Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 13, 1901, Sonntags-Blatt, Image 13

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    cis-net schreit-ebnes von
Likkie yanfiiengeh
No. 101. Jch
sin doch schuhk
genug e akig
friedliebende
Person, awwek
wann ich so
drin-wer nach
denke, was
mich alles in
den verdollte
Bussalo schon
gehcippend is,
dann wnnner ich manchmal, wie ich
das nur hen siende könne. Jch sind ja
eiviß an manchen Pufch un manchen
äkuss gewöhnt, awwer wie ich hier ge
iriet wer’n, do hött sich alles kiff. Es
gibt Sache, wo aus eme Kakb en Leien
mache, wo sich kriimme duht, wann an
ihn gesieppi werd un so is es in mein
sieht-. Wann mich das Krümme nur
gut duhn behi, dann beht ich ja noch
gar nicks sage, awwer je mehr ich Dicke,
esio schlimmer gehts mich. Jch hen
Jhne doch verzehli, was ich for en
Truhel in den Reftaurant gehabt hen,
wie ich hezahle hen wolle un hen sei
Geld gehabt. Well, der Affisser hot
nii nach die Stehschen genomme un
tch en gefiehlt, als wenn ich in den
Graund hätt krawwele solle. Die Leit
hen all gedenkt, ich wär e Pickpacket
un hätt mehdie en silmetne Spuhn ge
stohe. Jn die Siehfchen do hen fe
mich gesökticht. Misier Edithot, frage
Se mich nit, Jhne zu vetzähle, wie fe’5
gemacht hen; wei ich mißt mich zu
Doht scheine. Jch hätt in mei ganzes
Lewe nit gedenkt, daß in den toße
Kontkie von die Juneited Ste ts s
Lebt-it den Weg getriet könnt wer’n.
WelP die ganze Stohrie in e Nottschell
is gewese, daß se hifeids mei Watsch
un Tschehn un met Tschuwelletie, nicks
bei mich gesunne heit, wie die paar
Centd. wo ich noch gehabt hen un e
Bäcketsch Ticket von den Hotel wo mer
estappt hen· Wie se das Ticket ge
funne hen, do hen ich genohtift, daß se
ebdes mitsamme ewischpert hen. Jch
sin dann in die « chehl geführt wotde
un sin in e Sell komme un das erschte
Ding was ich do gedahn hen, war, daß
ich efnol e diesendes Stickelche egreint
heu. Ei tell jah, am liebste gätt ich
etzt gegliche, wann ich eingeschlofe
at un wann ich wach geworde wär,
dann wär ich doht gewese. Jch hoffe
nut, daß der Philipp, was mein Hos
band is un die Kids nie nicks von die
Schehm erfahre. Spätetan hen se auch
die Leits ausgedteht un do is es io
dunkel gewese, daß ich mei Nos nit
mehr hen fiehle könne. Jch hen mich
nff die Bensch gelegt un hen getteit zu
schlafe; da spiit ich uff eernol wie edbes ;
an mein Stackin etum itaiowelt; ichs
In schnell hingegtiffe und do hen ich e
ätt getäckelti Do hen ich awwet en
Schrei elosse, daß met'sch bis an die
Stritt Kot höre misse. So hen ich we
nigstens edenit, awwee ich denke, T
sind miößtehlen eroese. Es is mi
niemand zu Hil komme un ich hen
doch so schrecklich gefoffett. Alles was
ich hen duhn könne, war, daß ich mei
Schahl un mei Schiirts erum ganz fest
geteit hen, for daß ich wenigstens von
die Rättg ser war. Ich hen getreit e
wenig zu schlofe, awwek do is auch
nicks draus geworde. Denke Se nor
eniol, ich hen doch schon widdee so ed
beg sonnigeö gefiehltx diesmol is es in
niei Zehe gewese. Wie ich hingegrifse
hen, do hen ich ausgefunne, was es
war, es wate KackrutschesZ Dieselxoe
Zeit hen ich iwwetall Beits gehabt, un
ich hen en Schierke ausgeh"alte, das
sann ich Jhne gar nit bescheeitve. No,
no, den ich zn mich gedenkt, do ioer’n
ich e schöne Kolleischen von Eiinimels
nit heim bringe! Wei, ich gehn schuht
nit eher heim, als bis ich weni stenö
en haltve Dag lan in e Bäcke? voll
oeniiecttpiiiuder geioffe den, bis all mei
Kleider tin der annere Stoff verbrennt
d und ich e Trietment mit Schimp
wich iin Tahriodp dorchgemacht heu.
Ich iunn Jhne sage, ich den do e Nacht
eigabh die dadn ich mei-m schlimmste
Feind nit wiini e. vArt-wer do is nie
mand dran schu d, wie die Wedesiveb
lern. Die is mich en schöne Freind!
Die iolli eicheliini sei, noch so giddie
ku sein und die Menniohkg io nachzu
aiife. Un dann hen ich die Weinstock
letn einigen Name aerufe, ivo ich nor
den denke könne. Off Hohes hen ich
das alles nur in mei Hufeit gedahn,
bikads ich hen nit gedelir , en Lan von
mich zu einwe: do hätt ich ja eischt
recht die tientichen von die Rätts un
die onnere Ennimels auf mich gekuhlt
un ich den die Biester doch fuhle wolle,
io daß se nit aenohiiiit den, daß Je
and da is. Wie ich mit Schimpfe
oich geweie sin, das meint. wie ich an
sur keine Reismg mehr hen denke kön
ne, too ich die Wedesioeilern hätt rufe
könne, do den ich e gan klein weni
besser geiiehlt un ich den e ich den auch
e wenig geschlafe. Uif dem-i mach ich
mei Augedeckei uif, un do en ich Licht
gesehn. Jch war’n zueri t geschiehrt
wie alles, wie ich en Lapi-er gesehn
den« wo bei mich geitanne hat. Mein
erschie: Gedanke war, so, jetzt neninie
xe doch zu den Schafkoti un schneide
ich de halb ab. Der Zoiieömann doi
mich aiigeschnaiizt wie alles, ich denke,
der is emol en preißiicher Unneroffis
ie r gewese. Er hvt cicssgtt »Was
iä t Jiine dann ennihau ein, uns den
Truivel zu niachei Warum hen Sie
denn kein Wort gesagt, daß Sie
Hieinde in die Zittie hen un daß Sie
in en hotel wohne? Do hätte mer gar
seit zu den Batter m aedn brauche.«
M
»Ich hen ja auch gar keine reinde
hiet«, hen ich gesaat, an die « edess
wetletn hen ich gar nit edenii. Do is
se uss einmal in mein ell komme un
is mich um de hals gefalle un hot mich
geiißt un hot gesa i: »O. mei, Lizzie,
was sind ich so froih daß ich dich wid
dee heu, ich sin ja beinah schon zu
doht gestorwe, bikahg ich sind jo effreao
for dich gewese. Warum host du mich
dann nit Wort geschickt, wenn ou in
Trabel gewese bist? Du hast doch ut
enu gewißt, wo mir wohne. S ie
annft du dich nur einiperrn losse, we
ge so e Kleinigkeit?« Weil ich e alte
Guhs gewese sin un en Esel biseids,
hen ich esagi. Well Sie könne sich
denke, das ich in leß denn no teim aut
seid die Schehl gewese sin. Mistcr
Ediihot, wenn Se mich e Fehwek duhn
wolle, dann losse Se lietvet mein hei
tige Brief aus dem Pehper, ich dehi
atig schlecht fiehle, wann die Kids so
ebbes von mich lese «dehte, wo ich doch
sozusage ihre Ma un Mutter sin.
Mache Se lietver einiae Stokie uff,
awwer plies gewroe Se mich nit eweg.
Mit beste Riegards
Liszie Hansstenael
Postschribddumm. Misier (fdi:k;o:»
ich fm sehr hart ab, mei Geld ig all
un Sie dehie mich e toßes Fehwer,
wann Se mich so e iicker zwanzig
Dahler in Etiwebns odder an Eiauhni
; wie mer usf deitsch saae dahi, jchicke
s dehie. Mit allerhand Achtung
) Die Odigte.
--—-.-—-—
! KlärcheW Karrierr.
i
;
Von Heinrich Lee.
Jn allen Ieeituiigem an allen An
schlagsäulen tand es: Jn der Sing
aladeinie trat heute Abend eine Sän
gerin aus — Fräulein Clara Rickling.
Die Konzerte —- und zwar nur von
den Biolinionzerten gesprochen —, die
während jeder »Saison« in der Reichs
hauptstadt ge. eben werden« belaufen
ich in jedem ahre auf über tausend.
Weit über die Hälfte davon sind erst
malige Debiits. Auch Fräulein Clara
Rickling debiitirte heute zum ersten
Mal.
«an herrn Köpsch,« sagte das
Dienstmädchen, in’s Zimmer tretend,
wo unter dem hellstrahlenden Kron
leiichter, der aus Sparsamkeitsriicksich
ten sonst nie angezündet wurde, Clär
chen und ihre Mutter, die Sanitöts
räthin, beide in nervöser Aufregung,
noch mit der Toilette zu thun hatten.
Es war ein prachtvolles Rosenbouquet,
was das Mädchen hereinbrachte·
»Es ist gut, legen Sie es auf den
Tischl« befahl die Frau Mithin
»Wie nett das von ihm ist!« sagte
Clärchen.
Nett! Die Frau Räthin fand es nur
aufdringlich von ihm.
Wer und was war Herr Köpsch?
Herr Ködsch war Lederhändler, und er
hatte ch vor vierzehn Ia en so weit
verge en, Clärchen einen geirathsam
trag zu machen. Natürlich war ihm
von der Räthin die gebührende Abwei
siing zu Theil geworden. Clärchen,
ihr Kind, rangirte fest als Künstlerim
und so sollte sich i re Zukunft denn
doch ein wenig anders gestalten, als
Herrn Kövschs Frau zu werden.
Von jeher waren alle Leute von
Cliirchens Stimme entzückt. So lange
aber der Vater lebte, hatte sie nur im
Verwandtenlreise, in Gesellschaften sich
hören lassen. An eine wirkliche und
gründliche Ausbildung ihrer Stimme
hatte man damals noch nicht gedacht
Erst als der Vater starb, als sich her
ausstellte, daß das von ihm hinterlas
sene Vermögen so gering war, daß es
zum Leben nicht hinreichte, erst da war
die prosessionelle Künstlerlau bahn
Clärchens auf das Anrathen a ’ der
Leute, die doch etwas von der Sache .
verstehen mu ten, von der Mithin zum »
Entschluß er pben worden.
Etnrgermagen teuwieri war gleich
im Anfang die Wahl des ehrers. Das
Beste war vielleicht, zu diesem Zweck »
nach Paris oder nach Jtalien überzu
siedeln, aber das kostete Zu viel. Also
mußte man in Berlin leiden. Nun
aber die unaeheure Menge von Lehrern
und Lhrertnnen, die ed in Berlin gab
—- und jeder und jede behauptete, ganz
allein im Besitz der richtigen Gesanggs
methode zu fein, während fast alle an
deren Kollegen gewissenlose Pfuscher
wären, die nur Geld verdienen wollten.
Das meiste Vertrauen faßte Clärchens
Mutter schließlich zu dem Gefangs
profeffor - errn Rudini. Allerdings
hieß er mit einem eigentlichen Namen,
was all emein L·.-!annt war, nur Ru
dolf.-- rei Jahre, sagte er, nachdem
er Clärcheng Stimme geprüft und fie
für einen außerordentlich aussichts
oollen hohen Sopran erklärt hatte,
tviirde die Ausbildung bei ihm dauern.
Was das Honor-at betraf, fo wollte er
sich ,,ausnahrnszveife'« u einer lletnen
Ermäßifung gegen 4fzeinen sonstigen,
gewöhnt chenSatz verstehen, nur müßte
er die Damen drinaend darum bitten,
davon zu keinem Menschen auf der
Weit u reden. Clärchen trat alfo
ihren nterri tbei errn Rudint an.
Drei Ja re! Lange blan der drei
Jahre, o hatte rr Rudini bei der
bmachung den Damen in sichere Aus
s. t stellen zu können geglaubt, würde
- larchen ——— selbstverständlich, nachdem
sie zuvor ihr ,,erftes Konzert« gegeben
atte —- als fertige stünstlerin aufein
tcheres Einkommen rechnen dürfen.
nd darauf mußten die Damen auch
rechnen, denn die drei Jahre verschlan
gen von dem tleinen Vermögen so viel,
a thnen nach deren Ablauf nicht
me viel davon iibrtg blieb
Nun waren die drei JaPre um,
slMen war if r flet ig gewe en, und
use Abend a so te das Konzert
. :
Das Kon ert war schon nothwendig
wegen der eitungstrititen — wegen
der uten Zeitungstrititen, die sie zu
nächst für ihre fernere Laufbahn
brauchte. Auch die Veranstaltung des
Konzertö kostete eine schreckliche, eine
entseßliche Menge Geld. Man mußte
sich an eine berühmte Konzert-Agentur
wenden, die den Saal besorgte, die Be
leuchtung, die Zeitungsannoncem die
Platate, die nothwendigen Mitspieler,
damit das Programm nicht zu eintönig
wurde, —- die die Krittker einlud und
die schließlich auch dafür sorgte, daß
der Saal voll wurde. Die Freunde
und Verwandten, an die Billets ge
schickt wurden, konnten höchstens zwei,
drei Bänte füllen. Die übrigen Bil
lets dersandte die Agentur an die
Konservatoriem an Pensionate und
Vereine —- natürlich gratis. Denn
daß jemand sich ein Billet zu einem
»ersten Konzert« kaufte, war noch nie
mals dagewesen. Doch halt! Ein Bil
let war im Vordertan für Clärchens
Konzert thatsächlich abgeseßt worden.
»Herr Köpfch wird es getauft ha
ben,« sagte die Räthin, als sie im
Laufe des Nachmittags von diesem
Vorfall Kenntniß bekam —- ,,und paß
auf, nun wird er vorn in der ersten
Reihe sitzen, direkt Dir vor der Nase.«
Mertwürdigi Für Clärchen hatte
dieser Gedanke, statt sie noch mehr in
Unruhe zu versetzen, eher etwas Be
sänftigendes. Als würde sie, wenn sie
ihm sich gegenüber sähe, einen Halt,
eine Stütze an ihm haben. Wie gut
müthig er doch war und wie lieb er sie
hatte. Hätte er sie sonst zur Frau
haben wollen? Allgemein hieß es auch,
was für ein großes Vemögen er hatte.
Die Mutter freilich meinte, es sei ihm
nur um ihren jetzt aufsteigenden Künst
lerruhm zu thun. Dann allerdings
war es nicht sein Herz, sondern nur
seine Eitelkeit, was ihn zu ihr zog —
und hatte Mama dann nicht Recht da
ran gethan, daß sie ihm einen Korb
gegeben? ! «
»Don ich die Chrysanthemums neh
men — oder die Rosen?« fragte Clur
chen unschlüsfig, als man endlich mit «
allem fertig war Und das Mädchen die
vor dem Hause angelommene.Droschie
meldete.
iAußer dem von Herrrn Köpsch ge
schickten Riesenbouquet stand auch noch :
ein zweites von Chrysanthemums auf
dem Tisch, das für den heutigen Abend
bereits bestellt und schon vorhin von
der Blumenhandlung abgegeben wor
den war.
»Natürlich die Chrysanthemums,«
entgegnete die Räthin.
Das Konzert nahm den gewohn- !
heitsmäßigen Verlauf. Clärchen sang
ein halbes Dutzend Lieder, die ihr Herr
Rubini für den entscheidenden Abend
schon seit vielen Monaten extra einstu
dirt hatte —- darunter auch ein niedli
ches französisches. Nach dem großen
leplaus, mit dem das Publikum jede
Nummer belohnte, zu urtheilen, war
der Abend Von giän endem Erfolge
gewesen. Die Mithin chloß ihr Kind,
vor lauter Freude Thränen vergießend,
in die Arme. Es gab ja jetzt über
ihre Zukunft keinen Zweifel mehr.
Mitten in der Umarmung mußte Etat
chen an Herrn Köpsch denken. Nicht
vorn auf der ersten Bank, sondern ganz
schüchtern hinten in einem Winkel des
Saales hatte er gesessen, als sollte sie
ign nicht sehen, und dennoch hatten
i re Augen «fo lange herumgesucht, biH
- sie ihn gefunden hatten. Aber Mama
hatte Recht. Jetzt, nach dem heutigen
Abend, wo sie morgen früh in allen
zZeitungen stehen, wo sie mit einem
Schlage berühmt geworden sein würde,
setzt paßte er wirklich nicht mehr zu
ihr.
Die Zeitungen erschienen —- und
Clärchen bekam einenWeinkrampf. Die
Kritik lauteteZitfam übereinstimmend
—- die junge ame sei eine acceptable
Dilettantin, deren Leistungen im Fa
milienkreife gewiß Vergnügen machen
können —- aber weiter nichts. Nur
hier und da fügte eine kritischeStimme
zu, daß der Debütantin vielleicht noch
eine künstlerische Zukunft vorbehalten
sei, dann hätte sie aber noch allerlei zu
lernen, dieses und jenes.
»Meine nicht,« herrschte die Räthin
ihr Kind an, »ich fahre sofort zu Ru
Pini4 er wird uns Klarheit verschaf
en.
Herr Rndini zuckte, den Mißerfolg
nicht begreifend und die Kritik der Un
gerechtigkeit anklaaend, die Achseln.
ielleicht, wenn Clärchen noch ein Jahr
Unterricht nähme, so meinte er zuletzt.
Noch ein Jahr! Das würde es sein
—- die Rettung, der Trost! Meinten eg
so nicht auch gerade diejenigen Zei
tungen, die noch am wohlwollendsten
geurtheili hatten? Nämlich, daß Stär
chen noch zu lernen hättet
Und Clärchen besuchte noch ein vier
tes Jahr den Unterricht von Herrn
Rudini, und als es Winter wurde,
stand ihr Name abermals in Zeitunge
annoncen und an den Anschlagesäulen.
Wieder applaudirte das Publikum —
und wieder schrieben die Zeitungen,
was sie im vorigen Jahre geschrieben
hatten. Wieder bekam Clärchen einen
Weintramps, und wieder begab sich die
Frau Mithin zu Herrn Rudini, aber
diesmal in Verzweiflung sich bei ihm
beklagend, daß es mit ihren Mitteln
zu Ende ging. Herr Rudini war hie
rauf wie verwandelt. »Wenn Sie,
wie es scheint, tein Vertrauen zu mir
haben, meine Frau Räthin, und tein
Vertrauen zu meiner Methode,« erwi
derte er massiv, »dann, bitte, wenden
Sie sich an jemand Anderen. Ich
dränge mich niemandem auf. Nach
einem solchen Mißtrauensvotum muß
ich es jedenfalls ablehnen, Ihrem
Eräulein Tvchter noch weiterhin Un
reiebt zu neben-«
M
Die Räthtn zog mit Clärchen in eine !
Hofwohnung in den vierten Stock —
" und sie nähten Regenschirme für ein
großes Geschäft. Zu Mittag hatten
sie oft nur Kartoffeln und Kaffee —
dafür nahm Clärehen für die kläg
lichen Ueberschiisse, die diese Arbeit ab
wars, wieder Stunden, natürlich jetzt
billigere, als wie sie Herr Rudini er
theilte. Nur daß ihre Stimme nicht
besser werden wollte und daß sie die
Lehrer und die Methoden fortan im
mer häufiger wechselte. Manchmal
sang sie in Kirchen - Konzerten, Ver
einen und Wohlthätigkeit-? - Vorstel
lungen, aber dafür gab es nichts be
zahlt, und es galt schon als ein Bor
zug, eine Ehre, überhaupt bei solchen
Gelegenheiten sich hören lassen zu dür
fen. Die Dame, eine Frau Direktor,
in deren Unterricht sie zuletzt getreten
war und die behauptete, unter allenj
Zeitgenossen nur noch ganz allein im
Besitz der Geheimnisse der alten echten
bolognesifchen Schule zu sein, hatte
nebenbei auch eine Konzert-Agentur——
und eines Tages lam endlich dasGlücl.
Durch die Vermittelung dieser Dame
sollte Clärchen in dem Stiftungsfeste
eines Kriegerbereins mitwirken, wo
für ihr ein Honorar von zwanzigMark
geboten wurde. Der erste llingende
Erfolg, das erste Honorar.
Natürlich hatte Clärchen ein neues
seidenes Kleid dazu bekommen müssen,
das den Betrag des Honorars unge
fähr um das Fünsfache überstieg. So
trat sie auf das geschniilctte Podium.
Aber mochten es die vielen Methoden
sein, mit denen sie fortwährend ge
wechselt hatte und die deshalb in ihrer
Stimme etwas in Unordnuna ge
bracht, oder war es die eiskalte Zug
luft, die aus den Koulissen wehte —
langsam, während sie sang, fühlte sie
das Stimmband versagen, sie mußte
abbrechen. Von den Vorwürfen, die
sich die Frau Direktor ihretwegen von
der Vereinsleitung gefallen lassen
mußte und mit denen sie dann Gär
chen selbst überhäufte, kann geschwie
gen werden.
,,Nie wieder, meine Liebe, mit
Jhnent« Das war der Frau Direktor
letztes Wort.
———-----———--—.—-·
Eines Tages llingelte es in der
armseligen Wohnung, wo Clärchen
mit ihrer Mutter gerade wieder am
Tisch zusirmrnensaß und Schirme
nähte. Clärchen öffnete, und gleich
darauf hörte die Frau Räthin einen
von Clärchen auggestoßenen hellen
Schrei.
Sie eilte hinaus — und die Person,
der Clärchen die Thür geöffnet hatte,
war Herr Köpfch.
Er bat, etwas verlegen, um Verzei
hung, wenn er die Damen vielleicht
störe, aber —
,,Wollen Sie sich nicht näher bemü
hen, Herr Köpfch?" unterbrach die
Frau Räihin seine Rede mit großer
Freundlichkeit, wobei sie offenbar ganz
das drin in der Stube ausgebreitete
Schirmlager vergaß. . . .
An diesem Tage nahm Clärchens
Karriere endgiltig ihr Ende, denn sie
wurde eine zufriedene, glückliche und
liebevolle Frau Köpfch.
—-—.—-—
Vögel als Wundiirzte.
Ein schweizer Naturforscher zci te vor
Hisurzezn an Hand einiger Veifpieg seine
interessanten Beobachtungen, welche er
bei einigen Vögeln angestellt hatte. Er
hatte gefunden, daß die Vögel eine stau
nenstoerthe Geschicklichkeit in der eigenen
Behandlung ihrer Wunden an den Tag
legen. An einigen Schnepfen, welcle et
verfuhrte, zerrte er. daß diese Vöge mit
Hulfe des S nabelz und einiger Federn
ihre Wunden verbinden und gebrochene
Glieder sogar durch einen besonders seiten
Verband zu heilen versuchen. Ein sehr
beachtenswerihes Beispiel lieferte eine
angeschossene Schnepfe. Tiesem Thiere
hatte der Forscher zuerst leine Beachtung
geschenkt, bis er am nächsten Tage ge
wahrte, daß das unglückliche Thier beide
Beine gebrochen nnd sich infol e dessen
bei sich selbst in chirurgische Veiandlun«
begeben hatte. Die Schnepfe hatte si )
nämlich aus eini en ihrer Federn nnd
Unter Zuhiilfenagme des geronnenen
Blutes eine feste und starke Masse con
siruirt, welche an beiden gebrochenen
Gliedmaßen seit angelegt und mit diesen
zusammen nachher noch mit Federn fest
umwickelt wurde. Ueber einen ähnlichen
Fall von Geschicklichkeit berichtet ein an
derer Naturforscher Dieser hatte beob
achtet, wie eine von ihm angeschoiiene
Schnepfe mit aclirnchenem Bein fortge
slo en war. Das Thier, welches nachher
aufgefunden wurde. hatte mit seinem
Schnabel die gebrochenen Theile wieder
zusammenaefiigt und ans Federn nnd
feuchtem Moos einen festen Verband um
die Bruchstelle gelegt, welcher alsJ Bein
t·(·l1iene wirken und die Heilung herbei
führen sollte
Professor Koch soll dem Professor
Adami in Monireal die Entdeckung
gestohlen haben, dsaß Rinder-Tuber
teln auf Menschen nicht übertragbar
sind. So hatte bekanntlich auch Ni
chard Wagner die unangenehme Ge
wohnheit, musikalische Gedanken vor
weg zu verwerthen, welche andere
Componisten gehabt haben würden,
wären sie nur erst einmal ,,d’ran ge
kommen«.
s J It
Jn Hinsicht auf die vielen von den
Buren erbeuteten Pferde und dieMasse
der den Engländern fortgenointnenen
Munition bringt der LondonerPunch,
der noch nie ein Blatt vor den Mund
genommen, folgendes Zwiegespräch
zwischen Stehn und De Wet: Stehn:
Wie bist Du mit Vorräthen versehen?
—- De Wet: Aus ezeichnet, ich habe
Kitchener zum E e meines Verpsleg
ungöstabes gema t und er sorgt da
für. das es uns an nichts mangelt.
Humorisitsches
Im Sud get-Uebers
»Die Bella ist doch sehr mächtig anf
getaieit!«——«Ja, die will auch gern in
den Ehehasen einlausen.«
Poppetsinnikr.
A.: »Ihr Freund, der Dichter
scheint aber schon sehr zerstreut zus
sein!«——B.: »Ja, aber Jo ist er mir
immer noch lieber, als ,ge » «
ammelt.
Unsretwiutge Großmuttp
A. : »Heut’ hab’ ich einem fünfzig
Mark gegeben, der mich schlecht behan
delt ha,t.«——B. : »Aber ich bitte Dich;
wein denn?«—A.: »Meinem haus
arzt!«
Yatjeliegency
ki. : »Dein Freund Müller isi aber
ein boshafter Mensch, alle Menschen
muß er ausziehen. «—B.: »Das bringt s
bei dem sein Beruf so mit sich, der ists
nämlich Uhrmacherf ;
glich in die Fern-.
»Freu’ der, Jsaak, Du hast soeben
bekommen e’ klein’s Brüderche. Wie
haißt, was machst De for e’ Gesicht-?
Warum freust De Dir nicht?«———»Wie
soll ich mich freuen, wenn ich mer ver
schlechtere um sünfzig Prozenit«
Donat
Serenissimug (aufeiner
Jagdparlie einen Ziegenbock bemer
kend): »Ach-ist das nicht eines-äh—
Getnse?«——Obetjägermeister:
»Ja-mein Durchlauchti Das heißt, so
eine Art Thalgemse!«
Ximmergymnastik
F·—«—«"·"·-·«« —«·«·1
des Kommerzienrcxths Protzhausen2
shakvfpoares »Halte-o Cäsar.«« :
, Unheil, du bist im Zuge!
Hemmt welchen Lan du willst!«——
So murmelte Professor Müller vor
sich hin-—da war seine Schwiegermutter ’
eben in den Eisenbahnzug gestiegen.
Erkannt
Studiosus (inderStamm
kneipe zur Kellnerin): »Ich rufe nun
schon sieben Mal zahlen! Warum kom
men Sie denn nicht?«——K e l l n e
t i n : »Ach, ich dachte, Sie hätten nur
Spaß gemacht!«
Petti.
S t u d e n t : »Mit meinem neuen
Anzug bin ich aber doch gründlich
hereingesallen.«—F r e u n d : »Wie
so? — Jst er verschnittenli« —- S t u -
d e n t: »Nein, aber der Schneider
bat sich sur Ruhe gesehn-jetzt kommt
er jeden Tag vier Mal mit der Rech
nung.«
Immer derselbe.
P r o fes so r i n (heimkehrend, zu
ihrem Manne, der während ihrer Ab
wesenheit die Kinder zu Bette gebracht
bis aus eing, was sich beharrlich wei
gert, sich auskleidm u lassen, weshalb
er es in die Ecke gesiezt): »Nun, haben
sich denn die Kinder gern ausziehen las
sen?«—Professor: ,,Oja,bi3
aus den Schreihals dort in der Ecke.«—
P r o s e s o r i n (genauer hinsehend,
zu ihrem ntsetzen): »Nein, nun na
türlich, das ist ja drüben Nachbars
Willv.« W
Inhurabeh
,,Guten Tag, Frau Professor! Wie
geht’s Jhrem Herrn Gemahl?«—,,O
danke! Seinen Rheumatismug ift er
wieder los, aber mit seiner Zerstreutheit
wird es immer schlimmer. Denken Sie
sich, gestern beschäftigt er sich im Gar
ten mit dem Begießen der Blumen.
Plötzlich sängt es an, in Strömen zu
regnen. Was thut da mein lieber
Alter? Er geht in’s Haus, holt sich
s- -.. Is- syc rjr .-s. 1
l W l
einen Regenschirm und-giesst ruhig
weiter!«
CZV bekommt Zumu.
Mutter der Braut: »Sie
wollen algo mein Schwiegersohn wer-—
den. Ha en Sie sich die Sache auch .
reiflich überlegt?«——B e w e r b e r l
aus-how: .Jst’ö. denn so gefährlichs«
’ Zinkens-.
) Fimgeg Ehepaar wünscht «
Exemplate ,,Briefsteller für Li
gegen ein »Lexikon des guten TM«
vertauschen.
Hei-r schmeichtlhast
M
H e r r : »Die Frau Mo behaup
tete estern, ich verdrehe n Damen
den opf.«—D a m e : »Seit sie recht;
ich möchte mich auch immer Wehe-.
wenn Sie da sind.«
parirt
’ Mutter-: »SindSiedeSAll .
. seins noch nicht müde, Herr Assessors
—»O ja, ich habe mir schon einen W
ßen Neufundländer zugelegt.«
Ein vornehmer Gast.
A. : »Wie, sogar ein Graf war aus
der Hochzeit Jhrer Tochter?«——Par-s
venüx ,,Jawoh1!—Fk-i1ich habe i
ishm dafür 10,000 Mark pumpen müsg
ent«
Zagen-elian sit-ficht
O n k e l : »Ah, der Herr Neffe!—-d
Du kommst auch nur immer, um m·
anzupumpen!«—N e s f e : »Verzeih’
Onkel, ich werde von nun an Tiwa
tommen.«
setzteg Mittel.
»We5halb engagirt denn der Konto
merzienrath immer so leichtsinnige
Kasfirer?«—»2«pch, der lebt mit seinen
Frau nicht gut, und da hofft er, dassl
einmal einer mit ihr durchgeht!«
Ya- bpwäijrte Hmlafmittoh
D ich te r : »Meine Gedichte waren
ein großer Trost fiir Sie in trü
Stunden, sagten Siei Dann, wahr
haftig, habe ich nicht umsonst gelebt!«
»Ja, das waren ste! Mein Vater leide
nämlich viel an Schlaflosigieit, u
wenn nichts mehr helfen wollte, dauq
las ich ihm Jhre Gedichte vor.«
Vor Pantoffeln-kirc.
A
»Jetzt will ich doch ’mal im Ehre-Es
nachschlagen, ob denn der Mann m den
Ehe gar keine Rechte hatt« «
Gefäss-Werte Yttth
Kommerzienrath: »Ja,wis
gesagt, den Weg hätten Sie sich etfspsq
ten können, denn mein Schwieger okm
können Sie nun und nimmer wert-kni«tl
—B e w e t b e r : »Dann gestatten
Sie wenigstens, daß ich Jht Haus
durch die hintere Gartenthilee verlas
—vorn auf der Straße warten nämli
zwei svon meinen Gläubigetn!« -
garcrnenhofbiüthtw
Unteroffizier (zu1nEinjä-kid
eigen, der beim Laufschritt Lchmunzel
»Jo, dei könnte Ihnen wo l o pass «
Einiähriger, eegal Loofschti t, dami
Ihr Jahr recht schnell umgeht-mass
Unteroffizier (zumEinjiibe
rich, der Reserendar ist und beim
Klimmziehcn die Beine stark beweg :
»Sagen Sie ’mal, Herr Doktor, i
halien wohl mit den Beinen ’ue Ven
theidigungsrede?«
Unierofsizier Czumcinjiihii
eigen, eand. jur.): »Na, Scheödss
Sie wollen später die greifprechmq
eines Rnxibmörders dut drücken,
Sie nicht einmal die Kniee durchdtji
können!«