Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 08, 1901, Sonntags-Blatt, Image 16

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ENGEL den? jIkkMSicSstS.,
Roman von Gc THIS-Log ?,TH;«EZTLDCO.
Autorifirte deutsche Nehmqu von Eil THIS
(2. FortsesungJ
Das Rath der Erhihung schwand
von seinem Antlih unb machte einer
Inamentanen, aschsarbenen Blässe
Platz, und wie ein Kramps zuckte es
über sein emeiniglich nichtssagenoes
Gesicht. Jgre hanb lag noch aus sei
nem Arm, und Dudleh schoß zorniges
Blut bis an die Schläsen, als er vie
col- stigleit gewahrte, mit ver der
junge ann sich von ihrer zarten Be
eshrnng srei schüttelte. .
.Sie irren sich,« behauptete er laut.
»Ich kenne Sie nicht —- habe Sie noch
nie gelehm!«
--Sie schob den Schleier in die Höhe.
Mr Antlis war fast so bleich wie das
einige, aber die Bliisse erhöhte nur
dessen Lieblichkeit noch mehr, und ihre
bbauen Augen leuchteten durch Timä
nen.
»Seht kennen Sie mich sicherlich!«
murmelte sie in Lauten von unend
licher Weichheit, die in Duvlens Her
zen eine mitllingenbe Saite berührten.
»Ich schwöre, baß ich Sie noch nie
gesehen habe!« schrie ver junge Schwe
renöther und kehrte ilir schleunigst den
Wen zu. »Hier, Jungens-, das Lieb
ist verflucht einfältig! Jch bin dafür-.
baß wie mal trinkenl«
.Sie ist ein verteufelt hübsches
Weib. Devereux!«
»Und eine höllische Lügnerin. wie
die Mehrzahl der Weiber. Ich habe
sie noch nie in meinem Leben gesehen.«
Und zwei von seinen Gefährten er
salsenb, zoq er an jeder Seite einen
mit sich fort nach den Restaurations
räumen.
Die Frau blieb wie angewurzelt aus
derselben Stelle stehen, das Anstarren,
Flüstern und unterdrückte Lachen nicht
beachtend. Dudley that das Herz weh
um sie, in ihrer Verlassenheit und der
stolz resignirten Weise, in der sie die
sitt eben zugesiigte insultirenve Zu
rückweisung bingenommen Ein paar
Momente schien sie unschliissig, von
ihrer Begleiterin schars beobachtet.
Hernach, mit einer Geste sie aufsu
dernd, ihr zu folgen, begab sie sich
hinaus.
Und wenn sein Leben davon abge
hauqen, so hätte Dudley es nicht un
terlassen können, die Durchführung
des Schauspiels, wenigstens so viel
diesen Alt anbelangte, mit anzusehen.
Er schritt in der von den beiden
Fronenckinqeschlagenen Richtung rveis
ter und sah, daß sie die Treppe nach
dem Ausgang zu dinabstiegen. Nur
wenige Selunden später riß der blon
de jung-: herr, oer von der großen
Dame angeredet worden, die Schwing
glasthiir an der obersten Treppenstuie
aus, und ging, mit dein Ueberzieher
auf dem Arm, in staunensivertberhast
hinunter, von it zu Zeit über seine
Schulter zurii blickend, um zu sehen,
ob jemand ihrn solgr.
Kaum hatte er den Fuß der Treppe
erreicht, als Qui-leih der leich nach
ihm herauskom, die große ame aus
einein Versteck. too sie ibrn offenbar
aufaelauert, un: sein Entfchliipfen ab
zuschneiden, berborsprana und aber
mals ihre Hand auf feinen Arm legte.
Diesmal schien der Mann aller
Selbstbeberrschung verlustig zu ges
ben. Graugelb vor Wutb. hob er sei
nen Stock und versetzte ihr einen bef
tiaen Schlag auf die Schulter. Mit
einem leiten Schmerzensschrei bebte die
Gelchlaaene zurück, und noch bevor
zwei Theaterbedienftete berbeieilen
konnten. um irn Gebäude einem Lärm
vorzubeugen war der junge Mann
schon durch die Fronteinganasthür
sinausaerast und hatte einen Hand
tome angerufen.
Ehe er aber einzusteigen vermochte,
war ibm die Frau auf die Straße ge
folgt, dicht binter ibr Dudlen und
noch zwei andere Herren, die Zeugen
der Seene in der lHalle gewesen.
" »Vertin,« rief dre Dame in Hagen
dern Ton, «Bertin!« —- Und wiederum
versuchte ste, ihn beim hineinspringen
in das Cal- zurückzuhalten
Wenn Du mich anrübrst, bei Gott,
dtsmr schlag ich Dich todt!«
Dudley hörte ihn die Worte durch
die zusammengepreßten Lippen aus
stoßen und sub auch, wie er den Arm
Dust Schlagen hob. Das war mehr
als Fleisch und Blut mit ansehen
. konnten, und mit einem schwingenden,
qnt gezielten Schlage schlug ihm der
Revelswortb den Arm in die
,baß dem remden der hut von«
Mund der pazierftock die Straße
simSieM elender Feigling, eine Frau
ent«
- andere sah ihn neugierig, mit
M Deutsch von Furcht unt- Haß
im Ins-»n- an.
, M Sie sie?« fragte er mit be
M Stim. »Bitte ei der Fall
stät-Z Ahnen-Gewiß Zieht
» en ezu at
Sie, wol-in Sie wollen,
tote der Intell«
Wust-wem agte das
ist- ICI mit It M
dnrckf die erleuchteten Straßen, und
Dudley, sich wieder nach dein Theaterx
eingang wendend, fand die fchöneFrau
in Schwarz mit ihrer Begleiterin hin
ter steh stehen.
Sie hatte den Schleier hochgefchlw
gen, ihre Wangen glühten, und die
Augen funkelten vor Crregung.
»Seit jener Unmensch Sie verletzt?«
fragte Duvlen mild, während eine
kleine Menschenstva sich um sie zu
sammeln begann.
.Rein, nicht bedeutend; ich tann es
kaum fühlen, denle nicht daran. Aber
ach, wenn ich ihm doch folgen lönntek
Und ich habe lein Gelds«
Solchem Flehen zu widerstehen,
hätte Dudley nicht iihers Herz ge
bracht Ein vorüber-fahrender Hand-i
sont herbeiwinlend, half er ver Daniel
hinein; dann drückte er ihrer Beglei
terin die ebenfalls bineingellettert
war, ein Goldstück in die hand.
aJahren Sie jenem Cab nach. aber
rasch!« rief Dudlen dem Rosselenler
zu.
»Ich danke Jhnen von ganzem Her
ten!'· stammelte eine süße Stimme
Dudlev blickte eine kurze Weile dem in
rafenber Verfolgung die Straße hin
abjagenden Cab nach bis über vie
Ohren verliebt in eine schöne Frau
deren Name, Rang, Charakter und
Geschichte ihm völlig unbekannt wa
ren.
4
Jn dieser Nacht tauchte die Gestalt
der schönen, blauiiugigen Frau immer
und immer wieder in Dudleng Träu
men aus.
Nicht einen Augenblick, im Wachen
wie im Schlafen, vermochte er den
Gedanken an sie aus seiner Seele zu
bannen, und doch war er, aus ihm
selbst unerklärlicher Zurückhaltung
außer stande, seinem Bruder etwas
von dem Abenteuer mitzutheilen. Jn
erster Linie war es das Gefühl, der
schönen Unbekannten ein Unrecht zu
zufügen. wenn er seinem slatterhasten
Bruder Gelegenheit gebe. aus ihre Un
kosten Wi e zu reißen. Er konnte sich
Viktots taunen und seine Belusti
gung über die sonderbaren Begeben
heiten des Abends nur zu deutlich
ausmalem und gleicherweise sich vor
stellen, wie er selbst eine ähnliche Ge
schichte von seinem Bruder aufnehmen
würde.
Denn. was waren die ThatsachenZ
— Aus dem-Vulkan eines Varietäten
Tbeateri hatte er eine Frau von unge
wöhnlicher Schönheit gesehen, die
durch ihre diistete Gewandung noch
mehr hervortrat. Diese Frau hatte
ihn ein paar Momente mit einem
Schein von Interesse angeblickt und
hernach Bekanntschaft mit einem
Manne geltend gemacht. der sie aber
mit bestigteit abgeleugnet und schleu
nigst das Theater verlassen hatte. in
der augensiilligen Absicht, ihr»au5 dem
Wege zu gehen. Sie war ihm gesolgl,
und er hatte sie geschlagen in einem
Wuthansall, unverkennbar noch ers
hoht, weil er bei Tische des Guten zu
viel gethan.
Und dann war er — Dudleh —
faktisch so toll gewesen, sich in etwas
einzumischen, das beim Erzählen voll
ständig den Charakter einer gemeinen
Schliiaetei aemann hatte einen ihm
c
aänzlich Fremden um dieser Frau wil
len angegriffen und ihrer Be« leiterin
nachher ein Goldstück zum Bezahlen
des Cabs ausgedrängt.
Das waren die zufammengefaßten,
nackten Thaifachen Und wie konnte
er sie seinem Bruder erzählen, ohne
dessen Spottluft zu reizen?
Und doch blieb Dudley, selbst deirn
Ueberlegen im nüchternen Tageslichte
des folgenden Morgens, feft davon
überzeugt, daß die schöne heldin des
gestriaen Abenteuers eine verfeinerte,
ddchderiige Dame fei, daß ihr Besuch
des Theaters nur zu dem weck ge
schehen, den blonden jungen ann zu
treffen, und ferner noch, daß ihr Be
weggrund dazu nur ein lobenswerther
fein konnte.
Zu diesem Schlus-. war er nicht blos
durch fein zufälli es Verlieben ge
langt, sondern au durch Beobachten.
Eine aanze Stunde oder noch länger
hatte er sie vor Augen gehabt, und er
war non Natur und durch steieUebung i
ein scharfer Beobachter, und während’
der ganzen Zeit war in ihrem Beim-»
gen nichts von Koleiterie oder Leicht-«
feriiqleii beroorgeireien. Und er hatte
auch erlanni, daß sie nie zuvor eine
Musilhalle besucht, hatte aus den neu
gier n Blicken ohne besonderes Jn
tere e, die sie nach dem Einnehmen
ihres Plases durch den Raum schickte,
diesen Schluß gezogen. Die Gefangn
dortriiae aus der Bühne, die in ihrer
Art ganz gut waren, schienen sie zu
langweilen, und diec Befucher intere
sirien sie kaum mehr-; denn, odgleiche
jeden Reuanlominenden zu bemerken
nicht ermangelte blieben ihre Blicke
doch nur fliichtig auf sedem Anwesen
,nur mit du«-—- Adieu
—- hatte sie eine Ausnahme gemacht,
bis der Mann erschien, aus den sie ge
wartet
Was nun ihre Beziehungen zu die
- ser lesteren Persönlichkeit anbelanate.
war idrn ein Räthsei. Beide, er wie
sie, waren groß, blond und blauiiugig
und hatten selten r eltniißige Züge.
Sollte sie die S we er des jungen
Mannes sein? nn es sich aber an
dem verhielt, würde sie die Verwandt
schast dann nicht protlaniirt haben?
Er konnte unmöglich schlecht von
ihr denken, tonnte sich nicht denken,
daß mit solch leuchtenden, schwermii
thigen Augen. solch königlicher dal
tun-g, solcher Stimme von liebtosender
Meichbeit Böses gepaart sein könnte.
Was aber den Haß und die Furcht
anbetraf, die er in den Zügen des inn»
gen Mannes deutlich ausgeprägt ge
sehen, so ließ sich das daraus erklären.
daß der Mensch zu viel getrunken und
! weder siir seine Worte noch andlnn
saen verantwortlich zu rna ; n war.
; Wie hätte er sich sonst wohl, ein
s Gentleman an Bildung und Ran , so
s erniedrigen können, eine bittende k rau
L zu schlagen!
Aber bei alledem war Dudlen sehr
beunruhigt im Gemüthr. Ein Vor
gesiitii. so allgewaltig, daß er ei zu
ineistetn gar nicht versuchte, sagte ihm.
daß er und diese Frau sich wieder be
gegnen würden, und daß sie bestimmt
sei, einen mächtigen Einfluß irgend
welcher Art aus sein iiinstiges Dasein
auszuüben. Ob diese Vorstellung ihn
froh oder traurig stimmte. wußte er
selbst nicht. Sein Lebensdasein war,
wenigstens in den leyten sünf Jahren.
durch Liedesnngelegendeiten kaum ge
störr worden. Es war ihm ja be
kannt. dtß er zu arm fei, sich verheira
then Zu liinnen, und er hatte auch siir
das- ileine, grauäugige englische Miid
chen« dae vor drei Jahren als die Gat l
tin eian anderen aus dem Leben ge
frbitdsn im Sirt-n vier rHvsiiehsä Ob
iijhl bewahrt und sich gesagt, daß die I
fes-, wäre das Glück ihm hold gewesen l
in der That die Frau gewesen wäre
die er hätte lieben können.
Von turzledigen Liebesassairen
oder Flirtations hatte der Einfluß der
braven Stiefmutter die beiden Brüder
ausnahmsweise srei erhalten. Ma
dame Viktorie Nevelsworth war so
jung, so niedlich, so herzig und theil
nehmend, arbeitete so angestrengt, ihr
Heim behaglich und anziehend ztt ge
italten, fand an allem, wag ihre Söhne
anging, Freude, und machte ihnen
durch ihre reizende Erscheinung, tvenn
sie an Festtagen mit ihren .heiden gro:
ßen Jun en« ausging, solche Ehre,
dasz das erlangen nach einer anderen
weiblichen Gegenwart im hause und
nach der Pflege einer zärtlichen Frau
in Krankheit von diesen beiden wohl
herathenen jungen Leuten nie empsuns
den wurde. Und durch den steten Um
gang mit einer lieblichen, selbstlosen
Frau wuchs auch in ihrem bergen eine
große Zartheit und Ehrerbietung fiir
die Frauen und eine ausgesprochene
Abneigung gegen alles, das da u an
gethan, in ihren Augen ein Geschlecht
herabzusesem das sie um einer guten
Frau willen achteten.
Aus dieser Seelenstimtnung ließ
sich vielleicht auch Dudlehs Ahgeneigt
heit erklären, streng über die Frau zu
urtheilen deren Schönheit seine Phan
tasie in solch hohem Grade beschäftigte
Und gewiß war, das es ihm unerträg
lich, sie zum Gegen and unschmeicheLs
haster Auslegungen gemacht zu sehen,
selbst von einem ihr völlig Fremden,
wie«sein Bruder Viktor, der sie ita Le
hen aller Wahrscheinlichkeit nach nie
mals zu Gesicht bekommen werde.
Den jün eren Bruder hielt da egen
keine Rücktcht von einer vollen it
Er ichivayte davon beim Frühstück und
während ibreo Morgenspazierganges
und stand bei ihrer Rückkehr ins Hotel
immer noch bei dem Thema von den
Schritten und demLachein der Gamb
Tänzerin. Beim Lnncheon wurde
ihnen daselbst ein Teleararnm mit der
Aufschrift »Reveljroorth« eingehau
digt.
Die Fassung desselben rvar lata
nisch.
,Jhre Tante wünscht Sie sosort zu
sprechen. Rathsam, unverzüglich zu
reisen. Simpson.«
Gegen solche kategorifche Aussprdeq
rung ließ sich nichts thun, als ihr
Folge zu geben. Da weder Dudlen
noch Viktor in der Umgegend von Lun
don bekannt waren, so zogen sie denn
beim Oberkellner Erkundigungen iiber
die einzuschlagende Reiseroute ein«
Sie suhren dann aus dessen Anrathen
mit dem Zuge von Station Waterloo
bis Teddington und von da mit dem
Omnibns durch Bushey-Part nach
Palace Green.
Es rvar ein lieblicher Tag zu An
sang April —- also noch zu iriih für
billige und übersüllte Erkursionssahr
zeuge —- die Kastanienbäume in der
berühmten Allee mit srischen, jungen
Blättern bekleidet, die an Schönheit
mit den rothen und weißen Herzen,
theiluna seiner erlebten Abenteuer abi
l
; die sie später bedecken würden, wett
-eiserten. Der Omnibuikutscher war
geschwiisig und theilte dem »anjeneh
men Fremden«, der ihm zur Rechten
saß, bereitwillig mancherlei aus der
Umgegend mit. Von ihm erfuhr Vit
tor, daß die Privatgerniicher im Pa
laste von einenr ausen armer Deut
scher gemiethet w ten —- eine Behaup
tung, die sich später als gön lich un
eichtig erwies, da die Miether seist aus
nahmslos schottische Damen von vor
nehme-i herkomm- tvaeen. Ferner
III
behauptete der steilen-ten daß tn der
Omnibuebeanebe zu get-I Kentuc
renz herrsche, und daß die rinlgelder
lange nicht mehr wären. was tie ionlt
gewesen. Danach tin er an, erstaun
liche Aneldoten von solalberiihinthei
ten zu erzählen, unter denen die beiden
Repelsworths unschwer ihre noch nicht
gefesne Tante beraubiinden konnten.
ort oif’n Anger wohnt iinne olle
Dame.« meinte der Kutschen mit dee
Peitsche die Richtung andeutend, »das
is Sie der torioielte Charalter, von
dem-ne nur höre lann. Sie lollert ge
rade u in Gelde, drei Millionen tm
Mi onen Mari) biitt’ Sie oii’n Hel
ler habe ich sage höre - -- und woll n
Sie wohl glaube daß die je a Pfennig
for Lolaleinrichtungen un Wegeoer
besserungen, besser nach hier lomrne zu
kenne. härgiebet? Nur nich! Sie
haßt die Vergniegongisreiienden un
worde, wenn sie ihren Willen hätte, sie
vom Valalte on den Eingebungen on
dem Anger ganz on gar ausschließt
Mit ihrem Gelde lannte se doch iin
attlicheg Sticlchen Pfeidesleilch. wie
ina nur welches tuh lennte, in ihren
Ställen habe! Abber woll’n Se wohl
glaube, se läßt sich in ii Korb-vagen,
an den ir· Esel ibenden ie, hernmfabre.
un vermietet ihre Stalle an ii Herrn,
der an der annern Seite des Angen
wobnt? A wörtlicher Gentleman dag,
meiner Seele, un fraigebig mit das
Geld « wovon er selber nicht alltttviel
F habe foll, hert’ ich wie das alte
Reibeiien mit ihren tnauiertk Ader
so ilt’s immer bei de Millionäre-. Un
- was nont ihr denn ihr Haufen Gelo?
Ze i—:- 80 Jahr, wenn se auch nich io
alt aussieht, un steht ganz allein in der
Welt da, bat weder Kind noch Kegel
und teinen im Haufe um sich als so
ginne Art lleene Geiellschafterin, un
änne liecbim die for leinen Menschen
nich ä heilichee Wort hat, un ii Haus
möchen alle Monate änne andere. un
a Bedienten. der gröbste Kerl oss Got
teg Erdboden, un sei unverschäinten
Bengel von sonnen der die Wege leiit
und de Hunde spaziere führt die
anne merklich gute Rasse sind, muß ich
selber sagen --- jeder Zoll an se Blut
und Knochen ä Bullenheiszer un
anne Dogge un ii Neisundliinoler
bibsche Damenschoßbiindchen, wie ich
sage. Ae Freind von mir hat er die
Dogge im vorigen Sommer verlaust.
»Ich will was mörderisches," hat le
iiagt. »etwas, das einem Nachtdiede
den Gaeaus machen kann nnd sich
nicht vor Gespenstern sürchtet." Mei«
Freund bat er draus isagt, er ienne sich »
oor den bund verborge, daß er allens ?
Lebennige sesirnache worde, sot tote
Fleisch aber tenn’ er keine Garantie
nich leistet Abber nehmen Se se. wie
’n se is, ’3 önne loriose alte Kunden«
die anlte Frau Redelsworthen Still
istanden, meine Lämmerchenk Vier
sinn Se. meine hereens: un hier is
der historische Palast wo heinrich
Ylll. sei Weibern die Klippe abschla
aen ließ. Se wären das Alleni abber -
in Kataler sinnen. Jch selber bin lei
großer held in die Geschichte. haben -
Sie recht schen adie, meine Verans,
un schensten Dankl' ’
Redelworth hause war ein langes,»
niedrigei, rothes Baeksteingebiiude,das
Rath durch die Zeit etwas verblaßt, «
und irn Sommer dick umwuchert von
Clernatis und Passionsdlurnem die
an der ganzen Irontseile des Geböui »
des an Spalieren in die Höhe gezogen
waren.
An der hinterseite des hauses war
der von den Pserdestiillen ein efaszte
steingepslasterte Hos, an der order
seite schied ein kleiner, von einerMauer
und noch mehr daran befestigten Spa
lieren begrenzter Garten das Wohn
qebiiude von dem Fuße-fade, derFahr
strahe und dem Anakr. Und von jedem
der Frontsenster hatte man die Aug
ficht aus die Palastthore, die Kasernen
und den Eingang in den ersten Hos.
Nach der Tradition war Revelo
wortd house so alt wie der Palast
selbst —— bei weitern das älteste haus
aus dem Angek. Unter der Regierung
Georao »l. hatte aber der damalige
Besitzer die rothen Dachziegel durch
Sieser ersetzt, neue Schlote und einen
großen, weit oorspringenden, ur Ar
chitektur des hause- unpassen en Er
ler bauenxassem derandaariig oon
schlanlen isenpsetlern gestützt und
weit oorra end über das Speisezinis
Inter irn rd eschoß, diesen Raum
Winter und ornrner in halbdunlel
; hüllend Das Gebäude hatte infolge
I dieser architektonischen Launen ein
oöllio verändertes Aussehen erhalten,
und sich wenia. wenn überhaupt etwas,
von seinem Tudorcharalter bewahrt.
Das schwere Einsabristbor rnit seinen
gestützten, tnit entfärbten Steinlugeln
aekriinten rothen Backsteinpseilern, ge
ltörte einer weit späteren Periode on,
da er- in den Tagen der «Guten Köni
gin« errichtet worden. Auch die Haus
thür, ein Stück sehr altes, sehr masst
des Baubolz, dein man lliialich seine
Natursarbe gelassen, war bon einem
greinen, weißgeiiinchtem mutcyelsiiriniyv
aen Ueberbau iiberraat, der mit deni
iibriaen Hause in vollem Widerspruch
stand.
Tro der Tals-km Hnncintben unt
Narzi en. welche die kleinen Beete im
- Hi und die Fenstertästen
um den tiefen Erleroorspruna erbei
terten, lag dennoch in deni Anblick des
Hauses etwas Absto ndes. Bei aller
Anstren ung der P ntasie war man
außer tande, kleine, blondhaarige
Kinder aus jener düsterern wirren-zer
sressenen alten hausthiir heran-tap
I
neln oder auf den langen, Maule-. -
dflaiterten Wegen des altmdif n
Voraartens Haan spielend fich dor
itellen zu können. Das pnze Ueußere
j der Stätte machte einen durchaus
- nüchternen, ernften Eindruck« der nur
- in etwas von den Garten-: undIenfter
. täftenbliithen gemildert wurde. Und
faft mit Erfchrerten ab des Unrat-arte
ten war es, als die beiden jungen Re
velswortbs auf ihr Schellen an der
"Oauetbiir fanden, daß diefe« ihnen
nicht von einem finfter aulfchauenden
Hausverwalter geöffnet wurde, fon
dern von einem niedlichen, zarten
Mädchen in dlauem Ser elleide, mit
- einem runden Grübchenge rcht und leb
: haften Bewegungen, das ste gleich auf
den erften Blick m allem an ihre petite
mere erinnerte.
»Ist Frau Redelötvorth zu haufe?"
fragte Viktor höflich, mit bemundernss
rvertlter Schärfe errathend, daft das
Mädchen troy der Einfachheit keines
Anzuaeg und der weißen Mu elin
fchiirze feine Dienerin fei. ·
Bei der Anrede hatte er feinen Hut
abgenommen, und die Kleine, iider das
saanze Gesicht erröthend, lächelte
schüchtern.
»Frau Revelsworth ift zu Haufe,
nnd Sie sind herr Revelitworth,
nicht loser« "
Viktor beanttvortete, ebenfalls lä
chelnd. ihre Frage beiabend
Sie war folch niedliches, fchrnucles,
zierliches Geschöpfchen, und dabei fo
freundlich, daß man gar nicht anders
konnte, als ihm zulächelm Nur fünf
Fuß noch, mir feidenweichem Haar,
turz geschnitten, wie bei einem Jun
aen, mit lachenden Nehaugen, einer
turzen Kindernafr. einem gewölbten.
sum Küssen einladenden, kleinen, ro
then Mund, einer Figur von mal-eben
h«IO-- ils-molk ..-». Ezr--·t--:« ...;
i zigen banden nnd Füßen, war es wirts
" lich nicht leicht auf den erstenBlick fein
Alter, das- sich zwischen fünfzehn und
zwanzig Jahren bewegen mochte, zu
errathen
Die Stimmung der beiden jungen
s Mannes hob sich vei ihrem nur-net
! Was auch Frau Revelsworths, der
»kurioien alten KundinT unangeneh
- me Zchrullen sein mochten so spende
te ihnen dir Kenntniß, daß es, falls
jene ihre Gegenwart oft verlangen
sollte, hier imhause eine fonnige,weib:
liche Persönlichkeit gebe, die ihnen in
der Größe. dem Wuchs, der heiteren
Stimme und dem Lächeln, ihre perlo
rene Petite ins Gedächtnis rief, doch
einiaen Trost.
Die cJalle,durch die das junge Mäd
chen die Antömmlinge führte, war eng
in der That taum geräumt er alSi die
’ lhallen in den modernen Vitken
» ter brachte Dudleh in Erfahrung, daß
der vandalijche Besifer in der seit
, Georgj Ul. es getoe en der die große
Tuporhalle durch einen Vertchlag ge
theilt, den dann ein noch untiinitleris
icherer Nachfolger in den ersten Regie
- rungsjahren der KöniginVittoria hat-·
» te weih anstreichen lassen. Jn Zwi
ichenriiumen waren Rehiöpfe und
hirlchgeweihe asJem holzgrtäfel be
ieftigk, das zu einer flachstufigen Ei .
chentreppe mit massiven Balustraden
» iiihrtr die auf Grund ihrer imposan- »
ten Breite gleicherweise in gar keinem
l Verhältnis zu der oertiimmertenForrn
» der Halle stand.
l
Jn der ersten Ctage war ein lehr
i langer« schmaler Gang mit drei n
ttern und der Aussicht auf den of.
an jedem Ende durch eine Thiir a e
schloisen. Vor der Thiir links, o rn
« an der Treppe, machte die tleineFiih:
, rerin halt und wandte sich etwas zö
l gernd nach den beiden herren um«
j »Ich hätte Sie vielleicht nicht gleich
I herauiiiihren iollenf äußerte sie in
ihrer natürlichen Weise. «Jch hatte
I
aber seit dem Lunchevn nach Jhnen
ausgeschaut und war so erregt, daß ich
— -.-—...4I! I. Ett- -
IIIWI UCUIIIIUIW uscllcsl »Ich-I- WUI"
len Sie also freundlichft entfchuldigen,
wenn ich Sie erfuche. ein paar Minu
ten hier zu warten, bis ich Sie Frau
Redelsworib anmelde.« «
Sie verschwand durch die Thür
liniö, aus der sie nach kurzer Abwe
sendeit wieder erfchien.
»Ich babe Sie beide Frau Bebels
wortb beschreiben müssen," flatterte sie.
»Sie will Sie fett empfangen. Und
lassen Sie sich durch nichts, was sie
auch fagen mag, beleidigen,« fügte
das junge Mädchen, niil der hand
schon auf dein Thürdriicker, baftig bin
zu; .ver1eden zu wellen, ift nicht tbre
Absicht
Das Zimmer, in welches sie die
Herren führte, war sehr geräumig, da
es sich durch die ganze Tiefe des hau
fee erstreckte, von dem an ebauten Er
ter an der Froni bis zur and an der
Rückfeite, in welcher zwei moderne
Fenster mit der Aussicht auf den hof
und die Stalle waren. Das Meuble
ment datirte zwei Generationen zu
rück: weich aepolfierte Ottoknanen,
Sessel, Lehnftiihle und Sofas, sotid
gearbeitet und rnit bernfteinfarbigern
Damaft über-zogen, aber mit ausgewa
fchenen CretonesSchutziiberziigen be
deckt. Ausaeftopfte Vögel undWachS
blumen unter Giasbehaitern, Leuchter
und ein Kronleuchter mit Lichtman
scheiten von geichlifienern Glas, alt
niodifche Paftellbilder in gepreßten
Goldrabmen, eine harse uno ein Flü
gel, beide sorgfältig in braune Lein
wandiiberziige gehüllt, bezeu ten gleich
deutlich, wie das Marmor acninlime
und die darauf stehende ver oldete
Stusuhn den conlervativen Ge chmact
und die ftrenae Sparsamkeit der Da
me vorn haufe
b Z
Frau Reoeletoorth sas in der Er
ternisehe, vor dem Frtlhlingesonnens
ichein oes iißt durch eine wenig herab
gelassene alousie und einen altmodi
schen, ariinen. runden Fächer, der auf
einer Drehsehrauhe an dem Tischgen
neben ihrem Sessel befrin t war. in
sehr roszer, oeegoldeter äfig mit ei
nem apagei und noch ein kleinerer
mit ein paar grünen Vögeln nahmen
aiinstige Pliipe im Erier ein, und eine
Bulldogge grimmigen Ausseheni. mit
hochrothen Augen, vorstehenden Rie
ierlnochen und kaum einem Gedanken
von einer Nase, lag aus einem weihen
Fellteopieh ausgestreckt zu ihren Fiißem
Frau MargaretheReoeliroorth trug
ihre 80 Jahre mit seltener LeiOigkeit.
Sie war von hohem Wuchs, ftaunensi
werth gerader Haltung für ihr Alten
mit scharf ausgeprägten Zügen, dich
ten Brauen über fcharfhlickenden,
hlaugrauen Augen und vorzüglich gu
ter Gesichte-forde; ihr volles, graues
Haar war iiher die Ohren herabge
tämmt. Jhr dunkelrothes, schweres
Seidentleid, die weiße Spitzenhauhe
mit dunkelrothen Schleifen und der
weitre Kaschmirshawl waren offenbar
siir diese Gelegenheit angelegt worden;
dagegen gehörten das große Diamant
lreuz. welches unter den Spitzen an
ihrer Rede hervorschimmerte, wie auch
vie kostbaren Ringe an ihren Fingern
und die langen Ohrgehänge von Per
len und Diamanten in den Ohren zur
tillltaagtrilette der Dame.
Die briden jungen Männer wurden
von Frau Reoeloworth, als sie sieh
---I- ----- -J-4...--"---si 4.-k-.- m--i
sIUW LIIILI UUUIUUINIIUU llksssc VSIULIL
aung ihr näherten, erst einer scharfen
Musterunq unterzogen. ehe sie ihnen
ihre aelbe, runzlige Hand, derenGriff
jedoch noch sehr sest, zur Begrüßung
reichte.
»Jetzt Euch!'« aebot sie. .Bettii,
schieb· inal zwei Stühle heran! Es
aefchiebt dae nicht etwa aus demGruns
de, daß mein Sehoermiigen schwach
geworden —- dentt das ja nicht —
iondern nur« weit die Sonnenstrahlen
direct bereinfallen und blendet, und
« da läßt sich nichts deutlich erkennen.
Jbr seid also Dudley’s ·« ungen —- in
Deinem Fall,« sich an - udleii wen
dend, »launi zu bezweifeln. Du bist
ieder Zoll ein Revetsworth —- große,
kräftige Gestalt, breite Schultern, helle
. Farbe, blaue Augen, kurz alles· Als
ich noch ledig war, da hätte ich Deinen
Vater lieber geheirathet, als den Cou
sin John, obgleich ich ein gut Theil «
alter war als beide. Und das ist der
sranzötische Junge? hat nicht diel von
den Reveloworthot Wie haben sich
Dudley und harold nur in den Sinn
toinnien lassen. Auslanderinnen zu
heirathen?! Du siehst beriniit lich Dei
ner Mutter ähnlichi« fragte Viktor
in barscheni Tone.
»Nein, Madame; ich hedaure, sagen
zu müssen, daß ich meiner Mutter, die
» sehr hübsch ist« nicht ähnlich sehe.«
«Jem. hilft wahrfcheinlich mit
Schönheitsinitteln nach, wie die Mehr
zahl der Französinnenk
»Hat sie nicht niithi wars Dud
leii rasch ein, da er in Jittors Antlitz
Äornesriithe bis aus die Stirn auf
steigen sah. »Mit-its Mutter. ineine
Stiefmutter, die inir aber eine rechte
Mutter gewesen ist, iit so außerordent
lich hübsch, daß sie keiner Kunst zur
Erhöhung ihrer Nei e bedars.«
»Ach hat sie also auch riiniges
triegtt« foöttelte die unangenehme alte
Dame. Und waruin ist denn dieses
leuchtende Vorbin von einer Frau
nicht mit Euch nach England gekom
. inen ?«
»Weil sie die Engländer und deren
Art und Weise nicht liebt."
»Die meinige meinstDii vermuthlich
damit!" beriehtxe Frau Reveldworth
UHI lIIsIlll EIN-Ists »JW VIII UWL Ia
alt, meine Manieren sranzösieren zu
lassen. Sie haben mir seit satt achtzig
Jahren gute Dienste aeleistetk
»Du bist eine Katze.« schrie urplötz
lich der graue Papagei mit schriller
» Stimme. und rasch duckte Bettes ihren
Kopf hinter Frau Reveiöwdrth«s
: Stuhl, um ihr lachended Gesicht zu
verbergen.
»Von Simpion hörte ich,« fuhr die
alte Dame, die Unterbrechung nicht be
achtend, sort, »daß Jhr beide Euch
in Paris den Lebensunterhalt mit Un
terrichtertheilen oder Fiedeln oder
Stribieren oder sonst der leichen der
dient habt. hat die Federsuchserei diel
abgerunrsenim
»Wenigsteni ausreichend, um uns
unabhängig zu machen,« dersehteDuds
eh.
«Pabperlap! Keiner ist unabhängig,
der nicht eine beträchtliche Einlage bei
der Bank hat!« widersprach eine
Tante. »Unabhängigteit, das ahr
hindurch aus Nichts basirt, ist einsach
salscher Stolz.«
»Du bist eine Katze!« schrie der Pa
paaei wiederum dazwischen.
« «Betty, mirs die Decke iibers den Kiis
sta! ·- Warum habt Jhr Euch in all«
den Jahren nicht an· Eure Verwand
ten in Enalaud gewandt? Und wa
rum sind Euer Vater und Euer Ontel
hardld während der leiten zwanzig
Jahre nicht um Unterstützung bei mir
eingetommem statt sich in einem stem
den Lande todt zu arbeiten und hei
dinnen zu heirathen?«
(Fartsehung solgt.)
Aus einem Roman.... ehe er sich
dessen versah, verseste sie ihm eine
schallende Ohrfeige und treischte mit
vor Wuth erstickter Stimme: Fort
teduna feint.