— I— Fl Iler Dann des Millionäre. —-«.--"— Von C. D. Der Präsident einer großen indu striellen Unternehmung in Ohio, ein bekannter Millionär, wohnte einein Gastmahl bei, das durch verschiedene wirklich interessante Ansprachen der Theilnehmer ausgezeichnet war. An geregt durch eine dieser Ansprachen, er hob auch er sich und sprach die Absicht aus. den Festtheilnehmern an einem selbsterlebten Ereigniß klarzumachen, daß recht häufig ein scheinbarer Schick salsschlag sich am Ende als ein verklei deter Glüassall entpuppt. »Jch,« sagte er, »habe meine Karrtere damit begon nen, daß ich im tiessien Winter mit Fußtritten aus einem Nachtzuge in den Schnee hinausgestoßen wurde, weil ich kein Geld hatte, eine Fahrkarte zu lösen." Alle Anwesenden, obgleich sie als Ameritaner an ähnliche Schicksals wandlungen gewöhnt waren, lachten über die Zumuthung, sich diesen ihren hochangesehenen und schwerreichen Mit biirger als einen wegen Nassauerns aus der Eisenbahn gestoßenen armen Teu sel vorzustellen und drängten sich in seine Nähe, um keine Silbe von seinen Selbstbetenntnissen zu verlieren. Er aber fuhr in seiner Erzählung fort: »Es war wahrend der tiauetten Ge schäfts eit in den achtziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts, und obwohl i gründlich etwas gelernt hatte, sogar für einen geschickten Mechaniker galt, so war es mir doch unmöglich, Beschäf tigung zu finden, wäre es auch die ge wöhnlichfte, blos tiirperliche Arbeit ge wesen. Alles schien sich gegen mich ver schworen zu haben. Auf meinen Kreuz und Querziigen war ich nach dem süd lichen Theile von Ohio gekommen, da aber waren meine Mittel so vollständig erschöpft, daß ich mir nicht mebr zu hel fen wußte und der Verzweiflung nahe war. Gerade da kam mir’s irgendwie zu Ohren, daß es in Dayton fiir meine Profession etwas zu thun gäbe. Nach Dayton zu gelangen, war also mein brennender Wunsch. Wie aber sollte ich das bewertftelligen, odne einen Beut in Händen zu haben? Jch schlüpfte heimlich fes war ein geradezu bitter talter Abend) in einen Nachtzw und wurde auch gliicklich vor Abgang des Zuges nicht entdeckt. Mein Muth stieg; ich hoffte mit großer Zuversicht, daß es mir gelingen werde, den Schaff ner zu überreden, daß er mich als blin den Passagier mitnähme. Nun, an Beredtsamteit ließ ich’s nicht fehlen, einen Steinblock Mitte ich damit erweichen können. Der Beamte jedoch, der mich da ohne Fahrtarte un traf, war nicht zu erweichen. Als ich mich für gänzlich niittellos erklärte, zog er, wir waren gerade an einer unbedeu tenden Station angelangt, feine Leine und brachte den Zug zum Sieb-w dann packte er mich beim Kragen, beförderte mich zum Wagen hinaus und half mit ein paar wohlgezielten Fufitritten nach. Jch landete auf einem Schneebausen und übernachtete in heller Verzweiflung in einem leeren Waarenschuppcn. Die letzte Aussicht war nun zu Wasser ge worden. Am folgenden Tage aber wendete fjch das Blatt. Das Städtchen, an wel chem man nich so unsanft abgesetzt hat te, lag an einein ziemlich bedeutenden Bache, den die Einwohner erst vor kur zem mit einer neuen eisernen Brücke versehen hatten. Durch irgend welchen Zufall löste sich in den Morgenstunden dieses fiir mich so denlwürdigen Tages die Spannung eines Brückenbogen-s und der ganze Bau schwebte in der größten Gefahr, zusammenzubrecheu, ehe aus der Gießerei, die das Machwerk hergestellt hatte, sachverständige Hilfe herbeizuschaffen war Jn diesem kritischen Moment gelang te ich auf meiner ziellosen Irrfahrt an die . den Untergang drohende Beurte. All’ meine Energie erwachte; was ich an technischen Kenntnissen besaß, stellte sich mir gleichsam mit nützlichen Fin gerzeigen zur Verfügung: ich bot mich den rathlosen und vollkommen verwirr ten Stadtvätern zur Hilfe an. Mein zuvetsichtliches Auftreten mochte ihnen wohl Zutrauen einflößem sie nahmen mein Anerbieten an und ich stürzte mich mit Feuereifer in die Arbeit. Aus holzblöcken und Spannbalten baute ich in fliegender Eile einen stiihenden Brit ckenbock, der bis zur Ankunft geschulter Brückenbauer das wantende Gestell aufrecht erhielt und rettete dadurch der Baugesellschaft die Kleinigkeit von rund zwanzigtausend Dollars. Selbstverständlich war man an der hauptsächlich betheiligten Stelle fiir mein »umsichtiges und thattriistiges Eingreifen sowie für meine wissen-— schriftlichen und Fachienntnisse«, wie man sich anerkennend ausdrückte, nicht wenig dankbar. Der arme Teufel sah sich mit Lobspriichen überhäuft und nahm mit überströmendem Herzens jubel den ihm angetrageneangenieurs posten in dem Etablissement an, das sieh ihm site den geleisteten Dienst er kenntlich zeigen wollte. Von der Zeit an stieg ich von Stufe zu Stufe, von Erfolg zu Erfolg. stlnd nun bedeuten Sie, meine Herren, bog dieser glückliche Umschwung stattfan gerade in dern Moment, als scheinbar jede Hoffnung fiir mich aus war. Hätte der Schaffner, dem ich mit so heißer-: Flehen in den Ohren lag, mich mit nach Dahton genommen, anstatt mich unter wegs mit Fußtritten aus dem Wagen zu stoßen, so hätte ich die große Chance te« F A meines Lebens versäumt und tlopste möglicherweise heute Steine am Wege. Der Mann, dem ich damals in allen Tonarten fluchte, ist in Wahrheit der Be riinder meines Glückes geworden. IF habe schon oft den Wunsch gehabt, ihm noch einmal im Leben zu begeg nen.« - Die Rede des Millionärs machte auf alle Anwesenheit einen lebhaften Ein druck und ging, wie es Sitte ist, durch alle Zeitungen. Mit einer sol chen Zeitung in der Hand stellte sich bald darauf ein Eisenbahnschaffner im Bu reau seines Vorgesetzten ein und sagte in großer Erregung: »Ich bin der Mann, der damals den nassauernden Mechaniker aus dem Zuge setzte, ich möchte mir ein paar Tage Urlaub ausbitten, um mich ihm als den »Be griinder seines Glückes« vorzustellen. Jch möchte ihm doch Gelegenheit geben, mir seinen Dant dafür zu beweisen.« Der Vorgesetzte ließ sich über die Zeit und die näheren Umstände des Ereig nisses ausführlichen Bericht erstatten und dann erhielt der Schaffner den er betenen Urlaub und dampfte hoher Er wartungen voll nach Ohio ab. her hatte auch das Glück, den Gesuchten daheim zu finden und trug ihm denn nun seine wohlvorbereitete Geschichte vor. Ehe er noch geendet hatte, sprang der Millionär von seinem Sitze auf, das Antltß von einem Lächeln der Befrie digung verklärt, seinemGegenüber beide Hände entgegenstreckend. »Das ist mir ja ein großes Vergnü gen,« rief er aus« »ein sehr großes Ver gnügen, etwas, wonach ich mich seit Jahren gesehnt habe!« »Das beruht auf Gegenseitigkeit,« erklärte der Schaffner, übers ganze Ge sicht strahlend« »YCUUWUYL, ckllllclc Ucc Plllslocllh sich vergnügt die Hände reibend, »Sie waren ja natiirlich nur ein Werkzeug in der Vorsehung, der ich dafiir meinen Dank in mannigfacher Weise auszu drücken versucht habe. Die Fußtritte dagegen waren ausschließlich Jhr eige nes Verdienst. eine Art humoristischer Verzierung, ohne welche das Hinausp werfen eines halbverhungerten, unge nügend bekleideten armen Teufels in die unwirthliche Schneenacht fast et was zu Tragischeg an sich gehabt hätte. Meiner Erinnerung nach,« fiigte er nachsinnend hinzu, »waren Sie damals beträchtlich stärker und schwerer als jetzt « »Stimmt,« sagte der Mann am Ti sche, »ich habe seitdem sehr abgenom men.« »Gerade das Gegentheil wie bei mir,« fuhr der Präsident fort, »ich war zu jener Zeit hervorragend von Kräften getomrnen und habe mich seitdem auf fällig erholt. Da sind also auch unsere Gewichtsverhiiltnisse auf gerechte Weise » ausgeglichen. Dann also nur heran!« Damit packte er unversehens den ver blüfften Schaffner beim North-ager wirbelte ihn herum wie ein Blitz und warf ihn die Treppe hinunter. Dabei half er in anerkennenswerther Wehen digkeit mit wohlgezielten Fußtritten nach, so daf-, der «Begriinder seines Gliicke5« nicht auf dem Hausflur liegen blieb, sondern flott auf die Straße flog. »Das war also der Dank eines Mil lionärs,« sagte der Schaffner zähm knirschend. »Millionäre haben nun einmal tein Herz für arme Leute.« --— ——-.0.— — Yerlkchrte Welt. —.. Eine Toilettenstudie von H a n s S ch a r w e r l e r. Ob die Frauen Hosen tragen sollen, gleich den Männern, ist gegenwärtig, besonders bei den englischen und ame ritanifchen Frauenrechtlerinnen, eine brennende Frage. Bei vielen derselben ist die Hofe geradezu das Symbol der Emanzipation geworden. Ob es den Männern auch erlaubt ist, Weiberröcke zu tragen, oder ob man vielleicht von Obrigkeits wegen gar alle Ehemänner, bei denen die Frau »die Hosen anhat«, dazu anhalten soll, damit der Wahr heit auch öffentlich die Ehre gegeben .werde, und Jedermann sofort sehen kann, wer Herr im Hause ist —- diese schwerwiegende und jedenfalls ebenso wichtige Frage bat noch Niemand mit Gründlichleit und Sachverständniß er örtert. Und doch wäre es nachgerade Zeit, daß im Interesse des menschlichen Fortschritts und vor allem dem der Ge rechtigkeit darüber Klarheit geschafft würde, denn was der Hofe recht ist, das ist dem Rock billig. Glücklicherweise giebt es einige kul turgeschichtliche Thatsachen, die uns auf diesem Wege leiten können, und über den Umstand, inwieweit die Hofe der Herrschaft, der Rock der Untertha nigkeit günstig ist, Licht verbreiten. Es giebt nämlich Voltsstämme, vorzugs weise im Osten, bei denen sei-i Jahr hunderten die Frauen hofen tragen, und andere, bei denen die Männer in Weiberröcken herumlaufen; und trotz dem befinden sich gerade bei diesen die Weiber in einem Zustande der Abhän gigteit, die von unseren Frauenrechtle rinnen als »Stlaverei« bezeichnet wird, und die Herrschaft des Mannes ist unbestritten. Dies scheint darauf binzudeuten, daß das rechtliche Ver biiltnisz der Geschlechter mit der Be , tleidung durchaus nichts zu thun hat, und letztere eine bloße Sache der Mode ist. Die Frage der geeignetsten Tracht gehört ganz in das gesundhettliche und ästhetische Gebiet und hat mit den Emanzipations - Bestrebungen moder ner Frauen im Grunde nichts gemein. Die mehr ooer minder schönen Be wohnerinnen des türkischen Harems tragen bekanntlich alle lange, bis zu den Knöcheln reichende Pumphosen, zeigen sich aber niemals so in der Oef fentlichteit. Sobald sie das Haus ver lassen, bedeckt sie der bis zu den Füßen reichende unförmliche Mantel, der Feredschr. Da es dem modernen Lieb haber- oder Berufs-Photographen, dem sonst nichts Lebendiges oder Tod tes heilig ist. und dessen Blißapparat selbst die verborgensten Dinge auf die lichtempsindliche Platte bannt, bis jetzt nicht gelungen ist, in die streng gehüte ten Harems einzudringen, so besitzen wir leider kein authentisches Bild die ser behosten Damen. Aber wir wissen ganz genau, wie sie aussehen, wenn wir die jüdischen Tänzerinnen in Tu nis betrachten, die ihre Kunst in den Konzerthallen ausüben und dabei meist im reichen Haremskostiim austreten, auch der Photographischen Kamera gern Stand halten. Es läßt sich nicht leugnen, daß diese Tracht kleidsam, malerisch und reizvoll ist, dabei ohne Zweifel gesünder und bequemer, als die bei uns übliche Frauentracht. Das Gleiche läßt sich dagegen nicht von den übrigen tunesischen Jüdinnen sagen, deren Anzug geschmacklos und unkleid sam ist. Es zeigt sich hier, daß, so pas send die weite Pumphose siir das weib liche Geschlecht erscheint, doch die ei gentliche Männerhose, noch dazu die enge, fiir Frauen höchst unkleidsam und entstellend ist. Das gewöhnliche Kostiim einer tunesischen Jüdin besteht aus einem, meist reich gestickten und. verzierten Hemd, einem goldgestickten, weit aus-geschnittenen Sammetjäclchen, engen Beintleidern, weißen Strümpfen und Pantoffeln. Darüber hängen sie ein langes, faltenreiches, hemdartiges Seidengewebe von rothen gelber oder grüner Farbe, und auf dem Kopfe thront ein sammetener, goldgestielter Zuckerhut, die Kusia. Ganz richtige moderne Hosen nach dem Osenröhrenmuster trägt die versi sche Frau, wie man sie häufig in den indischen Bazaren sieht; dazu eine lan ge Bluse und turzgeschnittenes Haar, von einer kleinen Studententappe be deckt. Man könnte sie· siir einen jungen Mann halten, ließe nicht der Stoff der Kleidung, leichte buntfarbige Seide, und die reichen Verzierungen und Be sätze des Obergewandes darauf schlie ßen, daß man es mit einem Weibe zu thun hat. Diesen hosentragenden Frauen aus-« dem Orient ließen sich noch eine ganze Reihe anderer ansügen, aber wir brau chen gar nicht so weit zu gehen. Dicht » an den Grenzen Deutschlands, und » zwar im Schweizer Kanton Waadt, j giebt es Frauen, die nicht nur die Ho sen anhaben, sondern deren Tracht vollständig männlich ist und dabei so nüchtern, schmucklos und jeder Anmuth bar, daß man sie den »Frauen der Zu kunst« nur als abschrectendes Beispiel hinstellen kann. Sie sehen in ihren lan gen Hosen und der kurzen Jacke mit steifen Manschetten und Stehtragen wie schlechtgewachsene junge Bursche aus, und ihr Beispiel wird schwerlich irgendwo anders-« zur Nachahmung rei zen. Freilich tragen auch in anderen Orten der Schweiz und in vielen Thä lern Tirolg die jungen Mädchen wäh rend des Graizmähens und Heumacheng leinene Hosen; ebenso die Arbeiterin nen im Kohlenbergwcrt zu Pengberg (Bayern), die Fischermädchen irLLlrca ! cyOn (Bllofklllllkclc1», Ulc Urlucu pflückerinnen in Spanien und manche andere. Doch dient ihnen dieses- Ko ftiim nur während der Arbeit, bei der ihnen Röcke hinderlich fein würden. Sobald aber die Arbeitszeit vorüber ist, schlüper sie eiligst wieder in ihre weibliche Tracht. Die Hofe erscheint ihnen nur als ein nothwendiges Uebel, als ein Mittel zur besseren Ausfüh: rung gewisser Verrichtungen, keines-« weg-H aber als eine erstrebenswerthe weibliche Jdealtleidung. Und das ist sie auch sicherlich weder vom ästhetischen, noch gesundheitlichen Standpunkte, nicht einmal von dein der Zweckmäßigkeit aus, ebensowenig wie der Weiberrock für den Mann, obwohl wir ihn bei einer ganzen Anzahl nnd zwar feltsainerweife der kriegerischesten und wildesten Volksstämrne als alte, freilich immer mehr verschwindende Volkstracht finden. Am belanntesten ist der Kilt der Bergschotten, ein kurzer-, bis oberhalb des Knies reichender Rock aus Wollen ftoff, der früher allgemein statt der Ho fe getragen wurde, jetzt sich aber nur noch bei den Dudelsackvfeifern der schottischen Lords und bei den Hoch land-Regimentern als besondere nn tionale Auszeichnung erhalten bat. Ebenso ist der kurze weißleinene Rock der griechischen Palitaren, die Insta nella, die aus einem langen, in zahl lvse Falten gelegten und um den Leib gewundenen Zeugstreifen besteht und im frischgeftiirkten Zustande wie der Rock einer Balletttänzerin aussieht, im raschen Verschwinden begriffen. Denn überall wo die Zivili sation vordriingt, verdrängt die praktischen Hofe diese Ueber bleibsel alter Volkstrachten. Nur wo die moderne Kultur noch nicht Fus; « gefaßt hat« wo das Leben sich noch in den patriarchalischen Formen vergan gener Jahrhunderte abspielt und von Industrie, vom raftlosen Erwerbstrei en der Gegenwart keine Rede ist, hält l sich der Weiberrocl als Stück der männ lichen Belleidung. So zum Beispiel aus der Jnsel Sar dinien, diesem vernachlässigten Theile des Königreichs Italien· Der Wollen rock der Bauern im Jnnern des gebir gigen Landes hat die größte Aehnlich keit mit dem Kilt der Schotten, doch trägt der Sarde unter dem Kilt noch weißwollene Hosen, die in den langen Strümpfen stecken. Daß diese rauhen, unzioilisirten Bergbewohner, bei denen das Räuberwesen und die Blutrache noch in Blüthe stehen, außer besagtem Rocke absolut nichts Weibliches an sich haben, braucht wohl nicht besonders er wähnt zu werden. Einem Weiberrocke gleicht auch die kurze, rockähnlich weite Hose derBauern in der altspanischen Provinz Martia Wenn man die Bewohner dieses spär lich bevölkerten Landstriches mit ihren blendendweifzen, bei jungen Männern oft zierlich gefältelten ,.Zaraguelles3« daherkommen sieht, dazu an den Unter schenkeln fußlose Strümpfe mit rothen Strumpfbandern, an den Füßen Hanf sandalen mit rothen oder blauenKreuz bändern, über der Schulter die iarrierte Manta (Plaid), so kann man sie in der Ferne leicht für Frauen in kurzen Röcken halten. Erst wenn fie nahe her an sind, man genau die Gesichter unter scheidet, wird man seines Jrrthumz gewahr. Die Muricaner sind mittel große Leute von heiterem leichtlebigeu Naturell, dabei fleißige Arbeiter und Meister in der Bewässerung und Bo dentultur. Ganz oas Gegenwert rann man von den langröckigen Bergbewohnern Mare doniens sagen. Trotz ihres würdigen Aussehens, der hohen Gestalt, den ed len Gesichtszügen sind diese Abstimm linge von Griechen und Bulgaren halb Hirten, halb Räuber, jeder eigentlichen Arbeit, die sie verachten, abhold, und ihre rauhen Sitten erinnern an die weit zurückliegenden Kulturperioden. Je denfalls hat ihr bis zu den Füßen rei chendes rockartiges Gewand, das in seltsamem Gegensatz zu dem breiten, stets mit Pistole und Messer gespickten Gürtel steht, nicht den geringsten fünf tigenden Einfluß aus sie ausgeübt, ebensowenig wie die Hofe bei den oben vorgeführten Orientalinnen etwa männliche Eigenschaften zu erwecken vermochte· Auch die tanzenden Derwische des Mewlewiordens, die vollständige Frau j entleidung tragen, nämlich Hemd, Jacke ; und langen, saltigen, von den Hüften i bis zu den Füßen reichenden Rock, zei ’ gen sich keineswegs von der »Milch der ; frommen Denkungsart« durchtränlt, : sondern gleich den behosten Derwischen ; sind sie eifrige Mohammedaner und be » geistert für den Krieg gegen die Un s gläubigem Jhr Ordensoberster, der ’ im großen Kloster bei Konia lebt, hat das Vorrecht, jedem neuen Sultan das Schwert Osmans umzuschnallen· Je 118 Mqvtt Mit-. ux witle Insx ttjx arg Wurm-g Jactauxruottuaszs uaa eintraqu uaauakuor arg gug Hjactau quiottuazs ratpnjakk uatptxoctaana mag den Andachtsiibnngem die sie jeden Freitag Nachmittag um zwei Uhr aus führen, werden auch Fremde zugelas sen. Diese Andachtsübungen bestehen darin, daß die Derwische unter den Klängen eines aus Pauten und Flöten bestehenden Orchesters und eines kla genden Gesanges sich mit immer stei gender Schnelligkeit um sich selbst und zugleich in einer bestimmten Kreisbahn drehen. Meist dauert dieser Tanz nur fünf bis sieben Minuten, an gewissen kirchlichen Gedenttagen aber so lange, bis die Tänzer völlig erschöpft sind. Noch seltsamere Heilige als vie tan zenden Derioische in Konstantinopel sind die sogenannten Teufelstänzer auf Ceylon. Sie gehören einer Art von Schamanenkaste an und leben von dem weitverbreiteten Aberglauben der nie deren Bevölkerung, daß Krankheiten dem Einflusse böser Geister zuzuschrei ben seien. Diese bösen Geister fahren in die Menschen und können durch die Beschwörungen und Zeremonien der Teufelstänzer ausgetrieben werden« Gleich den Schamanen des asiatischen Nordens legen diese Teufelstänzer ein höchst phantastisches Kostiim an, von dem der Weiberroek das Hauptstüel ist. Dazu kommt ein eigenthümlimer Kopf putz und eine Fülle von glitzerndem Tand und Schmuck, so daß sie ganz wie Weiber erscheinen. Sie tanzen in: Hause des Kranken oder im bofraum vor demselben zum Schall einer indi-· schen Trommel stunden- und tagelang, bis der Kranke entweder das Zeitliche gesegnet hat oder besser geworden ist. Jm ersteren Falle waren die bösen Gei ster zu stark, und das löbliche Begin nen der Teufelstiinzer mußte daher nothwendigerweise erfolglos bleiben; im letzteren zweifelt niemand daran, am allerwenigsten sie selbst, daß die günstige Wendung das Verdienst ihrer J,,iirztlichen Behandlung« ist, und sie » werden reichlich belohnt. T Die phantastische Frauentracht die f ser Teufelstänzer erklärt sich leicht aus J ihrem Gewerbe, bei dem es vor allem i daran ankommt, aus die Einbildungs I kraft der Menge und vor allem des s Kranken einzuwirken. Weshalb aber fauch die singbalesischen Dorfältesten, sGemeindevorsteheL Steuereinnehmer ; und ähnliche würdige Persönlichkeiten f zur besseren Ausübung ihrer Pflichten 3 sich eines vollständigen Frauenanzugs dbedienem gehört unter die unaelösten « Rüthsel der Jltenschennatun miehts ist Hergötzlicher für einen Europäer, als » diese prächtigen, bärtigen Kerle in ihren breitkrempigen Strohhüten, der Jacke mit Puffenärmeln und dem langen Weiberrock daherstolziten zu sehen, den sie noch dazu mittels des Gürtels vorn aufschürzen, wie unsere Wafchfrauen bei der Arbeit. Sie kommen sich darin ohne Zweifel äußerst imponirend vor T und stellen somit das Gegenstiick der ; eingangs erwähnten Frauenrechtlerin E nen des Westens dar, die mit der Hofe alle männlichen Eigenschaften und eine erhöhte Wifrde erlangt zu haben glau ben. Wie wenig das zutrifft und wie un « abhängig von der Kleidung der Cha « rakter des Trägers oder der Trägerin ist, dafür hat unsere kurze kulturge- T schichtliche Betrachtung über Hofe und Weiberrocl dem Leser einige interessante .«. ..—. —- —. ——.—---—-.—-—.-«.-..—-.—--.——-...«s und hoffentlich iiberzeugende Beleg-It gegeben· ; Eine Ferienplauderei von O s c ar ’ hole-e kan· vier-te. Blumenthal. Seit einiger Zeit weiß ich niemals, wenn ein neuer Morgen anbricht, wel chen Wochentag wir haben. Das Da l l i l l l l I F tum ist mir selbstverständlich völlig· Hunbetannt Ja, sogar die Grenze! E zwischen einem Monat und dem ande- - E ren habe ich neulich überschritten, ohne I es zu merken. Der drehbare Kalender auf meinem Schreibtisch ist in deni f Ruhestand versetzt. Kaum daß ich mich T « gewöhnen kann, die Taschenuhr regel- z mäßig aufzuziehen. Die Stunden, die Tage, die Wochen.... sie gehen wie L auf Zehenspitzen an mir lautlos vor- I « über kein Tra-Tack, tein Stunden- · schlag verräth ihr Kommen und Ge- « hen . . .. Das ist das Merkzeichen des holden Nichtsthuns, für das die Ita liener ein so schmeichlerisch schönes Wort gefunden haben ..... ein Wort, « das uns Allen das Herz bethört, wenn wieder einmal die schöne Zeit der Fe rien kommt und uns für einige Wochen aus der Kette der Berufsarbeit erlö send ausgliedert. Dolce far niente! ..... Liegt nicht etwas wie Mandolinenklang, wie der - Lockruf ein-es Gondelliedes in demf Wort? Ein schwüler Wohllaut rinnt « aus seinen Silben hernieder. Es ; tröpfelt uns wie Mohnsaft auf die Au . gen Und nimmt uns mit einem Zauber ; gefangen, gegen den es kein Widerstre z ben giebt. Das Wort ertönt nur . . .. und plötzlich ist das Uhrwerk der täg lichen Arbeit aus-gehoben Der hastige Zeigerschritt des Strebens, das uns E von einem Ziel zum anderen treibt, macht gehorsam Halt. Es legt sich uns auf die heiße Stirn wie eine weiche, mütterliche Hand, und wir fühlen et- z was wie einen Vorgeschmack jener letz- ; ten Ruhe, die wir den Tod nennen, und "' die doch nichts anderes ist als ein ewi ges Dolce far niente, das uns am «Ansgnng der Endlichkeit in feinen . wohligen Frieden einschließt . . . Es ist I in das italienische Wort die ganze « · Ineer wie gleitende Löhne, und in’s« Poesie des Müsziggangs eingebettet, die ihr Symbol in der Miimeisnatte findet, - welche zwischen blühenden Banmens schaukelt, und in der wir uns nur ’ ausstreciem um durch die Lücken der - grünen Stronen hindurch in die blaue I Unendlichkeit des Himmels zu starren. - ; Beichte Wolken ziehen durch das Luft ; Schlepptau hängen wir unsere Hoff ; nungen und Träume.... Dolce far - niente! I Aber sur vie Stunden Der wegen wart, die es uns spurlos entführt, ent schädigt uns das «Dolce sar niente« durch die Stunden der Vergangenheit, z die es uns wiedergiebt. Wir leben Alle I so entsetzlich geschwind. Der Eindruck von heute stößt lieblos den Eindruck i von gestern bei Seite. Der Tag wird vom Tage verschlungen . . . Zu stillen den Rückblicken . . . wer findet die Zeit? ; Aber das »Dolce sar niente« ist ein gro . ßer Geisterbeschwörer. Aus der Ver ; gangenheit ruft es unsere schönsten Le ; benstage wieder auf, und auf einsamen s Spaziergängen sind sie unsere Beglei j ter. Alte Erinnerungen blühen plötz , lich wieder auf und öffnen weit ihre s Kelche Und wie vor den Augen des s Sterbenden in einem großen traumhaf 7 ten Wandelbild das ganze Leben vor I uberzieht, so wird uns auch im ,,Dolce I far niente« die vergangene Zeit wieder lebendig. Die Stunden von einst tre ten vor uns hin — die eine mit leeren, , die andere mit vollen Händen. Wir . finden uns langsam zu uns selbst zu- " I l I rück. Und darum ist es nicht wahr, daß l der Müßiggang der Anfang aller Laster I ist. Er tann auch das Ende aller l Weisheit sein. Er kann die geheiligre i Sonntagsruhe der Seele werden. , Eine Philosophie des Müßigganges ist leider noch nicht geschrieben worden, . aber sie verdient endlich ausgezeichnet zu ! werden. Sie würde uns vielleicht leh i ren, in einigen der berühmtesten welt i geschichtlichen Faulpelze die weisesten Ueberwinder aller menschlichen Richtig des Miißigganges müßte bis Diogenes zurückgehen, der aus seiner Tonne het aus die Welt verlachte und ihre trib lseinde Geschäftigkeit mit immer erneu tcrn Erstaunen beobachtete. Die indi schen Säulenheiligcn, die ein ganzes Leben der schwermiithigen Selbstbe trachtung weihten, und die Anachoreten, die ihre Wüsten und Wildnisse nur mit ernsten Gedanken bebölterten, würden ,,Dolce far niente« zu deuten und zu s beseelen sein. Die Quietisten mit ihrer « SEmden der Selbstschau, zu verweilen-O keiten zu verehren. Die Philosophie. uns von den Geschichtsschreibern des « F» .- --.... «-.-...«..—.B bewußten Abkehr von allemWirken uns Streben, und jene ergebungsoollen Sek ten, die das ,,non resistere« zu them Wahlspruch gemacht und sich aus allem Widerstand gegen Welt und Schicksal in die unbewegliche Ruhe des Verzich tens gerettet haben . . . sie würden uns Alle nur verschiedene Spielarten des ,,Dolce far niente« zeigen. Denn das Nichts-thun kann ebenso aus der gedan kenlosen Trägheit des Tagediebes wie aus der letzten Tiefe der Erkenntnis strömen. Es kann eine hohle Laune« und es kann eine Welt von Jnhalt um schließen. Es kann uns nichts und es kann uns Alles sagen. Man sollte deshalb die Bezeichnung ,,Miißiggiinger« nicht unterschiedslos verschwenden. Es kann auch ein Eh rentitel sein, der in schweren Kämpfen erworben und erarbeitet worden ist — und heutzutage, wo man mit so viel Rundfragen neugierig in das Geheim leben unserer Schriftsteller, Staats männer und Künstler einzudringen ver sucht, sollte man auch einmal die Frage versuchen: »Was thun Sie in den Stunden, in welchen Sie nichts thun?« Jch glaube, in den Antworten würden sich alle höher organisirten Naturen von den anderen am deutlichsten scheiden. Denn erst, wenn die Stunde von dem Bleigewicht eines Arbeitszweckes befreit ist, öffnet sich unser innerstes Wesen, und das Dolce far niente ist der Probie stein unseres Werthes. Hier muß es sich zeigen, was wir an uns selbst be sitzen. Hier schweigen alle die lauten· Täuschungen, die uns in den wichtig thuenden Stunden der Arbeit über uns selbst betrügen. Hier giebt es keine Nothliigen und Verschleierungen, und schon das erste Gähnen würde eine er barmungslose Anklage gegen uns sein . . Unsere Gesellschafts-Pädagogen ru fen uns unablässig ins Ohr: »Lernt arbeiten!« Das ist ohne Frage sehr nothwendig und heilsam. Aber wir haben diese Frohnvogtmoral, die aus dem Menschen ein Lastthier machen will, lange genug gehört, und wenig stens in der glücklichen Zeit der Ferien sollte man uns lieber das epikuriiische Wort zurufen: ,,Lernt müßiggehen!« Denn auch der Müßiggang, wenn er fruchtbar und schöpferisch wirken soll, ist eine Kunst, die gelernt werden will. Der Lazzaroni. der sich, auf dem Rücken liegend, sorglos und wunschlos die Sonne Gottes in den Hals scheinen läßt, und der beschauliche Muselmann, der stundenlang mit untergeschlagenen Beinen auf seinem Tabouret sitzt und« den Rauchwölkchen nachschaut, die er aus seinem Tschibuk hervorbliist —- sie verstehen diese Kunst. Sie hat ihre Stümper und ihre Virtuosen, und es gilt auch von ihr das Wort Senist »Das Wichtigste bei allem erischen ift Ort und Stunde!« Müßigaehen kann man am Ende auch mitten im verwirrenden Gewühl der Großstadt, aber das ist ein planloser und leerer Müßiggang, der nichts mit dem segensvollen Ruhestand des Dolce sar niente zu thun hat. Es ist nicht der gliedererliisende Schlummer, den Ho mer besungen hat, sondern ein unruhe voller und traumschwerer Halbschlaß der uns nicht gesundet und erquickt aus seiner Umarmung entläßt. Denn über das Dolce far niente muß die milde Göttin der Einsamkeit ihre segnenden Hände halten. an der grünen Däm merung rtiller Gärten, unter dem Bu chendom der Wälder, am Uferrand ver steckter Weiher, in welchen sich vielhun dertjährige Bäume spiegeln . . . da sind ihre Lieblingsplätze Da wird sie alle ihre Wohlthat über Euch ausschiitten. Und darum rathe ich Euch Allen, die Ihr jetzt in die Ferien hinauswandert und die Jhr in die Ferne zieht, um zu Euch selbst zu kommen ich rathe Euch: Bleibt nicht unten im Thal, wo die quirlende Beweglichkeit der Men schen Eueh umkreist. Steigt oben hin aus, wo die Quellen der Erfrischung rieseln. Dort giebt es so schöne, welt abgeschiedene Plätze, wo Euch noch nichi die Schrecken der Hochnatur berühren und wo doch eine lautlose Einsamkeit waltet, in die keine Stimme von drau ßen mehr hineinredet. Da sucht Euch zwischen Schwarzwurzeln und Farren wedeln einen moosgepolstcrten Stein, auf dem Ihr Rast machen könnt. Oder geht noch eine Wegstunde höher, wo zwi schen den schimmernden Steinen schon die Gentianen ihre blauen Sterne und die Alpenrosen ihre flammrothen Bit schel hervortreiben. Da ist gut rasten Da gleiten Einem die Stunden unhör bar vorüber. Seid Jhr nicht völlig na turtaub zur Welt gekommen, so wird Euch hier etwas in’s Ohr geflüstert werden, was den Arbeitsgewinn eines ganzen Jahres auswiegt und baid wer det Ihr erkennen, welchen tiefen Zauber es in sich schließt das berauschends »Dolce sar niente« . . . «s.-—--s- - »M Nach dem Theater. »Ist es wahr, Frau Geheimrath, daß man diesem Schauspieler in Paris die Pferde ausgespannt hat?« »Gewiß, sogar die Frau!« F r ii h ii b t s i ch. Mama (in die siinderstube tretend) : »Aber, Lieschen, wer wird denn einen so kolossalen Skandal machen ? Da schau ’nial an, wie ruhig Fritzchen da itzt.« s Lieschen (schnippisch) : »Der hat leicht ruhig dasitzen -— das ist so in dem Spiel, das wir jetzt gerade spielen. Er ist nämlich der Papa, der spät nach Hause kommt, und ich bin Du.«