Ein sieh-klettern —-O M Reinhold Cronheim. Als Ilihrer einer Schleichpatrouille tie ich sie zum ersten Male gesehen. s war eine so erbarmungswiirdige Viße an fenem Tage, der heute mehr als 25 Jahre zurückliegt, daß man es mir nicht oeriibeln konnte, wenn ich einen kleinen Dienstverstosz beging. Zwischen Weinbergen hindurch, an de nen die Trauben keiften, zog sich der baumlose Weg hin, der »von blendend weißem, zermahlenem Kaltstnub bedeckt war. - Und wir sollten den Feind auf suchten einen Feind, der uns niemals etwas zu Leide gethan hatte, gegen den wir niemals nationalen oder sonstigen haß empfunden hatten. Es war näm lich der Musietier Matthes, der, im Besitz einer gelben Flagge, den Gegner martiren sollte, und da es dieser gewis : senlose Bursche vorgezogen hatte, im Schatten eines breitästigen Baumes in das hohe Gras niederzusinlen und sei ner Gleichgiltigieit gegen alle noch so verschmitzten strategischen Kniffe durch nohanes Schnarchen wie sich ipötkk herausstellte, Ausdruck zu geben, so hätte ihn auf iilameterweite Entfer nung auch der Teufel nicht gefunden. Uns andere aber plagten die Hitze, der Staub und die Mücken. Und als wir uns dem kleinen, sauberen Dorfe rnit allen nur denkbaren militärischen Votsichtsmaßregeln näherten, an dessen anderem Ausgang wir den trummbei nigen Matthes vermutheten, da kam mir der Gedanke zu dem Dienstverstofz. Schließlich ist der Mensch tein Wüstenschiff, er muß sich die trockene Kehle bisweilen beseuchten, und als meine drei Mannen die Frage. ob sie auch schweigen könnten, mit einem lut zeI. aber warm empfundenen »Na, ob!« beantwortet hatten, traten wir in die sonnendurchgliihte, schattig warme Geisblattlaube des kleinen Doti wirthghauses ein. Und da brachte sie den iellerlijhlen, rothsuntelnden Lade trunl. Noch heute sehe ich lie, im blen denden Sonnenlicht, mit rotlienr Araushaar, blitzendem blauen, lachen h-- M.. UIII Sagt-u, qu HLIVIHIIU llclllcll Katzenziihnen zwischen den tbaufriichen Lippen —- luizuim wenn man selbst kaum neunzehn und die andere noch nicht recht siebzehn ist, dann genügt ein solcher Augenblick, um das Herz zu ewiger Liebe zu entflammen· Mattheg und der martirte Feind waren mir in diesem Augenblick recht uninteressant,; er wurde später aufgefunden und spa- « zitte wegen seines Schlafens ins Loch und das von Rechts wegen. Jch aber ; ging von jenem Jeitpunlte ab. so oft - ich nur lonnte, in jenes kleine Dorf, l und immer erfreute ich mich an dem Anblick der tleinen, sonnigen Schön-f heit. und ich beging Thcrheiten ihret wegen, wie man sie eben begeht, wenn man selbst noch nicht neunzehn und die Andere noch nicht recht siebzehn ist Nicht daß wir von Liebe redeten oder ähnlichen dummen Dingen s- denn weshalb von Sachen sprechen, die sich von selbst verstehen, deren Dasein man fühlt und empfindet: das thut man " in dem Alter nicht und nicht unter sol chen Verhältnissen — Man weise ja daß es bisweilen nicht fein zugelit in einer solchen Schenle eines Gebirgsdorfes. Da tomrnt aller lei fahrend Bolt zusammen, Gaukler H und Vagabunden, Fuhrleute und Holz schliiger, und wag diese Leute oft unter- . einander reden, das mag für zarte Ohren nicht ganz passend sein, aber ; unsereins versteht die Leute gemeinhin überhaupt nicht, und sie ielbst lachte immer wie ein lebend gewordener Son nenstrahl. Und so war sie mir denn auch im Gedächtnisz geblieben. lange Jahre« lange Zeit. Mit den Jugend erinnerungen ist es etwas ganz Eigen- » thiintliche5. Sie hastue uns an und wandeln mit uns durch das ganze Le ben, sie erblassen nimmermehr, ja sie verschönen sich, je mehr sie sich unter dem Cdelrost des Alters verklären. lind so verhält es sich auch tnit den ersten — herzenseroberungem aus weiche wir unser ganzes Leben lang stolz find. Sie leben in uns verklärt und in ewi ger Jugend, und wohl uns, daß es so ist. ’ e- st- iei · Wirklich hatte ich» ihrer sehr ost zie: - dacht in den vielen und langen Jahren. Und nun plagte mich doch letzthin der Trieb, alle die Stätten einmal wieder zusehen, wo ich als ganz junger Mensch gewesen war. Wie waren die Häuin ilein und schief in dein Städtchen, eth Nuance lleiner nnd schieser alg damals-, ? die Läden dieselben und alle Fenster — z aber die Generation ist dahingeaangrn. eine andere an ihre Stelle getreten, nnd diese ebenso lleinlich wie ihr tieinliazeg Gemeinwesen. Jeder Baum war in meiner Erinnerung geblieben, auch ver große Nußbaum, der an der Ehaussee stand, die zu dem Dörfchen hinauf führte. s Da war die schmale Dorsstraße, eng J und holperig, und die weißen Giebel- ; bät-set mit ihrem schwarzen Gebäu, lehnen so müde und weltvergessen an « den Bergriicken wie damals. Ein bissiges, struppiges, vinscherars iigeö Vieh, so eine Art von konzentrie ter hundeausstellung stürzte liassend j ans einem offenen Thorweg aus mich zu —- bei einem haar hätte er mich an ; den Beinkleidern erwischt. Das her-z , tio te mir doch ein wenig, alt ich das ' ne Wirthshaussehild. von dem Re ces und Wind lett jede Spur von ( I i - i « - Schrift vertilgt tten, erblickte. Es kam mir vor, a s wäre das hänschen im Laufe der Jahre zusammenge «schrumpft, es schien mir kleiner, runz liger geworden. Der Statetenzaun jah mit seinem grünen Moos wie verschnu melt aus, einzelne neue Latten waren eingefügt, wahrscheinlich waren die al ten bei sonntiiglichen Schlägereien als Schutz- und Trutzwaffen verbraucht worden. Aber die wacklige Thiir hing genau so lose in ihren Angeln wie vor Jahrzehnten, und sie drehte sich trach zend und wie gequält. Die kleine Laube mit der Geisblatts einrahmungl Merkwürdig, daß mir heute zum ersten Male der große Korn « posthausen mit seiner stinkenden Pfütze auffiel, jedenfalls hatte er dort schon seit hundert Jahren gelegen, aber frü ber war er mir nicht aufgefallen. Jch klopfte etwas ungeduldig — das ganze Haus schien in Dieser somnierlichen Hiye aus«-gestorben lind in der Thiir erschien ein dicker-. fast zaynloses Bau irnweib, welches sich an der Schürze die fleischigen, unsauberen Hände ab trocknete. Mißtrauisch und verwun dert betrachtete sie den fremden Stadt lJerrn: ich erkannte sie sofort wieder, sie aber entfernte wieder mit der Schürze einige Brotkriimel von dem Tisch, die den Hiibnern, die unzweifel haft auf dein Tisch gesessen hatten, ge wiß zu winzig erschienen waren. Was kann die Zeit beim menschlichen Wesen doch siir Veränderungen bervorrufenl Mir war es, als hätte ich gestern hier zum ersten Male gesessen —— die bruta le Prosa des Lebens aber kümmert sich nicht um unseren Gedankenflug: was hatte sie aus dem liebreizenden. wilden Gebirgslind gemacht? Wohin war der Schimmer der Jugend gerathean Jkch ärgerie mich über mich selbst. Breithüftig in der schmuyigenKattum jncle., die des Leibes Fülle nur mangel baft barg, stand sie vor mir, und schwerfällig eilte sie mit den unfiirmli chen Holzschuhen, in denen ihre Fiisze steckten. die Kellertreppe hinab, um meine Bestellung auszuführen llnd sit setzte den tellertiililem gvldfuntelng 1 Ucu Mclu UUL lllluj »Ich Uylcc clll Muts zu sagen, und mir verging ganz von selbst die Lust, mein Jntognito zu lüs ten. Einen Augenblick zögerte sie: dann drehte siesich mit einem Ruck herum — der feine Stadtherr würde ja wohl bezahlen, wenn er wegging Jch mußte lächeln iiber dieses echt bäuerische Mißtrnnen und fragte sie, mehr um etwas zu sagen, als daß es mich .in diesem Augenblick besonders interessirte: »Sind Sie verheirathet, junge Frau?« »Jawohl,« entgegnete sie mit eigen tl)iimlichem Seitenblick, ,,niein Mann ist draußen im Weinberg, aber feuer versichert sind wir schon!« »So,« erwiderte ich. »He-then Sie auch Kinder?« »Fünfe,« war die Antwort, »aber die sind alle gesund!« Sie stapfte die wenigen Stufen der Feldsteintreppe, die sie früher mit ei nem Sas genommen hatte, empor und verschwand im Innern des Hauses. Potz Teufel, da war ich also urplötzlich vom Feuerversichernnggagenten zum Arzt avancirt --- es lann schliesslich aus jedem Menschen etwas werden. i Der Weint Er war herb und säuer- ( lich. Wie sich das alles ändern tann. ; Da lnarrte das hintere Hohnin Ein I langer Leiterwagen, vor den ein Pferd I und ein Stier gespannt waren, erschien . schwankend und polternd aus dem! Hofe. Ein langer, hagerer Kerl, der s aus den schwankenden Planlen stand, lenlte mit Peitsche und lautem Zurus · das Gespann. Ein flachshaariger Junge saß aus der Längsseite des Wa gens und ließ die nackten Beine herab baumeln. Dann wurden leerd und Cllcl uukaqpuuuy un »nur nur kir sentien störter dem heißen, fliegen durchschwärmten Stall zuftredten". Als , der Stier nicht schnell genug durch die « enge Thür kommen konnte, trat ihm k der lange Kerl mit seinen groben Holz: f schuhen in die Hinterbeine, indem er i einen Fluch ausstieß. Dann warf er i eine lange Hei-gabel, die ihm im Wege « lag, schimpfend auf den Wagen. Nun - setzte er sich ganz in meine Nähe, ins « dein er. mich flüchtig musterte, und rief « nach feiner Frau. i Jch vtickni in vix-fes abgestumpfnsi Gesicht mit den fuchsigen Bartstoppeln, ; ich sah die hageren Arme, durch deren « dichte Behaarung erbsengrofe Som-- s n-.ersprosfen hindurchleuchteten -— und - endlich brachte ihm die Frau ein gro- ! szes Stück Weißt-rot und eine Flasche , weißen Wein. Sie wechselten weder Wort noch Blick, er griff nach dem Brod, risz ein groszes Stück davon ab und begann zu lauen mit dem niüden, ceathischen Gesichte-ausbrach der den Wiedertäuern eigrnihiimlich ist, wenn sie müde im Grase ruhen« Das war also geworden in fiinsund- - zwanzig Jahren! Mich hielt hier nichts mehr. Als ich die staubige Dorfstrasze l-inabschritt, langsam und nachdenklich, ; da ftiirzte sich das verwünschte Pin fchervieh wieder auf mich. Dir-Smal T aber hatte ich das Glück, ihn mit der i Schirmtrücke gerade auf die Nase zu - treffen. Heulend und mit eingetnifse- : ner Ruthe entfloh er —— aber ich hörte s sein iliiffendes und teisendee Ge- s schimpf noch eine ganze Streckt-. l s- ie is Schnell in mein Coupfx Ein spitz biirtiger. offenbar sehr geschwötziger I der-r saß in einer Ecke, der ein lang- ; athmiges Gespräch über den Nieder- f sang verschiedener Produkte der Tex tilindustrie rnit rnir beginnen wollte. i Weiß Gott« ich interessire mich fiir die ; verschiedensten-Dinge auf du Welt, aber die Preislage halbwollener So- j » cten ist mir unter gewissen Umständen s - ganz egal. Jch konnte mir nicht hel- s sen, ich mußte meinen Taschenspie el hervorziehen, um physiognomi che j T Studien an mir selbst vorzunehmen. ; Jn sünfundzwanzig Jahren wird man j gerade nicht schöner und man findet ei- ; " ues Tages-, daß man weiße Haare im « Schnurrbart hat. Aber was hilft das « — an dieser Kur-be konnte ich noch ein mal den spitzen Kirchthurm des kleinen Dorfes sehen. Jch bog mich weit zum Fenster hinaus s- aber lächerlich, was man heute alles von den Fortschritten der Technik liest, nicht einmal können . die weisen und gelehrten Herren den . Kohlenstaub aus dem Rauch der Lo- . tomotive beseitigen —-- ——- denn wozu hätte ich denn sonst wohl mein Ta schemtuch ziehen und gebrauchen mits fi«n.? soof Eiuc schwere Braut. Von Joses Wichner. Der Magister der Pharmacie, Seba stian Kräutle, seit Jahren in der Apo theke »zum durstigen Blutegel« bedien stet, war ein Subjekt, das endlich ein mal zu einem Prädikate kommen und so einen ordentlichen Satz bilden wollte. Er wollte eine Apotheke kaufen, sich selbstständig machen, Chef werden. Wenn nur so eine Apotheke, obschon »der Werth der Waare nicht groß ist«, nicht so heidenmiißig viel Geld kosten · thät’! Allerdings « der Magister und der Rothschild zusammen hatten Geld wie Mist; aber der Magister bcnte nicht einmal so viel Heller wie der Rothschild Tausender, und von Gütergemeinschaft und ehrlicher Austheilung wollte der nun einmal durchaus nichts wissen. Also rechnete der Magister als pral tischer Mensch auf einen Treffen aber nicht aus einen, den die Lotterie alle ewige Zeiten einmal einem dummen Kerl zukommen läßt« um wieder tau send dumme Kerle zu fangen, sondern auf eine reiche Frau, die ja zweifellos ’anch ein Haupttresfer ist. Herr Sebastian Kräutle, dessen Haare nur mehr die Schläfe zierten, ? war alt genug geworden, um alle gn- » ten Eigenschaften zu lennen, die man vernünftiger Weise von einer Frau ver langen lann, aber er war auch im Laufe « der Jahre nüchtern und bescheiden ge worden und wußte als scharsdenlender Kopf, den das dumme Herz nicht mehr verwirrt, lzwischen Hauptsache und Ne bensache wohl zu unterscheiden. Demnach mußte seine Zukünftige ein ? siir allemal reich sein, je reicher —-- desto besser. Die übrigen Eigenschaften, als da sind: Jugend, Schönheit, Gesund heit, Häuslichkeih Frömmigkeit, Ge miithstiese, Treue u. s. w., erschienen ihm mehr oder weniger als wünschens werthe Beigabem immerhin aber war er geneigt, um 20,000 Kronen auf die Jugend, um weitere 20,000 Kronen aus die Gemüthstiese und ebenso weiter ans die Frömmigkeit, auf die Treue, auf die Häuslichteit »in verzichten, ja um eine angemessene, ihm rechtskräftia zugewie sene Summe hätte er ohneBedenten eine hundertjähriae, todttranle, sechsfache Wittwe geheirathet nnd ihr mit all’ den Hälssmitteln seiner Apothetr.dag Ster ben möglichst leicht gemacht. So war der Magister der Pharmacie Sebastian Firäutle gesonnen und nach diesen Grundsätzen begab er sich auf Entdeckung-steifem inferirte er in die gelesenften Tagesbliitter und verfehlt auch nicht, da zwanzig Augen mehr i sehen nnd lzwanzig Ohren mehr hören als zwei, seine Freunde nnd QechgenoF sen in den Dienst seiner hochfliegenden : Pläne zu stellen. D» Manistns Krsntsp mnr einmal . 4 vorf siinszehn Jahren etwa, Mitglied T der akademischen Verbindung ,,Bi biana« gewesen und als »altcr Herr« liebte er eg, deren Rneipabende der Oesteren zu besuchen und sich von der seuchtfröhlichen Jugend geziemend ehren und — hänseln zu lassen. Da wurden ihm vom Senior eines Abends zwei sesche Füchse vorne-stellt, zwei Brüder, die beide sich eben der ; Medizin verschrieben hatten, im Uebri- « gen aber die neue Freiheit gründlich at nossen und demnach ihre Haupttssitiw : teit einstweilen nicht in die Horche sondern in die Litneipe und aus den Fechtboden verletzten ,,Alter « slüste.i-. «er Senior :em Magister in g Ohr, «lnlte Dis hie Füchse warm. .. da wär’ wag zn ho- : len! Sind Söhne eines steinreirhcn Viickermeiiterg au-; der Provinz, used - der Mann hat auner ihnen nur nach eine Tochter . .. zu 200,()0() wird nicht viel fehlen, was die einmal triegt·«' Seit diesem Abend war Herr Scha stian Firäutle von den Füchsen ,,Suff« sind ,,Stufs« niast mehr lot-zubringen » Jn derselben Nacht noch tranken die drei Gesellen Brüderschast und tau melten Arm in szn heimwärts. uid bald war die Freundschaft so dick, das-, die jungen Herren, a:.s des Magister-. Avsichten verstäninisivoll eingehend, einhellig erklärten, sie könnten sich tei neu lieberen Schnsager wünschen als eben ihn, und sie seien von Herzen gerne bereit, seiner Werrung durch die schön sten Briefe an di: ,,Alten«« das heißt un ihre Eltern, Bo schub zu leisten Unter solchen Umständen gehn-hie Magister Kräutle das Eisen zu schmie den, so lange es gtiilnr. Er tchiiioste als. in einen iohlrabe ischwarzen Fraszr bedeckte seinen Mond mit einer Glanz butte und fuhr als Brautwerber in die Provinzstadt Dssstattliche Haus des Bäckerrnei- 3 stets Florian Waizmann war bald ge sunden . . . ein Riesenbreheh den zwei züngelnde Löwen mit ihren Pranten festhielten, war sein Schild. Ein mehl bethautes, appetitliches Ladenmiidchen trug die Karte des vornehmen Herrn in die rückwärts gelegenen Arbeits-räume, ; und bald erschien in der Hinterthiir ein « untersetzter, breitschulterigser, bartloer Mann, dessen Rundgesicht, von der Osengluth erhitzt, völlig der Frau i I Sonne glich, wenn sie in den Augustta- - gen aus unserer Haut Blasen zieht. Dein Magister wurde es ordentlich warm n. der Nähe des strahlenden Angesichts, Zuversicht schwellte sein Herz, er zwei felte keinen Augenblick daran, daß er den Provinzler drantriegen und den ,,Goldvogel« einsaugen werde Meist-er Waizmann, der die Backstube mit ausgestiilvtenHemdärrneln verlassen hatte, langte einen leichten Zwilchrock vcrn Nagel und meinte, indem er Ihn anzog: »Sie müssen schon entschul"digen, Herr, daß ich sozusagen im Schwimm anzuge vor-Sie hintrete! Bei uns heißt’s dazu schauen, wenn’s vorwärts gehen soll. Jst die Katz’ aus’rn Haus, halten d’ Maus Kirchtag und alsdann muß der Meister bei jeder Arbeit der erste und der letzte sein. Also . . . Grüße ; haben Sie mir auszurichten von mei nem Buben? Jch dank rechtschaffen. « Bitte . . . gehen wir da rechts in die Stube . . . nachher können S’ mir er- s zählen, was die zwei IHallodri machen!« « Der Magister trat in einen behaglich eingerichtet-en. den Wohlstand des Be sitzers offenbarenden Wohnraum, nahm, der einladenden Handbewegung folgend, auf einem PlüschsSopha Platz und be richtete nun mit großer Redseligleit, dile beide Söhne der Ausbund alles Fleiszes seien, in der Anatomie groß: . artige Fortschritte machten und von ihm selber in der Chemie unterrichtet - würden. Er hoffte so, das Wohlwol len feines tiinftigen Schwiegervatersi sich zu erweroeuz oiefet user sieh nu; - kein X fiir ein U vormachen. - »Halt ausl« fiel er dem Lobredner in I Wort, »mit dem Fleiß meiner Bu ben ist Snichts — einevift mir eh schon . am Gnrnnafium durch purzelt. Jch bin . durch meine G’schäftsfreunde besser « b richtet, und alsdann studiren sie Ana toinie auf m Fechtboden und Chemie im Bierhano Na» .. fo ein Jahrl will ich " zufchauen, weil wir H thun tönnen und weil d’ Hefen gähren will; dann aber, « Herr, dann fährt ein Donnerwctter ; drein, das sich g’wafchen hat — das können S’ ihnen jetzt fchon melden, wenn S so gut sein wollen« Der Magister versuchte einzulentem »Geradeso hab’ ich 5 gemeint mit dein ,,Studiren«, wie Sie’5, verehrter Meister, als findiger Kopf aufgefaßt haben. Es ist wahr . .. der Most gährt ein wenig« .. aber. es wird ein « guter Wein werden Mögen Sie über-— - zeugt sein, daß ich Alles thue, um die . prächtig veranlagten, zu den schönsten Hoffnungen berechtigenden jungen Männer auf die rechten Wege zu fiih ren.« »in dankenswerth,« erwiderte Mei- · ster Waizmannx »aber, entschuldiaenf S’, nur um mir das zu sagen hätten i Sie nicht die lange Bahnfahrt in Fran, j weißer Rravatie und Cylinder zu ma- « chen gebraucht. Also... heraus das ; mit, wenn Ihnen was auf’m Herzen liegt; vielleicht iann ich Ihnen, da Sie I sich meiner Söhne so annehmen, ir; « gendwie behilflich sein. « i Allerdings-. .liegt mir etwas auf dem Herzen. Ihre Sohne dürften Ih nen, wie sie mir sagten, bereits geschrie- z ben haben, was mich in Jhr Haus - führt . . . i Mein Sterbenswört en! Die Bu- ; ben haben zum Brief chreiben keine E Zeit es sei denn, daß sie Moos brauchen.« ’f »Ist mir sehr . .sehr unangenehm, i Herr von Waizmanm daf; daß ich so ohne Vorbereitung. « »Ah was . frisch ins Wasser g ahupft ist besser, als langsam einge taucht, hat der Frosch g’fagt!« »Nun gut, so will ich denn ganz of fen fein! Jhre Herren Söhne waren mir schon im ersten Augenblicke unserer Bekanntschaft ihrer ganzen Art nach so sympathisch, daf; ich mich trotz des Al tersunterfchiedes zu ihnen hingezogen; fühlte, und jetzt sind wir, ich darfIF wohl.sagen, ein Herz und eine Seele. ; Und nun, verehrter Meister, haben mir Jhre Herren Söhne von Jhrer Tochter, dem Fräulein Rosa, so viel Liebes und Gutes erzählt, dasz . . · daß ich die Last des Junggesellenlebens nicht mehr zu ertragen vermag und lein fehnlicheres Verlangen kenne, als der ehrenwerthen Familie anzugchören, deren Haupt ich schon längst schätze, und zu dem »Va: li ter« sagen zu dürfen das größte Glücks meines Lebens wäre« Der ehrfame Bäckermeister Florian i Waizmann machte Augen, als ob er: in’s »Rarrenkastel« schaue, dann rieb s er sich lange nachdenklich die Stirn mit s der flachen Linken; dann sagte er: I »Herr . . . Sie entschuldigen schon s l i . . ich werd’ aus Jhrem Gered’ nicht klar. Sagen wir mir mit zwei Wor-? ten so deutlich als möglich, was Sie « eigentlich von mir wollen, damit ichi reiß, wie ich dran bin und wo ich Sie s hinthun soll!« l « »Gut denn! Jch gedenke eine grö- i ßere Apotheke zu kaufen, mich zu ver- . heirathen, und da bitte ich in aller i Form Um die hand Jhrer Tochter.'« i 4 Des Bäckermeiftero Gesicht zog sich in die Länge wie der Blasebalg der Orgel, wenn er frische Luft faßt. »Mei » ner —- Toch — ter?« fragte er gedehnt. »Und . . . kennen meine Söhne den Zweck Ihrer Reise?« »Gewiß, Meister! Sie haben mir heilig versichert, sie könnten sich keinen lieberen Schwager wünschen als eben mich; sie haben mich ermuthigt, gera denwegs vor Sie hinzutreten und mei ne Werbung anzubringen; sie haben mich heute noch zum Bahnhofe beglei tet . . ·" Der Bäckermeister war aufgesprun gen und machte sich, sein Gesicht verber gend, bei den schweren Fenstervorhän gen zu schaffen. Ein dem Herrn Ma gister Sebastian unverständliches Ge murmel klang wie: »Die ver ...... Spitzbuben!« Dann wandte er sich wieder zum Brautwerher und meinte: »Aber . . . Herr . . . Sie haben ja das Mädel noch gar nicht gesehen ?« ,,Thut nichts zur Sache-Z Meister. Sie ist Ihre Tochter und die Schwe ster meiner Freunde, das genügt mir vollkommen. Jch bin nicht fiir das un mnralische Lieb-ein der jungen Leute hinter dem Rücken der Eltern; in mei ner Brust lebt die Ehrfurcht vor den Eltern und die Hochschätzung der vä terlichen Rechte. Darum eben schleiche ieh nicht wie der Dieb ums Haus her um, um den Eltern das Herz der Toch ter und sie selber zu stehlen, sondern ich trete offen vor den Vater . . »Ist aller Ehren werth,« schnitt Meister Waizmann des Magisters voraus-sichtlich lange Rede ab, »und alsdann bereden wir die Stichf einmal unter uns Männern! Wenn ich recht verstehe . . . Sie wollen heirathen . Sie wollen eine Apotheke laufen . . · die zwei Dinge hängen wohl zusam men ?« Allerdings . . . aber . . .« »Gut . . . ich hin selber ein Ge schästgniann und verstehe Sie vollkom men: Sie bringen den Magister in die Ehe mit, und meine Tochter den Geld fael . . . Kurz . . . Sie brauchen eine schwere Braut!« »Aber . . . verehrtesier Meister . . . Erst EIN-I wirkt fusns hin I)lnn-Il«-««Inkusii spV ""’ "’7’ »V» ·-- s«-:)-"r1’"7·« nicht blos vom Gefchäftsstandpnnkte aus aufzufassen! Ja . . . ich brauche · . Kapital . . . und als praktischrr Mann wissen Sie, daß das- in einer« Apotheke bestens angelegt ist, aber - mehr noch schätze ich alle die anderen » ausgezeichneten Eigenschaften Ihrer Fräulein Tochter . . ; »Die Sie gar nicht kennen? —— -- » Mutter !« · Der Meister rief das letzte Wort zum geöffmtin Fenster hinaus-, und bald erschien, indefz der Magister zu : rrtliiren versuchte, daß er sich ans den begeisterten Schilderungen seiner « Freunde ein vollkommen deutliches ! Bild des Fräuleins gemacht habe, die dralle Bäckermeisterin. F ,,Dente Dir nur, Mutter,« sagte der « Bärler unter fröhlichem Auslachen und vom Magister nicht beachtetem Augen«-— zmintern, »unser Rosetsoll Braut wer-: « den! Dieser ehrenhaste Mann, Ncagii scer Sebastian Rräutle, tvirbt, von uns E seien Buben dazu aufgefordert, um ihre Hand, und er hofft, da der Vater ; durchaus nichts dagegen hat, daß auch J die Mutter . . .« E Ein sonniges Lächeln glitt wie ein s wandelnder Lichtstrahl über die Züge - der behäbigen Frau, die des Mannes , erllärenveg Zeichen gleich auigcfangen « hatte, sich neben dem Belverber aufs ! Sopha niederließ nnd meinte: »Ist uns naiiirlich eine große Ehre, ! Herr sträutliy und die Empfehlung-in . beruhigen uns vollkommen hinsichtlich klireg Charattrrs Jch zweifle auchI nicht« dasz Sie unserem Kinde alle Lie ne nnd Treue erweisen, daß Sie es ans ; den Händen tragen würden . . . ,,Wiird’ ich auch,« versicherte Herr Krautle und machte, die linke Hand an las- Herz driickend und die Augen gleich einem abgestochenen Geisbocke verdreht-nd, gegen seine künftige Schwiegermutter eine tiefe Verbeu gung. »Alten« fuhr die Frau fort, indem sie aus ihren Mann einen schelmischen Seitenblick wars, »entschuldigen Sie, Herr Magister, Sie sind zwar noch in den besten Jahren . . . aber ich fürchte . das Mädel ist doch ettoas zu jung für Sie.« »Macht nichts, « schmunzelte der Magister r, »Jugend ist ein Fehler ve-r ehrte Frau, der mit jedem Tage gerin get wird. « »Ist richtig . . . und eigentlich soll ja der Mann älter sein als die Frau; aber, ich will als Mutter ganz aufrich tig sein, damit mich hinterher kein Vorwurf trifft, das Dirndl hat leider scnst noch allerlei Fehler-- so kann es z. B. noch nicht einmal kochen.« »Ist auch nicht nöthig,« entgegnete Herr Kräutlez ,,eine Dame mit . . · mit solchen Eltern braucht sich nicht in die Küche zu stellen.« »Dann ist sie zantslichtig und iechthaberisch »Und ich -— sanst wie die Haut ei- s nes Pfirsichs und nachgiebig wie ein i Bummiball.. .nicht ein ungutes Wör- ! :el soll sie von mir hören. « I »Sie ist aber auch so sehr unruhig I ind vergnügungssüchtig . . . »Na . . .. ich bin auch gerade kein Nuckenfänger . .. wer soll denn lustig , «ein, wenn’s die liebe Jugend nicht? stets »Aber,« wars der Bäckermeister ein, ndem er mit einem Blicke des Magi-« ters Körpergröße abschätzte, »wir H »»- -J . scheint, sie ist zu klein iiir Sie.« »Ha, ha» lleine Frau — iletnes Hauslreuz,« scherzte der Magister. »Auch richtig,« sagte die Bäckermeii sterin lächelnd; »eines aber dürfte Ihnen recht unangenehm fein: sie hat nämlich, obschon sie christ-katholisch getauft ist, gar keine Religion.« -»Ah... nah-» iiber derlei Dinge sind wir schon längst hinaus. .. . da passen wir zusammen wie zwei Schalen einer Muschel!« ,,Sodann ist sie . . . . Vegetarianerin. Wir haben sie noch nicht dazu gebracht, « auch nur ein Bröcklein Fleisch zu genie ßen, und Wein, Bier und Schnaps ver-« abscheut sie wie s leidige Gift. « »O ..... ich achte alle Grundsiihe, und so lange sie mich nicht zwingt-. »Das dürfte sie wohl kaum thun! Entfcheidend aber ist immerhin, das werden Sie wohl zugeben, ob das Mii del Zuneigung, Liebe zu Ihnen fühlt; denn das werden Sie uns nicht zumu then, dafz wir unsere Rosel gegen ihren Willen verheirathen!« »Gewiß nicht,« pflichtete der Magi fter eifrig bei; »aber ich hoffe, da mir die Eltern mit so viel Güte entgegen kommen, mir sicher auch die Sympa thien der Tochter zu erwerben, und würde mich glücklich schätzen, wenn Sie mich, ohne meine Absichten zu verlaut baren, dem Fräulein vorstellen wür den.« »Natürlich« erwiderte der Meister, ,,erfährt die Kleine zunächst von Jhren Absichten nichts; sie ist auch in der That so unschuldig und kindlich, daß sie noch nicht einmal ans Heirathen gedacht hat, und so haben Sie eigent lich, da ihr Herz vollkommen frei ist, leichtes Spiel. Doch kommen Sie, daß wir dag Mädel aufsuchenl Kann sein, daß sie gerade schläft; denn sie ist« un ter uns gesagt, ein rechter Faulpelz . . . Thella . .. wo ist denn die Roserl?« Der kräftige Ruf wert-te im Garten Vor dem Fenster ein Echo. »Die Roserl? Gleich!« So rief eine schrille Weiberftimme. llnd wieder öffnete sich die Thüre, und . . ·. Theilu, das Rindsmädchem trna die schwere Braut, die zweijährige Nin-Hi hie in Am ihn-r Fnhniikfipii den »»»»» entgegenstreckte, in E Wohnzimmer Mit einein Rnete war der Magister aufgesprungen und starrte, bleich und regungslos wie ein Marmorbild, auf seine Braut. « Wie das Kind aber den kahlköpsigen Brillenmann mit dem langen, blutlee ren Gesichte und der glänzenden Angst röhre in der behandschuhten Rechten erblickte, schrat es zurück, barg das Lockenköpferl am Busen der Theklcr und hub ein« mörderisches Geschrei an, so daf; es aus einen Wink der Mutter nur sehnell wieder hinausgetragen wer den mußte. Meister Waizniann aber schnitt dem Manne, der eine schwere Braut gesucht hatte, das Wort der Entrüstung, das eben zum weitgeöffneten Munde gleich dem Wasserfall aus der Felsenschlucht heraugpoltern wollte, rundweg ab. ,,Herr,« sagte er ernst und kraftvoll, ,,k)eute haben Sie sich die Sympathien meiner Tochter, deH verspäteten Nest lingg, noch nicht zu erwerben vermocht. Klopfen cie also, ich bitte, etwa in achtzehn oder zwanzig Jahren wieder an, dann wollen wir sehen, wag sich machen läßt und ob in dein Herzen der Jungfrau eine stille Neigung zu Jshnen erblüht ist« Einstweilen haben Sie’s wohl verdient, daß meine etwas leicht iinnigen, aber doch uatenten Jungen Sie in eine Falle gelockt und daß ich und meine Frau die Falle zugeklappt haben: denn . wer so aemein ist, das; er bei einer Verbinduna sür’s Le den nur aus-Z Geld schaut, dem ge schieht recht, wenn er sich ordentlich blamirt und anschmiert . . . . empfehle mich!« , se sc st Magister Sebastian Kräutle hatte der »Bibiana« für den Fall, daß er der Schwaaer der Füchse ,,Susf« und «Stuff« würde, die Kosten einer feier lichen Verlobringgtneipe zu tragen ver sprochen Der Suff fand nicht statt; denn der »alte Herr« war stuss und hatte sich vollständig in’5 Philisterium zurückge zogen. —- «s M o d e r n. Dr. J. Neumann, prakt. Arzt. Fern sprechstunden von it) bis 12 Uhr Vor mittags. Schlaunieier. »Was würden Sie, wenn Jhnen eine gütige Fee die Wahl ließe vorziehen: Reichthum ooer eine schöne k, rau ?« »Natürlich Reichthum, die schöne Frau würde sich dann schon finden !« « Das Mitgiftige. »Kommet! Sie, mein Lieber, trinken wir zusammen einen Schoppen Biet.« »Nein, das geht nicht, meineFrau-——« »Ah, Jhre Frau erlauth nicht? Jst wohl auch etwas heftiger Natur?« »Na, das glanb’ ich, bei der war ja schon die Mitgift blos mildernder Um stand!« G l o s s e . Beim Anblicke mancher moderner Landschastsgemälde könnte man see trank werden. D r u ct s e h l e r. Der Förster lag in den lösten (L)iigen.