— Mitititrisitse Wunder-. —-.-.. Stizzc ans dein Ossiziersleben Von Freiherrn v. Schlicht (Drezden). —.-.-.-— Man sagt, die Zeit der Zeichen und Mder sei vorüber — so etwas giebt ek- in unserer heutigen, nüchternen Zeit nicht mehr. Die aber also sprechen, haben so Un recht nicht, vielleicht könnte man sogar sagen: sie haben ganz Recht. Und doch giebt es noch Zeichen und Wunder, und sast kein Tag vergeht, an dem nicht Zeichen und Wunder gesche hen: beim Militijr. Es ist Bataillonöbesichtigung, nnd um iiber die Untergebenen zu Gericht zu sitzen, ist »der ganze Borgesetzte«, die vorgesetzten Excellenzen mit ihren Ad jutanten und Generalstabsosstzieren in der Garnison eingetroffen, in der die drei Bataillone des Regiments stehen. Pünttlich aus die angegebene Minute erscheint die höchste Excellenz mit ihrer Saite aus dem großen Exerzierplatz, aus dem das erste Bataillon in der Pa radeausstellung steht. Den Leuten, den Unterosstzieren und den Ossizieren ist nicht besonders wohl, sie wissen, Ergl Icnz kann sehr grob werden« und es ist schon zu wiederholten Malen vorgekom men, daß Excellenz, trotzdem es Besteh tigung war (und Besichtigungstage sind sitt die Soldaten bekanntlich Festtage!), ich sage, trotzdem es Besichtigung war, tsk es schon verschiedentlich vorgekom men, dasz Excellenz Mannschasten, Un terossiziere und Ossiziere vom Fleck ans in Arrest hat abführe-i lassen, weil die Kerls und die Herren Kerls humani ten· « Und so etwas ist nicht angenehm, kenn wenn ein Mann vom Exerzierplatz ans in den Arrest abgesiihrt wird, so werden dem Arrestanten vor versam .-!-k1-.-:« --r lllcllclll act-spornt Mk tout-grau- usi gesichts der Leute der Kompagnie, die es sehen können, wenn sie wollen, die Waffen abgenommen, und dann nimmt der Unteroffizier vom Dienst den Sün ter in Empfang und führt ihn nach dem bat der Kaierne gelegenen Arrest total! Angenehm ist das nur für den Un teroffizier, der dann natürlich in der Laterne bleibt und sich auf seinem Bette ausruht, während die Anderen weiter exerzieren. Wenn der Offizier vom Fleck aus eingesperrt wird, steckt er sein Schwert in die Scheide, meidet sich bei seinem direkten Vorgesetzten ganz gehorsamst mit X Tagen Stichen-Arrest bestraft und sucht dann sofort die heimathlichen Penaten auf. Angenehm ist das weiter nicht für ihn, denn er weiß, daß Alle ihm nach sehen und über ihn ihre Bemerkungen und Glossen machen. » Excellenz ist dafür beiannt, daß er nicht gerade allzu nachsichtig ist, und so ttern denn A t l e : die Mannschaften, ie Unteroffiziere und die «Ofsiziere. Ganz besonders zittert aber der Herr M a i o r , und mit vollem Recht: denn um ihm und seinen beiden anderen Kollegen von derselben Fakultät auf den hohlen Zahn zu fühlen, ist der hohe Herr doch nur gekommen. Und darin haben die hohen Vorge setzten eine niedertriichtige Aehnlichkeit mit den Zahniirztenz wenn die einen hohlen Zahl finden wollen, dann fin den sie auch einen, mag das Gebiß auch noch so gut sein. Das ganze Bataillon zittert, wenn man aber zittert, tann man nicht stillstehen, und wenn man nicht ttillsteht, kann man die Gewehre nicht still halten, und so lautet denn die Kritik Sr. Excellenz über Paradeauf ftellung kurz und bündig: »Hundsmiserabel.« . »Wenn das so weitergeht,« dentt der Major, »dann bin ich auf das Wort neugierig, mit dem der hohe Herr zum Schluß sein Endurtheil ausspricht, das muß dann doch eine Steigerung sein, und miserabter als hundsmiserabet ist doch eigentlich undentbar." Die Bestchtigung nimmt ihren Fort gang —- die Leute sind durch den lau ten Tadel, den sie imit anhören, noch untuhiger geworden, als sie es schon waren, und so kommt, was kommen muß: sie werfen bei den Schulbewegun gen den Tritt um. »Schön«, sagt Sr. Excellenz mit bei ßendem Sartasmus, »sehr schön —- die Sache gefällt mir, so etwas sehe ich DIIOID »...-. Der Herr Masor bekommt einen buntelrothen Kaps. dann läßt er sein Bataillon halten und darauf von Neuem antreten. Es wird etwas besser, aber lange nicht tadellos; dieses Mal aber hat der Major selbst Schuld, denn er hat in seiner Erregung das: «halb rechts — marsch« aus den falschen Fuß komman dtrt. .Wirtlich sehr hübsch,« lobt Sr. Ex eellenz. «fabren Sie nur so sort, Herr Major, ich glaube, dann können tvir Beide heute noch Verschiedene-z erleben." »Ich bin mit dem, was ich heute schon erlebt habe, mehr als zustieden,« denlt der Major, »er leben will ich gar nichts mehr, ich will mich freuen, wenn ich nachher über haupt noch am Leben bleibe.« Der Wunsch ist übertrieben, aber es oll thatsächlich einmal vorgekommen ein, daß elne Excellenz ( man nennt so aar den Namen) bei einer Besichtigung tin Jahre 70 einen Major derartig anschtie, daß dieser einen Schlagansall vor-Muth bekam und todt vom Pferd stel. Das war Sr. Ereellena natürlich W nicht angenehm, ließ sich aber nicht tin dern ; die Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos und am Nachmittag reiste Exeellenz wieder ab. Auf dem s Babnbof verabschiedete er sich von dem ; Oberst und bot diesem die Hand. Der « aber legte die Rechte an den Helm und J sagte: » »Excellenz, einem Mann, der meine Offiziere so behandelt, kann ich die . Hand nicht geben« 1 Sprachs, steckte die Hand in die Pa- I letottasche und ging nach Kaus, um sei- ; nen Abschied einzureichen, denn unge straft verweigert man teiner Excellenz den Handschlag. Drei Tage später brnch der Krieg aus, der Oberst blieb natürlich im Dienst und wurde Gene ral —- die Excellenz aber blieb ebenfalls im Dienst. J Der Major muß unwillkürlich an diese Geschichte, die erst gestern Abend am Stammtisch nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal erzählt wurde, denken: »ich will ganz zufrieden sein, wenn ich überhaupt noch am Leben bleibe,« sagt er zu sich selbst, »daß ich als Soldat eine Leiche bin, weiß ich ganz genau, das braucht Excellenz mir bei der Kritik gar nicht erst auseinander ; zu setzen.« F « Nach dem Schulexerzieren kommt das Gefechtsexerzieren an die Reihe, die Uebergänge aus einer Kolonne in die andere und die Bewegungen in der Ko lonne: das ist nicht ganz so einfach, wie es sich anhört, und wenn der Herr ; Major auch nur die nöthigen Befehle J giebt, die die Hauptleute dann ausfüh- I ren müssen, so ist er doch dafür verant- z wortlich, daß die befohlenen Zwischen- « räume und Tiefenabstände auch stim men. 4 . Aber sie stimmen nicht, wenigstens ; nicht ganz genau : Errellenz läßt die ; Entfernungen abschreiten und bat den « großen Triumph, daß sein Scharfblick ihn nicht täuschte: statt der befohlenen einem-in Schritt betriint der Tiefenab stand nur neunzehn! i Sonne stehe still im Thale Gibeonl ! Ein Schritt! Wieviel Unheil lann er I nicht anrichten! Aber davon ganz ab- ; gesehen, warum befiehlt man denn ; zwanzig Schritt, wenn die befohleuej Zahl nicht innegehalten wird? Ob ; neunzehn oder neunundneunzig, das ist : in diesem Falle ganz einerlei — was i befohlen wird, wird gemacht und der Teufel soll Den holen, der das nicht thut, was befohlen wird. s Und als Excellenz nun auch noch den Zwischenraum abschreiten läßt, da sind es anstatt der befohlenen zwanzig Schritt sogar zweiundzwanzig Sonne, stehe noch stiller als still im Thale Gideon. Ein Schritt zu wenig und zwei zu viel, das macht nach Adam Riese drei Schritt Differenz im Ganzen. Ob drei, oder dreißig, oder drei hundert, das ist in diesem Falle ganz » einerlei, das Unglück ist feotig und der Maer bekommt einen »h"ineinge würgt«, der nicht von schlechten Eltern ist. Der Maer ist so wie so mit seinem Ma n nicht ganz in Ordnung, er ist » Kar sbader Kurgast und seine Ber dauung ist nicht die allerbeste, aber was hilft’s? Hinunterschluclen muß er die bittere Pille und verdauen muß er sie auch, mag er sehen, wie er damit ; fertig wird. Und gehorsam schlucki und schlnckt ! er, bis er sie herunter hat, vorüber j gehend wird ihm seht übel, der ganze ! Königliche Dienst hängt ihm zum Hals I heraus, er hat nicht nur die Nase, fon dern auch den Mund voll, aber was hilft’s? Herunter muß er die Pille doch schlucken. Und schließlich hat er die Pille her Untergeschluckt, aber leicht ist es ihm nicht geworden. Excellenz hat den Untergebenen un terdeß scharf beobachtet, und sich ge freut, wie der Andere sich abmühte den Mund zu halten. »Auch ich war einst ein Untergebener,«, denkt er, »auch ich bekam gar Manches zu hören, was mir nicht lieb war und damals schon erwählte ich mir meine Weise, nach der ich jetzt handele: Was Du nicht willst, das man Dir thu —- das füge ruhig Andern zu. »Bitte weiter!« befiehlt Excellenz jetzt und die Sache nimmt ihren Fortgang. l Ema Mammon wird in einer neuen Formation auseinander gezogen und als Excellen dieses Mal die Entset nung und wischenräume abschreiten läßt, stimmen sie. »Haben Sie aber ein Glück«, rust Excellenz ironisch. »Sie sollten in der Lotterie spielen, da würden Sie sicher das große Loog gewinnen.« Auch bei dem nächsten und til-ernsth sten Mal sind die Entfernungen rich tig. ,,Nein,« sagt Ereellenz ermuntert, »macht der Unterossizier denn auch reglementsmäßige Schrittes Achtzig Centirneter, lieber Freund, kein Genit meter mehr und keinen weniger, sonst fliegen Sie in den Kasten. Schrei ten Sie noch einmal ab.« Der Unterossiziet thut, wie ihm ge heißen: er marschirte vorhin so stranmi wie möglich, je t marschirt er noch strammer und d e Folge ist, daß er sei ne Beine zu sehr wirft, sie fliegen form lich in der Lust herum, er legt sich bei dem Marsch vorne hinein, vielleicht ein went zu viel und daher werden die Sehr tte etwas zu groß und die Zahl der Schritte verringert sich dadurch: er macht dieses Mal drei Schritt weni ger als bei dem ersten Mal. Excellenz sieht srohloclend seine Saite an: Habe ich es nicht gleich ge sagt? ist in seinen Zügen zu lefen, und der her-r Divisionstommandeur, der; Brigadekommandeuycher Herr Oberst, l die Adjutanten, die, Generalstabsoffi- · ziere und der Chef des Generalstabes « des Armeelorps sehen ihren hohen H Vorgesetzten fast mit verlliirten Augen ; an. Der Mann ist zu bedeutend, dem f gegenüber müssen sie sich fügen, nicht 7 nur weil das Gesetz es befiehlt, son dern freiwillig, aus innerster Ueber- - zeugung. « Und sie Alle legten die Hand an den Helm und dienern und verbeugen sich aus ihren Pferden und in ihren Ge sichtern ist zu lesen: ,,Execllenz ha ben ja so Recht; wie ist es möglich, daß ein Mann soviel Weisheit ber gen lann«. · : Sie stehen einem Wunder gegen über, das sie nicht begreifen. Sie Alle hätten daraus geschworen, daß der Mann vorher ganz richtig abgeschrit- « ten hatte, daß die Entfernung seiner Füße von der linken Fußspitze bis zum rechten Absatz gemessen, bei dem Marsch auf das Allergenaueste achtzig Centirneter betragen hätte. « Und nun haben sie sich Alle geirrt: ; Excellenz hatte Recht. ; Der hohe Herr sieht die stumme Be- » wunderung seiner Person in den Mie nen seiner Untergebenen und noch stol zer richtete er sich auf. Arn liebsten hätte er ihnen zugerufen: »Seht mich an, ich bin der Mann, von dem Je-— der lernen lann.« T Aber je höher Einer steht, deftoweni ger soll er sprechen, wenn er nicht des . Nimbus seiner Perfon verlustig gehen will —- so schweigt er denn und läßt sich huldigen und anbeten. ,,Weiter!« befiehlt Se. Excellenz endlich. - ,,Jsmrner noch mehr von derselbens Sache«, denkt der Major, »denn, daß ich die Uebergiinge aus einer Kolonne in die andere nach Deiner heute ganz « allein maßgebenden Ansicht nicht kenne, ; müßtest Du doch, falls Du wirklich so J klug bist, wie eine Excellenz es zu fein . den Untergebenen gegenüber stets be hauptet —- das, meine ich, miisztest Du schon gemerkt haben, und daß Du hier » noch länger mit mir, mit Erlaubniß zu f denken, Schindluder treibst hat doch J eigentlich weniger als gar keinen , Zweck. So Du aber dennoch anderer i Ansicht sein solltest, so beuge ich in De- J Wortes: Wie Jhk befehli, Ew. Mose- Z stät, zum Diner sind wir da, .Hurrah, ; Hallelujah.« 1 Und die hohe Excellenz ist derselben J Ansicht wie der Major, auch das ist ein i Wunder. ; »Von den Gefechtsexerzieren habe ich - mehr als genugt« sagt Excellenz, »ob- ! gleich mir die Sache, um mit dem ja I auch Jhnen wohl nicht ganz unbekann- ; ten Baron Milosch zu reden »ein un- T bändiges Vergnügen« bereitet hat.« i Excellenz sieht steh um: Niemand! findet in den Worten des hohen Herrn J etwas Kontisches, im Gegentheil, einige j finden sie recht herzlos, aber Excellenz I erwartet, daß gelacht wird und folglich . wird gelacht —- der Divisionskomman- J deur lächelt und dieses Lächeln nimmt . chargenweise zu —-- der Oberst lachtJ ganz laut. Was liegt ihm daran, wenn - seinem Major das Genick gebrochen wird? Wenn der Eine geht, kommt der . Andere —- die Zahl der ,,iiberzäbligen« 1 Stabsoffiziere ist so wie so viel zuH groß- ; Die Herren lachen immer noch, sie wissen auch jetzt noch nicht, weshalb,; aber sie lachen und der Oberst brinat j sogar das Kunststück fertig, Thräncm im Auge zu haben. Und ist das nicht auch ein Wunder, » daß erwachsene Menschen im Alter von fünfzig und mehr Jahren es fertig» bringen. über eine Sache zu lachen, die sie selbst nicht im Geringsten lächerlich finden? Eigentlich wollte der Kommandiren de den Parademarsch der drei Vanil lone gleichzeitig sehen, aber die getrof fenen Dispositionen sind ia dazu da, um geändert zu werden, und so befiehlt er denn seht: ,,Parademarsch«. « Die Regimentsmusit, die es sich nn ter einem hohen Baum bequem gemacht - hat, weil nach ihrer Meinung ihre Stunde noch lange nicht schlagen wür » de, bekommt einen heillosen Schreck, als . :i-.- »un- nfsäkfåkk fes- most-fes Jifwvlsnenkfis Iqs IIUOI Ist-IIqu I-- Wvlv7v vs---s-s--,s ; wird, sich »aufzubauen«. Sie stürmt ; herbei und wenig später spielt sie dcn H schönen Marsch s »Glaubst Du denn, glaubst Du denn, ; Daß ich mit Dir scherze, : Nimm Dein Perspettiv zur Hand Und schau mir in mein Herze.« i Daß Excellenz nicht scherzt, wissen i Alle, auch ohne daß sie ihn mit dem sPerspettio oder mit Röntgenstrahlen s beleuchten. So machen sie ihre Sache ) so gut wie möglich. ; Aber Excellenz tadelt. i »Die Zugsiihrer gehen wieder nicht f vor der Mitte ihrer Züge,« schilt er. I Verwundert sehen die andern Vor l gesetzten sich an; sie haben gerade eben I darüber gesprochen und sich gegenseitig ! darüber lobend geäußert, daß die Zug i sührer genau die Mitte innehielten. · Und nun haben sie sich wieder geirrt? l «,,Jch werde Jhnen beweisen, daß· ich »- Recht habe,« fährt Excellenz fort, ,,in1 Z ganzen Bataillon, bei allen vier Kom j pagnien, befindet sich nicht ein einziger s Ofsizier vor der Mitte seines Zuges!« Und als die Probe auf das Exempel gemacht wird, da hat Excellenz Recht: der «ne Theil der Leutnants marschirt vor er dreizehnten, der andere-Theil vor der vierzehnten Rotte ihres Zu ges. r. Ganz genau in der Mitte mar schirt also thatsächlich tein Leutnant — Excellenz hat wieder einmal Recht. Den anderen Vorgesetzten wird es unheimlich in der Nähe der höchsten Ex cellenzz sie stehen von Neuem vor einem Räthsel, vor einem Wunder, das sie sich nicht zu erklären vermögen. Wie ist es möglich, daß e i n Mann so viel Weis heitl bergen tannZ deuten sie noch ein ma . Und doch ist die Lösung einfach: Mit achtundzwanzig Rotten hat das Ba taillon erscheinen sollen — in Folge von Abkommandirungen und Erkran kungen ist es aber nur mit siebenund zwanzig erschienen und die Hälfte von siebenundzwanzig ist bekanntlich drei zehn und einhalb. Und Excellenz ist der Einzige, der sich den Rapport angesehen hat und welcher die Zugstärke kennt Die »Herr-en Offiziere« be fiehlt Se. Excellenz. Ter Major stöhnt laut aus und flü stert dann seinem Adjutanten zu: »Jetzt wird es Ernst —- Kritik beginnt, Mit meiner Leiche spielt der Wind.« Die Kritik beginnt und es geschieht ein neues Wunder: der Major wird über die Helmspitze hinweg gelobt: ta dellos- —— ganz ausgezeichnet —- natür lich einige Kleinigkeiten —- aber der Gesammteindruck — hervorragend! Alle sehen sich erstaunt an: sie stehen von Neuem vor einem Wunder. Sie alle hätten darauf geschworen, daß der Major sterben würde, ja, sie hatten ihn schon als todt betrachtet und nun öff net Excellenz nur den Mund und der Todte erwacht zu einem neuen Leben; die vorhin so blassen Wangen röthen sich, das Zittern, das durch die Gestalt des Herrn Majors lies, hört aus, die vorhin in sich zusammengesuntene Fi gur wird immer größer und größer, die vorhin so traurigen Augen blitzen freu dig auf und Alle, die es sehen, sagen: EianndeL ein Wunder! Fik- . «- -«.k Olc LUUUTU IV IIW ule Its-Usko uUU bis an ihr Lebensende werden sie es auch nicht begreifen. Und doch ist die Sache so einfach: Kurz vor Beginn der Kritik hat der -neuernannte General stabschef . dem Kommandirenden mit ichreckensbleichen Lippen zugeflüstert: »Excellenz; ich bitte tausendmal um Verzeihung —- ich bin daran schuld — dies ist ja Major v. Gommerstein l. und wir wollten ja dem Major v. Gom merstein ll. grob werden, der Tadel ist an die falsche Adresse gekommen.« ,,Passen Sie ein anderes Mal besser auf«, hatte Excellenz gescholten, ,,na, noch können wir den Schaden wieder gut machen.« Und Excellenz macht ihn wieder gut: er lobt und lobt, aber plötzlich hält er in seiner Lobrede inne, denn plötzlich fällt ihm das Wort ein: Der Tadel ist noch nie« einem Menschen zu Kopf ge stiegen, wohl absr die Anerkennung Er beendet die Kritik, denn er möchte nicht Schulddaran sein, daß der Ma jor infolge des reichlich gespendeten Lo les geistig verwirrt wird. Denn alsVorgesetzter ist er für den Gesundheitszustand des ihm unterstell ten Armeelorps verantwortlich Es soll bleiben, wie es- war: bisher ist noch kei ner der Offiziere aus Freude iiber das ihm von Sr. Etcellenz ertheilte Lob ver riickt geworden. Und das ist bei der bekannten Grob heit des hohen Herrn —- kein Wunder. -..---..- ——-...-—» Der Eutartetr. W Eine Bettlerhumoreslr. Von K a rl M u r a j . W Wir haben einen alten Hausbettler, der sich schon seit vielen Jahren an je dem Freitage bei uns seine zehn Kreu zer holt. Er lautet mit einer gewissen, nur ihm eigenen Energie, nimmt, wäh rend ihn das Mädchen meldet, im Vor zimmer Platz und vertreibt sich die Wartezeit mit den daliegenden Zeitun gen und illustrirten Heften. Wir ste lken mit ihm auf sehr gemüthlichein Fuße und besitzen in so hohem Maße sein Vertrauen, daß er uns sogar kredi tirt, wenn er uns an einem Freitage zufällig nicht zu Hause findet oder mmn mir »an Gäste haben Mr net-it tann ruhig weg und tasfirt den Rück stand eine Woche später ein, ohne Zin sin aufzurechnen· Der Alte mag gut feine siebzig Jah re auf dem Buckel haben, sieht aber trotz dieses Buckels, ein ganz bescheidene Vorgebirge unterhalb der linken Schul ter, fiir sein Alter ganz vortrefflich aus. Ta er eine zumeist wohlhabende Klim tel hat und weiß, was sich schickt, so geht er immer nett und sogar mit Chic gekleidet; eine leise Neigung zum Stutzer, zum feschen Kerl ist nicht zu verkennen. Aber er hält doch die Gren zen ein. die sich mit feinem Berufe ver einbaren. Daß man ihn einmal mit rrthbraunen Handschuhen, den grauen Schnurrbart unternehmungålustig zwirbelnd, hinter einem niedlichcn Milchmädel her gesehen hat, das ist wohl nur eine von seinen Neidern ge richtete und in Vertrieb gebrachte Le gende. Unser alter Michel stammt aus einer Bettlerfamilie, hat in seinem Stande geheirathet und auch feine Söhne zu Bettlern erzogen, wenn dieser Ausdruck » hier erlaubt ist« Von der Tradition ! abgesehen, machte ihm die Berufswahl ! fiik vie beiden Buben nicht viel Kopf ; zerbrechens. Sie waren, wie er, gebo T 4 I- 1 rene Krüppel, somit auch gekorene Bett ler. Der Aeltere ist blind, der Jüngere kann den linken Arm nicht bewegen und hinkt auch noch. Unter diesen günsti gen Umständen mußte er an die Er ziehung seiner Jungen nicht viel Geld und Mühe wenden. Schon in den Kin derschuhen verdienten sie das tägliche Brot und leisteten ihren Beitrag zu den Kosten der Haushaltung. Wenn wir zuweilen mit dem Alten in’s Plauschen kamen und von sein«-r Familie die Rede war, da gestand er uns mit hellen Mienen, daß er der letz ten Stunde ohne Sorgen entgegensehen dürfe, nachdem seine Söhne geschützt seien wider die Tücken und Wechselsälle les Lebens. »Die bringen sich durch. Etwas verdient man immer, und in schlechten Zeiten muß man die Au spriiche zu mäßigen versteh-en. So habe ich sie ’s gelehrt.« Jn der letzten Zeit fchien aber diese leruhigende Ueberzeugung etwas wacke lig und dem Baterljxerzen um die Zu kunft seiner Sprößlinge dcch bange gr worden zu fein. Anfänglich sprach er nur in dunklen Andeutungen von sei nem Kummer, und blos aus aphoristi sck,en Seufzern stieg mir die Ahnung aus, daß Michel mit seinem jüngeren Sohne nicht recht zufrieden sei und trotz dessen lahmen Armes und hintenden Beines an seinen Beruf fiir das Fami liengewerbe zu zweifeln beginne. Mich interessirte die Sache nicht fon derlich, und Freund Michel war kein Schwätzer. Ein Mann muß Schick salsschläge gelassen ertragen, nicht heu len wie ein altes Weib! Das war seine Ansicht. Die letzten Tage brachten die Ge schichte doch heraus. Am Dienstag er tönte plötzlich das, nur unserem freitä gigen Stammbettler eigene energische Lauten Er war-es wirklich und ließ mir durch das Mädchen melden, daß er den Freitag nicht abwarten könnte, weil er mich in einer dringenden Sache spre chen müsse. »Alterchen, wo fehlts?« Er stellte sich kerzengerade vor mich hin und bat um Entschuldigung siir sein vorzeitiges Erscheinen. Die Noth zwinge ihn, mich mit einer Bitte zu be lästigen, zu der er kein Recht habe und die sich auch gar nicht schicke. Ein J solcher Fall sei ihm im Leben noch nicht vorgekommen und wahrscheinlich auch keinem seiner Berussgenossen Er wisse s wohl, daß die zehn Kreuzer, die er an jedem Freitag von mir erhalte, nur eine Spende seien, die ich ihm zu jeder be liebigen Stunde entziehen könne und mit der zu rechnen er daher kein Recht habe. Betommt er sie, gut, bekommt er sie nicht auch gut. Der sonst so kurz angebundene Alte sprach noch viel, bis ich merkte, daß er T gekommen war, um —- Vorschuß zu E verlangen. Er flehte mich denn auch l wirklich bei allen Heiligen des christ lichen Himmels an, ihm die Freitags almosen fiir die zwei nächsten Monate im Vorhinein zu geben, er wolle mich dann so lange nicht behelligen und während dieser Zeit die Freitage aus seinem Kalender streichen. Dies sonderbare Ansuchen über raschte mich wohl, allein ich zog doch die Börse und zählte die acht Zehn-Kreu zer-Stücke auf den Tisch. Jch mußte aber noch eins hinzufügen, denn der Alte machte, ehe er das Geld nahm, die bescheiden belehrende Bemerkung, daß in die beiden nächsten Monate nicht acht, sondern neun Freitage fallen. Nachdem die materielle Frage erle digt war, forderte ich Michel auf, sich das Herz zu erleichtern. Und jetzt ge stand er mir, daß sich einer seiner Söhne nicht anständig ausführe. Kaspar, der Aeltere, der Blinde, er ist ein wahrer Musterknabe, das heißt: ein Musterbettler in des Wortes schön ster Bedeutung. Er steht beim ersten Hahnenschrei auf und tappt sich an die Ecke des Marktes, wo die Landleute vorbeitommen, zumeist Weiber, die Milch, Butter oder Eier zum Verkauf bringen und in der Hoffnung auf Got tes,Lohn dem armen Blinden treulich ihre Steuer leisten. Von da läßt er sich zur Kirche. führen, in die während des ganzen Vormittags Leute gehen, die sich mit dem Herrgott auf guten Fuß stellen wollen. Hier dreht er bis zwölf Uhr seinen Roseniranz. Mittags ißt er wenig und rastet kaum eine halbe Stund- sn dannt pä ihn Linn lcipfriiiifi ) auf die Plätze, wo die Leute spazieren gehen und guter Dinge sind. Und geht er Abends heim, so guckt er noch in ein paar Wirthshäuser und Cachs um auch da etwas zu verdienen. Erst wenn gar keine Aussicht mehr ist, noch ein Almosen zu erhaschen, läßt er sich von seinem Begleiter nach Hause bringen. Auf Bequemlichkeit und gutes Essen hält er gar nichts und hat fast keine Bedürfnisse Ein braves Kind! Sein größtes Glück ist es, wenn er dem Va ter einen Liter Wein bringen kann. Peter, der Jüngere, ist aus ganz an derem Holze. Der hält das Betteln sür eine Schande und ärgert sich, weil man ihn nichts hat lernen lassen. Man muß ihn förmlich auf die Straße sto ßen. Er hat auch keinen regelmäßigen Platz. sondern flanirt am liebsten durch die Stadt und schaut mehr den hüb schen Mädels in die Gesichter, als den Leuten aus die Kleider. Zwingt ihn schon der Magen, zum Verdcnst zu sehen, so hockt er sich irgendwo hin und wartet die gebratenen Tauben ab. Er hat keine Manieren, kann mit den Menschen nicht umgehen und keine Ge legenheit ausnützen. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Er hat auch Passionen. Bringt er schon zwanzig, T......-«s-.EL-...- «--— .- M 1 - dreißig Kreuzer anf, se erfchachert er alte Biicher oder schenkt gar anderen i Bettletn oder tauit sich bald ein hüb i fches Halstuch, bald chimmernd weiße ; Manschetten, lauter Sachen, mit denen 1 man auf das ohnehin harte Herz des ; Publikums nicht wirkt. Er tritt auch t gern in ein Kasseehaus, um Zeitungen T zu lesen. Aber das kostet Geld. Und I was haben ihn die Zeitungen zu tum mern?! Er ist kein Minister-, Er soll sich lieber im Geschäfte ausbiideiy denn er hat gar keine Einfälle und weiß alle die gewissen rührenden Kunstgriffe nicht zu brauchen. Er hat seit Jahren nichts zum Haushalt beimkteuerh ja, er lebt sogar vom Einlommen des Ba- · ters und des Bruders-. Hat sich der Blinde ein paar Gulden erspart, schmeichelt sie ihm Peter ab und trägt sie zum Vätherkrämer. Wenn wir ihm nichts geben wollen, so droht er, daß er sich verbummeln und uns tompromittiren werde. Er hat auch Schulden gemacht. Jtn Kasfeeschant wo er die Zeitungen liest· Man borgte ihm da bis ein, zwei Gulden, weil man wußte, daf-, die Familie blechen werde. Und der brave blinde Bruder und der alte Vater müssen das thun, weil es für Bettler nicht rathsam ist, mit der Behörde in Konflikt zu gerathen. Die Gläubiger haben gedroht, den Lumpen der Polizei zu übergeben, wenn nicht ; gezahlt wird. Sie wollen erzählen, daß er schwarzen Kaffee trinkt, Zeitungen liest, Bücher lauft und der Kassierm . den Hof macht; sie wollen sehen, ob die sem Hinkebein mit der Tanzlust die ’ Vettlererlaubniß nicht entzogen wird. J Und so weiter. Natürlich muß da die - Familie heran· Fiir den Lumpen von « Sohn, der sich seit einiger Zeit auch j noch auf seine dummen Gedichte was ; einbildet, für diesen Nichtsnutz muß der Alte auch jetzt wiede Schulden zahlen. - Darum ist er . ,.vunaen». um Vorschuß s zu bitten. Alle Hilfsquellen der Fa J milie find erschöpft und sie wollen die s Gen-spu- hntsk sei-Ei hnp hie- innlssos Inm men lassen. E Nachdem Michel diese Geschichte mit f großer Bitterkeit erzählt hatte, fügte er noch hinzu: i »Sie werden sel;,en bester Herr, der I Junge macht uns Schande Er ver 3 lumpi. Es wird nichts aus ihm. ; Höchstens ein Poet!« « Und voll tiefen Schmerzes über den entarteten Sohn ging er seiner Wege. -- - ------ ———-.s.-——-—-s --«---— Spargel mit Butter - Saure. Man kocht den Spargel weich, macht von guter, reichlicher But ter eine Mehlschwiße, füllt das Spar gelwasser dazu, zieht Alles mit einigen Eiger ab und vergißt nicht das nö thige Salz. Wer es liebt, nehme etwas Essig dazu, um der Sauce einen pikan ten Geschmack zu geben. —- Zu Butter spargel eignen sich nur die stärksten Stangen, und der dünnste, schwächste, aufgeschossenste Spargel ist immer noch gut genug fiir eine Bouillonsuppe. Auch das Wasser, worin man Spargel gekocht hat, gieße man nie fort, denn es giebt immer eine angenehm schmeck ende Sappe. Man schmelze dieselbe mit Butter, ziehe sie mit einem Eigelb und Mehl ab Und tviirze sie mit fein gewiegter Petersilie. Selbst die Spar gelschale nnd die holzigen Stangen werfe man nicht achtlos beiseite, son dern man wasche dies und dörre es in der Sonne oder im Ofen. An einem lustigen Orte aufbewahrt, giebt es im Winter eine delikate Suppenwürze. — Viele sonst ganz erfahrene Hausfrauen wissen oft nicht den Spargel zu schälen, darum sei hinzugefügt, daß man die Stange beim Kopfe erfaßt und mit einein scharfen Messer feine Streifchen Schale von oben nach unten vorsichtig abschiilt ; man hiite sich, den geschälten Spargel zu wässern, das feine Aroma geht dabei leicht verloren. Gemiise -- Allerlei. —- Zehn junge Möhren schneidet man nach dem Putzen in Würsel und kocht sie in Salzwasser mit etwas Butter weich; auch erhitzt man den Inhalt einer Pfund-Vilchse eingemachter Perlboh nen, gießt sie ab und schneidet sie in schräge Stücke- Zwanzig Kartoffeln mit der Schale kocht man, schält sie, schneidet sie in Würfel nnd vermischt dann die abgetropften Möhren und mqunqn mI4 hin-s Inktnccosn qn«n brät 2 Unzen würflia geschnittenen Speck mit einer zerschnittenen Zjviebel aus, röstet Mehl darin, verkocht die Einbrenne mit dem Kochwasser der Möhren, fügt eine Messerspitze Fleisch exirakt daran und wiirzt die Sauce mit wenig Essig, einer Prise Zucker, Salz und Pfeffer. Man giebt gekoch tes Rindfleisch zu dem Gericht. — Statt der Brechbohnen kann man auch für sich gelochte weiße Bohnen nehmen, läßt dann aber die Kartoffeln fehlen ; in diesem Falle kann man auch eine Petersilieniauce statt der Specksauce bereiten und Möhren und Bohnen da rin erhitzen. RusfifcheSApfellompott. Man nimmt Z«-—4 Pfund Aepfel auf 2 Pfund Zucker, ein Fläschchen Rosen wasser und Citronenschale sammt Säure. ——( Die Aepfel, am besten süß « saure,· werden geschält und in läng liche, fingerdicle Stücke geschnitten, die gleich während des Schneidens in ei nen Eimer mit möglichst kaltem Was ser gethan werden. Dies verhütet das Auseinanderfallen beim Kuchen. Wenn alles vorbereitet ist« wird der Zucker e läutert und die Aepfel aus dem Wo et hineingelchiittet; sie müssen so lange lachen, bis sie klar sind.