewesen als Unterschrift. immer das Gleiche, wag irgend einen Buchstaben oder auch ir gend etwas anderes bedeuten konnte. Wie schrieb doch-Jener? uYMit Dei- ; ner jugen, miioen Seerei- Was meinie er wohl damit? Was wuszze er als ihr eigener Mann denn eigentlich ·von ihrer Seel-? Was lann man überhaupt mit Seele meinen? Was hatte der Fremde von ihrer Seele gespürt ? Aber hatte er selbst denn eigentlich darnach ver langt? Hatte er nicht nur die Gluth ihrer Küsse vermißt und ihre uner schütterliche Ruhe beklagt? Was hatte er nach ihrer Seele gefragt! Der zarte Zauber ihres Wesens entsprang wohl ihrer Seele —- aber hatte er jemalLs nach deni Quell gesorscht, hatte er ihm irgend welche Nahrung geboten, irgend einen geistigen oder tieferen Genuß, der über alltägliche Dinge hinausging? Hatte er sich je um ihre Interessen ge tiimrnert, hatte er gefragt, womit sie die Zeit ausfülle oder ihre Gedanken und Gesiihle enträthselt, oder sich Mühe gegeben, in ihrer Seele zu lesenf Daran hatte er ja nie und nimmer gedacht. Und ein Anderer war gekom men irgend Jemand, den sie schon sriiher gelannt haben mußte —- und hatte der Dürstenden den Labetrunk geboten, war eins mit ihr geworden im Geiste; er hatte vielleicht all’»die Jahre ihre Seele besessen, und sie ivar viel-« leicht mit dem Gedanken an diesen Menschen hinübergegangen in jene an dere Welt. O, der Thor, der er gewe: sen war « das Beste an dieser Frau hatte er garnicht einmal geahnt, und sie hatte es einem Anderen gegeben und hatte mit diesem in Welten gelebt, die , mit der seinen nichts gemein· hatten. --— Doch vorüber —- vorijber Alles. Ihr Leben war ihm räthselhast geblieben, da er es mit ihr theilte —— es blieb so I nach ihrem Tode. Daran war nun nichts mehr zu ändern. Thoeivald lonnte die Stille plötzlich nicht mehr ertragen, er ging in das Wohnzimmer, seinen Knaben zu su chen. Da saß er und las in einem l Buche und hatte den Kopf mit der i l Hand gestützt, und iiber dem jungen, reinen Antlitz lag derselbe Ausdruck und derselbe Zauber. den er an Dora so unendlich geliebt hatte. Unfähig, sich länger zu beherrschen, schloß er das Kind in die Arme nnd bedeckte das blonde Lockenhaar mit heißen Küssen. Fred fühlte instinktiv, wie sehr sein Vater litt, die Thränen rieselten dem Knaben die Wangen herab, und die Lippen stammelten ganz leise die bange Frage: »Nicht wabr, Papa, unsere Mutter ist nun im Himmel und ist ein schöner Engel mit großen Flügeln und einem weißen Kleide?« Da war es, als bräche dem Manne sein Herz mit-— tendnrch, und ans den Trümmern stieg die vollste Zuversicht, und der ganze. tröstende Glaube an das kam zurück wag er noch vor Minuten für ewig ver loren glaubte. » Wie gebrochen schlug Thorwald die Hände vor’g Gesicht und schluchzte wild aus — « hatte er denn immer Alles ge than, wag ihrem zarten Wesen sympa thisch war, hatte er denn immer dass vollste Verständniß für ihre Eigenart gehabt und zuletzt O hatte nicht aucii er seine Versuchungen gehabt und war ihnen erlegen? War das eine Jahr, was sie mit dem Anderen geistig ver lebte, nicht vielleicht das einzige gewe sen, wag ihr das Leben an seelischcm Glück und Verständniß gebracht hatte? Und daraus, daß sie dann verzichtet hatte, ging ja schon hervor, daß sie rein bleiben wollte und rein geblieben war. Thorwald sah mit einem Male den Himmel offen, ein Meer von Licht fiui thete in die einsame Stube, ein süße-· Klingen von unirdischen Melodieen klang ihm in den Ohren, und eine weiße Gestalt tam und winkte und lä chelte ihm holdselig zu: seine Dora im Himmel. -—-- Da sah er die gläubigen Kinderangen noch immer in stummer Frage aus sich gerichtet, und da spra chen seine Lippen, beinahe ohne daß er sich dessen bewußt wurde, zu seinem Sohne: »a, Deine Mutter ist im Himmel!« «·.--ss Ein IIkrziilteL W Novellette von L a r s D i l l i n g. -.-.....-— l. Herr Bern war Kandidat der Theo logie und Lehrer an der Bürgerschule zu S. Daß er monatlich nur hundert Gulden Gehalt bezog, war allgemein bekannt; doch daß er ein sehr gefühl vollcs Herz hatte und an eint-r un glücktichen Liebe litt, das wußte Nie mand. ; Wer sie war? Iphigenia Grynager, die Tochter aus dem wohlbekannten Hotel gleichen Namens-. Fräulein Grynager hatte Musik und fremde Sprachen gelernt und was sonst t zu einer modernen Erziehung gehört; doch von wirthschastlichen Dingen ver ’ stand sie nichts. Das war auch nicht k nöthig, meinte sie. Fiir Alles derartige sorgte ja ihre Mutter. Iphigenia war ein schönes Mädchen mit goldblonden Locken, himmelblauen ’ Augen und einem Stumpsnäschern Sie » zählte siebzehm Bern sünsundzwanzig Jahre· Er hatte ihr seine Liebe niemals tund gethan, sondern betete sie aus der Ferne an, das heißt: er fühlte sich hoch bealiictL dann und wann einmal einen freundlichen Gruß von ihr zu erhalten wenn er sich im Hotel zum Mittagessens einfand. Neben dem Speisesaal lag das Wohnzimmer, wo —- wahrscheinlich zum Amiisement der Gäste -- Iphige nia in der Mittagstunde ein wenig zu spielen und zu singen pflegte. lind es geschah mitunter, daß der in Tönen schwelgendc Lehrer Suppe und Braten vergaß und in seinerZerstreutheit Mes ser und Gabel in die Tasche steckte Doch am glücklichsten war er, wenn die Wohnzimmerthiir spaltbreit offen stand und ihm die entzückende Aussicht auf Iphigenia-Z vollen Nacken und lichtgelbe Haarfiille eröffnete Eines Tages begegnete Bern beim Fortgehen Frau Grvnager. »O Frau Grynager, war das heute herrlich!« begann er. »Das Mittag, meinen Sie?« »Ja, das auch, aber ich denle mo mentan an den Gesang Ihrer Fräulein Tochter.« »Lieben Sie Gesana?« »O sehr, Madame.« »Und auch Klavierspiel?" »Ganz außerordentlich« »Dann müssen Sie uns einmal be suchen. Jn einem so kleinen Städtchen müssen ja gebildete Leute möglichst zu sammenhalten. Morgen ist Sonntag; dann kommen stets Bekannte. Besu chen Sie uns dann auch zur Tasse Kas see.« ,,Dieser freundlichen Einladung ver mag ich nicht zu widersteheu,« versetzte Bern beglückt. »Also aus morgen,« sagte Madame, ’ während sie der Küche zuschritt. i U. Es war ein mächtiges» Wetter nnd Bern in der dentbar vsgnügtesten - Stimmung, als er am nächsten Nach- « mittag das Wohngemach der Madame t Grynager betrat. Er wurde sogleich’ Iphigenia-s Freundinnen, lauter netten, jungen Mädchen dargestellt. Iphige nia aber war die vettörperte holdselig ieit und Liebenswiirdigteit und noch 1 nie in seinem Leben hatte Bern sich so glücklich gefühlt. Doch leider folgte diesem glücklichen Tag die bitterste Enttiiuschung. Diese Enttäuschung erschien in Ge stalt eines eleganten, jungen Mannes aus der Residenz, eines hübschen Men schen mit großen, dunklen Augen und zierlichem Schnurrbärtchen, der über dies außerordentliche Redegewandtheit besaß; denn er war Handlung-steilen der. Nach dem Souper lud er die gan ze Gesellschaft auf sein Zimmer, wo er sie mit Torte und Wein trattirte una den Damen Proben von allerhand kost baren Seidenstoffen zeigte. Als Bern sich am folgenden Morgen wie gewöhnlich ins Hotel begab, stand die Wohnzimmerthiir wie gewöhnlich spaltbreit offen, und wie gewöhnlich saß Iphigenia vor dem Piano, aber » und das war nicht wie gewöhnlich — sie saß dort nicht allein. Stramberg, der Ellenreiter, saß ne ben ihr und hatte den Arm um ihre Taille geschlungen. Bern steckte Messer und Gabel zwar nicht in die Tasche, aber er hätte sie sich ins Herz stoßen mögen. Ill. Einige Monate später prangte die lleine Kirche von S. im FestschmucL Teppiche deckten den Boden und der Altar war reich mit Grün und Blu men verziert. Die Klatschbasen des Städtchens waren natürlich vollziihlig versammelt und harrten der Dinge, die da lonnnen sollten. Das Erscheinen des Bräutigams-, » der, Madame Grynager am Arm füh J rend, gefolgt von einer Anzahl Hoch zeitsgöstem die Kirche betrat, unter » brach ihr eifriges Gespräch. Die Orgel begann zu spielen, und sei-s -... cis-— k-« u-(...-.·- --t,-I.:». Ulls Uslll pr SUIijsU SI.U,IIII »I Braut, mit einem Gefolge lieblicher Brautiungfern. Wie hold und rührend sie aussah in » dem weißseidenen Schleppgewande und s dem langen Schleier! s Der Lehrer war bleich, sehr bleich. ; Beim Eintritt in die Kirche lief; die IBraut ihr Bouquet fallen. Born hob : es auf und überreichte es ihr. Ein kleines Myrthenzweiglein, das sich los gelöst, behielt er. Nach der Trauung fand im Hotel ein großartigeg Feftmahl statt und Abend brachte der Gefangnerein »Cäeilia« ein-: Serenade. Kurzurm es ging Allei« höchst würdig und feierlich zu. Bern stand in seinem Zinnner. Durch das offene Fenster fiel silbernes Mondlieht und beleuchtete einen kleinen Blumentopf, in den er das Myrtheni zweiglein gepflanzt hatte. »Diefer Zweig ist das Bild meiner Liebe,« flüsterte er wehmuthgvolL »Nun habe ich ihn in der Erde begra— ben und doch wird er Wurzel schießen und wachsen nnd mich durch feine Schönheit erguicten.« Er hatte Recht. Die hoffnungslose Liebe, die er im Herzen begraben, faßt daselbst Wurzel, wuchs und erfüllte sein Leben mit poetischem Hauch. Jn sec nen Träumen fah er das Bild feiner Geliebten idealifirt, schöner als sie in Wirklichkeit war, und das verfchaffte ihm glücklichere Augenblicke, als der Gegenstand feiner Liebe selbst es viel leicht vermocht hätte. Al-« Iphigenia mit ihrem Gatten von der Hochzeit-steife zurücktehrte, hatte Bern das Städtchen verlassen-. Er war in einen sehr entfernten Ort ver s setzt worden. , ev. Siebzehn Jahre sind seither vergan ? gen und viel verändert in dem kleinen Städtchen. Madame Grynager hatte schon vor einigen Jahren das Zeitliche »so-met und Jphigenia ist Wittwe. Stram herg, der nach zweijähriger Ehe gestor ben, hatte ihr ein Töchterchen und eine Menge Schulden hinterlassen. Nach seinem Tode war sie wieder ins Hotel gezogen, dessen Besitzerin sie nach deni Ableben ihrer Mutter wurde. Eines Tages saß der Kreis der Alatschhafen — »die heilige Fahne«, wie man sie im Städtchen hieß ---— in einem Kaffeegarten beisammen. »Habt Jhrs schon gehört?« fragte die alltoissende Wittwe. »Was denn?« s »Daß der neue Pastor angekommen it.'« »So! Wie heißt er denn«.2« ,,Bern. Der nämliche Bern, der vor siebzehn Jahren als Lehrer hier ange stellt war und damals Iphigenia Gryg nager zum Altar geführt hat. Bis dag Pfarrhaus in Ordnung gebracht ist, wohnt er im Hotel Stramberg.« Jn der That war Tags zuvor der neue Prediger angelangt. Aus dem Wege zum Hotel durchkreuzten so viele Gedanken sein Hirn, daß er nicht ein mal bemerkte. daß das Datel feinen Na men geändert und auf dem Schilde jetzt mit großen Letteru »Hotel Siramberg« stand. Da er Niemand im Flur antraf, schritt er geradeswegs zum Sucisefazi. Wie früher stand auch ietzt die Thijr des Wohnzimrners spaltbreit offen. Er schaute hinein. Träumte oder machte er ? Dort am Piano saß Iphigenia. just wie vor fieb zehn Jahren. vielleicht etwas schlanler als damals. sonst aber unverändert Er strich mit der Hand über die Stirn. »Wer mag das nur fein Z« murmelte er vor sich hin. »Ist da Jemand ?« klang es aus dem l gis-THEATERMEIS TER-ZW- ZEka Wohnzimmer unb gleich daraus erschien eine junge Dame in der geöffneten Thürf Der Prediger schaute sie betroffen an. Es war die Geliebte seiner Jünglings jahre, die vor ihm stand. Sie war es nnd war es auch wieder nicht. Sie war schlanker schöner, just so, wie er sie in seinen Träumen gesel«,.en »Sie wünschen....?« fragte sie - böslich »Jch.... ich möchte gern..«.. ein einfaches Abendessen und ein Zimmer Jch bleibe einige Zeit hier. Ich-. . ich .mein Name ist Bern, Pastor Bern' ,.,Bern U Aber dann sind Sie hier jc wohl ein alter Belanni-er? . . . · Mut ter hat oft von Ihnen erzählt. Sie ha ten sie jl zum Altar geleite t« ’ »So wären Sie also . . .. I« ,,Jphigenia Stramberg, Iphigenia Grhnagers Tochter.« So s« »Aber wollen Sie nicht inc- Wohn ztmnter kommen Herr Pay tor ? Mut ter ist augenblicklich ausgegangen, aber wenn Sie unterdessen mii meiner Ge sellschaft vorlieb nehmen wollen . . . .« Während der Unterhaltung erwies Iphigenia sich als ein liebes ungeliin steltes Mädchen und nach Verlauf einer halben Stunde fühlte der Vastor, daß die Liebe zur Mutter sich aus die Toch ter übertragen habe. Und diese Liebe war vielleicht nicht so hoffnungslos s Nun hatte er ja eine gute Stellung. Das einzige Hinberniß lag vielleicht in dem großen Altersunterschiede, aber so sehr alt war er ja auch noch nicht. Dann kehrte auch Frau Stramberg heim Die Begrüßung war herzlich und die Unterhaltung bald in oollstem Gange. »Wo doch die Zeit bleibt !« bemerkte die Wittwe als Iphigenia für einige Zeit das Zimmer verlassen hatte »Als Ec- A; -- c--4«Z »««pi du«-«- »Es in Dienst-« Isl- s-,I III ssv Alter. Manv saqt, sie soll inir ausfal lend ähnlich sehen-« »Ganz außerordentlich« »Was solch Mädchen einem doch zu schaffen macht. I« fuhr die Mutter so: t. Sie hat schon ziemli ch viel Anträge ge habt. Dieser Tage hat wieder ein ge wisser Herr Ferner um sie angehalten. Ein recht netter Mensch; aber er ist nur Lehrer. nnd das ist natürlich keine Partie für meine Tochterf »Liebt Ihre Tochter ihn Z« »Nein, natürlich nicht « »Das ist doch qiir nicht so natiir lich,« entqignitis dir Bridigir mit isi nism mitlnstugi von Bittisrtiit, währind J er sich irhob und seiner Wirthin guti . Nacht wünschte. E »O, wariiin bin ich nur in diissin un seligen Ort ziiriickgetishrtP dachte er « wahrend er dii Treppe hinanstieg. X Die helle Morgisnsonni vercioldeti I die Blätter des am Fenster disg PastoriJ stehenden ElltytthenoäumIsnd ; Bern schaute hinaus runtin eilte « Ginia, frisch, wie dir blühindis Som L mernioraisn, iieschäfiig hin und her. Z »Diese Ungewißheit eriragis ich inicht,« fliistirte isr vor sich hin; »ich muß sii se bald wie möalich i«s.«ndin « Er ging hinunter in den Gartin zti I der Laube, wohin Ginia ihre Schritte ? aelintt. Dort saß sti, eini Hindarbiit T im Schooß. Bei seinem lssrschisinen steckte sie hastig einen Brief in die Ta sche nnd fuhr mit der Hand iiber die ; Augen. i ,,Thr«cinen ?« »Ach nein, es . . . es tvar . . . nur « · »in dann-» SO.«-IsI-1« Dir Prediaer schaute sie eini Wiili ernst und prüfend an. ,,Vermuthlich eine Lieber-geschichte-?" meinte er dann. Ein tiefer Seufzer war die Ani wori. »Sollte er Sie betrogen haben?« »Er? Niemalg!« »Will Mama es nicht zugeben Z« »Nein.« »Dann betrifft es wohl Herrn Fer ner?« ,,« a. Er ist zwar nur Lehrer, aber ein so guter, lieber Mensch, und mit einem Anderen könnte ich niemals glücklich werden,« erklärte sie unter hervorstiirzenden Thränen. »Nun, nun, weinen Sie nicht mehr. Sobald ich ihn näher kennen gelernt habe, gelingt es mir vielleicht, Jhrer Mutter Zustimmung zu erlangen.'· «Wollen Sie das wirklich thun-M ,,Vielleicht. —- Aber es bleibt vor läufig unter uns. Noch am nämlichen Tage machte der Prediaer dem Lehrer einen Besuch. Er blieb lange dort. Abends saß er dann mit Frau Siramberg in deren Wohn zimmer. »Werthe Frau,« sagte er, »ich will Jhnen einmal eine Geschichte erzäh len.« »Es war iinmal ein Lehrer. Der liebte ein ju aes Mädchen Aber er war arm und ohne nennengnnsrtbe Aussichten, und daher verschwieg er ihr seine Liebe und sie heirathete einen ans deren. Dieser Lehrer war ich. Das Mädchen waren Sie.« »Wirtlich? Sie sind verliebt in mich gewesen ?- « »Ja, vor langer Zeit. Doch hier-: iiber wollte ich nun eigentlich nicht re den. Sie haben eine Tochter ---« »Sie wollen doch nicht etwa um Ge nias Hand anhalten?« »Ja, doch nicht siir mich selbst. Mein Kandidat befindet sich jedoch in der nämlichen Lage, wie ich seinerzeit, nur mit dem Unierschiede, daß er gewagt hat« sich der Geliebten zu erklären und er seine Liebe auch erwidert weiß. Sie wissen wohl, wen ich meine. Meint-s THE-HIRSCH XII-IT Eis-. Pia HEXE ÆF -.—.-—-..—·- - ---.· Wissens ist es ein Mann, gegen den nichts einzuwenden ist« »Aber seine Airssichten?« »Er ist ein tüchtiger Mensch, der sicherlich vorwärts lemmen wird, und überdies gedenke ich ihnen — im Falle sie ein Paar werden —- meine ganze Habe zu ve.rmache Es ist zwar nicht viel — einige tausend Gulden —- aber doch genug, um Jhre Tochter, im Falle sie Wittwe würde vor Nahrungsqu gen zu schiitz.-II.« »Aber, bester Herr Pastor, wodurch haben die jungen Leute so viel Güte virdieni ’ Sie kennen sie ja kaum vier undzwanng Stunden »Und doch lange genug, um sie gern glücklich zu sehen. Und daher möchte ich nun Ihre Zustimmung erlangen.« »Lassen Sie mir Zeit zum Ueberle q l’li.« »Wozu noch viel iibirlegen2« »Nun wohl, « sagte die Wittwe, wäh rend sie sich erhob und den Paftor schaut-oft cmldchelte, »ich wüßte nicht, was ich Ihnen abschlagen könnte. Jch will Genia sogleich sagen, daß Sie den Sieg davongetragen haben.« Damit verließ sie das Zimmer. Vl. Wiederum fand zu S. eine Hochzeit statt. Der Lehrer Ferner heirathete Fräulein Stramberg und Pastor Bern vollzog ihre Trauung. Er sprach herrlich und ergreifend über die wahre Liebe, die sich selbst oerleugnet und llaglos zu leiden weiß. Es war beschlossen worden, daß Bern bei den Neuvermählten wohnen sollte, bis seine eigene Wohnung in Stand gese t war. Ehe er sch am Hochzeitsabend in sein Zimmer zurückzog, übergab er dem Bräutigam ein versiegeltes Packet. »Die-H ist meine Hochzeitsgabe, « sagte er »Doch dürft Jhr es erst nach mei nem Tode öffnen. Es enthält mein Testament.« Dann hoffe ich, daß es noch viele, hials Ankun- «1Icpblnsson blos-It Si- Is li,en Gott sei Dank nicht danach aus, als ob Sie früh sterben wurden « »Der Tod kommt oft unerwartet. Mir ist so seltsam zu Muth. ganz so, als ob ich eine lange Reise unternehmen« müßte. Am folgenden Morgen fand man den Prediger todt auf seinem Bette liegend, die Hände über der Brust gefaltet, ein Lächeln aus den bleichen Lippen. Friedli cher als in diesem Augenblick hatte er niemals ausaeseden Neben seinem La aer stand fein Mnrtlienbäumchenx ein Zweig desselben streifte sein Kopfkissen. »Ach, daß er gerade jetzt sterben nsuß,« schluchzte Genia, »daß er nicht melsLZeuge unseres Glückes sein kann, das wir einzig ihm verdanken.« »Und wofür er vielleicht sein eigenes Glück geopfert hat,« siigte Ferner sin nend hinzu. —— s- --Os.-—--——— Die neuen englischen M ii n ze n. Aus London wird berich tet: Wabrscheinlich im März wird das neue, mit dem Bildniß des König Eduard Ul. geprägte Geld in Eng lcno herauskommen Der Graveur der königlichen Münze, G. W. de Saulleks, Lsat die Zeichnungen vollendet; die Be«v hörten beobachten jedoch noch strengste-Es Stillschweigen darüber. Die Eduard EIJiiinze wird die erste des- 20. Juli lfundertJ sein; die Spekulation unser Saminlern und Nuinismatilern ist da her natürlich groß. Wahrscheinlich werden die Brouzemiinzen wie bei der jetzigen Augaabc aus der Rückseite die IS -» LfI. --—.— Ulgut Ule Oususuuu zttgcth Olc Ost-Il zemiinzen haben eine seltsame Geschichte. Als Leonard Charleg Wyon seinem Va ter als Graveur der königlichen Münze folgte, war die alte Kupferausgave von 1860 sein erster Entwurf. Das Metall trat ein Amalgam aus Kupfer, Zinn und Zink, »Schifs und Leuchtthurm'« uurden zum ersten Mal eingeführt, und Whon hatte die Kühnheit, seinen vollen Namen aus dem Rande der Schulter der Königin verborgen anzubringen. Auf der Rückseite erschienen die Buchstaben ,L· C. W.« unter dem Schild. Da die Selbstreklaiue des Künstlers der Köni gin zuwider war. verschwanden die Buchstaben les-th. Das bekannte künst lerische Bild vom »Heiligen Georg uno veiu Drachen« wird wahrscheinlich bei der Golotniinze Eduardg Vl·l. beibe halten werden. Es erschien 1817 zuerst und stannnte vou Pistrucci, dem Gra i rcur Georgg lll. und Georgs Vl. i Abgebrannte Abgeordne ’ te. Nach Meldung aus Budapest müs sen sich unter den ungarifchen Abgeord neten, die tiirzlich gewählt wurden, eine « ganze Anzahl start verschuldeter Perso nen befinden. Während nämlich das Parlamint noch nicht einmal zusam mengetreten war, waren bei der Kasse des Abgeordnetenhauses bereits eine Masse-von gerichtlichen Verfügungen, betreffend die Veschlagnahme der Be ziige einzelner Mitglieder, eingelaufen. Er meinte nicht den Kai se r. Folgende Anetdote aus den oft preufzisclzen Kaisettagen wird von Oh renzeugen erzählt: Als der Kaiser mit rer »Hol«,·enzolleru« Pillau verließ, wur die die Yacht durch einen Lootsen durch das Pillauer Tief geführt. Beim Los tveifen der Bugsirtrossen schien der die »Hok,enzollern« begleitende Seelvotfe zu fürchten, daß die Schlepper vergessen hätten, ihn nach Pillau mit zurückzu nehmen; er rief deshalb von der Kom mandobriicke der Yacht dem Einen der Kapitäne zu: »He. Wilhelmt« worauf sich der Kaiser nach dem Rufet herum drehte und lachend zu seiner Umgebung sagte: »Meint er mich?«