Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 30, 1901, Sonntags-Blatt, Image 15

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    W«» —W-W
E tue geheime Wahl. H
—
Humoresle von Wilhelm Wag
ner von Nauheim.
—.....—
Der Gemeinderath des kleinen
Städtchens N. war vollziihlig im
Sifungssaale des alten Rathhauses
ver arnmelt. Auf der Tagesordnung
Band als le ter, jedoch wichtigster
untt; die hl eines Arztes stir das
von der Gemeinde N. erbaute Kran
kenhaus. an dem Städtchen praltizir
ten nur zwei Aerzte: Dr. Jabn. ein
älterer Herr, der zugleich Mitglied des
Gemeinderaths war, und Dr. Stiller,
ein junger Mann, der erst vor einigen
Wochen im Städtchen seine Praxis er
öffnet hatte.
Der Bürgermeister Weckesser klin
gelte, räusperte sich und sprach :
»Jetzt, meine Herren, fange mer
mit der Wahl des Arztes fiir das
Krnnlenhaus an.« Er hielt inne und
blickte iiber die Brille hinweg nach
Dr. Jahn. Auch die Gemeinderäthe
richteten ihre Augen etwas verlegen
nach dein Arzt in ihrer Mitte.
Dr. Jahn erhob sich rasch·
»Selbstverstiindlich, Herr Bürger
meister, werde ich bei dieser Wahl, Ob
wohl sie eine geheime ist, nicht anwe
send sein und nicht mitstimmen. Jch
bitte also freundlich zu entschuldigen,
daß ich gehe. Adieu, meine Herrens«
»Adieu! Adieu!« erwiderten die be
jahrten Männer von N. Jbr Amme-l
lege schritt hinaus, direlt in das neben
dem Rathhaus liegende Gasthaus
»Zum Lamm". Er wußte, daß nach
jeder Sitzung die meisten der Gemein
deräthe in diese Wirthschaft zu gehen
pflegten; dort wolle er das Wahlre
sultat erwarten, um es der Gattin
dringen zu können. sEr war sich frei
lich ganz sicher bewußt, daß er ein
stimmig durch die Wahl ging, unbe
dingt gehen mußte, er, als langjäh
riges Mitglied dei- Gemeinderathes.
Man konnte doch nicht den jungen
Arzt verziehen, der kaum einige Wo
chen in dem Städtchen weilte; Aller
dings, noch heute friih hatte er die Jdee
gehabt, großmiithig auf die Stelle als
Arzt des- Krankenhauies zu Gunsten
des jungen, fast unbeschäftigten Rol
legen Dr· Stiller zu verzichten, damit
dieser eine Existenz habe. Er hatte
das auch seiner Frau gesagt, aber da
war er schön angetominen Sie erinnerte
ihn daran, daß die Stellung jährlich
mit SICH Mart von der Gemeinde bes
soldet werde, und daß er fünf Kinder
besitze. Da hatte er vor der Frau das
erhabene Denken ausgegeben.
»Meine Herren," begann im Rath
haus der Bürgermeister Weckesser,
wen wähle mer zum Arzt ins Kran
tenlpu62«
»Ei die Wabt muß doch geheim
sein," bemertte Bäckermeister Drä5
bach. »Dein Doktor Jabn seine z- rau
nimmt seit über dreißig Jahr von mir
die Brödercher und ich möcht-Z net mit
ibr verderbe.«
»Nadierlich!«' bestätigte Schlosse-r
meister Kullmanm »wir wolle geheim
abstimme, damit nir heraus limmt,
wer dasiir und wer dagegen gewese is.«
Die Wahl erfolgte Nach einer
halben Stunde las der Bürgermeister
das Resultat vor:
»thtor Jahn —- drei Stimmen,
Dottor Stiller —- sieben Stimmen.«
Die Männer schauten sich verblüfft
an doch teiner sprach ein Wort Der
Vorstyende schloß schnell die Sitzung
und man verließ das Rathhaus. Wohl
blickten alle nach der geliebte-n Stamm
kneive, dem »Lainm«, doch keiner wag
te heute dort einzutehren, wußten sie
doch durch den Ra»thsdtener, daß Dr.
Jabn drüben —- auf das Wahlresultat
wartete! Sie gingen also lieber nach
hause. —- —
»Das dauert aber lange,« brummte
im Wirthshauä der Arzt.
»Ei, die Sitzung is schon lang vor
bei und das Rathhaus is auch zu,'« be
merkte der Nathhausdiener, der eben
falls dieselbe Kneipe srequentirte.
»Und das Wahlrrssultat?«
Der Alte guckte die Achseln.
»Des weiß ich wirklich net.«
»Dann gehe ich zum Bürgermeister.«
Einige Minuten danach trat Dr.
Jahn in einen Laden ein. Es war
schon etwas dunkel doch der Arzt
glaubte einen tleinen Mann im Hin
tergrunde verschwinden zu sehen
»Guten Tag, Frau Bürgermeister.
Jst Jhr Mann datff
»Bedauere sehr, Herr Dotier, ewi
iö er ausgegange!«
»Sollten Sie sich nicht täuschean Ich
sah vorhin da hinten Jemand stehen,«
bemerkte Dr. Jahn und schritt in den
Hintergrund. —- »Wahrhaftig, da sind
Sie ja, Bürgermeister! Warum ver
stecken Sie sieh vor mir?"
« Hinter mehreren Fässern trat iehr
verwirrt der Bürgermeister hervor.
»Vergewe Se, herr Doktor, awer ich
ha ’ Hering herausgenomme und da
wo t’ ich mich net vor Jhne sehe lasse-«
»Ich wollt ja nur wissen, wie vie
Wahl ausgeiallen ist«
Bürgermeister Wertesser traute sich
hinterm Ohr.
»Der-r Doktor. ich kann nix davor,
denn ich hab’ St nodierlich gewählt,
Ihne Ihre Frau tauft ja alles hei mir
und —"
.Wie, ich bin am Ende gar nicht ge
wählt worden?!«
’ »Nein, der Dotter Stiller hat mehr
Stimmen gekriegt wie Sie.«
»Da hört ja alles auf! Wie viei
Stimmen hat er mehr heiommen«i«
Dich glaube eine oder zwei.«
E
«
»Der Gemeinderath besteht aus zehn
Herren. Sieg Bürgermeister, haben «
zwei Stimmen, ich war nicht anwesend, «
es wurden also zehn Stimmen abgege
ben —- und da hätte ich nur vier bekom
men?" :
»Ich glaub’, es isssfa awer ich half
Se gewählt, darauf könne Se sich ganz
fest verlasse!«
Der alte Arzt eilte erregt hinaus und
trat bei dem Bäckermeister Dräsbam
em.
»Wieviel Stimmen habe ich bekom
men?«
»Dtei, Herr Doktor, atvet ich hab’
St nadierlich gez-Zählt, denn ich liwere
ane Jhrer Frau doch schon seit iibcs
dreißig Jahre die Bröderchen.«
Einige Minuten danach stand Dr.
Jahn vor dem Schlossermeister Kult
mann.
«Jch,hab’ Se ganz gewiß gewählt,
denn Se sind ja ein Kunde von mir.
mer im Ganze hatve Se nur drei
Stimme geiriegt.«
Nach einer Stunde hatte Dr. Jabn
sämmtliche Gemeinderäthe besucht, alle
versicherten fest und heilig, sie hätten
ihn gewählt bei der geheimen Wahl.
Der erzürnte Arzt nannte sie sämmt
lich Lügner. Als er zuletzt nach Hause
kam und der Gattin von dieser merk
würdigen Wahl erzählte, wurde diese
Dame wüthend. Sie schrieb sofort al
len Gemeinderäthen und dem Bürger
meister und bestellte sämmtliche Liefe
rungen ab. Brod, Fleisch, Steintoh
len, alles wurde abbeftellt und Dr.
Jahn mußte an den Gemeinderath ein
Schreiben richten, daß er die stattge
fundene geheime Wahl nicht anerkenne,
denn die Gemeinderäthe hätten ihm
mündlich die Versicherung gegeben, nur
seinen Namen auf den Wahlzettel ge
schrieben zu haben. Jm Städtchen gab
es eine furchtbareAufregung, jede bren
nende Frage der Gegenwart trat vor
dieser geheimen Wahlgeschichte zurück.
Das Kreigamt veranlaßte nach einigen
Tagen den Bürgermeister Weckefser,
eine Gemeinderaths - Versammlung
einzubcrusen, mit der einzigen Tages
ordnung: Die geheime Wahl des Arz
tes.
Wieder waren oie zehn Rathe im ai
ten Rathhause vereinigt. Sie saßen
sehr gedrückt und in sich gekehrt am
großen Eichentisch nur Dr. Jahn trug
das Haupt erhoben; teinen der Amts
tollegen hatte er eines Grußes siir
tviiroig befunden.
Der Bürgermeister klingelte und be
gann schüchtern.
»Meine Herren, ich hab·’ Se hierher
berufen, weil Herr Doktor Jahn die
stattgefundene Wahl eines Arztes siir
das Krankenhaus umstoße will.«
Sogleich erhob sich DR Jahn.
»Ich bitte uns-, Wort!« sagte er
scharf. »Der Herr Bürgermeister hat
Sie falsch belehrt, meine Herren. Jch
beabsichtige nicht, Jhre Wahl umzu
stoßen und ich werde mich Jhnen nicht
als Arzt siir das Krankenhaus auf
driingen, ich will nur wissen, wie es
möglich ist, daß ich nur drei Stimmen
erhielt. während mir alle Herren die
heilige Versicherung gaben, daß Sie
mich gewählt hätten.«
»Die Wahl roar eine geheime«, warf
der Bürgermeister zaghast ein.
»Ach was, geheim! Ein rechter
? Mann hält trotzdem mit seiner Mei
« nung nicht hinterm Berge; ich aber bin
belogen worden! Jch habe mich inzwi
schen in die Thatsachen gesunden und
- überlasse meinem Kollegen, dem deren
; Doktor Stiller, die Praxis irn Kran
? kenhaus, aber ich verlange eine Aufklä
E rung Ihrer höchst sonderbaren Hand
" lungsweise, meine Herrenl«
i Es herrschte längere Zeit eine pein
T liche Stille. endlich hob der Schlosses
z meister Kullrnann die Hand·
s »Der Herr Schlossermeister Kall
s mann hat’s Wort!« rief der Bürger
. meister.
s »Herr Doktor,« hab Kullmann an, ’
l »ich will Jhne einmal etwas sage. Mir
alle hätte Se gern gewählt, awer da»
sind unsere Weiber, die hawe gesagt: J
»Mann, du wählst mir den Doktors
s Stiller, der is noch ledig und mir —- s
? mir hawe Töchter.« s
I »Seht richtig! Er ist ledig und mir ’
hawe Töchter! So was muß mer sehr »
berücksichtige!« erklang es aus der Ver
« sammlung. i
»Und da die Wahl doch geheim war," I
» suhr der Redner sort, »so hat jeder ge- »
; dacht: ich wähi’ wie meine Frau will, ?
s mer merk-Z ja nett. Atoer —- mer
s hawe sast alle so gedacht!«
i Dr· Jahn lachte lustig aus.
I »Ah, so ist die Sache gemeint! Nun,
I dann bedauere ich recht sehr, den Her
j ren eine schinerziiche Mittheilung ma- J
schen zu müssen. Der Herr Dottor
; Stiller ist —- aus die erfolgte Wahl
hin —- sosort nach Berlin gereist und
hat sich dort —- veriobt, aber —- mit
einer Berlinerini Hier ist die Verlo
bungsanzeige; der Briefträger gab sie
mir, als ich das Rathhaus betrat!«
Dotior Jahn hielt den ganz oerdutzt
dreinschauenden Gemeinderäthen die
Verlobungsiarte vor, dann sprach er
ironisch:
»Ich bitte die geehrten Herren, teine
so betrübte Gesichter zu machen, der
Gemeinderath hat geholfen, das; sich der
junge Arzt verioben konnte. Zum An
denken an diese gute That ersuche ich,
diese Verlobungstarte, nach geschehener
psi chtschuldiger Gratulation an das
iiickliche Pärchen, zu den Atten der ge
imen Wahl zu iegent"
—- ——— —---·k— --—·--- -—-—
R a H to eile r. Die Gendarmerie
verhaftete wegen Körper-verletzung den
Maurer Johann Jung.
J
Großmutter.
Erzählung von E. Leistner
Beckendorff.
Da hört man nun so oft die Mei
nung aussprechen, daß arme, alte,
trante Menschen nur sich und andern
zur Last und aus der Welt zu nichts
mehr nütze seien.
Falsch, grundfalsch!
Seht den frischen Lebenstrieb ans
verdorrten Baum, seht, wie die ange
schossene Taube sich mit der letzten
.Kraft ihrer Schwingen zu ihren hilf
losen Jungen schleppt — und es geht
wie eine Offenbarung dur-« Eure
Seele, Jhr vernehmt eine Predigt, em
dringlicher und gewaltiger, als in man
eher Kirche —- Euch zum Segen und
Heil.
Vor meinem geistigen Auge steht eine
kleine, gebiickte Gestalt. Eiggrauev
Haar liegt in dünnen Strähnen an den
eingesuntenen Schläfe-m Die Augen
noch ungeschwächt, klar, hell, durchdrin
gend, als wollten sie auf den Grund der
Seele sehen. Unermtidlich schaffen die
gichtgetrümmten Hände am Strick
strumpf. So kannte die ganze Stadt
die alte Frau, deren Namen aber die
wenigsten Leute wußten, sie war aller
Welt Großmutter; von gron und klein,
vornehm und gering wurde sie so, und
nur so, genannt. Sie war Aller Ver
trante und Rathgeberin, hatte stets ein
offenes Ohr und Herz fiir große und
kleine Sorgen und Freuden und war
immer bereit, die Bekümmerten auszu
richten, die Traurigen zu trösten, aber
auch die Leichtsinnigen zu ermahnen
und die Jrrenden zu warnen· Zu ihr
kam jeder mit seinem Anliegen, von
ihr ließ sich auch jeder sagen, was lei
nem andern gestattet worden wäre.
Sie lebte in ganz bescheidenen Ver
hältnissen, hatte nichts, als ihre lleine
Pension und bewohnte ein einfaches
Stäbchen Sie hatte oft Schmerzen
auszustehen —- das Reißen, wie sie es
nannte, —- plagte sie gar sehr und ihre
Kräfte nahmen stetig ab, aber trotz alle
dem: Verdrießlich war Großmutter nie.
Bei ihr deschwerten uch die Kinder,
wenn ihnen nach ihrer Meinung vom
Lehrer bitteres Unrecht zugefügt war,
aber Großmutter untersuchte genau,
und da kam dann oft eine ganz andere
Lesart zu Tage, und es gab noch eine
derbe Strafpredigt obendrein, bis der
kleine Siinder sein Unrecht und des
Lehrers Recht demüthig anerkannte
und mit einem Bonbon oder Apfel zur
Stärkung des Gedächtnifses entlassen
wurde, denn langes Bösesein war
Großmutter-J Sache nicht.
Einmal kam eine junge Frau zu
ihr und klagte: »Großmutter, ich bin
sehr ungliictlichl Die Leute sagen, daf;
mein Mann es mit einer anderen hält,
und er behandelt mich unfreundlich,
J ich kann ihm nichts mehr recht mache n,
- ich halt’ es nicht länger aus ———- ich
mugz mich von ihm scheiden lassen!«
roßmutter hatte still zugehdrt,
dann sagte sie: ,,Jch·war auch eine
junge Frau, gerade so lange verhei
rathet wie Du, als eines Tages mein
Vater zu mir kam und sagte: »Dein
Mann ist nicht gut zu Dir, ich sehe
es, und mit hübschen Mädchen macht
er sich mehr zu schaffen, als sich fiir
einen Ehemann ziemt; nächstens wird
er Dich schlagen. Das darfst Du Dir
nicht gefallen lassen.«
»Und was thaten Sie da, Groß
mutter?«
»Ich antwortete ihm in aller Ehr
erbietung: »Biiterchen, wenn ich Ihnen
das klagte« was Sie mir eben gesagt
haben, dann müßten Sie zu mir spre
chen: Ertrage es meine Tochter, dem
er ist Dein Mann. Und wenn Du
glaubst, daß sein Herz sich von Dir
abgewandt hat, so ertämpse es Dir
wieder mit Geduld und Liebe.«
,,Bater wurde zornig und rief: »Dir
ist nicht zu helfen, bleib' bei Deinem
Glauben!«
»Das habe ich gethan. — Geduld
und Liebe. —- Es war das rechte.«
Die junge Frau war sehr nachdenk
lich geworden. «Øroßmutter nncn eine
Frage, bitte!« flüsterte sie, ,,verhn-lt sich
wirklich alles so, wie Jhr Vater gesagt
hatte2«
Großmutter blickte vor sich nieder in
schwerem inneren Kampf —- ihre Lip
pen blieben geschlossen. Wie sie aber
eine eiskalte, zitternde Hand an der
ihren fühlte und in thränensclswere
angstvoll flehende Augen sah, da rich
tete sie sich entschlossen auf und sagte
leise, aber fest und deutliche »Ja, er
sprach die Wahrheit.«
Jn jener Zeit voll Blut und Thra
nen, als Deutschland gelnechtet zu Na
poleon’s Füßen lag. war Großmutter
jung gewesen« und sie erzählte gern da
von.
Gerade als der König von Preußen
auf dem Rückzug das lleine Laut-subt
chen passirte, ist Großmüttcrchen—- til
tester Sohn geboren. Wenige Tag-:
daraus war das ganze Haus voll fran
zösischer Einquartierung; da ist die
blutjunge blasse Frau manchma« ohn
mächtig zusammengebrochen und von
den Soldaten wieder aufgerichtet wor
den; denen sollten sie nun zu essen und
zu trinken geben und hatten doch selbst
nichts mehr. — Da haben die Franzo
sen Großmutters Mann zu sich hinein
geholt, und sie sieht durchs Schlüssel
loch, wie sie ihn mit gezogenen Degen
umringen und wüthend auf ihn einre
f den. Sie reißt die Thür auf, drängt
i sich, der drohenden Waffen nicht ach
i tend, durch den Kreis der Soldaten
1
und stellt sich dicht an ihres Mannes I
Seite. »Wenn Sie meinen Mann töd
ten wollen," ruft sie, »dann tödten Sie
zuerst mich, denn ich habe nicht-«- inehr ;
aus iser Welt als ihn, und verhungern Z
müssen wir doch, da uns Alles genom- s
men ist.«
Der junge Osfizier, welcher der Füh
rer der Franzosen war, hatte erstaunt
auf das kühne Geschöpf geblickt, und
FegtDolmetscher hat ihre Worte über
e . s
« Warum sie das nicht früher gesagt
hatte, meint der Ossizier, reißt ein«-n
Zettel aus seinem Notizbuch schreibt
und schickt die Meldung fort Auf seinen
Wink haben die Soldaten ihre Degen
eingesteckt, und ehrerbietig sich vernei
gend geleitet er die Frau selbst hinauss
Was aber that die Großmutter In
ibrer Freude-· um sich dankbar zu bezei
aen? Sie hat auf der Stelle einen Teig
angerührt und sitr die Franzosen Kn
cken gebacken.
Diese und andere Episoden ans jener
Jszkeit erzählte Großmutter wieder und
wieder, und sie verstand gar zu lebendig
zu schildern, so daß man nicht müde
wurde, ihr zuzubiiren. Aber auch sie
reistand die Kunst des Zubörens und
sreute sich, wenn alles um sie herum ge- .
iprächig und lustig war. .
So blieb es, selbst als sie immer
schwächer wurde und schließlich nicht «
nebr ihr Laaer verlassen konnte. z
Mancher Zweifel wurde noch an dem
selben gelöst, mancher Streit geschlich
tei, mancher Trost gespendet und guter
Rath ertheilt, aber auch fröhliches La
chen erklang, sogar dann noch, als-Groß
mutter nicht mehr mit einstimmcn
konnte. Sie wollte kein triibseliges
Rrankenstubengeflüster um sich haben,
sie liebte zu sehr den Sonnenschein der
Freude, sind der warf bis zuletzt seit-:
funkelnden Strahlen über ihr weißes -
Haupt und in ihr tapferes Herz. :
Iangsam schwand sie dahin, und ihr
Sterben ward, wie ihr ganzes Dasein
gewesen war, ein Segen für alle, Die sie
trennten, denn wer an ihrem Bett ge- «
standen hatte, der ging acliiutert und j
aeftärlt fin den Kampf des Lebens, «
besser und geduldiger fort, als er ges -
kommen war,
Und sie war doch nur eine alte arme .
Frau. —- ———- —- ;
Kein Menschenleben brauchte nutzlon
zu sein; Du hast eg uns gelehrt. "
Großmutter, wir danken Dir.
——-—-( -« d
LIMIer nnd tIsrlltinliilissn I
. Es finden sich auf vielen Theilen der
Iz Erde Gletscher, aber diese sind nur eiek
" verschwindend kleiner Theil der Erde,
« verglichen mit der eigentlichen Eis-zeit,
in welcher diese Gletschcr von den Polen
E herabschreitend, einen großen Theil der
E nördlichen und südlichen Halbtugel be
I deckten. Die Gletscher der Alpen sind
E wohl am genauesten untersucht worden.
s Soufsare, Tnndall, Forbe5, Agassiz
l
i BonDr·A.ZiPperlen.
E und Andere haben Jahre lang Beobach
»tungen angestellt nnd dieselben in wis
j senschaftlichen Werken niedergelegt.
« Die Hiineiaya-sGletscher Asiens wurden
hauptsächlich von den Gebrüdern
Schlagintweit untersucht. Auch die
Pyrenäen haben einige Gletscher und in
Patagonien treten sie wie in Grönland Z
dicht an das Meer heran. l
Woraus aber bildet sich ein Glei- I
scher? Die Brust, aus- welcher der Glet- j
scher seine Nahrung zieht, ist der in den !
Hochgebirgen gefallene Schnee. Durch l
den Druck, den die oben liegenden I
Schneemassen auf die unteren ausüben, !
wird die krhstallinische Form des !
Schnees zerstört, die zwischen den ein- «
zelnen Schneetryftallen befindliche Luft l
ausgetrieben und der sonst lockere 1
Schnee in eine feste homogene Masses
gepreßt· Schmilzt noch im Sommers
der oberslächliche Schnee, so sickert das ’
Schneewasser durch und gefriert mit
dem zufammengepreßtem seiner kry- -
ftallinischen Form beraubten Schnee zu I
Eis. Dieses hat aber andere Eigen
schaften als das auf Flüssen oder Seen i
gebildete Eis. Es sieht an der Ober- «
fläche aus mehr wie Schnee, weil, wenn
dieser an der Oberfläche durch die Son
nenwiirine schmilzt, unzählige kleine l
Risse entstehen, welche das Eis weiß
erscheinen lassen. Jm Innern des
Gletschers ist das Eis durchsichtig. an I
den tiefen Spalten ist es blau, wie auch i
am Ende der Gietschck, wo dasselbe eint
Thor bildet, aus dern der Gletscherbach H
herausftrömL Die Farbe des Baches ’
, ist oben meist trübe und wird das Waf- I
. set durch die beigemischten zerriebenen l
Erdtheile und Sand gefärbt, Gletfcher- I
« milch genannt. Es zeigt dieselbe Tem- !
peraturtoie das Gletschereis. Das-i
Eis ist, obgleich hart und spröde aus- s
sehend, zähe, dem Theer oder eineml
Teige zu vergleichen, denn es bewegtt
sich tbalabwärts und hat ganz die Ei- s
I genschaft fließenden Wassers-. Wie ein ;
Fluß an den Ufern und auf dem Bo- H
den, durch die Reibung verursacht, we- s
niger rafch läuft als in der Mitte und j
Oberfläche, so schreitet auch der Glet-j
scher in der Mitte und Oberfläche ra- l
scher als an den Seiten fort und menn J
ein breiteres Bett sich in eine Schlucht »
verengt, so zieht sich auch der Gletfcher
zusammen und breitet sich, nachdem die
enge Passagejiberwunden ist, wieder
aus wie der Fluß. Wie bemerkt, ist der
obere erste Anfang des Gletschers
Schnee- Da die tieferen Schichten des
Schneefeldes die Last aller oberen zu
tragen haben und durch den Druck in
« Eis verwandelt werden, fo betoahrt
dieses seinen ununterbrochenen Zusam
menhang ebenfalls durch Dr u ck der
seine Theilchen zusammenhält. Aber
wenn es einer S p a n n u n g unter- i
worer wird, bricht es eher, als daß es
sich ausdehnt und zeigt sich nicht länger
als zäher Körper. Tiefer unten im«
Thal schmilzt das Eis im August und
bildet laufende Bäche und oft blau
grüne Seen. Petermann sagt darüber: s
Diese Bäche vereinigen sich zu größern
Wasserläufen, die manchmal dieSchnel
Iigkeit u. dasVoiumen cinesMüthachs !
annehmen. Sie laufen in Betten, die !
sie selbst ausgehöhlt haben und- zum !
Unterschied von dem Wasser, das sich
unterhalb des Gletscher seinen Weg
bahnt, sind sie von auserlesener Rein
heit und ebenso schön wie erfrischend. I
Sie verfolgen jedoch selten ihren Lan i
sehr weit ohne Unterbrechung, sondern !
treffen meistens bald auf eine Spalte
in dem Gletscher und stürzen m kühnem s
Fall in dessen eisiges Innere, um aller
Wahrscheinlichkeit nach den Strom, der !
aus seinem unteren Ende heraustreibt
zu vergrößerte Kaum ist die Sonne
untergegangen, so drückt schon die
schnell eintretende Kälte des Abends die
Temperatur der Luft auf oder unter
den Gefrierpunkt und gleichzeitig kühlt
die nächtliche Ausstrahlung die Ober
fläche mächtig ab. Alsdann scheint das
Leben des Gletschers plötzlich starr zu
liegen, die funkelnden Bäche schrum
pfen zusammen, das Murmeln ihres
Dahiugieitcns das Briillen ihrer Fälle
Verstummt allmählig und um die Zeit
wo die röthlichen Tinten die höheren
Bergspitzen verlassen haben, herrscht
ein todtenähnliches Schweigen in die
sen unbewohnten Wildnissen· Der
Winter in den Gletschern ist eine lange
Nacht. Die Sonnenstrahlen haben
kaum die Macht. ein wenig von der
Schneedecte zu schmelzen, welche die ei- »
gentliche Eisoberfläche schützt. Der Ab- -
gang auf der Oberfläche ist so gut wie
keiner und der Gletscherstrom ist auf -
seine geringste Ausdehnung reduziri. j
Agassiz und Tyndall haben durch
vielfache Versuche nachgewiesen, daß
die Mitte und Oberfläche des Gletschers
sich rascher bewegen als die Seiten und
der Boden, ebenso daß die Bewegung
Im Winter sich auf die Hälfte der Som
ii-erbewegung beschränkt. Tyndall fand,
das-, die Bewegung des M- r de glaze
während 24 Stunden in der Mitte- ’3
Jrll und gegen die Ränder 12 Zoll ist
isnd Professor Hugi aus Solothurn,
der sich eine Hiitte auf eine Moraine
l-aute, zeigte, Das-, dieselbe in 3 Jahrssn
sich III-to Fuß mal-abwärts bewegte. Bei
einem steilabsallenden Theil bewegt sich
natürlich der Gletscher verhältnismä
sjig schneller.
Die Abnahme des Schnees an der
Oberfläche unterhalb der Schneelinie
in Folge des Schmelzens bringt nach
und nach oie tieferen Schichten immer
Inehr ans Tageslicht, sodaß man
im Sommer unterhalb der Schnee
Linie nur Eis findet. Von den
Bergen herabgefallener Schutt und
Felgbrocten reihen sich in Linien anein
ander und werden von dem abwärts
sich bewegenden Gletscher auf den Ril
cten genommen und ebenfalls weiter be:
fördert. Diese Schuttrnassen werden
Moränen genannt. So hat ein einzel
ner Gletscher 2 Seitenmoriinen, ver
bindet sich aber dieser Gletscder mit ei
nem aus einem anderen Thal kommen
den zu einein einzigen, so laufen die
beiden neben einander liegenden Sei
tenmoriinen in eine einzige zusammen
und treten nun als Mittelmoriine auf,
während die an den Seiten gelegenen
Meränen sich ruhig in der bisherigen
Richtung weiter tragen lassen. So sind
also aus 4 ursprünglichen Seitenmo
ränen 3 geworden, wovon die mittlere
die stärkste und auch höchste ist, denn in
der Tiefe ruht sie noch auf einem Eis
grai, weil die dichten Schuttmassen die
Sonnenstrahlen von dem unterliegen
den Gletscher abhalten, während das
unbedeckte Eis rechts und links ab
schmilzt. Diese Firste sind stellenweise,
z. B. auf dem Aletschgletscher, bei Zu
Fuß hoch. Sind 3 Moränensiränge
bereits auf einem Gletscherarm und
kommt von einem Seitenthal ein neuer
Gletscher mit der unvermeidlichen Sei
tenrnöräne, so vereinigt sich diese mit
der anderen Seitenmoräne zu einer
größeren und so kann es kommen, daß
auf einem Gletscher 2 oder mehr
Mittelmoränen laufen, bis sie, in eine
engere Stelle zusammengedrängt, sich
vereinigen und beim Heraustreten aus
der Schlucht als eine gewaltige Mittel
moräne austreten. Erreichen die Mo
ränen endlich das untere Ende des
Gletscher5, so werden dort die Fels
stücte und der Schutt abgelagert und
es bilden sich halbkreisförmige Schutt
hiigel, die im Laufe der Jahre sich mit
Pflanzen bedecken, welche nach
und nach den nöthigen Hu
mug neiern, oaIz Gemaqu
und Bäume darauf wurzeln können.
So hat Dr. Hooker gefunden, das-. lsie
Cedern des Libanon auf einer alten
Moräne stehen. Viele Bergseen werden
durch diese Moränen gebildet. Jn der
Nähe von Neufchatel liegt ein Granit
block vom früheren Gotthard - Gletfcher
hergetragen. Derselbe wird Pierre Ei
Bot genannt, mißt 50 Fuß in der
Länge, 43 in der Höhe und 20 in der
Breite und enthält also die Kleinigkeit
von 40,000 Kuhikfuß.« Das hat ein
Gletscher der E i s z e i t fertig gebracht.
Aber ein noch existirender Gletscher
hat vor 60 Jahren einen Block abgefetzt,
ter 240,000 Kubilfuß Jnhalt hat.
Kommen wir auf das Eisfcld zurück.
Macht M Thal, in welchem de: Glei
,.,«-. . ... ..--... «-......-- :
scber langsam herabfteigt, eine Krüm
mung, fo folgt er derselben und ist bei
ilkm, wie bei einem Fluß die schnellste
Strömung auf der lontaven Seit-.
Uebersteigt der Gletscher in seinem Lauf
Unebenheiten oder eine größere Er
höhung des unterliegenden Felsens, so
bricht er in eine oder mehrere Spalten
auf. Kommt er an eine Stelle, wo sonst
ein Wasserfall sein würde, so stürzen
Eismasfen auf Eismassen herab, sobald
der nachschiebende Gletscher den Felsen
rand erreicht hat. -
Längenspalten entstehen auf dieselbe
Weise. Die Querspalten aber heilen
im weiteren Verlauf wieder, d. h. ges-·
frieren wieder zusammen, sobald sie
über den Felsenbruch weg sind. Der
größte Gletscher der Schweiz ist der
Aletsch Und ist 4 Meilen breit. Die
Jungfrau, das Aletschhorn und ver
schiedene andere Hörner, der Mönch
und andere speisen ihn. Die soge
Iannten Gletschertische sind flache
Felsplatten, die auf Eispfeilern ruhen.
Dieselben entstehen ebenfalls durch Ab
schmelzen des Eises rings herum und
neigen sich gewöhnlich der Sonne zu,
da diese an der Südseite mehr Eis ab
schmilzt als an der Nordseite. Es ist
sonderbar, das; in den Rocky Monu
iains, die so hoch sind oder höher als
der IJtontblanc, keine Gletscher sich vor
finden. Zwar findet man dort im
Hochsonimer immer noch Schnee, doch
nur in den Schluchten, aber sonst sind
die Bergspitzen im Hochsommer alle
frei von Schnee und, wenn sie nicht ge
rade blanke Felsen sind, mit Vegetation
bedeckt. Wenn in der Schweiz die
Schneegrenze mit 6000 Fuß anfängt,
so hört in Colorado die Holzgrenze
erst mit 12,000Fuß auf und darüber
hinaus sind die Almen mit den herr
lichsten Blumen bedeckt. Dieses gilt
aber nur für die Felsengebirge bis nach
Montana hinauf. Schon 1873 machte
Tyndall die Entdeckung, daß in den
,le1·zten 12 Jahen die Gletscher seit sei
nem Besuch sich bedeutend zurückgek
gen yllllell Ullo ocl Øcvlugc Proz. u.
Heim berichtet aus Zürich, daß beson
ders in den Höhen der Schneestand
stark zurückgegangen ist. Almen und
Weideflächen liegen jetzt zum Theil
vertrocknet da. Die von Schnee und
Gletschern befreiten Flächen sind
Steinwüste.n. Die Gletscher schreiten
aber auch manchmal wieder vor. So
war vor 1000 Jahren Grönland ein
grünes Land, es hatte etliche 80 Kirch
spiele mit einem Bischof, somit eine
weit größere Bevölkerung als jetzt, wo
die Gletscher an vielen Orten bis ans
Meer reichen und wo beim Ueber-schrei
ten des letzten Felsens der Gletscher
abbricht und ins Meer stürzt, um als
Eis-bera, seine siidliche Reise mit Stein
fracht aus Grönlands Bergen anzutre
: ten und dann dieselbe beim allmäligen
Abschmelzen meist aus der Neufund
landbank abzusetzen.
Wie man’s macht, ist’s
falsch·
Sie: Ehe ich Jhnen mein Jatvort
gebe, muß ich auch wissen, ob Sie alle
meine Wünsche erfüllen werden. Wer
den Sie nie etwas dagegen haben, wenn
ich ein neues Kleid haben will oder ei
nen neuen Hut oder ein Brillant-Cols
lier oder eine Equipage2
Er: Nein, ich schwöre es!
Sie: So? Na, wenn Sie so leicht
sinnig mit Ihrem Gelde umgehen, dann
will ich lieber nicht Jhre Frau wer
den!
Falsch aufgefaßt.
Arzt: Sie haben einen akuten
Rhlsumatisiiius, mein Lieber.
Patient: Kann es nicht etwas An
deres sein, Herr Doktor?
Arzt: Wale Wenn Sie sich
Krankheiten w ä h l e n könnten, wür
den Sie doch überhaupt ge
su n d s ein !
Goldsache.
Jnspeltort Sie baben wieder drei
Kilo Guano zu viel verbraucht!
Verwalter: Mein Himmel, wer’
wird denn den Dünger auf die
Goldwage legen!
Immer muthig.
»Nein, schenken kann ich Dir keine
dreißig Gulden, abcsr ich bin bereit, sie
Dir zu leihen.«
,»,Du, leihen mußt Du mir aber
dann schon se ch z i g Gulden.««
Ein lebendestandobjelt.
Der dicke Fleischhauer Rundbauch ist
in Conkurs gerathen. Essoll bei ihm
nach Bericht des Verwalters keine
Masse vorhanden sein. Als einer sei
ner Gläubiger dies erfährt, ruft er em
pört :
- »Was ä Stuß, der Mann is an und
i für sich schon ä Masse!«
, Ach so!
Frau «A.: ,;Denlen Sie sich. neulich
hat ein Maler zum Scherz an die Decke
seine-Z Zimmer-Z so naturgetreu Spin
s nengewebe gemalt, daß das Dienst
s mädchen in Weinkrämpfe verfiel, weil
; sie es nach zweistündigem Wischen nicht
abbelommen konnte.«
Frau B.: »Die Geschichte ist nicht
wahr.«
s Frau A.: »Aber erlauben Sie, der
. Künstler hat es mir selber erzählt.«
! Frau B.: »Ja, dem Künstler glaube
I ich schon, ich meine nur, solch’ Dienst
3 mädchen giebt es nicht.«