Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 24, 1901, Sonntags-Blatt, Image 11

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    Ho n n m gs - Hi N i t
Beilage des ,,Ncbraska Staats-Anzcigcr und Herold«.
J. P. Windolph, Herausgeber.
Grund Island, Nebr» den 24 Mai 1901
Jahrgang 21.. No. 38
Es—
Der fünfte-Art
Der Name thut nichts zur Sache,
aber die Geschichte ist wahr, buch
stäblich wahr.
Jn London gab es einen berühm
ten»Schauspieler, der sich in allen
Stucken Shatespeare’s auszeichnete.
Er war ein Künstler von Gottes
Gnaden. Da ihn ein brennendet Ehr
geiz quälte, spielte er niemals sitt die
Gallerie, er ging aus in seiner Rolle
und zwang das ganze Publikum in
seinen Bann.
So spielte er einmal den Othello,
und als er mit rollenden Augen auf
Desdemona stürzte, ertönte aus einer
Lage ein Aufschrei. Gleich darauf
slo ein Bouauet und ein Handschuh
au die Bühne. Er verbeugte sich
nicht, er se te seine Rolle fort und erst
nach dem Fallen des Vorhanges hob
er da Bouquet und den daran be
festigte - eleganten Handschub aus.
Ein fast oen Dust der Blumen beschä
mendesParsiim strömte »aus dem
kleinen, weißen Handschuh. Er steckte
ihn ein, und als man ihn hervorap
plaudirte, blickte er unbewußt zur
Loge herüber, aus welcher der Auf
schrei erklungen und aus der ihm das
Bouquet zugeflogen war. Dort saÄz
die Herzogin X» eine Frau von tla -
sischer Schönheit, aber unbestimmba
rem Alter, und sie klatschte ihm eifrig
Beifall zu. Der Künstler erröthete.·
Es verging eine Woche, er hatte
schon das Bouquet vergessen, «den
Fandschuh und die Dame aus der
oge, als er einen Brief erhielt. Auf
wunderbar glattem Papier schrieb
ihm die Herzogin ein paar Zeilen:
»Sie wilder Mensch, bringen Sie mir
meinen Handschuh!«
Der Künstler gerieth in Verlegen
heit. Er sucht den Handschuh hervor
und begiebt sich zum Palast der Her
zogin. Er läßt sich melden, und bald
steht er vor einer halb sitzenden, halb
liegenden Frau, die ihn durchs Lorg
non bestaunt und mustert... »Ich
brachte den Haiidschuh der Lady«,
sprach ruhig der Künstler .........
»Gegen Sie sich nieder, ich brauche
den Handschuh nicht! Na, deshalb
brauchen Sie nicht davonzurennen!
Glauben Sie, ich habe nicht tausend
Paar Handschuhe, wenn ich sie aus
die Bühne werfen will? Jch wollte
Sie sehen!«
»Sie haben nur zu befehlen!«
»Ah, großartig· Nun gut, ich be
se le Ihnen, näher zu treten, damit
Sie mich lehren, so zu lieben, wie iii
Othello die Degdemona. Die haben
Sie magnetisirt mit Ihren wilden
Augen! Mun, machen Sie einen Ver
such mit mir. Jch möchte es gerne
sehen, daß Sie mich mit Jhrer
Stimme so umstricken, daß ich mich
vor Jhnen fürchten muß, fürchten..«
»Daß ich Sie erwürge?« fragte lä
chelnd der Künstler.
Und die Dame nickte stumm ein
» -a«.... Nun, der Künstler war ei
tel, er ließ sich nicht lange bitten, und
er stammelte und stotterte und flü
sterte so lange, bis die Herzogiii sich in
ihn verliebt hatte. Wenn der Künst
ler spielte, lauschte sie in ihrer Loge
athemlos seinen Worten. Jbre Log
war nun leer geworden, die alten
Courinacher hatten sich zurückgezogen,
denn ganz London wußte von ihrer
Capricr. Und nach der Vorstellung
kam der Künstler in ihr Haus, und sie
sühlten sich glücklich wie närrische Lie
bende.
Nun geschah es, daß der Herzog
aus einer siegreichen Schlacht ini
Kampfe gegen die Buren im Süd
asrita, wegen einer schlecht zu eheil
ten Wunde nach England zurü kehrte,
und die Gattin veranstaltete ihm zu
Ehren ein großes Festniahl. Schon
einige Tage vorher war sie nicht im
Thegter erschienen. Die Collegen be
gannen den Künstler zu quälen und
befragten ihn höhnisch, ob er zu dem
Festmahl der Herzogin eingeladen sei.
Der Arme! Der wirkliche held und
nicht jener der Bühne war erschienen
' und diesem applaudirte nicht das
Publikums eines Abends, sondern
das ganze Land zu seinem ruhcnrei
ihm Feld-im
Es tam der Abend des Festes. Der
Künstler spielte den Othello.
Die Loge der Herzogin X. blieb leer
Als das Stück zu Ende war,
wurde der Träger der Titelrolle von
allen Seiten gefragt: »Nun, gehst Du
hin?« »Ich gehe!« rief wütheiid der
arme Schauspieler.
Und er fuhr spornstreichs zum Pa
lais der Herzogin.
Die Diener tannten ihn und ließen
ihn ein.... Und ganz oben saß die
Herzogin in wunderbarer Toilette,
mit geräthetem Antlitz. Plötzlich sieht
sie vor sich den bleichen, leidenschaft
lich eregten Schauspieler. Sie er
schauert, aber sie versucht zu lächeln
und mit correcter Kälte fragt sie den
Künstler:
»Mein Herr, welchem Umstande
verdanken «rvir Ihren Besuch?«
Den Künstler ersaßt ein Schwin
, del. Jn seinem erzen tobt es. Jn
wahnsinniger Wut stürzt er sich auf
die Herzogin, und sie ersassend stößt
er hervor: »Heute spielen wir den be
rühmten fünften Aus ugl Bisher
war ich Dein liebender - thello, jetzt
mußt Du sterben-, Desdemona!«
Aber die Herzogin starb nicht, son
dern lächelte, lächelte auch dann noch,
als ihre Umgebung sie aus den Hän
den des Wüthenden befreit hatte, aus
den äßt Alles eint-rang »
A r die Herzogirn welche·1eßt ihre
ganze Geistes elgenwari zurückgewan
nen hatte, riefg achend aus:·
»Aber warum applaiidiren Sie
nicht, meine Herrschaften? Jch habe
meine Wette gewonnen.«
,,Wette?«
»Natürlich eine Wette! Lassen Sie
ihn doch in Ruhe, den armen Künst
ler, ich habe mit ihm gewettet, daß
sein Spiel im fünften Aufzuge von
Othello, da er sich auf Desmona
stürzt, Alle entsetzen wird, daß in sei
ner Stimme eine Kraft liegt, welche
jeden Willen erstickt.«
Und die Herzoyin begann ihm Bei
fall zu llatschen. Natürlich fol ten
Alle ihrem Beispiel. Der Kiin ler
oerbeugte sich in seiner Angst und
sprach stotternd:
»Ach, zu viel Ehre, zu viel. . .«
Raucher —- Wettkampsr.
Eine sonderbare Sitte find die Rau
cher - Wetttämpfe, die in Belgien viel
fach veranstaltet und neuerdings be
sonders ausgestattet werden. Es han
delt sich bei diesen nicht etwa darum,
wer die meisten Eigaretten oder Pfei
fen in der tijrzesten Zeit aufraucht,
sondern der Sieg fällt dem zu, der ein
bestimmtes Quantum Tabak in der
längsten Zeit raucht. Jn Brügge und
Löwen sind diese Raucherwctttämpfe
entstanden, aber sie gewinnen setzt wei
tere Verbreitung. Sie be tehen in
TAolnipn feknn fvii inne-»- Qpii nnd hi
kleine Stadt Löwen zählt nicht weni
ger als 31 Raucherclubs; bisher be
gnügten diese sich jedoch mit Wettkäm
pfen unter einander, während nun
mehr die Vereine gegeneinander käm
pfen und selbst in benachbarten Städ
ten Lorbern zu ernten suchen.
Bei einem großen Wettkampf- der
in Brüssel während derOstertage statt
fand, gab es nicht weniger als sechs
verschiedene Städte aus der Liste der
sich betheiligenden ClubH. Der Wert
tampf findet gewöhnlich in dem hinte
ren Saal irgend eines Wirthshauses
statt. Man kämpft fiir die Ehre. Die
Preise bestehen nur in kleinen Gegen
ständen ohne wirklichen Werth. Die
Raucher sitzen um große Tische herum
in einem refervirten Theil, das Publi
kum wird durch ein ausgespannteg
Seil ferngehalten. Der Eintritt kostet
zwei Saus-. Große Plakate an den
Wänden verkünden: .Da5 Publikum
wird gebeten, die Raucher nicht zu stö
ren«.
Zum Wettkampf bringt man ebenso
viele neue Pfeifen als Theilnehmer da
sind; es sind weiße Pfeifen aus- sehr
hartem Thon mit kleinem Rohr, die
nach dem Loos vertheilt werden. Die
Jury bringt ein kleines versiegeltes
Zacket mit genau 4 Grannn Tabak.
· ie Pfeifen werden mit äußerster
Sorgfalt methodisch gestopft; an der
Art der Vorbereitung scheint man die
Concurrenten zu erkennen, die die
meisten Chancen haben. Sind alle be
reit, so sagt der Präsident feierlich:
»Meine Herren, Sie habn zwei Minu
ten, Jhre Pfeife anzuziinden.« Aber
keiner rührt sich, alle wollen ihren Ta
bak sparen und stecken erfi an, wenn die
zweite Minute beginnt. Jst die Zeit
verstrichen, werden schnell die änd
hölzer fortgenommen. Das it das
Zeichen zum Beginn.
Die Pfeife möglich lange in Brand
zu halten, ist ein kchwierigeres Pro
blem als man gewöhnlich ahnt. Die
ersten Minuten ver ehen daher ge
wöhnlich in tiefstem Schweigen Aber
da es nicht verboten ist u sprechen
oder zu singen, so lösen ich bald die
Zungen. Bemerkungen, schlechte Witze
werden von Tisch zu Tisch ausge
tauscht, auch Couplets folgen, die oft
auf die Gelegenheit Bezug nehmen.
Plötzlich ertönt ein kräftiger Fluch.
»22 ist todt«, ruft einer der Bevoll
mächti ten, die Pfeife des 22 ist in
der T at soeben ausgegangen. Fast
gleichzeitig werden zehn andere, dann
fünfllandere Raucher außerWettbewerb
aete t.
Nur die »Chaknpions« führen den
Kampf noch fort; es sind die Schwei
genden in derGesellschaft,sie haben lei
nen Scherz getrieben und nicht ,csun
gen. Unbetveglich, taub und tumm
rauchen sie, den Blick fest auf ihren
Pfeifenlopf gerichtet; der mehr oder
weniger dichte Rauch, seine tiefere oder
hellere Färbung gibt ihnen werthvolle
Anzeichen. Allmälig zieht sich ihr Ge
sicht indessen zu einer bezeichnenden
Grimasse zusammen; diese letzten Züge
sind abscheulich scharf, das ist nicht
mehr Tabak, das ist Nirotinextract,
den sie da genießen. Der Sieger be
müht sich daher auch durchaus nicht,
einen Record aufzustellen; sobald der
letzte Rivale für »todt« erklärt ist, be
eilt er sich, feine Pfeife hinzulegen, de
ren Kopf er sorgfältig in eine beson
dere llntertasse leert.
Wenn nicht das kleinste Gran Ta
bai in der Asche mehr ist — und das
kommt oft vor —---— so erklärt man feier
lich, daß der Wettkampf ,,schän« erne
sen ift und die ganze Gesellschat ist
über diesen Ausgang gehörig stolz.
Diese Rau er - Wettkampfe sind ein
riedliches ergniign, scheint ce. Und
och eben die Rivalttäten der einzel
nen Flut-Z unter einander oft genug
Es giebt in den einzelnenOrten eind
schafiem die nur in diesen Rauchet
wettlämpfen ihren Grund haben Und
die keineswegs mit den letzten Pfeifen
erlöschen.
-—-—.—.-.-.
Stieselwichs-Millionäre.
Day nnd Martin, die berühmten
Stiefelwiehsfabricanten in London, sol
Flen in fol ender Weise den Grund zu
lihretn eolosalen Geschäftsvermögen ge
l legt haben: Dav, seiner Zeit ein armer
i Arbeiter, saß in einer Londoner Braue
1 rei und trank ein Glas Bier. Da trat
ein schlecht gelleidetes Individuum in
die Trinkftube nnd sprach zu den Gästen:
»Wer will ein gutes Necevt fiir Schuh
wichse? Um eine Pint Ale kann er es
halten« »Ich schliene den Handel ab,«
sagte Tan. Der Andere nah nun die Be
standtheile seines Receptes an. »Gut,«
sagte Bay, »ich zahle Euch noch eine
zweite Vint8« Am anderen Tage suchte
er einen seiner Freunde auf, einen Han
delsreisenden. Namens Martin, nnd
theilte ihm sein Recept mit. Sie fabri
cirten uiit einander eine aclvisfc Quan
titiit Schiihwichfe und füllten sie in alte
Flasehein die sie ans dem Trödelmartte
sanften Nachdem die-:- gesehehen war,
ging ein Besteller der beiden Comvag
nons zu allen Selnthwicheslnindlern Lon
dons und fragte jeden derselben: ».6aben
Sie Schulnpichse von Tah nnd Mar
tin·I-« Natürlich lantere überall die Ant
wort: »Neinl« Am näamen Taae wurde
Anlaß zu erbitterten Streitigeitem
i
ein anderer ausgesendct, der dieselbe
Frage an die Händlcr nellte· Nun kam
ein dritter Aussendling, der aber die
Truge veränderte: «Möchten Sie nicht
cchuhwichse von Dah und Martin tau
fen?« ,,i1iecht gern,« antwortete der
Händlcn Nun war das Glück des Hau
ses Tau und Martin gemacht. Sie kleb
ten ihren Flaschen eine Vignette auf,
welche eine Rade vorstellte, die iibcr ihr
von einein gewichsten Stiefel reflektirtes
Ebenbild ergrimmt ist. Diese Vignette
machte dann die Runde durch die Welt.
Seiner Tochter gab Tau :3.'-,U»« Pfund
Sterling niit.
--—---— -s.-«-«-———
»Durchsallcu!«
Der allen Examenstandidaten ge
läufige Ausdruck »durchsallen« ist noch
nicht genügend erklärt. Jn der 1555
gedruckten »Historia vom reichen
Mann und armen Lazaro« von Joh.
Ctingin erus erzählt ein Studio, wie
er vor «eiten »in fremde Land« ge
schickt ward und »Tag und Jahr« in
heißem Bemühen studtret habe
»si: Narragon der Universitet
a daint, iclxwill auch doctoriren,
Lin höhern Stand mit Ehren fiihren.«
Doch die vielen artes gingen ihm
lreuz und quer im Kopf herum, und
das Endresultat war:
»Da ich nun meint zu proniodiru,
Setzt mich in Storl), lief-; uiir hoffiiirn,
Pletsch, fiel ich durch den lliorb hinweg
Und lag hienieden in dein Treit«
Wenn ein Mädchen einen Liebe-J
oder Heirathsantrag abweist, so heißt
das, wie allbekannt, ,,einen Korb ge
ben«. Staat der Antwort übersendet
sie einen Korb ohne Boden· So war
es im 17. und auch noch im 18. Jahr-·
hundert üblich. Es geht das zurück
aus einen älteren Brauch, indem die
Geliebte dem ihr nicht genehmen Lieb
habet-, um ihn nächtlicherweile in ihr
Gemach hinauszuziehen, ursprünglich
einen Korb übersaudte, an welchem in
einer gewissen Höhe der Boden durch
brach, so daß der darin Sitzende hin
durch- und herunterfieL So läßt auch
die Dame ,,Wissenschast« den vergeb
lich um ihre Liebe werdenden Mandi
daten »durchsallen«.
———.-————
Dcr Sold der Soldaten.
Daß der Soldat in Europa nir
gends verwöhnt wird, lann man aus
folgender Uebersichi iiber Soldaten:
verhältnisse ersehen: Jn Norwegen
erhalten die Wehrpflichtigen vollstän
digen Unterhalt und für den Tag 4
Cenis « ula e, die für Tabak, Messer,
Löffel, äh achen, Seife u. s. w. be
rechnet ist. Bei besonderen Anlässen,
wie großen Märschen zu Uebungen,
giebt man dem Soldaten jedoch ZU
Cents. wofür er alle Ausgaben zu be
streiten hat. Jn Dänentark beträgt
die Tageslöhnung des Soldaten 18
Cents, womit er sich Essen, mit Aus
nahme von Brod, zu beschaffen hat.
Außerdem erhalt der Wehrpflichtige
noch fiir Anschaffung von Kleiniglei
ten täglich 2 Cents Jn Rußland
giebt es streng genommen keine Tages
löhnung, sondern eine Jal)reslöl)nung,
und zwar betragt diese bei der Linien-:
Jnfantere 2,70 Rubel (1 Rubel gleich
72 Cents), bei der Garde:Jnsantere
4,95 Rubel, bei der Linien-Cao«1llerie
II,45 und bei der Gatde-Cavallerie
7,35 Rubel. Auf den Tag berechnet
macht dies zwischen 0,74 und 2 Kape
len Cl Kop. ist gleich II Cis.) Des wei
teren bezieht der Wehrpflichtige jähr
lich 1,25 Rubel fiir Nähen von Hem
den und Unterhofen — Leinwand und
Baumwollzeug wird gestellt —- für
Putzzeug für Anfertigung von Stie
feln — das Leder wird ebenfalls ge
liefert —— und fiik Anschaffung eines
dritten Hemdes Man berechnet, daß
der russische Soldat jährlich minde
stens 15 Rubel aus seiner Tasche zu
legen muß, um seine Sachen im Stan
de zu halten.
Jn Deutschland beträgt die Löh
nung, auf den Monat berechnet, bei der
Mehrzahl der Truppenverbände durch
schnittlich etwa Ps, so daß also, den
großeren Betrag und den Monat zu
30 Tagen angenommen, täglich 10
Cts. herauskommen. Brod wird be
kanntlich geliefert, doch gehen von der
Lvhvutlg s Cts. siir Mittagessen ab.
Von dem Ubtigen Geld muß der Sol
dat Frühstück, Wozu der Staat noch 1
Ct· beiträgt, Putz- und Nähzeug und
einige andere Dinge bestreiten.
Jzi Frankreich ist die Löhnung ver
schieden· Für die berittenen Truppen
arten beträgt sie 7 Cts., bei den ande
ren 6 Cis. den Tag, und hierzu kommt
noch in gewissen Garnisonen eine Gar
nisonzulage von 1 Et. Da aber der «
Soldgt keine vollständige Ration in
Natura, sondern nur 800 Gr. Fleisch
und ein bestimmtes Gewicht Brod be
kommt, entfällt der größte Theil der
Lähnung auf den Unterhalt und wird
in der vom Regimentsches bestimmten
Höhe dem in derRegel compagnieweise
geordneten Haushalt zur Bestreitung
der Kosten für Berpflegung, Wäsche u.
s. w. überwiesen. Jm Allgemeinen
erhält der Soldat baar nur den sog.
,,sou de poche«, der täglich 1 Cent be
trägt.
Jn Oesterreich - Ungarn erhält der l
Soldat eine Tageslöhnung von etwa
Z Cents. Alle Verpflegung liefert der
Staat.
Jn der holländischen Armee steigt (
die Tageslöhnung je nach den Trup
ux tpnjz Gras-D g qu Z uaa umvuact
Belgien wechselt sie je nach den Waffen
und Dienstarten, und zwar von 5 big
20 Ceiit5. Ein Theil der Löhnung
wird für die Haushaltscasse abgezo
gen. Jn der Schweiz beträgt die Löh
nung 50 Cis. oder etwa 10 Cents,
wovon indessen fiir Verbesserung der
Verpflegung 10 biS 20 Ets. in Abzug
kommen. Jn Rumänien ist die Löh
nung für die Feldtruppen 133 Ets. und
für die berittenen Wassenarten 2 Cis. i
» aus« den Tag. !
Allcrlei Schulte
Ein Vergleich mit dem ehrsamen
Schuhmacherhandwert des Mittelal
ters und den heutigen riesenhaften
Etablissements der Schuhwaaren-Fa
briten, ausgestattet mit den besten
modernsten technischen Einrichtungen,
zeigt deutlich und drastisch den groß
artigen Fortschritt, den der menschliche
Geist auch auf diesem Gebiete erreicht
hat.
Die Fußbetleidung der altenEtrus
ler war fchnabelsörmig nach vorn zu
ges itzt und zeigt eine merkwürdige
Ae nlichteit, wenn schon die primiti
vere Herstellung unverkennbar ist mit
» solchen, die im 1.5. und 16. Jahrhun
dert Mode waren. Um das 11. Jahr
gundert wurden in Europa »Schna
elschuhe« getragen, auf die im 12.
und 13. sotche mit zwei bis drei Fuß
langen Spitzen folgten. Sie wurden
mit einer Kette oder Agrafse arnFuße
befestigt: auch zierte zuweilen ein
Glöctlein die Spitze des Schuheg, das
bei jedem Schritte ertönte. An der
Stelle-der Schnabelschuhe traten irn
15. Jahrhundert sogen. »Entw
schnäbel«, die dann wieder durch die
»Stumpfen Bärentlauen« oder ,,Och
senmäuler« ersetzt wurden. Zu Zeiten
Croniwells waren am Hofe Eng
lands Schuhe mit großen Spitzen
rosetten und mit Juwelen besetzt, im
Gebrauch. Jn der Stuartperiode trug
man sie- vorn abgestumpft, während
der bis zum Knie reichende Schaft
des Stiefel-J mit Spitzen decorirt war.
Jm 16. Jahrhundert kamen zuerst
in Spanien die sog. »Stelzenschuhe«
auf, die sich von dort schnell nach Ita
lien weiter verpflanzten; wegen ihrer
Unbequemlichteit und Gefährlichkeit
beim Gehen jedoch sehr bald wieder
aus der Mode verschwanden. Dage
gen finden wir ähnliche Stelzenfchuhe
noch heute bei verschiedenen Völker
stämmen des fernen Ostens; ja be
sonders bei den Jndiern, Chinefen
und Japanern wird bei der Berfertii
ung große Sorgfalt und in gewisser
Be cehung auch Kunst nicht außer
A t gelassen. Bemerkenswerth ist
der unter dem König Ludwig dem
Vier-Zehnten von Frankreich für
Schuhe entfaltete Aufwand, der in die
überspannteften Ausschweifungen
ausartete Die Glanzperiode des
Schuhe-Z ans der Zeit des alten Roms
kehrte zurück und der allgemeine
Luxus beherrschte die Schuhe nicht
weniger als die Perriicke. Später, d·
k. nach der ersten französischen Revo
ution, tauchten daselbst die mit hohen
und schmalen Absätzen versehenen
Stiefel aus, die heute noch unwesent
li verändert, mit Vorliebe von dem
schönen Geschlechte und den Personen
getragen werdn, denen das leidige Ge
chick die normale Körperlänge stief
miitterlich versagte.
Bühnenmusik.
Komische Bühnenerlebnisse erzählt
Ludwig Barnay unter dem Titel Al
lerlei ,,Biihnenmusik«: Ich gastirte in
Moskau —- auf der Probe zu »Dam
let« vermißte ich die Bühnenmusik. Der
Direktor versicherte, es würden alle
meine Aenderungen am Abend der
Vorstellung pünktlich und genau aus
geführt «werden; ich möchte nur meine
Wünsche kundgeben; Musik auf der
Schauspielprobe sei eine kostspielige
Sache, auch seien die Musiker tagsüber
schwer zu haben u. s. w. — Jch bestellte
Asp für das erste Auftreten des Kö
Ulgs Claudius ein dreimaliges Fan
iarex —- es würde pünktlich be mai
werden, versicherte mir der Direktor.
Als nun Abends König Claudius mit
dem trauernden Hamlet vor das aus
verkauste Haus trat, begrüßte ihn mit
schmetternden Trompetentönen die
Melodie: ,,.Hoch soll er leben! hoch soll
e: leben, dreimal hoch!« -—— Als ich in
Magdeburg den Wallenstein spielte,
waren auch hier die Musiker zur Probe
nicht erschienen. Jn der Abendvor
steung überraschte uns beim Abschiede
Marens die Bühnenmusit mit der von
einem Militär-Orchcster hinter den
Coulissen schmetternd gespielten Melo
die: »Wer will unter die Soldaten, der
muß haben ein Gewehr«. —— Max rief
verztveislungsboll: »Oh, wären’s doch«
die Schwdischen Hörner! —— Jch
«
—-... «-.- L-—t-ft.«. Os—t:.k.4
sUuk Hund ULLILOULU Uunujh — JUUV
Schönste auf dem Gebiete der entglei
sten Bühnenmusik passirte mir aber,
ä,8F-ucch S PptzöstssuPck'«?JlBülfkck
als ich in der Musikstadt Leipzig un
ter der Direction von Dr. August För
ster den Uriel Acosta spielte. Während
meiner ersten Scene mit Judith er
tönte hinter den Coulifsen die Tafel
musik bei Vanderstraatens Fest, und
was spielte sie? Das Ständchen aus
dem »Don Juan«, Als ich in die
Eoulifse kam, trat ich auf den eifrig
tactirenden Capellmeister zu und sagte
ihm ironisch: »Der Sadducäer von
Amsterdam und Mozart? — Allen Re
spect!" — Er winkte seinen Musikan
ten erschrocken ab und fragte ganz
ängstlich, ob das falsch sei? —- »Nun,
ich denke wohl,« erwiderte ich — »Mo
zart wurde circa hundert Jahre nach
dem Tode Uriels geboren.« »Ja, was
sollen wir denn spielen?« — »Meinet
wegen auch Mozart,« erwiderte ich,
»aber dann irgend etwas, was weni
ger bekannt und populär ist, als gerade
das Ständchen, übrigens giebt es ja
genug classische Nummern, die nicht
sofort erkannt werden — warum spie
len Sie nicht irgend etwas von Bach
oder Händel oder auch von Haydn?«——
«Also Haydn?s --—- das haben wir ja,«
murmelte er. Jch aber mußte wieder
die Bühne betreten und das Orchester
hinter der Scene intonirte sehr bald
gravitätisch — — »Gott erhalte Franz
den Kassen- « —
Herzog Wildsang.
Jn Leipzig hat Siegfried Wagners
,,Herzog Wildsang« eine etwas wohl
wollendere Aufnahme als in München
gesunden, obwohl auch hier Beifall
und Opposition gegeneinander tobten.
Die banale musikalische Erfindung,
das Schwanken zwischen hohlem Pas
thos und possenhafter Ausgelassenheit
der Handlung, sowie die Geschmacklo
sigkeit des kindischen Textes und seiner
verschrobenen Reimerei wirkten auf
unbefangene Zuhörer auch hier völlig
ernüchternd. Direktor Stägemann,
Oberregisseur Goldberg und Capells
meister Gorter hatten das Möglichste
gethan, um dem Werke förderlich zu
sein, aber ihrer Liebe Müh’ war ums
sonst, ebenso wie die der Darsteller.
Die Leipziger Kritik zerzaust das
Werk nach allen Regeln der Kunst. Jm
»L. Tgbl.« fällt Dr. Rud Krauße u.
A. über den Text folgendes geradezu
vernichtende Urtheil: »Aber der halt-—
lose scenische Bau, die schwächlichen
Charaktere sind noch nicht das
Schlimmste an dem Drama. Welch
eine Sprache führst du, unglücklicher
»Herzog«! Du willst deine Leute
volksthümlich reden lassen, aber sie
werden platt und roh, geschraubt und
schwülstig. Du» willst poetisch werden,
und wirst unklar, verworren und un
natürlich. Die Sprache der »Dich
tung« ist eine Kette von Geschmacklo-—
sigkeiten. Außer den oben zitirten
Blüthen der Poesie Siegsried Wag
ner’s seien noch einige andere, durch
aus ernsthaft gemeinte Verse hier an
geführt, die dem ,,Siruwwelpeter«
oder ,,Max und Moritz« Ehre machen
würden: ,,Rache schwör’ ich, Aber ge
hörig!« — s— »Mein theures Volk,
Für das ich leide, »für das ich immer
Mich willig häute«. ——— — Hilf, heili
ger Bartholomäus!——«Bei dir bleibt’s
Spiel, Bei ihm wird’s schwül« —- —
»Daß ich die Schmach, den Schmerz
FI
verthu’, Vor’tn Voll hör’ mich, Her
zog, du!« —- Reim dich, oder ich sreß
dich! Und weiter: ,,Euch zu entzücken
Sei das Ziel, Wonach ich schielt« —
»Was ihr gelitten, Das will ich kit
ten!« — ,,Heut Abend, wenn niemand
was munlelt Und es droben beim
Herrgott dunkelt.« —
Und dazu welch eine Fülle poetischer
Bilder und sinniger Umschreibungen:
Von dem Ofen des Mitleids, den einer
schüren will, von der Krone, die aufs
Zaupt geschraubt wird, vom letzten
ornes Jngrimms Schaum, von zer
malmenden Schicksalshieben, vom
Dämmern des Scheins, der derWunde
herben Schmerz heilt, von der Kröhe,
die behender Zehe geflogen kommt, von
einem, der sich leis und zart herbei
schleicht und so weiter.
Doch genug des ,,gräßlichen Ge
quäls!« Wer mehr der Art genießen
will, der braucht im Textbuche nicht
lange zu suchen. Von sprachlichen
Härten anderer (grammatischer) Art
mill ich gar nicht sprechen. Wie Sieg
sried Wagner den Muth haben konnte,
ein so schmähliches Deutsch zu bieten,
dem gegenüber die schlechtesten Opern
text - Uebersetzungen beinahe klassisch
zu nennen sind, ist ganz unverständ
lich. Die Zeiten, in denen der Satz
Halt: »Ce qui est trop pour etre dit, on
le chante"scnd doch woht vorüber «
Von Papa Wranch
Der ,,Bär« erzählt: Als Wrangel
seinen 90. Geburtstag feierte, besuch
te ihn der um 10 Jahre jüngere ehe
malige Wachtmeister Müller, welcher
bei seinem früheren Vorgesetzten, dem
späteren Generalfeldmarschall Wran
gel, in hoher Gunst stand. Letzterer
empfing ihn sehr freundlich, schien
aber den Namen »Müller« vergessen
zu haben, da er ihn permanent mit
Dingskirchen ansprach ,,Dings-kir
chen! Mensch, wat sindSie doch klapp
rig geworden!« rief Wrangl ein über
dag andere Mal, und drehte damit
den Alten, wie ein Unteroffizier fei
nen Rekruten, nach allen Seiten um.
»Junger Mann,« fuhr- dann nach ei
ner Weile Excellenz fort, »Sie müs
sen sich ordentlich pflegen, ordentlich
pflegen — verstanden? —- damit Sie
nicht als Gerippe in den Himmel
tommen.« Und während er dies sag
te, schob er dem ehemaligen alten
Wachtmeister ein Geldstück in die Ta
sche, das sich später als ein Zehnpfen
nigstiick erwies. Nachdem Wrangel
den Dank des Alten für das ver
nommen hatte, sprach Wrangel ge
rührt: ,,Laß man find, oller Junge —
det Uebrige zum Fettlebe mußt Du
Dich durch fleißige Arbeit selberft
zuverdienen.« — Während Papa
Wrangel dies sagte, nahm er den al
ten Miiller unter den Arm geleitete
ihn zur Thür, und mit dem gegensei
tigen Wunsche, daß Gott ihnen noch
ein langes Leben geben wolle, schied
der Achtziger von dem Neunziger.
Aug Lesterreieha Parlament.
Im österreichischen Abgeordneten
haus, schreibt der Berliner Ulk, ist es
Mode, sich gegenseitig mit Namen zu
belegen, die theils dem Thierreich,
theils dem Jargon der Volkshefe an
gehören. Dein Fernerstehenden könnte
die Meinung innewohnen, als sei das
Niveau parlamentarischen Lebens ge
sunken, und als belegten sich die Ab
geordneten gegenseitig mit beschim
pfenden Redensarten. Das ist in ei
nem Parlament ganz undenkbar, und
nur Uneingeweihte können zu solch
verkehrten Anschauungen kommen.
Wir sind in der Lage, aus dem soeben
erschienenen Sprachlexilon für öster
reichische Abgeordnete einige Stichwo
ben zu bringen, die sofort ein anderes
Bild von dein Benehmen der Volk-Z
vertreter bringen werden:
Sie Grasaffel
Grün ist die Farbe der Hoffnung,
deren bester Ausdruck das Gras der
lenzbethauten Wiese ist. Affe, der
Ausdruck für Urmensch, d. h. urkräf
tig, urwüchsig, sreimüthig. Also
Grasaffe, d. h. ein zu besten Hoffnun
gen berechtigender, freimiithiger
Mensch!
Sie Lump elender!
Lump ist die Negirung des Reich
thumg, Elend ist die Negirung des
Glücks. Jeder einigermaßen gebildete
Mensch weiß, daß zwei Negirungen
eine Bejahung geben. Also Lump
elender, d. h. Sie glücklicher, vermö
gender Mann!
Trocknen Sie sich erst hin
ter den Ohren ab!
ist nichts als ein scherzhaster Aus
druck, ähnlich dem Berliner: »Mensch,
geh baden!« Da man sich bekanntlich
erst abtroclnen kann, nachdem man sich
gewaschen hat, so heißt der Zuruf
nichts anderes als: Sie sind ein
Mann, der sich gewaschen hat, ein
StaatgterL Sie gehören in’S österrei
Da ist einem Manne in New York
die Frau unter Mitnahme von 82100
mit dein Milchmanne durchgebrannt.
Erstaunlich ist’g, daß der Kohlenmann
und der Eismann so viel sür den
Milchmann übrig gelassen hatten.
It- slt P
Wenn man einem Jungen, um i n
zum Fleiße anzuspornen, sagt: « u
lannst es bis zum Präsidenten brin
gen«, meint man heutzutage mett den
Präsidenten einer Dust-Gesell chast.