Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 01, 1901, Sonntags-Blatt, Image 9

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Sonntags Blatt
Beilage des ,,chtaska Staats- Anzeiger und Herold«.
J. P. Windolph, Herausgehen Grund Island, Nebe» dcal Nov 1901. Jahrgang 22 No 9
Der Abtritt-L
Kriminaliiirzählung von Adolf Histlerl
Der Schwnrgerichtsiaal zu Cincin
nati ist zum Erdriicten voll. Auf der
Antlagebant sitzt William Nation, we
gen Mordeg angetlagt. Die Akten fiel
len folgendes fest:
Jn Camperdill sind des Nachts meh
frere vermummte Männer in das Haus
des Pächters Liffton eingedrungen
und haben ihn ermordet. Unter den
geraubtenGegenfländen befand sich eine
altmodifche Goldbrofche, die seltfam
und lunftooll mit prächtigem Mala
chit eingelegt war und ihrer eigenarti
gen Schönheit wegen von der Familie
Liffton als eine Raritiit aufbewahrt
wurde. Drei Monate nach dem Morde
fiel einem Polizeibeamten ein herunter
gelommener Matrofe auf, der sich auf
dem Quai fonnte und seinen Kon auf
einem kleinen Bündel ruhen hatte. Der
Polizist nahm den verlotterten Bur
fchen feft. -Man— fand beijhni die ge
raubte Malachitbrofche. .
»Wie feid Ihr in den Besitz der
Brofche gelangt?« fragte der Präsident
Norton.
»Durch einen Zufall,« erwiderte der
Angeklagte ruhigen Tone-Z. »Jn der
Seemannglneipe traf ich einen alten
Matrofen, der mir das Ding zum
Kauf anbot. Da ich gerade Geld hatte,
nahm ichs ihm ab. Das ist alles.«
Jetzt öffnete sich die Thüre und ein
schöner, stattlicher Mann in Admirals
uniform trat in Begleitung eines Ge
richtgbeamten ein. Es war Admiral
Oanfen-Niels, der sich durch feinen Be
gleiter dem Gerichtspräsidenten vor
stellen ließ und diefen bat, an der Ver
handlung theilnehmen zu dürfen. Er
habe ein erlläkliches Jntereffe an dem
Tals mpil » sinm Sol-meiner betreffe.
Selbstverstiindlich wurde ihm die Er
laubnisz ertheilt und er nahm in der
Nähe der Richterbank seinen Platz ein.
Die Verhandlung wurde fortgesetzt.
»Die Dienstleute des Ermordeten,
Lisfton," begann der Präsident, ,,haben
unter Eid ausgesagt, daß Euere Ge:
stalt, William Norton, jener des Mör
ders gleiche. Was sagt Jhr dazu?«
»Was soll ich dazu sagen? Wie tön
nen diese Leute nach nahezu einem
Jahre einen Menschen und sei es auch
nur seine Gestalt wieder ertennen, den
sie nur einmal und bei Nacht gesehen?
Ich befand mich damals noch auf dem
Meere und kann daher den Mord nicht
begannen haben."
Zu seiner Vertheidigung trat kein
einziger Zeuge aus. Alles sprach fiir
seine Schuld. Die Jury zog sich in
das Berathunaszimmer zurück, um
nach wenigen Minuten wieder zu er
scheinen und das »Schudig" auszu
sprechen.
Sobald das Wort gesprochen war,
erhob sich der Angetlagte von seinem
Sitze, hob die beiden Arme gen Him
mel und stöhnte: »Ich bin unschuldig,
unschuldig!«
Der Vorsitzende fragte ihn, ob er
noch etwas vorzubringen habe und
Norton rief nun aus: »Ich wiederhole,
dasr ich unschuldig bin. Ich habe den
Ermordeten nie in meinem Leben ge
sehen.«
Plötzlich, sich besinnend, sprach er
mit vor Rührung erstickter Stimme:
»Ein Mann könnte mich jetzt retten!
Isa, ja, der könnte es· Dank Dir Him
mel, dieser Mann ist hier.«
Ein Rauschen der Verwunderung
ging durch den Saal. Das Gefühl des
Grausens und des Abscheus, das die
Gemüther in Spannung versetzt hatte,
verwandelte sich in Bestürzung und
Theilnahme.
»Zeigt mir den Mann,« sprach der
Richter.
»Der Mann, der mich zu retten der
mag," versetzte der Sträfling, ,,sitzt
neben Euch,« und er wies auf den er
staunten Admiral Hansen-Niels.
Der Präsident wandte sich an diesen:
»Der Angeklagte scheint Sie zu ken
nen? Jst dies wirllich der Fall?«
»Nein, gewiß nicht,« erwiderte der
Admiral höchlichst erstaunt. »Ich habe
den Mann nie gesehen.«
»Ob,« fiel Norton ein, »erinnert
Euch nur, Jhr kennt mich bestimmt,
Admiral hausen-Meis«
»Das ist seltsam, dasz Jhr meinen
Namen tennt, Mensch. Jch wiederhole
aber, daß ich Euch nie gesehen habe.«
»Doch habt Jhr das. Mehr als
hundertmal. Musik« schrie er heiseren
Tones. »Ihr kennt William Norton
nicht?« -
»Ich kenne zwar einen Norton, doch
(n--«-.. ...-- J
Das Icls III-« JYL Jst-u use thue k-- »
srischer, munterer und sogar hübscher
Junge und kein so verwilderter gar
stiaek Bursche wie Jhr. Jener Norton,
ben ich lenne, wäre nicht sahia accoesen,
das zu begehen, dessen man Euch an
tlaat.«
»Admital, was redet Jhr ba? Jch
beschwöte Euch, daß ich ein und der
selbe Norton bin. Kranlheit, Brannt
wein, das unstete Leben und der Aus
entbalt im Kerl-er haben mich so ber
unten-gebracht Doch ich will es Euch
beweisen.«
Dieses Zwiegespräch erregte unge
heures Aussehen. Man war allgemein
erstaunt über oie Wendung, die die
Angelegenheit genommen hatte.
»Admiral " sprach nun wieder Nor
ion, »man beschulbiat mich vor els
Monaten, am 4. Juli, einen Mann er
morbei zu haben· Nun sagt mir, err:
wurde William Nation, der F brer
Euerer Kriegsschaluppe, nicht am
letien jenes Monats als Jnvalide von
der westafritanischsen Station aus
eingeschifft?«
»Herr Präsident,« wandte sich der
Admiral an diesen, »was der Mann
sagt, ist wahr. Das Schiff der Flotte,
»Ihr Jnvincible«, fegelte am 30. Juli
mit unserer invaliden Mannschaft nach
England ab. « .
»Und als ich wieder gesund war
fuhr Norton fort, ,,habe ich mich auf
der ,,Jnvincible« nach Afrita einge
schifft. Dort habe ich von dem alten
Matrofen aus Mitleid die Malachit:
brosche getauft, bin dann per Bahn
nach Cincinnati gefahren und schmachte
nun seit Monaten im Kerlen«
»Was der Mensch sagt,« meinte Ad
miral Hansen:Niels, »scheint nicht un
alaubwiirdig zu sein.« Und sich an
Norton wendend, sagte er: »Aber mein
lieber Freund, das sind noch alles keine
Beweise, d. h. Jhr müßt das, was Jhr
behauptet, noch mehr beweisen. Man
wird Euch nicht so ohne weiteres glau
ben.«
»Ihr sollt sie haben. diese Beweise.
Entsinnt Jhr Euch, dafz Jhr am 14.
Juli den Befehl zu einem nächtlichen
Angriff auf die Negerstadt Tip.to:hu
ertheiltet, vor der wir lagen?«
»Gewiß entsinne ich mich drffen.«
»Und daß wir im Ganzen 6 Schiffe
hatten? Das erfte am Strand war das
des Admirals HanfensRieng Der erfte
Mann, der an’5 Land sprang, war
wieder der Admiral!«
»Das entspricht alles denThatiachen.
Ihr könnt diese Geschichte aber auch
irgendwo gehört haben. Immerhin ist
es möglich, daß etwas dahinter steckt.
Saat mir, wer war Euer Kapitän?«
»Mein Kapitiin war Thompson·
Und-mein «Lieutenant hieß Morell.«
»(UGS sllllillll Unkö, Dcslallglc Dck
Admiral.
»Und jetzt noch ein Wort, vielleicht
glaubt Jbr mir endlich doch. Als wir
in der Stadt fochten, da tani ein Neger
von rückwärts mit seiner Axt auf Euch
zugestiirzt und hätte Euch getödtet,
wenn nicht ein Mann dazwischen ge
fahren wäre und ihn mit seinem Waid
messer aufgehalten hätte. Die Axt des
Neaers glitt an dem Waidmcsser ab
und hieb eine tiefe Schramme in den
Kopf des Netters Und dieser Mann
hieß?«
»William Norton,« sprach der Ad
iniral und sprang von seinem Sitze
auf.
»Nun, Admiral, hier ist die Narbe,
die von dem Hieb zurückgeblieben ist-«
Mit diesen Worten beugte er den Kopf
und sein wirres Haar init der einen
Hand zur Seite schlagend, zeigte er
mit der anderen auf eine große Narbe,
die sich einige Zoll lang an der einen
Seite des Kopfes hinzog
»Meine Herren,« ries der Admiral
aus, »der arme Bursche hat die Mord
tbat nicht begangen· Es ist wahr, was
er sagt, er hatte zur Zeit, als der
Mord geschah, die asritanische Küste
nicht verlassen. Er rettete mir das
Leben und ich danke Gott, ihm das
seine retten zu können!«
Norton wurde freigesprochen und
inan hat weder von ihm, noch von dem
Admiral HansensNiels jemals wieder
etwas gehört. Und warum? Antwort:
Weil das ganze ein rassinirter Gau
nerstreich war. Alles war vorher ab
aetartet und der Admiral nichts an
deres als ein gewandter Spieszgeselle,
der seine Rolle vorzüglich spielte-.
..-,...-.—
Was man seist alles von einem Muster
eher-rann verlangt.
oin unserem Jahrhundert wird Nie
mand die Rolle eines idealen Einwan
nes mit Erfolg spielen können, es sei
Ihren die-II »- nur-I fus- Misns an hist-Isi
t
vorbereitet ist. Mrg. Lavinia Hart
richtet im Cosmodolitan einen bered
ten Adpell an das Solidaritätsgefühl,
das zwischen allen Raum bestehen
soll, und ermahnt die ütter dringend,
ideale Ehegatten für ihre künftigen
Schwiegertöchter vorzubereiten. Ehe
nialg war es der Ehrgeiii einer Mut
ter, die sich über die Wiege ihres Soh
nes beuate, aus ihm einen Ossizier mit
goldenen Epauletten, einen Gelehrten
mit vielen Orden oder einen zwanzig
sacben Millionär zu machen; in Zu
lunft werden age diese Träume von
Glück und Ruhm durch das einzige
Trachten ersetzt, in dem Geist unv
Her-sen des Neu-gebotenen die Ei eu
fchaften zu entwickeln, die nöthig ind,
damit er eines Tages das Vorbild der
Eherniinner werde.
Die Versasserin stellt auch gleich
zeitig das Programm aus« das die
Familienmütter zu diesem Zweck be
olgen müssen. Die wesentlichste Be
dingung wird sein, das; der Muster
ehemann eine eiserne Gesundheit habe.
Die erste Sorge einer Mutter, die die
ses Namens würdig ist, schreibt Mrg
Lavinia Hart, wird sein, ihrem Sohne
den Einfluß begreisl ch zu machen, den
eine gute Gesundheit aus die Ebelaus
bahn eines Mannes ausübt. Das«
Streben nach dem Ideal ist ein ver
gebliches Bemühen, wenn es sich nicht
au; diesen Felsen stützen kann, der ein
ro uster Kdrper beißt. Ein Mann,
der an chronischen Verdauungsstörun
aen leidet, iann tein guter Ebemann
»sein, undein Gichtjranter ist unfähig,
diese gleichmäßige gute Laune zu ba
ben, die ein Vater haben muß, dessen
Beispiel unzerstörbare Spuren in dem
Gedächtnisz seiner Kinder hinterlassen
wird. Vor allen Dinqen darf man
auch, heißt es dann weiter, die kleinen
Kinder nicht mit Zuckeriandis oder
Spiel eua verwöhnen, indem man je
den itfrer Wünsche sofort erfüllt. Die
Männer, die in bedeutenden Dingen
die säbiasten find, Opfer zu bringen,
sind erstaunlich eaoistisch in dieser Un
zahl unbedeutender kleiner Einzelhei
ten, die das Glück oder das Unglück
des tii lichen Lebens ausmachen.
Der rauin derAmericanerin scheint
also nach Mes. Hart zu sein, einen
Mann zu haben, der möglichst lang
unter der Vormundschast feiner Mut
ter steht, um dann sofort unter die
Herrschaft seiner Frau zu kommen,
damit er nicht die gefährliche Periode
durchmacht, in der er Geschmack an der
Freiheit bekommen könnte· Er soll,
wenn er sich verheirathet, nicht mit
Gewissensbissen an die Verirrungen
seiner Juaend zurückzudenten brau
chen. Bei der Wahl feiner Frau soll
er weniger auf äußere Schönheit, auf
Regelmäßigteit der Gesichtszüge als
aus lebbaste Intelligenz und fein ent
wickeltes Embfinden sehen, durch die
auch das reizlose Gesicht seine Schön
heit gewinnt. Seine Frau soll aus
demselben socialen Milieu stammen
und dieselbe Erziehung erhalten ha
ben wie er, damit die beständigen Rei
bungen oermieden werden. Der
schlimmste Fehler eines Ehecandidaten
wäre, wenn er mit leeren Händen tä
me. Er muß seine Frau-fo·u«nte-r»ba;
ten Ivnllell, mlc es lytc Ioctate Ocel
lung erfordert; hat er dazu nicht ge
nun, soll er warten, bis seine Lage sich
gebessert hat.
———-.———-—
Reactitenhesnche nnd die Unsnmmen, die
sie verschlingen
Ueber die Höhe der Summen, die
veransgaht werden, wenn ein Mitglied
eines Königshauses Besuche macht,
plattdert eine englische Wochenschrift:
Die Kosten fiir die Rundreise des Her
zogs und der Herzogin von Cornwall
und York werden jedenfalls U Millio
nen Dollars übersteigen. Der Betrag
würde noch viel größer gewesen sein,
wenn der Tod der Königin nicht in
Australien alle Festessen und andere
festlichen Veranstaltungen verhindert
hätte.
Man iibertreibt wohl nicht, wenn
man sagt, daßbei den vielen Besuchen,
die die Königin Viktoria während ih
rer langen Regierung machte, viele
Millionen ausgegeben worden sind;
als bezeichnendes Beispiel kann man
den letzten wichtigen Besuch — den be-:
kannten Ausslug nach Jrland —— er
wähnen, den sie im Anfange des vori
gen Jahres machte. Auch nach mäßi
ger Schätzung muß er mehr alg eine
Viertel - Million Dollars gekostet ha
ben. Wie .eine solche Summe ver
braucht werden kann, begreift man,
wenn man hört, daß eine Firma nicht
weniger als 850,000 siir die Aug
Msmiikhmn tmn Beleuchtung auSaab. .
Viele Tausende verbrauchten fiir
denselben Zweck kleine Summen von
ein paar Shilling bis zu ein paar
Pfund. Dazu kam die Ausgabe fiir
prächtige neue Möbel und Runstgegen
stände in derWohnung des Biretönig5,
m Schloß, im Trinity College nnd
an anderen Orten, die die Königin be
suchte, die Kosten siir die Kleidung
und für Erfrischungen bei dem Em
pfange, den Bällen und der großen
Trupvenschau, sowie für die goldenen,
mit Edelsteinen geschmückten Schlüssel
der Stadt und die vielen mit Malerei
geschmückten Adressen, die der Köni
gin überreicht wurden.
Jeder der jährlichen Besuche der
verstorbenen Königin aus dem Conn
nent brachte eine Ausgabe von nicht
weniger als s75,000 mit sich. Bei
dem letzten Besuche bezahlte sie mo
natlich ungefähr 810,000 sür «Zim
cner«, und dazu kamen die Kosten für
die Erhaltung eines Gesolges von fech
zig bis siebzig Personen. Ein ande
rer schwerwiegenoer Punkt war der
Sonderzug von Cherbourg aus, für
den die französischen ’Eisenbahngesell-s
schasten eine exorbitanteNechnnng auf
stellen. Auf die Höhe derselben kann
man aus der Thatsache schließen, daß
der nidrigste Preis für einen Sonder
zug sür eine Privatperson 2z Dollarg
für die Meile beträgt.
Die Könige von Frankreich waren
einst Meister in der Kunst der Auf
nahme pönigljcher Gäste; die Redu
blit aber zeigt durchaus keine Neigung,
in dieser Beziehung weit zu gehen,
außer natürlich, wenn der Besuch von
politischer Bedeutung ist. Daß Frank
reich, wenn es will, diefe Dinge auch
in großartigem Maßstabe thun kann,
bezeugen die Feierlichleiten, die bei
dem letzten Besuche des Zaren stattfan
den. Sie tosteten der Regierung
1,150, 000 Dollars und die großen
von Privatleuten ausgegebenen Sum
men haben nach einer Schätzung den
Gesammtbetrag für die fünf Festtage
auf 22 bis 3 Millionen erhöht. Als
Präsident Faure seine Reife nach
St. Petersburg machte, bewilligte ihm
die Budget - Commission der Kammer
die hübsche Summe von 8100,00(), um
seine Reisetosten zu decken.
Die Gastfreundschast gegen andere
Fürsten wird jedoch in viel weniger
sreigebiger Art geübt· Der kurze Be
such des Königs von Siam kostete der
französischen Regierung nur 85,550
Mit dem verglichen, was die Ver
waltung von London allein in den
letzten Jahren bei ähnlichen Festlichs
teiten ausgegeben hat, muß man bei
diesem Besuche des Königs von Siam
sparsam gewesen sein. Der Besuch
des Khedive im vergangenen Jahr los
stete der City von London 810,00()
für das FestmahL der Empfang des
Königs von Dänemart im Jahre
1893 89()(I)0, der des deutschen Kai
sers im Jahre 1891 820,000, der des
Schahs im Jahre 1889 810,000.
Aber auch diese Summen können
als sehr mäßig bezeichnet werden,
wenn man sich erinnert, daß vor eini
gen dreißig Jahren fiir eine einzige zu
Ehren des Sultans gegebene Gesell
schaft nicht weniger als P120,000
ausgegeben wurden. Wohl die kost
spieligsten fürstlichen Besuche sind die
bei einem Privatmann, weil dann die
Kosten von einer Person getragen wer
den müssen. So soll des deutschen
Kaisers Besuch in Lowther CastleLord
Lonsdale eine ungeheure Summe ge
tostet haben. Nicht nur die Ausgabe
fiir Aenderunaen und Neueinrichtun
qen im Schlosse waren sehr groß, son
dern eg mußten auch allerlei Proviso
rische Gebäude errichtet werden, um
den Stab des Kaisers und die Beam
ten auszunehmen. Man hat gemeint,
daß alles in allem des Kaisers Besuch
Lord Lonsdale zwischen 200,000 und
einer Viertel Million Dollars gekostet
habe.
Vorsichtemasgregln in der englischen Hof
Apotheke gegen Mißgriffe.
Es ist nicht leicht, die Erlaubniß
zur Befichtigung der englischen Hos
apothele und ihrer Einrichtungen zu
erlangen und es bedarf schon ganz
vorzüglickzer Empfehlungen von hohe r
—— oder esser höchster —— Stelle, um
eine auch nur einigermaßen zufrieden
ftellende Austunft zu erhalten. Liegt
doch die Gefahr für die Unterschiebuna
schädlicher Medicatnente für die tönig
liche Familie fehr nahe, eine Gefahr,
die nicht aeringer ift, als die Bombe
des Anarchisten oder der Dolch de H
Meucheltnörder5. Die Art und Weist-,
wie die Medicinen für den König und
die töntaliche Familie zubereitet wer
den wird darum äußerst aeheim ge
halten. Jn erster Reihe wird auf den
Bezug und die Reinheit der Grund
ftoffe das größte Gewicht gelegt, fiir
welchen Zweck zwei besonders- ver
trauens wertheO hemiier anaesteilt sind.
Haben die bezogenen 912.terialien diese
strenge Priifiingsstelle glücklich pas
sirt, so iverden sie an die Apotheke
ausgeliefert, die iede einzelne Jngre
dienz in einen Glasschranl verschliesix
Dieser besitzt für jede einzelne Flüs
stateit oder Spezerei eine eigene Ab
theiluna, die wieder für sich selbst ver
schlossen werden kann; eine Verwechs
lung bei der Herstellung der Medizi
nen ist ahso völlig ausgeschlossen
Schickt nun der Arzt das Recept in
die Hosapothele, so geschieht das in
einer doppelt verschlossenen Lehma
sche durch einen der ältesten und zu
verlässigsten ofbedienfteteu. Zu der
Ledertasche be itzt jeder der beiden Hof
apotheter einen Schlüssel, so daß sie
nur von beiden geineinfchaftlich geöff
net werden laiin. Das Recept wird
dann von einem der beiden Herren in
das gleichfalls unter Doppelverschlufz
aufbewahrte Receptbuch eingetragen
und darauf zur Herstellung der ver
schriebenen Medicin, Pillen, Salben,
oder was es sonst ist, geschritten. Diese
Aufgabe darf niemals von einein
Apotheter ausgeführt werden, es muß
stets von zweien derselben geschehen.
Beide haben das Recept mit ihrer Uns
terschrift zu versehen iind es dann ver
siegelt in der unter der Controlle eines
anderen Hofbeamten stehenden Regi
stratur zu hinterlegen. Auf der Me
dicinflasche oder Schachtel mufi von
den Apothelern abermals das Recept
auf einer Etilelte geschrieben und von
ihnen unterzeichnet angebracht werden
Die Uebersendung an den Arzt ge
schieht wiederum in einer doppelt ver
schlossenen und versiegelten Lederta
sche, so daß eine Vertaufchung ganz
» ausgeschlossen ist.
Für jedes Mitglied der königlichen
l Familie ist ein eigenes Receptbuch an
gelegt, das in leicher Weise wie das
des lKönigs vetfch chlossen gehalten wird.
Für die Taschen, in denen die Medi
camente zur Ablieferung gelangen, hat
» auch der König, bezw. jedes Mitglied
der königlichen Familie einen beson
deren Schlüssel, fo daß die Oeffnung
nur durch den Patienten oder in seiner
Gegenwart geschehen kann. Die
strenge Controlle aller zur Verwen
« dung FelangendenMaterialien erstreckt
sich se bft auch aus das Wasser, das
stets von den Chemitern auf seine
Reinheit untersucht werden muß und
in der Apotheke in versiegelten Fla
schen zur Ablieferung gelangt. Aus
diese Weise alaubt man alle Sicher
heitsmaßregeln getroffen zu haben,
um einen zufälligen oder absichtlichen
Mißgriff in der Herstelluna der Me
dicamente unmöglich zu machen.
-——.—-«
Tlpeure Bcesstcako zu Ehren des Königs
der Velgier.
Scandalöse Ausbeutung der Frem
den fand in Dünkirchen, Reims und
«Compiegne gelegentlich des Zaun
besuches statt. Man entschuldigte diese
unerhörten Preigschraubungen schließ
lich, indem man sagte, daß eine derar
tige Gelegenheit sich den Geschäftsleu
ten nicht alle Tage bietet. Ein Hotelier
in Luchon jedoch wollte scheinbar in
dieser Beziehung allem bisher Dage
wesenen die Krone aussetzen. Ein auf
der Hochzeitsreise befindliches Ehepaar
aus Antwerpen hatte in Luchon in
demselben Hotel Wohnung genommen,
wo auch König Leopold von Belgien
während seiner soeben beendeten Kur
wohnte. Unsere Reisendeu waren nicht
wenig erstaunt und angenehm über
rascht, als sie eines Tages auch ihren
Landesoater an der allgemeinen Table
d’bote theilnehmen sahen sonst vflmte
der König in seinen Gemächern Zu
s speisen. Aber es stand ihnen noch eine
zweite, nicht ganz so angenehme Ueber
raschung bevor. Als nämlich der Kell
ner ihnen zwei Beeffteals mit Erd
äpfeln servirte, flüsterie er ihnen in
sehr zuvorlommender Weise zu, daß
vie Preise aufgeschlagen seien, und
zwar aus Anlaß der Anwesenheit Sei-—
ner belgifchen Majeftät im Speisesaal.
« Als die Reisenden sich von dieser merk
würdian Anlündigung etwas erholt
hatten, fragten sie sehr lleinlaut, wie
viel wohl unter diesen erschwerenden
Umständen jene beiden Beeffteats mit
Kartoffeln losten würden, die sie in
’ der erlauchten Gesellschaft verzehren
dürften. »Nur sechszehn Franken für
die Pensionaire«, erwiderte steif und
würdig der Ganymed von Luchon. Die
Antwerpener beeilten sich, ihre Koffer
zu Paclent
—-....—
Wo Frauen erfolgreich die Zügel der
Regierung führen.
Weit entfernt von Dem Lärm der
großen Städte liegt in einer einsamen
Ecke von South Pembroleshire Wing
land) das Dörfchen Langum, dag
durch seine Aufternzucht uno sein Wei
berreaiment in der ganzen Umgebung
bekannt ist. Seine Bewohner sind eine
Rasse für fich, mit ihren eigenen Ge
setzen, ihrer Augschließuna oeg Frem
c·
h-» »vi- ;isp«- Jä» «..u-.. nn:i-,.,-,i
»p» .«.- »,« - uunkeisus iJciUouuUlki
der Welt jenseits ihrer Grenzen. Als
herrschender Gefährte eristirt in diesem
einsamen Dorf der Mann nicht und
hat auch niemals existirt. Er- ist seit
undenllichen Zeiten so gewesen wie
heute, und es giebt auch keine Anzei
chen, daß eines Tages dag männliche
Regiment statt des weiblichen vorhere
schen wird. Bis jetzt hat hier noch nie
Unzufriedenheit die allgemeine Ein
Eintracht gestört. Ueberall bemerkt
man die sOberhoheit der Frau. Auf den
mit Rieseln bedeckten felfigen Ufern
leiten die Frauen das Ein-— und Aug
laufen der Boote, »bemannen« sie oft
und erwerben ihren Lebensunterhalt
durch die See. Die Frau regelt den
Haushalt, weist ihrem Gefährten feine
häuslichen Arbeiten zu und bringt ihn
auf den Weg, den er gehen soll. Wenn
inan im Gasthaus sitzt, den Klatfch im
Ort hört, fragt, wem dieses oder jenes
Haus gehört, wer an der Var steht und
Bier trinkt, so hört man die Antwort,
das ist Anne Palinerg oder Sarih
Morgang oder Rebekka Pruscotts
Mann. Und man muß zugeben, daß
dieses Sustem sich sehr bewährt.
Der Ehemann in Langum verlangt
kein Mitleid, er wäre nicht einmcl
dankbar dafür. Wenn er Abends mit
seiner getreuen Nachkommenschaft, die
um ihn spielt, bor der Hausthür steht,
während Frau und Tochter drinnen
den Gewinn der Tagesarbeit berech
nen, wird er durch keine innerliche Un
ruhe aequält. Da er aller Verant
wortlichkeit für das Leben beraubt ist,
ift er fo ruhig wie die Auster, die feines
Heimath berühmt gemacht hat. Seins
Frauen beunruhigen ihn nicht mit är
gerlichen Klagen und hhsterischen An
forderungen. Die Mode ste t in
Langum still, aber trotzdem ent ehren
diese kräftigen Evastöchter in ihren
kurzen reinlichen Flanellröcken, ihren
formlosen Biber- oder niedrigen Filz
hüten, ihren groben Strümpfen, der
ben Holzschuhen und ihren unvermeid
lichen Tragtörben, die sie an Oel-errie
men über den Schultern tragen, der
Anmuth nicht«
Die Frauen Langums sind zu jeder
Tageszeit und bei jedem Wetter unter
wegs und kennen weder Ermüdung
noch Furcht, sie führen das ganze Jahr
ein gesundes Leben im Freien, und
Krankheit scheint bei ihnen fast unbe
kannt. Schon früh beginnen sie ihr
arbeitsreiches Leben und lernen ein
Boot regieren, lange ehe sie die Schwie
riateit des Lesens überwunden haben.
Mit fünfzehn oder sechzehn Jahren
sind sie mit jeder Einzelheit ihres Han
dels vertraut und verdienen dann das
Brod für die Familie.
Ein stücheniunge, der denWeq zum preu
ßischen Lsofschauspteler zurücklegte.,
Der kürzlich verstorbene preußische
Hofschauspieler Oscar Bleucke hat eine
amusante Schilderung der Umstände
gegeben, unter denen sein theatralisches
Talent zum Durchbruch kam: »Ich
wurde ausersehen, die edle Kochkunst
zu erlernen, was mir auch innerhalb
dreier Jahre in Leipzig gelang. Jch
tam dann nach Berlin, um hier noch
ein halb-es Jahr alsVolontair in einem
der ersten Geschäfte mich zu vervoll
tormnnen, und hier geschah es, daß der
damalige Chef de Cuisine den Ent
schlus-« zum Theater zu gehen, in mir
erweckte. Das trug sich nämlich so zu:
Immer wenn der »Alte« lman nennt
fast alle Chess so) nicht in der Küche
war, las oder detlamirte ich den Lehr
lingen und Kijchenfeen fast alle Schil
ler’schen und Goethe’schen Gedichte und
Dramen vor; sie verstanden zwar
nichts davon, hörten aber doch andäch
tia zu, bis auf die sogenannte »talte
Mamscll«, die immer anfing, zu wei
nen, wenn ich declamirte, und mir
dann unter Schluchzen zurief: ,,Hären
Se blos uff, das is zu scheene! ne,
awer ibar Ihnen awer auch?« Die
Dante war aus Wurzen in Sachsen.
Our-u ungerne cto fu« uuuf ritt-. usw
da, daß manchmal nichtAlles ,,tlappte«,
d. h. es brannte mal ein Braten an,
oder die Sauce brodelte bis zur Un
tsenntlichkeit ein, ja eines Tages wars
einer der Lehrlinge statt Salz in den
Fischtopf eine ganze Hand voll Ca
yennepfeffer hinein, so daß die Gäste
oben einen Mordstandal machten und
ich, der ich als Bolontair die Oberauf
ficht hatte, alles auspatschen mußte.
Da wollte mein Unstern oder Glücks
stern, wie Sie’s nehmen wollen, daß,
alg ich wieder mal Schiller-s Jungfrau
laut derlanrirte und die »Kalte« ebenso
heulte, der »Alte« ganz eilig die Treppe
herabsauste und ich in meiner Angst
und Verwirrung das Büchlein, es war
Reclam’sche Ausgabe, in den Sauer
lohltopf warf, in welchem ich gerade,
um das Anbrennen zu verhüten, herum
rührte, und damit der Chef es ja nicht
bemerkte, ,,stupfte« ich es mit dem
Kochlöffel noch tiefer runter, da plötz
lich sagte der »Alte«: Schnell Bleucke,
geben Sie her, ich will hier weiter rüh
ren, tranchiren Sie inzwischen die
Fasanen«, nahm mir bei den Worten
den Löffel aus der Hand und rührte
langsam hin und her. Jch war starr
vor Schrecken und ehe ich mich noch er
holt hatte, hörte ich hinter mir die
Worte: ,,.Himmeldon ........ was
steckt denn in dem Kohl?«
Jn meiner Angst hatte ich den Fusa
nen die Brüste treuz und quer zer
schnitten und ob sie je Kseulen gehabt
hatten, war absolut nicht mehr zu er
kennen. Jch sah nun, wie der »Alte«
Schillng Jungfrau mit Daumen und
Zeigefinger aus dem Sauerkohl zog
und das Titelblatt las, mich mit dor
inilffähnnorn Fuss-L »"k.-k ...-s t--1-.
,»-..-»-... v»k. usspuq ust susscs
»Also mit so wag aeben Sie sich ab?
ter hatte sosort errathen, daß ich der
Missethäter war). Wir sprechen uns
morgen!« Die »Halte-« heulte schreck
lich. Als ich nun in meiner Zerstreu
uua und Verwirrung auch noch zum
Abend vier Hasen unaespickt und so
braun aebraten hatte, daß sie aussahen
ivie frisch geräucherte Rothwiirste, da
warcs vollends vorbei. Noch am selben
Abend sagte mir der Chef sehr gleich
gültig: »Herr Blencle, Sie brauchen
von morgen ab nicht mehr zu ,,arbei
ten«. An Jhnen ist Hober und Malz
verloren, qehen Sie zum Theater, Sie
sind ein Hampelmann.« Was er mit
der letzteren Bemerkung sagen wollte,
weiß ich heute noch nicht.
Die Nähmaschine ist das Zweirad
der fleißige-n Frauen.
sk si- is
Nicht allein durch Schaden, sondern
mehr noch durch Nutzen wird man
klug.
di- sk sit
Lipton ivill Shamroct ill. bauen.
Vielleicht hat er endlich Glück, wenn
das Kleeblatt vierblätterig ist.
Il- sit DI
Wer wird sriiher ,,alle« werdens
England oder der ,,alle gewordene
Krieg« Englands in Südasrilali
so- qk so
Ein russisch-chinesischer Vertrag.
Wer dabei der Bemogelte ist, kann
man sich unschtver vorstellen.