ckt Kaisimkkljkrr -....... ·«« ais- akisiekkqniche Geschichte m Wiihelm Wolters. »Anna,« sagte die Baronin zu ihrem vor wenigen Tagen neu gen:ietheten Stubeniniidchen, »e5 wird heute oder morgen ein Herr kommen ——'« »Ein Herr?’« —- Die Baronin warf einen verzweifelten Biick nach oben nnd dann einen durchdotsrenden aus die rotlsbackisz dralke Bancrndirne, die mit der lveiizen Ltiische auf dem Haar und in dein kurzärmeligen dunkelblauen Kattnntkeide sich ausnalsm wie ein Ne aersiirst in Frad nnd Cnlinderhut. »Unterbrechen Sie mich doch nicht! s Schweigen Sie und Passen Sie ant! Es Ioird heute oder morgen ein Herr kommen. Kammekherr von Lainsp dorsf. Juki hoffe, Sie haben nun-end lich begriffen, was Sie zu thun haben-" »Ja-« »Nun also, was denn?« »Ja-s mache die Thüre zum grünen Solon anf.'« Die Baronin rang die Hände. »Es ist wirklich nicht zum Aus-halten mit anen. Und Sie wollen schon einmal gar bei einem Obersten in Dresden in Dienst gewesen sein?" » a.'« «Ochweigen Sie! Sie können doch nicht wissen, wer der Herr ist!« »Die Frau Baronin haben mir’ö doch eben gesagt," erwiederte Anna mit weinerlichet Stimme. »Ehe-mindestens Es könnte doch auch ein anderer Herr kommen! Sie haben zu fragen: ,,wen dars ich der aniidigen Frau Baronin melden«? Verstanden?« »; a.« »Und wenn er anen seine Karte giebt, so legen Sie die Karte aus das silberne Tablett nnd bringen sie mir herein. Verstanden?« »Wenn er sie mir aber nicht giebt ?« »So wird er Jhnen eben seinen Na men nennen, und den melden Sie mir!«« ties die Baronin zornig. »Es ist ge rade, als ob man ein Stück holz vor sich hätte. Nun gehen Sie und merken Sie sich’s." « Die dralle Anna verschwand. .Die Baronin begann aufgeregt im Zimmer hin und her zu wandern. Sie hatte alle Urfache, heute aufge regt zu sein. — Nicht wegen der Anna. Daran hatte Sie sich während der beinahe zwanzig Jahre ihrer Ehe schon gewöhnt, daß aus dein von der Heerstraße weit abge legenen alten Erbgut ihres Mannes, aus dem man hausie. tein städtisehes Stubenmädchen zu fesseln war, und daß man wohl oder übel mit einem in städtische Kleider gesteckten Bauern trainvel vorlieb nehmen mußte. Nein, die Baronin stand unmittelbar vor der Ausführung eines seit Langem sein eingefädelten Komplotts. Eines Kom plotts, das sie gemeinschaftlich mit ei ner in der Residenz wohnenden Ju gendsreundin gegen ihre eigene einzige Tochter Marie gelchniiedet hatte. Marie war ein fo entzückendes we fchiips, wie es ein achtzehnjährigeg blondloeiiges Mädchen nur immer sein iann, sie hatte blos die eine in den Augen ihrer Mutter unverzeihliche Ei genschaft: sie that gerade, als ob Ver lobung und heirath die unnützesten Dinge auf der Welt wären. Das hatte der Baronin schon manche lummervolle Stunde bereitet. Man lebte aus dem Lande. Herren besuch war rar. Nur selten suhr man einmal zu einer geselligen Vergnügung aus ein Utachbargut, ebenso selten in die Kreisstadt Und selbst der einzige jährliche ll im Flasino dort schien Marie no , zu viel zu sein. Wenn sie nur in Wald und Feld herumreiten oder an den einsamen Winterabenden iiber ihren Gedichtbiichern hocken konn te, war sie glücklich. Atturat wie ihr Vater war sie. Aber ein verheiratheter Mann von siinszig Jahren und ein un verheiratheteg Mädchen von achtzehn, das ist denn doch ein Unterschied! IF k Die Sorge, Marie ronnrr um um« gar noch einmal als alte Junafer ihr Leben beschließen, hatte die Baroniu auf den Gedanken gebracht, Marien er nen Mann einfach zu verschreibeu. Jhre Jugendsreundin in der Residenz besaß einen Bruder. der seit ein paar Jahren das Amt eines Kammerherrn inne hatte. Dieser Kammerherr war zwar lein Jüngling mehr, er stand auch in dem Rufe, ein kleiner Lebernann und Roufs zu sein, aber das waren ja be kanntlich um so bessere Bürgschaften für eine gute Ehe. Durch eine solche Ehe den Bruder glücklich zu machen· war ebenso die Lieblingsidee der fur das Seelenheil des Kainmerherrn be sorgten Schwester, wie es die der Ba ronin war, Marien unter eine standes gemäße Haube zu bringen. So war denn zwifchen den Freundinnen verein bart worden, daß der Kammerherr zr Besuch auf das Gut lomrnen und bei dieser Gelegenheit sich mit Marien ver loben sollte. Der Kammerherr hatt· sich auch zu solchem Besuche breitschla en lassen. Und damit ja alles unge iirt den erwünschten Verlauf nehme hatte es die Baronin so eingerichtet daß dief r Besuch gerade zu der Zeit stattfinden sollte, zu der ihr Mann, dei von der ganzen Verschtoijrung nicht erfuhr, auf der Jagd bei einein befreun deten Gutsnachbarn war. Gestern war der Baron mit Anton dem Diener, fortgefahren, heute ode1 morgen traf, wie die Freundin geschrie den hatte, der stanunerherr ein. Die Rarnnin iiberleate im Aufs uni Rtesdergehen, wie ße am etsten s Marien ans die kommenden inge dor- · bereite, als Marie eintrat. »Du erwarteft Besuch. Mama?« »Ja, mein Kind, den Bruder meiner E besten Jugend-Ireundin, Kammerherrn Von Lainsdorss. Er wird ein paar Tage bei uns auf dem Lande aus- i ruhen von den Anstrengungen der Re- » sidenz und wird ——-« « Anna, die zur Thür hereinplantg unterbrach die Baronin: »Der Kam merherr ist dal« « ». . .. führen Sie den Herrn Kam merherrn in den grünen Salon . . »ich lasse bitten!« F Anna trampte hinaus-. Die Baronin wandte sich zu Marie. »Daß Du mir ihn ja recht freundlich enipsiingst!« »Warum sollte ich denn unfreundlich sein, MamaZ« Die Baronin legte ihr Gesicht in die Falten liebenswürdigsten Lächelns und ging tlopsenden Herzens in den grü nen Saan nebenan· Marie folgte. Jn der Mitte des Salons stand, den Rücken den Eintretenden zuge: lehrt, ein lleiner Herr in langem schwarzem Noch der augenscheinlich die Tapetenbarde an der Wand oben mu stertr. Er drehte sich um und derbeugte sich tief. Die Baronin, die den Erwarteten auch nicht dem Bilde nach kannte, hatte - sich zwar den zukünftigen Schwieger- « sohn ein wenig anders dargestellt, aber . z sie war nicht umsonst Hosdame gewesen, « ’ sie ließ sich nichts merken. »Mein lie- » I« k-- flt -------- « ciFOsOs K- Mi Us- staut-II ssssss -, » .- - ( freue ich mich,, Sie endlicheintmal bei « - uns begrüßen zu dürfen.« Und mit vorstellender Handbewegung: »meine . Tochter Marie·" Der tleine Herr mit dem fuchsrothen v Vollbarte nnd den auffällig gerätheten -fen— Augenliedern verbeugte sich abermals. »Ich hatte das Glück, den Herrn Baron auf Schloß Großfchänberg anzutref »Meinen Mann?« »Der Herr Baron lassen die gnädi ge Frau Baronin bitten, die.... die....« lhier begannen die Schweinsäuglein in dem verwitterten Gesichte des Kammerherrn verfchmitzt Izu blinzeln) »die Sache während seiner Abwesenheit erledigen zu lassen." Die Baronin war starr. Also ihr Mann war trotz ihrer Vorsicht dennoch hinter ihr Geheimnis gekommen und --— was noch wunderbarer war W er war mit ihrem Plane einverstanden! I Nun, um so bessert »Seien Sie versichert,« fuhr der Kammerherr fort, »daß ich Frau Baro ; nin nicht lange belästigen werde. Sie « sollen zufrieden mit mir fein.« Die Baronin war derart verblüfft von der Offenheit, mit welcher der Kammerherr die zarte Angelegenheit behandelte, dasz sie sogar vergaß, sich nach dem Befinden ihrer Jugendfreun din zu ertundigen, verwirrt lächelte und fagte: »Ich habe gar nicht ge wußt, daß Sie auf Großschönberg be kannt sind. « »O, fehr," erwiederte der Kammer-— Yherr und lächelte bedeutungsvolL »Wenn ich meine jährliche Rundtour " auf die Güter mache, darf Großschän berg nicht fehlen.« »A . . . .« ,,Wollen Frau Baronin die Güte ha ben, mir die Gemächer anweisen zu - lassen.« Die Baronin tlingelte, Anna er I schien, die Baronin befahl Anna, den « Herrn Kammerhern in das braune I Fremdenzimmer zu führen, der Kam merherr verbeugte sich, die Baonin und Marie blieben im griinen Salon zurück. Marie brach in ein fröhliches Geläch ter aug. ; Die Baronin war trotz ihrer Hof " damenschule so sehr aus deni Gleichge » wicht getommen, das-, sie einen Aug-ten « blick lang nicht wußte, was sie thun - solle· Der Kammerherr that ja gera « de, als ob er zu Hause, alg ob er bereits T Schwiegerfohn des Haufe-« wäre. Aber s sie ermannte sich und warf Marien ei nen verweisenden Blick zu. »Das ift ja ein tomischer Rauzl« ries Marie lachend. »Was das für Ausdrücke sind!« sag « te die Baronin indignirt. »Es ist « Zeit, Marie, daß Du diese Sprache ab , legst und vernünftig und ernft wirft. « Bitte, sehe Dich. Jch habe mit Dir zu reden.« Marie setzte sich. Die Baronin zog ihr Taschentuch : aus der Tasche, wischte sich den ; Schweiß von der Stirn und steckte es « wieder ein. »Marie, der Kammerherr L wird um Deine Hand anhalten -—« Marie sprang auf. »Bitte, bleib nur ruhig sitzen. Wird um Deine hand anhalten, und ich wer de sie ihm geben« »Sitzen, habe ich gesagt. Werde sie · ihm geben« und Du wirst endlich eine Z vernünftige Tochter sein!« »Ist das Dein Ernst, Mama?« »Mit solchen Dingen fcherzt man nicht. Es ist auch gar teiu Grund zum Scherz vorhanden." »Nun, so ertläre ich Dir ebenso ernst, daß ich mich mit dem stammer herrn nicht ver-loben werdet« «So?« Aus die Wangen der Ba ronin traten zwei rothe Flecke-. »Und warum nicht?« »Weil ich schon verlobt bin!« entgeg nete Marie entschlossen. . Die Baronin, die aufrecht und mit erhobenem Haupte dageftanden hatte» taltete Zitternd nach der Lebne eines f f , — ii III-geil- und sank tu die Ii en nie . »Mit... wenim W »Mit Herrn Iorstassessckk von Win terfeld.« »Seit . . . wann . . . denn?« »Seit zwei Jahren.« »Ah!... Und des-... hast Du.·· uns verschwiegen . . .«i« · « » » »Am-i wünschte,.daß es Geheimmß bliebe, bis er Obersiirster geworden mä-« re ..... Bist Du mir böse, Wa chen?« - Die Barovin zpa alterffials ihr Tuch und hteltes txpo Augen. Dann brei tete ·si0»ht,t· Arme aus, in die sich Marie ..hlnexn(turzte. »Ich durfte es ja nicht sagen! Jch hatte es ja auch nie ge sagt, wenn nicht der Kammerherr—s« ·Jn diesem Augenblick sprang nun die Baronin auf. »Ach, der Kainmcri berr um Gottes-willen, wag mache ich nun mit dem KammerherrnI Was soll ich ihm nur sagen?« »Ganz einfach die Wahrheit.« f .»(.fr wird aus das tödtlichste beleidigt ein.« »Ich iverd’s ihm selber erklären!« Ein plötzlicher Knall unterbrach diese erregte Unterhaltung. Die Thiir platzte aus, mit verzerrtem Gesicht stürzte Anna herein. »Der der « Kammerherr!« »Um Gottestvillen, was ist denn?« · ,,Erst hat er sich . .. den Pisto lentasten ins Zimmer tragen lassen —« »Was? Was denn siir einen Pisto lentasten?« i »Nu, er is doch gleich mit’m Pisto- « lentasten angekommen, akkurat so en Kasten, wie ihn der Oberst hatte ——'« »Schrecklich!« s »Un dann hab’ ich’n müssen die Lei ter bringen ——« . »Die Lerterr" »Jawohl. Un wie ich nachher durchs Schlüsselloch gucke un sehen will, wagst I mit’r Leiter macht, hat’r die Leiter« aui’n Tisch gesielli. un steht auf d':l Leiter un schießt in einemfort an die ; Decke.« - »Schießt?« « »Ja . . . der Kammerherr ist ver . . . ver . . . geworden!« Sie fuhr mit der , dicken Rechten nach der Stirn. ! »Was?« ; »Das ist ja furchtbar . . . Und das s l ! ! i I l muß gerade hier passiren.« Die Ba ronin .sant wieder in den Lehnstuhl. »Wir haben doch gar nicht schießen hören,« sagte Marie. »Nee, hören thut man nichts. Knat len thut’s nich.« »Wer weiß, was die Anna gesehen » . hat« ich werde gleich einmal ——« Marie ’ wandte sich. ’ »Um Gotteswillen t« rief die Baro nin. »Was willst Du thun ?« »Sehen, was eigentlich ist.« »Um Himmelswillen, ein Wahnsin I niger . . . . Wenn er anfängt zu to . ben . . . .« »Er wird ja nicht gleich !" »Ich habe den Schlüssel draußen rumgedreht und abgezogen,« sagte Anna, »daß’r nich ’rausiann.« »Das war gescheitt« —- Anna grinste. »Da werden wir eben auch durchs Schlüsselloch gucken,« sagte die beherzte Marie. Zu Dritt begab man sich über den Vorsaal nach der verschlossenen Thur der- braunen Freindenziminers und horchte Alles war still. Marie legte das Ohr an die Thür. Ein eigenthiimliches, leises, sich immer wiederholendes Geräusch ertönte drin nen. Als ob Jemand immer »ffft . . .. sffi ..... fsst« sagte. Marir beugte sich nieder und lugte durch das Schlüsselloch Plötzlich verzogen sich ihre Mienen. »Was ist denn ?« fragte die Baronin erschrocken. « Marie legie den Finger an den Mund, iicherte in sich hinein, wintte der Baronm und trat zur Sene. Die Baronin nahm ihre Stelle vor dem Schlüsselloche ein. Drinnen stand richtig der Kammer lyerr aus der obersten Sprosse der aus den Tisch postirten Leiter· Er hatte einen grauen Gnmnriball in der Hand, an dem ein spitz endendes Rohr ma:. ilnablüssig drückte er aus den Gunnui hall, und aus dem Ende des Rohres spritzte ein rothes Pulver gegen die Ta: petenborde oben unter der Decke. Rothe Staubwolten erfüllten das Zimmer. Zornig erhob sich die Baronin. »Den « Schlüssel t« herrschte sie Anna an. Anna zog den Schlüssel aus ihrer Tasche, die Baronin drehte ihn wüthend im Schlosse und riß die Thüt auf. Der Kammerhetr aus der Leiter oben wandte sich nach der Eintretenden um. »Hier oben sitzen sie am liebsten ! Aber wir werden ihrer schon Herr werden! Das Chrysanthemumpulver treibt sie alle aus ihren Löchern. Den Geruch können sie nicht vertragen.« »Wer sino Sie denn eigentlich Z« rief die Baronin. »Nu. der Rammerjäger Wetzlich aus Dresden,« erwiderte mit höflichemGrin sen der Obensiehende. »Der Herr Ba ron hatten -——-« » awohl, jawohl, ich weiß,« erwider te dsie Baronin und machte rasch die - Thür wieder zu. Draußen schleuderte sie der Anna ; einen oernichienden Blick zu und rauschte ins Wohnziinmer. Maric folgte « ihr lachend. — .-..-. . —.-— »Aergere Dich nur nicht. Manmchen, ohne ihn hätte ich ja niein Geheimnisz nicht verrathen." »Es ist schon gut,« erwiderte die Ba rcnin halb getränlt, halb glückselig. Eine Viertelstunde später mußte Igna ein Telegrnk tet tragen. Das ZBcfironin Laind--—. unreinen Biner - ui f Ema-si men, Marieentde miksocehberf daß verloth Gruß. Mathilde." Zwez Ptunden päter traf die Ant leis W « »Baro p liedner, Rittergut Bur lertstvaldr. Bin gleichfalls untröstlich. Bruder theilt eben mit, daß er Wirth fchafterin geheirathei. Glückwunsch zur Verlobung und Gruß. Frieda.« Als ein vaar Wochen später die Jn cendfreundinnen sich in Snlt traer fragte Frieda: »Sage nur, wie ist denn das eigentlich fo plötzlich gekommen mit der Verlobung Z« Worauf Mathilde mit fchelmifchem Lächeln erwiderte : »Ja. wie das manch mal fo tommt — kleine Ursachen, große Wirlungen.« -—-··. Lin-:- tlJemii er. —.—-— Slizze von He r m. Ritte r. ,....- — Wo die letzten Baumreihen zto2i·::," den Viehtriften des Dorfes ins-« . . - land auslaufen, liegt eine verei.:«,c... Hütte, versteckt zwischen den Bäfctin wie ein Bettler, der sich feines dürfti gen Gewandes fchämt. Ein braune-Z Strohdach sitzt als breitträmpiger Hut über der niedrigen. geweißten Haus wand, in die drei tleine Fenster, eben weit genug, um den Kon durchzufte cken, und eine schmale Thüröffnung eingefchnitten sind. Kleine Garten fleckchen mit einigen Stangen feuer bliitiger Bohnen, Kraut- und Salati beeten bilden den Rahmen des beschei denen Unwesen-D Es war ein schwüler Julitag. Eine bleierne Lust stand zwischen den Baumheclen mit ihren regungslos her abhängenden, staubigen Blättern. Vom Dorfe her zitterte hin und wieder das schläfrige Läuten der Kuhglocken durch die Schwiile; aus dem oersengten Kraut der Heide scholl das unaufhör liche, aufgeregte Zimztmzim der Gril len. Auch eine menschliche Stimme drang plötzlich durch die zitternde, flimmernde Luft, ein häßlicher. leisen der Ton, der aus dem offenstehenden Fensterchen der Hütte hervorbrach. Du willst schon wieder in’s Thal gehen, zeterte eine Weiberstimme. Hast du teine Ruhe, bis du die paar Gro schen Verdienst in der Hand hast? Eine Männerstimme antwortete in brummigen, unverständlichen Lauten. Nein, es ist eine Schande, zeterte es wieder. kaum hast du ein paar Stiihle geflochten, so müssen die Groschen ein genommen und durchgebracht werden, nichts»hat die Haushaltung an dir als Unglück und Last! Jch weiß, was du unten willst, brach es nach einer Pause mit erneuter Hef tigkeit hervor, vertrinlen willst du das bißchen Geld! O, ich arm, geschlagen Weibermensch, solch unnöthigen Kerl hab ich zum Mann, einen Trinker, ei nen Lunip! Das Gekeife erreichte mit diesen Worten die höchsten Töne und schlug dann um in ruckweises Heulen. Aus der Thür schritt nach einer Weile ein hochgeivachsener, kräftiger l Mann in blauern Kittel und schwar i zer Schirmmiitze. An einer Schnur c s l hingen auf seinem Rücken einige ge-· flochtene Stuhlsitze. Vor ihm her ging Fein etwa zehnjährigen blondtöpfiger Bursche, der einen Stocl hinter sich hielt. Das andere Ende des Stockes lag in der rechten Hand des Mannes. während dessen Linie mit gespreizten Fingern tastend und abwehrend durch die Luft fuhr. Der Mann war blind; mit dertlebten Lidern lagen eingesun ten die Augen in seinem hochgereckten Kopfe. Mit langsamen, dorsichtigen Schritten leitete der Knabe den Mann , ..-.:k-s.-» »mu- cxsntson fisndllfckt TxkhliikZ i Hsvsjkqni »s-« --··--s-»- -,-.-—--..-,- - , J send, stolpernd, tastend, die Linle zum f Schutz hochgchoben, dng Haupt zurück - geworfen, als fürchte er, von Laub« zweigen getroffen zu werden« wanderte ; unsicher der Blinde unter den Bänmcr « daher. Mit vorsichtig fiihlenden Fit fzen und tleinen Schritten stieg er, sorg i farn geführt von dem ziirijckblictender i Knaben, in den Hohlweg hinab, über s schritt dessen Radsvuren nnd in dei Sonne erstarrten Schmutzlrusten unt erstieg Schrittchen für Schrittchen dii jenseitige Böschung. Dann waren si· f auf gutem, glattem Wege. Jn gleichmäßigen Schritten zogen si» dahin, der Kleine eilig trippelnd, del Mann breitbeinig mit schweren Trit ten. Hier lonnte der Blinde sein· Beine mechanisch arbeiten lassen, unt so quollen in seinem Hirne die wilder Gedanken, die er soeben verabschiedet mußte, plötzlich wieder auf. Erwiir gen würde er das Weib, das ihn soebci in Gegenwart des Jungen beschimpfte wäre er nicht ein·Blinder, ein hilflose: Geschöpf, das froh sein muß, einei Führer und Sorger zu haben. E haßte die Frau, die jetzt immer jam merte, teifte und brummte. er haßt jedes Geschöpf, das mit hellen Augei um sich sah, die ganze Welt haßte er Zuwider war ihm das fröhliche Zirpei : ringsum, der heiße Sonnenschein, de Dust der wilden Blumen. Und doch sog er, wie ein Hungriger der weiß, daß fein Begehren nie ge stillt wird, diesen Duft ein. Er konnt sich manche Dinge aus der Zeit, da di Welt fiir ihn noch Farben und For men hatte, nicht mehr so recht vorstel len. Vieles hätte man sich besscrsein prägen, einsaugen müssen zum Nim mervergessen. Abs-: von dieser blumi l i « l « Ums s St , ctallisch - Y den Hmv brennendekx I haste Suchst jen, in der fühlt-Ei s Helle des Tages gesteigert bis zum idrs »T ’ perlichen Schmerz, lief durch sein Hirn « « und die zuckenden Nerven. i Stehen nicht viele Blumen hier?»« srug er plötzlich rauh den Knaben. Gewiß, Vater, rathe und weiße, eine große Menge. Bringe mir einiae! Eilig raufte der Finabe einen Strauß Wucherblumen und Pechnelten aus und reichte sie dem Blinden. Der Mann hielt die Blumen an’s Gesicht und betastete Stengel und Blüthen. Diese sind weiß und diese roth, nicht wahr? « Der Junge bestätigte es und eH lief wie der Schimmer einer Genuthyuung iiber die harten Ziige des « linden. Blumen waren das Letzte gewesen, das von den sichtbaren Dingen sich noch sei nem Gedächtniß eingeprägt hatte, ehe plötzlich alles um ihn her finster wurde, Blumen, mit denen die Straßen be streut waren am Fronleichnamsseste, an dem Tage, wo er durch Unvorsi tig teit beim Bedienen dersBöller das Augenlicht verlor. Krampfhafi hielt er den Strauß in der Hand, er war froh, körperlich nahe sich zu wissen, was um ihn her unsicht bar lebte und blühte. Er drückte alle Augenblicke die Blumen an sein Gesicht oder wedelte damit die Fliegen und Breinsen ab, welche wie berauscht durch die heiße Lust schwirrten und sein schweißiiberströmtes Haupt ansielen. Vater, sagte nach einiger Zeit der Knabe, ich glaube, es giebt ein Gewit ter. Jch höre nichts, antworte mürrisch der Blinde. Jch sehe es, versicherte der Kleine. Ueber dem Hochwald steigen Wolken auf. Ganz hinten ist es schwarz am Himmel ) « Daan geh rascher, damit wir zeitig ins Thal kommen, drängte der Alte. : Er mußt-e heute ins Thal, er mußte noch einmal wegschwemmen, was ihm in diesen letzten Tagen wieder so sehr den s Kon verwirrte, die dumpfe Verzweif- ; lnng, den sinnverwirenden Hader über · sein Geschick. Trinken wollte er, lachen, « froh sein. Einen Lumpen hatte sie ihn genannt, einen unnöthigen stert ! Das letztere war er ja mit feinem geringen Verdienst als nnbeholfener Stuhlslech- s ter, das erstere war er im Begriff zu « werden. Ja, er tranl immer häufiger und mehr. Aber was that es ?- War er schuld daran, daß er blind war, das-. das Trinken fein einziges Vergnügen ; - war ? Ein Lump, das Wort sasz ihm : noch wie ein Stachel in der Seele. Er ’ « ein Lump! Er. der früher so starke, » arbeitsfrohe, selbstbewußte Kerl ! Er wars die Blumen zu Boden, unt L J die Faust in ohnmächtiger Wuth zu hat« « s len. Hestig riß er an dem führende-n ’« Stabe. Vorwärts! befahl er barsch : s dem Knaben. j Ueber die breiten grünen Wellen de ; fernen Hochwaldeg rollte ietzt in kurz-n ! Pausen ein dumpfes Grollen, wie Brül , len eines Rattbthiere5. das, nähert-our mend, seine Beute befchkeicht. Vor den ängstlichen Augen des Bürfchleinss« i ! wuchs der dunkle Streifen am Horizont l rasch an zu einer höher nnd holier wer · denden schieserblauen Wand, von deren I Grund weiße Wolkenstreifen, wie f Schlänglein, sich aufwärts ringelten. j In weiß-rothen Zickzackstreifen fielen ) einzelne Blitze an der Wand abwärts-. Stärker nnd stärker werdendeg Grollen «. i und Brüllen lies hinter jedem Strahle nenscheibe ; sahleg Licht lag mit einem , mal iitser der Heide. Die Grillen schiene 7 gen« jede Fireatnr erzitterte in ängstli ! chetn Schweigen. l her. Die Wand schob sich über die Son l s Ein einzelner Windstoß jagte als Z »Vorreiter des Unwetters über die — est-» l i JFtamc, beugte Uruv uuu our-um unr s huschte iiber das Gesicht dek- Blinden Eile dich ! drängte dieser den Knabe-Z wir kommen doch noch früh genug unten au. Das Bürschchen glaubte es nicht· EH sah, wie die schwarze Der-le iiber ihren Häuptern wuchs-, wie alles sahl und I dunkel wurde und nur noch driiben zur ; ; l Linken ein Rest Sonnenschein iiber den Bergen lag. Die Blitze riickten rasch näher ; der Donner rollte tnatternd über das Ge birge, als sei die schwarze Wolkendecte ein gewaltiges Blech, das die Keule eines Riesen in Schwingungen versetzt-; l Eine turze Wegstrecle legten sie noch s zurück, das Kind ängstlich, mit hastige. Schritten, der Mann breitbeinia hin und herschwantend, voll drängender i Ungeduld, sein Ziel noch zu erreichen. Dann brach mit einemmal das Unwet ter log. Eine sahle Lohe quoll ans zwi schen den Bäumen, und unter Brausen, Heulen, arellen Blitzen und lnatternocni - , Donner schoß eine Reacnfluth herab. z Vater, Vater! ries angsterfiillt der Kleine und ariss nach der Hand des » Mannes. Komm, wir miissen uns hier unterstellen ! Hastig risr er niit seinen Ninderhändchen den Blinden in day Gebüsch. Dort driickten sie sich nieder-, « der Knabe schulzsuchend an den hülfla sen Mann geklanimert. Ein wahnsinniger Aufruhr tobte in » dein Walde. Mit Gelrach brachen Aeste » zusammen, unter der Gewalt eines or. « . tanartigen Sturmes. Jn großen, blan len Tropfen, vom Westen her aepeitscht, durchstach millionenfach der Regen die s- ; blaugrüne Finsterniß. Er prallte aus abwärts » f schossm Backjein «,.-. ten sich am Rande des Wegs Fluß, der eine tiefe Furche ins riß und in brauner Springfluth rauschte. Eingehüllt in Donner :hen, Brausen, in Wassersturz, in einigen Augenblicken bis a Haut durchnäßte, hackten die beit men Menschen unter den Büschen Mit zusammengebissenen Zäbnt der Blinde in dem Aufruhr, den c fikblen nnd hören konnte, in ohnmr Fern Zorn, hülfloser als je. unfähig . Das Kind einen besseren Schutzplay fucken, irgend etwas zu thun gegenk thksturrn des Wettersz Ein Blitzstri snyr m den Wald nieder, greue Lo. iiillte die Büsche, und ein Krachen folgte, als seien Himmel und Erde ge borsten. Vater! jammerte das Kind in jähem Schreck und klammerte sich an den Blin Den. Ein zweiter Strahl folgte und fiel als Feuergatbe in eine benachbarte Eiche. Wie von elementarer Macht in die Höhe gerissen, sprang plötzlich derBlinde ans. Verzweiflung lag in seinen Mie nen. Mit vorgestreckten Armen brach er aus den Büschen durch zum Wege. Herrgott! schrie er und warf die Arme in die Höhe, da bin ich! Schlag mich todt! Schlag den Lumpen todt, Herrgott, den unnöthigen Kerl! Ilmflossen von abermaliger Lohe, das veizerrtr. regeniiberflnthete Gesicht hochgerectt wankte er in der Lichtung. « Das Kind haftete ihm webtlagend nach. Nein, Vater. jammerte es und klam nscrte sich an ihn, nein, komm, der Blitz erschlägt d«ch! Komm zurück, lie isei Vater, du sollst nicht sterben, ich nsill’s nicht! Es riß den zitternden Mann mit al ler Gewalt zurück in die Büsche. Dort brach der Blinde keuchend zusammen, seine Brust wogte unter dem triefenden Kittel. Der knabe schmiegte sich zärt lich an ihn und streifte mit scheuem Blick sein erregtes Gesicht. Keiner von beiden sprach einen Laut. Wie abgeschnitten schwieg plötzlich der Regen. Nur das Tropfen der»Bäuln-, das Murg-ein und vHintern orv uocr »u Weg abstiirzenden Wassers vernahm man. Ein rascher Sonnenschein huschte durch den Wald. Hast du denn den Vater so gern? un terbrach plötzlich in weichem Tone der Blinde die Stille und tastete über den wassertriefenden Kopf des Knaben. Der Kleine schluchzte laut aus. Was lullen wir machen ohne den Vater, stieß er hervor. Du bist mein guter Kerl, sagte der Blinde gerührt. Aber deine Mutter Israucht mich nicht« Johann. Du hast es art;ört, ich bin ein Unnöthigerz ein Lump. Die Mutter meint es nicht so schlimm, sicher nicht, Vater, bettelte der Kleine. Sie hat so uiel Arbeit, sie ist oft so müde und dann schimpft fie, wenn du auggehst —-— Er schwieg verlegen. Ein neuer Ansturm der Regt-umch sen folgte. Jn wachsendem Falle, start 1«nd immer stärker fchoffen gleich Bün deln blanker Pfeile die Tropfen senk recht durch die Bäume. Himmel und Erde verwandelten sich wieder in stie Lende Flutl1, während der Donner fern und ferner grollte. Dem Blinden war ep, alH iviirden von den löstlichen Flu tljen ihm Bitterkeit und Berzlveifluna lcnasam aus dem Herzen geschweian ali« leid-.- seine arme, verzweifelte Seele, in die der Lichtschein der Kindesliebe Hefallseik aus mit der verschmachtenden Natur« als ziehe mit der köstlichen Frische-, die er ietzt tiefatinnend einsog, Friede und Ergebung in sein verwirr leg, veraifteteg Denken. Der tlieaengusz brach ab, plötzlich, wie er aelommen Die Sonne strahlte in die feuchten Blätter. Ein bund-ert stimmiger Jubelchor scholl aus den Bü schen. Komm, Vater, sagte das Kind, wir können geben es ist vorbei. Ja, es ist vorbei, mein lieber Junge, sagte der Blinde mit stillem Lächeln. Komm, wir gehen nach Haufe zur Mut ter! l l Dai- gelriinlte Mütterchen. Aus Nitolailen berichtet Die .,Ost preuß. Zta.«: Bei einer kirchlichen Feier, Die ausschließlich von Frauen besucht war, ereignete sich beim polni schen Gcittegdienste ein heiterer Zwi schenfall. Als der Geistliche den Text verlas: »Weiber, wo habt ihr eure Männer Z« erhov sich zum allgemeinen Erstaunen ein durch die Vermeintliche Rjiae schwer aelräntteg altes Frauchen aus dein Schiffe der Kirche und rief: »Herr Pfarrer, wir sind hier mehr stentheilus alles Wittwen!« Der Geist liche mußte beschwichtigend eintreten, um die cntriistete Alte zu beruhigen. Die zwei Welten. Dienstmädchen: »Lassen Sie doch Ihre Zärtlichkeiten. Herr Bliemchen! Sie sagten ja eben Jlsrer Frau, daß sie Ihre ganze Welt sei!« —— Bliemchem »Na aben, inei Schnabel. awer ’s gibd Se ztvee Weld’n —-— enne alde un enne neie!«