Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 07, 1901, Sonntags-Blatt, Image 11
Sonxrtajg sFlatfj Beilage des ,,Nebraskq Staats-Anzeigcr und Herold« l ———— J. P. Wiudolph, Herausgehen Stand FWand Nest den 7.Juni190l. Jahrgang 21. Ro. 40. Ohne Geld. Novellette von Catharina Zitelmann. »Ja, der olle ehrlicheJago bat Recht: Thu Geld in deinen Beutel! Hat man keins drin, so ist man ein hundsfott. Mir ist es ’mal so ergangen, und ich gestehe Ihnen, es war die peinlichste Situation, in die ich je gerathen bin.« »Erziihlen Sie, Kamerad, erzählen Sie,« rief esdon allen Seiten. Haupt inann von Wesselbaum lächelte vor sich bin. Dann liesz er das scharfe Auge iiber die sechs oder acht jungen Gesich ter der Lieutenants gleiten, die die Tafelrunde bildeten und ihn gespannt anblickten, und begann »Jch stand als junger Offizier in Wiesbaden und war nicht im Besitz von Vermögen; dafiir aber hatte ich einen sehr anständigen Pathenonlel, der sich auch höchst nobel gegen mich benahm. Jch hatte einmal ohne jeden Neben gedanlen zu ihm geäußert, daß ich sehr gern die Alpen kennen lernen möchte. So um Pfingsten herum be lomme ich einen Brief von ihm mit 600 Mart Einlage. Wer war glücklicher als ich! Jch nahm vier Wochen Urlaub und fuhr los. Die sechshundert Märler, meint’ ich, könnten nie alle werden. Das Tourenmachen ist aber eine tbeure Geschichte, mein Geld schmolz zusammen wie Schnee an der Sonne, nnd als ich über’s Stilserjoch in’s Ti zol’sche lam, freute ich mich, daß der Wein so billig war. Ich wollte noch von Sulden aus den Ortler besteigen und zu Fuß durch die Oetzthaler Al den zurückwandern, und bildete mir ein, daß ich fo, die lange Eisenbahn fahrt sparend, fiir fast nichts nach sknnsbruck gelangen würde und noch Geld genug hätte, um in dem billigen Land ein vaar Tage zu verweilen. Dar that ich denn auch. Jn Sulden war’s Prachtvoll Und sbeim Kuraten arge miithlich, ’ne wunderschöne Engländes tin war auch da, der ich den Hof machte und die mit mir auf den Ortler stieg. Kurz, ich konnte mich nicht tren nen, und ai. fch mir endlich die Rech nung herangewunlen, da merkte ich zu neinem Schrecke, daß nach ihrer Be zahlung nur noch zehn oder zwölf Gulden v iibrig waren und ich damit unmöglich heimgelanacn könnte-. So mußte ich mich denn, so unan genehm es mir auch war, entschließen au meinen Onkel zu schreib-en und ihn z-.; bitten, mir noch hundert Mart nach Jnnsbruck zu schicken. Dorthin wollte ich aus Schuster-S Rappen zu kommen suchen, und ich zweifelte nicht, das-. bei dieser billigen Art der Beförderung mein Geld reichen würde- Leider nsachie mir aber das bisher so pracht volle Weiter einen Strich durch die Rechnung. Schon als ich im Thal an kom, goß es mit Kannen, und was balfes, ich mußte zwei Tage warten, bis ich weiter lonnte und als ich in Sölden, dem Hauptort des Thales, ankam, hatte ich noch einen Gulden und 16 Kreuzer im Beutel. Todmiide nnd hungrig trat ich Abends nach sechgsiiindiger Wanderung in strömen dem Regen in den Gasthof, bestellte ein Zimmer und ging in’5 Herrenstiible Essen muß ich jetzt, oder ich sterbe, dente ich bei mir. Dazu reicht ja meine (tl—-—k-L-kt —-4. QTIUIIUJUIL Its-W Da füllt mein Blick aus einen Herrn, rsvr dem eine Flasche Wein steht uno der mit großem Appetit ein üvvigeg Mahl verzehrt, das mir das Wasser im Munde lensammenlauien macht. Als ich die vollen Schüsseln sehnsüchtig be trachtet habe und bei mir dente, das kannst du dir nicht leisten, mußt heute mit einer Käsestulle fürlieb nehmen, schaue ich mir den Mann an, der sich's so wohl sein lässt. Ein Sctinurrb.rrt, sast wie meiner, militiirisch verschnit teneg Haar, ein schneidiaeg, gebräuntess Gesicht, — ich zweisle keinen Augen blick, daß ich ’nen Kameraden vor mir habe. Ten pumpe ich an, denle ich bei mir, und die Freude fuhr mir nicht nur in dieGlieder, sondern auch in den Magen. Jch bestellte mir bei der Fielli nerin ein Beefsteat, statt des Käse brodes und einen halben Liter Land nein, und setze mich dem Fremden ac genüher an den Tisch. Der sah mich prüfend an, und es dauerte nicht iiins Minuten, da waren wir im Gespräch und stellten uns einander vor. Er war Teuzer Kürassier, ein Freiherr von Schonen und begrüßte mich mit gro ßer Liebenswürdigieii. Wir schüttel ten uns die Hände, und er ließ eine Flasche Selt kommen. Mir wurde ein bischen slau dabei, aber ich dachte, der Glückliche lann’s ja, und ließ mir’s schmecken. Daß er einem in Verlegen heit gerathenen Kameraden gern hel sen würde, bezweifelte ich nicht. Schn nen war ein urfideler Kerl und ein Natursrennd wie ich. Wir schwärmten uns beide von unseren Hochtouren vor, und die Stimmung ward immer ge müthlicher. Am nächsten Morgen liege ich noch m: tiefsten Schlat, als es an meine Thiir pochte. Jch fahre auf und höre die Stimme des Haiistnechts, der mir bestellt, Freiherr vontSchonen ließe mir faqen, das Wetter sei herrlich, ob wir nicht zusammen aus die Dresdener hätte wollten. Führer seien zur Stelle. Jch konnte nicht widerstehen. Schuldiq bin ich ihm doch schon ’was, so·iommt es aus Mehr oder Weniger nicht»an, dacht’ ich. Eine Viertelstunde spater waren wir aus dem Wea. Bei der Rückkehr wollte ich eben Schonen bit ten, meinen Führer zu bezahlen, als cr, mir zuvortommend, den Wirth, der uns vor der Hausthür empfing, aus forderte, das fiir uns beide zu thun. Er hatte eine unnachahmlich Vornehme Manier dabei, und ich hielt ihn fiir esnen der glücklichen Marssiihne, die das Geld nicht zu zählen brauchen un) rie unter den Kavlleriften häufiger sind, als in der Linie. Wir foupirten wieder sehr nobel, schliefen noch eine Nacht in Sölden und packten unsere Tornister, um am anderen Morgen zusammen egen · nnsbruck zu ziehen Nach dem z rühftitck bestellten wir die Rechnung. Ob leich der Champagner Schonen ange chrieben war, machte mein Konto doch 12 Gulden aus. Schonen warf einen flüchtigen Blick aus sein Blatt, steckte es ein und erhob fich, um in fein Zimmer hinauszu gehen. Jch ihm nach, denn vor der Flellnerin mocht’ ich ihn nicht bitten, meine Rechnung zu beglichen. Oben cuf der Treppe erwartete ich ihn. Nach einer Weile trat er aus seiner Thür, Zum Abschied aeriiftet, die Rechnung in der Hand. Bevor ich noch sprechen konnte —- es kostete mich eben doch einen Entschluß —- sagte er so oben hin: »Bitte, lieber Wesselbaum, legen Sie für mich aust« ,,Darum wollte ich Sie eben bitten,« fiel ich ihm in’s Wort. »Ich bin in Verlegenheit ge rathen und erwarte erst Geld in Inn-Z bruck. Sie erhalten morgen bereits alles zuriick.« »Sie wollen doch wohl nicht sagen, daß Sie nichts haben2« Jch zoa.n1eine Börse und zeigte ihm M Kreuz-r. Den Gulden hatte ich als Trinkgeld an die Führer gegeben. iGanz entgeistert starrte er mich an und sagte: »Ja wag machen wir dann? Jch hab’ auch nichts.« Meine Finie begannen zu wanten end ihm schien es nicht besser zu gehen, denn er setzte sich auf die oberste Trep penstuse nieder und starrte wie ein gänzlich geschlagen-er Mensch schmei gend vor sich hin. Endlich ermannte sich meine gepreßte Seele zu den vor-: nurfgvollen Wort-ne »Aber Sie ließen roch Seit kommen« »Weil Sie so forsch aus-seinem« aab er in tläqlichem Tone zurück. Dann trafen sich unsere Augen, und wie auf Verabredung brachen wir beide in ein tratnpfhaftes Gelächter aus-, in dem sich die innere Spannung wohl tbätig löste. Als wir uns beruhigt hatten, er hoben wir uns und stieaen sehr lang sam die Treppe hinab. Jndem öffnete der Wirth unten die Thür des Gast zimmers nnd trat auf uns zu. Las er in unseren Armesiinoermienen2 Jch wollte sprechen und konnte nicht; der Hals war mir wie zugefchniirt So stieß ich Schonen mit den Ellbogen, um ihn zum Reden zu bewegen. Aber et sah mich flehend an, indem er etwa-J Unverständliches murmelte und wie das schlechte Gewissen selbst aussah. Da faßte ich mich und begann, so fest ich es vermochte —- mein Lebtaa ift nir leine Aussprache schwerer get-vors den «—dem Wirth zu gestehen, daß uns beiden das Geld ausgegangen sei und wir uns- fiilschlich einer auf den ande ren verlassen hätten. Damit löste ich meine Uhrtette mit der Uhr und bot ihm beide zum Pfande. Schon-In zog mit einer tragischen Geberde einen Ring vom Finger nnd reichte ihn eben falls dem Wirth. Der lächelte mit pfiffiaem Gesicht rnd schüttelte den Kopf, unsere Liebes gaben hold oerschmiihend »F kenn’ das schon, das is nix Neu’5, den jungen Herrn .1eht’s öfter so,« meinte er ge miithlich, die Hände in den Taschen seiner Beintleider oergrabend. »Sie sind preußische Offiziere, da vertrau’ i auf Jhr’ Ehrlichkeit. J hab’ Jhr Wort, nit wahr?« Jch hätte dem Mann um den Hals fallen mögen, und bis an tneinLebenå ende werde ich ihm ein dankbares Ge oenlen bewahren. So drückten wir dem biederen Tiroler herzhaft die Hände und wanderten froh sürbaß. Aber wir hatten och einen sauren Tag ror uns, und wie wir uns mit den paar Kreuzerm die wir besaßen, bis Jnnsbruck durchgeschlagen haben, ist mir noch ein Ritthfel Jch kam mir wie ein Landstreicher vor und lebte von Brod nnd Käse« Jn anständigen ciasthiiusern konnten wir nicht einkeh ren und schliefen Nachts in einer (.-3cheune. Aber wir gelangten doch end lieb nach Jnnsbrucl und stiegen natür lich in einem der ersten Hotels ab. An unserem Aeuszeren nahm man keinen Anstoß, man war es gewohnt, dieFusz reisenden in etwas desolatem Zustande von den Bergen herablommen zu sehen. Wir seyten unsere vornehmste Miene aus, und ich sandte den haus lneeht nach der Bahn, um meinen Kot fet, den ich vorausaelandt, zu holen. Dann machte ich Toilette, und begab mich zur Post, um das Geld in Em pfang zu nehmen. Der Beamte am Schalter aber schüttelte den Konf, als ich ihm meine Karte reichte. »Nir fiir Sie doa.« »Nichts für mich da?« frage ich, und ich denke wirklich, mich soll der Schlag rühren. Konnte men Onkel mich in dieser Noth stecken lassen? Unmöglich! Mein Urlaub ging zu Ende, und nicht einmal ein paar Kreuzer hatte ich in rer Tasche, um zu telegraphireni eht hörte die Gemiithlichkeit doch aUTI Schauen, der vor der Thiir wartete, merkte an meinem verstörten Gesicht sofort den Braten, schnitt eine Gri masse, legte den Finger an die Stirn und entgegnete seufzend: »Wer hätte gedacht, daß Sie einen solchen Filz tragen zum Onkel haben.« ,,Sparen Sie sich Ihre Bemerkun gen,« fuhr ich zornig auf. »Der Brief muß sich verspätet haben. Wenn ich uur Geld hätte, um zu telearaphiren!'« Da fiel mir meine Uhr ein, und schon eilte ich davon, um sie beim er sten besten Goldschmied zu versehen. Aber auch mein Telegramm blieb unbeantwortet, und meine letzte Hoff nung schwand. Ware Schonen nicht gewesen, der immer noch mit einem faulen Witz in meine Triidsal fuhr, ich hätte Selbstmordgedanken gefaßt. Eben wollten wir wieder im Post Bureau Nachfrage halten, als sich die Thür vor uns öffnet und ein Herr her aus-tritt. Vor mir steht leibhaftig — uiein Ontell »Da bis du ja, Hund« lacht er ganz dergniigi. »Soeben habe ich deinen Brief und das Telegramm erhalten. Junge, driick’ mich nicht todt!« Ich umarmte ihn nämlich so stür misch, wie ich nie ein Weib umarmt habe und lief-, in meiner unsinnkgen Freude auch nicht ab, ihn an mich zu pressen, bis er, trebzroth im Gesicht, unt Gnade bat. Abends tranken wir wieder Seit, ohne daß wir ihn zu bezahlen brauch-« ten. Der Onkel erzählte, daß er, durch meine begeistert-In Schilderung-In an gereat, Lust betommen habe, ebenfalls in die Alpen zu gehen und es so ein gerichtet habe, mich in Jnnslxrisck noch zu treffen. Die Schilderuna unserer Abenteuer erheiterte ihn höchlichst: fiir den Wirth in Sölden fahte er eine solche Vorliebe, daß er selbst unsere Schuld dort zu bealeichen sichoornahm. Auch Schonen händigte ihm seine un bezahlte Rechnung ein und schwor feirlich, dass, er jeneg schnöde Beiioort zuriickuiihme, mit dem er den aiitigfien aller Onlels belegt habe. So löste sich die Sache in Wohlges sallen auf. Jch habe mich aber Dort efi gefraat, wag geworden wäre, wenn der Onkel mich nicht getroffen hätte, und bei späteren Reisen habe ich Jagoz Rath nach Kräften befolgt: Thu Geld in deinen Beutel! Es ist ein ewig be herzigenswerther Imperatio Eine rndfahrende Prinzefsin im Contlttt mit den Hütern des Gesetze-n Die einzige noch unverheirathete Tochter des Königs Ed!1ard, Prinzes sm Victoria, ist dieser Tage in Wind sor im wahren Sinne des Wortes mit den Hütern des Gesetzes in Collision gekommen. Jn Begleitung einer Hof darne, der Ladh Musgrave, machte sie eine Radsahrt durch den Pakt von Windsor und wollte auf dem Rücttoege den tiirzeren Weg zum Schlosse neh men, der über den sogenannten Long Wall, die lange Promenade, führt. Das Radfahren ist hier jedoch nicht gestattet, und ein Partwachter, der die Prinzefsin nicht erkannte, rief den Da men zu, daß sie absteigen und umkeh ren müßten. Hiervon nahm die Prin zessin natürlich keine Notiz und fuhr weiter, worauf der Partwächter ihr mit einigen langen Sätzen nacheilte, die Lenkstange des Rades ergriff und dieses mit einem Ruck zum Stehen brachte, so daß die Prinzessin zu Bo den geschleudert wurde, wobei sie bei nahe noch von ihrer dichtan folgenden Hofdame überfahren worden wäre. Die Prinzefsin gab sich dem Beamten zu erkennen, den sie wegen seines Ue bereifers, der ihren Sturz verursachte, tadelte. Hiermit war das Abenteuer der Prinzessin noch nicht beendet. Als die beidenRadlerinnen an dem anderen Ende der großen Promenade anlang ten, tauchte plötzlich ein junger Polizist aus dem Gebüsch auf, der sich ihnen in den Weg stellte, ihnen befahl abzustei gen, und sich bereit machte, die Namen der beiden Uebelthäterinnen in sein Dienstbuch einzutragen. Er unterließ dies natürlich, und Buch und Bleistift entfielen beinahe den Händen des er schrockenen »Bobbin«, als er hörte, wen er angehalten hatte. Zu feiner großen Freude sagte ihm aber die Prinzessin, daß er nur feine Pflicht gethan. Ohne weiteren Aufenthalt konnten nun die Radfahrerinnen nach dem Schloß zu rücktehren. —. New York, die Stadt der meisten Theater nnd Singspielhallen. Nach einer Statistik, die von der New Yorker ,,World« ausgestellt wird, ist New York jetzt die Stadt, die die meisten Theater und Singspielhallen enthält. Jn New York ist die Zahl der Sitzplätze, welche die verschiedenen Etablissements an demselben Abend dem Publikum zur Verfügung stellen können, 123,795; in London sind es 120,950 Sitzplätze und in Paris nur 82,331. London besitzt die meisten Theater im engeren Sinne, nämlich 89, New York hat deren Bl, Paris 24. Unter den Theatern hält das Pariser Chatelet den Record in der Zahl der Platze, es faßt 3600 Personen, die New Yorker Oper kann nur 3549 auf nehmen und in London haben das Drury Lane und das Stanard je 3500 Plätze. Dagegen hat New York einerseits die kleinsten Theater, sein Madison Square (646 Plätze) und sein Lyceum (650) und andererseits Die qeräumigsten Concertsäle, Madi son Square f9000 Plätze) und Grand Central Palace (8(300). Wir ein Windstoß-einem französischen Pröfckten arg mitspielte. Als der Prinz-Präsident Louis Na poleon im Verlause seiner Reise durch Frankreich, die angesichts der bevor stehenden Errichtung des Kaiserreichs unternommen wurde, nach Bordeaux kam, hatte der Präfect der Gironde befohlen, beim Eintritt in die Stadt einen Triumphbogen zu errichten, in dessen Mitte eine von einem Strick ge haltene Krone hing. Oben prangte die Inschrift: »Jl l’a bien meritee!« Jn dem Augenblick, wo der Präsident oorbeitommen würde, sollte die Krone sich aus das Haupt des Prinzen sen ten, wie man dies am Ende des vier zehnten Jahrhunderts beim Etnzug der Jsabella Von Bayern in Paris gethan hatte. Aber ein unglücklicher Windstoß entführte kurz vor dem ent scheidenden Moment die Krone, und als der Präsident durch den Triumph bogen kam, blieb nur noch der herun terhängende Strick mit der JnschristI »Jl l’a bien meritee!«, die nun eigent « lich nichts anders mehr bedeuten konnte als: »Er hat ihn wohl ver dient!« Der Präsect zitterte für sich wegen dieser Missethat des Windes. Aber seine Besorgniß war von kurzer Dauer, denn die Jdee mit der Krone brachte ihm gnädige Verzeihung. ---—«——-.— Etwas von den ersten Gigarrem die in Deutschland fabrizirt wurden. Der Hamburger Hans Heinrich Schlottmann war der erste Ciaarren fabrikant in Deutschland. Vereinzelt wurden die Cigarros bereits in Ham burg aeraucht, als der Tabakfabrikant Schlottmann, der ihre Herstellung in Spanien kennen gelernt hatte, im Jahre 1788 solche zu rollen begann. Jm Anfange fanden feine Cigarren keine Käuferx er war gezwungen, sie zu verschenken. Man war gewöhnt, solche nur als Geschenk anzunehmen. Nachdem aber mehrere Schiffe Ciriak ren aus America brachten und Abneh mer dafiir fanden, ging es bald mit seiner Unternehmung und dem Betrieb seiner Fabrikation besser. Erst in den Jahren 1796 und 1797 fing das Ci aarrenrauchen in Hambura an in Mode zu kommen und war bald Be diirfniß der Bevölkerung Schlatt mann erhielt bald eine rühriae Con eurrenz. Es entstanden nicht allein in Hamburg, sondern auch in dem be nachbarten Altona Cigarrenfabrilen. Unlauterer Wettbewerb war bereits damals nichts neues, und so schickten einige inaeniöfe Fabrikanten ihre selbstfabricirte Waare nach Cuxhaven und führten sie durch dort liegende, nach Hamburg bestimmte, amerikani sche Schiffe wieder ein, wo sie von Feinschmeckern als importirte echte Ci garren zu guten Preisen gekauft wur den. Zuerst verarbeitete man Virgi nia- oder Louisiana - Blätter dazu, später versuchte man es auch mit un garischem und türkischem Tabak. MerkwürdigerWeise versetzte man da mals maaeren Tabak, wie Maryland, mit Senfkörnern, Lümmel und Anis, um ihn zu würzen ———.——-. Rätlsfellsafke Inseln-isten auf den Felsen deo Berges Sinai. Die Jnschristenforschung bietet doch merkwürdige Ueberraschungen. Außer den Namen von Touristen, die mit Coot’schen oder Stang’fchen Reisege sellschasten durch dieWelt pendeln, fin det man auf den Felsen des Berges Sinai tausende von Jnschriften, von welchen mehrere, die mit archaistifchen Schriftzeichen und in längst vergesse nen Dialekten niedergeschrieben sind, lang für unentzifferbar galten. Nach einer Sage sollen einige von diesen Jn schristen aus der Zeit des Auszuges aus Egypten stammen. Der franzö sische Gelehrte Chermont-Ganneau hat zwei solcher Texte aus dem Nabathä » 1 nischen (ein semitischer Dialekt) über setzt. Die erste Inschrift stammt aus demJahre 204 oder 205 unserer Zeit rechnung und schließt mit einem Ju belruf zu Ehren dreier Cäsaren, des Kaisers Septimus Severus und seiner Söhne Caracalla und Geta. Die zweite Jnschrist stammt ans dem Jahre 189, in welchem die Araber das Land verwüsteten. So wurde die Jn schrift wenigstens von deutschen Ge lehrten (von Euting u. A.) gedeutet. Clermont - Ganneau behauptet jedoch, daß sie einen ganz anderen Sinn habe; er übersetzt: »Das Jahr, in welchem den Armen des Landes das Recht auf das Pfliicken der Datteln gegeben wurde.« Das wäre allerdings ein ge waltiger Unterschied zwischen den bei den Uebersetzungen, Clermont - Gan neau giebt viele Gründe an, die für die Richtigkeit seiner Deutung sprechen. ] T —-«..—-. Eine lustige Tlieateraeschichte durch das Rilzcln in dcr Nase. Von Bressant, der ein vorzüglicher Schauspieler in Paris war, erzählt man folgende lustigeTheatergeschichte: Er besaß unter andern Gaben eine entzückende, szum Herzen gehende, wohlllingende, süße, musikalische Stimme, die goldeneStimme derLieb habet. Er entzückte wie keiner das Publikum, wenn er einer Frau eine Liebeserklärung machte, natürlich hat te er in fast jeder Rolle eine zu machen. Eines Abends atte er in einem neuen Stück in dem "ugenblick, wo er sein Liebessolo singen sollte, das unwider ftehliche Bedürfniß, zu niesen. Aber in dem Augenblick, wo er einer Frau die zärtlichsten Worte sagen sollte, wo der ganze Saal auf ihn hörte, wo die esntzürkten Zuschauerinnen im voraus seine Sätze und den schmeichlerischen Stimmfall seines bezaubernden Or gans genossen, zu niesen, —- das war unmöglich Er gab sich die größte Mühe, aber das Kitzeln in der Nase ließ nicht nach, nahm vielmehr noch zu. Bressant sprach, aber er fühlte, daß, je mehr er sprach, die Geschichte immer schlimmer wurde· Noch eine Secunde, und er konnte nicht mehr widerstehen, es war abscheulich! Was thun? Da kam Bressant eine Idee: Obgleich dies nicht zu seiner Rolle ge hörte, wars er sich der Dame zu Fü ßen, that, als ob er vor Rührung und Liebe schluchzte, verbarg denKopf hin ter ihrem Kleide und —- nieste ruhig! Die Dame —- die Schauspielerin — belam einen so tollen Lachanfall daß sie von der Bühne abtreten mußte, und Bressant sagte mit der größten Ruhe: »Diese Frau hat kein Herz, sie wird mich niemals lieben!« Jn demselben Augenblick trat Bressant’s Großvater, oder wenigstens der diese Rolle spie lende Schauspieler ein und sagte, wie feine Rolle verlangte: »Gott segne Dich, mein Kind!« Bressant selbst hat mehrere Monate darüber ge lacht. Ein interessanter Vorschlag über eine neue Art Straße-than Einen interessanten Vorschlag über eine neue Art Straßenbau macht Sir Bramwell in einem Briefe an die »Timek3«. Zunächst würde ein Fahr weg Von vielleicht acht Fuß Breite, wie gewöhnlich mit Fußqängersteig an der Seite, vorhanden fein. Auf letz teren gehen die unteren Stockwerke der Läden hinaus· Auf den Dächern dieser Läden würde ein breiterer, obe rer Fußgängerfteig von etwa 15 Fuß Breite sich befinden, der nach der Straße zu durch einGeländer geschützt und von unten auf, in bequemen Zwi schenräumen vorhandenen, Treppen erreichbar sein würde. Die äußere Hälfte dieses oberen Fußweges würde nicht bedacht sein, während der innere Theil durch Vorbau des oberen, durch Säulen gestützten Theile-s der Häuser geschützt sein und so bei nassem Wet ter Gelegenheit zum Promeniren bie ten wiirde. Wie nach dem unteren würden auch nach dem oberen Fuß gängerfteig sich Läden öffnen. Brücken würden beim oberen Trottoir über alle Seitenstraßen und an passendenPunk ten über die Hauptftraßen führen. Es würen zwei Reihen von Läden auf dem jetzt von einer Reihe eingenomme nen Raume geschaffen, was denMieth werth der Häuser entsprechend erhöhen würde. Fußgänger könnten nicht nur gegen Regen geschützt, sondern beim Ueberschreiten von Brücken von dem Straßenverkehr unbehindert ihre Gänge besorgen. Gleichzeitig würde sich eine höchst inalerische, mannigfal tige Architectur erzielen lassen und viel Licht und Luft vorhanden sein. Die ,,Times« besprechen diesen» »au ßerst fesselnden Vorschlag«« gunftig, fürchten jedoch, daß die Reinhaltung der Treppen und Trottoirs und die Fortschaffung von Asche u. s. w. aus den verschiedenen StockwerlenSchwie rigkeiten bereiten würde. Brief einer tchwiiiischen Ruhme-d an den Großherzog tm- Hadem . Den folgenden köstlich und bei aller Naivität geschickt abgefaßten Brief ei ner schwäbischen Kuhmagd an den Großherzog von Baden theilt der »Ho henstaufen« mit: »Geehrtesster Herr Großherzog! Es thut mtr ehr ei·d, den hohen Herrn zu belästigen, allein ich weiß keinen anderen Rath mehr. Am 15. d. M. führte ich einen Wagen Dung auf unser Feld (bin nämlich al les in allem; ban Stallmagd, bald Köchin, baleimmermiidchen und habe die Arbeit, welche drei Stück Vieh ge ben, bereits ganz allein zu be orgen, bin aber so heiter und so vergnügt da bei wie der Vogel in der Freiheit) und setzte mit im Heimgehen auf den leeren Wagen. Am 16. erhielt ich schon ei nen Straszettel dafür, weil ich die Ordnung, daßKuhfuhrwerke vom Wa gen aus nicht geleitet werden dürfen, übertreten habe. Aber habe ich das Gesetz iibertreten, wenn ich es nicht weiß? Und meine daher, wenn die Be hörde so divicill ist, da dieses fast täglich vorkommt, so gut als es an den Brunnen öffentlich angeschlagen ist, auch öffentlich an eschlagen gehört, daß es jedermann lesen kann. Gerns bach ist doch ein kleines Städtchen und da wird die Polizei (drei an der Zahl) schon so viel Zeit finden, einem zu sa gen: dieses ist nicht erlaubt. Nach kur zem, aber hartem Kampfe bat ich mir die Erlaubniß aus, mich an den-Herrn Großherzog wenden zu dürfen, da ich den HerrnGroßherzog für einen Mann halte, der auch dem Geringsten seiner Unterthanen Rechnung trage. (Der hohe Herr werde eine rechte Freude an mir haben, war der Befcheid.) Dann bat ich den Herrn Bürger meister nochmals, ob der Herr Bürger meister die Strafe nicht erlassen könne, auf »Nein« machte ich Kehrt. Muß schon sagen: so wenig Freundschaft ist mir in den letzten zwölf Jahren noch nirgends von Seiten der Behörde ent gegengebracht worden wie hier . . und ich bin doch fremd hier, und ein Fremdes erwartet doch immer, daß man einein auch, wie es die Behörde verlangt, ehrerbietig entgegenkommt und nicht blos strafen will, muß daher annehmen, daß man hier die Schwa ben nicht leiden kann, welche doch ihrer Pflicht und Schuldigteit so gerne ge recht werden möchten. Bitte daher den hohen Herrn zu entscheiden, ob ich so, auch ganz unwissentlich, strafbar ge handelt habe, da meine Kuh wie ein Lamm fortgelaufen ist und niemand belästigt oder angehalten wurde . . . Wollte jetzt schließen, aber da kommt tnir noch der poetische Gedanke aus »Blumen und Sterne« in den Sinn: Wac- zagst Tn ohne Trost nnd Muth, Wenn Tiels der Etnrtn ntnltrnnsr Tet« Himmel wird Tidt nietn verlassen, Wenn Tn Tit selbst vertraust . . .. llnd sinkt Tein (Stliietsttern, ist gewiß Ein neuer Tit« nicht fern; Getrost mein Herz, der Stern des Abend-is Jst aneb der :ttcorgenstern.« Zerfallene und verlassenc Ortschaften in allen Theilen der Welt. Merkwürdige Geschichten von ent täuschten Hoffnungen erzählen die zer fallenden, verlassenen Gruppen unbe wohnter Gebäude, die man hier und da in fast allen Theilen des Erdballs findet. Auch in England giebt es solche. Bei Hemel Hempstead befindet sich in einem hübschen, mit Föhren be standenen Thale ein Dorf, das über hundert Häuser hat, von denen kaum ein halbes Dutzend von Einwohnern besetzt ist. Die Wege sind mit Gras bedeckt, und im Sommer wuchert dickes Unkraut auf den Fußsteigen. Der Besitzer des Landes, auf dem Hammer field —- dies ist der Name des Dorfes —— gebaut ist, wollte ein Centrum für Schuhfabrication gründen. Er baute die Fabrik und eine Anzahl Häuschen und holte Schuhmacher aus Mittel englang heran. Aber es fehlte bald an Geld, so daß das Besitzthum ver pfändet wurde. Die Arbeiter gingen fort und allmählich wurden aus dem ,,neuen Northampton« zerbriickelnde Ruinen. Durch nichts entsteht eine Stadt schneller-, als durch eine Gold Inine, und nichts wird schneller zu Grund gerichtet als eine Goldminen Colonie, wenn die Goldförderung auf hört. Die Weststaaten Anierilas zeigen viele einsame Ruinen solcher verlassenen Minenstädte. Von diesen ist ,,Excelsior City« in Nordcalifor nien vielleicht das aufsallendste Bei spiel. Die Stadt wurde im Jahre 1866 begründet, und in zwei Jahren wurden gegen 82,700,000 für Berg werle und Gebäude ausgegeben; die Bevölkerung bestand aus 8,000 Per sonen. Der Platz hatte fünf Hotels, zwei Kirchen und ein schönes Theater. 1872 versagte jedoch die Goldader. Jetzt ist von der einst blühenden Stadt nur ein aus einem eFlsen stehendes Gebäude geblieben, sonst giebt es nur noch Ruinen. Noch schlimmer erging es Cahaba, der einstigen Hauptstadt des großen Baumwollenstaates Ala bama. Sie lag auf einer Anhöhe hoch über dem Fluß und bedeckte 1,620 Acres Land. Vor siebzig Jahren war Cahaba der Mittelpunkt der Siidstaa ten. Ein Haus allein, das der Familie Perrine gehörte, kostete s400,000. Aber der große Bürgerlrieg vernich tete Cahaba. Die Leute zogen nach dem zehn Meilen entfernten Ort Selma. Jm Jahre 1866 wurde Selma die Hauptstadt des Bezirks. Viele Gebäude Cahabas wurden nach der neuen Stadt gebracht, wo der Fluß bessere Chancen für den Handel bot, und im Jahre 1870 wurde der Ort Cahaba an einen Regen der frü her Sclave war, für 8550 verlauft.