Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 31, 1901, Sonntags-Blatt, Image 11
Sonjnthg - Pfaff Beilage des Nebraska Staats-Anzejger und Herold« J. P. Witcdolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» den Zi. Mai 1901. Jahrgang 21. No. 39. -I W Die lehte Nacht ( Untenaiis der Straße lag Stroht ausgebreitet, damit das Rollen der-» Wagen die Schwerlranke nicht störe. Sie lag in deni hohen immelbett, die durchsichtigen, dünnen inger grissen nervos in die Spitzen der Decke, schwer lagen die dunklen, langen Wimpern über den umflorten Augen und auf dein wachsbleicheii, nia eren Gesicht chen lag ein Ausdruck hilfloser -rge benheit. Da bewegte sich die Portiere. Die Kranle schlug die müden Augen aus und ein leichtes Lächeln huschte über ihre Züge. ,,Richard?« sagte sie leise. »Ich bin’s, gnädiae Fiau!« » h Sie, Herr Doktor!« « Es klang enttöuscht und die Lidcr senkten sich wieder. Er trat an’s Bett. »Wie geht’s, anädige Frau?«' fragte er in geddnipstem Tone. ——— »Wie süh len Sie sich?« -———— »Schwach —- sehr schwach.« —- — ,,Nun, das ist ja selbstverständlich« —- tröstete er — »auch so einer Krank heit. — Aber dafür sind wir jetzt drüben·« —- — »Doltor!« »Gnä·dige zieauW . »Nicht wa r —- Sie sind mein Freund?« Er zog als Antwort ihre Hand an seine Lippen. · ,,Sageii Sie mir die Wahrheit — —— muß ich sterben?« —- — »Abkr —- gniidige Frau!«· —·—— ·—— »Die Wahrheit —- ich will sie wis sen.« —- Sie hatte sich ein wenig aus-— erichtet und starrte ihm fragend in s Gesichtss- Er mußte die Augen ah wenden —- er konnte diesem halb ei stordenen und doch so angstvollen Blick nicht Stand halten. »Nein«, sagte er gepreßt. »Ihr Ehrenwort?« im.:.- Mii Ck allsmele swiucr. —- ,,«e«« s-., renwort«, sagte er dann. Mit einem erleichterten Aufathmen fiel sie in die Kissen zurück. Eine Weile blieb es still, dann be gann die Kranke wieder mit ihrer leisen, belegten Stimme: »Ich fürchte mich nicht vor dem Sterben —- fiir mich wäre es ja eine Erlösung —- Sie wissen doch, was ich leide. Aber mein Mann —- ich kann ihn nicht allein lassen. Wenn Sie wüßten, wie gut er ist und wie er mich liebt. Ein Anderer hätte schon längst die Geduld mit einem solchen Kran kensefsel verloren; sechs Fahre sind wir oerheirathet und ich · in immer traut, einmal besser-, dann wieder schlechter —- nie eine Frau wie die an deren. Er hat kein Heim, keine Frau, keine —- ——— Familie. Und niemals klagt er, immer ist er gut und liebevoll —- und er iH doch noch jung und hat noch mehr nrecht, als sein Leben mit einer Kranken zu verbringen. Für ihn möchte ich gesund werden, um ihm fiir seine Güte danten Zu können Werde ich diss jemals Doktor! —- — —- werde ich einmal ge sund werdens —- —-— —- —— " Ein schwerer, trockener Hasten un terbrach fie, und das Tuch, das sie vor die Lippen preßte, färbte sich roth. »Das haben S·e von dem vielen Sprechen«, sagte der Arzt mit liebevol lern Vorwurf, »wie oft shabe ich es Ihnen untersasi. —- Nicht viel spre chen und vor Lrtältung hüten —- und das Uebrige wird Gott thun. —- Und jetzt schlafen Stet« Er deckte sie sorgfältig zu, schraubte die Lampe etwas tiefer und ging leise hinaus. M- Ikl s-. Gipfe« Ifstsi., er das .-.---. »Es-« si- »s- susp-« .- . Miidchen, das er im Vorzirnsmer traf. » im Bureau.« ,, as ist nicht wahr. Das-» Bureau ist um süns Uhr aus und Ietzt ists neun Uhr vorüber.« Das Mädchen zuckte die Achseln. « »Ich-weiß nicht«, sa te sie, »aber ich glaube, er ist im Fra fortgegangen.« ,,Jnsam«, knirschte der Arzt im Hinausgehem »Die Frau liegt im Sterben und er amiisirt sich.« — Drinnen lag die Kranke mit ge schlossenen Augen —- aber sie schlief nicht; sie wartete aus ihren Gatten. « Die verhänaten Fenster und die schweren, dunklen orhänge ließen keinen Strahl von außen herein, so daß sie niemals wußte, welche Tages zeit es war. Aber vor und nach dein Bureau tain er immer zu ihr herein und hauchte einen Kuß aus ihre Stirne und sie wühlte dann mit zit ternden Fingern in seinem dichten Haare. Das war die einzige Lieb kosung, die si gestattete; sie tüszte ihn niemals aus urcht, ihre Krankheit aus ihn zu ii ertragen. Und er — dieser Gute —- begniigte sich mit dieser kargen Zärtlichkeit Jetzt — in dieser letzten Krankheit, wo eine Ertiihlung sie aus lange Wo en niedergeworsen -—— da hatte er Nii te hindurch an ih rem Bette gemacht. Sie hatte nichts dapon gewußt, denn sie war die meiste Zeit ohne Besinnung gewesen —- aber der »Arzt und das Madehen hatten es ihr immer erzählt, wenn sie erwachend nach ihm gesragt. Sie erinnerte sich, wie ihr alle Welt von der Verbindung mit dem leicht sinnigen, oerschuldeten Lebemann ab gerathen —- aber sie hatte ihn geliebt von dem ersten Momente an, wo sie in sein hübsches, verliebtes Gesicht ge bliekt, und sie hatte bis jetzt keine Ur sache gehabt, ihren Entschluß zu be reuen. s- Er war der beste. geduldigste Ehemann. — Und da gab es Leute, die behaupte ten, er hätte sie nur des Geldes wegen geheirathet. » Glück- —— — s auf. « Sie lachte leise aus —- so ein stilles, zitterndeg Lachen, unb dann träumte sie weiter von ihrem eingebildeten Ein pglterndes Geräusch, als ob etwas umgefallen wäre, schreckte sie »Was giebt’s?« rief sie mit schwa cher Stimme. »Ich bin’s«, klang es aus- dem Ne benzimmer. »Du, Richard-«m Wie leises Jauch zen lag es in dieser rage. »Ja —- ich. Du bist noch auf?« Er trat ein, noch völlig angetleidet, in Hut und Ueberrock. Er streckte ihr-n die zitternde Hand entgegen und er beugte sich über sie. Da schlang sie ihre Arme um seinen Hals und blickte ihn zärtlich an. ,,Jst’s denn heute später als sonst?-« stagte sie. ,,Nein«, gab et zurück, »das heißt ja; es war viel zu thun, da mußte ich länger bleiben.« »Und mir war die Zeit so lang’ — · und so bang’ nach Dir. Aber jetzt ; bleibst Du ein wenig bei 1nir«, schmei- ? chelte sie» - I -.-»--. »Um biete Zell must JUU Ruhe »u ben«, wich er aus. »Ich will ja nicht sprechen —- nur daß ich Dich bei mir weiß.« »Ich bin auch müde und möchte schlafen,«« sagte er gähnend. »Verzerh’ — ich bin eine Egoistin«, hauchte sie resi nirt. Er beugte ich iiber sie, um sie den obliaaten Abschiedöluß zu geben, da mußte sie plötzlich hüstelnd abwenden; ein schwerer Weindunst entströmte sei nem Munde. ,,Entschuldige«, bat sie, »Du hast wohl Wein getrungen?« ,,Ja«, stotterte er, »ein Gläschen nur —- —— wenn man so arbeiten muß. . . .« Sie blickte veränajtigt zu ihm auf, es war ihr, als ob ihm die Zunge den Dienst versagen würde, als ob er die Worte nu«r so lallen möchte, und seine sonst geistvollen, fpöttischen Augen blickten sie so verglast an. Erschreckt sirich sie sich mit der itternden Hand iiber die Stirne und liclte ihm nach, wie er mit unsicheren Schritten auH dem Zimmer ging. »Was er nur haben mag —- — am Ende ist er trani«, dachte sie. Sie wollte sich aufrichten und dem Mäd chen tlingeln. Da siel ihr Blick auf eine Blume, die auf ihrem Bette lag. Es war eine Chrysantheme —- die Lieblingsblume ihres Gatten, die nie in seinem Knopfloch fehlen durfte, wenn er zu einer Unterhaltung ging. Sie mußte ihm entfallen sein, als er sich über ihr Bett gebeugt. —- — Aber er tam doch vom Bureau! — Einen Moment war es ihr, als ob ihr der Athem stocken würde, und plöslich horchte sie auf. on dem nahen Kirchthurme schlug es die zwölfte Stunde. - ,,Bin ich derrückt«, stammelte sie leise, «es« kann doch jetzt nicht Mittag « III Sie wollte tlingeln, doch dann be sann sie sich eines Anderen. Langsam, mit unfäglicher Mühe richtete sie sich auf und ftieg aus dem Bette; wankend, und bei jedem Schritt Halt machend, ging fie zum Fenster, fchob mit zit ternder Hand den schweden Vorhang zur Seite und öffnete das Fenster. . .. Finstere Nacht aähnte ihr entgegen. ,,«J·ltitternacht!« stöhnte sie. Und plötzlich wußte sie Alleg; sie durchfchaute den frommen Betrug des Arztes-, und ein qualvoller Schmerz drückte ihr das Herz zufammen. Die rauhe Nachtluft ftrich ihr tühlend über die fchweiszgebadete Stirn —- kalte Schauer rannen ihr über den Rücken —-— -—- mit leifem Stöhnen sank sie zu Boden. « J Am nächsten Tage war das Stroh von der Straße weggetehrt und die Wagen fuhren rasselnd und polternd über das Pflaster. Doch sie ftörte es nicht mehr; sie lag ftill und ruhig auf ihrem Bette und der Arzt ftand kopf- H fchiittelnd daneben und starrte in das fahle Gesicht, auf dem der Tod den Ausdruck wilder Verzweiflung festge halten hatte. Er wußte ja nicht, daß ihre letzte Nacht die fchwerfte gewefen war. Lola Margulies. ——-——--—.--——--—-· tfin Eint-reiben der auf einen guten Troper hält Jn dem Lagerkeller eines- Breslauer Kaufmanns an der Berlinerftraße wurde diefer Tage ein Einbruch aus geführt. Der Thäter hatte das Vor legefchlosi mittelst Nachschliiffels ge offnet, darauf sich 10 Flaschen Roth wein, 5 Flaschen Wei wein, 10 Fla fchen Malaga, 3 Fla chen Porttoein« 3 Flafchen Cognag sowie eine lafche Himbeersaft angeeignet und a sdann den Keller wieder-, jedoch mit einem anderen neuenVorlegefchloß, verschlos sen. Jn dem Kellerraum fand man einen an den geschädigten Kaufmann gerichteten Brief vor, den der dreiste Dieb wahrscheinlich am nächsten Ta ge, nachdem er das gestohlene Gut in Sicherheit gebracht und erprobt hatte, durch das Kellersenfter hineingewor fen hat. Der Inhalt des Brieer lau tet: »Ihr Wein ist zwar nicht schlecht, aber schlecht kann einem dabei werden« ;ch bitte Sie, das nächste Mal edlere orten zu lagern. Ein guter Bekann ter.« —--.— Lebensdauer der Frauen in verschiedenen . Ländern. Die Statistik über die Lebensdauer der Frauen aus den verschiedenenLän dern giebt recht bemerkenswerthe Aus schlüsse. Jn Deutschland z. B. erreichen von 1000 Geborenen nur 415 Män ner, dagegen 500 Frauen das Alter von fünfzig Jahren. Jn den Vereinig ten Staaten giebt es 2535 weibliche, gegen 1898 männliche Hundertjährige. Den Frankreich find von 10 Hundert:· jährigen 7 Frauen und nur 3 Män ner. Jm übrigen Europa kommen auf je 21 Hundertjährige 16 Frauen. Ab gesehen von der größeren Sterblichkeit der Knaben im frühesten Kinde-Halten dürfte die auffallende Verschiedenheit in der Lebensdauer beider Geschlechter doch wohl nur darauf zurückzuführen sein, daß die Männer im Allgemeinen ein weniger geregelte-Z Leben führen, als die mehr ans Haus gebundenen Frauen. Wie General Wrnnael einem Bauer-ie chef das Fragen ahnen-blinkt Aus einer Jnspectionsreise als com mandirender General des 2. Armee rorps beehrte Wrangel einst einen klei nen Ort, in welchem eine Batterie can tonnierte. Wranael traf spät Abends ein, wollte daselbst nur nächtiaen und anderen Tages früh seine Reise fort setzen. Der Batteriechef empfing ihn, übergab den Rapport und fragte un vorsichtiger Weise: ,,Befeblen Ew. Ex cellenz die Batterie zu sehen-?« —- »Ja wohl, mein Sohn«, entgegnete Wran gel, ,,morgen früh um Viere!« Es war Sommerzeit und die Batterie völlig um ihre Nachtruhe gebracht; Pferde, Geschütze, Manturen usw. mußten schnell noch geputzt werden, um zur ; Morgendämmerung bereit zu stehen ; und keinen Anlaß zum Tadel des alten : scharfen Herrn zu geben. Wrangel kam ’ pünktlich zur Stelle- sah sich die Bat terie genau an, ohne ein Wort zu ver lieren und bestieg dann seinen Wagen zur Fortsetzung der Reise Kaum hatte er Platz genommen, so rief er dem ne ben ihm sitzenden Adjutanten trium ghirend zu: »Der fragt mir nie wie : ck.« i ———-O—-——— Luttroncette geslüaelter Musikanten im Reiche der Mitte. Eine höchst originelle und bei den Chinesen sehr beliebte Einrichtung sind die durch gesliigelte Musikanten veranstalteten Lustconcerte. Jn Pe-v king, und namentlich in der Umgebung der Kaiserstadt, beobachtet man zahl reiche Taubenschwärme, die, je nach dem sie sich nähern oder entfernen eine liebliche, bald anschwellende bald er « sterbende Sphärenmusit hervorbrin - gen. Die Töne sind sanft und weich, ioehmiithig stimmsend wie ein Concert von Aeolgharsen —— und kleine Aeolgi harfen.sind die Instrumente in der That. —— Es werden nämlich zahmen Tauben kleine Pfeisen aus dem denk bar leichtesten Material (Bambug) und von verschiedner Größe unter die Schivanzfedern gebunden; sobald die Vögel alsdann in die Höhe steigen, entsteht durch den starken Lustdruct bei schnellem Fluge die anmuthige Musik, die zum ersten Mal vernom « men, einen wunderbaren Eindruck auf das Ohr des Hörers macht· ——.-— Mertwiirdiges Material stir Flintcn und Kanonenkugeltn Für Geschosse wird manchmal merk würdigesMaterial verwendet. Goldene und ilberne Flintenkugeln sind bei der 5 elagerung von Amadanagar aus Befehl des Moguls Cande nach dem seindlichen Lager derschoss worden Utn die Geschosse noch wir satner zu machen, hatte man sie mit Verwün schungen beschrieben. Selous, der afri— tanische Jäger und Forscher, soll in den sechsziger Jahren nördlich donBu luwayo Löwen auch mit goldenen Ku xln etlegt haben. Blei war dort eine eltenheit und nur mit Schwieri kei ten von weither·zu beschaffen. old dagegen wurde an Ort und Stelle ge funden und erwies sich ja auch brauch bar. Während der Kämpfe an der Grenze"von Kashmir benutzten die re bellischen Hounzas in Blei eingeschlos sene Granaten lhalbe Edelsteine), wo mit sie die englischen Truppen beschaf sen. Steinerne Kugeln hatte man schon 1314, Blettu eln kamen erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts aus. Ei serne Kugeln werden dagegen schon 1550 erwähnt. Hölzerner Kugeln be diente sich ein Theil der spanischen Truppen auf Cuba, während die Ein geborenen in Mashonaland Telegra ähfndrähte zu Kugeln zusammenwi e ten. Drolliqe Scene zwischen zwei Stottern-n in Paris-. Die drollige Scene, die sich dieser Tage zwischen zwei Stotterern in Pa ris ereignete, von denen der,eine stot ternd nach dem Wege gefragt und der andere stotternd geantwortet hatte, worauf ihm der erstere wegen seines »Witzes« eine Ohrfeige verabreicht hatte, giebt dem Theaterplauderer ei ner Pariser Zeitung den Anlaß, ein paar hübsche Anecdoten aus der Thea terwelt zu erzählen. Man hat mit den Stotterern im Theater oft Mißbrauch getrieben. Einmal bat ein Dramatiler den Director der Varietes, ihm ein Stück vorlesen zu dürfen, was dieser I » ihm auch gestattete. Der Dichter, der T- natürlich sehr erregt war, las sein Stück unter vielem Stottern vor. Und der Director lachte bei allen Phrasen. Als jener zu Ende war mit dem Lesen, fragte: »Nun, wie finden Sie mein Stück?« Der Director antwortete: Mein Lieber, ich habe sehr gelacht! Das ist ja wirklich reizend! Aue diese Leute, die da stottern! Das ist sehr originell und wird viel Erfolg ha ben....« »Aber sie stottern ja garnicht! Jch bin es ja, der st. . . .stot tert....« Da war der Director wie verwandelt und sagte kühl: »Ach, sie ftottorn nicht! . .. Das ist etwas an deres. Dann ist es gar nicht mehr lu stig. . .. thut mir leid, lieber Freund, ich kann Ihr Stück nicht annehmen. Und damit fiihrte er den ganz ent tiiuschten Autor zu der Thiir seines TLLUTUPZUIUHTLV. ——-—-.———— . Woher die volksthiimlikhe Bezeichnung ,,Hngestolz« stammt. Die Furcht vor dem Heirathen mehrt sich unter den Männern, die ahl der «Hagestolzen« wächst inStadt und Land. Wer hätte nun nicht schon die volksthümliche Erklärung gehört: Ein Hagestolz ist ein Mann, der zu stolz zum Heirathen war! Und doch hat hier die Silbe »stolz« ursprünglich nichts mit dem selbstbewußten Stolze des Mannes zu thun. Das Wort heißt altdeutsch hagustalt oder haga ftalt und bedeutet: der auf dem Hag Eingestellte oder über denHag Gesetzte. Diesen Namen trugen die nach dem alten deutschen Erbrecht minder be dachten jüngeren Söhne eines Vaters-, die mit einem geringeren Befitzthume, einem »Hage« (weil oft von einer Hecke eingefriedigt) zufrieden sein mußten, während der Erstgeborene das väter liche Hauptgut erhielt. Diesem waren die Brüder sogar zins- und dienst pflichtig. Uralt sind übrigens solche Bestimmungen, berichtet doch schon die Bibel von gleicher Einrichtung bei den Jstaeliten. Bis in das vorige Jahr hundert haben sie sich stellenweise er halten; in Mecklenburg sind sie erst in den sechziger Jahren aufgehoben wor den. Weil nun ein Mann mit so geringem Besitzthum nicht einen eige nen Hausstand gründen konnte, so verband sich mit dem Begriff Hagestolz der des Ledigseins, und heute versteht man darunter noch einen Mann, der über die gewöhnliche Zeit hinaus die Eheschließung versäumt hat. -——-.-.---—.. tiqiscr Wilhelm fchwiirmt iiir deu ameri kouiicheu Frtihftiickgtiich Die guten alten amerikanischen Buchweizenluchen mit Ahornsirup, Pfannkuchen aus grobgemahlenem Mais u. s. w. können auch einen kai ferlichen Gaumen reizen. Deshalb hat sich kürzlich der kaiserliche Mund koch Win Bölters auf Befehl Wil helm des Zweiten auf die nach New York fahrende Deutschland begeben, wo er zwei Tage in der Kunst, ame-« rikanische Gerichte zu bereiten, unter richtet wurde. Unter der Leitung des Küchenchefs dieses Dampfers der Zamburg-An1erita-Linie, lernte Herr tölkers die bewährtesten Methoden, Koteletts und Steats zu röften, sowie Welsh rarebit und besonders Weizen mehl-, Maisbrei- und andere leichte Gerichte, die man auf dem amerikani schen Frühstückstifch findet, zu berei ten. Kaiser Wilhelm hatte die schmack haften Eigenschaften der amerikani schen Küche während feines Besuches auf dem Dampfer »Prinzefsin Vikto ria Luife« am CZ. Januar entdeckt. Bei dieser Gelegnhett bereitete der Küchen chef der Deutschland auf der »Min zefsin Viktoria Luise« ein amerikani sches Frühstück für den Kaiser, der so entzückt davon war, daß er auch zum Lunch und Diner blieb und nach dem Besuch eines Hamburger Theaters wieder auf das Schiff zurückkehrte und dort übernachtete, um dort noch ein zweites rühstück am anderen Tage ein zunehmen. Die Dampfschiffs-Gesell schaft gestattete natürlich, daß der Mundloch des Kaisers in der Küche und dem «grillroom« der Deutschland einen ursus durchnahm. Völkers blieb zwei Tage an Bord und verließ das Schiff in Cherbourg mit der Befähi gung, auch den verwöhntesten amerika nischen Geschmack zu befriedigen. ————-.—— Einc Reise ans dem Zweirad im Innern Astikaek Eine bemerkenswerthe Reise auf dem Zweirade durch einen der wenigst bekannten Theile Afritas hat ein jun aer Engländer Namens Bailey, der soeben nach London zurückgekehrt ist, zurückgelegt. Er ist von Mombasa uber Uganda nach dem sOberen Nil gereist. Jn sieben Wochen nach seinem Ausbruch von Uganda erreichte er Khartum. Jnteressant ist, wie sich die Eingeborenen zu diesm ihnen völlig neuen modernen Beförderungsmittel stellten. Ost wollten sie, wie Bailey erzählt, bei seiner Annäherung schleu nigst verschwinden, aber es gelang ihm doch, sich ihr Zutrauen zu verschaffen und in einem Falle brachte er einen nackten Bari sogar dazu, auf dem Rade zu fahren, während er selbst ihn »hielt. Das ganze Dorf war»bei die Iclll gcllscll Scclglllnc lcUlUUlUJ Zuge gen und war über den Anblick höchst erstaunt. Oft erschienen Hunderte von Eingeborenen am frühen Morgen, um zuzusehen, wenn er abfuhr, und sie riefen ihm ihre besten Wünsche für seine Reise nach. Seine Bahn war immer der Fußpfad der Eingebore nen, der etwa einen Fuß breit ist, und da das Land theilweise sehr reich an großen Dornen ist, so konnte er von Glück sagen, daß er auf dem ganzen Wege nur vier Stiche abbelain Oft schraubte er auch den Deckel der Glocke los, der vernickelt war und als Spie gel gebraucht wurde. Zuerst herrschte große Bestürzung, dann eine aewisse Furcht, die allmälig einem herzlichen und stürmischen Gelächter Platz mach te und alle drängten sich dazu, den Spaß mitzumachen. Am eifrigsten sich selbst zu sehn, waren die Frauen die wahrscheinlich in vielen Fällen zum ersten Male dazu Gelegenheit hatten. »Roroko« durch einen französischen Eini grantenprinz in Mode gebracht. Im Jahre 1792 befand sich in Cob lenz unter den Emigranten auch ein französischer Prinz, ein lustiges Haus, der dem sonnenlosesten Tage nochLicht abzugewinnen wußte und stets zu al lerhand heiteren Abenteisern aufgeleat war. Eines Tages, als er nach einem guten Diner mit einer Gruppe gleich aearteter Freunde die Straßen irchs wanderte kam es ihm in den Sinn, ei nen Streiszug in einen Trödlerladen zu unternehmen, um allerhand komi sches altes Gerümvel zu besichtiasen und auszukaufen· Mit weinseliger Stimme rief der Prinz deshalb einen Vorübergehenden an, den er in wun derlichem Radebrechen nach einem Händler von der begehrten Sorte fragte. Der Angeredete gerieth in Ver legenheit, wie er in dem gegebenen Falle sich verständlich machen solle. Schließlich entschied er sich dafür-, durch Qesien anzudeuten, daß vor dem Laden des Trödlers etwas in der Luft hängen werde, das den Cavalieren als sicherer Wegweiser dienen würde, und bezeichnete dieses baumelnde Etwas nachdriictlich mit dem mehrmals wie derholten Worte ,,Rock«. Dem Prin zen kam das Wort in der Art, wie es vorgebracht wurde, sehr komisch vor. Er brach zunächst in ein lautes Ge lächter aus und rief dann einmal iiber das andere: »Qui, Qui, roc, roc, ro cococo!« Unter dem Rufe: ,,Rocococo!« brach dann die Gesellschaft bei dem «Alterthümler« ein, und das Wort blieb Losungswort fiir diese und jede ihr ähnliche Gelegenheit bei den End-— lenzer Einigranten. Während der Re stauration wurde das Gefchichtchen an der königlichen Tafel erzählt. Man fand es, schon des prinzlichen Einfal les wegen, sehr geistreich und witzig, und der Ausdruck «Rococo« kam in die Mode, fiir alles, das den Geschmack Ludwig’s der Fniifzehnten und des Vier-zehnten an Gebäuden, Zimmer schmuck, Hausrath und Trachten kenn zeichnet. Die Beuthener Zeitung veröffent licht folgende ,,Warnung für Butter händler. Die Zabrzer Polizei revi dirte sämmtliche Butter auf dem Markte und befchlagnahmte Butter im Gewicht von über 100 Kilogramm Darunter befand sich auch eine öfter reichische Butterhiindlerim welche in Haft behalten wurde.« Es war in der That höchst unvorsichtig von der But terhändlerin, sich unter die Butter zu verkriechen. III-W Geheimnisse aus Urs. Weilt-W Schin heitswerkstatt in London Ein Londoner Blatt schreibt: Das Doppelkinn ist besiegt. Ein Zeitalter dämmert herauf, in dem die menschli che Gesellschaft vom Doppeltinn be freit werden soll. Und der Herold die ser herrlichen Schönheitsepoche ist Mrs. Delia Watson. Außer dem Doppeltinn sollm aber auch andere Schrecken unter der zauberhasten Be rührung von Mrs. Watson weichen. Die rothen Nasen, aufgesprungenen Lippen, die triefenden Augen und die gefärbten Zähne werden bald nur noch Schreckgefpenster der Vergangenheit sein. Es genügt, daß man sich Mrs. Watson anvertraut; das Uebrige be sorgt sie. Jst man bereits schön, so macht Mrs. Watfon Einen noch schö ner. Die Photgraphien von Mrs. Langtry, Mme. Melba und Marie Anderson, die in Mrs. Watfon’s Schönheitswerkstatt in der Conduit Street hängen, sind beredte und dank bare Zeugen dieser Thatsache. Auf die Frage, durch welche Kunst sie das Doppeltinn verbannen und den Run zeln Trotz bieten kann,antworteteMrs. Watson: Da habe ich zuerst meine Mixtur ,,Slenderinse«. Damit und mit meinen Fingern kann ich die Fett leibigkeit in der ersten Woche um vier bis sieben Pfund, in der zweiten um drei bis fünf und in jeder folgenden Woche, so lange es nöthig ist, um je zwei Pfund verringern. Jch gebrau che nicht eigentlich Massage, sondern mehr »Be·wegungen«. Diese wirklich wunderbaren Bewegungen lehrte mich ein Doktor aus Kairoz aber ich würde sie niemals gelernt haben-; wenn er nicht entdeckt hätte, daß ich in meinen besonders dafiir anaerxaßten Fingern eine seltsam-e elektrische Kraft befäße Durch dieselbe ziehe ich die Muskeln zusammen, oerjiinge das Gesicht und entferne auf eine Weise, die mein be sonderes Geheimnis-, ist, das Doppel kinn. Wer sich Alles bei mir vom anpelkinn heilen läßt, darf ich nicht sagen, da es das Geheimniß meiner Kundschaft ist. Namen kann ich nicht nennen, nur sagen, daß die halbe Ge sellschaft und ——— hier dämpfte sich Mrs. Watson’s Stimme zu einem Flüstern — »auch Mitglieder des Kö nigshauses zu mir kommen.« Dic Matthiaginseh das verrufenfteEiland dco Siidsce-Arct1ipelo. Die Matthias - Insel, auf der vor Kurzem der deutsche MillionärYJtencke und sein Secretär Caro von den Ein geborenen ermordet wurde, war von jeher ein verrufenes Eiland. Es rächen sich jetzt dieBerbrechen, die lange Jahr zehnte «die Capitäne der englisch-au stralischen »Anwerbeschisfe« in Mela nesien begangen haben — der planmä ßig betriebene Menschenran Die St. Matthias - Insel im besonderen ist noch bis in den Beginn der neun ziger Jahre hinein von solchen gewis senlosen Menschenräubern heimgesucht worden, da die Aussicht mangelte. Hin und wieder erging es einem Anwerbe schiff freilich auch sehr schlecht; so wurden 1884 von den Matthias - Jn sulanern zwei Weiß-e mit der Be mannung ihrer Boote erschlagen, die »Arbeiter« für die englischen Fidschi inseln ,,miethen« wollten. Die Folge war leider, daß die Jnsulaner nun in jedem Europäer ihren Feind sahen, und noch 1896 und 1898 wurden die der Neu - Guinea - Compagnie gehö renden Schiffe ,,Senta« und «Johann Albrecht«, die in bester Absicht kamen, angegriffen, und es fielen Menschen auf beiden Seiten. Jm August 1899 gelang es dem deutschen Bermessungs dampfer »Möwe«, mit den Bewohnern in freundlichen Verkehr zu treten, und ebenso im Mai 1900 dem deutschen Kreuzer ,,Seeadler«. Leider sind diese Beziehungen nicht Von langer Dauer gewesen. Erst die erwähnten Besuche der bei den deutschen Schiffe haben einige Aufschlusse iiber die Jnsel gebracht. Die Umrisse wurden vermessen, und man fand, daß die Matthias - Jnsel eigentlich eine Gruppe ist, die aus ei ner großen, hohen, dicht bewaldeten Hauptinsel und mehreren kleinen Ei landen ringsum besteht. DieBewohner glichen im Aussehen denen der benach barten Admiralitäts - Inseln. Sie sind wohlgebaut und gehen fast nackt; nur die Weiber tragen schöne Gewebe, die vom Gürtel bis zum Knie herab hängen. Auf den Kopsputz wird viel Werth gelegt, sonst ist Schmuck wenig in Gebrauch. Hütten und Canoes sind ganz ursprünglich Eisen ist nicht be kannt; die Waffen, hölzerne Speere, sind sehr sorgfältig und künstlerisch geschnitzi. Von europäischen Tausch artikeln wiesen die Matthias - Instr laner die sonst in der Südsee so stark begehrten Streichhölzer, Messer und Tabak zurück und grissen nur begierig nach rothen Perlen, Lappen und Fla schen, sijr die sie ihre Speere, Muschel äxte undGewebe bereitwillig hingaben. Es geht schon daraus hervor, daß die Eingeborenen den Ueberfall auf die deutsche Forschungsgesellschaft sicher lich nicht deshalb unternommen haben, um sich in denBesitz vonGeld zu setzen: sie wissen nicht was Geld, nun gar Papiergeld ist, und könnten es auch nicht verwenden. Wie alle Melane sier sind die Matthias - Jnsulaner äu ßerst argwöhnisch, zumal sie ja mit den Weißen seh-r übte Erfahrungen ge macht haben; re sind aber gleichzeitig ginterlistig und leicht reizbar. Die nsel ward vom Handel lange Zeit gemieden.