Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 08, 1901, Sonntags-Blatt, Image 14

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(15. Fortsetzung.)
Dieser erfolgte denn auch in Gestalt
einiger Töpfe und Teller, die vom
Bart herunter an Billas Kopf vor
beisiogen. Aber sie hantirte ruhig
weiter, der Angrisi war scheinbar aar
nicht bemerkt. Und als dann der Ba
ron die also bereitete Mahlzeit mit
ganz besonderem Appetit verspeiste, da
war all die eben erlebte Unbill bergei
sen. ein glückliches Lächeln lag aus ih
rem Gesicht.
Es wurde behaglicher im Hause.
Ixiihmorgens, wenn alles noch schlief,
denn beide Diener waren keine Früh
aussteher, dann stand Billm wie sie es
vom Falkschen Hause her gewohnt;
war. und scheuerte und putzte, unt-;
aW erhielt-abs, was Ia langes
des -Simlh entstellt gewesen war, den
aiss Ganz Viedey die schönen Mö
beispiend stinkenden Gerathe entstan
den need-Ist tu der sriiheren Pracht.
Hin Strauß Blumen stand ietzt
Wi aus-dem Tisch des Kranken.
Z hatte er ihn öraerlsch beiseite
a und behauptet, er hinder
ihn K freier Beweaung und raubt
ihm den Rich. Billa stellte ibn aes
baldig au einen Seitentisch. aber sie
sitllte di ase immer wieder vor
negäinit duitenden Blumen.
, wenn durch die nicht med
blinde-h sondern jeht weit geöffneten
Fensterscheiben der Sommer herein
gkiißie. dann nahm der Baron versteh
ten die Vase vom Seitentisch und be
schaute die Boten des Sommers wi
eiwaj Ziege-es lange nicht Gesehenes.
a anz mgessen. daß es da
sit-Eben »F eine Welt de: Schönh-n
und des dulsierendenLebens b: über
sättigt und trank, haxte er »Ö, erbit
tert darkeber. daß er das Leben nich:
Mehr in Tdet gewohnten Weise ansie
ten konnte. aus der Welt zurückaeios
jen; und so war er ein einsamerMann
net-vordem denn seine Bekannten stiesk
«er-zuriick, wenn sie ihn aufsuchen woll
«·ten. Und nun lant diese Welt soci
wieder zu ihm und zeiate ihn« ihr la
chelnus Gesicht. Sehnsuchtia fchweifte
sein Blick hinaus. zum blauen Himmel
und den borübersegelnden Wolken ent
por. Aber auf dem Biichassplatz snb
Inn nichts von der blühenden Pracht
Was draußen. ringsum steinerne Häu
ser- und einige spärliche Bäume. Wie
lange war et nicht draußen gewesen!
- Und als wenn Billa seine Gedanken
creiete, sante sie: «Wenn Sie sich nun
in einer Sänfte hinaustrnaen ließen
in’s Gattrufeld oder in die Anlagen
der ehemaligen Favorite« hell-«
»Damit man sich iiber den elenden
Krüppel lustig macht, nicht wahr?'«
Sosten denn die Menschen wir!
lich so schlecht sein?« waateBilla zu er
leiden-. »Ich graut-is nichts
llnd nun geschah das lanae nicht
Dagetpesene, daß der Baron eines-Ta
ges die Sänfte befahl, und dann lanae
auf einer alten. halb verfallenen Bank
im Pakt der ehemalian Fadorite sas3.
Es war wohl manch bitterer Ge
danke, der sein Hirn treu-ite, als er
hinausblickte in die schöne Landschaf·
und dann seine nächste Umgebuna mu
sierte, die so sehr die Wandlunan der
sit erfahren hatte. ·
Wie anUts war auch hier alles ge
mdenl Das schöne Lustschlosz mit
sM Padillpnö bis aus den Grund
zerser die reizenden Blumen-arm
res verschwunden nnd verschwunden
ver-allein die Menschen, die hier im
disk-Leben uß aeschivelat hatten.
« M M er das Rauschen der
Speingorunnen, das Lachen melodiö
see Frauenstimmem die halb hinter
den hohen, coulissenartia geschnitte:
nen Taxnswänden verborgen, in lusti
geen Dutcheinanoee oder in zärtlichem
Zwiegespräch wonnige Stunden durch
lebten.
horch! Kniftette da nicht ein seide
nes Gewand, klapperte nicht am zier
lichen Fuß ver Stöckelschuh? Nein, sie
waren alle fort, viele von ihnen schlie
fen schon den ewigen Schlaf. Ver
funten war die ganze Herrlichkeit, nur
noch die alten Bäume, die über feinem
hanpt raufchten, waren die einzigen
Båkeebleibsel jener stolzen Vergangen
Dvst unten, nicht weit von dem
schönen Fürstensitz, jene unheimliche
Maschine. zwischen deren drohend em
gehobenen Atmen das blanke Mes
et klinkte, hatte sie hinweaaefeaL Sie
waren vor ihr aeflohen, die einit hier
lacht und gescherzt, geliebt und ges
Ist hatten.
Die Wandlungen det Zeit!
Und et, hatte et nicht auch diese
Wandle-eigen nutchmachen müssen?
Ida-als war er jung nnd gefund, schön
Ins been-Um MU. Mach lustiges
; jme evii chmden Tex
; M eilest n — chenwar et ein
L LW Wbeesiimnt kam et nach
Etfkifchungen vie
acht- ieveit hielt, nahm ex mis
W M Leise-d
zsss sit- nd W seit-ich gem
kaswswcs von-vka kw IM »
sen. sagte er. Natürlich, er hatie es ja
gleich gewußt, aber nun werde er nicht
wieder aus so ihörichie Rathschliige hö
ten.
) Die Bersiinrmung hielt an nnd am
nächsten Tage war er noch worttarger
lalsssp Mr
; Er wollte Geld aus seinem Sekte
s iiie nehme-s der in der Nähe des Zen
stets stand: er lämpste lange snit dem
Entschluß denn es war ejn schwieri
ges Unternehmen, er mußte sich nsiiiz
sant auf seinen Krücken dorthin
schleppen. Aber sein Mißtranen er
laubte ihm nicht, einen anderen damit
zss beauftrageu
Damals als Ban zim ersten Mrls
mit einem Austrag au- dem Falls-den l
Hause kam, durfte sie das Gehei: niach4
öffnen, aber er hielt sie auch siir eine
Verwandte des angesehene-i Kaus
rnanniL Doch jetzi« da er ihren Ur
sprung kannte, die Tochter der Eva
Zech, die nur durch den Tod schwerer
Kerlerhait entgangen, an der mußte
ia etwas haften. Die Erbschaft des
Blocke-ZU
Hätte ihm Jemand aesaat, dafBNJa
doch auch auf die Eil-sanft seines
Blutes Anspruch mach-is könne-, so
würde er diesen Gedanken entrüstet
von sich gewiesen haben. Das edle Rei
fenbergsche Blut gehi nich: auf jedes
gemeine Reis über. es ist so teservirt
wie das name G:scblecht.
So schleppte er sich mühsam bis zii
seinem Selretät, aber vie schwachen
Füße versanken den Dienst, er glitt
aus und siiirzte zu Boden
Lfl- s: I- III- Q----—--- —:ä -:
Cluus ULI Issl JIIUTOIDIOOIUIOID Usss II
ner Art-seit aefessen hatte, eilte vers-eh
Auf ihr Ruer und Klingeln erschien
Niemand, der Diener war wieder auf
und davon, die Köchin schlief den
Schlaf des Gerechten
Billa ftrenaie alle ibre Kräfte an
um den Kranten auf sein Ruhebett zu
drinnen, und endlich gelang es ihr.
Und nun umfaßte sie ihn wie eine
Mutter ihr Kind. Es aiebt so viele
Hilfsmittel, die dem Leidenden wohl
:hun, und wenn sie ihm auch nicht
helfen, doch lindernd wirken. Bill:
kannte sie alle, und als er jeht von
ihren sanften Händen gepflegt wurde,
da wurde ihm fo wohl wie seit lange
nicht, und er fagte: »Ich danke Ihr :
Billal« Zum ersten Mal nannte er sies
bei ihrem Namen.
Einiae Taae später befahl er wieder
die Sänfte. Ader er verlangte, das-«
Sidan voraussehen müsse, um ihrs
an dem bezeichneten Platz zu erwarten l
Ihm hätten neulich Erfrifchnngen ac- s
fehlt, sowie wärmende Hüllen undl
Dei-ten: der Diener fei ein THlpeL das-«
müsse sie doch wissen.
Das wurde in strengem Ton ge
sprochen, eigentlich mit einein Tadel
aber Sidan lächelte froh, als sie sieh
zum Ausgang riiftete.
Diesmal saß der Baron nicht ein
sam und verlassen unter den alt-m
Bäumen der Fadorite, an sei
ner Seite war eine schlanke
Mädchengestalt, der große Schäferhm
beschattete ein holdes, zart geröthetes
Gesicht, und der Baron sah aufmerk
sam in dies Gesicht, während ihm das
Mädchen oon feiner Kindheit erzählen
mußte, wie es in das Falkfche Haus«
actornenen war, und von da ins Klo
ster· Und während Billa sprach, da
machte er die Entdeckung, daß sie ein-.
sehr sanfte Stimme habe. die seinen
reizbaren Nerven wrlslthat Und dazu
tan! ihre parte Sorgfalt. Er sanan
weichen Kissen qeftüst und von war
mkk Web-I ismfsiillt nnd nns ein«-s
Körbchen kam eine Flasche eblenWeinE
zum Vorschein und ein appetitlicher
meiß. —— Von diesem Taqe an wur
den Die Augfliige häufig wiederholt-—
Jm Hause gab es eine Palaitrev«:
lution. Der alte Strohwifch erklärte,
nicht länger im Dienst des Herrn blei
ben zu wollen, wenn die fremde Per
son nicht gehe, die ja bier alles auf den
Kopf stellte und die herrschaft an sich
» gerissen habe. Der Herr aß ja nur
H noch die Speisen, die von der Jungfer
bereitet waren, er zeigte feinen beiden
alten Dienern Mißnauen und leate
alles in die Hand der fremden Nersom
die. man wußte nicht woher, plöslich
in’j haui efchneit war. Das ging
wider die E re einer respettablenFrau
Was sollte sie noch hier? Sie wollte
Fort, entweder sie oder die fremde Per
on.
Die Frau glaubte damit ihren leh
ten Trumpf ausgespielt zu haben, um
so mehr, als der Baron der sonst iede
ihm mißfallende Bewertung mit einem
Donnerwetter ablchnitt, diesmal den«
ganzen Wortschwall ohne eine Ent
gegnung ruhig über sich ergehen ließ.
sit Sie nun sertigf« fragte er ganz
fan t, als die Frau reit schwieg. »Na,
dann hole Sie mal die Billa berein.«
Triumsbirend rannte die Pear
davon, um bald darauf in Bill-It -
gleitung zuriiazukebren
«So, nun Just Euch mal beide vor
den Seit-Hi ·
Frau tbrtn machte eine se
II
wegung, als wolle fie fagen. »der Derr
ist dereiiettl« Auch Ban gehorchte mit
etwas erfiaunter Miene.
»Seht Sie da nicht einen alten
Drachen neben einem jungen, fanften
Geschöan Schau Sie sich nur recht
an und dergleiche Sie sich mit der an
deren.«
Frau Kathrin glaubte vor Wut zu
ersticken; hochroth itn Gesicht. ssemmte
sie die Arme in die eSiten und wollte
in eine Flut von Schimpfreden aus-:
brechen. Da hob der Baron den Stock
und rief mit Donnersiimme:
«.ßinaui. und lasse Sie sich nie wie
der hier dliclen.«
Da ftiirzte sie davon. mit Ver
wünschungen die Ihiir hinter sich zu
schmetternd.
--—
Vierzehntesgauitel
Die Zeiteteigniffe nahmen unauf
haltfani ihren Fortgang. Jn Dresden
) hatte Napoleon feine große europiiifche
l Musterung abgehalten, fafi alle Flie
sten Europas waren feinem in Form
einer Einladung an sie ergangenen Be
fehl gefolgt. Dann war er weiter ge
zogen, nach dem Osten, feinem Schin
fal entgegen. Und bald hallte die
Welt wieder von den neuen Siegen der
großen französischen Armee,.die Ra
men Smolensk, Borodino waren in
aller Munde. Wo war die· Grenze
die diefekn uniiberwindlichen Mann ein
Halt zuriefL Fin ihn gab es nicht den
giaßftad eines gewöhnlichen Sterbli
en.
So schrieben die Zeitungen nnd so
iubelte die grofie Menge. Aber Tan
fende gab es, die mit bang tlopfendem
hereen die Berichte der blutiacn
Schlachten lasen, denn sie hatten An
aehörige dabei und wußten nicht. ad
sie ihre Lieben jemals wiedersehen
würden nnd wenn-sie wiederkehrten,
dann waren sie vielleicht elende Krüp
nkl III ballt- Iob In msckjilstm
Grimm manche Faust, da wurden «.vis
schen zusammen gebissenen Zähnen
Verspijnfchunaen augaeitoße auf den
vaeratosz der feinen ehrgeizigen
Plänen alles opferte.
Und weiser berichteten die Zeitun
aen, daß diee aewaltiqen beersiiulen
des Kaisers- die Russen wie Spreu no:
dem Winde bertrieben. Napoleon war
in die alte Zarenitadt eingesogen, vom
Kreml aus diltirte er der Welt feine
Gesetze. Das llnaebeure war gesche
hen, das Hm Rußlandj war in den
Händen def- Franzosenloifers. —
Durch alle Beamten- und Münst
treiie. die unter dem Schutz des fran
sösiichen Adel- sianden, aina ein Ju
belschrei, und auch in Mainz suchte
Jeder, der sich zu den maßgebenden
Kreisen käute feiner Begeisietung auf
aeriiufchvolle Art Ausdruck zu geben.
Und damit auch das Voll und die klei
nen Büraer theilnehmen lonnten an
dem allqemeinen Jubel. wurde Geld
unter die Leute vertheilt. Die Rheing
länder sind ein leichtlebigei Völkchen.
die lachende Natur und der avldfuns
lelnde Wein lassen das Blut schnelle:
durch die Adern vulsieen.
Da gab es im Schießgarten, der da
maligen Bvckzbatterie, arn Ende der
jetzigen Schießtzartenfiraße, nach lan
ger Zeit wieder einmal ein großes
Schüsenfesn wer den Meisterschuß
that, der erhielt ein werthvolles Ge
schenk. « Hölzerne Baden luden zum
Ausruhen ein, dort wurden Erfri
lchungen und wärmende Getränke ge
reicht.
So vergaß man für kurze Zeik die
diiiteren Sorgen und träumte sich zu
rück in die schönen Jahre. da die Kur
Its-Z-- I-;-- Dis-'s- SIAI SICH-II »so-R IZO .
großen Adelsfamilien in ihren PI
lüften wie Fürsten lebten.
Damals gab es für den Biiraer noch
etwas zu verdienen, und er tonnte sich
des Lebens freuen.
Inzwischen tnallten die Schüss
und das Jubiliren nahm tein Ende.
Den vornehmen Stünden gab der
Gouverneur von Mainz, General
Moment, ein großes Fest zu Ehren
des Einzugs Napoleons in Most-m
Da waren alle Behörden unxs risi
ciellen Persönlichteiten der Stets: und
ihrer Umgebunq oerstmmelt, um den
»--- ,
’ Kaiser, der seinem Ruhmes-traut wie
der neue Lorbeeren hinzugefügt hatte,
zu feiern, und wenn auch mancher, der
schwer unter den Zeitverhältncssen zu
leiden hatte, der Aufforderuws des
Marschalls nur widerwillig folgte, so
wagte er doch nicht, dem Fest fern-tu
bleiben, denn man war leicht Ver-Eih
tigunaen ausgesesh und oft qenügte
ein Wort, ein Blick des Mihtrauens,
um den also Verdiichtigten in folge
schwere Ungelegenheiten zu bringen.
Jn den glänzenden Sälen des Gou
vernements am Thiermarlt machte der
Marschall in etwas steifer, feierlicher
Weise die honneurs als Wirth. Es
waren ziemlich bunt zusammengewür
felte Elemente, die durch den Zwang
der äußeren Verhältnisse sich der All
gewcrlt beugen mußten. Die alte Grä
sin Coudenhove, einst die Freundin
des lenten Kurfiirstem sah aus wie
die aus ihreanrabe auferstiegene Ber
gangenheit, wenn sie in ihrer Maschi
gen Rotototracht die Vuloigungen der
Gäste empfing. Sie hatte ei über
nommen, neben dein Marschall die
Stelle der hauifrau zu vertreten, und
sie erfüllte diese Pflicht mit allen den
umständlichen Formen des alten MS
aime. Doch als Stern unter denH
Damen glän te die schöne, geistreiche
Orilsin von rein-int, einst eine Fein- «
bin des Kaiseri, und von diesem nicht
sehe rückfiehtsdpll behandelt, jekt aber
als Voll-erst Freundin natürlich, wie
——l
J
man annehmen mußte, eine m Ra
poleon’s Andiingerinen.
Wie konnte das wohl anders sein!
Idee GroßherzogMdson Frankfurt lag
Ia dein grossen ann duchstiiblich zu
Füßen, er betete ihn an.
,Wirtlich, mein Generals« sagte
Fauche, der Herzog von Otranto, zu
Marmont, der eben diese Ueußernng
gethan hatte. indern lein Tuchtgesicht
sich zu einem maliciösen Lacheln der
zog
Der Marschall sah den Polizeiminis
ster verständnißlos an. »Wissen Sie
es andere-? skagte et in maßlosern Er
staunen.
Doch Fouche antwortete nicht, er
hatte sich dein glänzenden Kreise ange
schlossen, der sich um den Großherzog
von Frankfurt, der natürlich bei die
sem Fest nicht sehrte, schaartr.
Dalberg war heute von geradezu
bestrickender Liedenswiirdiateit Bei
der Tafel hatte er als der Vornehmste
des Abends eine begeisterte Rede ant
den Kaiser gehalten, die in ditlzoranrbii
schen Worten seine seit dem Bestehen
der Welt nie erreichte Größe seierte.
Seine Stimme brach vor Rührung.
als er das Glück betonte, ein Zeitge
nosse dieses Mannes zu sein, er vergosz
sogar einige Thrönen Und während
die Chamtiagnertelche zusammenklan
gen, spielte die Musik einen Tnsch und
aing dann in eine Jubelhymne iiber
die Dalberg eigen-Z zu diesem Tage
componirt hatte.
Nach der Tafel führte Dalderg seine
junge Freundin, Madeleine de Fre
mont, zu einem von blühenden Ge
wächsen umgebenen Sitz, der dadurch
etwas isolirt wurde.
Jn feiner liebenswürdigen Art sagte
er zu dem Grafen Coudenhooe, dem
Neffen der alte-n Griifin, der sich »ar
rade mit Madeieine unterhielt: »Si
miissen es einem alten Freunde schon
verzeihen, lieber Graf, wenn er jedt
das Vorrecht seiner Jahre geltend
macht und Ihnen unsere schöne Grä
iin auf ein Plauderftiindchen entführt.
Der Großherzog hatte heute noch keine
Zeit, seinem Herzen zu folgen, nun
macht Karl don Dalherg von diese-n
Recht Gebrauch. —
»Ein charmanter junger Mann.u
iaate Talberg, dem Grafen, der
sich mit tiefer Verbeugung zurück
zog, freundlich nachblickenih »ich
alaube, er verehrt Sie sehr. liebe
Lennj Das stammt noch von früheren
Zeiten her, und der Nefse unserer lie
ben, alten Griifin wäre leine schlechte
Partie für Sie, er foll am Wiener Hof
sehr beliebt sein. Aber ich glaube, un
iere Lena will sich noch nicht wieder
binden,« fii te er au; eine ablehnende
Bewegung r Grii in hinzu, »over
rväre vielleicht ein anderer der Bewi
denswerthei Was ist ei eigentlich mit
diesem Freiherrn von Greiffentlau?
Ei, ei,« drohte er lächelnd, »meine
schöne Lena errötet, nnd doch —- ich
hiitte doch noch etwas Besseres fiir mei
nen Liebling gewünscht Greifsenllau
soll ein Sonderiing sein, seine philan
thropischen Neigungen führen ihn zu
den wunderlichsten Dingen. Man er
zählte mie, daß er Fahnenfliichtige,
oder sagen tvit vielmehr Deserteure,
die aus dem iaiserlichen Heer entwi
chen, in feinem Schlosse im Rheinqau
verbirgt, daß er in diesem schönen
Schloß sogar ganze Familien, die An
gehörigen dieser dern Gesetz verfallenen
Leute« unterhält, es gleichsam zu einem
Armenhaufe oder Spital herab-dür
digt· Wenn das mein al:er Greifer
kiuu, sein Oheim wüßte« mit dem ich
in Würzburg viel verkehrte, ich glaube,
er drehte sich im Grabe am.'«
»Es ift manches start übertrieben,
Hoheit," erwiderte Madeleine, indem
sie den Fächer auseinanderfalieie unv .
sich Richtung znweb:e. »Wie sie wis
sen. erbte der Freiherr, der bisher
nichts als ein kleines Gut von feinen
Eltern besc. , kürzlich dass alteEtamnr
schloß der ,a:nilie im Rheingau von
seinem Obeirn, der tinderlos starb
Die großen Raume stehen leer, er
braucht vielleicht Arbeitskräfte für die
augaedebmen Besitznnaen, was weiß
ich. ----- Bedrnten hoben, daß der Frei
berr in Amerika sich andere Anschau
ungen angeei net hat, als sie in Eu
ropa übtich ind. Die Verhältnisse
formen tie Menschen -——'« »
»So soll der Baron doch etwas dor
sichtiger fein,« unterbrach sie Dalberg.
»Man kennt bier zu genau feine Ver
gangknbeih snan weis-« daß er früher
an erschwörun en gegen den Kaiser
beteiligt war. arum sieht man ihn
niemals in maßgebenden Kreisen, wa
rum seblt er heut bei diesem offiziel
len st? Eine Persönlichkeit wie
Grei fenklau kann nicht unbeachtet
durch die große Menae gehen, eh, dieser
Mann bat In feinem Wesen etwa-,
was, wie soll ich sagen, Leute« die es
gewohnt sind, geregelte Bahnen zu
wandeln, leicht abstiifkt, zumMisztrauen
reizt. Man fragt sich, ist die schroffe
Art, mit der er oft bochgeftellten, ein
sluszreichen Personen entgegentritt,
Wahrheit oder Maske? Er soll vorsich
tiger fein, sich mehr den herrschenden
Verhältnissen anpassen. Sagen Sie
ihm das, liebe Lena.«
Lena antwortete nicht. Vor ihrem
Geist stieg die imponireride Gestalt ;
Greiffenktaus auf, sein energischer
Mund, die scharfen, durchdrin enden
Au en, die jedem bis aus den rund
der le zu sehen schienen, und dann
sab sie in das lächelnde Diplomaten
gesicht Dalbergi, das in diesem Au
enblick etwas Lauerndei hatte. Es
iel plö lich wie ein erleuchtender
Strahl n ihre Seele, daß jener Mann
mit seinem oft sinfreren, chrolffenWe
en nnd einem von Wen chen tebo er
itllten Versen thurnt über allen
den Menschen siand, die ihn mit ihrer
Berleumdung begriferten.
Und doch. was trug ihm dieseerts
oerachtung, diese Seidsiaufopieruna
ein? Die Feindschaft und den Spott
der Andersgesinmem und das war die
Mehrzahl in der Welt. Und aus die
fem fühl heraus sagte sie: «Grer«f
fenllau ifi ein edler Mann. Hoheit
aber er ift ein Jdealift, unpraitrfch -—«
»Man fein,« unterbrach sie der
Großheron »was geht mich schlteßs
lich dieser Freiherr an? Jch mdchte
aber daran noch eine Warnung knü
pjen. Sie, meine liebe Lena. sind
eine geistreiche, iemperamentvolleFrau,
eine Auserwählte hres Geschlechts-.
Aber diese schönen igenichaften ha
ben auch ihre Gefahr. Sie sind zu
impulsio, »ma chere", lassen sich allzu
leichi von Jlkrem Temperament fort
reißen. Jch iirchte, auch Sie sind ein
wenig zu weit egangen, haben sich
vielleicht sogar chon kompromittiert.
s- Machen Sie nicht ein so erschreck
tes Gesicht, mein Kind,« fuhr er mit
feinem liebenswürdigsten Lächeln im
leichten Konverfationston fort, »Sie
wissen, man beobachtet uns genau.
War das nicht ein geheimer Agent Kö
ni Bernadottes, der Sie neulich ver
lie , als ich Sie im Schwan zuFranls
furt besuchte? Sehen Sie wohl? Jch
fürchte, Sie haben sich da in Dinge
eingelassen, die Jhnen über den Kopf
wachten werden."
»Aber Hoheit!« wollteMadeleine auf
das höchste befremdet erwidern, doch
der Großherzog ließ sie nicht ausspre
chen
»Man lann wohl ein wenig feine
Fühlhörner ausftreckm damit man nn
mer .au sait« ist und den Menschen
ein.Parolin biegen lann, das ist so
gar siir den Fürsten nothwendig, so
wittert er die Gefahr, noch ehe sie
wirklich Ja ist. Jch weiß, daß ich
meinem angebeteten Kaiser auf diese
Weise am besten diene und Deutsch
lands Wohl dabei im Auge behalte
Aber ich möchte keineswegs von mir
sagen lassen, teure Madeleine, daß
ich mich mit den Feinden dieses erha
benen Mannes, dem jetzt eine ganze
Weit zu Füßen liegt, verbunden habe
Wie stände ich dann in seinen Augen
da? Denlen Sie immer daran. Denn.
liebe Gräfiu, ich miiszte mich ja sonst
oon Ihnen zurückziehen, und das wäre
schade um unsere alte Freundschaft.
--— Sonst aber, teuerste Lena, hin ich
wie immer Ihr treuer, väterlicher Be
schützer, aus den Sie allezeit zählen
könne-U
Der Großherzog war ausgestanden
mit einem liebenswürdigen Scherz. ei
ner geistreichen Phrase auf den Lip
pen. auf die Lena diesmal nur eine
tiihle Antwort hatte.
Was hatte ihr Dalberg heute ge
sagt? Eslag eine ganz bestimmte
Drohung in seinen Worten.
CFortsehung solatd
»Ich rate- nicht«-.
Wer hätte die inhalisschweren
Worte »Ich tann nicht« nicht schon
selbst ausgesprochen oder sie von An
deren gehört! Und doch sollte teineFrau
sagen, dies und jenes tann ich nicht,
denn sie muß es tönnen, und damit sie
das Ziel erreiche, ist es nöthig. schon
das junge Mädchen daran zu mäh
nen. vor nichts zurückzuerschre en.
Beherrschung, das ist es, was wir
uns aneignen müssen. Beherrschung
und einen festen Willen, der durch teine
Aeuszerlichteit beeinträchtigt wird, der
sich durch nichts beirren läßt. Jn dem
Leben der Frau, die oon dem Ernst ih
rer Pflicht überzeugt ist, kommen so
viele Momente vor, wo sie ihre Stätte
beweisen und mit gutem Beispiele
vorangehen muß.
Ertrantt sum Beispiel ein Kind
wo die sorgfältigfte Pflege nothwendig
wird, und die Mutter zieht sich zurück,
weil sie meint, es nicht mit anfehen zu
können, wie ihr Liebling leidet, und
auch nicht imstande wäre, die Vers-d
nungen des Arztes ausgufiibrem ---
wie traurig! Ein weiches, mitfiihlendes
Herz ist etwas Schönes, aber nur«
wenn der richtige Gebrauch davon ge
macht wird; die Frau muß in vielen
Lagen des Lebens eine gewier Härte
zeigen, sie muß, weil oftmals nöthig,
ihr wahres Gefühl unterdrücken und
nur erfüllen, was die Pflicht von ihr
erfordert.
Nicht Krankheiten allein sind es, wo
der Frau Gelegenheit geboten iit, zu
zeigen, daß fiir sie die drei Wörter
»Ich kann nicht,' nicht maßge d sind·
Der Gatte. der zum Beispiel bt her in
den besten Verhältnissen lebte, hat
plählich große Verluste, er kann daher
nicht mehr gewähren, was er sanft fiir
den haushalt zur Verfügung stellte.
Darf da etne Frau, die von ihrem ho
hen edlen Beruf als Gattin und Mut
ter durchdrungen ist« fagen: »Ich kann
mich in kleinere Verhältnisse nicht hin
einfinden?' Nein. sie muß sich darin
fii en und hat außerdem noch die
Pfiicht, den Gatten nicht merken zu
lassen, wie schwer ej ihr fällt. ihren
Lieblingibefchäftigungen zu entsagen.
Bringt sie wirklich ein Opfer, fo
darf sie es trohdem nicht zeigen, son
dern soll mit freundlichen, kroftreichen
Worten den gebeugten Gatten auf
richtem ihm die Sorgen fitr den haus
hat durch freudiges Entsa en so viel
wie mäglichgu erleichtern uchen. Jhk
eigenes »Ich muß dabei allerdings oft
» zurückstehen; doch wurde dies von Fu
; end aus geübt, o fällt es nicht als-iu
chwer, auch wird der Dank fiir i e
hun nicht ausbleiben. Mit der grä -
ten hochachtung und Bewunderung
blickt der Gatte auf eine solche Frau,
und mit frischem Muth und Vertrauen
be innt er von Neuem zu schaffen fiir
fe ne Lieben.
ste Ite Geists-der m Odem t
tte Hase sehe-.
Aus London wird unterm so. Sept.
geschrieben:
YEin stübererMittiimpfer der Buren
SICH btkkiksch von Lotenzo Marqnes
eine interessante Schilderuns von der
Niederlage der Engländey Hche diese
Mitte Juni bei Walmantusi is- Mid
delburgthezirte (Transoaal) erlitten.
Wir entnehmen dem Berichte die sol
genven Einzelheiten:
Sobald die Englsnbee Fiiblung mit
uns bekommen hatten, sandten sie gleich
ein Regiment und zwei Batterien gegen
uns ab, und wir mußten uns tiimpfend
aus unser Groo zurückziehen, ioobei un
ser Rommandant es vorzüglich ver
ftand, die Engländer iiber unsere
Stätte zu täuschen. «
Die Engländer nahmen dann die
von uns verlassenen Positionen « mit
einem riesigen Aufwand von Munition
unter Aktillerieseuer, und wenn sie eno
« lich itarte Kolonnen zum Sturmvors
ichictten, so sanden sie die Positionen
lönait geräumt. So ging es 4 nge
hindurch, und daß eine solche Kampsesi
weise einen Feind auf die Dauer er
müden und nbspannen mußte, ist llar
Durch unser iminerwahrendes Zurück
weichen sorglos gemacht. ließen sie sich
in einen langgestreckten Thaltessel
locken, an dessen äußerstem Ende ein
Geschiitz so postirt war, das; es das
nanze Thal beberrschie. während ·bie
Höhen dicht mit Bucen und mit leich
ten Geschiitzen besetzt waren. Ante-·
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bar, marschfertia am Ende des Thale-a
aufgestellt. um sie beim Vorriicken der
Englander fofort aufbrechen zu lafsen
und diese so zur Verfolgung zu ver
anlassen.
Die List gelang vollkommen. Wir
zoaen uns fechtend in diesen Thalkesss«l
zurück. nahmen Position, wo wir konn
ten, retirirten, nahmen wieder Posi
tion, während die Englander heftig
nachdrängten Als sie dann unsere
Wagen bemerkten und sahen, wie diese
schleunigst aufbracbem da flogen die
JAdjutanten uno Meldereiter nur so
über das Feld. und es dauerte nicht
: lange, da rückte Kaoallerie heran, Ar
tillerie kam daher gerafselt und die Jn
fanterieRolonnen krochen wie riesige
Raupen in beschleunigtem Tempo über
die gelbbraune Grakflöche, alles hinein
» in den Kessel.
Wir geriethen in Gefahr, überritten
zu werden, so wild waren die Englän
der darauf, die Wagen abzufangen
und wir konnten uns nur durch fort
aesestes Schnellfeuer fchiihem wodurch
wir sie zum Stehen brachten. Die
»Mounted Jnfantery« saß ab, um
sorungweise vorzunehm, und diesem
Umstand benusten wir, um wieder
aufzusitzen und in voller Karriere da
vonzujaaem verfolgt von den sieges
trunkenen Reitern und den Kugeln der
Schuhen.
Da endlich stieg die lange erwarte:e
Rauchwolke vor uns auf. Die Kano
nen fingen jetzt an, ein Wörtlein mit
zureden« ein dumpser Donner, das
sausende Geräusch der über uns hin
weafliegenden Gefcholse und wie mit
einem Zauberschlaae wurde es auf den
Höhen lebendig.
Stett waren wir für eine Weile die
Zuschauer in dem furchtbaren Theater.
Wir sahen die Granaten in die Kaval
leriemafsen einschlaan, die Artillerie
machte kramufhofte Versuche, abzu
protten, aber Granate auf Granate
sauste hernieder und Pferde und
Mannschaften bildeten wirre Knäuel
Die Jnfanterie versuchte sich zu ent
wickeln, aber Alles rannte wild durch
einander, scheu aewordene Pferde und
Maulthiere erhöhten noch die Verwir
runa, und in wilder Flucht sah man
Alles dem Ausgang des Thales zu
strömen. Todte und Verwundete be
deckten das Feld, ein Munitionswagen,
in den eine Granate gefchlagen war,
floa mit furchtbarem Krachen in die
Luft und richtete entsetzliche Verwüst
una an. kurz, es war eine vollkommene
Niederlaar. Da erikklIm VII UUF W
erste weiße Flagge. Unsere·Bedranger,
die allerdings auch TM MMSMU AUT
sicht hatten, zu entkommen, waren die
ersten, die sich ergaben. Das wgr das
Signal sür die anderen, und uberoli
wurden weiße oder doch wenigstens
heae Tücher geschwenkt
Das Schieszen hörte allmalich aus,
und nun betamen die Engländer über
haupt erst ihre Genuet zu Nisus YOU
allen Seiten strömten sie von denhohen
herunter, mit gespannt-km Mauser ih
ren Gefangenen entgegen. Aber nicht
Alle. Der größte Theil blieb in der
Position liegen, um siir alle fälle ge
sichert zu sein, wenn die Ge angenen
vielleicht, wie es schon geschehen wor
die geringe Zahl der Buren eriennend,
ihre Waisen wieder ausnehmen und
den Kampf fortsetzen sollten. Mit dem
Rufe: »hands up!'« näherten unsere
Kämpfer sich den Engländern, die
pslichischuldiqst die hönde hochhielten,
und sroh waren, dem Blutbade ent
gangen zu sein. Die Gefangenen wur
den zusammengetriebem unter ihnen
Obersten, hauptleute und viele Offi
ziere, und den Wagen nachgeschickt, die
sich-schon vorher nach der Bahnlinie zu
in ewegung eseht hatten, die unsere
Oderationsba C bildete. Die ver
wundeten Engländer wurden libris
gene, einer Vereinbarung gemäß, on
eine bestimmte Stelle gebracht und dort
von englischen Ambulanzen in Em
pfang genommen. So waren wir die
Last los.«