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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 20, 1901)
Assy- »O « . W; n- .. »I , 2x3ss«-.-«-s«-ss« « I cflsleidenstamm W«--.-«»-w -««M.w - . X F W Roman von Wilhelm chcbfökStclä 1 (8. Fortseßung.) Uird was hatte dieses Fräulein Ma rie as Ausgleich siir so viele Vorzüge ihres Bräutigams in die Wagschale zu leng Nach der Ansicht aller Sachver Fandigery das heißt der meisten Da en ihrer Bekanntschaft, nichts! Gar nich-ts! Jm Gegentheill Erstens, sie war verbliiht, ja, durch aus. Eine dieser norddeutschen Schön heiten, die in ihrer Glanzzeit nach Statut und Gesichtssarbe aussehen,als ab sie zwanzig Jahre lang sich nie ver ändern und alle Stürme der Zeit über dauern würden und die eines Tages nach dem ersten Rauhfrost ruinirt sind. Und zweitens: diese Vergangenheit! »Er-Eine junge Dame, die einmal verlobt war und deren Bräutigam aus Nim merwiedersehen verschwand! Wie lange ifi es her-? Acht Jahre? Zehn Jahres Erst süasi Nicht möglich! Sie war da mals aehizehn alt, und jett ist sie min destens achtundzwanzig!« Aber durch Vergleich und Nachmit uen konstatirte man, daß in der That ersi fünf Jahre seit Joseph’s Nieder bwch irr’S Land gegangen seien und daß mithin des Oberstleutnanis Braut knapp vierundzwanzig Jahre zähle. Irr-dessem «Man ist so alt, wie man aussieht, und sie sieht aus wie dreißig.« sehst merkwürdig und lächerlich, " di es Ballspiel: erst des einen Bruders Braut, dann des andern, erft des jün ren, dann des ältere-at Der Oberst- » »Man-at hat einen seltsam-n Go schaust-» » Er hatte ganz andere Partien kna ehen können. Marie mußte viel lächeln und freundliche Worte sagen in dieser Zeit. Sie wurde von Haus zu Haus gefahren und allenthalben präsentirt als die besondere Sehenswiirdigteit, die jede Braut darstellt-nnd die mit Muße zu betrachten ein altes-, verbries ies Recht der Gesellschaft ist. Sie hatte iuier dieselben Worte zu wiederholen, und das Lächeln um ihren Mund bekam ein starres Ge Wage Wie ein warmer Sonnenstrahl oft der halbverblühten Blume nach kalten Tagen noch einen letzten Glanz leiht, Ho gebt es den Mädchen, denen eine äate Brautzeit noch einmal en chitnrner der Jugend zurückgiebt, aber bei Marie war es, als ob ein harte-J Unwetter auch den letzten weichen Zug von-e Jugend um den Mund zerstört Albrecht selbst fiel das aus. Um dieses Mädchen hatte er gewor den, als see noch eine halbgeschlossene Knospe war, er sah sie Joseph’s Braut werden und sah sie von Joseph verlas sen, er war seitdem beständig um sie gewesen und hatte das langsame Ber wellen, das Anderswerden ihres Ge sichtec nur tin-deutlich empfunden. Er hatte süns weitere Jahre um sie gruben und nncn endlich am Ziele, i Mädchen in seinen Armen, ihr Mund an seinem Munde, das erste Sehnen gestillt, war es ihm, als ob Schuppen von seinen Augen fielen! Ein altes, verblühtes Mädchen, dessen W warmer Hauch unter seinen hei ßen Umarmungen erstarrt war! Bretrogenl Er hatte sich selbst betro gen. Pisa-eilen wenn er in einem Ueber maß ungestillten Verlangens und tiefen its-k- .—- k! WLIIUULI Isc UUILUÅLTALD« »Marie! Sieh mich an-! Starr nicht so vor dich hin!« ftrectte sie sich in sei ner Umarmung empor, erschreckt und voll Angst, eine heiße Röthe schoß in ihr Gesicht, uno die Auan leuchteten in einem hellen Glanze von Liebender Furcht. Es war, als ob plötzlich das Gesicht wieder jung, die Gestalt wieder straff und die todte Seele wieder wach fei. Dann umschlang er sie in einer wilden Erregung: »Marie, ich habe dich lieb! Ich habe dich immer geliebt. Du gehörst nun zu wir, ich trage dich auf Händen, raff dich auf! So, ja, so, tü? mich!« Aber das Strohfeuer anl in Asche zusammen. O I O In einem Herbfttage, vier Wochen vor der hochzeit, gingen sie zusammen durch den Buchenwald, der sich um die Stadt sieht und dessen geil-braune Ætter langsam und ohne Hast nieder flattextek Sie sprachen darüber, ob es nicht besser sei, die Verlobung wie k—-Vet rückgängig zu machen »Ich liebe dich, Marie,« hatte er an Abende zu ihr gesagt, als er tm ihrem Nähtifche gefunden « z immer noch das Bild der chönen M vor sich. »Ich habe dich M eiiebt Und du rmch nicht, ich .- hast ihn nicht ve essen, ich "·J steter hat dich vetge en. Ich M ja nichts, Marie, ich will nur feis- jet jdels Leben EIN säh und siammelnd gesagt hatte,Liige war. Denn er hatte sie an sich rissen wie ein Wabnsinniger, sie an ich gepreßt und ihren Mund geküßt zum Ersticken. O, er forderte! Er wollte nicht nur der sein, der ihr Leben beichütztet Eine Lii:e. Die Lüge eines Men schen, der atles Werben erschöpft bat und resignirt nur noch um Dulden fleht, kaum selber wissend, was et sagt und verspricht. Sie erinnerte ihn daran, und er nickte. »Ja, du basi recht.« Jn einem verzweifelten Ringen die ser wenigen Wochen, in dem die todte Gleichgültigieit des Weibes Siegerin geblieben war, hatte das zehnjährige Sehnen des Mannes sich erschöpft. Er liebte sie nicht mehr. Zuweilen von ei ner inneren Angst gepackt. versuchte er den Brand in sich selbst noch einmal s zu schiiren, leidenschaftliche Worte zu finden, aber diese Worte stockten und sanken in sich selbst zusammen. Strohseuer. Auch bei ihm. Sie starrten düster vor sich hinnen-: sie an die Zukunft dachten: ein Zusam menleben bis an’s Ende, zwanzig, dreißig, vierzig Jahre, oder noch län ; ger. Vielleicht malten sie es sich schlim ! mer aus als nöthig, es giebt so manche i iondentionelle Ehe aus noch schwanke ree Basis, die schtieszlich sich erträglich s gestaltet. Sie sprachen das auch aus, ohne doch zu einem entscheidenden Ent schluß zu kommen. Zweimal vertobt gewesen und zwei mal die Verlobung wiedr gelöst —- das ist mehr, als die Welt einer Dame ver zeihen thu. Mag sie es»thun Jus iIzre clgcllc Ocsullullvllllllg Hin, llllcl III die Gesellschaft ist eine solche Dame in Zukunft todt, existirt nicht mehr. Es ist das Ende, der Schlu hasta. Marie fürcht-«- ote eruriheilung der Welt nicht, aber der Ooeritleut nant legte mehr Wkrih auf diesixrinung der Gesellschaft. Mit kann vieles er tragen, nur nicht M; Gefühf lächer lich zu erscheinen. Unmöglich, ein sol cher Etlat, ganz underckbari Und ein Gefähi der Ritteklichteit die mehr oder weniger jeden Mann be seelt, sagte ihm: »Du tantsst Marie das nicht anthnn. Es wäre nicht mehr und nicht weniger alk- rkne Bernichtnng ihrer ohnehin so ärmlichen, kleinen Le hensstellung.« Ein Mitleid überkam ihn, das siir kurze Zeit die halt-zerrissenen Fäden von ihm zu ihr neu spannte nnd sein schrofer Wesen milderte. Er zog ihren Arm, der schlaff in sei nem Arme lag, dichter an sich und preßte ihre schmale Hand: »Wir sind Themi, alle beide, Ma rie. Es giebt für uns lein Zurück, wir müssen vorwärts. Wir mii en versu che?n, zwei gute Kameraden zu werden, 10 « Es lag etwas Weiches in seiner Stimme, das sie bisher nie darin ge hört hatir. und diese leise Regung von Milde und sanfter Güte wirkte so überraschend ans sie, daß Thriinen in ihre Augen lamen. Der Wald um sie her stand in tie fern S i en. Sie gingen dieselben Wege, die arie einst mit Joseph ge gangen war. Blatt um Blatt flatterte in dein küh len, sonnenlosen Lichte des grauen Ta ges zwischen den Stömmen zu Boden, nich fes-Inh-- sit-I M-. wiss-« Xsfhssno ........ «... ..... »... .-...... »..».... lag eine steudlosecztimmung von-Spat hekbst und nahem Winter. SiebentegKapiteL Seit länger ais einem Jahre beab sichtigte die Frau Baronin von Hei denftatnm, in Gesellschaft ihres Ge mahls die Eurooatournee einzutreten. Man hate sich schon zu verschiedenen Malen drüben angesagt: bei Lady Eleanor Soutbdoivn in London — Schultameradin der Baronin, Tochter deSBostoner Krösuå Jeremy M’Adane, vermählt 1892 rnit Lord William Southdown —, bei den heidenstarnms in Berlin, bei Nest Millman in Flo renz, einer Cousine der Baronin, in Paris, in Rom, beinahe in ans Eu ropa. Aber Europa mußte ich editi den, denn die schiine Jane hatte o viel zu thun, ihren jungen Gemahl in Ame rika selbst den drei Dusend Freundin nen vorzustellen. daß an eine Abreise vorerst nicht zu denken war. Alle diese Freundinnen wurden von des Bräuti geistnst einstigen Erfolgen in Kenntniß ge e : « oe war der beste Reiter auf dem entostzäischen Continent, nicht wahr, « Und h zuckte die Achseln mit emern« lu, als wollte er sagen: »Es niikt nichts, zu widersprechen, sie erzechlt es iedeni.« ; yebrtgeni hatten die New Yoeier » Zeitaan uuo der .Boston heran-« ) bei Oe gescheit der Verlobung aus » « ti beiden sit-M- Wmäthx W-. W ldet Heu-sahen sein den bis-r W Ende-»Mein , gewesen«-cis « « I www-sehst Ist-us enden-den« giebt es keinen Was in der » li, wo inan Sport, Reiten nnd Pferde thet iaxirk als in Nordame rika. Für einen Breiten ein Wagen pserd Namens ZrtelL wnrden in der-i Winter nach Joseplfi heiratd mehr als viermalhnnderiiansend Mark ge zahlt, während das beste Rennpferd se ner Tage, das merkwürdigerweise den Namen «hanover« trug, einen noch höhere- Werth repräsentirir. »Wenn wir die Eurapatournee de endet haben, gehen wir nach England und kaufen Rennpserde,« sagte die Ba ronin. »Wer sich daraus versieht kanft in Newrnarkei zehn-mal billiger als in Kentucky, und mein Mann versteht sich daraus. Wir begründen einen Renn stall, wie ihr ihn hierzulande noch nicht gesehen habt. Wir werden eventuell auch in Chantilly Pferde kausen, denn die normannischen Vollbluis sind die zweirbesien detWe1:.Richt wahr, Joe?« »S( »Wir werden alle europäischen Rennställe besuchen und deren Besitzer kennen lernen, Jde kennt die Herren ja ohnehin. Kennst du den Herzog von Hamilton, Joe2« »J« Den Dur de Felires?« Er nickte. »Wir gehen nach Wien, wo Joseph 1887 die Große Steeplechase silr den Fürsten Esterhazy gewann. Auf Un garn freue ich mich. Alle die Mag-raten kennen zu lernen, das muß wundervoll« sein. Vielleicht Jae, kaufen wir auch in Ungarn Pferde?« »Vielleicht.' Sie war eine geschiiststluge Frau. die sich von dieser Rei e und vvn der sportlichen Erfahrung ihres Gatten petuniäre Vortheile ebensogut wie Ruhm und Ansehen versprach. Die Geschichte Frangipani’s mußte er ihr wiederholt erzählen. , »Ur-mer Schelm,' sagte sie dann und tiißte ihn, »du hattest alles auf eine Karte gesehn das darf man nicht. Du hast nie rechnen gelernt. Ihr Ka valiere versteht davon nichts, von nun an rechne ich siir dich. Mit einem so kleinen Vermögen Rennpsekde tausen, das ist doch Thvrheitt Armer Jve, du hast schwer dafür büßen müssen.« Sie sprach ohne jede Besangenheit mit ihm iiber Marie. »Sie muß sehr lieb gewesen sein,« sagte sie« »ich freue mich, sie tennen zu lernen, wirklich, ve, aufrichtig. Welch eine Fiiaung des immels, daß sie nun doch noch geheirathet hat, und nvch dazu Albrecht. Es ist viel besser sa, als wenn wir sie drüben besucht hät ten und hätten sie noch ledig gesunden. Aufrichtig, Jve, es wäre mir peinlich gewesen. So ein armes Ding! Nun ist alles aut, und ihr gebt euch die Hand, und wir werden alle vier die schönsten Tage zusammen verleben.« Mit einem komischen, aber ernstaes meinten Seufzer siigte sie hinzu: »Ric mand heirathet seine Juaendliebr.« »Du auch nicht, Jam?« »Auch nicht« Joe.« Sie sagte das mit einem san-eh miithig - lustigen Gesicht. daß Joseph sie an sich zog und sie tiisztr. Wie in einem fernen Nebel schwand Marie’s Bild. Er hielt sein schönes Weib im Arm, in der alles Leben und Feuer war, an der alles ihn entzücktn die prachtvolle Figur mit der vollen iivpigen Biiste, das schwere, dunkle Haar, die lachenden Augen, die immer gleiche sonniae Heiterkeit. Sie sehte sich aus sein Knie und leate ihre runden weichen Arme um seinen hals: »Ihr wäret nicht glücklich zusam men geworden, Jve, glaub mir das. Wenn das damals in der »Armh« mit Frangivani auch alles glücklicher ge kommen wäre. Du hättest immer wieder das Glück vers ucht, und schließ lich wiirst du doch dabei kvdsüber ge aangen. Denke dann: die arme III-mis ! lsr schüttelte den Kopf, in der alten Erinnerung verloren: »Nein. Ich hätte es nicht wiever versucht. Nre." »Und wenn nicht! Joe, das wäre stt noch schlimmer gewesen. Der Ge winn hätte eben hingereicht, veine Schulden zu bezahlen uer die Aus steuer zu tausen· Dann hättet ihr euch einschränken müssen an allen Ecken und Enden, und Kinder wären ge kommen, unv deine Frau wäre in Mühen und Sorgen verblüht unv — alaub’5 nur, Joe, es war besser so. Ganz abgesehen davon« — sie lachte und lüsrte ihn zärtlich --, »daß du nie Plane Belmont zur Frau bekommen hättest.« Joseph versuchte zu lächeln, aber ein Frösteln ging über ihn hin. Er hatte sich wenig verändert. Seine Gestalt war breiter geworden, vielleicht ließ ihn ver elegante Civilanzug so erscheinen. Seine Augen hatten im mer noch das Lässige, Gutmüthige, und das Gesicht sah noch so jugenviich aus« daß alle Damen erstaunt waren, wenn die Baronin das wahre Alter ihres Gemahl-Z rathen ließ. »Achtun«ozwanzigl« Das wollte Niemand glauben. Mrkwllrhig, wie spurlos diese Jahre an ihm vorübergegangen wa ren. Sein Gesicht, das in her Sonne von Mexito verbrannt war, wurde da oben in soston wieder hell; und ein Wesen, das in sver Arbeit unt das - sein etwas saftiges Unsches, Eiter i sches.anqenommen tte wandelte aufsallend ras r rts zu seiner alten, leseten onn. Nur ein leiser Rest des par-s « ums, has aus jeden U W M , blieb Zurück, so und verdeutlich, daß es dein den laseeisonerini W Tritt und ärmlich tote den meisten. die in seiner Lage in’s Dollarland komme-, war es ihm nie ergan en. Die kleinen Unterstütungem die ein Bruder und Rochui ihm zukommen ließen, hielten ihn zunächst itber Weis ser, seine Kentniß des Pserdes hats ilnn dann durch und brachte ihm mehr als einmal gute Stellungen und be deutende Gewinne. Er war nicbt Ges schästsmann genug. um eine Ebnnce auszudeuten andernfalls hätte er in Kentucky und zwei Jahre später fin Calisornien ein Vermögen machen können. Jane Belmont lernte er kennen, als et mit Leland Stansord, dem calisor niscben Erzmillionät, und dessen Rennpserden nach New York lam. Stansord’s Name war damals in al ler Munde, er hatte die große, nach seines Sohnes Namen aetauste Uni versität aus eignen Mitteln dem Lande Michenln er war selbst schriststellerisch thätig und galt als Rennmann und als Züebter für die erste Autorität. Er führte Joseph Heidenstanim in die New Yorier Gesellschaft ein« und wenige Wochen später hatte das schön ste und reichste Mädchen von Boston den Cavalier für sich ern-bett. «Greisen Sie zu, lieber Freund,« sagte der Senator Stanford, »es th eine-Partie, wie Sie im Leben keine bessere finden werden. Miß Jane liebt S·ie, das ist sonnentlar. Nur nicht zögern!« Die Yankees meinten es gut mit Jo ss feph heidenftamm. sie hatten ihn im mer liebenswürdig aufgenommen und behandelt, vielleicht weil er in feinem ganz-en Wesen das fchroffe Gegentheil ihrer felbft bildete. Jane Belmont war ein Weib, das keinem Manne gleichgültig bleiben konnte, auch Joseph nicht, aber feine Liebe zu ihr erwachte doch erft fpiit. Der Wendepunlt war für ihn der Tag, da er Albrecht’s Brief mit der Mittheilung erhielt, daß Marie sich feinem Bruder verlobt habe. Er begriff es nicht, er war wie vor den Kopf gefchlagenl Er hatte ge glaubt, ohne sich dieses Gedankens je recht bewußt zu werden, Marie werde ledig bleiben in aller Zukunft. Es fchien ihm, als fei fie die hüterin jener glücklichen Jugenderinnerunaen. die tie aleichfanr rein zu bewabren die Priefterinpflicht habe. Auf ihn, «o fevh, kam es nicht an: er war ein Ver bannter, Ruinirter. ein Mensch auf fchwantendem Boden. den das rauhe Leben hin und her waxf Ob er ein reiches Miiwn heirathete oder nicht« fchien faft gleichgültig Er war nie ein heiliger gewesen« im Gegentbeil, aber Marie war in feiner Erinnerung die Heilige. Sie umfchloß aleichlam wie ein Kelch oon Kryftall alles Schö ne und Gute feines Lebens. feiner Hin-derzeit feiner Jugend, feiner glücklichften Tage. Albrecht’s Braut! Er begriff es nicht. Damit war alles zerstört. alles. Jhr fiifzes Bild, das in der Entfernung des Raumes und der Zeit immer zar tere, feinere Linen anaenommen hatte, das fiir ihn in den fchwerften Tagen ein Halt und in den schlimmsten Stun den da unten in Mexico und drüben in dem verruchten Franrigeo einSchutz ewefen war, das lag gestürzt, zer fchmetteri. Die erfte Thriine feit undenllicher Zeit kam in fein Auge. Als er Jane den Brief gab, las fie und fah ihn dann mit einem feltfamen Blick an: .Du bift traurig, Jofephi« Er antwortete nicht, feine Kehle war wie zugefchniirb Sie nahm feine Minde- «Jofepb. glaubft du« ich oerftehe das nicht? Die erste Liebe veraißt man nie, und wenn man eines Tages hört, daß fie nun auch zu einem anderen gegangen ift,f dann thut das weh. Aas ift doch fo« ---k-LILJ- L----Lts!.c. meuspqiuq urgr.usnuy. Zug-l llllu lUlc alle nicht, Joe, du auch nicht, du erst recht nicht-« Sie sah ilnr mit ihren» großen, verständigen Augen nahe an.; »Du darfst ihr nicht böse sein, wie sies dir nicht böse sein dari. Nun lomm,s Joe, wir fahren nach Momnouthart, : das bringt dich auf andere Gedanken« ; Sie fuhren nach Monmouth Part,i und Joseph tam wirklich auf anderei Gedanken. ’ Er saß in dem kleinen Buaap, Jane links neben ihm, und er hatte alle Hände voll zu thu, um die Zügel des Trabers zu regieren, der ihm fast die Arme ausriß. Es giebt nur ein Land « in der Welt, wo man zu fahren per itebtt Was sind die ungarifchen Jucken mit denen die Kavaliere in Wien und Budapeft tutschiren, oder die Orloin in Moskau, oder die irischen sacks in de Pakt verglichen mit diesen ame ri aniichen Wunderpserdeni ! Die ie en in einem Tempo. daß den Jniassen Töten und Sehen vergeht, und mau muß ausgezeichnete Nerven und eine sehr sichere band haben. um in einem wilden Trabelnebenher hastender Wa gen die Linie zu halten. Joseph saß wie aus Erz gegossen, den Kopf leicht vorgeneigt, die steh-ti gen Arme fast terzengerade ausge reckt, und Jane lehnte neben ihm in ihrem hellen, du tigen Musielintleide. iiber das der tragen chmuß Prisprisih als ob Pariser n elintotiime den Werth eines Kattun esens hätten Jbre Augen dli ten vor Freude: «Vrfaetlv’o,s , alles htfitnd size schritte wei en X e mnier en zwi den geis;e Lippen wie eineYlasendeinvei : «Allez, Joe, hol’ et Den dat Da vorn! Den Fuchst Bd Gibt-Its ist Jan OpuldT Trattert pk Sie holten ihn sie holten allet Der ealitarniiede Inder aina vie eine Ma W sei-ine. und die eiserne Faust seines Lrnbers zuckte nicht. Bist-teilen schnalzte Joseph leise mit der Zunge, dann spitzte der Hengst die Ohren nnd blickte Jane mit noch liellerrn Augen. Und als iie nie qanze riesige Menge der zum Rennen tut schirenden Wagen passirt hatten und mit freier Fahrt geradeaus sausten, lehnte sie sich zufrieden zurück, streifte mit dem weißen Handschuh gleichgül tig über die Svrihslecken aus dem Musielin und schaute mit einem be wundernden Blick aus ihren Begleiter Ein Mann! Ein ganzer Mann! Wie hübsch er aussah mit den leicht gerunzelten Augenbrauen unter denen die Augen gros und ruhig geradeaus blickten! . »Ide?« Er schaute einen Moment zur Seite: «Jane?« Mit einer leisen. fast nnmertlichen Bewegung rückte sie ihm näher: »Ich habe dich lieb, Joe.« Noch einmal blickte er nach ihr hin und lächelte, dann mußte er wieder alle Aufmerksamkeit dem Pferde zu wenden. das wie ein Pfeil vorwärts zog nnd einer neuen Wagengruppe sich näherte »Wahnsinn,« dachte Joseph, «alle Sentimentalitiitl Nimm das Leben, wie es ist« Neben dir sitzt das schönste Mädchen, und die andere hat dich längst vergessen!« Und er beugte sich . vorwarm die Arme um eine Hand breit dorefchiebend. Der hengst ging rascher, von seinem Gebiß flogen leichte Schaumslocken und wieder blieb Wagen um Wagen hinter ihnen. Er fühlte nebrnsich das warm dulsirende Leben des schönen Weibes, hörte ihren Athem, und plotzlich, mit einer turzen, Fächern Wendung sah erihr in’5 Ge i . . »Ich habe dich liebt· Er stieß es zischend zwischen den ähnen dor «Joe, baß aus! Um ottes willen!« Um ein haar hätte der leichte Wa gen mit einem Sulty larambolirt,aber schon war die Gefahr vorüber, hatten sie den andern passirt. »Sieh nicht wieder zur Seite, Lieb ling, um keinen Preis-. Aber sag es noch einmal: Jch habe dich lieb.« »Ich habe di lieb!« Sie wiederho te es in einem zärt lichen, entzückten Tone: »Ich habe dich liebt« Und mit heißen Wangen. sich näher aneinander schmiegen-« sagten sie bei de abwechselnd in kleinen Nausen im mer dieselben glühenden Worte, wäh rend der Staub der Landstraße um fre her sauste, rechts und links Wagen oorbeillogen, Fläche erschallten und Vserdetövsr. Räder, Menschen wie ein Herensabbath aus der bollaedrängten Chautsee um sie her wirbelten. Jn Monmouth Pakt aus der Renn bahn begrüßten sie tausend Leute. Das ganze vornehme New Yort war draußen, und Mist Jane kannte dieses ganze vornehme New York. Jhre wunderbare Toilette war ruinirt, von hundert Schmutzslrcken und Staub überdeckt, aber nichts ist to chic als diese vernichteten Renntostiimr. , So kann man nur aussehen, wenn man hinter einem Trotter saß, der die eng lische Meile in 2:10 geht. Und neben einem Kavalier, der 2:10 zu fahren versteht. ,Und wer versteht das? Von tausend nicht einer! Joseph ging neben ihr in einem Rausch. Er sah, wie alle Welt ihn und seine schöne Gesähriin bewunder te: «Vollblut alle beides · Nicht eine J dieser tiinstlich zusammengeschraubten « Verbindungen, wie sie sonst die nieder- « aebrochenrn europiiischen Seigneurs mit den amerikanischen Erbcnnen ern gezn.« » . f L.» , ,s L.- LEC Yluu Iruuu et rules-u uns un »Ur-»e» dort, wohin er aehörte. WiederGentln man großen Stils-, reich, und vor ihm ein wirtliches Leben: zunächst weite Reisen, dann aus den großen Gütern der Belmonts die Anleaunq eines ersttlassiaen Gestiits, eine Thä tiqteit, die scharfe Arbeit und volle1 Krast ersordertr. Jane verlanate von ibm, dasz er arbeitete: »Nu: nie müßig » gehen, Jor, das ist silr uns beide die» Hauptsache; ein Mann, der nichts lei- ; sten würde, wäre siir mich nicht gesi macht. i Er hatte schon setzt Vermessungenz angestellt, die Paddocks abgrenzen lgs- - sen und genaue Berechnungen gezogen. I -«Mit deutscher Gründiiehteit und; amerikanischen Mitteln etwas leisten: dürfen, das lohnte sich zu leben, bys Jove.« l Weiter und immer weiter schwand, Mari« Biw. Ei versank in einemi Strudel von neuem Leben, Genieszen »und von einer —- ja, einer neuen Liebe! Er hatte Jane Belmoni vorn ersten Tage an, da er sie kennen lern te, gern gehabt: ihr schönes Gesicht, die 1 volle Gestalt, ihr offenes Wesen, aber i ihre Verlobung war mehr ein usakn- H mensinden gewesen, ein Geschäft auf; gesunder, guter Basis, als eine zwin- ; gen-de Neigung. Jene selbst in ihrerj offenen, heiteren Weise leugnete das; nicht. Wir passen zusammen» Joe,. und M ist diehauptsachr. Du bist ein ; Mann. wie ich ihn mir»jmmer ge-! wünscht habe.« Jtn Vergleich zu den heirathen ihrer meisten Freundinnen, . die entweder nach Europa verhandelt wurden an die finanziell und körper lirh ruinirten Kavaliere, oder in New York Millionäre oder Milliardörej zum Manne nahm,war Jan« Bek- « hindre eine Art »Liebesheirath«. i Ein nnn mit dem besten Namen,l vornehm. imm- ltilbseh ein aläneender« Reiter, ein liebenswürdiqer Mensch —- iie hatte ihn wirklich aern. Es tonr WEI s eine so Musikg- mkv Oder-ei setz-s dein-nd wie sie von hundert reich Meidchen kaum eine abschließt. Und das im Ansan etwas time, i kluge,«-liebensivtirdige erbältnth zwi z schen ihr und osepb wurde mit den « Wochen Find anaten immer war mer-. Wahre-ed die Eben ihrer Freun dinnen nach der kümmerlichen Komb thie der Qochzeitswochen Et- er j siarrten, iublte Jane »Hu t e»m jungen -Gatten sich immer naher binnezogem « Damals aus der Fahrt nach Mon irnoutb Pakt hatte sdas Liebesspiel l zwischen ihnen begonnen. aber es war . doch nur ein Spiel gewesen, ein flüch « tigeö Ausladern der sinnlichen Leiden s schaft. Jetzt langsam lamen sie einan . der immer näher. Sie waren beide junae Menschen, und die Gluth, die unter Jane’s etwas kalter, angel söchsischer Schönheit schlies, wachte aus. Es gab zwischen ihnen keinen Liebesiturm, der mit alles besiegender Gewalt zwei Menschen zusammen siihrt, dazu fehlte es durchaus an ei nem Anlaß, denn sie gehörten einan der nach Gesetz und eigener freier Be stimmung, der zu widersprechen Nie mand aus der Welt einRecht oder auch nur einen Anlaß hatte. Niemand stand zwischen ihnen« und die einzige, die wie ein dunkler Schatten sie durch ; die Macht der Erinnerung hätte tren j nen könne-» hatte diese Macht selbst tzerbrochen und war eines anderen i Mannes Frau gewykdem Hans-H Liebe ver-ten immer einen etwas nüchternen Zug, der nach einer heißen Liebesstunde in einem sa«rkasii schen Lächeln sich äußerte. einem Lö cheln, das halb verlegen, balb ironisch sie selbst nnd Joseph oersdottetr. Aber es kamen immer wieder Stunden, in denen sie dieses Lächeln vergaß und in einem Rausch von Jugend und Ver lanan ihn umschlung. Dann wieder das Lächeln. und dann wieder Liebes « gluth Sie sina an, Joseph wirtlich zu lieben —- in ihrer Art, mit ihm glücklich zu sein — in ihrer Art. Und in ihren stürmischen Umarmungen be aann er zu glauben, dass jene Liebe damals in »der kühlen norddeutschen Stadt eine Art Kinderliebe gewesen sei, ohne Feuer und ohne Gewalt. Eine Vorsriiblinasliebe, sehr weich und sehr sein« aber so schwöchtich und zart, daß sie keine Lebensdauer hat« Wie die kleinen Blumen, die in warmenMiirzs taan sich siegesiroh hervorwagen und non dem ersten Frost zerknickt weidet-, kraftlos und ärmlich. Nur Nachts im Traum sah er alles l wieder wie einst. E Marie! ? s Er suhr dann aus und blickte wire um sich. Marie —- — — Achtez Kapitel. Der Schnellzug von Hamburg nach hannover fuhr durch die Lüneburger Heide. Während der ganzen lan en Fahrt zwischen den beiden grasen » Städt-n sieht man rechts und links sast nichts als die weißen Bitten, die den Bahndatmn säumen, gelbe Gin sterbiische mit »den leuchtenden Blit tben, die Richard Plantagenet im ! Schilde führte, rothe Diiteln, die das E Wappenbilo der Stuartkiinige waren, ; und niedrige Kiefern und edit-blühen de Heide. Wenn man einsam aus ei nem der kleinen hüael steht und sieht » weit hinaus rechts und links und nach allen Seiten in die endlose Fläche mit ihrer unbeschreiblichen Einsamkeit, iiber die sich der himmel wölbt, so· ist ? es, als ob iiber das Herz ein Friede )aebt. Jn diesem großen. lärmenden Deutschland mit wohlbestellten Fel dern. sleiszigen Stadien, vielbesuchten Gebirgen und Menschen und Menschen und Menschen die einzige Stätte tirss ster Ruhe! Die Bienen summen, ein Vogel zieht über die Heide, sonst ist Elle-z voll Schweigen und Unbeweglich« Ll . ( .»,.«-..-.-. — se Man hört sein eigenes Herz pochen, vielleicht weil es lauter pocht als drau szen im Getriebe. » Aber man dars diese heilige Heide niiit von dem Coupesenster des S.·lsnellzuaes sehen. Da erscheint sie rechts und lints eingerahknt dusz tahle Telegraphenstanaen, deren Drähte immer aus und ab schwippen, bald hoch steigend, daß man himmel und Kiesetn sehen tann, bald hernie dettanzend, daß man nichts als lange Parallelstreisen erblickt, die sich be ständig heben und ssenten. Alle tau send Meter erscheint die nüchterne Bude eines Bahnwärters mit ihren rothen, schmutzigen Ziegeln und dem tleinen, elenden Garten, in dem ans der Wäscheleine buntes « ug flattert. Wien-eilen ein Dars, b sweilen eine Stadt. Alles um »diese Eisenbahn her ist peinlich korrekt, die Bitten stehen wie Soldaten, und wenn man eben glaubt, einen Blick in die weite heide thun zu können, so erscheint ein sck-icarzbrauner Bahnzann, der genau so Ringe neben dem Canrierzuge her itiujt. vig das Auge sich iniide und ge ärgert abwendet. Man liest ldie »Dam buraer Nachrichten« oder lehnt sich zu rück und schläst ein. ' »Also das ist Deutschland,« sagte Baronin Jane und schüttelte den Kopf- »Mein Gott, Jae, ich hatte es mir anders aedacht.« Sie hatte sich aufrichtig Mühe gege ben, die Heide, von der Josep ihr ge stern Abend bei ,,Psorte« in ambyks viel vorgeschtviitrnt hatte, schön zu sinden, aber ihr Eint-finden versagte. Es bätte vielleicht auch versagt, W die beide ihr in stillster Einsamkit seen von dein dröhnend-en Rollen der » Eisenbahnräder gezeigt worden wär-. Gortsehung seist-)