Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 06, 1901, Sonntags-Blatt, Image 14

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    cis Stumm-L Z
ekzshtuiig m aiiiarethns use
Ueber der schlichten kleinen Herberge
welche einsam in dem romantischen
Thal, inmitten tnospender Decken und
iiochgewachsener Tannen gelegen war,
stieg der Mond auf. Ein Fenster des
oberen Stockwerts war weit geöffnet,
und ein-e duntle Männergestalt zeichnete
sich in scharfen Umrissen von dem hellen
Fensterrabmen ab.
Wolfgang Heka war ein später
Gast gewesen; er hatte den Wirth in
seiner Nachtrube gestört; sein Gepiirl
mußte er wohl oder übel in der Gast
stube stehen lassen, da es gänzlich an
dienstbaren Geistern mangelte.
Er trat vom Fenster zurück, schob sich
einen Stuhl an den Tisch und zog seine
Briesrasche hervor. Er blätierte lange
darin. dann entnahm er derselben einen
Brief und faltete ihn auseinander.
»Mein lieber Sobal« las er.
»Obwobl an Deine Extradaganzen
gewöhnt, bat mich Dein letzter Brief
doch in das größte Erstaunen versetzt.
Allerdings bast Du Recht, wenn Du
schreit-se daß ich seitdem Tode Deiner i
Schwester Gretchen den Wunsch bege, ;
wieder ein junges Mädchen, gleichsam
als Ersan um mich zu haben; daß aber
das fremde Kind einer Gaullertruppe
diesen Plan ausfüllen kann, glaube ich
nicht sicht· Jus-essen wiu ich Dis zu i
Liebe den Versuch machen und seben,
ob diese Wiarda sich noch brauchbar er
weist siir Familie und höuslichteit
Du darfst mir also das fremde Kind
bringen, lieber Wolf, und jedenfalls
wird es ein gutes Wert sein, es dein
umbrrziebenden Leben zu entreißen,
welches es führt.
Du mußt enir aber dann Deinerseits
späterbin bei-sprechen, daß Du der
Stimme Deiner Mutter Gehör schenken
willst, wenn es sich um eine ernste Le
bensfrage um Dich handelt- »
Du darfst mir sicher vertrauen, denn j
das Auge der Liebe sieht scharf, und (
welche Liebe wäre wohl größer, als die
imiak der Mutter fiir ibren einzigen
Svhn. Friederile Herrnes.« j
Sinnend faltete Wolfgang den Brief (
wieder zusammen. Er hatte wohl ge- i
wußt, daß ihm seine Mutter kein hin- J
dernisz in den Weg legen würde. Nun J
konnte er ernstlich mit der Künstler
truppe verhandeln. Wie hoch würden n:
den Preis fiir die Freiheit Wiardai
schrauben?! Denn freilich war sie de:
Stern, die Zuglraft des Ganzen. —
Nun, der morgende Tag würde die An!
wart bringen! Und ermüdet such-«
Wolfgang Hermes die späte Nacht
ruhe. —
Am nächsten Tage zog die Trupp.
mit Singen und Klingen in das still.
Thal und schlug ihr Zelt auf der Dort
straße aus.
Der Direltcr tzuerte mit hochg:»;o;
nen Knieen auf einem dreibeinigenza
meldavor, und eine Edon Staub un
Schmutz ergraute Holzliste diente als
Kasse.
»Schlechte Geschöstel« Bad Mackn!'«
meinte er mit einem Blick auf den hin
ter ihm der Länge nach im Stroh hin: »
gestreckten Clown. Dieser that einer ;
ustsprnng.
Da trat Jemand an die Kasse: »Als J
wer kommt denn da?w Mit einem tüh «
nen Sprung war er sofort an der Kiste«
nnr etwaige Einkünfte schleunigst sii
seine rückständige Gage einzustreichen.
Billet erster Rang 50 Pfennig
zweiter Rang 25 Pfennig —- drittei ’
10 Pfennig, Stehdlätze sind nichts E
tx- --..«- h-- GIVE-do
sWIIIsLIL Us- --------
»Jch inrllke eigentlich nur mit Ihn-«
sprechen« entgegnete Der Herr: Aas
sen Sie m: ch einen Augenblick eintr-:
ten.«
»Unbesugten ist der Eintritt frrens
untersagt!« eiferte der Clown »3i
müssen ein Billet lösen«
Der Eintretende warf ihm ein Sil.
berstücl hinüber, das mit geradezu er
staunlicher Geschwindigkeit in der tar
rirten Hose des Clowns verschwand
»Ach Herr Herniesl Das ist ja Herr
Hermes, der mich schon mitnehmen
wollte!« rief Wiarda erfreut, indem si:
herzueilte und Wolfgang die Hand bot.
»Wer spricht denn von mitnehmen-.
Jch glaube, da hätte ich doch auch ein
Wort mitzureden!« rief der Direktor
dazwischen nnd richtete sich mit zusam
mengezogenen Augenbrauen zu seiner
ganzen stattlichen höhe empor.
»Nun, darüber ließe sich ja wohl
reden, Sie leben in schlechten Verhält
nissen,« bahnte Wolfgang das Ge
spräch an.
»Herr — wir find Künstler!"
brauste der Direktor anf, indem er ei
nen rothen Kon bekam, nur gleich dar-s
auf, Wiatda den Kon tötfchelnd, jo
vial hinzuzufügen: »Ein freies Leben
führen wir, nicht wahr, Wiardachen,
Stern meiner Stunde, wein Juwel!«
»Na ja!« sagte das Mädchen ver
Wich. indem es sichabtoandte, aber
der fehus e VIII-It dunklen
anrechne-Ema
( West Dr mit mir kommen,
W MIHM
« M des-W ais-i
greisen lerne-. Das gevs nnd toas
Ost Ip»
»Und möchtest Dir anch in einein
ruhigen hause still leben, gute Bücher
lesen nnd Alles lernen, roas meine
Mutter Dich lehren withi« fragte er
noch herzlich.
»Ja«, sagte sie Unter dein Bann sei
ner Augen« nnd er äberhörte, daß ihre
Stimme gedehnt klang nnd ein leiser
Zug von Enttiiuschnng Eber ihr Ant
litz glitt.
»So lassen Sie uns, Herr Direktor,
bei einer Flasche guten Rüdesheirner
versuchen, ob wir uns einigen lönnen.«
Der Direktor war-kein Verächter
von gutem Rüdesheirner und als er we
nige Stunden später mit Wolfgang
Herrnes zu der Treppe zurückkehrte,
hatte Legterer gegen einige hundert
marlscheine die Erlaubniß eingetauscht,
Wiarda mit sich zu. nehmen. .
II O c
»Aber liebes Kind, jetzt schläfst Du
noch Z« sagte Frau herntes wenige Ta
ge später verdrießlich, als sie mit ta
dellos gesteiftem weißen Mnllhiiubchen
auf dem silbernen Scheitel in das
freundliche Logirzirnmer hineinhlicktej
welches sie Wiarda am Abend zuvor
als Schlafgemach angewiesen hatte. -
»Morgenstunde hat Gold irn Munde, .
und Dein Kaffee wird ganz kalt-« j
Wiarda blinzelte schläfrig zu der:
Sprecherin hinüber. »Pol) Mackn «
brachte mir den Kaffee immer ans;
Bettl« klagte sie. ;
»Du stehst reizend aus« Wiarda!« z
sagte Wolfgang, als sie das Speisezim- Z
mer betrat und ihm einen fröhlichen !
Morgengrufz bot. H
»Ich finde es gar nicht passend, sich I
am hellen Tage mit solchem Theater- I
plunder zu behängen,« tadelte Franq
Vermes. !
»Ich habe nichts anderes,'· sagte d:s ;
Mädchen achselzuckend. s
»Daruni hättest Du doch Dein Haar s
zufammenbinden nnd denPerlenschmucl «
fortlafsen lönnen,« war die Entgeg
nung.
»Sie ist ja noch ein Kind. Mas·1a«,
suchte Wolfgang seine Mutter zu be- .
cjsszidsnsss Jud-II Miflfdn bis m,flt·"- ;
kwsssvsssspsssi -----u I--ss- i-— - - ·
schnüre hastig aus ihrem Haar löstei
und zu Boden warf, daß sie tlirrendt
umherfielem
»Da!« rief sie, blaß vor innerer Er- (
regung. »Da! Aber ich habe richtj
nöthig, mein Haar einzuflechten und
moderne Kleider zu tragen. die mish
beengen und mir den Athen-« nehmen.
Jch bin nur ein Gauklertind, und Jer
werdet mich nicht anders machen tön
nen, als ich bin!«
Derartige Szenen wiederholten sich
des Oefteren, und Wiarda wuchs- her
an, ein eigenartig verschlosienes Kind.
» mit der brennenden Sehnsucht in den
l großen, feuchischitnmernden Augen. i
Allgemach veränderte sich ihr Muße- !
res unter der heftiindigen Aufsicht der 1
Frau Hermes erledlich Jn den lan- ;
ken. dunklen Kleidern. welche stets bis
·.n den hats hinan aeschlossen was-en, ;
sah sie sehr undartheilhaft aus, und das j
eng zusammengeflochtene haar mit dem ;
sorgfältig glattgestrichenen Scheitel «
nahm ihrem Gesichtchen jenen Reiz, der z
ihm sonst eigenthiimlich war. «
So verhlaßte bei Wolfgang dessen :
Iluge stets so sehr fiir das Schöne em- -
ininglich war, allmählich das einst ;
oärrnere Gefühl und machte einer ge
schwifterlichen Zuneigung Platz, wäh
rend bei Wiarda die Ahnung kommen- z
der Empfindungen aufdärnmerte und
ihrem Wesen jene eigenartige Hering
leit verlieh, die ihn abstieß.
Zwischen Frau hermes und ihr hat- .
te sich nach und nach ein kleiner Kriegs- »
um«-d unwidle Es wallte Mist-da
sticht gelingen, ihr Ausgabebuch mit
vener peinlichen Regelrniißigteit zu füh
l ren, wie die an strenge Ordnung ge
J rsöhnte Frau dies wünschte. Sie
tonnie gar nicht begreifen, daß das
Wohl und Wehe einer geordneten-haus
haltung davon abhängen sollte, daß die
Milchbrödchen des Morgens richtig ge
zahlt, das Fleisch nachgewogen und die
Butter eingefotmt war. Aus das Al
les kam es ihrer Meinung nach gar
nicht an, wenn nur der Frühstückgtisch
mit einem frischen Blumenstrauß, die
Abendtafel mit recht viel Lichtern ge
schmückt war. F
So hatte fich ein Kampf entspannen,
der, wenn auch in der Stille geführt,
ooch beide Theile gleichermaßen erbit
terte und, weit entfernt, ihnen ein ge
miithliches Familienleben zu schaffen,
ihrem Zusammenseinsden Stempel der
Unzufriedenheit und Gereiztheit auf
drückte.
Frau hermes hoffte diefem Uebel
ftande durch eine Vergrößerung ihres
kleinen Kreifes abzuhelfem Sie kannte
in Magdalene Mertens ein junges
Mädchen, welches nach dem Tode sei
ner Mutter gleichfalls allein in derWelt
dastand, und hoffte, daß fie mit ihrer
mädchenhafteu Lieblichkeit, mit ihrem
echt weiblichen Wesen vortheilhaft aus
Wintda einwirten würde, während sie
ihrem liebenden Mutterherzem wenn sie
an Wolfgang dachte, eine herzlich er
wünf e Aussicht in der Verbindung
mit agdalenen eröffnete.
»Du wirß jeht Gesellschaft bekom
men, Wiaeda,« sagte Wolfgang eines
Tages zu Wiarda.
ie Ungeredete stand amFenster und
wandte ch hastig um. »So, wer
den-M agte fie, während ihr miider
As Heda-W auf seinem hiibscheu,
eeW · klarste-kitpr
Ists tie
»I·it«dsris IIIW
Jhre Augen derdnntelten sieh.
Esaus lonnnt stei« stagte sie unruhig.
»Ich deute, noch heute. Sie ist eine
entfernte Verwandte meiner Mutter,
eine Waise, und soll sehr hübsch seini«
»O, ich tann mir denken! Glatter
Scheitel, blonde Daare. —- Pausbas
cken -—." sie verschlaekte den Rachsap
»Aber Winde-P
Das Mädchen preßte die Stirn ge
gen die kalten Scheiben und begann
leise zu weinen.
»Was hast Du nur?'· fragte er.
»Bist Du tranl?«
Er trat zn ihr und strich ihr mit der
Hand über das dunkle Köpfchen.
Sie schmiegte sich einen· Ilnaenblick
sest an ihn und umschlang ihn mit bei
den Armen, dann riß sie sich los uno
floh aus dem Zimmer.
Magdalene tras noch selbigen
Abends ein. Sie war eine kleine, zier
liche Blondine und trug wirtlich die
blonden Haarwellen iiber dem rosigen
Madonnengesichtchen gescheitelt. Alles
an ihr war Harmlosigteit, Frohsinn
und Hiiterteit. sie schien geschaffen, um
zu lieben und geliebt zu werden« Mir
stiller Freude bemerkte denn auch Frau
Hermes den tiefen Eindruck« den dies
liebliche Wesen auf Wolfgang machte
welcher sich den Familienabenden und
Ausgangen wieder mehr und mehr zu
gesellte, während er sich sonst Tage
lang in ernste Studien vertieste und
aus sein Zimnier zurückgezogen hatte,
falls seine ausgebreitete Praxis ihn
nicht in Anspruch nahm.
Nur Wiarda zeigte Magdalenen ein
fast gehässiges Benehmen, sie war eiue
stille, aber desto ausmertsamere Beob
achterin, und je herzlichet sich der Ver
tehr zwischen Wolfgang und Mang
lenen gestaltete, je ungetheilter sich lex
tere die Zuneigung von Mutter und
Sohn gewann, um so sinsterer und ver
schlossener wurde Wiarda, während ein
phosphoreszirendes Leuchten in ihren
dunklen Augen aufbliytr. Langsasn
begann ihre leidenschaftliche Natur den
Panzer der Sitte und Weiblichteit zu
sprengen, in den ihre Pflegeinutter sie
mit so viel Mühe hineingezwiingt hatte,
..—h -;1 t-— ----------- «-IO-n Masse-H
UUIU LI Ost-I ou uslvsossvvoovsv v
chen ihres ungestümen Wesens.
«Jch lann Dich nicht leiden. was
willst Du bei mir?" suhr sie einmal das
ahnungslose Mädchen an, als Te ihr
Zimmer betrat: »Geh, ich mag Dick:
nicht sehen! Fort! Hörst Du nicht«-?
Ich hasse Dich! Gliihend, o wie sehr!'«
»Aber Wiarda!« sagte Magdalerse
bestürzt, und ein seines Noth der Er
regung huschte über ihr hübsches Ge:
sicht- »
»Geh!« rief Wiarda außer sich. J
»Ich werde wahnsinnig. wenn Du
bleibst!"
Geängstigt sloh Magdalene aus dem s
Zimmer, und bedrückt trat sie in den
nebenan liegenden Musilsalon. Dort
schritt sie einige Male unruhig aus dem
weichen Fellteppich aus und nieder und
segte sich dann an den Flügel. Leise
priiludirend glitten ihre hünde über
die Tasten, und bald vergaß sie über
dem süßen Wohllaut der Töne die et
littene Kränkung. hatte sie doch auch
so viel Ursache. glücklich zu sein.
»Ich suchte nicht Reichtlhum, nicht Pet
e
U
Jch suchte nicht Gold. nicht. Schein,
Ich suchte ein herz voller Liebe.
Und fand es bei Dir alleinl«
Leise und zärtlich verklangen die
weichen Töne der ungeschulten Mäd
chenstimmez da wurde die schwere
Sammetpanter welche den tat-ellen
! artig gewölbten Raum von den übri
gen Gemächern trennte, von einer lräfi
AL-- MU----fus-h ASCII-le
«.,... «..........,-..- «.,«., .....
Wolfgang trat ein, mit schneller-.
Schritten war er am Flügel, an ihrer
Zeite.
»Gott das mir, Magdalene?« fragt1
er leise und blickte mit dem Ausdruck
innigster Zärtlichkeit in das erglübende
; Gesichtchen. Dann ergriff er ihre tlei
l nen Hände und spürte das leise Zittern
derselben. »Magdalene,« flüsterte er,
»willft Du die Meine werden und
band in Hand mit mir durch’s Leben
schreiten als meine liebe tleine Fran
Dottorin und treue Gefährtin in all
den wechselvollen Stunden unseres Da
feinst«
Sie lebnte das blonde Köpfchen auf
feine Schulter und ein Schimmer du
Vertlärung breitete sich über ihr Ge
sicht. «Ja!" sagte sie innig, und er zog
sie in seine Arme und tüszte ihre lichte
Stirn.
»Wir wollen ur Mutter gehen!« rief
er glücklich. « ie soll sich freuen im
Sonnenschein unserer Liebet«
i ·- i
Frau hermei war überglücklich
»Nun sollt Jbr auch Eure Verlobung
ordentlich feiern!« meinte fie, und bei
der Abendtofel ließ sierampogner auf
tragen.
»Was ist denn heute loss« fragte
Wiarda mißtrauischall sie die festlichen
Vorbereitungen sah·
»Aber, Kind, -— Du weißt nicht?·'
Frau hernied blickte sie überrascht an
»Wolsgang und Magdalene haben sich
verlobt!«
Wiarde t! otnelte ein wenig und bielt
sich on einem Stuhl fest. »Got« —
sogte sie und wurde noch um einen
Schott-en blösfer als sonst, während et
sich wie ein Schleier liber ihre Augen
te. »Ich grotulire!« seste sie dann
be Use
» HEFT-TM M
m« Des- m
! im ei karger-mi- ?
l Der Ubend verlies in glücklichsier i
? Stimmung und Wiardai völlige
s Theilnahmtlosigleit siel Riemandern
auf außer Magst-denen welcher noch die
i Szene am Morgen zu denken gab. .
Dann, ei mochte wohl um Mitter
Enacht sein —- Magdalene lag in süßem
Schlummer — da war es ihr plötzlich
als ob ihre weißen Bettvorhange leise -
getheilt würden und sie in ein blasses,
ansgeregtes Mädchenantlitz sehe. das
von langen, nachtschivarzen Haaren um
trallt war, in denen bunte Glasperlen
im Mondschein wie Edelsteine aus
flammten und aus dem ein Paar
große. fieberhaft glänzende Augen sich
farr aus sie richteten; riithselhafl in
, ihrer dunklen Tiefe, — Wiardaö Au
gen!
Magdalene ließ einen tiesen Schrei
aus« und di- icheinung wich langsam
« zurück, während ein tleiner blinlender
Gegenstand llirrend zu Boden siel. Ci- -
« neu Augenblick sah sie Magdalene noch
- im vollen Mondlicht dastehen, mit gei
E sterblassem Gesicht und in einem selt
I·iam schimmernden Gewand, das mit
s goldenen Schnüren und Ketten behängt
; war, dann verschwand sie lautlos aus -
» dem Zimmer
War es nur ein Schatten gewesen —
»ein Traumbild? —- Magdalene wart
sich ruhelos auf ihrem Lager umher ;
Nach einer Weile hörte sie die hausthiir F
gehen; sie erhob sich und eilte zum Fen
I ster. Sie össnete es lautlos wehte vie
liihle Nachtlufl herein.
Unten auf der Straße aber war Al
lei still trilb slaclerten die Laternen, da .
huichte ein leiser Schatten an den häu- ,
sern entlang. Wiarda!« rief sie. »Wiar
da!« !
Der Name verhallte im Wind. und 7
fröstelnd schloß Magdalene das Fen
sch g
i O f
,,Wo nur die Wiatda stecken magi«
sagte Frau Hermes am andern Mor
gen.
»Vielleicht habe ich nur geträumt«
entgegnete Magdalene, »aber mir ist« als
sah ich diese Nacht Wiarda vor meinem :
Bett stehen mit wallendem lHaar und
!
leuchtenden Augen, bunte Perlen im «
Haar, —- dies snuß sie wohl verloren Z
baden-«
Dabei zog Magdalene einen lleinen,
spitzen Dolch hervor und legte ihn ans
ten Tisch. Sprachlos starrten sie einan
der an.
»Ich war so erschrocken«, fuhr Mag
dalene fort, »als ich erwachte, daß ich
einen leisen Schrei ausstieß, da wich sie
bestürzt zurück und floh aus dem Zim
mer. Etwas später hörte ich die Haus
tbür in’s Schloß fallen-«
»Dein guter Engel hat Dich be
schühtk ries Wolfgang und tiißte ihre
Stirn.
»Sie ist zu den Ihren gegangen',
sagte er, «sie gehört der Welt des Schei
neä und des Flitterglanzeb — es war
Thorheih sie dieser zu entreißen.«
»So-—
Etceltenz als Rekrut
—-....—
humoreste vonFreiherrn v. Seh l i ch t.
Die dienstsreie, die köstliche Zeit, die
dem Manöver und Entlassung der «
Mannschasten aus dem Fuße solgt, nä
herte sich ihrem Ende. »Man rüstet sich
zum Empfang der neuen Retruten, und
der Kasernenhof, aus dem in den le -
ten Wochen nur Unisormen und Torn -
ster ausgetlopst worden waren, betam
wieder sein altes Gesicht. Es wurde :
wieder exerziert, und aus den Appell- l
plätzen der einzelnen Kompagnien stand ;
je· ein Leutnant mit einigen Unterossi- l
-----.- arg-Ass-- list-- E
zieren uns cum- uupuys um«-»Hu —.-- ,
freiter und Gemeiner und nahm mit :
ihnen auf das Genaueste die verfchiedes g
nen Reglements durch. Das war das «
EfietrutenlehrperfonaL das ausgebildet
wurde, um später aus den Rettuten
drauchbare und ·verstiindige Soldaten
zu machen.
Bei der fünften Kompagnie führte «
an Stelle des erkrankten Offiziers der
Vizeseldwebel Gottschall die Qberauf
sicht, und in feinen händen ruhte zu
gleich die Leitung des Dienstes. Er
diente schon im zehnten Jahr und hatte
schon acht Mal Rettuten ausaebildeL
Jedes Jahr that er feinen Dienst mu
der größten Gewissenhaftigkeit unr
fein Eifer wuchs von Jahr zu Jahr, »
weil fein Hauptmann ihm sagte: »Die
ses Mal iit nun aber auch für Sie wirt
lich das lehte Mal.« — —Das machte
Gottschall dann so froh und glücklich
daß er sich gelobte: »Wenn es wirklich
das letzte Mal ist. will ich auch zeigen,
was ich tann.« Und dann wurden die
Rekruten fo gut, daß der Hauptmann
im nächsten herbst zu ihm sagte: »Gott
ichall, ich kann Sie doch noch nicht ent
behren, dieses Jahr müssen Sie noch
wieder hin zu den Retruten, da’iir sol
len Sie aber auch im nächsten Jahr
ganz bestimmt frei sein.«
So ging das von Jahr zu Jahr,
und.so kam es, daß Gottfchall auch
heute wieder auf dem Felde der Ehre ;
stand· Er hatte seine Untetofsiziere
und Mannschasten um sich versammeit
und andiichtig lauschten diese aus die «
Rede, die Gottschall ihnen hielt: »Und
dann, was ich sagen wollte, und woraus
der here Leutnant und ich besonderen
Werth legen: nicht rii an, merken Sie
s Das. Werden ie grob, so viel
S wollen. Das schadet nichts, irn
Gesentheih ein kräftiger Fluch wirst
zuweilen Wunder. Aber fassen Sie
mir seine sein-ten an. Ein anstän
diger Berges thut so was Uber
W nicht« warne ich Sie,
denn Sie Alle sind jung und Ihre Lei- «
denschast isnnie einmal mit Jhnen s
durchgehen. Aber Sie sollen die Leute ;
nicht nur nicht schlagen, was im höch- ;
ften Grade Pfui Teufel ist, sondern z
Sie sollen sie auch garnicht ansasfeu, ;
um ihre Haltung oder ihre Gewehrlage z
zu lorrigiren — daraus entwickelt sich «
leicht ein Stoß, und dann ist die saure
Gurte mit Elsig und Oel fertig. So, ,
Petersen, und nun ertlären Sie uni:
einmal den schönen Griff: Das Ge
wehr über, präsentirt das Gewehr-.
Stellen Sie sich Jhrem Freund und
Kameraden Hausen gegenüber: der
ganer ist der Retrut, der vor seinem
iensteintritt noch nie etwas davon ge
hört hat, daß es Gewehre giebt, und
der auch nie ein solches Ding in den
Händen gehabt hat. Sie sind der Leh
rer. Also lo5.«
Der Unterricht begann: Petersen -
erklärte den Grisfpzerlegte ihn in seine
einzelnen Bestandtheile, und Hausen
fiihrte die einzelnen Tempos absichtlich
genau so dumm und ungeschickt aus«
wie die Rekruten es machen.
»Seht gut, Hansen,« lobte der Feld
webel, »es wäre ganz falsch, wenn Sie
den Griff richtig machen wollten, so .
geben Sie Jhren Kameraden Gelegen
heit zu torrigiren. Also, Petersen,
was haben Sie an der Gewehrhaltung
auszufehen?«
»Seht viel. herr Feldwebel,«' lautete
die Antwort, und dann begannen die
Korrelturem »Kolben von der Denkt
—- mehr --— noch mehr -— immer no
mehr —- Das ist zu viel — noch zu viel
—--— immer noch zu viel —- nach der Brust
sollen Sie den Kolben nehmen —- Das
ist nun wieder zu viel geworden -— von
der Brust -- noch mehr —— immer noch
mehr —- nun ist es wieder zu viel-« «
»Seht gut, Hansen,« lohte der Feld- -
wehel,« genau so dumm stellen sich auch
die Retruten an. Korrigiren Sie nur
immer weiter, Peterfen, einmal werden
Sie die Gewehrhaltung schon richtig
betommen."
Petersen that, wie, ihm befohlen
wurde, er torrigirte immer weiter, aber
als das Gewehr doch nicht dahin kam.
wohin es sollte, rifz ihm schließlich die
Geduld: «·Vansen, tei nicht solch Ric
fenochfe,« rief er, und dann ließ er sich
von feinem Temperament binreißen :er
trat auf den Kameraden zu und legte
ihm das Gewehr mit einem börbaren
Ruck auf der Schulter zurecht.
Alle waren starr, am ftarrften aber
der VirecFeldwebel Gottfchall: »Da
bat man sich nun gewissermaßen den
Mund fußlig geredet,« schalt er, »daß
mir Keiner unter keinen Umständen ei- ,
nen Mann anriibrt. und was thut der H
Peterfen. der Himmelhund, dies Ka
meelogramm der Kräfte — er thut es
doch. Wenn Sie das bei einem Rettu
ten machen, dann su) Sie fertig, dann s
lasse ich Sie ablöfen, denn meine Nach- ·
tommen follen nicht von mir sagen, ich
hätte es geduldet, oder auch nur still
schweigend mit angesehen, daß einer
von meinen Rekruten angefaßt worden
wäre.«
Vicefeldwebel Gottfchall fah es dem
Peterfen an, daß ihn seine Worte
bis in’s Jnnerfte getroffen bauen,
und so fügte er seinem Tadel noch
einige Troftworte hinzu· Na, Sie
brauchen sich doch ni t gleich todt-zu
schießen, Peterfen, o schlimm ist
es noch nicht. Mehr als fein Un
recht einfeben und bereuen kann schließ
lich tein Mensch. Wenn Sie mir ge
loben wollen, daß dieses erfte Mal zu
gleich das letzte gewesen ist« foll der
Fall erledigt fein. Bessern Sie sich.««
Und Peterfen besserte fich, er gedachte
in Zukunft aller guten Lehren, die er
--I--I0-- I-«00- »Is« Ins-hols- Inn-Ich
ksquoesn quets- nsss I, ----------------
So iain der Tag heran, an dem das
Rekrutenlehrpersonal dein-Herrn Oberst
dargestellt werden sollte. Wie jeder Bei
sichtigung, so waren auch dieser ver
schiedene Vorbesichtigungen vorausge
gangen. Zuerst hatten die Hauptleute
sich ihre Untergebenen anqesehen, dann
hatten die Bataillons : Kommandeure
sich von den Leuten etwas vorererzieren
lassen, nun tarn der Herr Oberst. Aber
der Herr Oberst tam nicht allein, aud
Seine Excellenz, der Herr Divisioiis- .
Kommandeur, der in der Garnison sei
nen Sitz hatte, und täglich über den
Dienst, der beim Regiment stattfand,
Unterrichtet war, erschien. Die Aus
bildung der Retruten ist ja von der
größten Wichtigkeit, da wollte der hohe
Herr sich durch eigenen Augenschein da
von iiberzeugen, wie das Lehrpersoncl
ausgebildet sei. Als Ereellenz gänzlich
unangemeldet aus dem Kasernenhoi er
schien, bekamen Alle, die ihn sahen, ei
nen heillosen Schrecken. Aber das hats
den Betheiligten noch weniger als gar
nichts. Exeeilenz war da und dachte
auch anscheinend gar nicht daran, vor
läufig wieder fortzugehen. Er hatte
sehr viel Zeit mitgebracht und besich
tigte die einzelnen Kompagnien mit ei
ner Ausdauer, die nach Ansicht der Un
tergebenen einer besseren Sache würdig
Zwesen wäre. Endlich kam die fünfte
ompagnie an die Reihe, der Rekruten
Ossizier war immer noch trank, so hatte
Vizeseldwebel Gottschall die ehrenvolle
Ausgabe, seine Zöglinge vorzusiihren.
Eines sicheren Sieges gewiß, stand er
in untadelhaster haltung am rechten
Fliigel seiner Untergebenen und sah
den tomoenden Ereignissen ruhig ent
egen. Mochten die Anderen gezittert
gaben, er zitterte nicht mit.
»Gut, sehr gut,« lobte der herr
Oberst, als Gottschall seine Leute nach
dem Programm, das er sich aus earbei
tet hatte, vorstellte, und auch Se ne Ex
eellenz nickt bei llif mit dein Koper
was er lah, g iei hin sehe gut und
was er hörte noch mehr-, die Unterosfii
ziere und Gefreiten tou ten das Negles
ment. soweit ei silr te in Bettes
kam. fast wsrtlich auswendtg.. Schon
wandte Excellens sich zum Gehen, da
durchsuht ihn plötzlich ver Gedanke :
vielleicht fehlt es den Leuten troh der
guten theoretischen Kenntnisse an der
nöthigen Praxis, vielleicht verstehen sie
es nicht, das, wag sie wissen, den Leu
ten auch beizubringen Aber noch war
er- ja Zeit, die Probe auf das Exempel
zu machen.
»Bitte, geben Sie mir ein Gewehr,U
sagte er plötzlich, und gleichzeitig hielt
die ganze Abtheilung ihm die Gen-ehre
entgegen.
Errellenz nahm eines derselben zur
Hand und seh sich dann prüfend die
vor ihm stehenden Leute an.
»Tteten Sie einmal vor — fa, ich
meine Sie, den dritten, vierten. fünften
Mann vom rechten Flügel — wie hei
ßen SM«
»Petersen«. Eure Excellen3."
»Als-) schön, Petersen, treten Sie
vor —- Sie sind der Lehrer, ich bin der
Rekrut —- bringen Sie mir einmal die
Chargirung von Gewehr bei Fufz bei,
ich werde thun, was Sie anordnen,
und Sie werden mich dann torrigiren,
verstande«
»Ja Befehl, Eure Ocellean
»Schön, dann also losl«
Und Petersen begann mit den Wor
ten des Reglements: »Die rechte band
hebt das Gewehr und streckt es, wäh
rend der Mann sich halbrechts wendet,
nach vorwärts. Das Korn befindet
sich rnit dem Auge in gleicher Höhe.«
Petersen machte eine Pause, um detr
Vorgesetzten zu lorrigiren; schön
machte der aber natürlich seine Sache
nicht. Die Wendung halbrechts war
unter jeder Kritik, und davon, wo ihm
die Augen saßen, schien Excellenz keine
bloße Ahnung zu haben, er hielt das
Korn, die Visireinrichtung an der
Mündung des Laufes beim linten
Ohr.
Petersen torrigirte und torkigirte,
aber besser wurde es trotzdem nicht; er
fühlte die Blicke aller Vorgesetzten auf
Gsk sub-n die sit-est bei dem Neninnens
Sr. Exeellenz geliichelt hatten, die nun
aber doch einsahen, daß der hohe Herr
·die Sache keineswegs als Scherz be
trachtete
»Vergessen Sie ganz, daß ich Jhr
Vorgesegter bin-", sagte Exeellenz, »be
handeln Sie mich genau so, wie Sie
Jhre Rekruten behandeln würden.«
Das war kiir Ereellenz leichter ge
sagt, als für Petersen gethan. Guel
lenz blieb doch immer Ereellenz« aber
schließlich redete sich Petersen derartig
in Wuth hinein, dasz er thatsächlieh
ganz vergaß. wen er sich gegenüber
hatte.
«Geradeaus die Mündung,« tot-ci
girte er mit einer Stimme, die immer
mächtiger anschon »Hättet das
Korn —- noch höher — immer noch
höher —-— in Augenhöhe —- Daö ist zu
viel —- tiefer —- immer noch tiefer —
nun ist es wieder zu viel — höher —
noch höher!«
Petersen sah es ein: so wurde es
nichts. Zum Ueberfluß risz ihm seine
Geduld und mit großen Schritten trat
er erregt auf den Vorgesetzten zu,«um
diesem das Gewehr zurecht zu legen.
Erschrocken wollte Exeellenz zurückwei
chen — aber schon war es zu spät.
Mit seiner großen Handschuhnummer
faßte Petersen das Gewehr und segte
es dem hohen Vorgesetzten richtig in die
hiiftr.
Es tnackte ordentlich.
Exeellenz war starr, denn er fühlte
förmlich, nLe seine LViiste griin und gel
·— -- -- h-- est-.
IUlllUk- Quillt uUII Hut-s IS Uup Us
ivebr ab und wurde wieder Errellenz
und als solcher wurde er seinem frühe
ren Lehrer so grob, daß dieser sich in
Zukunstmie wieder an einem wirklichen
oder an einem imitirten Retruten ver
grisf — nicht etwa, weil er sortan die
Lehren des Vicefeldwebelg Gottschall
beberziate, sondern weil er als Rekru
tengesreiier einfach spurlos in die Ver
senkung verschwand.
CO
Am Familientisch
»Mama, wenn ich einmal heirathe,
bekomme ich da einen Mann wie der
Papa?«
»Ja, mein Kind-«
»Und Tante, wenn ich nicht heirathe,
werde ich dann einmal so wie Du ?«
»Wahrscheinlich, Liebling.«
(Pause des Nachdenlens.) »O, Ma
ma! Es ist doch eine recht harte Welt
für uns Frauen, nicht wahr?«
Ein Gemüthsmensch
. heirathsdermittlen »Ja, aber ehe
s ich anen eine Frau verschaffe, müssen
s Sie 30 Dollars Vrodision einzablen.'«
herr: »Wae,30 Dollare? Glauben
Sie, ich würde mich verheirathen, wenn
i
i
F ich über solche Unsummen veriiigte?«
A u f U m w e g e n.
» »Wem gehört denn die Brieftasche,
- nach der Sie annoneirt haben?«
I »Na, mir natürlich!«
i »Was, bneni «Brieftasche, enthal
l tyid 200 ollars und Papiere, ist ver
« loren gegangen. Der ehrliche Finder
lann das Geld gegen Rück abe der Pa
piere bebalten«. Das m sien Sie ei
nem Anderen erzählen, daß Sie M
Dollarö lkabenck
,,habe ch auch nicht, aber der Vater
meiner Braut liest die Zeitung, in der
das nierat gestanden hat.«
« ba! Aber woher baden Sie denn
das Geld zu der langen Innonee ri«
»Das Habe tch mir von meiner ant
IMM—