Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 04, 1901, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Von Ernit Muelletibneb.
Berbitlich ftiihes Abendroth
Blinkt durch die Wortsinn
Erztes Feuer singt und loht
Luniq im Kantine
Dämmrrunn schleicht iich leis herein.
Wie die Flammen schwanken,
Wir mn Einid ihr Wicdcrichetm
Spielen die Gedanken
Nun des Tages Wellen fern
Ebbcn nnd vertauschen,
Mögen Herz und Schein-r gern
Stille Zion-sprach tauschen
Spricht das Herz: Wir iind verdnnnnt
Izu dem gleichen Leide:
Taiz wir lodern schnell entflammt
Und verloren beide
Svricht das Scheit: lind tuned iu theil.
Tniz tvir nicht vermodcrsn
Taf-, wir eine lnrze Weil’,
Aber feurig lodern.
Eines iei allein dir werth,
Was die Welt nniii illnimrine:
Tals dir Glutin dir dieli verzehrt
Tren die Deinen warme-.
———- .- -— ---—
Der Thor.
Novelletie von C. R a n d o l p h-L i ch
f ie l d. Ueberfeyl von Hans
Leonardi.
»Halt! Neginaldl Wie gehi·sl So
laufe doch nicht sol«
Jm Begriff, den Londoner Bahnhof
zu verlassen, blieb der Angeredete ite
hen und wandte sich dem Herrn zu, der
ihm soeben auf die Schulter klopfte.
»Ich hätte Dich ohne Bart beinahe
nicht ertannt,« fuhr derselbe fort. »Wie
geht’s daheim? Was macht Deine
Frau?«
»Bedauere, aber ich habe nicht das
Veraniigen Jhrer Belannischafi,«
klang es ihm zurück. »Auch über das
Beiinden meiner Frau lann ich Jhnen
leider leine Auskunft geben, da ich
Junggeselle bin. Ferner möchte ich
bemerken, daß ich nicht Neginald
(
»Was zum Kuckuck —- Pardon —
aber es ist faktisch kaum zu glauben.«
»Sie verwechseln mich offenbar mit
meinem Bruder Reainalv. Mein Name
ist Robert Walesield. Wir haben von
jeher große Aehnlichkeit mit einander
gehabt.«
»Merlwiirdig! Falls-Sie seinen Bart
hätten, wären Sie überhaupt nicht zu
unterscheiden. Jch wußte übrigen-Z
nicht« daß er einen Bruder hat.«
»Sehr begreiflich; er hat nie viel
Aufhebens von mir gemacht. Ich bin
sozusagen der Thor der Familie.«
»Nun, dann gestatten Sie. daß auch
ich mich Ihnen vorstelle: Paul Eassen,
das häßliche Entlein der Familie. Doch
habe ich noch nicht alle Hoffnuna aus:
gegeben, mich mit der Zeit vielleicht
doch noch zum Schwan zu entwickeln.«
»Könnten Sie mir vielleicht meines
Bruders Adresse mittheilen? Jch bin
soeben aus Neu Seelanv —- oder
richtiaer aus Paris anaelanqt, um
während meines geschäftlichen Auf
enthaltes in Europa ein vaar hiesige
Freunde aufzuheben-«
»Ah nun glaube ich mich zu entstn
nen, das-, Reginald gelegentlich einmal
eines Bruders irgendwo in Neu see
land erwähnt hat Er wußte selbst nicht
recht wo.«
»Das glaube ich· Ich habe absicht
lich nichts von mir hören lassen, ehe
ich denBeweis zu liefern vermochte, daf-.
auch der ,,Thor der Familie« es zu et
was bringen kann-«
,,Reainald wird jedenfalls erfreut
sein, Sie zu sehen. Soll ich Sie zu sei
nem Bureau führen?«
»Nein, danie. Zuvor habe ich noch
einen wichtigeren Besuch zu machen.
Jhre Bemerkung vorhin ließ darauf
schließen, daß Reainald verheirathet
ist?«
»Freilich, und vor einigen Monaten
ist bereits ein Sohn und Erbe erschie
nen.«
»So! Und wissen Sie. wen er ac
heiratbet hat?«
»Ja, eine Miß -—— eine Mifz Fens
kour oder Fercour.«
,,(Ftwa Farcour?« stieß Watesield
schnell, scharf hervor.
»Ganz richtig, Farcour. Dora Far
cour.« .
»Don —- Farcour!« wiederholte
Watefield wie geistesabwesend Er .
war jäh erblaßt. Ein undefinirbarer
Ausdruck malte sich in feinen Augen.
Rennen Sie sie? Ein reizendeg,
famoses Weibchen!« rief Gassen. »Und »
schrecklich verliebt in Reginald. Aber «
da lommt mein Zug. Llußerordentlich
erfreut, Ihre Bekanntschaft gemacht zu ;
haben. Hoffentlich treffen wir unss
bald wieder. Empfehle mich Jhnen.«
Watefield erwiderte nichts. Er
stand regungslos inmitten der wogen
den Menge und starrte wie ein Träu
mender vor sich hin, bis ihn die Frage
eines Dienftniannes: »Was zu tragen,
Oerr?« aus seinem Sinnen riß.
Da wandte er sich und kehrte mit
schweren, langsamen Schritten in's
Stationsgebäude zurück.
»Das kommt davon, wenn man in
der Familie als unprattifcher Tbor
verruer ist« sodaß man sein Selbst
vertrauen verliert und nicht wagt, ein .
geliebtes Weib zu bitten, daß es war
ten möge,« dachte er bitter. »Und war »
es nicht in der That unbegreifliche’
Thorheit, daß ich die Möglichkeit eines
derartigen Ende-s nie in Betracht ges «
zogen? . . . . Jch will fofort wieder.
abreifen. Vier ist meines Bleibens
nicht. . . . Frau und Mutter! Und
Sonntags Blatt
) Beilage des ,,!)ccvmska S-matsä)luzkigrr und Herold«.
J. P. Wiudolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» den 4. Let. 1901. Jahrgang 22 No. 5
s 4· . .—.-. - .- .« , . « ,, —
? Reginald’g Frau!. . . . O, nur fort,
» nur wieder fort von hieri«
» se «- i
j An Bord der ,,Miin)e«, die in zwan
; zig Minuten abgehen sollte, war Alles
? in Aufruhr
i Ein großer, glattrasirter Herr mit
? diiftereni Gesicht überfchritt Plaids
; und Decken über dem Arm, einen Kof
i fee in der Hand, foeben die Bootbriicte,
als ein anderer Herr ihm in den Weg
trai.
»Entschuldigen Sie, mein Herr,
kann ich einen Augenblick mit Ihnen
- reden?«
. Der Reifende musterte den Fremden
erstaunt und neigte dann zuftimmend
den Kopf.
»Nicht hier, mein Herr, es ift eine
Prioatangelegenheit. Wollen wir ein
paar Schritte den Quai hinunter
gehen?«
k Ein wenig zögernd lief; der Rei
! sende sich außer Hörweite der auf die
i Abfahrt des Schiffes harrendenMenge
f führen.
,,Neginald Waiefield,« hob der
Fremde jetzt an, »ich, Deteitiv-Jnspek
tor Morris, arretire Sie wegen ver
übter Defraudation.«
»Sie irren, ich bin nicht der, fiir den
Sie mich halten«
) ,,Pah, sparen Die sich die Mühe des
i o ....... um« Om- mckzse «
ttttttt qs V-. IV- o
»
genau und habe Sie, troh Jhres ab
rasirten Bartes, sogleich erkannt. «
Der Reisende schien betroffen und
schwieg fekundenlang.
»Es dürfte vermuthlich zwecklos
sein, die Sache hier weiter zu erörtern,
va Sie meiner Erklärung wohl kaum
Glauben schenken dürften,« sagte er
dann. »Hier liegt indeß irgend ein
Jrrthum vor.«
»Sehr schön, mein Herr. Jch möchte
Sie aber darauf aufmerksam machen,
daß all Jhre jetzigen Aeußerungen zu
Protokoll gegeben werden und Sie
Ihren Fall durch Liiugnen nur noch
verschlimmern. Gestehen Sie daher
offen ein, dafz Jhr«Name Watefieid
i t.«
»Mein Name ist Watesieid,« ver
setzte der Reisende mit geisterhaftem
Lächeln.
Is «- si
»Schön, den hätten wir, sagte der
Ober Jnfpettor von Scotlaud Yard
nachdem der Gefangene in seine Zelle
gebracht worden »Wie hat er 5 auf
genommen?«
»Ziemlich talthtiitig. Erst schien er
nicht zu ahnen, wag ich von ihm woll
te, und alg ich’"H ihm sagte, wurde er
blaß und machte ein mehr nachdenk
liches als erschreckteg Gesicht. Und
Unterwegs hat er denn kaum den
Mund ausgemacht. Aber er stellte
seine Jdentität mit dem Gesuchten gar
nicht in Abreise Hätte ihm auch nicht
viel geholfen, da die drei Hauptzeugen
ihn sofort erkannt haben.«
Später am Tage wurde Wakefield
vor die Schranken geführt uno drei
fachen Unterschleifes beschuidigt, den
er in seiner Sachwaiterpraris verübt
haben sollte Nachdem ihm hierdurch
der formelle Arrestbeweis gegeben war,
wurde er in’s Gefängniß zurückge
Am nächsten Tage sagte thn der
Gesangenwiirter, daß ihn Jemand zu
sprechen wünsche und gleich darauf
sand er sich Aug in Auge mit derFrau
seines Bruder-»
Sie war in tieses Schwarz geklei
Det, das die Blässe ihrer Züge noch
aussallender erscheinen ließ. Doch ihre
Anmuth, ihr Liebreiz hatten nicht ge
litten.
Setundenlang schauten sie einander
ivortlos an.
»Sie h2ben nicht erwartet, mich hier
zu finden. bemerkte er dann. »Viel
leicht tvar ich bei Ihnen schon völlig in
Vergessenheit gerathen?«
»O nein « erwiderte sie langsam·
»Ich tvar nahezu überzeugt, dafz Sie
es sein müßten, da Reginald bereits
sort is. «
»Fort?«
»Ja. Als er vernahm, daß ein Ar
restbesehl gean ihn erlassen sei, reiste
er unverzüglich ab.«
Leise schluchzend barg sie ihr Ge
sicht in den Händen.
»Dann wäre er also nicht im Stan
de, sich von der Anklage zu reinigen?"
sragte Watesield
»Nein.« flüsterte sie tonlos. »Er
hat« mir Alles bekannt, ehe er mich ver
ich-«
’ »Aber was hat ihn nur dazu bewo
gen?"
»Die Verzweiflung, drückende pein
niiire Schwierigkeiten Seit unserer
. heirath war ihm alles fehlgeschlagen.
Hund er glaubte im Stande zu sein,
tdas Geld zurückerstaiten zu können,
ehe der Fehlbetrag entdeckt wurdei
Aber er konnte nicht!«
Wieder verstummen beide.
»Aber Sie s— wie kommt es, daß
Sie, den ich am anderen Ende der
Welt wähnte, statt seiner arretirt wor
den sind?« fragte die junge Frau fo
dann. »Deshalb bin ich hierher ge
kommen. Erklären Sie es mir.«
»Man hat mich, wie schon so oft im
Leben, fiir ihn gehalten. Jch war ge
schäftlich in Paris und iam nach Lon
don, um alte Freunde aufzusuchen.
Doch kaum hier angelangt, änderte ich
meine Absicht und beschloß wieder um
zukehren.« Von Bewegung über
mannt, hielt er einen Augenblick inne
und setzte dann in ruhigem Tone hin
zu: »Im Begriff, den Kaum-Dam
pfer zu besteigen, wurde ich durch einen
Detettiv arretirt.«
»Aber warum ließen Sie es gesche
hen? Warum sagten Sie ihm nicht,
wer Sie sind?«
»Ekitens, weil er mir doch nicht ge
glaubt hättex zweitens-, weil ich Regi
nald, im Falle er schuldig sein sollte,
auf diese Weise Gelegenheit zum Ent:
kommen geben wollte und drittens,
weil —- nun vielleicht geschah es aus
Gleichgültigteit.« «
»Sie haben sich arretiren und in’s
Gefängniß bringen lassen, um Jhrem
Bruder Gelegenheit zum Entkommen
zu geben?«
»Mein Bruder ist zugleich Jhr
ftp-At- »
Wulsc
Fragend, verständnißlos hob sie den
Blick zu ihm; doch was sie in seinen
Augen las, durchblitzte sie mit jäher
Ertenntniß.
Traurig wandte sie sich ab. »Und
was gedenken Sie nun zu thun?«
fragte sie gepreßt.
»Das hängt von Jhnen ab, Dorn-—
gestatten Sie mir, Sie so zu nennen.
Als Bruder Jhres Gatten habe ich ja
wohl ein Recht dazu.«
»O, nicht nur als Bruder meines
Gatten; denn, wag Sie für Reginald
und mich gethan haben, hätte sonst
Niemand --— Niemand fiir uns ge
than-«
»Ich würde gern mehr thun. um
Sie vor Leid zu bewahren und glaube,
daß es in meiner Macht liegt,« sagte
er in innigem Ton. »So lange die
Behörden überzeugt sind, daß ich der
; Gefuchte bin, ist Reginald -«- sofern
! er sich außer Landes hält -- sicher.
Doch sobald die Wahrheit offenbar
wird, wird man ihn verfolgen und sei
ner womöglich habhaft werden.«
· »Ich weiß, o ich weißt«
,,Sein Unglück, seine Schande tä
inen auch iiber Sie, Dota, über Sie
und Jhr Kinde Jch aber habe weder
Weib noch Kind, weder Freunde noch
sonst Jemand, auf den meine Schande
zuriictfallen iönnte.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
fragte sie, den thränenschweren Blick
zu ihm hebend.
»Daß ich Sie liebe, Dora —«
»Halte-n Sie ein!«
»Daß ich England verlassen, um
mir Stellung und Vermögen zu errin
gen, die mir gestatten würden, um Sie
Fu lUclUclL LUlclll Licclllogcll lsl Fllilll
noch nicht groß, doch meine Verhält
nisse völlig gesichert. Nun aber sitze
ich hier, anstatt meines Briider5, im
Gefängniß, entschlossen, seine Strafe
aus mich zu nehmen. Sie werden ihn
zn finden wissen. Gehen Sie mit
Ihrem Rinde zu ihm und saaen Sie
eJ ihm. Gehen Sie mitsammen nach
Neu-Seeland; dort kann er meinen
Platz ausfüllen, wie ich hier den sei
nen. Es werden ihm keinerlei Schwie
riateiten daraus erwachsen. Sie aber
werden nun wenigstens aus dieseWeise
die Früchte meiner Arbeit aeniefien
und all’ mein Streben, all’ die holden
» Träume, daß es sür Sie geschehen,
J nicht verloren — nicht ganz verloren
» sein.«
T »Unmöglich — das vermag ich
nicht!«
»Sie weigern sich, den Mann Jhres
Herzens, den Vater Jhres Kindes zu
retten? So wollen Sie diese und sich
selbst dein Rain, der Schande preis
geben?«
z »Wie könnte ich Ihnen —- Ihnen,
i der sich mir soeben als der edelste aller
’ Menschen erwiesen hat, ein derartiges
’ Opfer zumuthen?«
s ,,Glauben Sie denn, daß dieses
« Opser — falls von einem solchen über
i hauvt die Rede sein kann —- mich tief
unglücklich machen könnte? Es ist
zwar nicht der erträumte Liebeslohm
aber es geschieht siir Sie —- für Sie
allein, Dara, und um Jhretwillen
werde ich Alles mit Freuden thun.
Und daher müssen und werden Sie
darein williaen Und schon morgen
England verlassen. Senden Sie mir,
bitte, noch heute einen vertrauenswür
digen Advokaten, dem ich die nothwen
digen Jnsormationen ertheilen will.
Er wird Sie dann vor Jhrer Abreise
noch aufsuchen.«
»O Robert, wie können Sie mich so
in Versuchung führen, mich zu so traf
sein Egoismus verleiten? Und wie
kann ich Jhr edles, hochberziges Aner
bieten ablehnen und dadurch die Ver
antwortlichkeit iiir meines Gatten,
meines Kindes Elend auf mich neh
men?«
»So willigen Sie ein und gehen
Sie. Ein neues Heim, Vermögen und
Zukunft erwarten Sie jenseits des
Ozeans. Ein lHeini, ein Vermögen,
die im vollsten Sinne des Wortes Jhr
Eigenthum sind, da sie für Sie ge
schaffen worden. Bleiben Sie dort,
bis Sie von mir hören werden. Gott
segne Sie!«
»Und seinen reichsten Segen auchI
über Sie!« rief sie, während sie sich
neiate und ihm die Hände küßte.
Fußtritte näherten sich der Thür.
»Jn Reginnld’s und meines Kindes
Namen,« sliisterte sie, zog hastig seinen »
Kon herniederund driickte ihre Lip
pen auf seine Stirn. »Und was mich
anbelangt, so wird mein Dank nur
mit meinem Leben enden.«
Dann ging die Tbür auf, und leise
weinend wankte sie hinaus.
:- ek sie
. .roiihrend der Verhandlung
zeigte der Angeklagte sich äußerst ver
stoclt. Obwohl er die Behauptung
seiner Unschuld aufrecht erhielt, lehnte
er jede Vertheidiaung ab und nahm
alle Schuldbemeise mit absoluter
Gleichaiiltigteit aus. Selbst bei Ver
tiinduna des aus dreijähriae Einterte
rung lautenden Urtheils blieb er voll
tommen unbewegt. Tag Einziae, wag
er darus erwiderte, war ein leise ge
niurinleteg: »Ich bin unschuldia«.
lAuSzug aus einem Bericht des
»Daily Reporter« iiber den Prozeß
Watesield.)
—-.—.
Im Untersceboot zum Norm-oh ein neues
Project
Andreeg Versuch, auf einer Fahrt
durch dag Lustmeer den Nordpool zu
gewinnen, ist reicheitert und wird je:
densallg so bald nisH wiederholt wer
den. Dafür taucht don Neuem ein
anderes Project auf, dag, kaum ivenii
aer tiihn und abenteuerlich, ein Er
reichen des Norddols unter dem Pad
eise bezweckt und das Unterseeboot in
seinen Dienst nehmen mill. csin sol
cher Plan, so schreibt der »Globug«,
ist bereits vor etiva zehn Jahren in
Schweden discutirt worden, doch da
mals namentlich deshalb ad acta »ge
legt worden, weil man sich schließlich
eingestand, das; die Technik der Un
terseeboote noch in den tiiudcrschuhen
steckte. Heute ist man auf diesem Ge
biete etivag weiter, und so trat denn
kürzlich Dr. Herniaun Anschiitz Läm
pse in einem Vortrage vor der Wie
ner geographischen Gesellschaft von
Neuem mit diesem Plan hervor· Er
geht oon der durch-die neueren Erfah
lulchll kscssuvlclc OULUUDchUUH Unk,
dass die Parteizschicht im Polarmeere
während des Sommers eine nur ge
rinae Dicke, etwa zwanzig bis dreiszia
Meter hat, so daf; sich unter ihr ein
Unterseeboot von fünfzig MeterTauch
tiefe wohl unaellindert bewegen lönne.
Eine weitere, durch die Thatsache ja
auch beleate Voraussetzung ist dann
die, daß das ans dem ..’.eere ruhende
oder treibende Polareis offene Stellen
ecnug aufweist, die in nicht zu weiten
Abständen lMaximum zehn Seewei
len) ein Auftauchen des Bootes gestat
ten und ihm, wenn von arößerem Um
fang, auch eine zeitweilige Vorwärts
bewegung aus dem Meere ermöglichen.
Durch Reeoanoscirung von einer
zwanzig Meter hohen Schiebeleiter
aus soll oon Punkt zu Punkt die
Route bestimmt werden. Jm Uebri
gen erläutert Dr. Anschiitz - Kämpfe
die rein technischen Fragen, darunter
die Versorauna des Bootes mit Lust,
seine Einrichtnna und Ausriistung fiir
die wissenschaftlichen Ausaaben der
Fahrt; so soll dag Boot bis zu acht
unbvierzia Stunden unter Zuhiilfe
nahme comprimirten Sauerstoffs un
ter Wasser bleiben können. Zum
Schluß theilt Dr. Anschiitz - Kämpfe
mit, daß Fachleute am (»5nnstrnctions
plan fiir dag Fahrzeu arbeiteten.
Wie weit der letztere ae«ehen ist, ist
nicht bekannt. Jedenfalls geht aus
dem Vortrag hervor, daf; er sich die
Sache gründlich überleat und auch
selber einiae Erfahrunan im ariti
schen Eise gesammelt hat. Jst der
Plan vielleicht abenteuerlich, so kann
er vielleicht bald als sehr plausibel er
scheinen. tvenisastens in der Theorie —
genau so wie Andrees Plan.
Der Pariser Schauspieler Rrjane und
Mai-i ist-ward
l Die Pariser Schauspielerin Rejane
erzählt folgendes nette Geschichcchen
von ihrer jüngst stattgefundenen Be
geanunq mit Großbritanniens Herr
scher. Wir sind so galant, ihr das Hi
störchen auf’s Wort zu «glauben. Wäh
rend ihres Aufenthaltes in Hamburg
erkannte die Künstlerin eines Morgens
bei der Brunnenpromenade König Ed
Ivard. Seine Majestät trank sein vor
geschriebenes Glas in den kleinen, be
dächtigen Zügen des regelmäßig wie
derkehrenden Kurgastes Mme. Rejane
hatte mit dem ehemaligen Prinzen von
Wales auf so freundschaftlichem Fuße
gestanden, daß sie sich nicht enthalten
konnte, lächelnd eine kleine Verbeu
gung zu machen, als das Auge des Kö
nigs dem ihrigen begegnete. Zu ihrer
Bestiirzuna aber blieb die Miene Ed
toards des Siebenten kühl und unnah
bar. Sein Blick streifte sie ohne das
geringste Zeichen des Erkennens und
richtete sich dann auf andere Personen.
Beschämt entfernte sich die Künstlerin.
Denselben Nachmittag aber empfan
sie in ihrem Hotel den Besuch des Her
zoas von Cambridge, der sie ersuchte,
ihn zum König zu begleiten. Bei ihrem
Eintritt, in welchem Englands Herr
scher ein halbes Dutzend intimer Be
lannter um sich versammelt hatte, er
hob sich Seine Majestät und reichte ihr
mit liebenswürdiaem Lächeln dieHand
Sie mußte neben dem König Platz
nehmen-, der sich wohl eine Stunde
lang in französischer Sprache lebhaft
mit ihr unterhielt. Als sich Mme. Re
jane verabschieden wollte, versicherte
König Edward ihr, das-, er schon lange
nicht mehr ein so amiisantes Plauder
stiindchen verlebt habe und das-, sie ihm
verzeihen möge, am Morgen keinen
» Dank fiir ihren freundlichen Gruß er
shalten zu haben. »Die Verhältnisse
haben sich geändert, seit wir uns zuletzt
sahen,« meinte der Herrscher seufzend,
Sie verstehen?« »Volltommen, Mak
stät,« entgegnete die Rünstlerin Dann
sagte der König ihr einiges Schmei
chelhafte iiber ihr Aussehen und schien
sich fast tindlieh zu frueu, als sie seine
Frage, ob er in den letzten Jahren nicht
sehr gealiert habe, mit einem ehrlich
klingenden »Nein« beantwortete. Am
Abend wurde Der beglückten Schauspie
lerin oom Herzog von Cambridge ein
Ring überbracht, den der König ihr
»zum Zeichen seiner unveränderten
Freundschaft sandte.
- —-.-———
Der istesamnitreiehtlium von Europa und
der Vereinigten Staaten
Nach einer bemerkenswerthen Arbeit
des Statistikers Mulhall betrug am
istnde des 19. Jahrhundert-z das Capi
tal Europas, sein Gesammtreichthum
beweglicher und unbeweglicher Art,
1175 Milliarden, das bewegliche Ca
oital allein etwa 500 MilliardenMark.
Da dag- unbewegliche Capital in sehr
uiel geringerem Grade schwankt. muß
sich dag Verhältniß des beweglichen
zum unbewegliche-n Hat-ital « fortgesetzt
steigern. Diese Entwicklung des
Reichthuinsz im ist Jahrhundert ist bei
sonder-s in England eine ungewöhnli
ehe gewesen, während sie fiir Frankreich
weit geringer ist. Wenn dac— Gesammt
vermiziaen der einzelnen Länder auf
die stopszalsl der Bevolternng berech
net wird, so gelangt man zu folgender
Reihenfolge: Jeder tfnaltiuder besitzt
durchschnittlich etwa 5020 Mart, der
Franzose 52«(), der Holländer 3680,
der Belaier und der tliusse 12(")()Mark.
Wenn nur das bewealiche Capital in
Betracht gezogen wird, besitzt derlsnax
länder im Durchschnitt 2120 Mart. der
Franzose list-ZU, der Holland-er 1()()0,
der Belaier VII, der Deutsche und
Ätaliener je Still, der Russe 115 Mark.
Die Belastung deg Budgets fiir die
verschiedenen Staaten Europas wird
in runden Ziffern folgendermaßen an:
geaebenr Deutschland 4 Milliarden,
also 2 Procent seines Gesammtreich
thian England IX Milliarden oder 1
«lsroeent,75ranlreich Its Milliarden oder
1,4 Procent, Riißland 2 Milliarden
Pi’lIl«"JJtillionen oder "l,7 ProcentOesteri
reich 2 Milliarden oder 1,8 Procent.
Italien 1 Milliarde ROO Millionen
oder 2,53 Procent, Velgien ITFO Millio
nen oder 1,5 Procent, Holland RGO
Millionen oder 1,4 Procent. Danach
ldiirdr die Belastung des Nationalver
möaens durch die Staatsausaaben in
Italien am arößten sein, und es fol
aen weiter: Deutschland. Oesterreich
Rnszland Belaien. Frankreich, Holland
und Enaland
Dazu sei noch bemerkt erstens, daß
der Gesammtreichtlnim der Ver. Staa
ten nach dem Census von lsWJ se groß
i« daß jeder Lilmerikanetn Mann,A
Weib und Kind, etwa 81100 ,,(4599
Mark) besinen müßte, und dasx zwei
» ten-J sowohl in Europa wie in Ameri
i ta, mindestens dreiviertel aller Indivi
Ij due-i »praktisch« »ich-e besitze-i riet
,,Geiammtreichthum« fich also auf Das
letzte Viertel vertheilt.
—-.—
Hist-nament-Kunststück-he- sis Stu- III
Patifek Gauner ausgestat.
« Jn dem bekannten englischen Roman
und Theaterftäcke »Trilby« hhpnoti ri
der Verführer Soengali sein Op er,
f damit es eine große Särr erin werd-.
t Georges Goirand, ein ni geringerer
Schurke, als der polnische Musitenthui
siast, hhpnotisirt in Paris die Mädchen,
meistens Zofen in reichen Familien,
um sie zu großen Diebinnen zu ma
chen. Seine Schandthaten find gerade
jetzt durch die Verhaftung einer seiner
wissenlosen Helferinnen wieder ans
Tageslicht gekommen und beschäftigen
die sranzösische Hauptstadt um so mehr,
als unter den Ausgeräuberten sich
hochstehende Personen, wie zum Bei
spiel der Admiral Punch, befinden.
Georgeg Goirand, dieser Star der
Pariser Gauner, ist ein junger Mann
aus guter Familie, hochgewachsen,
bildschön und so recht dazu angethan,
wie ein zweiter Don Juan, Frauenher
zen zu erobern. Er hätte es nicht nö
thig gehabt, ein Spitzbube zu werden,
aber dieser freie Beruf schien ihm mehr
zuzusagen, als der Dienst im Bureau
oder in der Armee. Er war früher ein
mal in die Hände der Polizei gerathen
und zu zwanzig Jahren Zuchthaus
verurtheilt worden. Aber er wußte ge
schickt feinem Wärter, der ihn wieder
nach der Zelle bringen sollte, zu entwei
chen. Als die arme Bertha Dupuis
ihm eine Viertel Million gestohlen hatte
und dafür im Gefängniß saß, schrieb
Goerand ihr: Sage nur alles! es scha
det nichts! Die Polizei kriegt mich doch
nicht. Eines Tages iiberrannte er auf
seinem Bichcle den Handelsministen
Er wurde arretirt. Auf der Wache ließ
ihn der Commissär, den er durch sein
charmanteg Wesen bezaubert hatte,
wieder frei, selbst ohne Geldstrafe,
trotzdem derselbe Polizeibeamte Evi
randg Photographie und Haftbesehl
in Händen hatte. Als zwei seiner Ge
lichten sich aus der Straße um ihn
zankten, wurde eine dieser Damen ein
gesperrt, Goirand aber schwatzte sich
frei. Eines Tages lief er gegen den Po
lizisten, der ihn früher einmal ver
haftet hatte. Mit bewunderungswiirdis
gen Gleichmuth bat er diesen um Feuer
für seine Cigarette. Und seine feinen
Manieren machten den Beamten so
unsicher, oh er wirklich den gesuchten
Spitzbuben vor sich habe, daß er ihn
passiren ließ. Das ist begreiflich, denn
Goirand wußte sich zu verkleiden und
zu magiiren, sodaß es nahezu unmög
lich ist, ihn zu erkennen. Und so läuft
er noch heute auf freiem Fuße herum.
lslirenliändel in Frankreich verlaufen
meist ohne Blutvergiefkein
Von 1880 bis 1889 (in zehn Jah
ren) sind in Frankreich 645 Ehren
händel vorgekommen, d. h. im Jahre
durchschnittlich 64,5. Von dieser Zahl
haben 146 friedlich geendet, indem der
eine Theil sich weigerte, sich zu schla
aen, cis haben friedlich geendet infolge
einer Einiaung unter Zeugen, 14 wur
den beigelegt, da dem Beleidigten Ent
schuldiaungen anaeboten wurden. 456
Ehrenhiindel dagegen führten zu einem
Austrag durch die Waffen. Von diesen
hat Paris allein 95 auf 100 auf sei
nem Contrr Die Monate, in denen man
sich in Frankreich am meisten duellirt,
siuo September und November; also
der Herbst scheint am meisten aufrei
zend zu wirken. Das Jahr, in das die
meisten Duelle fielen, war das Jahr
MAX während der Periode des Botr
laiiaigiiiiig. Unter den Angehörigen
der verschiedenen Berufe schlaan sich
am meisten die Volitiker, die Journali
sten, die Vjtilitiirpersonen und auch die
Beamten. Man schläat sich am häu
fiuften auf Degen lin 74 Procent der
Fiilletx Utistolenduelle liefern nur 23
Procent der Fälle und der Säbel 3
Procent. Jn Italien werden dagegen
die meisten Duelle mit dem Zävbel»aus
gekochten t;-;-,Z«« Procenix wie unu
chen, Die am meisten Ehrenhändel her
vorrufen, find entweder Angrisfe in
den Zeitungen oder in Versammlungen
oder auch injime Motive. Mehr als die
Hälfte der Pistolenduelle endeten nach
zlveittialsaeiii Kuaehoechfel ohne Re
sultat. Man hat auch festgestellt, daß
der Beleidiger 65 Procent Chancen
hat, denjeniaen, Den er in seiner Ehre
aetränlt hat, zu verwunden, weil in der
Regel diejenigen, die zum Provoeiren
aeneiat sind, zum arofzen Theil im
Waffenaebranch bereits sehr qeiibt sind
Jn Den Säbelduellen kamen in 5335
Fällen ·l7 schwere Verwunounqen vor.
In dem Zeitraum der zehn Jahre, auf
Die fich die Statistik bezieht, ereianeten
sich in den Duellen nur zwölf Todes
fälle.
Jn dem Roman »Nein Menschen«
von Adolf Flachs ls. Ro. MS der
»Berliner Neueften Nachrichten«) heißt
es: »Hier und da schluchzte sie noch
seufzend auf. Er sprach dann kein
Wort mehr, liißte sie bloß sanft auf
die Stirn. Als sich Johanncks Auf-'
renung ein wenig gelegt hatte, kam es
leise von ihren Lippen: lFortsetzung
folgt.)« Das Küssen scheint ihr also
doch gefallen zu haben.
III-III
Stylblijthe laus dem Aufgabenheste
einer höheren Tochter). — »Der junge
Gutsbesitzer fass aus einer Bank im
Hofe und freute sich über vie Vtzger
und Schweine, welche lustig in den
Zweigen zwitscherten und grunzten.«