Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 08, 1901, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Sonntags Blatt
Beilage des ,,!)ccbmska S-taatsd)lu;kich nnd Herold«
J. P. Windoluh, Hkmtthcbrn Mund Jsland, Hirt-r» den N TM ISM Jahrgang 22 No. l»
— s—«
Erzählujs dee Gesicht-spätere
Erzählung von C. W. G e i ß le r.
Jin Schiiisenaerichtssaale desAmts
gerichts wird die letzte der für den be
treffenden Verbandlungstaa anbe
raurnten Sachen ausaerufem Der zur
rechten Seite des Amtsrichrero siyende
Zchiisse fällt durch das Jmponirende
seiner Persönlichkeit, den martanten
Kunstlertopf aus. Der jeyt tbtsächlich
so gut wie leere Zuschauerraum würde
vermutblich vie Zahl schwärmerischer
Damen nicht haben fassen können,
wenn man zum voraus davon unter
richtet worden wäre, daß heute der be
rübmte Heldendarsteller B» eine lang
jährige Zierde des Hostbeatcts. Dass
Amt eines Laienrichterg wahrzuneh
men verpflichtet ist.
Der Herr Hofschausvieler betrachtet
mit unverletinbarer Theilnahme den
jungen Menschen« der jetzt verlegen und
mit zu Boden geschlagenen Augen auf
der Antlagebant Platz nimmt. Er
macht einen durchaus tnabenhastsun:
deholsenen Eindruck. obwohl er das
strasrnundige Alter bereits erreicht hat.
Die Geschichte der Antlage selbst ist
mehr als alltäglich, eine Bagatelle von
ver Art. tvie sie Schöisengerichte zu
Tsutzenden zu beschästigen Pflegt: ein
Turnmerjungenstreich, eine llnredlich
leit, in einem Augenblicke des Verlas
senseins von allen auten Geistern durch
einen Burschen verübt, der bisher mit
Recht als- das Muster von Wohl«-zo
aenheit und Ehrlichkeit gegolten, Stolz
nnd Stütze redlicher Eltern zu wer
den versprochen hatt. Das Verhör er
giebt nichts Besondere-J, das Geständ
nis-» das der Anaeklaate leise und mit
verbaltenen Tdrünen ablegt, macht
weiteren Apparat überflüssig Der
Vertreter der Antlage, ein erst un
längst von der Universität getoinmener
Referendar, giebt der Sache mit vieler
Umständtichteit das Gepräge einer
Hauptactiom weist auf das Bedentliche
und Symptomatische derartiger Fälle
bin. für die das Rechtsbewußtsein der
gesunden Hälfte des Volkes ebenso
Sühne zu verlangen berechtigt sei, wie
für irgend ein Capitalderbrechen. Er
beantragt eine empfindliche Gesäng:
nißstrasr. Ein Vertheidigere ist nicht
zur Stelle. Der junge Arntsrichter
erebebt sich geräuschooll und zieht sich
mit den beiden Schüssen in das an
stoßende Zimmer zur Berathung zu
rück. Dort werden die von der vorigen
Pause her noch glimmenden Cigraren
in Brand gesetzt. Der Amtsrichter,
indem er das Streichbolz bedächtig
ausbliiit, ruft leichtbin:
»Die Geschichte ist beleidigend ein-:
sach, meine herren, nicht wahr? Ich
dars ohne Weiteres darauf rechnen.
daß Sie mit den Ausführungen des
Herrn Staatsanwalt-; einverstanden
nsid, die sich übrigens ganz mit meiner
Ansicht von dem Falle decken -—'«
Der eine Schüsse, ein Fabrikant,
nickt zustimmend.
»Und Sie, mein verehrter Herr B.«,
fährt dr Amtsrichtr zum Usfchauspies
ler gewendet fort. «Sollten Sie wirt
lich noch irgend welche Bedenken ba
ben? Jch stelle Ihnen natürlich meine
besechidene Wissenschaft zum Zwecke
etwa nöthiger Beleuchtung und Jn
sormation mit besonderem Vergnügen
zur Verfügung —'«
Der Hofschauspieler. der bis dahin
in sich getehrt und nachdentlich an dem
zum Gesängniszbof binaussiihrenden
Fenster gestanden hat« wendet sich um:
»Meine Ansicht, Herr Amtsrichter?
Vielleicht ist es Grille, das; ich gerade
in unserem jetzigen Falle darauf eini
ges Gewicht legen möchte! Sie tennen
mich gut genug, um zu wissen, daß ich
außer meinem Künstlerebrgeiz nicht
noch den Ehrgeiz besitze, als Laie den
geiviegten Richter über etwa zu Be
rücksichtigendes bei Findung des Ur
tbeils zu belehren. Jtnmerbin, der
Staat wünscht —- oder wünscht er es
nicht? s- dasz Schüssen und Geschwo
rene nicht blos Stafsoaefiauren sind.
und unter diesem Gesichtspunkte fühle
ich fo etwas wie eine innere Verpflich
tung, Jhnen eine tleine Geschichte zu
erzählen, die vielleicht den Urtheilss
spruch iiber unseren armen Sünder
draußen um einige Minuten verzögern,
dafiir aber auch, wie ich jetzt schon im
Stillen zu hoffen wage, um einige
Grade milder schaffen wird, wenn Sie
also gestatten —«
Der Amtsrichter verbirgt feine ner
oöse Ungeduld hinter einem verbind
lichen Lächeln und sagt, indem er die
Herren zum Niedersiyen auffordert:
»Aber natürlich! Solche Geschich
chen unt-persönlichen Erfahrungen find
unter allen Umständen interessant, sie
können unter gewissen Umständen da
durch einen gewissen Werth beton:
men, daß ein so beredter MunI
Pardon, ich darf natürlich zum Vor
aus annehmen, daß die betreffende
Geschichte äußerlich in einer gewissen
Beziehung zu unserer Sache ---«
»Bitte darüber ganz unbesorgt zu
fein, verehrter herr Amtsrichter!« ent
gegnet der Schauspieler und erzählt
dann folgendes:
»Sie wissen, meine Herren, daß
wir Rotnödianten meist aus Umwegen
zum Theater tommen. Was mich an
belangt, so war ich von meinem Vor
munde zum Kaufmann bestimmt wor
den, und ich darf Ihnen versichern, daß
ich meine Lehrzeit untere Kaifeefiirtem
Heringetonnen gewissenhaft adsolvirt
habe. —s- Ich hatte, wie gesagt, meine
kaufmännische Lehrzeit nahezu hinter
rnit, als ich zu einem hübschen und sitt
samen Mädchen aus Vutere Familie
eine zwar tnabenhafte, aber doch herz
liche Neigung faßte. Vielleicht erein
nern Sie sich, meine Herren, aus Jbrer
Jugendzeit, dasz man in solchere Si
tuation böusig das lebhaste Bediirfnisz
empfindet, die liebenswürdige »Flam
me« durch lleine Ausmertsamteiten
und Geschenke zu noch intensiverer
Leucht und Wärmetrast zu bringen.
Nichts ist da so schmerzlich, als mit
leeren Händen zu kommen, besonders
wenn man von Geburtss oder Na
inenstag des verehrten Geschöpfchens
unterrichtet ist und lediglich gereimte
oder ungereimte Glückwiinsche an so
bedeutungsvollen Tagen als Armse
ligleit empfindet. Dere Wunsch, dem
anderen Geschlecht zu imponiren, lieat
in unsererNatur, mögen wir nun halb
wüchsiae Jungen oder Männer in Amt
und Wiirden sein. Nun denten Sie
sich einen Kerl wie mich, in dein die
Großprahlerei des künftigen Miinen
bereits damals schon ahnunqslos ibr
Wesen trieb! Jch dersiigte über keiner
lei Mittel, da mir mein banshälteris
scher Vormund das Wenige, was ich
besaß, nur in bomöopathischen Dosen
darreichte einige Pumpversuche bei
vermutdlich nicht besser situirten Col
legen scheiterten -- der Geburtstag des
Mädchens riiette heran - um es kurz
zu machen: ich that in einem unbemach
ten Augenblicke einen Griff bitte,
erschrecken Sie nicht, Herr Amtsrichtere
j - - einen Griss in die Ladentasse, ich
orgmg ungesuyt m vermeinen uner, m
dem sich unser Delinquent befindet,
aus ähnlicher nichtiger Ursache, ohne
das mindeste verbrecherische Motiv,
ohne die mindeste Anlage zum Ver
brecher einen gemeinen Diebstahl.
Meine Beute fiel reichlich genug aus«
so daß ich ein ausehnlicheg Geschenk
taufen konnte. Aber die Entdeckung
meiner That ließ nicht lange auf sich
warten· Der Freundschaft, die meinen
Vormund mit meinem Lehrherrn ver
band, meine de- und wehmfithigen
Bitten um Verzeihun hatte ich’g zu
verdanken, daß sich nfcht das Gericht
mit Diesem meinem Genieltreich zu be
fassen hatte, daß Sie, meine Herren,
heute in meinen Personalakten nicht
den Diebesmatel finden. Jch wurde
natürlich als ein Unwiirdiger aus der
Nähe von kaufmännischen Geschäften
und Laffen verbannt, und diese Ver
bannung war der Anfang meines
Glückes, insofern sie mich zum Theater
führte. Nichts liegt mir ferner, als
meine damalige Handlung zu beschöni
gen, aber daß ich sie Jhnen heute gern
und ohne Schamempfindung eingeste,
das; ich überzeugt bin, dadurch nicht
von Ihrer Achtung einzubiifzem da§
sind Momente, die meines Erachtens
bei Beurtheilung der That unseres
armen Sünderleinss draußen mitspre
chen sollten!«
Der Hofschaufpieler schweigt und
blickt mit einer Art von heiterer Er
tvartung aus den Amtsrichter, der der
Erzählung seines Schäsfen mit gestei
gerter Iluscnertsamleit gefolgt ist. Der
Fabrikant legt seine Cigarre beiseite,
geht auf den Schauspieler zu, schüttelt
ihm die Hand und sagt:
,,Offenheit gegen Offenheit, verehr
«- Svrk N. lfä LPTÆOEIC tllif ikhf
ganz selbstverständlich daß auch ich
hier etwa bekenne, was ich bis heute
ängstlich gegen jedermann verschwiegen
habe: Als Fünfzehniähriger entnahm
ich der Briefmarlensamtnlung eines
Freundes die seltensten und kostbarsten
Exemplare, um vor einein anderen
Freunde damit zu prahlen, um sie ei
nem dritten Freunde, dem ich, wie
Sie Ihrem Mädchen, was Liebes er
weisen wollte, zu schenken. Auch in
meinem Falle bedurfte es vorsichtigster
Jnteroention meines Vaters, um die
iiber meinem Dummenjungenlopse
drohende gesetzliche Strafe abzuwen
den.«
Der Amt-seichter zwingt sich zn ei
nein jovialen Lachen und ruft:
»Meine Herren Schössen, ich muß
Illn Stolzgefiihl als ob Sie die ein
iisien honetten Leute wären, die in
den Flegeliatnen Mein und Dein nicht
unterscheiden konnten, zerstören, und
wenn Die Zeit nicht drängte, zum
Spruch in tommen; könnte auch ich
·Jl1nen eine recht instritctive Geschichte
von einem Gymnasiaften erzählen,
von meinem besten Freunde, von mir
selbstl«
Der Herren lehrten in den Verband
lungssaal zuriicl Der Staatsanwalt
aber tonndert sich nicht wenig, wie
nachsichtig plötzlich der Amtsrichter in
seinem Resuine den affll behandelt, wie
er mit schlecht verliehltent Bedauern,
daß er be lege lata nicht milder nrthei
len könne, ans das niedrigste Stras.
maß erlennt.
—---.--—
Ein Photogranbie - Trust? »Die-Z
Bildniß ilt bezaubernd schön!'·
s ie geschlossenen Austern.
Humoregle von Adolf Thiele
,,«Jfatale Geschichte Herr Müller!«
reserirte der Küchenchef seinem Prin
zipal, dem Inhaber des »Restaurant
l. Ranges«, Alsred Müller-. Friedrich
straße. »Alle hände voll zu thun und
da wird mir jetzt der erste Gehilfe, der
Neuber, lrant!«
»Hm!« entgegnete Müller. »Nun,
ich lann Jhnen den neuen Hausdiener
siir heute zur Verfügung stellen; er
scheint ein geschickter Bursche zu sein,
der nur die nöthige Anleitung
draucht.«
Bald daraus meldete sich Der aller
dings nicht gerade intelligent aus
selzende neuengagirte Hausdiener beim
Kiichenches.
,,«.«1lso sehen Sie einmal « mit
diesen Worten leitete der Koch einen
Austrag ein, den er dem jungen Mann
ertheilte. iDeser löste seine Aufgabe
mit einer solchen Geschicklichkeit, das-,
rer Fioch an seiner Menschenlenntnisz
irre wurde.
,,Versuchen wir ege inmal mit dem
-picten!« sagte erd ann und zeigte
dem jungen Manne, wie ein Hase mit
Speck verziert werden müßte. Auch
dieser Ausgabe entledigte sich Karl mit
Gemeint-Weit
Nachmittags führte der Kiichenchef,
der ordentlichen Respekt vor diesen ge
schickten Händen bekommen hatte, sei
nen Schützling in ein Nebenzimmer,
in dem ein großer Anrichtetisch stand.
«
Pier uquuucu stu; zumlelupe Zutu
taiessen, wie sie in einem eleganten
Restaurant stets zur Verfügung stehen
müssen: Geflügel, Fritadellen, Au
stern, verschiedene Käse, Backlvaaren,
Obst und anderes mehr.
Der Küchenchef holte aus einem
Kasten ein Bohrinstrument und eine
Schachtel hervor, in der sich eine An
Istahl tleiner bleierner Kugeln befand.
Sodann naan er einen gerupften Vo
gel, der einem Sperling sehr ähnlich
salz, bohrte ein Loch hinein und, nach
dem er eine der Schrottuaeln darin
verborgen, schloß er die Oeffnung
wieder.
Nachdem et eg dem jungen Manne
zweimal gezeigt, machte es dieser so
sort nach, und als ihm der Koch noch
eine Weile zugesehen, wie er einiae
andere Vögel behandelte, wußte er,
daß die Arbeit in guten Händen war.
»Nun machen Sie es mit den übri
aen auch so,« sagte er, »aber immer so,
daß niemand das Loch sieht; das muß
immer zugemacht werden«
Darauf begab er sich in die Küche
iuriiet Hier qina es heute heiß her.
Der eine Gebilse trank die erste Maad
schmollte und machte alles verkehrt,
unendlich viel Arbeit, schließlich tam
auch noch privater Aerqer hinzu, in
--- W-» Zul- -Q- L. —.. kul- —;i
»kl« Ul( Isculs UIU Jsulqclchsclllclsch
austanchte undi hm etwas über eine
unangenebme Szene mit einer Nach
barin vorlamentirte, nnd so ging es
ein paar Stunden lang.
Den Hausdiener hatte er ganz ver
aessen, bis dieser zufällig einmal durch
die Küche ging.
»Ach da sind Sie ja!« rief der Kü
chenches. »Traan Sie gleich einmal
diese Schüssel hinaus!« ;
Der Küchenchef untersuchte indessen -
das Geflügel, das der junge Mann in
Behandlung genommen hatte, und
sand alles bestens besorgt; seine tun i
dige Hand fühlte die hineinprattizir i
ten Schrotlörner er sah jedoch teine
Spur einer Verletzung.
Wie gewöhnlich herrschte am Abend i
ein reger Verkehr in der Restauration.
Drei Herren, die an einem Tische
Platz genommen hatten, machten Be: i
mertungen über die Wachteln, die ih
nen soeben seroirt wurden.
»Meine better-M sagte der Wirth
hinzutretend, »ein erqnisites Gericht, »
diese Wachteln!« I
»·n bischen llein,« erwiderte einer
der Herren.
»Nun ja, das kommt vor,« tröstete
der Wirth. »Es ist nicht leicht, diese
Vögel immer zu bekommen. Diese
hier sind frisch geschossen; sehen Sie,
Sie finden ja gleich eine Schrot
lugel.«
»Herr Miiller,« ries da ein Stamm
gast, der diese Worte gehört hatte, von i
einem benachbarten Tische ’heriiber,
..seit wann werden denn bei Jhnen die
Fritandellen geschossen?« Dabei hob
er ein Schrottorn in die Höhe, das er
seeben in dem Fleischllößchen gefun
den hatte.
»Sie auch?« ries es sosort von
einem anderen Tische, wo zwei Herren
bei Austern nnd der dazu gehörigen
Flasche Chablis saßen. »Die Austern
hier sind auch geschossen.«
»Kellner,« tönte es aus einer Ecke,
»geben Sie mir noch eine Portion
Chestertäse; die Schrottugeln geben
dein Käse wirklich eine pitante »
Würze.« l
Der Wirth bekam einen seuerrothen i
Kot-L der Oberiellner zuate ganz ent- i
setzt mit der Achseln, indessen die
acniisirten Gäste die Situation aus
nütznn. l
»Meine Herren,« stotterte endlich
der Wirth sehr verlegen, »ein Mißver: s
ständniszk — Entschuldigen Sie,
ich eile zum Küchenches,« damit ver
schwand der gequälte Wirth.
»Um Himmelstvillen,« mit diesen
Worten stürzte er in die Küche, »wie
geht denn dag zu, überall, in den Fri
tandellen, dem Käse, den Austern
stecken Schrotlörner!«
»Ach du aiitiger"Himmel,« stöhnte
der Küchenches und sank aus einen
Stuhl, ,,da hat der Kerl von Haus
knecht nicht nur die Sperlinge, son
dern auch die ganze andere Geschichte
aus dein Anrichtetisch s-« Init Schrot
acfiillt!«
.- ».--—
sturiosee Handwerkszeuq der Schmqulcr
tm Pariser Hotel de Ville
Jtm Pariser Fwtel de Ville befindet
sich momentan eine eigenartigeSamni
lung, ein wahres Museum, welches
alle nur möglichen Utenstlien enthält,
die Schmugglern von Grenzbeamten
und-Organen der Polizei im Laufe
der Zeit abgenommen worden sind. Da
sieht man zunächst Corsetg aus staut
schut, höchst kunstooll gearbeitet, in
derem Innern bequem zehn bis fünf
zehn Liter Alkohol geborgen werben
können. Durch einen geschickten Me
chanigmus tann dieses Corset sowohl
fiir den stärksten Herrn, wie siir die
schlantste Dame und umgekehrt trag
bar und Passend gemacht werden.
Nicht minder grosz ist die Sammlung
elegantester Chlinderhüte, don denen
jedes Exemplar die Kleinigkeit von ZU
Liter Altohol auszunehmen im Stan
de ist. Ganze Stöße alten Zeitung-H
papieres sind dazu bestimmt, dank ei
ner Borrichtuna Contrebande bergen
zu können, desgleichen auggehiihlte
Baumstämme und große, bunte,harm
los aussehende Glastugeln Jn einem
anderen Raume steht ein Wagen, der
in sast allen seinen Theilen bis aus die
Deichsel und die Räder ausgehöhlt ist.
Selbst so tleine Geaenstände, wie eine
Maurertelle, hat man als Apparat
für das Schmuaaeln zu benutzen der
standen, und lanae Jahre hindurch
passirte unbehelligt ein Mann inMau
rerkleiduna mit dieser Kelle die Vari
ser Steuerwache, bis durch Zufall der
Betrug entdeckt wurde. Ein hölzernes
Reserooir, welches sich meist an Bord
Heiner Lusthacht befand, diente dazu,
Jan einem drinnen, taum sichtbaren
»Draht in·S Wasser gelassen zu wer
den, sobald Zollbeamte sich zur Reoi
sion an Bord beaaben. Auch Grab
treuze dienten zur Ueberdortheilung
der Steuerdehörden. Der Boden jedes
dieser metallenenGrabtreuze war aus
aehöhlt unos faßte 43 Liter Altohoi.
Obwohl die Behörde durch anonhme
Bricse auf den Schwindel aus-nett
sam gemacht worden war, konnte man
doch, trotzdem man die Werkstätte die
ser Kreuze in Ersahrunq brachte, dem
,.3abritanten« nichts Belastendes be
weisen. Eines Taaes jedoch versuchie
er ein Grabkreuz von geradezu riesi
cen Dimensionen nach Paris zu
transportiren und wurde nunmehr
abgesasrt Auch dieses Grabdentmal
bat iettt einen Platz im Hotel de Ville,
gesunden.
Fehl-Island das Heim des New Yortee
Quillt-neuesan
lktwa zwei Meilen von der kleinen
Küstenstadt Brnnswick im Staate
Georgia entfernt liegt ein Jnselchen,
das den wenig poetischen Namen »Je«
tnl Island« trägt. Es ist das Eigen
thuin von ungefähr hundert Dollar
siirsten, die es vor einigen Jahren siir
nur 3125,()00 antansten, nun aber
bereits Millionen geopfert haben, um
die vom Meer umspijlte 14,l")00 Mor
gen grosze Fläche Landes in ein wahres
kleines Paradies zu verwandeln.
Sämmtliche Besitzer sind Mitglieder
des »Millionenclubg«, nnd so war eins
der ersten Gebäude, die man ans Je
lnl - Island errichtete, ein unbeschreib
lich elegant eingerichtetes Clitbhatts,
das, den modernen Ansprüchen ange
messen, mit Datnpsheizung nnd elek
trischer Beleuchtung versehen ist. Die
stets für Gäste bereitgebaltenenSchlas
zimmer in dem Clnbkwtel sind von
Doppelwänden Umschlossen, zwischen
denen sich eine Polsterung von Holz
wolle oder Roßhaar befindet, damit in
diese mit jeglichem Coinsort ausgestat
teten Räunie kein Laut von außen
dringt, der den Schlummernden stören
könnte.
Unter den beneidenswerthen Sterb
lichen, die dort palastartige Häuser be
sitzen. findet man die Rockesellers,Vans
derbilts, Goelets, Gushings und an
dere. Viele Yantee - Nabobs, die nicht
zu dem Club und somit auch nicht zu
den Eigenthümern der Jnsel gehören,
können Einladungen von irgend ei
nem der zeitweiligen Bewohner des
Clubs erhalten. Auch solchen, die dort
turze Zeit fiir sich leben wollen, bietet
sich dazu Gelegenheit. Sie haben nur
nöthig, einem gerade nicht auf Jethl
Island weilenden Krösug die Osferte
zu machen, ihm seine Jnselvilla aus
eine bestimmte Zeit abzumiethen Der
Mann geht mit seltenen Ausnahmen
schon aus Gesälligkeit daraus ein und
erhält gewöhnlich pro Tag eine Miethe
don 30 big 50 Dollars Pro Palast.
Für Fremde ist es unmöglich, auf der
Insel zu landen, da Wächter die Kü
sten vor ,,Eindringlingen« beschützen
Die Millionäre sind also auf ihrem
fern vom Getriebe der Großstadt gele
genen Eiland sicherer vor Einbreehern
als in ihren luxuriösen Palästen der
großen Stadt.
Die »Nullen« haben noch lein so hohes
Alter, wie man glaubt.
Gelegentlich »der Jahrhundertfeier
des Meters in Frankreich sind von dem
französischen Gelehrten Jnles 5Michel
inierenanie wiiiiyeiiungen gegeoen
worden, daß der Null keineswegs ein
so hohes Alter zukommt, als man ihr
beizumessen geneigt ist.· Als einer der
Hauptgriinde für die Volksthiiinlichi
teit des metrischen Systems nennt er
die Bequemlichkeit der Decimalrechs
nung. Aber, so fragt er, wie tomint
es, daß die Gelehrten des Alterthums
es nicht verstanden und auch nicht an
gewendet haben? Die Alten hatten
wohl die Art der ZehntrsZählung wie
wir, aber sie konnten die Decimalrech
nuna nicht anwenden, weil sie die Null
nicht kunnten. So erstaunlich dies uns
erscheinen mag, die wir gewöhnt find,
vie Null alg wesentlichen Theil unserer
Zahlenreihe zu sehen, so läßt sich nicht
leuanen, daß die Null eine neuere Er
findung ist. Es war der philosophische
Geist der Hindu, vielleicht mit Unter
stiitzung deg Handelsaeistes der Chi
nesen, nöthig, uni ein Zeichen zu ersin
den, dazu bestimmt, das Nichts, das,
was nicht existirt, vorzustellen Bei
diesen beiden Völkern findet man gegen
dag CI. Jahrhundert n. Chr. die erste
Erwähnung eines runden Zeichens-,
iim die Ziffern in derDecimal-Reihen:
folge, die ihnen eigen ist, zu ordnen.
Von hier ist die Null durch Vermitte
lung der Araber erst gegen das 11.
oder 12. Jahrhundert zu uns gelangt.
Vor dieser Zeit war es aso nicht möai
lich, ein Dreimal-System zu ersinnen;
und eg ist nicht erstaunlich, dass es
mehrerer Jahrhunderte bedurfte, uin
den Vortheil verstehen zii lernen, den
man aus der Dreimal Theilung der
ietziaen Maße ziehen konnte. Jin Jahre
1670 hob ein berühmter Astronoin der
Lnoner Sternwarte, Montan, den
aanzen Vortheil dieser Theilunasart
hervor, und alle Gelehrten, welche sich
seither mit der Reform der Maße und
Gewichte beschäftigen, haben niemalss
diesen Umstand, eine der wesentlichen
Grundlaaen der Reform, aus den Au-- l
gen gelassen.
—— -——-.—- ———
Der Wahlqnfruf eines Dichters and alter
Zeit.
Als Alexander Dnma5, der «Lleltere,
sich im Jahre 1848 um einen Kammer
sitz bewarb erließ er folgenden wert-—
würdigen Wahlaufruf:
An die Arbeiter!
»Ich stelle meine Candidatur anf;
ich bitte um Jhre Stimmen; meine
Rechtstitel find folgende:
»Ohne sechs Jahre Unterrichts, vier
Jahre Notariats- und sieben Jahre
Beamtcnthumg zu zählenJiabe ich 20
Jahre lann täglich 10 Siunden gear
beitet, also 7P.,()()0 Stunden.
»Während dieser 20 Jahre habe ich
400 Romanbände und «-:5 Schauspielc
verfaßt.
»Die 400 Bände, jeder in 40W
Exemplar-en aedruclt und zu 5 jun-.
verkauft, inSumma 11,8:’3·'?,600 Free-»
haben eingebracht: den Setzern Eis-t
000 Fres» den Druckern 528,()«()
Fres» den Heftern 12(I,()0() Fres» den
Buchhiindlern 2,4s)(),000 Fres» den
Conrtiers 1,60s),000 Fres. den Gom
missionären 1,6()("),00() Fres» den Pa
leianstnlien 1l)0,0()() Fres» den Zeich
nern 28,600 Fres» im Ganzen 11,—
853,6f)f) Fres.
»Wenn man den täalichen Arbeits
lohn auf P- Frcs. bemißt, haben meine
Bücher, da das Jahr käm Arbeitstage
zählt. während 20 Jahren 692 Perso
nen Lohn verschafft.
TI
»Die 85 Dratnen, von denen jede q
durchjchniiilich 100 Mal gespielt w t
de, was 6,360,000 Fres. ergiebt, sc
den einoetragem den Direktoren 1,
400,()00 Franc-T den Schauspielern
1,250,()00 Fres» den Dekorateuren
21(),()00 Fres» den Costiicnlieferanten
149,0()0 Fres» den Theaterbesisern
700,000 Fres» den-Staitifien 350,000
Fres» den Wächtern und Feuern-ehr
leuten 70,000 Fres» den Holzhändlern
70.000 Fres» den Schneidern 50,000
Fres» den Oellieferanten 525,000
Frcg., den Pappenfckbriken 60,000
7·frcg., den Musikanten 157,000 Fres»
den Armen (Abgaben an die öffentliche
Armenpflege) G?0,000 Free-, den Zet
telanfchläqern 8(),000 Fres» den Aus
feqern 10,0l)0 Free-» den Assekuran
ten (;(),0()() Jus-» den Controlleuren
und Angestellten 140,000 Fres» den
Maschiniiien 180,000 Fres» den Epis
feuren 9.'Z,000 Fres» in Summa
l5,184,000 Frc5.
«»Meine Dramen haben in Paris
zehn Jahre hindurch 347Personen das
käaliche Brod gegeben, in der Provinz
(die Zahl 847 dreimal genommen)
1041 Personen. Rechnet man die Lo
qenfchliefeerinnem die Chef-z der Cla
que und die Drofchkenkutscher mit 70
hinzu, so ergiebt sich eine Toialsumme
von 1450 ernährten Personen. Dra
men und Bücher Urmmen haben also
die Arbeit Don 21W Menschen bezahlt.
»Ist dieser Rechnunq find nicht ein«
beariffen die belnifchen Nachdrucker
und fremden Uebersetzer.
Alexander Dumas.«
Wie der Nocwcgcr Henrit been seine
Tramcn fchrcibt.
In der Schilderung eines Besuches
bei Henrit Jbsen in Christiania er- —
zählt Meg. Aleo Tweedie in einem
Londoner Blatte einige interessante
Züge von dem nortvegischen Dichter.
Sie schreibt: »Der Name Dr. Henrik
Jbsen stand in goldenen Buchstaben
auf der inneren Mauer des Hauses,
dazu die weitere Angabe, daß er im
ersten Stock wohne. Es war nichts
Großartiges an seinem Heim, eine ge
wöhnliche norwegische Etage, die aus
acht oder zehn guten Zimmern besteht,
und doch ist been ein reicher Mann.
Die Halle seines Hauses war kahl, das
Mädchen trug, wie es in Norwegen
Sitte ist, weder ein Häubchen, noch
eine Schürze, und Reihen von Galo
schen standen im Hausflur. Das
Mädchen führte mich einen Gang ent
lang, an dessen Ende das Arbeitszim
mer des großen Mannes selbst war.
Er stand auf, schüttelte mir warm die
Hand, und als er herausfand, daß ich
Deutsch konnte, wurde er sogleich lie
benswürdig und mittheilsarn. Er ist
von deutscher Abstammung und hat
vielfach charakteristische deutscheEigen
schasten geerbt. Als er 1864 Nor
wegen verließ —s- als Norwegen that
sächlich aufhörte, für ihn eine glück
liche Heimath zu sein —- wanderte er
nach Berlin, Dresden, Paris undRont
und verbrachte viele Jahre in Deutsch
land. »Den gliicklichsten Sommer mei
nes Lebens verbrachte ich in Berchtes
gaden im Jahre 1880,« erzählte er.
»Aber fiir mich ist Norwegen doch das
schönste Land der Welt.«
been’g Schreibtisch, der im Fenster
fo steht, daß der Dramatiter auf die
Straße schauen kann, war mit Brie
fen bestreut, deren Umschläge sauber
aufgeschnitten waren, denn er ist or
dentlich und eigen, fast wie eine alte
Jungfer. Er hat keinen Secretär, da
das Dictiren ihn quält; folglich muß
er alle Mittheilungen, die Erwieder
ringen erfordern, selbst beantworten
SeineSchrist ist die denkbar zierlichste,
kleinste und runde. Sie ist typisch für
den Mann selbst. Der Namenszug ist
fast wie der eine-:- Schultnaben — so
sorgfältig ist er geschrieben. Auf dem
Tisch neben dein Tintenfaß stand ein
kleines Brett. Daran standen einige
kleine hölzerne geschnitzte Schweizer
Bären, ein schwarzes Teufelchen, ei
nige kleine Katzen, Hunde und Ratsin
chen aus Kupfer, von denen eines-Vio
line spielte. »Was sind das für spa
ßiiie tleine Dinger?« fragte ich. »Ich
schreibe niemals irgend eine einzige
Zele eines ineiner Dramen, wenn nicht
dag Brett mit dem, was sich darauf be
findet, vor mir aus dein Tisch steht.
Jch könnte nicht ohne das schreiben.
Es maa sonderbar scheinen —- es ist
es vielleicht auch — aber ich kann nicht
ohne dies schreiben,« wiederholte er;
»aber warum ich sie gebrauche, ist mein
(itel)eiiiiiiifs,.« Und dabei lachte er still
vor sich hin. . . . ..
Die berühmte irisehe Patriotin Miß
Mand Gonne nahm dieser Tage in
Paris einen Fialer und machte in Ge
sellschaft eines irifcheu Landsmannes
Einlänse Als der Kutscher seine
beiden Fahraäste englisch reden hörte,
wurde er sehr nnaehalteu ,,Englän
der!« brummte er, »ich fahre Englän
derl Das ist ja ariiueiibast.« Und bei
jedem ,,Yeg«, das er del-nahm« schrie er
ans seinem Rutschbom ,,Hoch die Bu
ren! Die werden die Eiiqländer schon
nnterlrieaen und hinangiversen!« —
Miß Wonne unterhielt sich ausgezeich
net iiber diese Demonstratiou, und als
sie den Fiater verließ nnd der Kutscher
sie noch immer sehr seitwärts betrach
tete, sagte sie zu ihm: »Mein Freund,
eigentlich sollte ich Ihnen kein Trink
aeld aeben, denn Sie hatten offenbar
die Absicht, uns zu beleidiaen. Aber zu
Ihrem Gliiete bin ich Jrländerin und
als solche steile ich mich, date Sie den
heldenmiithiqen Bnren so zugethan
sind. Hier sind süns Franks, trinken
Sie ans den Sieg der Bnren.« —- Der
L überraschte Kutscher faßte sich schnell
und verabschiedete sich mit dem begei
sterten Rufe: »Es lebe Jrland!«