Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 06, 1901, Sonntags-Blatt, Image 16

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Hehlagende Zseiieri
E - Es Ehe-XI « « kåI EIle
Jst
Erzählung aus Maånzcr alten Tagen von A. Norden. ;:; !
(A. HinniusJ J
(19. Jertsetzuna.)
»Der Freiherr von Greifsentlan,«
begann sie wieder. «1"oll also, um kei
nen Verdacht zu erregen, als Bevoll
mächtigter des Königs von Sariierr
des Verbiindeten JiapoleonT am Exakt
zösischen Kaiserhos erscheinen mi: ie
Ind welchen belanglofen Auftrag-n
—- er König von Sachsen weiß natür
lich nicht« wozu man ihn gebraucht
Es ist ein schlauer Schachzug Wetter
nichöz wie er ihn vollführt, das sage
ich Dir später, ein anderes Mal. Es
wird Dir leicht werden, Dir das Ve::
trauen der Kaiserin zu erringen, sic.
ist ein argloses Kind, und das beste, ;
ein Kind des Augenblicks-. nichts wei
ter. Man weiß sehr genau, daß sie
sich stets nach der Hofdura zurücksehnte
und —- nach dem Grasen Neipder,i,k
und so ifi es nicht einmal eine beson- «
ders schwierige Aufgabe, dies locker
geinüpfie, nein, sagen wir, dies frival
rrsammengeiudpelte Verhältniß zu
"sen. das sich auf das Unglück der
armen Josephine basirte, die er um
äußerer Vortheile willen versiieß.« —
Sie machte eine Kunstpause und
ging dann znrn Schreibtisch, dem sie
ein Papier entnahm.
Teinette hatte inzwischen die bren
nenden Armieuchter gebracht.
.Sied her, Franz, ein Brief des
Järsten Metternich an Dich. Du
kannst wahrlich mit den Aussichten zu
irieden sein, die man Dir eröffnen
spr allein bietet man Dir die Fürsten
trene und hol-e Auszeichnungen wenn
die Sache glückt, da man glaubt, daß
Dri, der reiche Yannwar eitlen Din
gen aus Rang Melu- tegu eoeuiauv
wird man Diri aber die höchsten For
der-ringen erfiillen, denn der Kaiser
Franz will nicht mehr der Schwieger
vater eine öNapoleon sein« der ihm
niemals sympathisch war. Wie er
ihm innerlich längst feindlich gesinnt
ist, so möchte er jeyt auch öffentlch
gegen ihn austreten können, und dazu
muß er frei sein« frei von diesen en:
würdigenden Banden.«
Sie legte einen Brief in Greiffen
tlau’s Hand, den der Freiherr aus
mertsam und, wie es schien, mit Jn
ierefse las· Schon srohlockte Mode
leine, sie glaubte, sie habe gewonnen.
Da erfaßte Greifsentlau den Brief
Metternichg mit beiden Händen und
mit einem Ruck zerriß er ihn und wars
ihn zur Erde.
»Das ist meine Antwort, Maor
leine, sage das dem Fürsten.«
«Franz!«
Jn ihren Augen funkelte wilder
Zorn, sie hatke in diesem Moment satt
etwas Raubthierariige5, wie sie die
weißen Zähne in die Unterlippe grub.
Er sah sie trauriq an, denn vor ihin
versank jetzt fiir immer das ganze Ge
bäude seines Glückes. an das er doch
siedet einen Moment geglaubt. Er
hatte sich noch einmal täuschen lassen,
denn die Täuschung lächelte so hold,
aber nun wußte er, daß der Abgrund,
der immer zwischen ihm und Lena
Erthal gelegen, sich niemals über
driicken lasse.
»Hast Du denn nur einen Augen
blick geglaubt daß ich zu solchen Din
gen meine Hand bieten werde? O
Lena wie wenig tennst Du mich doch!«
Es klang traurig, nicht dorwurfsvoll,
wie er das sagte. »Es war ja ein
Unding, wenn ich immer wieder hoffte
daß wei Naturen wie die unferreen
eins sein konnten Jch mache Dir ei
nen Vorwurf, Lena. denn Du bist
eben wie Du bist, und Niemand kann
aus seiner Natur heraus. Jch weis
steu, daß ei vorbei ist für immer, da
ich gehen muß fiir immer« denn mir ist
etwas Liebes gestorben, das ich zu
Stabe traae mit lchmmeerissenezrn
herzenl«
Er umfaßte mit langem Blick ih:e
anze Gestalr, das fchöne bleiche Ge
rcht mit Den dunklen, stammenden
agen. Wie hatte er dies alles ge
liebt, wie sehr ihren Feuergeifi die
federnbe Elafticität ihrer Natur-. Aber
bei allen Gaben, die so reich über sie
ausgefchüttet waren, fehlte ihr doch
eine, das höcher Gut des Weibes, ein
Herz voll hingebender Liebe
,Lebewohl, Lena, für immer! Ich
gehe, um niemals wiederzusehren,«
sagte er. »Mein schon längst gefaßter
Entschluß soll nun zur That werden
ch bin dem Kaiser gegenüber ein
- eier Mann, die Fesseln zerrissen in
jener Nacht. als ich mein Leben für
ihn einsehen das Leben, das er mit
einst geschenkt hat. Nun kann ich ihm
siedet geßeniibertretem aber nicht wie
Des ed ge acht, Leut-, nicht in klein«
chene, nrglikiiaem Jntriauenspiel, son
Oern frei nnd offer-, mit der Waffe in
»Ur Daub. Die geknechteten Völker
affe- stch endlich zur Erhebung auf,
- se solle- daj lange celragene, wider
IEIA Mit eu. verbaßte Joch ab
- Mist-, He ten sich um ihre an- «
»T« ste- rsten, gegen den Erb
« . U- freinben Eroberer, der
» »s- Msswnnggss zis
» . « - se e
- W t den
einzureihen, und auch ohne Deinen
Ruf, Lena, wäre ich heute gekommen«
um Dir das zu sagen. Einen Mo
ment konntest Du mich schwankend
machen in meinem Entschluß durch;
das Geständnis Deiner Liebe, dann
wäre zrnaz don Greiffenklau nichts
gewesen als ein Mensch, der sich fein
Glück reitet in jenes Land vollkomme
ner Freiheit. Aber das sollte nichi
fein. Du hasi mir wieder gezeigt,
Lenu, daß die tiefe Kluft, die unser-:
beiden Charaktere trennt, nicht zu
überbriicken ifi, und fo gehe ich. —
Falle ich, so sind alle Bestimmungen
getroffen, um die, die im Leben treu
zu mir gehalten, frei und unabhängåki
von den Menschen zu stellen, vor allem
meinen treuen Diener Jgnatz. Auch
Du, Lena, wirft ein Vermächtniß von
mir annehmen müssen, auf daß Du
zuweilen an granz von Greiffeniiau
denkst, wenn - u die Hiibe erklommen
haft. die Du ersirebfi. Denn ob ich
in diesem Kriege falle, ob ich dereian
mich wieder an die Spitze meiner Ge
meinde in Amerika stelle, fiir Dich,
Lena, für Deine Welt überhaupt iii
Eranz don Greiffenklau fortan ein
odter, der nie wieder aufleben wird.'«
Langia-n wendet er sich zum Gehen,
während sie finster zum Fenster hin-—
ausfiarrt, auf die Domthiirme, die sich
wie drohende Finger zum Himmel em
porstrecken.
Da wird die Thiir heftig aufgerifi
sen, der bucklige Diener des Baron-:
Jgnatz, stürzt herein.
»Das Haus ift von Soldaten um
tirmtle « rufe »- «-eb»nlnä
»Gilt das der Gräsin?« fragt
Franz.
»Ja, aber auch dem Freiherrn von
Greissenklau. Sie waren schon bei
uns im Greissenllauer hos und haben
alles durchsucht. Dann meinten sie,
der Herr sei wohl bei der Frau Gra
sin, denn sie sahnven aus Beide.«
Madeleine lacht spöttisch aus. Ver
haften, sie, die Nichte des letzten Kur
siirften von Maja-, die Freundin
Dalberg’s? Unmöglich!
»Laßt sie tommen,« sagt sie, »sie
schrecken mich nicht. Der Großherzog
von Frankfurt wird mich zu schützen
wissen.«
»Dalberg! Lena, vertraust Du
wirklich so sest aus seine Freund
schast?«
Sie saltet finster die Augenbrauen
Die Erinnerung an ihren letzten Be
such bei dem Großherzog und vie Ab
lehfnung die sie erhalten, steigt in ihr
au .
»Wahrlich, in dieser elenden Wekt
ist nichts wie Lug und Trug,« sagt sie.
Von unten heraus ertönt Massen
klirren, ein Eommandorus.
»Willst Du Dich der Gewalt entge
gensetzem Lena?« drängt Franz, »was
bezweckst Du damit? Napoleons Or
gane arbeiten prompt und unerbittlich,
Besinne Dich nicht tange, die Zeit eilt
hier giebt es sür Dich nur eins, vie
Flucht. Sonst wirst Du im hols
thurm zur Besinnung tommen.«
»Im Holzthurm!«
Das Wort oersehlt seine Wirkung
nicht, und die schweren Schritte, Die
bereits aus der Treppe ertönen, thun
das Uebrige. Sie die vornehme, ge
lxierte Frau, sie, die Fürsten zu ihren
« iiszen gesehen, im Holzthurml
Eine andere in ihrer Lage hätte
vielleicht ein Gefühl der Schwäche ge
habt, doch das kennt LenaErthal nicht.
Ein Sprung nach der Thür, eine Um
drehuna des Schlüssels im Schlo , so
ist wenigstens ein sekundenlanger us
ent lt gewonnen
ie etlt in ihr Schlaszimmer, hüllt
sich in einen langen, dunklen Mantel,
mir-« vie-»- Mfsiok refu- hvn Ost-of
»Fort, Franz, ich führe uns sicher!·«
Jhre Stimme klingt fo ruhig und
furchtlos, trotz des Lärm3, der fich
jetzt in den anstoßenden Räumen er
Pelöh trotz der nahen, drohenden Ge
a r.
Franz schaut in das bleiche Gesicht
mit den stolzen, flammenden Augen
und vergessen ift Alles, was er noch
vor Kurzem empfunden dot. Die be
wundernde Zärtlichkeit für die Frau,
deren Liebe ihm trotz aller Erfa run
gen stets als das höchste Gut gedünkt,
erfüllt wieder fein herz.
Und fort geht es durch eine Seiten
thtir, über Gallerien die den langen.
schmalen Hof hegrenzen Am Ende
des hofes führt eine altersfchwache
Treppe hinab, die vor einer alten
Mauer endet. Da hängt eine Thür in
toftigen Angeln, und nun befindet
man sich in dem Garten des Korbma
cheri Neichart in der Seilergaffe, def
fen Haus von der Rückseite auf diefen
Garten mündet.
So weit hat Lena die Führung
übernommen, nun muß Jgnatz, der
Bucklige, das Uebrige thun.
»Der tfchermeifter Nagel am
Fifchthor i mein Ohm,« sagt dieser,
»und fein Nachen liegt nicht wett von
der Brücke. haben wir den erreicht,
fo sind wir neborgen.« «
Aber die Thore,« wirft Greiffew
n ein.
»Sie sind noch nicht geschlossen«
, .Doch man wird unt festhalten
» man wird äderall adertirt trink
Eine lange. bange Pause.
«,Wie konnte ich nur fo dergeßlich
fein," sagt Lena »ich weis eine ileine
Pforte in der Stadtmauer, in der
Nahe des Zeughaufes, die wurde oft
von den Pagen und oftadalieeen des
Kurfiirsten zu nächtichen Ausfliigen
braust. Sie ift unter Epheu und
wildem Wein fast oerftetrt und war
niemals verschlossen, denn Niemand
achtete auf sie. Jch glaube wohl, daß
ich sie wiederfinden würde.«
.So gehe ich durcisi Fifchthor an
den Rhein und brin e den Nachen in
die Nähe des Zeug anfes,« schlägt
Jgnan dor.
Vom Garten aus hat man fest den
Flur des Korbrnachere durchschritten,
die Familie sitzt beim Abendessen und
bemerkt darüber die fremden Waffen
ten nicht. Nun befindet man sich auf
der Straße, und Janus verliert ssch
irn Schatten der Häuser nach den
zocfchthor zu, während die beiden an
deren durch die engen Gäßchen die
Stadtmauer am Rhein zu gewinnen
suchen.
Da tönen Waffengetlirr und läri
mende Stimmen vorn Heiligen GeEIt
her. Sie wenden sich wieder zurück
und fliehen nun durch das Labyrinth
der engen Gassen iider den Brand
weiter.
Schwerer und schwerer hängt Ma
deleine an Greiffentlau·s Arm, ihre
zarten Füße sind des Straßenpflafters
nicht gewöhnt, und durch die dünnen,
seidenen Schuhe macht sich jeder spitze
Stein empfindlich fühlbar. Die Grä
fin don Fremont bat sich bisher nar
in der Sänfte oder Equipage durch die
Straßen bewegt. »
Aber Lena Erthal darf und will den
Muth nicht verlieren, iie will jeder
Situation gewacher fein, und als
Franz von Greiffentlau besorgt den
Arm um sie schlingt, fchiittelt sie ab
wehrend den Kon und versucht zu
lächeln·
Endlich durchschreiten sie das Zeug:
Isi-»ä-I;II·I-s-n »n- ssnn Asssuhtn Its III
qnassbgousssH » -- ------- ,.- ..-,
in ver Rheinstraßr.
Ringsutn alles still, ganz in der
erne hört man Menschenstimmen.
Jst stehen sie an der Stadtmauer.
Lena fühlt nun doch, tvie der stockenve
Herzschlag den Busen zu sprengen
vroht. Wird sie auch die kleine, un
scheinbare Thür wiederfinden, und
wenn auch, kann dieselbe nicht in wi
schen vermauert oder verschlossen sein«
und was dann? Sie waat kaum zii
athmen, fürchtend, daß Franz ihre
angtvolle Spannung bemerken könne
« ie Mauer ist mitEpheu dicht iibeei
wachsen. tastend gleiten Lena’·s Hände
an den talten Steinen hin und her,
glücklicherweise hat sich ver himmel
vervuntelt, ein feiner Ne en rieselt
herab. Aus ver Wachtstu e im Zeug
hause schimmert Licht, aber der Schat
ten ber Mauer verbirgt die Beiden sich
hin und her bewegenden Flüchtlinge.
Da! Jst das nicht die tleine
Pforte, jene taum sühlbare Ek
höhung unter vetn Epheu? Mit
Mühe unterdrückt Lena einen Freu
denrus, sie bemerkt nicht die Berii rung
einer langbeinigen Spinne, die ihr
zu anderen Zeiten Entsetzen einle
szen würde-. «Gefunden!« Doch vie
Pforte ist verschlossen, oder die Angeln
so verrostet, daß sie dem Druck wider
stehen; hier versagt die Kraft der
Kraft der Frau, Greiffentlau muß
helfen. Mit seinem Taschemnesser öff
net er das roftige Schloß. leise knir
schen die Angeln,man tritt hinaus ins
Freie.
Da ertönt von den Rheinmiihlen
her ein Pfiff, dort wartet Jgnatz mit
dem Nachen. Das Boot ist erreicht,
Franz hebt Lena hinein. Nun tau
chen die langen, schmalen, mit Bast
meickelten Ruder lautlos ins Was
er.
»Gerettet!« ruft Franz. »Die Welt
bes Truges und falschen Glanzes liegt
hinter uns, Lena, sie ist Dir fortan
verschlossen, eine andere Welt öffnet
uns ihre Pforten, la Dich hineinfüh
ten in diese Welt, liebte.«
Träumerifch lehnt sie den Kopf an "
seine Schulter und lächelt zu ihm auf.
«Du haft recht, Franz,« sagt sie leise.
»Ich verachte diefeWelt, die mir nichts
als Enttcjuschungen und bittere Er
fahrungen gebracht hat. Lehre mich
leben, wie Du lebst, lehre mich denken
wie Du denkst, ich will nichts weiter
fein als Deine Lena, Dein treues, hin
gebendes Weil-t«
»Lena!« Er preßt sie in wildem
Entzücken in seine Arme. »O, wie
fegne ich diese Stunde der Gefa r, die
Dich rnir endlich wiedergieht. Wie will
ich meine wilde, stolze Lena hochhalten
als meine Gefährtin, als meinen Ka
meraden!'
So gleiten iie dahin in siumnier
Seligkeit, vergessen ist die Gefahr, der
sie taum entronnen, vergessen alles.
Schon sind sie über die Höhe des kur
fiirstlichen Schlosses hinaus, da er
tönt vom Raimundithor her Solda
tenliirni, Waffentlirren. Man hat den
Nachen trotz der Dunkelheit vom Ufer
aus bemerkt.
«Vorn:ärts!« tust Franz, er und
sein Diener arbeiten satt aller Kraft.
Wie ein Pfeil schiesit das leichte Fahr
zeug dahin, auch Lena hat ein Ruder
eraeiffen. Da liift ein Hin-im Nachen
sich vom Ufer. -
»halt, oder wir schiebt-IF
Alt Antwort reißt Franz das Pi
stol, das er von feinen Reisen her im
mer bei sich trägt, aus dein Gut-seh
«Iiir alle Fisllelu
WW
! Das viel schstoerfäliigere soot bleibt
hinter dem .Flieher", oheißen diese
leichten Kähne am Rhe. zurück; doch
i jeht hlth ein Schuß aus.
·.Valte Dich tapfer!« rust Franz
dem Diener zu.
Reden ihm siht Lena ohne ein Zei
chen von Furcht, das Ruder in der
träftigen Hand. Ihre Augen blitzen,
ihre Wangen sind leicht geröthet.
Und wieder kracht ein Schuß.
»Das war gut gemeint,'« sagt
Greiffenklau. Die Kugel hat seinen
thut durchbohrt, ohne ihn selbst zu
verletzen.
Doch durch Lena’s Körper geht es
wie ein Schauer, sie dentt an die
Wahrsagung der alten Zech, die sie
beinahe vergessen hat:
»Ich sehe einen Mann, der eine
Krone trägt. ich sehe auch einenBrauts
tranz in der Ferne; doch von dem
Manne mit der Krone senkt sich ein
blutiaer Schleier herab, und die Was
ser tauschen empor, höher und höher-"
Aber Lena ist nicht die Frau, die
solchen phantastischen Träumen lanae
nachgriibelt, sie hat überhaupt das
Träumen niemals geliebt, thatträstig
schüttelt sie den Traum ab.
; Durch den letzten Schuß ist ein ilei:
ner Aufenthalt entstanden, denn Ja
natz hat erschreckt die Ruder sinken
lassen, weil er seinen Herrn verwun
det glaubt. Darüber nähert sich das
oersolgende Boot um eineSpanne dem
anderen, und nun kracht ein dritter
Schuß
Mit leisem Stöhnen sinkt Lena zu— —
samtnen.
»Bist Du verwundet?« ruft Franz,
und das Pistol in der hochaehobenen
Hand, zielt er hinüber.
Sein Schuß hat ebenfalls getrof
sen. Dariiber bleibt das andere Boot
weit zur-ä, und Jgnatz arbeitet miz «
allen Kräften, während Greifsenllau
sich über Lena beugt
»Lena, bist Du oerwundet3« So
sprich doch, Geliebte!« Es klingt wie
ein wilder Verzweiflungsschret
Keine Antwort
Da sieht er in das geisterbleiche Ge
sicht, von dem der Schleier herabge
alitten ist« in state, halb geöffnete
Augen. auf dem Munde tropst Blut
Noch einmal geht es wie ein Schauer
durch die ganze Gestalt dann —-— alles
still. Die Kugel hat das heiße, wilde
Herz durchbohrt
Was kümmert sich Greissentlau
jetzt noch um seine Versolger! Er hält
die Geliebte im Arm, ihr Kopf liegt
an seiner Brust aber das Leben ist
entflohem keine Macht der Erde der
maa es zurückzubringen »
Jndessen arbeitet der treue Janatz
mit allen seinen Kräften, das Boot
fliegt wie ein Pfeil dahin, während
das andere immer weiter zurückbleibt
Wie lange sie so den Strom hin
abgesahren sind, weisz Greiffentlau
später nicht zu sagen. Erst als der
Nachen in einer Bucht landet, sieht er
aus.
Jn der Ferne sieht er sein Stamm
schloß. aus den halb verfallenen Thür
men glänzen die silbernen Mondstrab
len. Doch dicht an den Ufern des
Rheins breiten sich die weiten Mauern
eines anderen schloßartigen Besiyes
aus, überragt von einem allers
grauen Thurm. «Reichartshausen«
heißt es, durch Erbschaft lam es in die
Familie seiner Mutter.
Verständniszvoll siehthnatz ihn an.
»Soll ich hier landen?« fragt er.
Greissenllau nickt bejahend.
Er nimmt die todte Geliebte in sei
ne Arme und wehrt dem bilfreichen
Diener, kein anderer soll die theure
Gestaltberühren
Der-Weg vom Rheinufer bis zum
Schlosse ist nicht weit, es ist ein klei
ner, trauriger Zug, der ihn jetzt zu
rücklegt
Das haus war einst ein beliebter
Wohnsitz seiner Eltern; dann muw
sein Vater-es vertausen. Nun steht es
öde und verlassen, seine Zimmer sind
leer, denn während der Revolution
wurde es von durchaiehenden raubaie- .
rigen Banden aus-geplündert.
Leise rauschten im Walde die Bäu
me des alten Paris, in dem er als
Kind so oft gespielt, dort steht in sei
nem Schatten eine Bank, seiner Mut
ter Lieblingöplah. Da legt er die
Geliebte nieder, um noch einmal mit
der Todten eine letzte Zwiesvrache zu
halten, während Jgnaß ein trauriges
Wert bereitet.
Wie hat er einst das wilde· trotzige
Kind aelieht, wie ist das betont-lähm
de Mädchen das Ideal feiner Jüng
lingsträume gewesen, und wie hat er
sich an die Hosinuna getlatnmert, daß
das Weih, dessen Feueraeist es aus.
falsche Wege aesiihrt, qeläutert durch
die Liebe, zu ihm zurückkehren werde,
zu der ursprünglichen Bestimmung
der Frau.
Jeht sind alle Schlacken von ihr ne
sallen, die einst ihr Bild verdunkelt
haben, der Aharund’iiberbrückt, der
trennend zwischen ihnen laa. Sie war
wieder seine Lena, das Jdeal seiner
Jünglinastriiume, so wie er sie sich
gedacht als Gefährtin des reisen Man
nei.
Und gerade je t, da er sie lich aufs
Neue errungen, a er sie allen feind- s
lichen Gewalten abaetroth streckt der
Tod seine band nach ihr aus, um sie
ihm site immer zu nehmen. —
Viele Stunden sind vergangen. Noch
immer iniet Ftanz von Greisfentla«.;
vor der Geliehtem noch immer Eis-ji er
ihre ertaltete band in der seinen,
hängen leise Augen ass. i ren Zügen,
W
um sie festzuhalten fiir alle Ewigieii.
Ietzt, da ihm Lena Eethai unwieder
dringlich verloren, siihlt er, wie sehr
er sie geliebt wie sein ganzes Leben
steh auf die Hoffnung basirte, sie doch
einft sein eigm zu nennen und sie ein- ;
zuführen in seine Welt. —- I
Da fliegt ein rosiger Schimmer
iiber den horizont, und jetzt erscheint
Jst-mi
»Herr, das Wert ift vollendet und
der Morgen graut. Man wird suchen l
und den deren finden und — die
Todte.'· l
Da sieht ein bleiches, um ahre ge
altertes Gesicht zu Jgnati au . Dem »
treuen Menschen fiiirzen die Thriinen
aus den Augen bei diesem Anblick.
»Du hast recht, Janas, meinTreuer,
teine fremde Hand soll mir die Todte
entweihen.«
Und wieder nimmt er sie in Die
Arme wie eine Mutter ihr geliebtes
Kind.
Jm Pakt in der Nähe einer kleinen
Capelle ist die Stätte bereitet, wo sie
ruhen soll. Janatz hat Alles, was der
iarge April an ariinein Laub gespen
det, in das Grab aestreut; nun liut
Lena, auf ihren Mantel arbeitet, fo
friedlich da wie ein sanfi schlummern
des Kind. Das lange, dunkle Haar
fallt ausgelöst auf den ro. hen Atlas
ihres Kleides und der erfie Sonnen
strahl liifkt ihre bleiche Stirn.
Franz don Greiffenilau der eiserne
Mann hat wohl selten in feinem Le -
ben Thränen veraosfen aber mie er
ietzt sorglich feinen eiaenen Mantel.
iiber ihre Gestalt breitet. wie er noch.
einmal in das schöne Gesicht schaut«;
zum letzten Mal, ehe es für imm«r’
ihm entschwindet, da rollen ihm lann
fam zwei schwere Thriinen die Wart
gen herab.
»«Leb’ mohl,»Leni-1«!«
i
i
i
i
i
i
uns lau scslcc LIUIIU suclsl U zu
Spaten und Schaufel, denn Niemand
als er dars sie zur Ruhe bringen.
Die Sonne ist indessen in voller
Pracht am Himmel emporgestiegen
und nun wölbt sich der Hügel iiber der
stolzen Lena Erthai. die so viel vom
Leben erbosst und erwartet« und nichts
gewinnen sollte, als diesen stillen His
gel itn Walde.
Achtzehntes Kapitel.
Kurz vor der Schlacht von Großaöri
schen meldete sich bei dem Comandeur
der Todtentops - Husaren ein Freiwil
liger. Es war ein Rheinliinder, Frei
herr von Greissenllau nannte er sich.
Man hatte dem schon reisen Mann
die Litzen des Unterossiziers gegeben,
und gleich nach der Schlacht wurde er
zum Leutnant ernannt
iFortsetzung solgt.)
.
Familien-leben
Es ist die schönste Erinnerung für spätere
Jahre.
Fast will es scheinen« als ob über
obiges Thema, dag- schon oft behandelt
wurde« dessen Wichtigteit so anertannt,
so selbstverständlich ist« nichts Neues
zu sagen wäre. Neu ist vielleicht auch
gerade nicht« was ich aus dem Fetzen
habe, aber Alter« scheinbar Berge enes,
Uebersebenes möchte ich an dieser
Stelle recht eindringlich aussprechen.
Vorrrst will ich nicht zu bemerlen
unterlassen, daß, Gott sei Dant, auch
in unserem Adoptivvaterland noch viel
echter Familienstnn zu finden ist.
Gleichwohl beobachtet man nicht selten,
besonders bei der Jugend, eine gerin
gere Werthschiitzung der Familie. So
schön und qut es ist« wenn die jungen
Leute« auch die Mädchen« seiib aus ei
genen Füßen zu stehen lernen« so leicht
glauben Viele auch« eben im Besitze
dieser Selbststiindigteit, das Familien
leben entbehren zu tönnen.
Beobachten wir ein Menschenleben
von seinem Anbeginn, so tommt uns
überaus tlar zum Bewußtsein, dasz
der Mensch siir die Familien bestimmt
ist« denn lein Geschöpf tritt so hülslos
in’s Dasein wie ein Menschenkind
Bon Anfang an ist es aus die Fami
lie, · funachst aus die Mutter« an
gewte en.
Es liet augenscheinlich im stili
chen Wi en, daß die durch die nde
der Natur Zusammengehörigen auch
durch die innigste, gusopsertzdste·2«iebe
derounden durch a ueoen geoen rouen· ·
Unsere nächsten Pflichten sind also
die, welche wir gegen unsere Familie
haben. Jhre Erfüllung allein wird uns
dauernde Bestiediaung geben. Dies
gilt nicht nur don den Eltern, sondern
ebenso sehr von den Kindern. Und
wenn die moderneLebensrichiung zehn
mal auch die Töchter vom häuslichen
Herd hinwegtreibt —- meist gewiß mit
allem Recht, —- die Pflicht gegen alte
Eltern, hülssbediirstige Geschwister
gehen immer voran --— wenn nicht gar
die Noth ein ebieterisches Machiwori
spricht. Des Menschen schönste Eigen
schaften kommen gerade im Familien
leben zur vollsten Entsaliun . Die
häusliche Tugend, welche im i oden des
Familienlebens wurzelt, ist die Grund
age aller andern.
Wir Frauen müssen unsere ganze
Kraft daransehem in den unt- anver
trauten jungen Menschenseelen den
echten reinen amiliensinn zu pflegen.
Vor Allem s assen wir unsern Kin
dern ein glückliches, traut-s heim!
Dies lönnen wir nur, wenn wir selbst
Dies liinnen wir nur, wenn wir selbst
knii ihnen und silr sie leben. Wenn
die Elle-in ihre Erholung außerhalb
des Hauses, außerhalb der Familie su
chen, so ist es iein Wunder, wenn die
Kinder. sobald ne tliiaae aewordcn
sind, das Gleiche bei-ehren Ganz an
ders, wenn die Eltein, ganz besonders
die Mutter, ibre beste Freude im
Kreise ihrer Lieben suchen. wenn leh
tere mit liebevoll heitere-n und nöthi
gensalls auch strengem und ernstem
Wesen ihr haus zu einer Stätte des
Friedens, des Glückes gestaltet. Wenn
sie, indem sie die Kinder zu allem Gu
ten und Schönen begeistert, den eigenen
Geist weiterbildet, mit ihren Kindern
mitlernt, sodaß sie auch deu im Stu
dium oorgeschrittenen Kindern eine
oerständnißbolle Freundin und Ve
ratherin zu sein vermag. »
Jn den jungen Herzen wird der
Zauber solch einer schönen Höuslrchteit
sortwirten bis in’s höchste Alter, zur
Nachahmung anspornend iort und
sori
—— -s——.—-—-—
Traiiertleibung.
Auch biet will die Mode
mitreden.
Es lieat im Gefühl des Menschen,
dasz er, wenn sein Herz verwundet,
sich in schwarze Gewänder hüllt, allein
auch die Sitte schreibt den Trauern
den bestimmte Formen vor, deren
Nichtbeachtung sast einer Geringschätz
ung gegen den Dahingeschiedenen
gleichtiime, und wenn auch im Allge
meinen die Traueriteidung der herr
schenden Mode folgt, so sind doch nur
einfache, wiirdige Formen dafür maß
gebend. Der englische Sirepp spielt bei
den Traueriosiümen die bedeutendsie
Rolle, dagean wird Krepp-Cbisson
nicht mehr verwendet.
Durch den Besaiz mit englischeni
Krevp werden schwarze Wollentieider
erst zu richtigen Trauertostiimen ge
steinpelt. haben die Röcke einen Ser
denttnevolant, Io dedeat man diesen
entweder ganz mit Krepp oder stattet
ihn mit mehreren Blenden dieses
Stoffes aus. Die zur Trauertlei
dung üblichen glatten Taikcen werden
mit Einsäfien und Rüschen aus Krepp
verdollständigt oder auch blusenarti
damit äherzoqen, was sich namentl·
für junge Mädchen empfiehlt. Für
ältere Damen eignet sich die Prinzeszs
form mit kleiner Schleppe, da dieses
ganz besonders wiirdedoll erscheint.
Unter den Häten fiir ältere Damen
ist die kleine englische, mit einem
Ialtenbandeaur abgeschlossene Kupp
tapotte mit dem unvermeidlichen lan
gen Schleier und einer in die Stirn
fallenden Schnebbe gebräuchlich.
Häufig pflegt man auch die englische
Sitte nachzuahmen und einen schma
len, weißen Batiststreifen unter die
Kapotte zu besten, was tiefe Trauer
bedeutet.
Das große Umschlagetuch, welches
früher als die zur tiefen Trauer noth
fdendige Umhiillung galt, wird neuer
dings fast gänzlich durch das prak
tische Cape verdrängt, welches fiir den
Winter aus Doublestoff gearbeitet, «
mit wollenen Borten besetzt und dein
üblichen Sturmtragen ausgestattet
ist. Junge Mädchen wählen statt des
Capes einen halblangen Paletot oder
ein Jatett, doch sollten hierbei, ebenso
wie bei den Hüten auch nur die ein
sachften Formen in Betracht tommen.
Unter den Kopfbedeckungen wählen
die funaen Damen theils Toques,
theils runde hüte aus Krepp und
hierzu einen Gesichtsfchleier aus Sei
dentiill mit breitem Kreppsaum
s-.. .-—.- ---
Goldene Lehren.
Goethe über den Umgang mit Men
schen.
Die Summe feiner Erfahrungen
äber den Umgana mit Menschen hat
Goethe in wei Rathschlägen gezogen,
die er an keine Frau und an junge
Freunde richtete.
Zu einem der letzteren sprach er:
»Verfchmäht nie, in euer Streben die
Einwirkung von gleichgestnntenzreuw
den aufzunehmen, sowie ich auch aus
der anderen Seite angelegentlich rathe,
Iteine Stande rnit Menschen u verlie
ren, zu denen ihr nicht geh rt, oder
die nicht zuruch gehören; dennsolches
lvkllckl Wclllg, lulm usw suc- uu Oc
ben gar manches Aergcrniß zufügen,
und am Ende ist denn doch alles ver
geblich qewesen.«
An Christiane aber schreibt er ein
mal: »Was die Menschen betrifft, so
thu’ ihnen nur so viel Gesälligleiten
als du kannst, ohne Dank oon ihnen
zu erwarten. Jm einzelnen hat man
alsdann manchen Verdruß, im an
zen bleibt immer ein gutes Ver ält
nisi." »Was wäre ich denn, wenn ich
nicht immer mit klugen Leuten umge
gangen wäre und von ihnen gelernt
hätte? Nicht aus Büchern, sondern
durch lebendigen Jdeenaustausch,
durch heitere Geselliateit müßt ihr
lernen.«
Jn Deutschland giebt es eine Ehre
des Edelmannes, Ossiziers-Ehre, Be
amtenehre und dann noch die ganz ge
wöhnliche Ehre des ehrlichen Mannes.
Mit der lehtern wird’i aber nicht so
genau genommen.
s- si s
Ztoei Frauen in Jthata, N. Y»
duellirten sich mit Pistolen. Eine der
Secundantinnen wurde auch richti
getroffen und die Aerzte retteten fis
nur durch schleunige Flucht.
i i- is
Ueble Laune ist die Sucht Andere
km unserem Aerger theiinehmen zu las
en.