Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (May 31, 1901)
s.T.:-.........». —,-« . H i er grösste Liebesdriuriz. I — . ....»—-.— Aus dem Leben von Ludwig Ganghofer. « Der farbige Sonnenschein des spä- s ten Nachmittags erfüllte das hehaglicheI Zimmer Am gedeckten Tische saß die s junge Hausfrau in Gesellschaft einer z Freundin Die Beiden hatten sich viel. « zu erzähen, von ihrem Jammer mit ! den Dienstboten, von der neuen Win tertoilette, von den Verlobungen- Hoch zeiten und Todesfällen in den Kreisen s ihrer Bekannten, sie plauderten so un- . ermüdlich und laut darauf los, daß man nur ab und zu von der Straße heraus das gedämpste Geräusch der vorüberrollenden Fuhrtverte veruahm.«l Sogar der Kanarienvogei. der sich zu weilen hören ließ, hatte Mühe, mit sei- - nem zwitschernden Gesang den Klang i der beiden Stimmen zu übertdnen. Und wenn es ihm glückte, dann mahnte ihn die Hausfrau mit univilligem Zischen ’ zum Schweigen· i »Ein unausstehliches Thier! Man i hört ja taum sein eigenes Wort . . . « : Nach solcher Mahnung verstummte I wohl der Vogel und blickte mit erstaun- ; ten Aeugelein unruhig umher, doch über die ihm zugefügte Kränkung schien ihn das zarte Stimmchen rafch » zu trösten, daß ihm durch die Drähte des Bauers zärtlich und leise zulisvelte: . »Goldi-Goldi! Mein süßes, süßes Goldi!« Jn dem kleinen Eiter-, den die Son ne mit leuchtenden Strahlen durchwoh, stand der aus feinen Drähten gefloch tene Käfig auf dem Nähtisch Vor ihm, in einem schwerfälligen Rohrfauteuil, tauerte mit aufgezogenen Fäßchen ein etwa sechsjähriges Mädchen. Braune Löckchen umschatteten das feine Gesicht, ein beständiges Zucken und Zittern ging um die schmalen Lippen und um die dünnen Flügel der seinen Nase, und aus den großen, feuchtglänzenden Au gen sprach ein frühreifer Geist, eine em pfindsame Kinderseelr. Die inageren Aermchen hatte das Kind um den stä sig gelegt, das Köpfchen lag seitwärts geneigt auf der Schulter, und so schaute es mit heißen, zärtlichen Blicken zu dem Vöglein empor. Und immer wie der flüfterte die Kleine mit gespißtem Mäulchem »Goldi-sGoldi! Mein sü ßer-, gutes Goldi!« ,,’.1.liunm1!" klang vom Tische her die Stimme der Mutter. ,,Las1, doch ein mal den Vogel in Ruhe!« Erschreat fuhr das Kind mit dem Köpfchen in die Höhe und stammelte mit schüchternem Stimmleim »Aber . . . Mama . . . ich thu’ ihm ja nicht« »Ja, daß weis-, ich, daß Du dem Vo gel nichts thust!« erwiderte die Mutter halb im Ernst und halb im Scherz. »Ich glaube, Du thötest eher m i r et tot-Si« Die beiden Frauen lachten und sau derten weiter. Aus den Zügen des Kindes aber. das in den Stuhl zurück gesunlen war, lag der Ausdruck eines tiefen SchreCtL. Mit angstvollen Au gen blickte es- zur Mutter hinüber, und wenn es auch zuweilen mit einem scheuen, heimlicheu Blick das hüpfende, leise zwitschernde Vöglein streifte, so glitten die feuchten, furchtsamen Kin deraugen doch immer wieder hinüber zum Tische und starrten die Mutter an, wie ein großes, unfaßbares RäthscL Nun hörte man vom Flur herein die Glocke; die Mutter sprang aus, ihre Freundin erhob sich, und auch Mimmi machte eine Bewegung, als wollte sie den Stuhl verlassen. Aber der jubeln de Laut, mit welchem die Mutter ihren «Prinzen« begrüßte, der aus dem Arm seiner Amme unter der Thiir erschien, mochte Mimmis Absicht geändert ha- - ben; mit sinsterem Gesichtchen preßte sie ; sich in den Stuhl zurück, während sie keinen Blick von der Mutter verwandte, ; die ihren Buben mit überschwänglicher s Zärtlichteit herzte und küßte. Und bei ; jedem Kasse, bei jedem zärtlichen Na- : men und Koselaut, der vom Tisch her übertlang in den Erler, wurde die; Röthe auf Mimmig Wangen immer! tiefer und heißer, der sehnende, dürsten de Ausdruck der weit geöffneten Augen immer begehrlicher. Und endlich glitt sie vom Stuhl herab, kam zögernd an die Seite d.r Mutter geschlichen, um ilammerte ihren Arm mit beidenHänd chen und stammelte: »Mama!« »Lafz michs« Und mit dem Ellbogen schob die Mutter das Kind beiseite. »Geh’ Du nur zu Deinem Goldi!«. Die Thränen schossen in Mimini’s Augen, die Lippen fielen ihr auseinan der, und langsam hob sie das Händchen an den Hals, als empfinde sie einen plötzlichen Schmerz in der Kehle. Sie stand noch eine Weile, während ihr Brüderchen von den beiden Frauen ge herzt, bewundert und gehätschelt wur de; dann wandte sie sich ab, schlich dem Erter zu, kauerte sich auf den Stuhl, legte wieder die Aermchen um den Kä fig und ließ das Köpfchen auf die Schulter sinken, mit dem Gesichte gegen ! das Fenster, um die Thränen zu ver bergen, die aus ihren Augen niederrie selten über die heißen Wangen. Und als verstünde der Vogel den Kummer s feiner kleinen Freundin, so kam er über die Stäbchen herabgehiipst, klammerte sich an die Drähte des Käfigs wendete forschend das Köpfchen hin und her und s pictte mit seinem Schnäbelchen nach den zuckenden Lippen des Kindes. Dawers i siegten Mimmi’s Thränen, ihre Augen leuchteten aus« noch näher drückte sie ihr Gesichtchen an die Drähte des Bauers, und lautlos bewegten sich ihre Lippen . . . sie sagte es nicht . . . sie dachte nur« was sie sagen wollte: »Goldi! Mein gutes, liebes Goldi-Goldi!« Und das »Goldi« hüpfte, flatterte und zwitscher te und nun schwang es sich zu oberst im Käfig in den schwebenden Ring und schaukelte sich mit abwärts hängenden-. Körper, als hätt’ es das Turnen von ei nem Papagei gelernt. Mimmi llatschte vor Freude in die Hände und jubelte: ,,Mama, sieh doch her, was das »Goldi« treibt . . .'« »Jetzt hab’ ich es aber satt, das Ge thu’ mit dem Vogel,« schalt die Mut ter, welche von Mimmi’s Jubel in einer drastischen Schilderung der Amme und ihrer tykannifchen Ansprüche unterbro chen wurde. »Entweder gehe aus dem Zimmer, oder ich trage den Käfig hin aus.« »Aber ich bitte,« fiel die Freundin begütigend ein, ,,lassen Sie dem Kinde doch fein unschuldiges Vergnügen« »Ach, diese übertriebene Zärtlichkeit für ein Thier! Das Kind hat ja den dummen Vogel lieber als mich.« Das war kein Scherz mehr; aus die sem Worte klang wirklicher Aerger. fast etwas wie Eifersucht. Dieser Laut drang in die Seele des Kindes, und wieder war in seinen Augen jener star re, furchtsame, fast eutsetzte Blick. Re gungslos saß es eine lange Weile und starrte nur immer vor « « Isin ins Leere Und Plötzlich löste sich, was im herzen des Kindes nagte, was in seinem Köpf chen stiirmte und wirbelte in ein heftig erströmendes Schluchzen. »Aber Mimmi!« fuhr die Mama auf. »Was hast Du denn? Weshalb weinst Du jetzt? Du weißt, diese grund lose Weinerei ist mir unausstehlich! Geh’ aus dem Zimmer . . . geh!« »Ich bitte . . . Mama . . · ich will . . . nicht weinen!« stammelte das Kind und suchte sein Schluchzen gewaltsam zu unterdrücken. Wieder legte sich die Freundin ins Mittel und Mimmi durfte bleiben. Aber ehe die Mutter weiterplauderte, streifte sie noch das Kind mit einem un willigen Blick. Unter diesem Blick schauerte das Kind zusammen, und da saß es nun still und lautlos, nur manch mal hob es die Hand, um die Thräne von den Wangen zu wischen, und dann erschütterte wohl ein unterdrücktes Schluchzen das zarte Körperchen in allen Gliedern. Mit nassen Augen hing Mimmi an dem Käfig und verfolgte jede Bewegung ihres zwitschernden Lieblings. Jhre Blicke und Züge nah men einen grübelnden Ausdruck an, und dann s-— wie unter einem Plötzlichen Einfall zitterte ein verträumtes Lä cheln um ihre Lippen . .. Die beiden Frauen hatten sich ausge-. plaudert. Während sie zur Thüre gin gen, wandte Mimmi langsam das Ge sichtchen und mit einem heißen Blick voll kindlicher Zärtlichkeit folgten ihre Au gen der Mutter· Und dann scheu und hastig, als begänne sie etwas Ver botenes und fürchtete, überrascht zu werden kletterte sie aus den Stuhl und öffnete mit gewaltsamer Anstren gung das Fenster. Mit zitternden händen schob sie den Käfig zum Ge sirnse, zerrte das Thürchen auf und un ter rinnenden Thrönen stammelte sie: »Flieg’ fort, Goldi slieg’ fort . . fliea’ fort!« Weinend lauerte sie sich in den Stuhl zurück, starrte mit nassen, ängstlichen Augen aus den Käfig. ,,Goldi« hatte schon wahrgenommen, das; der Käfig offen stand; es flatterte über die Stäbchen nieder, hüpfte zö gernd unter das offene Thürchen, dann hervor auf den Rand des Gestelles, und hier stand es mit trippelnden Fäßchen und wendete mit neugieriqem Geschau das Köpflein nach allen Seiten. Ein paarmal hob es die Flügel . . . Mimmi zitterte und schluchzte und plötzlich flatterte es hinüber auf das Gesims des offenen Fenster-T Hier aber dachte es an alles andere, nur nicht an’s Davon fliegen; lustig hüpfte es auf und nieder und pickte nach den winzigen Staub lörnchen, die auf dem weibaestrichenen Brette lagen. Da llang von draußen das Ge räusch einer sich schließenden Thür und Schritte näherten sich durch den Flur. Erschrocken fuhr Mimmi auf. »Fort Dut« stammelte sie, beinahe zor nig, und mit scheuchendem Zischen und schlagenden Aermchen jagte sie »Goldi« aus dern offenen Fenster. Dann aber brach es jählings aus dem Kinde her -.. —.4 Ind- k- -- ----- -« ks«-·IO UUI, lllss Why uns- SVIIDIIUH I-- lese-u w die Aermchen aus und schluchzte: -»Goldi-Goldi mein süßes Goldi!« Die Thür ging aus und die Mutter betrat das Zimmer. Ein tühler Lust zug suhr ihr entgegen. Sie gewahrte sofort das ossene Fenster und eilte er schrocken nach dem Erler. »Aber Mini mi! Du angezogene-Z Kind! Wie tannst Du Dich nur unterstehen, jetzt am Abend das Fenster zu öffnen! Du wirst Dich ertälten!« So zornig auch diese Worte tlangen -—-— es sprach aus ihnen die wirkliche Sorge des mütterlichen Herzens-. Hastig schloß die Mutter das Fenster und als sie sich zurückwandte, um die kleine Sünderin noch tüchtig auszu schelten, sah sie plötzlich den leeren Kä sig und sah das verstörte, von Thränen überronnene Gesicht ihres Kindes. Unter Schluchzen und nur mühsam kam es über Mimmi’s Lippen: »Mein Goldi . . . mein Goldi . . . bab’ ich flie gen lassen damit Du nicht glaubst . . . daß ich das Goldi . . . lieber hab’ . . . als Dicht« Die Augen der Mutter wurden feucht und als ihr der reine Strahl ent gegenleuchtete, der aus den Augenster nen ihres Kindes brach, da tam es jäh lings über ihr herz wie eine Offenba ! rung: Das Bewußtsein ihrer eigenen j Schuld und die Erlenntnisr des kost ; baten Schayes der oerzaubeiit lag in I der Tiefe dieses span Gemüthes. - ,,Kind! ,Kind! ein gutes, mein I " bes"Kind!« so stammelte sie, um s s lang in ungestümer Zärtlichkeit nnt i beiden Armen das zitternde Geschöpf ;chen und überströmte sein zuckendes, ithränennasses llnündchen nrit Küssen Und Küssen. Und Mimmi schlug die Aermchen um der Mutter Hals, und " unter Lachen und Schluchzen schmiegte sie das Gesichtchen an ihre Wanae. Da lief; sich vom Fenster her ein Klirrem Picken und Schwirren vernehmen, und als die Mutter das Gesicht erhob, sah sie das Vöglein, dem die Freiheit nicht gefallen wollte, über die geschlossene Scheibe ängstlich hin- und widerflat tern. »Mimmi! Sieh doch her! Dein Gol di ist wieder da, es hat Dich zu lieb, es will nicht fort von Dir!« so lachte sie und ohne das Kind aus ihrem Arm zu lassen, riß sie das Fenster auf. Und geraden Weges flatterte der Vo gel dem offenen Thürchen des Käfigs zu, schlüpfte hinein, schwang sich auf das oberste Stäbchen, setzte sich bequem zurecht und schüttelte die Federn. « »Mimmi! So sieh doch her! Sieh doch her! Dein Goldi ist wieder da!« , Doch Mimmi wollte nicht sehen und hören. Nur noch enger irampfte sie die Aermchen um der Mutter Hals, drückte ; das Gesichtchen an ihre Brust und wehrie... und weürie... i I ·- --——.s-— s f wörtlich ask-gesinnt x —OOO——— Z Militär-Humokeske von Christian ; S t u r m. j Es war in der ,,guten alten Zeit«, i als es noch wirtliche Originale gab, , auch sogar unter den Soldaten, und i zwar nicht nur bei den Offiziersbur « schen, sondern bis zum General hinauf. ; Um diese Zeit garnisonirte in der Festung R. ein alter General, nennen , wir ihn von Z» der seine ganz besonde : ren Passionen hatte. Als alter Jung geselle pflegte er, obgleich er Kommun dant der Festung war, ein überaus ein faches Leben zu führen. Er aß und trank höchst bescheiden, trug die ältesten k Uniformen, so lange als sie nur ir ; gendwie zusammenhalten wollten« und war überhaupt nach jeder Richtung hin ein überaus einfacher Mann, dabei je doch ein tiichtiger, ftrammer Soldat und unter Umständen auch wohl mal ein sehr gestrenger Vorgesetzter, von dem es bekannt war, daß er bei der Ausführung seiner lurz gegebenen Be fehle keinerlei Einwendungen oder Wi derspruch duldete. Zu den übrigen Offizieren der Gar nison, soweit sie in dieser Geschichte in Betracht kommen, gehörte nun zunächst noch ein Oberstleutnant von Knopp, welcher damals als Kommandeur eines Jnfanterie-Bataillons fungirte und wohl eigentlich nur so eben um die Ma jors-Ecke herumgetommen war, denn er führte als schwer reicher Herr ein ziemlich dienstwidriges, üppiges Leben, und man wußte genau, das-, sein Kon duiten-Lisie nicht gerade die allerbeste sei. Jndeß in der damaligen g u t e n alten Zeit waren derartige Dinge wohl noch mal möglich, und man nahm das im Allgemeinen nicht so peinlich genau. Der zweite Mitwirkende in meinem kleinen militärischen Drama aber war der Adjutant des Herrn Generals, Schneider mit Namen, ein ganz unge wöhnlich diensteifriger Offizier, der sich in seinem Streberthum fast nie genug thun konnte, dem Herrn Kommandaw ten Alles von den Augen abzulesen sich bemühte und blindlings den Befehlen desselben Folge zu leisten pflegte. — Nun besaß aber der Herr General e i n e ganz besondere Schwäche, er hatte ein sogenanntes ,,faible« für dum me Burschen! Möglich, daß dies mit k « « - äs- On ............ H-;-:-».I;525« Iculcs list-un ,,I-·rvsnutuu- u- «,u sammenhange stand, indem er si gern an der Originalität seiner Burschen ergötzte, genug, er ließ immer Diejeni gen siir seine persönliche Dienstleistung ablommandiren, welche nach dem Ur theil aller Unterosfiziere, Sergeanten und Feldwebel den größten Anspruch aus ,,Rhinocerosität« zu machen hatten. Sprach sich dieselbe außerdem noch deutlich auf ihren Gesichtern aus durch Stülpnase, Fischaugen u. s. w., so war ihm das desto lieber. »Ge i stvo l l« durften sie aus teinen Fall sein! Nun, das war der neue Bursche des Generals, der Füsilier Putzte, denn nun wirtlich auch nicht! Selbst sein schlimmster Feind hätte ihm nicht nach reden können, daß er ein großes ,,lu men« gewesen wäre. Aber überaus ängstlich und gewissenhast war er, fast ebensosehr wie der Herr Adjutant Schneider, der Streben Was ihm ge sagt wurde. das führte Pußle stets so fort wörtlich aus« zur großen Befrie digung des alten Generals, er war also nicht etwa ein bummeligeg Genie, wie z. B. der Herr Oberstleutnant von Knopp. ——-— —— — Nun sah es aber, wie ich bereits er wähnte, mit dem Kleiderbestand des Generals von Z. im All gemeinen recht dürftig aus-, besonders wag die Dienstuniform anbetras. Da mußte Putzle fast täglich mit Soda tvasser, mit Salmialgeist und was weiß ich sonst noch für scharfen Mit teln eingreisen, um die bösen Flecke zu beseitigen, und manchmal platzten bei solchen Gelegenheiten dann auch sogar die Nöhte, die Knöpfe sprangen ab, s over es geschah sonst ein nein-s Mac s beur, welches nur durch .den Regie « mentsschneider wieder gut zu machen i war. Jn solchen Fällen pflegte der E alte Herr dann überaus ärgerlich zu s werden« und es war dann mit ihm I nicht zu fpafzen. l So auch heute. —- Jn einer Stunde i sollte eine Besichtigung der Festungs ; truppen vorgenommen werden, und der Herr General war eben im Begriff, seine Dienstuniform anzuziehen, als er plötzlich bemerkte, daß der oberste Knopf, gerade dort am Halse, wo die steife Binde saß, sich zu lockern ange fangen hatte. Himmeldonnerwetter, Schockschtverebrett. " ,,Putzke! Putzke!« brüllte der ge strenge alte Herr, welcher sich —- wie dies häufig in der guten alten Zeit vor kam — des Volksdialekts bediente, »Putzke! Der oberste Knopp will aus reißen!« Aber Putzke hörte ihn nicht. Er war nämlich gerade draußen im Stall bei dem Pferde des Herrn Gene rals beschäftigt. »Ih- Kreuzbombenhagelfchlag, wo steckt denn nun wieder der Kerl?« Und der alte Herr zog sich die Unisorm wie der aus, warf sie wüthend auf einen Stuhl und sich selbst einen Schlaf rock über die Schultern, worauf er in seiner gewohnten Rüstigkeit die Trep : pen hinuntersprang und feinen Putzke « suchte. Bald hatte er ihn denn auch gesunden und rief ihm schon von Wei tem durch die Stallthür zu: »Putzke, der oberste Knopp will ausreißenl Loose mal sofort zum Schneider und « sage ihm det» Der Bursche machte ein ganz über aus dämliches Gesicht. »Na. wat stehste denn da un hälft Maulafsen feil?« erboste sich der Gene ral immer mehr. ,,Kannste denn nich T hören? Zum Schneider sollste loo ; fen!« ; Da war aber unser Putzke in seiner « Angst schon an der Stallthür Und lief dem Alten dicht vor den Füßen vor bei, so daß er ihn beinahe umgerissen hätte, worauf er ins Vorderhaus hineinstürzte. so daß der General : ihm nur eben noch hinterherrufen T konnte: »Er soll mir ihn dann sofort ; hierher bringen! Verstanden?« Z Mit diesen letzten Worten war na - tiirlich der Unisormrock gemeint. — » Um fo erstaunter war der alteHerr aber kurz daraus als er ebenfalls ins Haus zurückgekehrt war, daß er den Rock mit dem lose gewordenen Knopf noch ganz unberührt auf dem Stuhle liegen sah. Von dem Burschen jedoch war weit und breit nichts mehr zu erblicken! Na, da wetterte der gestrenge Kriegsherr denn natürlich nicht schlecht. Jndesz es nutzte ihm weiter nichts, weil das passende Objekt fehlte, über wel ches sich sein Unwetter hätte entladen können. — — anwischen spielte sich in der Woh nung des Herrn Adjutanten Schneider eine höchst eigenthiimliche Scene ab. Dort stand nämlich der unglückliche Bursche des Herrn Generals, am gan zen Leibe zitternd, und wurde einem strengen Verhör unterworfen : ,,Also,« meinte der Adjutant mit sinsterem Blick, ,,eine schriftliche Ordre hat Jhnen der Herr General nicht mit gegeben? Durchaus nichts Schriftli ches?« « »Nein, ganz wahrhaftig nicht, Herr s Leutnant! Er rief mir blos zu, was ich Jhnen schon eben gesagt habe, und da bin ich gleich fortgesprungen, denn Sie wissen ja, er duldet es nicht, daß man erst noch viele Fragen thut!« «Allerding5, allerdings! Hm! Al so wiederholen Sie noch mal. Wie lautete der Befehl?« III-»m- mksl flink m Spänvihpk nnd theile ihm mit, der Oberstleutnant Knopp wolle ausreißenl Er solle ihn sofort zu mir herbringen!« rapportirte Putzle mit geschlossenen Hacken und dienstlicher Haltung. »Hm, hm! Ein uberaus heiller Auf trag!« meinte der Adjutant, aber was hilft es, wenn es der Herr General be fohlen hat, muß es ja ausgeführt wer den. — Hätte übrigens nie geglaubt,« fügte er im Selbstgespräch hinzu, »daß das lüderliche Leben des Herrn Oberst leutnant ihn so weit bringen würde!« — Dann schnallte er seinen Säbel um« bekleidete sich mit einer Schärpe, setzte den Helm aus und machte sich zum Ausgehen bereit, während er dem Bur schen noch zurief: »Melden Sie also dem Herrn General, ich würde seine Ordre sofort ausführen und käme dann gleich mit dem Herrn Oberstleut nant zu ihm!« worauf Putzle vor schriftsmäßig Kehrt machte und auf die Straßen eilte, allerdings nicht gerade, um direkt zum General zu laufen, son dern um sich erst im nächsten Wirths haus auf den ausgestandenen Schreck zu stärken ——————— Viel eigenthiimlicher aber noch, als die eben geschilderte Scene, war nun mehr diejenige, welche sich jetzt in dem Hause des Herrn Oberstleutnants von Knopp zutrug, und die sich wohl Je der wird ausmalen können, selbst wenn er nicht Militär gewesen sein sollte. Trotz seines ungeheuren Streber thums und trotz seines großen Dienst eifers war es dem Herrn Adjutanten i nämlich jetzt doch ganz ungewöhnlich schwül zu Muthe, als er vor dem Oberstleutnant stand und demselben unter Zittern und Zagen die Eröff j nung machte, daß er ihn zu verhaften käme. ,,Bedaure unendlich, Herr Oberstleutnant, aber Sie stehen unter f dem Verdacht, flüchtig werden zu wol ; len, und so haben mir der Herr Gene l ral den Auftrag ertheilt, Sie ihm zuzu führen —— —- ich bedauere, wie gesagt« unendlich, Herr Oberstleutnant.« Der Oberstleutnant, welcher gerade dabei war, eine Rebhuhnpdstete zu ver tilgen und dazu eine Flasche Mumm sich einzuverleiben, sprang wie vom Blitz getroffen von seinem Sitze auf und rief mit rothglühendem Angesicht; »Ist der Herr General nicht ganz bei — — ich wollte sagen — sind Sie viel ; leicht etwas —— — unwohl, Herr Leut « nant? Was soll denn diese Komödie bedeuten? Herrrr!!!« Jndeß der Dienstbeflissene ließ sich nicht von seinem Pflichtgefühl abbrin gen. ,,Kom«o"die oder Tragödie, Herr Oberstleutnant, ich muß meine Schul digkeit thun! Ich muß Sie also er suchen, mir ohne Weiterungen zu fol gen.« Da wurde denn die Geschichte dem älteren Offizier doch schließlich zu bunt. »Nun, es ist gut,« meinte er endlich. wüthend seinen Säbel umschnallend und durch die Thiir schreitend, »dann führen Sie mich also sofort zum Herrn General, denn ich verlange jetzt Auf klärung über diese unerhörte Behand lung!« — Und die wurde ihm dann auch. Denn als die beiden Herren eben bei dem aufs Höchste erstaunten alten Herrn eingetreten waren und diese dritte Szene in unserer Tragikomödie soeben in ihrer Eigenthümlichteit die beiden vorhergehenden noch weit über treffen zu sollen schien, trat Putzke Vor« der Unglücks-Putzke, durch dessen ,,Dämlichteit« der erste Anlaß zu dem gesammten Mißverständniß entstanden war, worauf die »Schneidigkeit« des Adjutanten der Sache alsdann die Krone ausgesetzt hatte. »Nun sage mal, Du dreifach destil lirtes Doppeltameel,« meinte der alte : Herr zuletzt, »wenn ich Dir zurufe: »Der oberste Knopp will ausreißen!'« wie kannst Du dann verstehen, daß der Herr Oberstleutnant von Knopp durch brennen will? He, antworte, Du al lerriesenhaftestes Hornoieh, das je aut« Gottes Weide gegrast hat.« »Na ja,« entgegnete Putzte, »wei! mir der Herr General doch zum Herrr Adjutanten Schneider zu gehen befah len, daß der ihm sofort wieder bringets sollte! Und das doch so’n tüchtiget « Offizier ist!« t »Hm, hm! Na, denn geh’ man jetzt mit meinem Rock zum richtigen Schnei der, die Besichtigung der Truppen fällt heute aus, meine Herren!« Mit dröh nendem Tritt marschirte Putzle ab. si- sik I Der Herr Oberstleutenant vor Knopp avancirte bald darauf wirklick zum Obersten; er wurde als solcher wenn auch nicht angenäht, so doch ver setzt, und er ließ als bleibende Erinne rung an dies Ereigniß den Füsilie1 Putzte Photographiren, worauf er das Bild dem Adjutanten Schneider schenk te als Lohn fiir seine Schneidigkeit!! —- .-—-—..-—— . ili i ii M H— Von G. Wilde. Jn einem mehr bequem als elegan eingerichteten Salon war eine Gesell schaft moderner Frauen — Studirti und Studirende —- versammelt· Un ter ihnen befand sich auch eine klein· Dame, die nicht recht dahin zu passer schien. Es war eine junge Frau, di· nichts Anderes geworden war als di· Gefährtin ihres Mannes und die Mut ter seines Kindes. Bald fühlte sie sich fremd in diese1 Umgebung, da sie nicht recht der sicl auf allen Gebieten der Wissenschaft be wegenden Unterhaltung folgen konnte und so zog sie sich in einen Winkel zu rück, von wo aus sie die Gesellschaf· betrachtete. Dabei erinnerte sie sich einer Da mengesellschaft aus ihrer Mädchenzeit Da hatten die älteren Damen au« dem Sovha gesessen Und über Haus halt und Dienstmädchen geplaudert und die jungen Mädchen hatten sich it ein Nebenzimmer zurückgezogen, un einander ungestört vertrauliche Mit theilungen über den Erwählten ihres Herzens machen zu können. Hier dagegen wurde der Mann gar. nicht erwähnt. Forschend blickte sie alle der Reih( nach an, aber keine sah aus, als ob sii etwas vermisse, und vergrämte oder unzufriedene Mienen konnte sie nich entdecken. Ein leises Neidgefiihl bemächtigt sich ihrer. Sie beneidete diese Frauen die es verstanden hatten, ihre Kräft fiir sich allein zu verbrauchen und das Leben nach ihrem Beliebten einzurich ten. Sie ließ den Kon sinken und dacht an sich selbst. Auch sie wollte einst et was ausrichten. Seit ihrer Kindhei hatte sie den Wunsch gehegt, Arzt zi werden, wie ihr Vater, und je älte sie wurde, desto mehr begeisterte sie sid für diesen Plan. Wie hatte sie davot geträumt, der leidenden Menschhei ihre ganze Kraft zu widmen! Sie kam jedoch nicht weiter als bi: zum Abiturium, dann tam »er« — un· die Liebe. Und da war alles ander E i vergessen. Das Neue, Große, Unfaß bare erfüllte so ganz ihre Seele, dass andere Interessen nicht mehr aufkom men konnten. Die Liebe zum Manne duldete nichts neben sich. Und sie wollte auch alles entbehren — nur nicht ihn! Bis jetzt war sie glücklich gewesen und hatte nicht an das gedacht, was sie hinter sich gelassen —- bis unter diesen freien Frauen das quälende Bewußt sein sie beschlich, daß sie etwas verlo ren, was doch werth gewesen wäre, fest » zuhalten, nämlich —- sich selbst. z Als sie allein und grübelnd ihrem ; Heim zuschritt, mußte sie fortwährend an diese Frauen denken. Von ihnen forderte Niemand Unterwerfung, H Selbstvergessen und Aufopferung! s Wie glücklich sie waren! - Als sie nach Hause gekommen war, ging sie gleich ins Kinderzimmer und setzte sich an das Bettchen ihres schlum mernden Kindes. Bald schwand auch« - der grübelnde, mißmuthige Ausdruck von ihrem Gesicht, ihre Augen leuchte ten auf vor Glück und Stolz, und sie beugte sich nieder und küßte die kleine i auf der Decke ruhende«Hand· i Jm selben Augenblick trat ihr Mann herein: ; »Wie mich das freut, daß Du so « bald nach Hause kamst, Liebling! Jch « habe mich ordentlich nach Dir gesehnt,« ; sagte er leise. Sie stand aus und betrachtete ihn mit einem tiefen und innigen Blick. Dann schlang sie ihre Arme um seinen . Hals und flüsterte: E »Ich möchte doch nicht tauschen — ich bin viel reicher und glücklicher als alle die Andern!« i —- ——-.s.—» ------— Gutes Vertreibungsmit tel für Fliegen» — Daß Flie genfallen oder gar Leimstöcke zum Weg fangen der im Hochsommer wirklich lästig fallendenFliegen etwas angenehm Anzusehendes sind, wird wohl kaum je mand behaupten und nur in Erman gelung eines Besseren dazu greifen. Die mit Spiritus gefüllten Fliegengläser dagegen sind von sehr sragwürdigein Nutzen, sie fangen ja allerdings viele Fliegen, aber der Geruch des Alkohols ltckt auch immer neue Plagegeifter ins Zimmer.v Fliegengift bewährt sich weit besser, aber es kann in manchen Haus haltungen mit Rücksicht auf die Kinder nicht angewandt werden. Das folgende Mittel nun ist nur für Fliegen schädlich und kann deshalb unbesorgt gebraucht werden. Man rührt mehrere Eiger mit zwei Löffeln feinem schwarzen Pfeffer und ebenfoviel feinem Zucker gut durch einander und schüttet von dieser Masse etwas in flache Schalen, die man in »den Räumen vertheilt. Man wird dadurch bald von den Fliegen befreit fein. — Um übrigens nicht allzuviel neue Flie gen Tag für Tag in die Zimmer zu be kommen, muß man es vermeiden, Fen ster, auf welche die Sonne scheint oder kurz vorher geschienen hat, zu öffnen, weil die Fliegen wie alle geflügelten Insekten am meisten ins Helle fliegen. Jtalienischer Rindsbra ten. Ein großes Stück Rindslende (Beiried) wird von allem überflüssigen Fett befreit, mit Salz und Pfeffer ein gerieben, auf der unteren Seite mit Es siggurkenstreischen, Speck,Schinken und geräucherter Zunge, einigen gelben Rübenstreifchen gespickt. mit den aus gelösten Knochen und fein geschnittenetn Wurzelwert gebraten. Die Sauce wird leicht mit etwas Mehl angestäubt und mit der nöthig-en Suppe vergossen. Man giebt dazu den Saft von einer viertel Citrone, sowie einige Eßlöffel Weis, worauf die Sauce gut ausgekocht und mit dem Braten und hart gedünsteterni Reis servirt wird. Buttermilchkaltschale. — Man reibt s Pfund Schwarzbrot und röstet es langsam unter stetem Rühren mit 2 Unzen Zucker braun. doch darf es nicht anbrennen, weil es dann sofort bitter schmeckt. Man vermischt kurz vor dem Anrichten 1 Quart Buttermilch mit 6 Löffeln saurer Sahne, giebt et was Zucker und Zimmt hinein und ver mischt das inzwischen abgetühlte Brot damit. Of«c-lm-ZUI«IOIÆAI« ’9Mp; »H-, ............ ...,»-.. »m Otßlöffel voll Reis werden dreimal ab gelocht, dann in Wasser mit etwas Salz gar gekocht, was etwa 25 Minu ten dauert. Man schüttet den Reis auf einen Durchschlag, übergießt ihn mit laltemWasser, damit er klar wird. Zwei Eßlöffel Korinthen hat man indeß in Wasser augquellen lassen, die man nun abgießt und zum Reis giebt. Wenn beides adgekiihlt ist, thut man die Zu tl,aten in eine Terrine, giebt eineFlasche Apfelwein, der mit F Quart Wasser, 2 Ilnzen Zucker und etwas abgeriebener Citronenschale vermischt wurde, da tiiber und stellt die Kaltschale kühl. Milchtaltschale mit Erd be e re n. Ein Quart Milch wird mit 2 Unzen Zucker, etwas Citronenö ale oder Vanille ausgekocht, etwas ge a zen nnd mit einem Löffel voll glattgerühr tem Maismehl verkocht. Die Milch wird mit It Eigelb abgezogen und kalt gestellt. Beim Anrichten werden 10 Eßlössel vorher eingezuckerte Erdbeeren und vier zerbröckelte kleine Zwiebäcle hineingethan. Heidelbeerkaltschale. Ein Pfund gewaschene Heidelbeeren tacht man in Wasser mit etwas Cur-men schale und 1 UnzePerlsago weich,stteicht sie durch, süßt sie genügend, giebt eine Flasche rothen Fruchtwein daran und stellt sie kalt. Die Kaltschale wird mit Zwieback servirt.