Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 23, 1901, Sonntags-Blatt, Image 16

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    —
00 s 0000 d 00 · · i - s« s MMIXDMHOMJOOOOO ;
chkagende ZseiteriZ
ij
E
Erzählung aus Mainzer alten Tagen von A. Norden.
M. HinniusJ
(4. Fortschunkxd
Doch Arnald hatte wenig Lust zu
langes-ern Augnthalt an diesem wi
derwsrtigen rt. Er nahm die ge
wünschte Salbe in Empfang und net
ließ Dann das Zimmer, von den demü
thisgen Dankesworten ver Frau be
leltet, die »die reiche Bezahlung die
te erhalten, in ver schmuyigen Hand
wo . '
Er hatte sich einige Schritte von
dem Hause entfernt, da kam etwas
« r ihm her, kaum harte Inan, daß
menschliche Füße den Erdboden be
kühnen.
»Was willst Du, mein Kind?«
fragte er betroffen, denn neben ihm
stand dieselbe kleine, graue Gestalt, die
w in so rauh aus vem Zimmer ge
wie en. »Was willst Du?« wieder
holte er.
Keine Antnwort Nur ein Blick
aus großen, grauen Au,en, ein Ge
misch von rüshrender Hülslosigteit und
Dank, hat-v von Thranen verschleiert,
der elnn an’s Herz griff
Jest erkannte er ivie Kleine. Es
war dasselbe Kind, das er damals im
Gedränge vor dem ertretenwekden
gerettet. Eine kleine and strich vag
wirre, blau-de Haar aus der Stirn zu
rück, während die Augen noch immer
gie gebannt aus seinem Gesicht haf
ten.
»Billa!« schrie jetzt die schrille
· Stimme sder Alten aus dem Hause.
Da zuckte das Kind zusammen, als sei
es von einem Peitschenhieb getroffen«
und war verschwunden
Noch lange verfolgte Arnald der
Blick der großen, grauen Kinder
mt , als er längst in der Nähe von
Zanach die Trümmer der alten, rö
mischen Wasserleltung vor sich sah, die
Mberbleibsel eines längst vergangenen,
gewaltigen Geschlechts, vie noch heute
die Stadt Mainz msit klarem Quell
wasset versorgen
Achtes Kapitel
Bei Zahlbach Donnerten die Ge
schütze von Den Schanzen hernieder-,
knotterten die Gewehrfaloen und jag
ten flüchtigse Pserdehufe über den
weiten Plan. Die Septembekfonne
in deren Strahlen die WaffenO hell
nufbli ten. gsab dem militärifchen
Schauspiel ein besonders Iestliches
Gepräge, und umgeben von seinem
Voll nnd ein-er Corona von Fürsten
ein-d Herren hielt er, der von Allen,
die sich um ihn schaarten, äußerlich
der Unscheinbarfte war, in seiner küh
len Ruhe.
Der Fallenblick seiner Augen be
merkte jeden Fehler, auf ein Wort
seines Mundes flogen die Adjutanten
nach allen Richtungen, feine Befehle
zu its-erbringen Halt er doch in
eiserner Faust die Fäden, an sdenen
c diese Menschen wie Marioneiten
feinem Willen tanzten.
tade so sollte er später die Ge
schicke Europas lenken, und die Völker
der civilsistrten Welt würden dann
feine Marionetten fein. Er wußte,
Daß et sie alle beugen werde mit zwin
Fdet Gewalt, und vie Tage von
ssinz sollten ihn Um einen Schritt
weiter bringen auf dieser Bahn.
»Das erinnert an vie Zeiten von
Amte 98.« fagten die älteren Mainzer
Mit , »so vonnerten vie Kanonen
der ßen und Sachsen uns war
fen Feuer in unsere Stadt.«
»Im man weiß ein Lied davon zu
» n. Ich stand damals lhier-. auf der »
· und fah die Liebfrauenlirche und !
den Domthuem in Flammen,« ant-’
verriet-e ein Antheren4 «
Und Tdir-e Frauen hoben ihre Kinder
in »die Höhe und zeigten ihnen den
Mann, der sie aus schwerer Noth be
freit, so daß der Bürger und Land-—
mann sich wieder der Ruhe und Ord
nung erfreuen könne, und in friedli
cher Arbeit seinen Besitz mehre
»Er hat Uns wie Kirchen eöfsnei,
so daß wir darin wieder zu oii und
Un lvesben heiligen beten können; er
has unseren Kindern die Schul en wie
Oder-gesehen aus »daß mir sie zu ordent
lichen Menschen erziehen können; er
ist unser Erlöser, unser Befreier aus
Der Roth. Und daß er so defreundei
seit dem Dakberg ist« beweist uns, daß
er es vet mit uns meint «
l’Empereur!« brauste es von
Tausenden von Lippen, und daneben
ertönte der Ruf »Verl) der Dalderg,
Dalderg oll leben!«
- « diente man das arme Volk tadeln,
III in den langen Jahren kaum ge
— ZU wohin es gehörte, bas, ein
Elsas aller Parteien Leiden
schaften von Hand zu Fug?
Das Manöder war zn Ende, und
. Die Adjeu-nieste wie die Heu Ofsiziere
status Zum Kaiser entboten, um von
DR Lob oder Tadel entgegenzuneh
dem Spiel zogen die
OELKÄFER-up noch einmal an
beten-ideer
WM » m verri- anne egyp s
IW Gesicht war darunter
Mast-ein sieh auch der Kaiser mit
IM mer HMM irae-mo- hier
—
in der Nähe einen Trunk Wein be
kmnmen?'· fragte Seine Majestiit.
»Staat) und Hi esnrachen durstig.«
»Ja Befehl, i ajestät," antwortete
einer sder Offiztere, sder mit den Oert
lichteiten genauer bekannt war« »in
der Nähe des ehemaligen Klosters
Dalheim befindet sich ein Weinschant.
ländlich primitiv. Aber wenn Mase
ftät geruben wollen, dort vorlied zu
nehmen —«
Der Kaiser nickte Gewährung, und
der Zug schlug die angegebene Rich
tung ein.
Jn einem tönt-lichem aber schatti
gen Garten, der den guten Mainzern
um Vergnügungsort diente, hatten
sieh die Herrschaften niedergelassen
Der Wirt-h, der noch niemals in sei
nem Leben solche vornehmeGesellschaft
überhaupt gesehen, geschweige denn in
seinem Hause empfangen hatte, mußte
sich vor Eifer und Verlegenheit nicht
zu fassen. Man hörte im Hause
Durcheinanderstiirzen und Gewalten
dann wurde alles mö liche Vertehrre
vetiracht und fchtießlickcs ersetien der«
lberwachsene Sohn des Wirtheä
einen alten lederbezogenen Lehnstuhl
rnit Seitenbacken, das Prachtsiiick des
Hauses, fiir den Kaiser herbeischlep
pend, wobei ihm aber der Hofhund
zwischen die Beine karn, und Hund,
Junge und Stuhl sieh in wirrem
Durcheinander auf der Erde wälzten.
Die Mägde liefen ireischend davon,
Ials ihnen zugemuthet wurde, Wein
und Gläser zu bri en. Nicht um
die Weit hätten sie eh vor das Ange
sieht des mächtigen Herrschers gewagt,
und so ruhte denn die ganze Last auf
dem Oberhaupt des Hauses, das
schweißtriefend aber strahlend über
i die unerhörte Ehre die Herrschaften be
diente, wobei die Adjutanten lachend
» zugriffen
Endlich standen Wein, Brot und
Käse auf dem rothgewürfelten Tisch
tuch, ein ländlich primitive-:- Früh
stück, das aber nach den überstandenen
Strapazen trefflich mundete. Der
Kaiser war heute in rosigsier Laune.
Vielleicht dehnate es ihm auch, das
steife Ceremoniell, mit dem er sich
umgab, das er dem Hof von Verfass
» les entlehnt, einmal beiseite zu wer
Tfen und sich frei zu bewegen. Und
dieser Strahl laiserlicher Laune theilte
sich auch den übrigen mit·
Man hätte es weder dem ten -
Kurfijrften von Baden noch m
Koadjutor angesehen, daß sie sich heute
friih weinend über das Unglück ihres
Vaterlandes in die Arme gesunken
waren.
« Der Freiherr von Dalherg wußte
allerlei Aneldoien vorn Wiener Hof;
ee erzählte von der Tochter des Kai
sers, der jungen Erzherzogin Maria
Luise, die, noch halb in den Kinder
sehuhen steckenb, allerlei Unfug treibe.
. Graf Neipperg, der Freund ihres
Bruders, des Erzherzogs Ierdinand,
» wisse ein Lied davon zu singen.
i ,»Neulich erhielt der Graf einen
; Sturz Wasser aus einem Fenster von
pSchönbrunn auf feine tunstvoll ge
s brannte Frisur. Daß es herrlich daf
f tendes lölnisches Wasser war. machte
den Lockendau nicht besser-. Der Kai
ser soll sehr erzürnt gewesen sein,denn
man hatte das lachende Gesicht der
Erzherzogin am Fenster bemerkt, aher
wer tann dem lieblichen Kinde über
haupt zürnen?« -
Doch die Erzählungen des « reiherrn
wurden jäh unterbrochen or dein
Wirthshause aus der Dorfstraße hat
ten sich viele Neugierige angesammelt,
denn es hatte sich wie ein Lausfeuer
verbreitet, welche hohen Gäste hier
abgestiegen waren. Und wenn man
auch von diesen Gästen nicht viel zu .
sehen hetatm denn durch die Leids-Ia- (
chen des Kaisers war die Strase fast z
ganz adgesperrt, so war das Ganze .
doch hiichsi interessant. Daer die Er- «
scheints des fremdartigen Mannes,
der mit in weißen Turdan über dem
braunen Gesicht, dem goldgesiickten
Jäetchen und den grünen, bauschigen
Fallen-ern aussah wie eine Brause
j Mc.
Wie et so an der Gartenpforte mit
unterfchlagenen Armen, den krummen
Säbel an der Seite, stand, schien es,
als wollte er sagen: »Nu: über meine
Leiche geht der Weg zu meinen
Herkul« —
Der Platzmeister, Here Klug, der
hier eigentlich gar nichts zu thun hat
te, machte sieh wie gewöhnlich sehr
FichtiY schimpfte und fuchtelte um
er.
Jetzt blitzte es plödlich in feinen
kleinen Augen auf, er war überhaupt
leicht gereizt, wenn feine Gattin nicht
zugegen war, wenn aber in diesem
Augenblick der Zorn bei ihm überwall
te, so hatte er vielleicht doch alle Ut
saehe dazu. Da sah et auf einem
Bauen jenen buckli en Menschen sitzen,
det ihn neulich so chtpee mit der krän
kenben Anspielung auf feine rotheNase
geärgert, and den ek nach dem damali
gen eäthfewaften Busch-sterben der
Gefangenen aus been holzthuem bei
eubiaee Uebetleauna beariindetetet
M
Irgen- iu Verdacht hatte, ver ukhevkk
des Bubenstiicks zu fein, als den
wahrscheinlich ganz un chuldigen Teu
fel. Nur der bozhafte Wechselbald
konnte ihm die Schlüssel aus der Ta
sche entwendet haben, mit denen er
dank-»das Gefängniß geöffnet. Er
hatte sie ja noch kurz vorher in feiner
Tasche gefühlt, und bald darauf nach
dem unpassenden Scherz hatte er sich
nach hause begeben, wo indessen das
Unheil geschehen war.
«Wart’, mein Bittschchen, fett rech
nen wir ab!« sagte er tirschroth im
Gesicht. Und nun machte er kurzen
Proceß, zog den Buckligen an denBei
nen von feinem hohen Standpunkt
herunter-, und wollte ihn mit Stößen
und Püffen in Sicherheit bringen.
Dieser aber schien nicht gesonnen,
sich so leichten Laufes gegen feinen
Willen transportiren zu lassen, er
wehrte sich aus Leibesträften, schlug
mit Händen und Füßen um sich und
hätte sich auf ein Haar losgerissem
wenn nicht andere dem aufgeregten
Platzmeister zu Hilfe gekommen wäs
ren. Der bucklige Mensch war viel
leicht selbst daran schuld, wenn man
ihn, durch seinen ver-zweifelten Wider
stand gereizt, härter behandelte, als
man wohl anfangs beabsichtigt. Er
blutete aus Nase und Mund, so hatten
ihn die derben Fäuste bearbeitet.
»Was eht hier vors-" ertönte jetzt
eine herrifche Stimme in den Tumult
z hinein.
; An der Thür des verfallenen einsti
aen Klosters Dacheim erschien einher-r
in lasseebraunem -Reiseanzug, dass
Haupt unbedeckt.
Er hatte mit schnellem Blicke die
Situation über-schaut, er sah den blu
tenden Menschen, der zur Erde gesal- :
len, und dem manHände und Füße mit «
Stricken binden wollte.
»Wie kommt Jhr dazu. meinen Die
ner hier so zu mißhandeln?« rief der
Herr mit blitzenden Augen.
Einen Moment stutzte die aufgeregte
Menge.
Man hatte den Buckligen losgelas
sen, der gewandt wie eine Tigertaye
sich aus den Händen seiner Bedränger
befreite. Doch nun trat die Situa
tion in ein neues Stadium
»Das ist ja« s— rief Herr Klug,
dem vor Ueberraschung das Wort im
Munde stecken blieb, »das ist ja mein
entwichener Gefangener aus dem
Holzthurm!"·
Huern oernano man man rean, wag
er meinte. als er aber mit unanfecht
barer Sicherheit auf den Herrn los
aing, der nun doch seinerseits er
bleichte, da nahm man aus-Z neue Par
tei, denn die Sache sing nun erst an
interessant zu werden.
Man hatte von den Gefangenen und
ihrer räthselhaften Flucht qebört,und
wenn dieser Mann auch nicht aussah
wie ein Räuber und Mörder-, jeden
falls gab es da etwas zu sehen und zu
hören, und das war genug,
Im Nu sah sich der Fremde um
srinaL von drohenden Fäusten gepackt.
Die militiirische Leibroache, in verläs
sicht. den Tumult, der in so unerbitt
ter Weise in der Nähe Seiner Mate
stät ausgebrochen, zu zerstreuen, be
theiligte sich nun ebenfalls an der Be
wegung; der Bucklige war vergessen,
und sein Befreier mußte nun eine
Stelle einnehmen. Das war der o
ment. in dem die Herren irn Garten in
ihrer Unterhaltung unterbrochen wa
ren.
Auf Befehl des Kaisers erkundigte
sich einer der Adjutanten nach dem
Vorgesallenen. und kam mit »der
Kunde zuriick: »Ein Theilnelnner von
Pudeng Verschwöruna!«
n diesem Augenblick wurde der
Gr ngene an dem Garten vorüberge
fiihrt Es war ein Gesicht- das, wer
es einmal gesehen, nicht wie-der ver
gaß, mit den enerckischen Zügen, dem
Blick der asdlerartigen Augen. Und
diese Au n sahen groß und voll in
das Antrß Parole-ons, sie verriethen
keine Spur von Furcht, tro der ver
zweifelten Lage, rn der er Ich befand.
Und wieder winkte der Kai er ei
nem Maja-nun und« sandte i mit
einem Befahl hin-aus«
Aber jetzt geschah etwas Unersät
tez. Der Gefangen-e wurde unter mi
litörischer Eilorte in den Garten ge
führt, vor tra- anilis des Kaisers. —
Die Umgebungen der Großen der
Erde sind es gewohnt, in deren Mie
nen auch ohne Worte zu lesen; man
hatte verstanden, des ver Latier al
lein sein wolle mit oem Gefangenen,
. und man zog sich diskeet zurück, wenn
auch nicht wert um ieoen Augenbxick
zum Schu ver geheiligten Person
bereit zu ein. Man hatte dem Ge
fangenen die Fesseln an den Händen
loer müssen nun stand er dem et- -
schee geqeniiber der in der gewo ten:
Stellung, in der man ihn kennt, mit.
nntergefchlagenen Atmen an dem
hölzernen Gartentisch in der Laube
lehnte.
Napoleonö durchdringender Blick
ruhte prüfend auf dem Fremden, der
nicht in der verzweifelte-I haltung ei
nes überführten Vetorecht-T sondern
feei und stolz wenn auch mit allen
Formen des Kavaliers, der da weiß,
was er einem qekkonten Haupt s u1
vig iß, tzt auf das Geheiß des ai
setö neiget trat.
»Sie heiße-M
stän« »Ja-us von Greiffentlau, Wofe
.,Uud was Msichtisgten Sie, aXZ
See, glMch ne Paets yetBeehaftuntz
entgangen, gen-de est shierhet seinen
Etwa ein neues sen-M auf mi ?«
Wette M Mleine in
DWWLMMMJH Mvm Geb?
I
i
mich an den chiosrungen ' -
grus gegensdenveetksifen Eonsul Vlies-ei
ltgi, aber ich Im kamlists MajeftaU
atBedeutet »das, aß Sie mir nun
zum dritten Mal entgegentreten wer
den, sda Sie bereits eiinal die Waf
sen argen mich echo ?«
»Nein —- das bedeutet —- doch wo
zu das. man wird mich inor en an
die Mauer stellen, und wölf Unten
läuse werden qng auf meine Bru
richten, dann f - ie Frage gelöst, die
sich mit feurigein Finger in mein Le
ben hineinbr-annte.'«
»Keine Vhrasem ich liebe das
nicht," saate Napoleon kalt. »Ich
wünsche zu wissen, was Sie gerade
sent hierher itisbrte."
»Eisrvas sehr Unwichtisges fiir die
politische Welt. Sire. nichts weiter
als eine sterbende Mutter. Nun i
diese Mutter todt, ich din vogelfrei
Unser Gut im Rheinaau kam wäh
rend der Revolutionszeit unter Se
quester. die Ausdebnna desselben nutzt
mir nicht viel, da die Liegenschasten
von Schloß Volliats oeetvuitet sind,
und somit habe ich leine Existenzbe
rechtigun mehr.«
»Und i: wollen mich glauben ma
chen, daß kein anderer Einset- Sie ber
siihrte? Es waren noch zwei Leute
mit J«hnen.«
»Tshun oie dem armen Bettelvoll,
das zufällig am selben Tage mit mir
in den holzchurm wanderte, nicht die
Echte an, Sire, einem Napoleon an's.
Leben gehen zu wollen. Der Titarrie,«
Idee das Feuer vom himmel holte,j
fällt nicht von solchem LumpengesinH
del, es ver-brennt ich wahrscheinlichj
« an seiner eigenen F amnrr. Ein Ster
bender hat zuweilen Seherdlick.«
Und doch wollen Sie diesen Tita
nen vernichten! Warum-«
»Nicht aus persönlichem Haß, aus
Prinzip; Sire. Wie Feuer und Waf
ier sich im Grimm zisch-end gez-inein
ander erheden. so bäumt sich Das Blut
des Ariftottaien gegen iden Günstting
oes Volkes. Das Feuer hat das Was
ser besiegt, es wird feine Bahnen zie
ken und alles auslöschen, was ihm in
ten Weg tritt. Vor allen Dingen die
alten Traditionen, bis es sich selbst
verzehrt. So will es das Irrtum
Und —- io lege ich die Waffen nieder.
—- Pardon, ja, ich vergaß, von mor
aen an lege ich sie ja uberhaiipt fiir
immer nieder.'« -
.W-neum bitten Sie nicht um zyr
Leben?«
»Weil Sie es mir nicht schwirrt
können, Majestiit. Jch leugne ja nicht
mein Verbrechen, tann und will es
nicht !engnen, und varan steht der
Tod«
»Ihr The-new die Jhr in blindem
Eifer geaen einstiatnrckeieß antiimpf:,«
sagte ver Kaiser mit dem Ton tniter
Ironie, »be.1reist Jshr denn nicht, daß
nach dem Chaos eine Kraft kommen
mußte. die mit Donnersrirnnre ein
halt gebot? Und diese Kraft wollt
Jhr vernichten! Spinnet Eure Fäden,
ich fürchte Euch nicht, rnit einer Fin
gerbewegung zerreiße ich sie-Ich ver
ichmähe es spann von meinem Herr
-cherrecht. dein Recht der Strafe, Ge
brauch zu machen. Leben Sie! Aber
hüten Sie sich, mir ein drittes Mal so
wie heut näher zu treten, i wäre
dann vie etcht nicht in ver ruß
must-staune«
In den beweglichen Miean des
rentden zeigte sich nur Ueberraschung
i diesen Worten, es war ein Aus
druck. als wenn er sagen wollte: »Wie
kommst Du plötlich zu di ein Groß
nr Danfnkh den man ni t nn Dir
gen- i i ?« Keine Spur eines freu
igen An leuchtend in sei-en Augen
«Jch danke. Sire, fiit diese uner
hörte Großmut-X jagte er, »wenn
das Geichent auch iir mich vielleicht
ein zwei weites ist. Jedenfalls fesselt
Dies Ge chent meine hände mit io
nnzerreißbnren Ketten, ais wären sie
von Gott Vulkan selbst qeschmiedet.«
Der Kaifer erwiderte nichts darauf.
Vielleicht Hatte er doch eine andere
Knndgebung erwartet. Aber wer
tonse die Gedanken hinter dieser ei
sernen Stirn lesen?
Ein Wink feiner hand, ten-v der
nun befreite Gefangene konnte sich un
gehindert in das hat-b verfallene Klo
» sier Dalheirn zurück-begeben
NeuntesKapiteL
Das Theater, das damals auf der
mrttleren Bleiche sich provisorifch in
den Räumen des ehemaligen entfürsts »
lichen Marstalles befand· seit das
wirkliche Theater auf dre großen
Bleiche in der Nähe der Umbach abge
branut war, entleerte sich eben.
Talma und spie Duchenoiö vom
Theatre feoncaisi in Paris harten das
Publikum durch ihre Leistungen in
Maria« Andromache begeistert, und
wenn auch mancher ute Bür r von
Mainz kein Wort Französis ver
stww undinfobgeve en feine haung
hatte, was Mckvemoifelle Duchenois
mit ihren pathetischen Worten eigent
lich wollte, so hätte er das doch unter
keinen Umständen eingestanden.
Wie ein Taumel hatte es die Be
völkerung ergriffen. Aber es waren
nicht die sinnst-allen Tcrge allein, die,
eine-ten tenve Kette prächtiger Bilder
an sden ugen der Mainzer vorüber
iehen«d, diese Begeiiterung hervorrie
en, man erkannte auch dankbar die
unauzgeseßten Bemükungen des Kai
sers an, in der ftekdtt Im Verwaltung
Verbesserunan einzuf han« den-Han
idel used Wohlstawv der Stadt, vie so
fange unter dem Druck »der Leier-eri
schen und revolutionäre-i Urtean
elitten. Bebt-ben- man war gleick Ich
aber vie rsprechungen, die Der Kai
Lex Wehe hatte, denn- man zehnte
malt nicht« daß kaum der genngste
W
Theil dieser Versprechungen in Erfül
luna aehen würde.
Aus den Thüren des sehr he
schriiniten Schauspielhautes ergoß sich
der Menschen trom auf die enqe und
iecht beleu tete Straße. Die Herr
ften hatten sich bereits in ehren
quivcnaen und Sänften. die von
Fackeltriigern umgehen waren, ent
fernt, was zurückgeblieben gehörte
zagt zu den Höchsten und hohen der
r e
Arnald Fall hatte sich ebenfalls an
der Thtir von seinem Freunde Jean
Schmitts qetrennt, der die ent egen
gesettte Richtung nach dem hier
marit etntclzlngn Er wollte eben die
Stufen der Außentrevpe hinabsteigen,
da hörte er neben sich leise Töne, die
er zuerst nicht beachtet« doch fest form
ten sich idieie Töne zu Worten:
Kunst Blumen, lieber Herri«
Ein Körbchen mit Blumen wurde
ihm entgxgenaestreckt von der Hand
eines etwa zehnjährigen Mädchens.
»Hast Du wieder Blumen vom
Kirchhof gestohlen, Du Nixnutz,«
schrie Fett Klug, der Mahmeisten der
viellei t unter den Zuschauern arg
der Gallerie gewesen war, und au
gier, wo er etaentlich nichts zu thun
atte, seine Würde geltend machte.
Das Kind drückte sich schen hinter
einen entspringenden Pfeilen da es
sich an der dröuenden Gestalt des
Scheltenden nicht vorüber tva te.
»Dies Gesindel ist eine wa re Pla
: qe,« fuhr Herr Klug, der. wie immer,
auch jetzt sehr gereizt war, qegen den
jungen Mann gewendet ort, »aus
den Privatgärten und varn Kirchhof
stiehlt es sich das Material, verkauft
an öffentlichen Orten Blumenfträuße
und entwendet nebenbei auch noch
Uhren nnd Geldteutel.«
Herr Klug mrchte nicht so gan. un
recht haben, die herrschende ode
machte außerdem den Dieben das
Hand-wert leicht. Ein Ruck an der
großen, weit aus der Tasche herab
hängenden Berlocke brachte diese
sammt der Uhr leicht in die Hände
ein-es Lannfinaers.
Dem jungen Mann that das still
vor sich hmweinende Kind leid, er
beu te sich zu ihm nieder. »Ist das
wahgn was der Herr da sagt?« fragte
er, »hust Du die Blumen gestohlen?«
Da schauten große, nraue Augen
zu ihm auf und schüchtern ertönte die
Antwort: »Ich d« noch nie was ge-j
stehlen, die Gen Immer aiebt nur dies
Blumen, und ich vertauf’ sie." s
Ietzt erkannte er die Kleine, die ers
damals itn Menschengedränge gerettet!
nnd tiirzlieb in der Hätte der altenl
Etsch wiedergeselken zitte, das Kinn-«
von Eva Zech. ver - sit-in der Ver-I
nunft. i
»Es ist aber spät,« sagte er, »von!
Si. Quiniin schlug es eben elf Uhr,!
das ist nichts siir kleine Mädchen. Du «
müßtest längst zu Hause sein« s
Der brach Tons Kind von neuem ins
Thränen aus. »Ich habe noch nichtss
von meinen Blumen verkauft, die;
Großmutter schlägt mich halbtot-it«
»Ja, aber Kind, Du tannst doch
nich: biet übemnchten!«
Keine Antwort, nur erhöhtes Wei
nen.
Allmählich hatte sich die Menge
verlaufen, auch Herr K « hatte sich
davongeirollt, ihn inter sirie dies
Abenteuer Des reichenIatt, den er sehr
gingt kannte, mit einem BietteltinveI
Ratblos stand dieser einen Augen
btick va. Das Kind in soer Duntetheits
seinem Schicksal zu til-erlassen« tanh
ihm unbarncherzi vor. Einzelne Sie-s
gentrppsen ielen nat-; nach verGon-j
mum« schien ! Meiss- FUAZFZ M-;
er das e i tzuz
ben. lieber nn Freien zu übernachij
ten als zu seiner natürlichen Beschüses !
rin urttckzntehrem aus Angst vors
Strafe. »
»Komm mit mir,« sagte er rasch
entschlossen. ..·
Jn feinem großen eltetlichen Hause
möchze sich wohl irgendwo em Winkel
finden, wo man es bis zum Morgen
unterbrachte. Frau Mit-» die Haus
haltekin, mußte Rats schaffen.
Wie ein tleinee folgsamer Hund
twllte vie Kleine hinter ihm her.
Wenn et sich von Zeit zu Zeit um
drehte, um zu sehen, ob das Kindihrn
folge, sda er seinen Schritt auf dem
Straßenpflafter nicht hörte, sah et
einen grauen Schatten, weiter nichts.
Frau Putz, Idie würdige Dame, vor
der svaö anze Haus einen gewalti en
Respekt te, fchlusg vie Hunde ü r
pem Ko f zufammen, als sie ihren
H jungen ern in der Begleitung eines
» verwahkloften Betteltindes fah.
,Jesses, Mar' Joseph der Heer
war · wohl ver extl" Dies kleine
Una häm, dern «e blonden haare
wire in die Stirn fielen, daß man spa
tiibee kaum ein Gesi seyen lautete
Unsv heut war so viel tbett im hause
gewesen, denn von wem Weingut in
Landenbeim war ver älteste Sohn mit
Frau und Kind heteingelonenten,und
nun sollte sie auch noch für ein herge
laufeneö Bettellin sorgen! Das gan
e Laus schlief bereits, und die Be
ine chetin ver Wietlzs aftstäume
sehnte sich ebenfalls nach uhr.
Arnle verschwieg vorläufig, wo
Per das Kind eigentlich flammte, denn
o kam zu Yvem schon vorhandenen
Ale cheu auch noch der Aberglaube,und
er wußte, Damit war nicht zu spaßen.
Mit lauen etnsteikWotten ab er
der Frau seine Auftrage, vdaß te ihn
ganz verwundert anfchautr. O n auf
»dem Boden war ja eine leere Kamme-,
darin iiitzlich eine alte Magd, die im
hause Das Gnadenbwt gegenetn ge
orben war; da tonnte vie Kleine
bewachten.
W
Frau Mit brummte eitng Unver
standlichei, aber sie gehorchte, wenn
m an re or n a - -
milie chon frsh Geiger or uppe.
; heut nd aber den Gästen Zins-Ehren
, auch duftender Malta aus idem Tisch,
s den man sich damals nur ausnahms-«
s Preisese selbst in dem reichen Hause, er
i au .
Die Begrüßung zwischen den Brit
dern und der Schwögerin war wie
immer eine jrosti e aewesen. Ein
Knabe von viellei t vierzehn Jahren,
f der ein ige Spröszlina des Ehepaare5,
; vernoll tändiate den Kreis.
; Aber während die Unte ltuna am
zTifch über die neuesten ageöererg
; nisse, die set-i das hauptinteresse in
gAnspruch nahmen, von den Erwach
i senen gesting wurde, verschwand der
hübsche, le endiae Knabe vom Tisch·
Draußen in dem geräumigen haus
slur mit seinen Treppen, Winkeln
und Ecken gab es interessanten Dinge
als sdas Stillsihen bei den Großen,
das war nicht seine Sache.
Frau lt, die jüngere, eine noch
hübsche riinette in ho moderner
Kleidung, saß neben ihrer Schwieger
mutter, die ihr eben erzitdtte, daß nun
aus Geh-its Ebes Kaisers die englischen
Fräulein und sdie welschen Nonnen in
ihre Klöster zurückaelehrt seien, die
Idurch die Revolution vertrieben wa
ren. Aber die Schwestern mußten
weltliche Kleidung tragen und sich der
Kinder-er ichunsg widmen.
Frau s lt junior tächelte leise.
Vielleicht malte sie sich im Geist aus,
wie sonderbar wohl die guten Nonnen
in den engen, griechischen Gewändern
aussehen würden, und dabei streckte
sich ihr hübscher Fuß im grünen Sei
denschuh lotett unter dem Kleider
saume hervor, und durch den langen,
schwarzem durchbrechenen Handschuh
j leuch:c-ten die rosigen Arme gar der
T suhrerisch.
Jetzt ertönte von der nahen Ka
serne lustige Mixitörtnusih und musn
hörte Pferdegetrappel auf «derStras3e.
»So geht's nun immer," seufzte
dieftrante Frau, »der Lärm hört nicht
au .«
Ader die Inn re del-and sich schon
nicht mehr an i rer Seite, und ihre
Bitte um ein Glas Wasser blieb in
foloedessen unbenchtet. Die iletars
beit. die die fange Frau ge t, lag
auf dein Fußboden, ein Spiel für-das
Kii chen, das mit weichen Pfoten da
nn griff.
Frau Falk schob aber noch schnell
eine Locte ihres sdunllen Dankes tiefer
in die Stirn, als sie an dem Pfeilen
spiegel dorüherlam, und trat dann
and Fenster.
»Ist-rauhen in Laubenheim lebt man
so still, da hört man nie einen Ton
Musil,·' fazte sie entschuldigend in's
Zimmer hinein.
Und nun flog über ihr hübsches Ge
sicht eine leichte Röte, der lächelnde
Mund zeigte eine Reihe blendender
Zähne, während sie einen versiohlenen
Gruß html-sandte
Draufzen ritt an der Spitze feiner
Leute ein junger Drogoneroffizier
vorüber, dessen hellt-laue Uniform mit
den gelben Aufschlägen trefflich zu fei
nem blonden haar, das im Rocken loie
mit einer Schleife zufammengebunden
wor, paßte.
Er drehte an feinem lecken Schauer
biirtchen nnd fandte dabei vetftohlen
einesußhand zumFenfter hinauf. wäh
rend ein übermütiger Zug in feinem
Gesicht aufbliitr.
Der Gotte der jungen Frau, der ge
rade wieder feinem Bruder ein charfes
Wort zufchleuderte, da dieier ber die
Ovationen, die die handelslommern
dem Kaiser dar-bringen sollten, nicht
einer Meinun mit ihm war, brach
plöhlich den treit æb und trat zu ihr
ums Fenster, während er ihr itber die
Schulter fah.
»Komm doch zuma," sagte er ar
geriich, »es schickt sich nicht für eine
ehrbare Frau, dein windigen Solda
tenvoii nachzuschaiien.«
»Bin ich ein Schulkind, das inan
hainieiiiern innn««« sra te sie zwischen
den weißen Zähnen hin urch, während
ihre Augen i n zornig anbiickten
Da ertönte draußen ein Heidenlörm.
Kreischen der Mägde, laute Stimmen,
HundegebeiL daß die Kranke entsetzt
auffuhr
« Je t wurde die Thür ausgerissen
» und rein stürmte der Knabe. »Dum
i gen aus der Treppe sißt ein Kobold, der
) ai eine Maus in der sandi« schrie
er, und dann war er wieder aus und
II davon. —
Der eheliche Zwist war darüber
vergessen und die Anwesenden begaben
sich jetzt hinaus, uin hinter den Sinn
dieser etwas räthsekhasten Worte zu
kommen.
Da sahen sie denn auf dein oberen
Treppenabsasz ein Wesen, das in dein
grauen Rock, der es umschloiierte, fast
aussah wie ein Hiiu chen Staub, wenn
nicht ein weißes cht mii ruhen«
scheuen Augeni nen entgegenge euchiei
hatte. Es drii te sich an stviill gegen
dsg- Mauer, denn ein grasen atiigee
Fiötier und die alte Haus a e schienen
alle angestaminie Irindschai vergessen
In haben, mii wütendem Gebell und
s gekrümmtem Rücken beiagerten sie das
tierne«Geschi-ips, das in zitternderAngsi
sich nicht u helfen wußte. Und wah
rend die iigde und einige Knechte voll
rausamer Neugierde, ohne einen
z inger zu rühren, das Ende der Sache
abwarteten, die fie sehr interessant san
den, führte Gewin. der wiide Knabe,
einen wahren Jndianertaiiz vor Ber
giiiigen um die Gruppe auf.
CIorisegung solgw