M-- - --«-- — -«. T in ist-gelöst» Geheimnis-. Von E. Martin ---.--. Jedermann kannte den alten herrm « Jedermann achtete und liebte ihn. Er I war ganz mit den Interessen der Stadt ; Jtpeco verwachsen, hatte beinahe ihre f vollständige Entwicklung mit angesehen E und miterlebt. « Mr. John Mason gehörte den aller besten Gesellschaftstreisen an und, ob wohl er tein eigenes Geschäft betrieb, noch jemals betrieben hatte —- was in einer jungen, westlichen Stadt selten vorkommt — so kannte er dennoch ge nau die Verhältnisse der Bauten, des handele-, des Jntports und Exports, der Schiffsahrt. der im Hinterlande be triebenen Abholzungen, der ebenfalls dort liegenden Bergwerke und der Ami tultur. Er rieth weise, wo er um Rath gefragt wurde: junge Aerzte und an gehende Advotaten wandten sich ver- » trauensvoll an ihn, um ein Arbeitsfeld zu entdecken; Mr. Mason half mit gu ter Auskunft und zweifellos zuweilen mit klingender Münze. Besonders aber waren es die Mütter-, welche sich in schwierigen Angelegenhei ten an Mr. Mason’s bewährtes Urtheil wandten. Wenn ein »Societn girl« · sich zu tief in eine Liebschaft ein«-ichs sen hatte und nun den Eltern «:tia"rie, jenen jungen, hoffnungsvolle.r. Oder be schäftigungslosen Mann, der wenig mehr besasz als einen Gesellschafts-an zug, und teinen Anderen würde sie hei rathen, dann wurde Mr. Mason in ständig gebeten, dern Verhältniss ein Ende zu machen, und das that er meis stens, nicht indem er die jungen Leute trennte, sondern dadurch, daß er dein heirathgkandidaten —— wenn dieser überhaupt ein anständiger, arbeitswib liger Mensch war —- eine ihm passende Beschäftigung, mit sicherem Einkommen . verschaffte. Oder, wenn die Eltern Auskunst wünschten über einen von « answiirts kommenden jungen Mann, der sich in leeco niederlassen wollte - und den Töchtern des Landes gut ges , fiel, dann wurde natürlich Mr. Mason aebeten. Erfahrungen über sein Vorle- F . ..--..—-—.-l ben einzuziehen. Der alte Herr hatte iiberall Verbindungen und tonnte meist ! in kurzer Zeit veruhigende oder war-« · nende Nachrichten liefern; ini erstens Falle gab es vielleicht eine Verlobung Z im zweiten Falle wurde der unliebsame : Fremdling geboyrottet und suchte sich. fast immer bald ein neues Arbeitsfeld· . Auf diese Weise hatten manche Ehe- J paare ihr Glück hauptsächlich Mr. Ma-· T son zu verdanken. Er bedachte sie stets mit einem schönen, kostbaren hochzeito- ; eschent und natürlich hingen sie an ihiii ! in Danlbarleit und Vertrauen, uin io T mehr, da er fortfuhr, sich um das Wohl · seiner Schützlinge zu betiimmern, sie; eifrig besuchte, sich von ihnen einladen liefe, den Kindern und auch den Miit- : tern mancherlei Gaben brachte und im- ; mer reges Interesse für ihre Wohlfahrt ; an den Tag legte. s Kein Wunder, dasz auf diese Weise T eine Generation nach der anderen in H Mt. Mason eine Art Universalonlel er blickte. Er selbst war nicht verheira thet und tonnte deshalb um so leichter » sich den Titel eines Wohlthäterg der I dortigen Menschheit erwerben. Auch die wenigen Armen der blühen den Stadt erhielten ihr Theil seiner Menschenfreundlichkeit; sie tannten ihii wohl und verließen ihn nie ungetröstet Wenn es aber eine öffentliche Wohlihii· tigteitovorstelliing, etwa einen Ball, eine theatralische Vorstellung, ein Lieb habertonzert, einen Bazar oder sonst eines der Feste gab, mit deren Hilfe es Sitte ist, den Armen Hei-sung Klei dung, Nahrung und Wohnung zu ver- j schaffen, oder ein HospitaL eine Dienst-: ’ botenherbeige, vielleicht sogar eine neue « Kirche zu gründen, dann taufte Mut Mason die meisten Billet-i, die er her- i nach an solche vertheilte, die das Schan ....-1·k-- L214-- »Ist- IIÆO Hvs Iplcs guts gern-»u- quukm -.»·. .....,. Stande ioareii, sich das Vergnügen zu erlaufen. leeco ist eine wunderbar aiiinuthig z im liebenden-Gebirge gelegt-ne Stadt, ; ini Staate Washington Mehrere l kühne-, unternelniiungslustige Forscher k waren vor etwa fünfzig Jahren von! Seattle ans in die Wildniß der mach- s tigen Wälder gedrungen und hattenj i l endlich an einem Punkt, wo ein lleiiier, wilder Bergltroin in den großen Sta: . git fließt, einen geeigneten Platz ent- » deckt, uni dort Bäume zu fällen undI diese-, in Flöhe gebunden, dein Pilget l Sonnd zuzuführen, wo, an der Mün- z dung des Flusses, sich damals schon; Sägemiihlen befanden. Nachdem fiel die nothwendigen Vorbereitungen ge troffen hatten und das zu jener Zeit noch ganz wilde Land von der Regie rung erworben worden war, fingen die drei hiiuptförderer des Unternehmens, die Arbeiter mitgebracht hatten, ihr Wert an. Es wurden Bloahäiiser er richtet und eine Stadt angelegt. Wie aber sollte iie genannt werden? Zu leht erhielt sie ihren eigenthiiinlichen Nanien auf folgende Mel e: Die Dauptbetbeiligten kamen alle rei aus verlchiedenen Ostltuaten, der eine von Illinois der andere von Pennsylvania und der dritte von Connecticut. Nach vielem Ueberlegen wurde beschlossen, daß jeder heimathsltaat seine zwei Anfangsbuchltaben hergeben sollte, daraus wurde leeco, ein Name, der ganz indianifch klang und deshalb in die Wildniß paßte, welche eben den Indianern entrissen worden war. In lrn daran folgenden Jahren wuchs sich leeco zu einer stattlichen Stil-O aus. Arn-It der bslsbdlldcl bliihte weiter; es wurden immer noch mächtige DonglassTannen und ande res Nadeihoiz den Fluß hinunter ge släßt, aber die Bäume mußten jetzt weit hinten von den Halten und Ab hängen :—-er Cascades geholt werden, denn in der Nähe war der meiste Baumwuchs ausgerodet. Dafür gab es in leeco Banten, großartige Ge schäitshäusen Kirchen mannigfaltiger Denominationen, ein hübsches Y. M. C. A. Gebäude, Schulen, Gasthäse, pruntvolle Läden, ein himmelanstre bendes ZeitungslokaL eine Konzert halle, ein Theater, viele Nestaurants, unzählige Saloons und zwei hospitä ler; überdies viele hübsche hölzerne Wohnhäuser in modernster Architektur und mit allem neuesten Komsort einge richtet. beinahe ein jedes in einem mächtigen Blumengartecx; es giebt dort auch einzelne großartige, von den Holz-Millionären errichtete steinerne Palaste. Die Gegend um leeco herum ist paradiesisch schön. Jm hintergrund stehen die festen, süns- bis siebenma send Fuss hohen Mauern der Cascades. Ueber diese Berge hinaus erhebt sich im Norden das elstansend Fuß hohe, schneebedeckte Haupt des Mount Ba ler, südwärts der spitze Kegel des Glacier Perri, sowie andere Bergtie sen, alles thätige Vulkane, die aber, glücklicherweise sür die sie umgebendeu Fluren, ihre Wirkungen meist aus ihre eigenen Kuppen und Abhange konzen triren. Bei klarem Wetter kräuseln oft leichte Rauchtvölichen über jenen Berggipseln und hie nnd gemahnen Erdstösze an die unheimliche Nachbar schaft. Die Abhänge der Cascades sind mit dichten Wäldern bedeckt, in de nen prachtvolle Erempiare von Nabel hölzerm von hohen, schlanlen Tannen, Fichten, Pinien und Cedern, nebst al len möglichen Laubbäumen wachsen. Der Stagit, der in Britisch Columbia entspringt, fließt an leeco vorbei, er verschasst der Stadt Wohlhabenheit und Neichthum Das Klima jener Gegenden ist au ßerordentlich mild; der Winter bringt zuweilen Schnee, aber nur selten fällt die Temperatur unter den Gesrier du«-Id- Zm Dom-nn- Zn as n;--m«fe": »n ertriiglich heiß, obwohl es von Ende Juni bis Anfang Oltober selten reg net. Gewitter lennt man dort nicht; die hohen Berge in der Ferne ziehen die schweren Wollen an, und diese entla den sich über ihren Häuptern. Das Land ist ungemein wasserreich und je denfalls eine der fruchtbarsten und zu lunftreichften Gegenden der Union. Die in den Gebirgen verborgenen Schätze sind bis jetzt so zu sagen uner sorscht geblieben, obwohl die Bewohner des Staates Washington genau wissen, daß ihre Berge Edelmetalle und Koh len enthalten. Dort wohnte Mr. John Mason seit dreißig Jahren und sah mit großer Sympathie, aber ohne selbst thätig ein zugreifen, der Entfaltung der Stad: leeco und des ganzen Staates zu. Woher war er gekommen? Das wußte Niemand mit Sicherheit. Natürlich war er in früherer Zeit oft über seine Hertunft befragt worden und dann hatte er allemal offen und freimüthig zugegeben, daß er, trotz seines engli schen Namens, Rasse sei; seinen Tauf namen Jwan habe er in John über setzt, sein Familiennamc sei zu loms plizirt, um sich der englischen Sprache anzufchmiegen, aber Mason entfprechc demselben ganz genau. Seine Aussprache des Englischen war lorrett; er sprach ein reines, flie ßendes Französisch und derfügte über ein sehr geläufiges Deutsch; was fiir andere Sprachen nebst seinem heimath lichen Russisch er sich vielleicht noch an geeignet hatte, blieb begreiflicher Weise den Jipecoanern verborgen. Seine Manieren undGewohnheiten waren ta dellos in ihrer uiidratentidteii triniaak heit; er war in jeglicher Beziehung durch und durch fein und edel, mit e ner unendlichen Nachficht für mennt liche Schwächen. Den Fraqu über die Wahl feines Aufenthaltecs ging er alt-J dein Wege, indem er andeutete. er teur te vielleicht später ein kleines Kapital in einem der industriellen Unternehmen des Landes anlegen. Das that er aber nie. Er verfügte immer über genügen de Geldfuinmm Niemand konnte fa gen, woher er feine Einkünfte bete-g, denn er hatte nichts in den total-n Bauten angelegt. Die einzige erklä riiiig, die man sich machen konnte. war, dafi Mr. Mafon z...toeife nach Seaitle »der Portland, ini Staate Oreqon. rei ste, und daß er sich dort wahrscheinlich die ihm nothwendigen Existeiizmittel holte leach einiger Zeit hörte mari auf, den liebenswürdigen Mann mit Fragen zu bedrängen; er war einer der bleibenden Einwohner geworden, hatte reinen ein ziken Feind, dagegen viele gute. wahre Freunde; er führte ein ruhige9, einfa ches und bequeines Leben; er hatte sich ein hübsches Haus gebaut, das auf ei sier Erhöhung lag und von einein herr lichesi Garten umgeben war, in dent die Rosen in bunten Varietäten iiioiigten Ein deutsche-Z Ehepaar führte ihm den Haushalt; der Mann tvar Gärtner Und Mk. Mason ließ ihm freie stand in seinen Anpflanzungen und Verschö nert-agen, so lange er nur den Rosen besondere Pflege zusammen ließ. Die Frau til-erwachte das Hauswesen und unter ihrer freundlichen, aber exatten Aufsicht durften weder Köchin noch Stubenmödchen ihre Pflicht vernach lässigen. Mr. Mafon leate sich nach und nach eine reichhaltige Bibliothet an nnd war s deshalb in beständiger Korrespondenz E mit vielen Buchhändlern und Berlegern . feines Adoptivlandes, sowie Europas-. Manches Jahr lang war er wahrschein lich der einzige Bewohner leecos ge wesen, der eine Auswahl von Büchern in fremden Sprachen besag. Dir rus sischen Werte wurde von seinen Besu chern stets mit großer Ehrfurcht be trachtet, aber es fühlte sich niemals Je mand bewogen, eines der Bücher jener Sprache zu borgen. Die illustrirten Werte und seine vielen französischen Romane standen immer Jedermann zu Diensten, wie er denn überhaupt unermüdlich darin war. sich seinen Mitbürgern von der entgegenkommend sten, gesälligsten Seite zu zeigen. Nach und nach hatte sich um den Mann eine Legende gewoben, deren Ursprung Niemand kannte, die aber Neuzuiommenden konsequent zugeflü stert wurde. Demgemäß war Mr. Ma son der Sohn eines der russischen Großfürsten aus der iaiserlichen Fami lie, vielleicht des Kaisers selbst. Sei ne Mutter war eine Engländerin und er hatte deren Namen angenommen. SeineKindheit verbrachte er inRußland unter der Aussicht seines fürstlichen Vaters, während die Mutter aus dem Lande verbannt worden war. Als nun der junge Mann aufwuchs und anfing, seiner Mutter nachzufragen, wurden ihm zuerst unbefriedigsrsde Antworten gegeben, bis endlich iixend eine alte Dienerin ihm die W.-.'rheit verrieth. Darüber, d. h. über die Verbannung seiner Mutter, die gezwungen worden war. ihr Kind aufzugeben, wurde er so aufgeregt, daß er von seinem Vater Rechenschaft über das grausame Ver fahren verlangte. Es kam zu bitterem häßlichen Auseinandersetzungem und das Ende davon war. daß der junge Jwan erklärte, er wolle seine Mutter aufsuchen. Darauf wurde ihm bedeu tet, daß, wenn er jemals Russland ver lasse, ihm verboten werden würde« da hin zurückzukehren Jetzt stehe es ihm —--l- -sI-- DI- m-Ä--I«-h- -;I-- ess Ists-W Unda, Its-» Ists Dust-sc un su- sssso v gesehene Stellung zu erwerben, er mö ge daher bedenken, was er durch feinen sentinientalen Eigensinn verscherze. Aber der junge Mann blieb bei seinem Vorhaben nnd zuletzt gab man ihm nach, man war vielleicht froh, ihn los zu werden. Nun wurde ihm erklärt, daß er in der Fremde, durch gewisse Konsulate, eine bescheidene Pension beziehen tön ne, aber nur so lange er sich nicht be · merkbar mache. Als russischer Für-— stensohn müsse er aus der Welt ver . schwinden, je ferner, desto beffer; nur . als unfcheinbarer Privatmann diirfe · er weiter eristiren. Sollte er diesem Palt untreu werden,fo werde ihm nicht nur seine Pension-entzogen, fondern er wäre dann auch seines Lebens nicht sicher, denn Rusiland’s mächtige Arme reichen überall hin. Jwan fand seine Mutter in England in leidlichen Verhältnissen und er ver schönte der lräntlichen, abgehärmten Frau durch seine Gegenwart und lie bevolle Pflege die letzten Jahre. Nach ihrem Tode ging er nach Amerika und nach langem Suchen fand er in leeco den Zufluchtsort, der ihn von der üb « rigen Welt beinahe ganz abfchnitt, und wo Rußland sicherlich teinen Grund hatte, ihn argwöhnifch beobachten zu lassen Nach und nach lernte er seine neue Heiinath und die ihm so freundschaft lich entgegenlommenden Einwohner » lieben. Die Stadt wuchs und gedieh und er nahm regeg Interesse an ihrem Emporkommen Etwa vierzig Jahre alt, war er nach leeco gelommen, und jetzt war er ein Siebenziger, nicht me hr sehr riiftig oft mit Rheumatigmus und Gicht aeplaat, »b» immsr nnd-i froimhlikfi nnd hilf reich, ein kleiner, untersetztcr Mann, mit hellen, blauen Augen, einem etwa-J breiten Gesicht, aar nicht fürstlich ini poliirend, aber menschlich sympathisch Jm Herbst erkrankt er ernstlich, und ehe dag neue Jahr eintraf, war Mr. John Mason todt· Die Trauer unt ihn in allen Gesellschastgschichten war ehrlich und ernst; Jedermann bedauer te sein Hinscheiden und fühlte, dasi der gute Mann vermißt werden würde-. l Zuerst geschah nichts, das zur tGr : leuchtung gedient hätte. Die »Wan ; ber of Commerce« übernahm die Beer digung. , leeeo hatte verschiedene Konsum ! und am Tage nach der Besinnung ers I schien der schwedische Konsul im Hau · se des Verblichenen mit einem von Mr. l Mason eigenhändig geschriebenen Te , stament. Darin vermochte er sein J Haus sammt Garten, mit voller Aug ’ stattung, Möbeln und Zubehör seinen . treuen Dienern und Gefährten, dem Z deutschen Ehepaar. Seine Vibliothek ; aber schenkte er der Stadt leeco, alg H Grundlage für eine öffentliche, freie . Volksbibliothek, die schon seit einiger ! Zeit geplant worden war. Kein Echo von der Außentvelt, keine I Nachfrage, keine Erklärung drang je I mals in das Skagit-Thal, um die kurs sirenden Legenden zu zerstören oder zu bestätigen. Mr. Mason war gekom men, hatte gelebt, war gestorben und » Niemand wußte woher und wohin! « --—«0 an der Kunstausstellung s Mein-Meist: »Die hauptsache bei I einem Bilde sind Farbe und Licht!« Kunstsreunm »Na. so einen kleinen Gedanken können Sie immer auch da bei verwenden!« s Lust-richtet Balinsons Inn-: nimmt-. - H— Von Georg Busse - Palme ; ------—— Jeder Mensch hat in seinem Leben einige Höhepunkte die ihm bis an sein seliges oder unseliges Ende under-gefi lich bleiben. Auch Ernst Alexander Johnson hat te die seinigen. Den ersten hatte er damals erreicht, als er, der eben Amtsrichter in dem kleinen, polnischen Städtchen geworden war, seine alte Studentenliebe heim führte. Am ersten Abend, als sie beisammen saßen, schmiegten sie sich fest aneinan der und blickten wortlos in ihre neue Heimath. Ernst Alexander, in dem ein gefessel ter Dichter lag, seufzte tief auf. Auf den Goldgrund des gegenwärtigen Glücks malten seine Träume Blüthen und Kränze einer späteren Zukunft; und das Grün der Hoffnung war überall. Die Augen wurden ihm feucht. Er griff nach der Hand seiner Frau und küßte sie, so daß sie seine Thränen spürte. Auch i!,re Blicke waren verschwom men. Vielleicht hatte sie seine Träume mitgetriiumt. Sie fuhr ihm mit den Fingern in das braune, wellige Haar. »Wie kann man nur so weich sein,« sagte sie. »Wie kann man nur so weich sein, du Lieber?« Sie lebten sehr glücklich zusammen. Nur einschränken mußten sie sich, denn das Gehalt war nicht groß. Das tha ten sie aber gern. Ernst Alexander trank einen Schoppen weniger als frü her und gab nie mehr als fünf Pfennig Trinkgeld. Allmählich gewohnte er es sich überhaupt ab, in ein Restaurant zu gehen. Wozu auch? Seine junge Frau machte es ihm daheim so behag lich wie möglich, und dasz ihn der Tiro - nenwirth, Herr Jgnah Malczewsti. « nur noch obenhin grüßte, ließ sich ver schmerzen. Als sie dann gar noch an 1 sing, sich mit Schneiderei zu beschäfti gen und ganz winzig lleine Häubchen und Jäckchen verfertigte, da brachte er es natürlich erst recht nicht mehr über’s Herz, sie auch nur einen einzigen Abend allein zu lassen - Es sollte aber früh genug anders werden. Nicht, daß ein Streit ihre - Harmonie getriibt hättet Aber eines Tages trat einer in ihr Häuschen, den sie beide in weiter Ferne geglaubt hat ten. Der präsentirte die Rechnung siir L das stille, reiche Glück, das sie ein vol les Jahr hindurch am Tisch des Lebens genossen hatten, und die Rechnung war hoch. Frau Marianne brachte ein tod tes Kind zur Welt, und drei Tage spä . ter folgte sie dein kleinen Wurm nach in die Grube Ernst Alexander blieb allein. Fortan lebte er ganz einsam. Eine weiche Natur von Geburt an, schien der Verlust seines Weibes ihn ganz gebro chen zu haben. »Es geht nicht so weiter mit Johns son«, sagte der »Aufsichtsührende« ie: den Tag. »Er vergriimt und derein sarnt immer mehr. Wir tniisien etwas thun, um ihn aus dieser Lethargie zu reißen.« »Ja, es ist schade um ihn«, meinten auch die anderen Herren. »Aber was tönnen wir thun?« »Was wir thun können? Er muß wieder unter Menschen. Wir wollen ihn bitten, einmal des Abends mit uns zu kommen, zum Bier.« « Sie besuchten ihn auch. Aber er : wehrte sich. . »Nein, nein«, sagte er eigensinnig. »Ich will zu Hause bleiben.« Dann, als ste nicht aufhörten, in ihn zu dringen, louroe er welcher. »Was- soll ich wohl unter euch? Ich kann nicht mehr so fröhlich fein wie ihr und wäre ein trauriger ltsast.« Es fehlte ilnn aber doch die Energie, « um aus die Tauer zu widerstehen. Er - lief; sich überreden Jni Nasthos vinr Krone, loo sich die Honoratioren allabendlich bersennmel ten, wurde immer tüchtig gelueipt. Diesmal aber, loo Ernst Alexander J Johnson nach so langer Abwesenheit wieder in den verräucherten Räumen erschien, ging eg besonders auggiebig zu. Von allen Seiten stieß man mit ihm an. Widerwillig, mit melancholischenz Lächeln tam er nach, in der Absicht, bei der ersten schicklichen Gelegenheit die Gesellschaft zu verlassen. So est er sich aber auch sagte« daß es jetzt an der Zeit wäre, vermochte er doch nie, der Sache ein Ende zu ma chen. Nathlos den Oberkörper bin und her tviegend und ohne Freude blieb er Stunde nni Stunde an der Tafel. Des Trinkens ungewohnt, wurde er friih berauscht. Es war aber kein angenehnierRausch Seine Kollegen mußten ihn nach Hause führen. Mit schwerem Kopf und Bitterkeit in Herz und Kehle wachte er am näch sten Morgen aus. Ein schwerer Druck aus seiner Stirn ließ den ganzen Taa nicht nach. Er vermochte nicht zu wi derstehen, als Assessor Lindenborn, mit dem er gemeinschaftlich das Gericht ver ließ und der nicht weniger verkatcrt tvar, einige Ausfrischungsschnäpse vor schlug. Sie setzten steh wieder in das kühle, halbdunkle Kneipzimmer und standen nicht eher aus« als bis es gegen Mitternacht ging Einmal aus der gewohnten Bahn ge schleudert, fand er nun gar keinen halt mehr. Der Kronenwirth griißte ihn I jetzt sehr höflich, aber seine Kolleacn k schüttelten aus’s Reue die Köpfe. ! »Es geht nicht so weiter mit John . son,« meinten sie alle. »Wir müssen « ihn zur Vernunft bringen. Er vertrinkt ’ alles und es ist schon jetzt nichts Sel tfnes daß er am hellen Tage berauscht it« .Eines Abends, als sie in vorgerück ter Stunde in ihrer Stammtneipe zu sammensaszen, machten sie ihm Vor- ; haltungen. Er war schon betrunken und unter T ihren wohlmeinenden Worten packte? ihn das graue Elend. »Ich weiß, daß ich ein Lump bin,« sagte er schluchzend. »Ein Lump. ja- « wohl, ein Lump. Aber warum habt Ihr mich nicht sitzen lassen in meinem , Jammer? Warum habt Jshr mich ge- ; zwungen, mit Euch zu trisjten?« »Aber, lieber Kollege! Es ist doch ein Unterschied zwischen Trinken und Trin ten. Wir haben es doch gewisi nur gut " gemeint.« Amtsrichter Johnson lächelte bitter. S »Gut gemeint, jawohl. Alle haben es gut gemeint. Alle, nur der Herrgott nicht. Nur der Herrgott alleine nicht!« Acht Tage später hatte er eine Sitz ung des Lchöffengerichts zu leiten. der Amtsrichter fehlte. : nach ihm aus. gerade, hin und her schwankend, sich vergebens Mühe gab, die Thür seines Hauses aufzuschließen Es war er sichtlich, dasz er eben erst, gegen elf Uhr Vormittags, die Schänte verlassen hatte. lallte er. mpsskbt kommen Die frerren Schläfer »Herr Amtsrichter möchten auf das ; Alle waren schon versammelt. Nur : l Da sandte man den Gerichtsdiener ; Der alte Klemming traf ihn, wie er J »Nun, Klemming, was ist denn?«· t s s i warten schon alle.« »Die Herren Schöffen? Wer denn, , Klemming?« »Herr Kaufmann Tietz. Herr Tisch s lermeister Macztowsti. Herr Rentier i Priemehen . . .« »Was? Priernchen ist auch da? Hat der Kerl denn schon ausgeschlafen? Na, ich lomm’ schont« ! Ohne sich umgetleidet zu haben, ; Wäsche und Kleidung beschmutzt nnd : zertnittert, ging er dem kopfschütteln ; den Diener voran. ; Unterwegs pfiff er ein Kneiplied vor i sich hin. Es schien ihm gar nickt klar z zu sein, wohin er gehen mußte. Der s alte Klemming wies ihn zurecht, sonst j wäre er am Gericht vorüber geschritten· s Man warf ihm die Amtsrobe über. I Dann trat er in den Saal. I Mit würdevollen Gesichtern saßen « die Schöffen auf ihren Stühlen. Der ! Angeklagte, ein blasser, junger Bursche, l i t t erhob sich, als der Tatar sichtbar wur de. Aller Augen wandten sich auf den Richter. ; Mit schweren. unsicheren Schritten: näherte er sich seinem Tisch. z Da bemerkte er den chtier Priem- . chen mit dem er ost zusammen getrun- : ten hatte. Ein breite-J Lachen zog sich über sein gedunsenes Gesicht, das vor Betruntenheit glühte. H »Na, alter Schwede,« rief er ihm mit » heiserer Stimme zu, »auch hier?« i Erschrocken fuhren Alle aus. ! »Setzen Sie sich doch, um Gottes g Willen,« sltjsterte Priemchen. s »Alle-ich Priemchen, gleicht Erst den i Cantus.« : Und der Königliche Amtsrichtcr Z Ernst Alexander Johnson stellte sich in Z seiner vollen Amtgtracht an den Rand des Podiumg und erklärte feierlich: s »Im Eröffnung einer nrsidelen j Schösfensitzung beginnen wir mit dem I T lchanen Liede: l F »Wer krsmmt dort von der Höl7’? Wer kommt dort von der Höle sWer kommt dort von der ledernen, ! Hish-. Ca lTa ledernen Höl)’, s Wer lrnnnt dort Den der Höl)’?« . . . Während er den ersten Vers-' mit dröhnender Stimme absang, verbrei tete sich eine Todezftille um ihn. Nie mand vermochte zu lächeln. Bleich nnd fassungslos blieb Jeder auf seinem Stuhl, und chen durchzuckte die . Ahnung, das; sich hier ein LUtenschem ? schicksal seinem Ende zuneiate. i Er begann noch den zweiten Vers. s Mit den weiten Aermeln seiner Robe ; stieß er beim Tattschlagen an dass ; schwarze streuz, das den kleinen, silber j nen Leib Christi trug. Es stürzte vom l Tisch und schlug mit dumpfem Hall — aus die Dielen. i Da unterdraeh er sich. I Mit blöden, blutnnierlausenen Au « gen blickte er hinunter und dann auf I die Beisitzer. · »So, so, ach —- so —« stammelte er l dann. ; Ein Zucken ging durch seinen Kör per. Schwer ließ er sich in den befiel fallen. Aber die Besinnung war ihm zu spät gekommen. Die Sitzung wurde ver . tagt, und wenige Tage daraus war I Ernst Alexander Johnson aus dem - l l I Richterstande entfernt. -— — i Wochen, Monate und Jahre vergin i gen. Der Amtörichter a. D. war ein I stadtbelannter Trunkenbold geworden. Als ihm Niemand mehr Kredit gab, i ) l i sing er an, seine ganze Habe zu ver- ; tausen. Ein Stück nach dem anderen wanderte zum Trödler. Eines Abends saß er in feiner let- : ren, unfreundlichen Wohnung, aus biLk selbst die Wandbilder lange schon in Geld gemacht worden waren, nnd zer brach sich den Kopf, was er noch ver laufen könnte. Aber nichts fiel ihnr - ein. Ein Tisch und einige Stühle bil deten außer einem kleinen Wäsche schrani sein gesammtes Mobiliat. Berläufliches war aber nur noch in der . letzten Schublade des Schranles, und « vor der hatte er eine heilige Scheu. . Endlich entschloß er sich doch, das eFach zu öffnen, und zitternd und scheu, wie ein Dieb, sah er hinein. Da lag Alles noch wie vor Jahren: Die Häubi chen und die Jäckchen, die Windeln und das ipitzenbeselzte Tauflleidchen. Es war in zwei arofsere Abiheilungenge sondert, die mit blauseidenen Bänder-n umwickeli waren. Daneben lagen noch einige Untersachen seiner Frau. Das Herz schlug ihm bis zum Halse hinauf, als er diese letzten äußerlichen Erinnerungen an so viel Glück und Hoffnung vor sich sah. Er kämpfte innerlich, dann aber griff er doch, während die Schaniröthe ihm bis in die Stirn stieg, die Packete heraus. Jn der Nähe feiner Wohnung be fand sich eine kleine Branntweinschenke, in der wandernde Burschen. verlom niene Handwerker und der Amtsrichter a. D. verkehrten. Der Wirth war ein gefälliger Mann und nahm ebenso gern Kleidungsstiiele und andere Sachen in Zahlung als baares Geld. Zu dem be gab er sich. Er bestellte einen Schnaps und ein KäsebroL Der Besitzer des Lolals, ein dicker, aufgedunfener Riese, der auf einem Auge blind war, musterte ihn iiiißtrauisch. Er brachte das Verlangte ersi, als er das Bündel sah, das Ernst Alexander neben sich gelegt hatte. An den Nachbartischen, die llebrig . k-o ---.-«- c)-ac«l sont-I lUULcil ullU IUU qu Junok wvsuo »so-, vergossenen Getränken rochen, saßen mehrere junge Leute. Als es ans Zah len kam, mußte er das Packet öffnen. Wie die Jäctchen und Windeln zum Vorschein kamen, erscholl ein rohes Ge lachten »Von wo haben Sie das denn ti« fragte der Wirth verdutzt. »Von meinem Kinde.« »Haben Sie denn ein Kind ?« Ernst Alexander biß die Zähne zu sammt-n. »Es ist todt,« sagte er finster. ,,Sonst säsz’ ich nicht hier.« Der Wirth schien sich zu erinnern. »Ach so, Jhre Frau starb ja auch damals.« »Ja, sie starb auch.« »Und das wollen Sie jetzt verkau fen ?« Der Amtsrichter a. D. hörte die Verachtung in diesen Worten und wagte nichts zu erwidern. Mit gesenk tem Kopf verließ er das Zimmer und trat hinaus· Zwölf Silbergroschen hatte er in der Hand. Nach einer nnruhigen Nacht machte er am nächsten Morgen früh auf. Noch unanaetleidet saß er mit wirrern Hirn auf dem Vettrand, und allmählich trat ihm wieder ein Bild vor die Seele, das ihn im Schlafe gequält und gepeinigt hatte. Ger war im Traume seine todte Frau zu ihm gekommen. Sie trug ein wei ßes, faltiges Gewand, und an ihrer Rechten fiihrte sie ihr Kind. Das Kind war naclend und weinte bitterlich. »Du hast ihm seine Hemdrhen ver kauft. Nun friert eg, sagte die Mut ter. Ernst Alexander bekam das nicht mehr aug dem Gedächtnis-. Den gan zen Taa trua er darau, und der Nebel, der jahrelang vor seinen Augen gele — -«·..c«»-«s«. .»..(«- .-. Jh .«.-k ..- t.-««.. k« « Hut LJUHH vieles-uneins unrp un- uns-» Er sah alles, wie eis wirklich war, nackt nnd niiiinerin Er falt, daß der letzte Theil feines Lebens nichts als Schmutz und Schande gewesen war, und Ver ztiieiflnna iiberfiel ibn. ler sprach mit sieh nnd niil den Todten, die ein Traum ihm heranflnsanvnrin hatte, nnd alles in ihni nrsard voll von Bitterkeit und Zellntberachtnna »lis« ist keine Liebe mehr fiir mich, niiltt itn lHimmel nnd nirlit auf der Erde,« saate er laut. Seine Worte dröhnten in dein leeren Gemach Er schreit zusammen. Dann srblna er niit der Faust auf den Tisch nnd spie aus. Die Abendsonne funkelte und sprüh te anf dein Schieferdach dek; alten Klo sterthitrtnisg. Sie brach sieh auch in den Scheiben des stillen, kleinen Hauses, in dem Jobnson wohnte und drang bis in sein Zimmer. Dort blieb sie lanae und leuchtend. Inmitten der gemalte-n Decke, an der tleine Amoretten niit rothen Roer spielten, fteclte ein eiferner Hatt-n, der früher eine Hänge-www gehalten hatte. Die Lampe war lange fort und brannte schon lange nicht mehr. Jetzt hing ein hänfener Strick daran, und an dein Strick hing ein fette-r, ge dunsener Leichnam. Das war der zweite Höhepunkt im Leben Ernst Alexander Johnson’s. Sein zweiter und letzter im Leben und im Sterben : zwei Fuß über den Die len. — — — ---—0.-—«s---— Stoßseufzer eines Main zers. ,,.herrgott, wenn nur emal Eimer e Maschin’ erfinde thät, daß mer am Sunntag sei’ Frau net mehr mitnehme müßt’!«