iRoman von Deinrich Lee. l. Fortsetzung Dein ungeachtet sah man jetzt, so weit es die Beleuchtung zuließ. einen rrn in der Ecke ein Cigarrenetui und demselben eine große dicke egalia entnehmen. »hier wird nicht geraucht!" klang irgendwoher eine scharfe Stimme. »Ich tauche nicht.« antwortete ru hig der herr, der äußerst elegant aus sah, einen bochmodernen Paletot ans hatte und dessen Cravatte ein großer, dlitzender Brillant verzierte Für einen Moment waren die Schläfer auf ihren Sitzen bei der scharfen Stimme aufgeschreckt, ietzts schlo en sie wieder die Augen, nur Brö tcke nicht· Wilhelmine hatte ihren Kon auf seine Schulter gelehnt, und er hatte acht zu geben, daß sie damit nicht herunterglitt. Nun wurde er der Zuge eines sonderbaren Schauspiels. - r elegante Herr nämlich stellte jetzt die Cigarre, die er seinem Etui ent nommen hatte, mit derSpitze auf seine Nase und balanzierte sie nun darauf. Aber damit nicht genug, denn plötz lich rückte die Cigarre aus der Nase, indem der Herr die seltsamsten Gri ma en dabei zog, immer höher, der Stirn zu. Es fah wie die reine Hexerei aus. Dann schnellte sie der merkwürdige Mensch mit einer einzi en Bewegung in die Luft, wo sie sich tiberpurzelte, und sing sie dann wieder aus, diesmal aber mit dem Munde, so daß er sie jetzt in normaler Weise zwi schen den Lippen hielt. Hieraus steckte er sie, sichtlich Von dem gelungenen Kunststück sehr befriedigt, wieder in sein Etui und lehnte sich dann, als seine Ecke zurück. wenn nichts vorgefallen, wieder in Osfenbar hatte sich der sonderbare herr nicht beobachtet geglaubt. Das Ganze kam Brösicke jetzt, wo der Fremde wieder so gänzlich ruhig da nkt. wie eine Vision vor. Noch immer Ich-nie Wilhelmine ihren Kon an seine Schulter, das konnte nun so bis Mag deburg gehen. Aber auch er versuchte jetzt ern bischen einzuduseln, und an genehme Bilder umschwebten ihn, Zu unfisbilder aus dem lustigen Paris-, von dem Wesenberg gesagt hatte, daß man eine Frau nicht dorthin mitnehm. »Magdeburg!« schrie plötzlich eine Stimme. Alles im Kvupee fuhr auf. »Was ist denn?« fragte Wilhelmine erschreckt. »Wir sind in Magdeburg!« - »Magdeburg!« schrie der Schaffner H noch einmal, die Koupeethür aufrei ßend Draußen auf dem von ectrischem Licht überflutheten Bahnsteig wogte eine lärmende Menge hastig durchein ander, die rothe Mii des Stations verfiel-ers tauchte au , kleine Kellner jungen mit Bier rannten vorbei, der selbe Packwagen brach sichBahn, Leute stiegen ein und aus, und unter den Aåssieigenden befanden sich aus Brö s Wilhelmine stieß einen Angstschrei aus-. »Mein Kollier!« Sie hatte ein Spitzenkollier um den Hals gehabt, das sie vorhin, um es nicht u zerdrücken, abgenommen und Tiber sich in’s Netz gelegt hatte. Es mußte noch im Wagen liegen. Gott sei Dank, es lag noch wirklich da — oben im Netz» Einer der-— erren drin im Koupee dersele son " are Mensch von vorhin — tte e schon hilfreich erfaßt. « es das?« fragte er. « a!« rief Wilhelmine und hielt die Hände auf. Aber mit einer wunderbaren Ge schicklichkeit Darf ihr es der Herr nicht in die ausgestreckten Hände, sondern gerade um den Hals, woraus er wie der im Koupee verschwand. stLZilsöptnhxxhast Du das gesehen?« i nune no an ver HRsp ch g z Brösicke hatte ei- gesehen, aber zu Verblüffungen war jetzt nicht die ge ringste Zeit. Hauptsache war jetzt, wie man einander in dem Gedränge finden sollte. »Wilhselkn! Wilhelmine!« erscholl eine helle Männerstimnie in einer Mundart, die sofort an das Land der Sachsen erinnerte, durch das- Gewühl Ein kleiner Herr in Cylinderhui, mit einer kleinen Frau. und hinter ihnen ein junges Mädchen, alle drei mit einer Unzahl oon Gepäckstücken beladen und von einem Träger ge folgt, stürmten, in jede offene Komm thirr sehend, an dem Zuge entlang. «Wilhelrn! Wilhelrnine!« schrie der kleine herr, wobei ihm die Aufregung und die Angst, den Zug zu verpassen, ans dem Gesicht stand, immer wieder von neuem. .,,hier sind wir ja!" ries Brösicke, während ldie Leute aus dem Perron schon zu la n anfingen. -Wilhelm. Wilhelmine! Onkel! Taste! Selma!« scholl es durcheinan der, und die Frauen küßten und um Itnsien sich, so gut es ging. »Gott sei Dank, da wir Euch blos gaffst-den haben,« at mete Däurnchen alt . - Im ersten Moment hätte Btösicke seinen Schwager kaum wieder er kannt, ein so un wohntez Aussehen Mühn dieser he hul. Aber es war . . seit zu verlieren, die« Schassaer »ersten-u Einst-tots- Dauknchux ge W M, daß sich die beiden pl- . Fayuey statt sich nach dem goapee cis-n Geschick-ists emhltem ’ sing as zu wer-rein wert sie M fest bemerkte, daß ihr in denr Ge dränge die Kleiderborte abgetreten worden war — endlich aber war man glücklich im Schlafwagen. Der Kon trolleur wies ihnen die Abtheile an, einen iiir die Frauen einen fiir die Männer, man sagte sich gute Nacht und Däumchen und Brösicke waren mit einander allein. Der Abtbeil :nt hielt vier Betten, von denen atcr die beidend nnieren set-on belest traten; nur die beiden oberen waren noch äbrii1. »Da ’nauf tlettere ich nis: « s a e Bau-mitten erbost, »du kullere ich rauJ ca :rech’ ich das Genick in de: Nachts« Brösicte war müde geworden. »Na mach keinen Spettatel und lufch Dich!« »Höre mal,« antwortete Daum ct:cn roch ers-often »solche Ausdrücke, die net-bitte ich mir von Dir! Ein für allenial!« Er mußte hinauf. Dabei hatte er das Unalüch indem er sich auf dass untere Bett als Stützpunit schwang, dem Schläfer-, der darin lag, aus das Bein zu treten. - »Herr, können Sie sich nicht vor sehen!« schrie es aus dem Bett.1 Däumchen stammelte eine Entschul- i digung. Endlich war er glücklich oben. »Herrjel)se3,« wimmerte er jeyt von oben herab, ,,nanu hab’ ich meinNacht bemde nicht Milchen hats in der schwarzen Handtasche. Es ift auch reine zum Verriicttwerden!« Auch der andere Schläfer unten tihrte sich jetzt. Ein Hagel von Ver -iviinfchungen klang zu dem lauten Gast hinaus. »Dann bleib im Oberhemde,« sagte Brösicke, der schon unter seine Decke ichliidfte, mit Ungeduid. »Das ist so steif gestörtt, darin kann ich nicht schlafen.« Bäumchen turnte wieder herab, wo bei er zum zweiten mal dem unten liegenden Kollegen aufs Bein trat. »Herr!« schrie der, njetzt hab’ ich’s bald mit Jhnen satt!« Däumchen bestand daruf, er mußte noch einmal zu Milchen. Jm Ganae stieß er auf den Kon trolleur. »Wobin wollen Sie, mein Herr?« sragte dieser. ,,Jns Damentoupee,« antwortete Däumchen. - »Herr!'« fuhr ihn der Beamte mit strenger, drohender Stimme an. »Aber ich werd’ mir doch met Nacht liemde noch holen können!'« Der Eintritt ins Damentoupee war für Heren verboten, unter allen Um ständen. Däumchen mußte zurück. Zum drittenmal trat er dem Kollegen aufs Bein. »Menschl« brüllte dieser sent, »sind Sie verrückt? Jch lasse Sie sofort iyinausbesorgen!« »Der Mensch ist ja total betrunten!« schimpste der andere. »Kuschen sollst Du Dich!« wetterte auch Brösicke jetzt. Däumchen verging vor obnrnächti ger Wuth. Am meisten giftete er sich über seinen Schwinger- Statt ihm gegen diese beiden Menschen beizu stehen, rief er ihm noch solche Worte Zu. Endlich wurde es ruhig im Kon ree. Aber Bäumchen konnte nicht schlafen. Der Einsatz im Oberhemd la;( wie ein Pappdeckel auf seiner Brust. Vielleicht war das noch das wenigste. Aber außerdem war es hier » oben schauderhast heiß, und schließlich I fing der Kollege unter ihm auch noch " iu schnarchen an. »Warst-w tief Bäumchen —- ekft J leise, rann immer lauter. ,!"Das giebt’s denn?« fuhr Brösicke « schtaserunien anf. »Schliisft Du schon?'« »Ich noch nicht. Jch kann nicht. Jrn Oberksemd taan ich nicht. Und eine Temreratur ist in meinem Bett — wei im Badestiibchen. Und der Kerl unten — jeft fängt er noch zu sägen an Jch sch f überhaupt nicht ein »Zählen mußt Du,« brummelte Brösickr. Er war berits wieder glück lich eingeschlummert. Oclslsucssc Ulllcll chcllll sctzl cllllll neuen Ast. Däumchen stopfte sich die Konstit sen über die Ohren. Aus Verzweif lung zählte er wirklich, —- immer wei ter und weiter. . . . Es war ein schöne.r, blauer, frischer Sommermorgen, der über dem Kölner Domplatz leuchtete. Der Dom hatte schon seine Thore ausgethan, die Leute, die um diese frühe Stunde hineinqu qen, waren meistens alte Frauen, und drüben aus dem Bahnhossqebäude, ror dem in langer Reihe die eleganten Hotelomnibusse hielten, strömten die eben mit dem Berliner Rachtzug an getommenen Passagiere. Wer weiter nach Paris wollte, hatte in Köln zwei Stunden Aufenthalt, die man nicht nur zu seiner Toilette, Fondern auch zu einein umsan reichen rühstilck be nutzen konnte. uch Brösickes und Däumchens befanden sich in dieser Menge. Das Gepäck hatte man aus dem Bahnhos gelassen. »Nun, hast Du gezählt?« hatte Brö sicte vorhin beim Aufstehen Bäumchen gefragt. »Und wie!« sagte Bäumchen. »Wie weit bist Du denn gewu men?« »Däumchen behauptete, bis über straften-send Jlnd dann bist Da eingeschlafen?« »Nu, dann um« Mot ent« · Zu der Yähe des sc ses waren emäze anstandige, vertrauen-eran Re. antun-U nnd Esset u sei-en- m man aber a eintrat, keins standen noch die S le aus den Tisch-Its III M die Ausräumesrauen fuhren mit dem nassen Schrubber aus dem Boden bin und der. »Jn Plauen, im grünen Baum, da lann man schon sriib um siinse seinen Kasse-e baden,« sagte Bäumchen. »Die Sachsen sind eben belie, die sieben sriilzer aus,· bemerkte Vrösickr. »Wenn Da blos Deine schnodderi gen Berliner Redensarten lassen woll teff," antwortete Diiumchen erregt. Die Frauen legten sich ins Mittels und der Friede wurde wieder herge stellt. Ein Windstoß kam, und Paumchen hielt seinen Cylinderbut est. »Sage mal,'« fragte Brösicle, »wie lommit Du denn blos darauf, Dir so eine Angströhre auszuseßen. noch dazu auf der Reise.« Bäumchen wars aus Brösicles ein fachen, grauen, weichen Hut einen schadenirohen Blick. »Ich habe mir eben sagen lassen, was in Paris Mode ist. Du denkst coeli nicht, daß Du in Paris mit so eknem Deckel rumlausen lannst?'« »Warum denn nichi?« fragte Brö sicke Verwundert Weil, wie Däumchen mit großer gzelvstzusriedenbeit erklärte, jeder Mensch in Paris im Cnlinderhut ging, wenigstens bis zu einem bestimmten Tage, dem Tage des großen Pferde rennens in Longchamps. Von da ab akna jeder seine Mann im StrohlyiL Vlos die ganz gemeinen Sirolche gin cen—— bis zu dem bestimmten Tage —— nicht im Cnlinderbut. Dai- batte Bäumchen in seiner Zei tung gelesen. ,Jch will doch sehen, wer mich zwmgen kann, mir einen Cylinder aufzusetzen, bei siinsundzwanzig Grad Hitze. Jch geh’ in Paris-, wie ich in Berlin geh’!« Däumchen wurde immer heiterer. »Deine Berliner Angewobnheiten, oie werden sie Dir schon in Paris ver salzen. Wie denkst Du denn, heißt bylinder auf französisch?« »Das weiß meine Frau.« »Nu, Frau Schwiigerin,« wandte sich Däutnchen triumphirend an Wil l,elci:«ne, »wissen Sieks Z« »Ist-L denn?« »Was Calindekhui aus teanzomch - THAT-« Wilhelmine war wie vor den Kon geschlagen. »Nein, das weißxich nicht. Wilhelm, das- weis-, ich nichi.« »Ich-also de Soa beißi’s!« erwiderte Tiiumchen stolz, und loaleich fuhr er fort: «Wissen Sie, was das heißt: Beim-gen Sie mit einen Gebäelirfk cer?" ,Gebiickit«ciget? Was ist das?« fragte Wilhelmine total ahnungslos. Sie dachte zunächst an die Berliner Adam-jungen die frühmorgens die Frühfiiicksbeuiel an die Entreeihüren bannen. · »Sie werden doch wissen, was ’e ’ chelsackkrager ist?« »Er meint Gepacktriiget!« fiel Mil cksen ein, die ja eine gebotene Berline ein war. - »Wie hab’ ich? denn andetlch ge sagt?« bemerkte Däumchen angehal ten. »Allo, was heißt: Besotgen Sie mir einen Gebäckiräger?« Niemand wußte es. »Bretveneh öng avmmissionäk, heißt es,« sagte Däumchen strahlend. »Weil-et haben Sie denn das alles?« fragte Wilhelmine beklommen. »Er hat doch das braune Buch,« er klärte Milchen. Endlich hatte man ein Resiaurani, das schon aufgekäutnt war, gefunden. Ein elegantet Kellner ital auf die kleine Gesellschaft zu und wies ihr »einen Plan an. Vor allem wurde ’ Rassen Butter, Seine-ich für jede Pet " san zwei Eier und aigzerdem zweimal L"uffchniki bestellt. ach der langen Eifenbohnfahti und dem herumlau fen that das Sisen in dem kompr iablen Lokal ordentlich wohl. Die ; Damen warfen einen Blick in den E Spiegel, sie hatten im Wagen leider Haue eine ziemlich flüchtige Toileiie ; machen lijnnen dabei HatteaSelma —·— Mkle Flululllw Wulcll Ulc Hatt-zu um seiden-i ver-sorgt »s-— auch ihr Kleid dies-r in Ordnung gebracht, und erst jetzt bei der Tagesbeleuchtung saht man, was sie sür ein nettes Mädchen » war. Nur etwas still war sie —ein ; Hauch oon Schwerrnuth lag über ihr. i Selma zupste ihre Mutter am Arm. « »Was willst Du, Kind?« Selma wollte Ansichtsposttarten schreiben. Sie hatte einen Zettel her vorgezogen, aus dem die Namen von ihren zwölf inticnsten Freundinnen standen. Jeder hatte sie versprechen i.iiissen, so bald wie möglich eine Karte si. schicken. Ansichtslartens Richtig! Auch Brö sickes hätten das beinahe vergessen. Wenigstens zwei mußte man doch schrei n, an die Kinder! Blos Daum chen war dagegen. Ansichtstarten wa ren nach seiner Meinun Luxus. »Zu so’n Unsinn geb’ ich lein Geld!« sagte er entschieden. Er hatte schon ohnehin wieder Grund zum Anger gesunden, denn aus der Speisekarte hatte er ersehen, daß in diesem Restaurant ein Ei sünsundzwanz· Pfennige kostete. Jkn «griinen Baum in Plauen kostete es n, und im »grünen Baum« in H gen logierten die allerseinsten kU « hat-? ihnen doch versprochen,« sa- te lma weinerlich. Betst nich, dummes Ding!« »Dann werde ich die Karten bezah len.« wars Vrssicke ein.« »Was hat denn Dich das zu küm - mer-f« Js- Un Celmcks Onkel.« Es war nur gut, daß der Kellner eben bis Frühstück brachte. Bäumchen mußte so, was m etwa noch aus den Lippen schwebte etwas von «Berliner Proßere ") verschlucken. Indessen , ar der Kassee die Butter,« die stiszen Brötchen, o ut, daß sich die Stim mung wieder siinstigte und als man sich nach einer halben Stunde wieder erhob —- denn es war allmählich Zeit geworden, wieder nach dem Bahnhof zu gehen — da machte das angenehme Gefühl, welches ein gutes Frühstück hinterläßt, selbst Daumchen wieder milder. Dazu das prächtige Wetter, das urgemiithliche tölnische Straßen leben, der Dom, an dem man jetzt wieder vorbeikam, in seiner Majestiit und Pracht, die bevorste ende Fahrt -—- das alles gab der Seele einen neuen Aufschwun . Selbst Selma sah nicht mehr ganz sto aus, wie ein dul dendes, zur Schlachtbanl gesiihrtes Lamm. Wenn man bedachte, daß man jetzt noch im alten, trauten Köln war, und Abends —- nein, schon am Spät nachmittag, war man in Paris-! Von Allem, was die Menschheit in diesem dahingegangenen Jahrhundert ge schaffen hatte, war doch nichts größer als die Eisenbahn Der Zug stand in der riesenhaften Halle schon bereit. »Cologne-Paris« stand an den Waden Es waren fran zösische Wagen. rösicke hatte in Bet lin schon viel Schlimmes don ihnen aehört, aber das war, wie er nun sah, übertrieben. Nur, daß die Sitze teine Sprungfedern hatten, weni, stens nicht in der zweiten Classe, aber sonst, wenn sie sich an Comsort auch nicht mit den deutschen Wagen dergleichen ließen, saß es sich ganz behaglich darin· Man suchte ein noch möglichst leeres Cou pee zu bekommen. Endlich fand man auch eins. Nur ein einziger Herr saß darin, ein herr, der äußerst elegant aussah, mit einer kostbaren Brillant nadel in seiner Kradatte. Es war der Herr von gestern Abend. Er zog höf lich den Hut, man erwiderte den Gruß und nahm Plan. »Wer ist der Herr?« fragte Milchen leu:-- —.--.s.e- --4.«I-(:J- WILL-fonds USE-s Ivuosk nun-«an w-·-»-. nicht, aber jedenfalls schien er in ge bildeter Mensch zu fein. »Verzeihung, meine Herrschaften,« ließ sich gleich darauf eine Stimme vernehmen, eine frische, klangvolle Männerstimme, »ware wohl noch ein kleines Plätze-den fiir mich übrig?« Noch ein Herr war ins Coupee ge treten. Es war ein junger Mann von vielleicht dreißig Jahren, von großer-, kräftiger Gestalt, und mit einem offe nen, sympathischen und sofort einneh menden Gesicht. SeinerSprache mertte man den Süddeutschen an. Abmar tend hielt er den Hut in der Hand. Bäumchen erwiderte nichts. Wai gingen ihn fremde Leute an? Aber rdsicke sagte gemiithtich: »Bitte sehr, einen Ptatz haben wir ja erade noch!" - s war der lette. Damit war das Loupee voll. « »Dann bin ich so frei!« antwortete der Fremde dantend. Er suchte oben im Netz einen Pius fiir seine handtaschr. Das Nen aber war schon ganz voll. Däumchens al lein hatten acht Handsegäctstiicke rnit· »Wir werden uns chon einrichten miteinander,« sagte der Fremde, als Brösicie helfend eingreifen wollte, mit so viel uter Laune, daß er einem leich no, sympathischer wurde. »Mo eftiren möcht’ ich die Herrschaften nicht. Es schadet mir auch nix, wenn ich das kleine Ding auf die Kniee nehm". Um himmelswillem here-« find Sie blos vorsichtig, da ist gewiß ein Damenhut drin!« Jn der That, der Karton, den Brö siCe gerade »mit« ziemlirxiexe Rücksichts - kA!!I«--... tUsiglclt uus culcu nun-L see-spu wollte, enthielt den neuen, extra sitt Paris geiausten Strohhut fiir Mil chen. Milchen stieß einen Schreckens rus aus, aber der nette Fremde beru hiate sie sogleich. So ungalant, sagte er, sei er nicht vor einem Damenhut habe er der höchsten Respekt. Schlie lich fand sick für die bescheidene Tas e doch nock ein Plätzchem und mit einem »So, dc hätten wir’5,'« nahm der gremde der Damen gegenüber seinen « itz ein. Es giebt anggenehme und es gieb« unangenehme eisegesellschaster. Dei Fremde —- und das siihlte man nur —- gehörte zu der ersteren Sorte. Na mentlich aber sand Brösicke an ihn Gefallen. Die meisten Menschen hal ten es sür vornehm, wenn sie sich in Raupee möglichst schweigsam »un1 Tfeierlich gegen die Mitreisenden be nehmen, und statt einander die Zei zu vertreiben,möglichst nvch das ihrig thun, daß sie einem erst recht lan wird. So ein öder Mensch war de Fremde nicht. »Wenigstens hab’ ich Glück gehabt,· nahm er dann auch schon wieder da Wort, »und bin unter deutscheLands leute gekommen: die Hälfte, was mai Biseå aus dem Bahnhos hört, ist eng i .« Das stimmte! Jawahl! Auch di Damen hatten das gesunden· Ehe mai sich’ö versah. war man mit dem seern den Herrn im Gespräch. » Es stellte sich heraus: er reist gleichsalls zur Ausstellung, aber nich zum Vergnügen, sondern in Geschas ten. Hören Sie,« fiel Bäumchen ein »der steif ich mich hnen als Kolleg vor. Ich habe au Ges sie-» Ya haben Sie denn Tür ein schafti » Der here erzählte, daß er Masehr nen - Ingenieur war und der Beetre ter einer großen Aktiengesellschaft Maschinen - Ingenieurt Die Dame W Ebltem daß das etwas sebr respektabs i war, und was die Männer betraf — Dies-n n und Brösicke, beide wa ren sie Ha ritanten, und sie hatten in ihrem » eigenen Betriebe genug mit Maschinen tu thun. »Dann Eies sagte Bäumchen, »du sind Sie mein Mann. Fabriziren Sie auch Stictmaschinen?« »Stickmaschinen? Da fabriziren wir nicht blos weiche, wir haben sogar eine ausgeftellt.« Das war fiir Däumchen enorm in teressant. »Hören Sie, da muß ich Ihnen meine Karte geben!« Däumchen holte aus seiner Brief tasche seine Firmentarte hervor. Der Fremde dankte, und reichte Däunichen, sowie Brösicie, der nun ebenfalls feinen Namen nannte, auch die seinige. »Franz Altdorfer'« stand darauf, und in einer Ecke als Wohnort ,,Niirnberg«. »Dann sind Sie also ein Bayer," bemerkte Döumchen scharfsinnig, nach dem auch die Damen vorgestellt wa ren. »Jawohl, das bin ich! Sie sind aus Sachsen, wo die schönen Mädchen wachsen. Das mertt man doch gleich an dem ekriiuiein Tochter.« Die Damen lachten, die -Miinner auch. und Selma wurde furchtbar roth. »Das ist ja ein reisender Mensch!« fliifterte Milchen Wilhelminen zu. »Und die beiden anderen Herrschaf ten, wenn die Frage erlaubt ift,« sagte Altdorfer, »sind aus Berlin?« »Weder wissen Sie denn da3?« fragte Brösickr. »Na, erstens hört man’s am Na men, und wenn man auf Reisen ist — ein Berliner ist immer dabei!« Wieder mußten alle lachen; man fühlte sich mit diesem treuherzi en Menschen« als wäre man schon eit vielen Stunden mit ihm bekannt. »Ja, wag ist denn das aber.'« rief Altdorfer lebhaft und schlug sich aufs Knie, »Preußen, Sachsen und Bayern, da ist ja I ganze deutsche Reiche det sammen!« Wahrhaftig, Altdarser hatte recht! So«hatte sie der Zufall —- oder war es eine gute Vorsehung —- zusammenge würselt. »Werft Kneepchen,'« ries Däurnchen « ausgeräurnt, »das ist wahr!« s »Und aus Paris marschieren wir! z Da miissen wir also gute Landsmann- ; schast mit ’nander halten!« I »Das müssen wir!«' schrie Daum- i chen jetzt ganz hingerissen, ,,Drutsch land, Deutschland über alles!« »Und daraus,« siel Brösicke etwas nüchterner, aber der Berbriiderung erst die rechte Weihe gebend, ein, »da raus wollen wir einen genehmigen!" Er zog die in Köln srischgesiillte Flasche hervor. Nur war sie diesmal nicht mit Kognat gefüllt, sondern mit einem echten »Köinischen Klorn«, den Brösicke nach Gebühr zu ichiihen ver stand. . »Erst aber müssen uns die Damen Bescheid thun,« sagte Altdorser. Die Damen treischtem Schnapst Um teinen Preis würden sie so etwas trinken. Aber es nützte ihnen nichts. Wenigstens nippen mußten sie. Dabei betamMilchen einen fürchterlichen hu stenansall, wohingegen Wilhelmine mit ihrem Zugein a erneines Bravo erntete. Nur das »Mii el« wurde ver schont. Dann geriethen die Männer miteinander in ein ernsthaftes, sachli ches Gespräch, wobei sich Altdorser jetzt von einer ganz andern, neuen Seite zigtr. Er war viel ereist, sein Beruf hatte ihn bis nach züwAmerica und Astiia gesii rt, wo er in einem be kannten gro en Hotel eine Dynamo maschine zusammen-zusetzen hatte sitt J electrkiche Beleuchtung. Diese Ma- " schine war in der Türlei die erste ihrer Art. Weil der Sultan ,,Dhnamo« und »Dhnatnit« sür dasselbe hielt, so war die Maschine in die Türkei nicht hin-— einaelassen worden; jeder Theil von ihr mußte einzeln als unverdiichtiges »Eisengeräth" hinübergeschickt werden; woraus dann alles im hotel unterAlt dorser’g Aussicht montirt wurde. Sol cher und ähnlicher Erlebnisse aus sei nem Berussleben wußteAltdorser noch viele zu erzählen, und was er er zählte, obwohl es jeßt ernsthaste Dinae waren, war so interessant, das; auch die Damen mit Vergnügen uhörien. Wenn sonst die Männer Ges östliches besprachen, dann war es immer lang weilig. Mit Herrn Altdorser war das ander-. Ader nicht nur von seinem Be rus erzählte er —- nein, das Gespräch tam allmählig aus alle möglichen Dinge, aus die allgemeinen Industrie verhältnisse, aus die gegenwärti e Handelspolitii, und schließlich erzäh te Altdorser den Damen von einem Be such im Goldonitheater in Venedig, von den Toiletten, die dort die Da men trugen, von italienischer Kunst und von den Spuren Lord Bvronö, die er dort in einem Palast am gro ßen Canal gefunden hatte. ’ »Wie Sie das alles wissen, herr ; Altdorser,« sagte Wilhelmine bewun- « derungsvolL »Sie interessiren sich wohl sür alles?« ; »Ja, soll ich mich blos siir meine Maschinen interessiren?« erwiderte Altdorser einfach. »Das herz und das Gemüt vom Menschen will doch auch was s r sich haben. Wo kommt denn der Mensch hin, wenn er blos in sei nem Fache bleibt? Dann wird er ein seitifer Philipey dann wird er ein Ego st, dann enlt er —- und das sieht man doch auch in der Politik —- al les hat sich nur um ihn du drehen. äse mehr einer sich in der elt umsie t, i m um »so gerechter denlen wird er ler nen.'« Es war Brösicke, als hörte er Fritz. »Sind Sie schon verheirathet, herr Altdorfer»?« fragte Milchen. »Das nicht!'« « «Haden Sie keine Luft zum Heira then?" fuhr Milchen fort. Altdorser fah nach dem Fenster. Er schien nicht mehr fo unbe angen wie bisher. »Das vielleicht schon —- aber —« Er stockte. Dann aber sagte er wieder frisch und heiter: »Es hat sich halt nicht machen las fen, gnädige Frau, und davon möcht’ ich nicht ern reden!' Aufri ti· war er auch! Also ein Geheimniß cichwebte um thi —- nnd Milchen hängt fortan ihre Gedanken daran. Sie stellte sich Altdorfer als ihren Schwiegerfohn vor. Ein Mensch wie Altdorfer, würde und mußte »dem Mädchen« diesen Klemm aus dem Kopfe bringen. Und was sein Ge heimniß betraf, das sich natürlich het ausbringen lassen würde, so würde sich das für ihre Absicht-en hoffentlich als tein ernithaftes hinderniß ent puppcw Der Zug, der sich während der Un terhaltung längst in Bewegung gesetzt hatte, fuer noch immer durch die grüne niederrbeinische Ebene. Aachen tam in Sicht —- das man sich als eine alte, ehrwürdige Stadt vorgestellt hatte — nun sah es blos wie eine moderne Fa brilstadt aus, taum. daß man in der regelmäßig angelegten Hänjermasfe cllllllp llllll Uclll Dccllqmlcll Vslll Ac wahren konnte« Dann kam Herbesthal, die letzte deutsche Station, wo schon mit ihren blauen Schiffsmiitien die belaischen Beamten auftauchten, der Zug fuhr weiter, und nun erblickte man an einem einfam dicht unten am Bahndamm auf einer Wiese stehenden Häuschen das erfte Schild in französi scher Sprache. Es lautete: Au corset aracieux«. Das Haus enthielt wahr scheinlich eine Corsettfabrit· Immer hübscher wurde die jetzt oon Hügelm Bächen und freundlichen Gärtchen durchzogene Gegend, ein Hüttenwert nach dem anderen trat hervor, hoch thiirmten fich die schwarzen Schindm berge. und nun fuhr man durch den ersten TunneL auf den immer wieder neue folgten. »Verviers'« klang es durch den Wagen; das war die Zoll station, nun mußte man heraus. Däumchen war wieder in großer Auf regung, denn heute früh hatte sich Mil chen unter ihre Kleider hundert Cigar ren unterbinden müssen, weshalb sie auch beim Sitzen fortwährend sehr vorsichtig sein mußte. Er hatte Brö sicke, der ebenfalls Ciaarren mit sich führte, gerathen, sich Wilhelminens zu dem aleichen Zweck zu bedienen. »Sol che Sachen mach’ ich nicht,« hatte«Brö sicke erwidert — lieber war er dumm und großgradschig genug, den unnü tze- Zoll zu bezahlen. Die Damen hat te schon Angft um ihre vervackten Kleider und Hüte gehabt, aber die ganze Revision verlief glatt, flink und rücksichtsvolL Von den Cigarren. die Milchen bei sich trug, hatte der Zoll beamte richtig nichts bemerkt, das gab Döumchen seine aute Laune wieder. Dann fuhr der Zug weiter — durch das Wallonenland, durch die frucht barsten Triften der Maas. Lüttich mit seinen Thürmen, von schwarzen Damvfwolten umhüllt, tauchte auf — Namur — und nun tam man nach Jeuremoni. Nun war man in Frank reich, und abermals wurde das Ge väck revidirt. Auf dem Bahnhof stan den die ersten französischen Sotdaten —- Kiirasfiere mit großen Stahlhet men, an denen lange, schwarze Roß schweife hinten hinunterflatterten. Ueberall hörte man nur noch französi fche Laute, blos von den Passagieren hörte man noch deutsch »Y- unii fast III cclluulslq lustig IV, IUII UUW simple Zeitungsfrau französifch sprach. Die Männer sollten etwas vorn Büffet zu essen holen, womöglich belegte Brötchen, aber foiche Brötchen wie in Deutfchland gab es nicht, nur eine altbackene Art trockener Semmel, in der Mitte mit Schinlrn belegt, was Sandwich hieß. Als der Zug weiter fuhr, ging man deshalb lieber in den Speisen-agen. Es war schon Nachmit tag. Noch ein paar Stunden, und man war in Paris. Auch der mitreisende Herr fatz jetzt im Speifewagen. Auf der ganzen Fahrt hatte er ftill in seiner Ecke ge sessen. Niemand hatte mehr auf ihn geach iet, nur Selma sah jeht zufällig nach ihm hin. Aber sie traute ihren Augen nicht. Der herr griff fest, wo er be zahlen wollte, mit ausgeftreclten Fin gern nach der Tifcheae und holte dort ein Goldstück hervor. Es war wie Zau berei. Nachdem er bezahlt hatte, verließ er wieder den Warnen ,,Es wird ein Franzofe fein,« fagte Bäumchen. Wilhelmine konnte sich das nicht denken schon weil der Herr viel zu blond war. Bröficke meinte, darüber brauche man sich doch nicht den Kon zu zerbrechen. Aber auch Milchen war der Meinung, wenn man den ganzen Tag mit Jemandem im Couvee zu iammenfiiße, dann wäre es doch inter essant, zu wissen, wer und was er ist. »Bei-or wir in Paris find, « fagte Däumchen, der eigensinnnig geworden its-ar, »will ich wissen, wer und was er i i t.« i , Morifetzuna folgt.) EinManuftrivt von Mtltons «Ver lorenei Paradies« ift mit Mo« der iauft worden. Wenn Dichter Weihn lalemt Langlebiaieit beladen, lbnnten sie vielleicht reichwerden