is Dis-. Jung-Fest Imn fvon »Hant-Dochfeldt.. GMMUUU »So sagte auch ich, alsich diese Dinge hörte,« fuhr Bernhard ernst fort. »Aber es gelang mir, untrügli che Beweise zu erhalten. Gold machte den Wucherer esprächig. er überließ mir Briese des iirsten, wie seines On kels, ans denen der Thatbestand klar hervorging. — Und was das Falsch spiel anbetrifst, so gelang es mir —« »Genug! übergenug! — Jch mag nichts mehr hören!·' rief der alte Graf mitsstchtlichem Ekel die Hände abweh rend bewegend, und rannte mit gro ßen Schritten in tiefster Erregung aus und ab. Dann trat er plötzlich auf den Prinzen zu und ihm kräftig die Hand » drückend, sagte er: »Ich danke Ihnen, ; Prinz Bernhard, diese Mittheilung hat Jhre Schuld mir gegenüber wieder weit gemacht, Sie haben als wahrer Freund meines auses gehandelt und ihm eine neue chmach ferngehalten, indem Sie diesen Schurken entlarv ten, ehe es —- zu spät wars« — ,,Jch habe nur meine Schuldigleit ethan, jeyt wie damals nach meinem wissen, als ich Comtesse Hertha Ihrem Befehle zum Trotz —« »Bitte, rühren Sie daran nicht mehr!« unterbrach ihn mit alter Hef tigkeit der Gras » ch füge michJhrem Wunsche,Herr Gra ; wenn Sie aber glauben, daß mein Handeln eines Dankes werth sei, so bitte ich Sie, mir eine kurze Unter redung mit der Conttesse gestatten zu wollen« .. «Mit Hertha?« Jetzt erst schien sich der Graf ihrer wieder zu erinnern; er wars einen finstern Blick auf sie, dann sagte er kurz: »Meinetwegen! Aber ich bitte, es kurz zu machen!« Er reichte dem Prinzen die Hand und wendete sich dern Schlosse zu. Der Baronin befahl er: »Sie bleiben in der Nähe und orgen dafür, daß heriha sich gleich wieder in ihr Zimmer be nicht« »Aber wenn der Prinz wieder von s jenem Menschen zu ihr spricht Z« wag te sie leise zu erinnern. l Der Graf zuckte die Achseln: »Ich konnte ihm seine Bitte nicht abschla gen, — ich bin ihm durch die Entlas vung jenes Elenden zu tief verpflich tet; im Uebrigen werde ich dafür schon sorgen, daß diese Unterredung belang- ( los bleibt." Er ging jetzt rasch dem I Schlosse zu. Als der Reichsgraf das Schloß be treten hatte, fragte er nach dein Für sten Garri in; er erhielt die Meldung, s daß dersel soeben zu Fuß durch eine E Seitenpforte dasSchloß verlassen hät te und zur nahen Bahnfiation gegan gen wäre. Prinz Bernhard war zu Hertha ge tret-r n. . Die Entlarvung des Rassen und das Erscheinen des Vaters waren fast spurlos an der Eonrtesse vorüberge gangen; ihre Seele wurde durch den einzigen Gedanken beherrscht: »Aus-i lebt; er ist genesen.« Jn dem hierdurch verursachten Gliiäsgefühl ging jede andere Empfindung unter. »Sie ha ben Kurt gesprochen? Sie bringen mir Grüße und Nachrichten von ihm?« fragte sie mit hoffnungsvoll leuchten den Augen. Der Prinz blickte sie einen Augen blick mit ernstem Prüer an, ehe er antwortete; ollte und durfte er die volleWahrheit geben? Er beantwortete sich diese Fragen mit einem «Ja'«; er kannte ja ihre Feuerseele und ihre energische Willenstrast. Wer konnte außerdem sagen, ob er soban wieder eine Gelegenheit finden würde, sie un stört zu sprechen. Er warf einen feehnellen Blick aus die alte Baronin, die vor dem Schloßportal auf und ab« promenirte, und sagte dann leise: »Ich habe den Herrn Assefsor vor ungefähr vierzehn Tagen, gleich nach meiner Rückkehr aus Paris, gesehen.« zWas sagte er? Hat er hnen einen BrtÆr mich gegeben?« hre Stim me te und zitterte vor ern Ueber mak ihrer Erregung l ! « Der Prtnz suchte nach Worten, um sich seiner schweren Aufgabe zu entle digen. »Er war noch zu schwach und angegriffen, um schreiben zu lönnen,« entgegnete er; »außerdem —, die Aerzte hatten auf das Strengsie ange ordnet, ihm jede Erregung ferne zu halten, da er sich, wie es nach den vie len seelischen Aufregungen während seiner Leidenszeit Ia nur natürlich war« in einem Zustande tiefer, geisti ger Depression"befand, und —- und—'« »Sie sagen mir nicht die volleWahr heit, Prinzi« Mit zuckenden Lippen nnd geisterhafi aufgerissenen Augen Wand bei-they eben noch ein Bild voll ket Hoffnung, jent wie zu Stein er arrt, ds: ihm. Mit iie em We in feinen Zügen trat B ed di t an bettha heran, und sanft ihre Hände ergreifend, schil derte er ihr mit schonen-en aber den noch rthsas Herz grausam treffen den otten den lethatgifchen Zu stand Quem er bat sie inständigst, nicht zu ver age und ihren alten Muth zu wa ten. »Weil-en Sie 7 . att nnd tapfer, Comte e, wie Sie es Eis waren; es wird B etung einne -; wie wollen die Hoffnung nicht sufgeben,« schloß et unt tief bewegter — M — , «« weith» few sWorten Huspse nzuammew »aber W sinnend-illa « « ·.;.ewsdie-gstM-W MONEY I XII gem Schweigen fragte sie plöhlich: »Und in Lecarno ist er jetti« Der Prinz nickte stumm. Wieder entstand eine unheimlich I lange Pause. s ,,-Datte er keine Frage nach mir? —" F brachte die Un liickliche hervor. - « Der Prinz chtittelte leicht denKapsi Ein Frauen ttingendes, wildes, kurzes ufs dran plötzlich aus hetthat sen ; wie nnios vor Schmerz drehte- sie ihre Stirn gegen die Mauer des Partei Minuten lang lehnte sie sp, ein Bild nnsii licher Ver weiflnn , an dem ein, dann fchnellte Ssie plöylich in die höhe, aus ihren Augen waren Schmerz undVer zweiflung wie weggewischt, dafür lo derte jetzt in ihnen eine stahlharie Energie und unbeugsame Entschlossen heit. Unvermittelt und rauh tönte « ihre grage an den Prinzem »Haben ; Sie eld bei sich?« Der Prinz blickte sie erst erschreckt, dann mit plötzlichem Verständnis an; er hob abwehrend die Hände auf, dann ließ er sie schnell wieder sinken, ein tur er, aber heftigei Kampf malte sich in feinem ehrlichen Gesicht, »und kurz und be immt sagte er: »Ja wohl, Comte e.«' Gleichzeitig faßte er in sei ne Brusttasche, und nach vorsichtigem Blick auf die Baronin, die den Beiden zufällig den Rücken drehte, reichte er Hertha stumm eine kleine Geldtasche. »Ich danke Jhnen2« war Alles,waz sie sagte und steckte hastig die Tasche fort. »Sie werden sich von meiner Tante noch verabschieden wollen, in defz ich je t in dasSchloß zurückkehre,« fuhr sie ort, den Prinzen mit einem unbeschreiblichen Blick ansehend. Dieser mußte den Blick verstanden haben, denn er neigte sich tief aus die Hand Herthas nieder und drückte einen langen, warmen Kuß auf dieselbe. »Gott mit Jhnen!" sprach er, richtete sich schnell wieder aus und sprach mit gelassener Stimme: »Mir fällt eben ein, mein Kutscher muß schleunig nncd der Stadt Raiden fahren. In einer Stunde geht von dort der Schnellzug nach Hannover, zu dem er einen Brief von mir hinhringen soll; er fährt wohl am besten den tleinen Feld-de der von der hinteren Pforte Jhres artes ahbiegt. Entschuldigen Sie mich eine Augenblici, ComteßI Er wendete sich schnell ab und rief den Kutscher her bei, dem er hastig einige leise Befehl gab. Der Wagen rollte gleich daraus um die Ecke des Partes und entschwand den Blicken der Anwesenden Heriha preßte die Hände auf ihr wild tiopfendes Herz; ein Vkick tief sten Dantgefiihles sagte de m Priizen mehr, als es Worte zu thun ver: noch ten Die Beiden traten jetzt nr atten Baronin, ohne ein weitere-H « ort mit einander zu wechseln. »Der Prinz möchte sich oon Dir ver adfchieden Tante,« sagte Her-ihn mit vollkommen ruhigem Ton; ,,ich gehe indeß auf mein Zimmer, zisn ein toeni g uhkuhem da ich mich seh-· tngegriiien u e Mit schnellen Schritten verschwand ssie im nnern des Schlosses; sie begab Isich au ihr Zimmer, warf ein Paar Zeilen hin, welche ianteten: »Ich kann dies Leben hier in der - Gefangenschaft nicht länger ertragen 4 Lebt wohl! Gott verzeihe Euch, was Jhr mir angethan habt. Kettha Hieran warf sie ihren ntel nn setzte sich einen Hut auf und schlie! sich durch eine Seitenthiir in den Pat. ·. Als die Baronin egen Abend in die Zimmer der Comt e trat. warhertha nicht mehr da. Als sie bestürzt nnd er- » schreckt umherfuchte, fand sie auf dem 4 Schreibtisch ein an sie adressirtes Couvert, das den Zettel mit Herthas ’ ’?ihschiedstvorten enthielt. okanunernd inlitd zitternd war sie zum Uraer ge- . et . Dem ersten tosenden Wuthanfalle des altn rn war eine wilde Un ruhe und iße Angst efolgt. Glauhte er zuerst, sein Kind ei nach Berlin entslohen zu der Mutter Kurts, den er noch fiir dort anwesend hielt so » lUUx cc UUUUU Zuluuscluilllllclh Auw dem sein Kammerdiener von dem Bahnhof Kartzow die Nachricht zu rückgebracht hatte, daß dort Niemand die Comtesse gesehen habe. Herthas Abschiedszeilen konnten demnach nur die grauenvolle Bedeutung eines be absichtigten Selbstmordes haben. Sein letztes Kind hatte feinem Leben ein freiwilliges Ende gemacht, weil der eigene Vater ihm kein milder und ge rechter-, sondern ein.mitleidslofer und grausamer Richter gewesen war. Eine flüchtige Untersuchung der Garderobe hatte ergeben, daß nur ein Mantel und ein einfacher Hut von Hertha fehlten; alles Andere fand sich unberührt vor. So wurde denn die gesammte Dieneeschaft aufgeht-tm nach der Verfchwnndenen zu fachen. Der Reichsgtaf irrte allein in Bart und Wald umher, mit zitternder Stimme fortwährend laut den Namen seines Kindes rufend! —- Jedt wv tt furchten mngäh die Tochter ftir ewig verloren zu ben, brach plötzlich wie deeJnit voller Hefti teit die so lange zuruckgediimmte atetliebe hervor, und wilde Reue erfaßte sein Herz. — Und mit der Reue kam die Eintehr. Ek, er allein hatte die ganze Schuld, feinem Starrsinn und feinem Hoch muthe mußte erall das Fürchtetliche zuschreiben, was ihn in deefem lesten Jahre getroffen hatte. Um dieses muthes willen hatte er zwei lie de Hei-M von einander seit en »3vez edle um in Leid und » » - zweifl-me gestützt: feiaöochmuth Im die indirette Veranlassung u seines Sohnes Tod, und dieser ochmnth hatte fest sein leites Kind zu seinem dunkeln Wege getrieben. Wäre denn, so fragte der alte Herr sich jetzt, die Welt ans ihren Ding-la gewichen, wenn ein Reichsgraf m herzen seiner TochterFretheit gewährt und sie die Gattin eines braven Man nes hiitie werden lassen, wenn diesem auch die mehrziniige Krone im Wap pen fehlte? Hatten sich nicht schon-»Für fteniinder mit gesellschaftlich weit un ter ihnen Stehenden verbunden« und die Erde war doch ihren ruhigen Weg weitergegangen? Waren denn das ; Glück und das Leben seines Kindes » nicht mehr werth gewesen« als ein lee rer Name? — Unter solchen Gedanken irrte der Graf, von verzweifeltem Jammer und bitterster Reue gequält, bis tief in die Nacht hinein durch die Wälder, alle Augenblicke lauschend, ob er nicht ei nen Hilferuf vernähme oder ob nicht von irgend woher ein Ruf der suchen den Diener erfolge, der ihm anzei ie, daß sie sein todteö Kind gefunden hat ten. Erst gegen Morgen kehrte er todtmiide und gebrochen in dazSchlosz zurück. Stundenlang saß er dann in einem Lehnsessel vor seinem Schreib ttsch, ein Bild Herihas vor sich, das er mit starren, thriinenleeten Augen an schaute. Neuntes Kapitel. Locarno, liebliches Kleinod an dem Ufer des schönsten aller oder-italieni schen Seen, des blauenLago maggioee. Wer, der dich iennt, hört deinen Na men nennen ,ohne daß ihn unendliches Wohlgefiihl durchrieselt und Bilder von unendlichem, landschaftlichemReiz und von sonniger, lachender Schönheit sich sofort vor sein geistiges Auge drängen? Schön bist du im Herbst, wenn die Kastanienwälder im vollen Schmuck ihres Landes die Felsenberge mit saftige-n Gran bedecken, wean die blauen Trauben an allen Hängen un ter den Weinblättern hervorlugen und Rosen und Chrysanthernum duften. Schön bist du auch im Winter, wenn wochenlang ein tiefblauer Himmel über dir leuchtet und eine südliche Sonne die mit Schnee bedeckten hoch alpen mit ihren Strahlen vergoldet und mit fornmerlicher Wärme die Menschen beschenkt. Aber am schön iten bift du doch zur Zeit des Früh jahreg, wenn in allen Gärten die mächtigen Kamelienbäurne in voller Blüthen-Pracht stehen, es überall sprießt und sproßt, die gewaltigen Al pen dir gegenüber, bis weit herunter mit gliyerndem Schnee bedeckt, in den Strahlen der Sonne märchenhaft leuchten, der See in allen Farben funkelt, und eine reine. ’ balfarnifche Luft den Glücklichen, die sie hier alb men dürfen, neue Lebenskraft und wonniges Behagen giebt. Einer der fchiinften Punkte in, der unmittelbaren Umgebung von Locar no ist die auf einem steilen, von wil den Schluchten umschlossenen Felsen erbaute Wallfahrtsiirche »Madonna del Sasso«, zu der ein wenig anstren gender Spaziergang in einer kleinen halben Stunde herauffiihrt. Hier, von der Loggia der Kirche aus, ge nießt man den weitesten und herrlich sten Blick auf Locarno und den Lago maggiore, auf die Alpen mit ihren wildgezackten Häuptern und eine statt liche Reihe von Wäldern, Dörfern und Städtchen, die sich theils dicht an den Ufern desv Sees entlang iehen, theils auf der halben Höhe der schroff in den Lage hinabstürzenden Alpen wie angetlebt «ngen. Man findet nicht leicht nu der Erde einen schö neren Rundblick und deshalb gehört der Besuch der »Weil-onna del Sasso - zu den Lieblingsfpaziergiinåen der zahlreichen Fremden, die a jährlich hierher bilgern« um in Locarnos schö . ner Luft und herrlicher Umgebung j neue Stärkung zu finden. ; Auch für Kurt Thal und feine E Mutter bildete die Kirche der Madam J na del Saffo den Zielpunkt der mei ften Spazier ange. JeDie Ruhe und traumhafte «tille dort oben schien dem Kranken wohl zu thun; stunden lang faß er hier« den matten, aut druetilofen Blick auf das Naturpanos rastna vor fich gerichtet. gleichgilttg und stumpf gegen alle Versuche der Mutter, irgend ein Intere e oder eines knnere Bewegung ber ihm vorzum en. A« Dteteg tethargische Hintmnmern ihres Sohnes mitanfehen zu müssen, ohne helfen zu können, nagte schwer am hetzen der alten Dame. linke-ill liitlich begann sich der bittere Groll iiber das grausame, unIreckie Schick sal auf die unschuldige rsache dessel ben, die Comtefse hertha, zu übertra gen. Dadurch, daß diese in das Le ben ihres Sohnes getreten war, hatte sie ihm das Unglück gebracht. Wieder einmal saßen an einem Nachmittage Mutter und Sohn auf ihren kleinen, mitgebrachten Feldstiih len in der Säulenloggia der Kirche« Kurt schien heute noch theilnahms loser, wie sonst. Den Kopf auf die Brust geneigt, starrte er mit halbge schlossenen Augen vor sich nieder und erhob denselben auch nicht, ·als ein plöhlichej Rauschen von Damenkleis dern in seiner Nähe den Besuch einer Fremden anzeigte, die jedenfalls auch den himmlischen Rundblick genießen ,wollte. Erst ein lauter, erschreckter Ausruf der Geheimräthin und ihr heftiges Rufst-ringen liefz ihn langsam « den Kon heben. Matt schlug er die Au Jl c— gen aus, da —- verschiirfte sich plöhlich sein Blick; sein Athern schien zu stocken, ein leichtes · ittern übersiel ihn, eine geisterhafti Lisse überk- seineWan gen, um gleich daraus ern-.- tiefen Ris the Pia zu machen. Er versuchte aufzuste n, sant jedoch wieder zurück und streckte zitternd die Arme aus, während sich bebend das eine Wort aus seinen Lippen hervordriingte: »Herths!« Ja, sie war es, die da vor ihm stand, ebenso zitternd und behend wie er, mit hesien Thriinen in den Augen! aKurt!'· stieß sie hervor. Ausschiuch zend lag Sie neben ihm aus den-knieen, ; mit ihren Armen ihn umschlingend, ! ihr Haupt an seiner Brust bergend.—— ! »Herth.«.— meine Hertha!—« stam melte Kurt, Init seinen Händen vor sichtig, nur tastend über ihre Wangen fahrend, als ob ihre Erscheinung nicht Fleisch und Blut, sondern nur ein schönes Traumbild wäre. das bei der Berührung sich in nichts auflösen müßte. Aber nein, es blieb, es war wirklich seine Hei-tha! Ein turzeä Ausschluchzenx dann strömten seine Thriinen hervor und mischten sich mit denen der Geliebten. Wie lange die beiden glücklichen Menschen dort oben geweilt hatten, waren es Minuten, waren es Stunden gewesen, sie wußten es nicht zu sagen. Die Zeit war fiir sie verschwunden. Das Herannahen der Mutter, die sich leise, und unbemerkt sortgeschlichen hatte und thräneniiberströmten Ge sichtes in die Capelle gegangen und dort zum Weltenlenier ihre heißen Dantgebete hinaufgeschickt hatte, störte die Liebenden aus ihrer Versunienheit auf. Heriha stürzte sich in ihre Ar me. Und da stand auch schon ihrSohn neben ihr, frische Thattrast und un- I endliches Glück aus den Augen strah iend, und erheischte auch seinen An theil an den Zärtlichkeiten der Mut ter. Lyiuarrmerezucentchen hatte vie Log- " zia dort oben wohl noch nie in sich ge vorgen Die Mutter drängte zum Abstieg. Ueber den Pilgerpsad, der mit den Bildern aus der Leidensgeschichte Christi besetzt ist, kehrten sie langsam nach Locarno in das direlt am See gelegene und um seiner Ruhe willen aus Anrathen der Aerzte von Kurts Mutter als Pension gewählte Hotel Reber zurück, in dem auch Hertha ab gestiegen war. So gern die beiden Liebenden auch noch stundenlang zusammengeblieben wären, hatten sie sich doch so uner meßlich viel zu sagen, so fügten sie sich doch dem Gebote der Mutter, die siir Rurt nach der großen Erschiitterung des heutigen Tages Ruhe wünschte. «Morgen ist ja auch noch ein Tagt« sprach sie lächelnd. »Und übermorgen und die ganze Woche und noch viel —- viel Wochen sind auch noch Tage!« jubelte Hertha. »Ein ganzes Leben lang liegt jeht vor uns voll gemeinsamer Tage,« sag te Kurt, »denn nie, nie mehr lassen wir uns von einander trennen; nicht wahr, mein Lieb?« «Rie mehr!« Mit der Feierlichteit eines Eides erklang es von Herthas Lippen, indem sie sich sest in Kurts Arme drückte. — Für Kurt und Hertha solgten jetzt eine Reihe traumhast schöner Tage. Jn dem vollen Bewußtsein ihres schwer ertiimpsten Glückes genossen sie den ganzen Reiz, den dieses selige Ge siihl jeden Tag neu in ihnen erweckte. Zusammen mit der Mutter machten sie täglich Aussliige zu Wagen und mit den Salondampsern in der para diesischen Umgegend von Loearno und aus dem einzig schönen Lago maggiore. » Kur-PS Gesundheit kräftigte sich unter der Sonne des Südenj, die ihn beschien, schnell, und bald war er wie der geistig und körperlich der Alte. - Auch Dertha erholte sich wieder zu voller Kraft und Schönheit; nur in ihren Augen schien häufig ein leichter Schatten zu ruhen« der jedoch stets verziehn-and sobald der Geliebte sich na . In den ersten Tagen nach dem Wiedersinden hatten sie Beide nur der . herrlichen Gegenwart gelebt und den löstlichen Augenblick genossen, dann aber trat die Frage über die nächsten ; Schritte, die zur ewigen Vereinigung führen sollten, in den Vordergrund ih rer Erwägungen geriha war majorenn; sie bedurfte da r der vöterlichen Zustimmun zu l ihrer Vermählung in der Scsweiz 1 nicht. Es war jedoch nöthig, daß sie « sich die betreffenden Papiere aus ? Deutschland verschasste; und wie J lonnte das leichter und besser gesche- « hen, als durch den treuen Freund da- I heim, welcher der Gründer ihres Glü ckes gewesen war und dem fee Beide dafür tiefsten Dank schuldetens Jn einem langen Briefe berichtete hertha dem Prinzen die letzten Ereig nisse und theilte ihm ihre utunfts pläne mit. Kurt hatte hesch offen, sich seine Entlassung aus dem preußischen Dienste zu erhitten und seinen festen Wohnsitz sortan in der Schweiz zu nehmen, da ihn nichts mehr nach dem Norden zurückzog, und die Nähe von Herihcks Vater und ihrer sämmtlichen Verwandten nur peinliche Consliete oder wenigstens doch Teilbungen ihres Glückes hervorrufen konnte. Auch mußte er anne men, daß der grosse Einfluß des eiehsgrasen siir seine weitere Staatslausbahn hemmend und lähmend wirken würde. Er wollte zur Lehrthiitigteit übergehen und sich W an der Universität Zittich als Privat docent habtlitireru Und Alles berich tete Hertha ausführlich dem fernen Freunde. Der Brief war abgegangen, und Hertha berechnete im Voraus, wann er ankommen und wann Antwort ein treffen könnte. Aber die Antwort tam nicht und die leichten Schatten in Herihcks Augen wurden wieder tiefer; selbst die Nähe Kurt’s vermochte diefe nicht immer zu dannen War es beginnende Reue, die Her tha peinigte? Sicher nicht; sie war sich bewußt, recht gehandelt zu haben; ihr Gewissen sprach sie von jedem Zweifel frei. Was war es denn? Sie konnte sich selbst teine tlare Antwort darauf gehen: sie nannte es innere Ungeduld und fühlte doch, daß es nicht die rich tige Bezeichnung war. Vielleicht war es Heimweh? Oh, nein, hier bei dem Manne ihrer Liebe war ja ihr Heim. Sie tramte gerade, während sie diesen Gedanken nachgab, unter den weni gen Kleinigkeiten herum, die sie bei ihrer eiligen Flucht in die Taschen ih res Mantels gesteckt hatte, die spärli chen Briefe von Kurt aus dem Anfang ihrer Verlohun szeit, ein kleines No tisbuch, getro nete Blumen aus Monte Carlo, ihr Ta ebuch und eine Visitentartentafchet echanisch schlug sie die lehtere auf; es wat ein elegan tes Täfchchen mit mafsiv silbernen Deckeln, ein Gehurtstagsgefchenl ihres Vaters. Da fiel ihr Blick erschreckt auf die Jnnenfeite des einen Deckels. Das Bild ihres Vaters schaute sie an. Und nun mit einem Male wußte fie, was sie fo unruhig machte, was ihr troh allem Glücksgefiihl fehlte und wonach ihrherz sich heimlich sehn te; sie zog heftig das Bild an ihre Lippen und tiißte es heiß. »Ja, Vater, Du und Deine Ver zeihung fehlen mitt« flüsterte sie leise ..Unb das ich sie entbehren muß ims ich ohne Deinen Segen in das neue Leben treten soll, das — das bildet eine schwere Bürde in meinem Glück." Sie starrte lange auf das Bild des Vaters nieder.·-—— Plötzlich richtete sie sich mit schnellem Entschtuffe auf. Habe ich denn um seine Verzeihung ge beten fragte sie sich; ist es denn nicht meine Pflicht, um seine Liebe zu rin gen? Jst es denn recht, daß ich dem ringen als meinem Stellvertreter überlasse, siir mich bei dem Vater zu sprechen? Hertha eilte zum Schreibtisch und mit fliegenderEile ging die Feder über das Papier. Mit rührenden Worten sprach sie ihrem Vater noch einmal von ihrer Liebe; sie legte ihm tlar, warum sie fo, wie sie gehandelt hatte, hätte handeln müssen und bat in be wegten, aus dem nnerften ihres Her zens kommenden, irhevollen und zärt Iichen Worten um feine Vergebung!-— Nachdem Hertha den Brief conver tirt und zur Post befördert hatte, ath mete sie wie von einer schweren Last befreit auf. Mit hellen Blicken trat sie zu Kurt und erzählte ihm, daß sie ihrem Vater geschrieben habe. Dieser freute sich um hertha’s wil len darüber, weil sie dadurch ihr Ge wissen entlastet hatte, bezweifelte aber innerlich, daß dieser Schritt den ge ringsten Erfolg haben würde, da er den Starrsins des Reichsgrafen hin länglich kannte. Hatte er doch gleich in den ersten Ta en nach Hertha’sAn tunft, selbst in ewegten Worten an den Grafen geschrieben und fiir her tha gebeten. Er fühlte, was sie aus Liebe zu ihm aufgegeben hatte, und wiinschte sehnlichft, ihr als schönstes Hochsttsangebinde die Verzeihung ih res aters überreichen zu können. Aber es war keine Antwort auf die sen Brief eingetroffen Das Vater haus war fiir hertha verloren. In das Schloß Kartzow war wie der Ruhe eingekehrt, aber es war eine unheimliche Ruhe, wie sie in einem Hause rrscht, wo eben der Tod Ein tehr ge lten hat. Der Reichsgraf hatte sich an dem Morgen nach jener schrecklichen Nacht von seinem Lehn stuhl-— rthplken und stand tm Begriff, verde) Vienerschoft neue Jnitructionen zu weiteren Nachforschungen noch dem Verbleib seiner Tochter zu geben, als-« Prinz Bernhard sich meiden ließ; er trat ihm heftig entgegen. Sie wis fen schon —-—-?'« fragte er mit vor Schmerz halb ersiickter Stimme, dJDaß Comteß Hertha heimlich das Schloß verlassen hat? Zuwahl, herr Gros, dies weiß ich, un daß es ge schehen würde, wußte ich schon ge stern!« erwiderte der Prinz ernst. Der Graf blickte ihn verständniß los an. »Sie wußten es schon gestern? Wie durften Sie es zulassen, daß sie in den Tod ing?« »Nicht in n Tod, Herr Graf! Um Sie von diesem schrecklichen Gefühl zu erlösen, bin ich hierher geeilt!« Meine Leute meldeten mir heute früh, daß man noch der Eomtefse suche, die sich in einem Ansalle von geistiger Stö rung gestern Abend aus dem Schloß l entfernt habe; man fürchte, sie habe ; ich das Leben genommen. Jch wußte I es besser —- Jhre Tochter lebt, Herr Satz« re lebt?! — hertha lebt?!« Angst, Freude, Unglauben tönte in der I Stimme des Grasen wieder. Zitternd - hieit er sich an der Lehne eines Sessels z »Ja, sie lebt!« entgegnete der Prinz und erzählte nun die Ereisnifsn wie sie sich zugetro en halten bis zu dem Moment, too rtha den Wogen des Prinzen bei der Cisenbahnstation ver ( W lassen hatte. Er gab ehrlich und of fen seiner Antheil an der Flucht zu, a er lud die Vanptschuld auf sich, in dern er behauptete, daß sein Zureden Hertba zu ihrem Entschlusse bewogen habe. »Sie mußte so handeln, wenn ihre Liebe eine echte war. —- Blieb sie, so ging derMann ihrer Liebe rettungs los zu Grunde, und, wie ich dieEom tefse kenne, hätte sie den Tod des Ge liebten nicht überlebt! — Was heute glücklicherwei e nicht geschehen ist, das wäre um so icheter dann erfolgt, und Jhr Suchen nach dern todten Kinde, Herr Graf, wäre dann nicht erfolglos geblieben.« Er blickte dem Grafen mit tiefem Ernste in’s Antlitz, eines heftigen Zornesausbruches gewärtig. Doch —- wns war das? Das ehrliche Gesicht des Prinzen zeigte eine voll ständige Verbliifftheit, die sich dann plöhlich in freudigfte Erregung ver wandelte. Der Graf war in einen Sessel ge sunlen und hatte beide hände vor das Gesicht geschlagen; ein ltampfhaftes Zacken durchbebte den mächtigen Kör per; dann, der Prrnz glaubte erst nicht recht zu sehen, guollen einzelne schwere Tropfen durch die Finger der hände des alten Herrn. »Thränen? Dieser eiserne, harte Mann, weint?« sagte sich der Prinz verwundert. «Gelten diese Thränen dem Verschwinden oder dem Leben seines Kindes; sind ed Thriinen des Schmerzes oder der Freude?« Die ersten Worte des Grafen sollten dem Prinzen Aufklärung geben. »Mein Kind lebt-. es lebt! Allmäch tiger Gott« Du hast es gnädig mit mir gemeint!·' rief der besorgte Vater aug. Wie ern Leuchten ging es über die Züge des Prinzen; unwillkiirlich fal tete er wie zu einem stummen Dankge bete die Bande-— Die Todesangst, die der Graf in den lehten Stunden durchlebt, hatte sein Herz jäh wachgeriittelt und das Eis, mit dem er dasselbe künftlich umpanzert hatte, durchbrochen. Jn jenen furchtbaren Stunden hatte er erkannt, wie tief die Vaterliebe zu Heriha in feinem Innern wurzelte und wie dieser Liebe gegenüber ihre Schuld federleicht wog. Sein Kind lebte! Nun follte es aber auch em pfinden, dafz das Vaterherz ihr wie der geöffnet war. Was sie Böses er litten hatte, das sollte ihr reichlich wie der gut gemacht werden· Sie lebte! Noch war es alfo nicht zu spät, Alles wieder zum Guten zu kehren. Mit fast jugendlicher Kraft erhob der Grhf sich aus dem Sessel und streckte dem Prinzen die Hand zu kräftigem Drucke entgegen. »Ich habe Ihnen gestern schon einmal danten müssen, weil Sie mein Haus vor tie fer Schmach bewahrten; heute danke ich hnen wieder, denn Sie haben due Jhr mannhaftes, opferfreudiges und treues Handeln an meiner Toch ter, meinem hause die Sonne wieder ge eben. Erft die Angst um mein Kind hat mich erkennen lassen, was sie mir ift und was ich in engherzigem Hochmuth an ihr gefehlt habe. tiefster Erregung erwiderte Prinz Bernhard: «Jhre Worte, herr Gras, machen mich wahrhaft glücklich; ich habe bei meinem handeln nur an das Wohl und das Beste fiir Comteß Hertha gedacht; ihr so viel an Lebens glück zu retten, wie es möglich war, ohne das Sie ihr vergaben, hatte ich mir zur Aus abe meines Lebens ge stellt; seht er t wird ihr Glück ein voll tommenes sein.« Der Graf hatte den Prinzen mit feuchten Augen angeblickt. »Wie viel besser und edeler sind Sie doch, lieber Prinz, als ich,« sagte er mit leicht zuckendem Munde; »Sie, der Sie einft gehofft hatten, hertha für sich zu ge winnen.« Plat- k---1.-« DE- —!t.t sp-— —-!— « »He-eh spukt-»Ist Wir tun-» uuu mu, unterbrach ihn hastig der Prinz und fuhr mit etwas schmerzlichem Lächeln sort: »Ich habe restgnirt und mich aus das Altentheil des Freundes zurück gezogen; lassen wir daher das Ver gangene.« Und schnell, um den Gra sen von diesem Thema abzuziehen, sagte er: »Ich lasse Sie jetzt allein. Die Adresse der Comtesse ist Locarno Poste Restante; wenn Sie heute schrei ben, hat sie in zwei Tagen Jhre Ver zeihung.« Der Gras nickte zustimmend; doch plöhlich stieg ein beunruhigender Ge danke in ihm aus. »Aber wie?« rief er auf-; »wenn ihr meine Verzeihung gleichgültig, wenn ihre Liebe zu mir geschwunden ist? Wenn sie in ihrem Glücke meiner nicht mehr bedars?« Der Prinz schüttelte lächelnd den Kons. Rennen Sie Jhr Kind so we nig? —- Aber gut, lassen Sie es» aus die Probe ankommen; warten Sie mit dem Schreiben bis sie selbst um Ihre Verzeihuna bittet.« »Und wenn sie es nicht thut?" Die ganze Seelenanast welche der Gras seit dem gesiri en Abend durchlebt hatte, tiinte in m Ton seiner Stim me wieder. Der Gedanke, seine Her tha könne, wenn auch lebend, sür ihn" todt bleiben wollen, machte seinherz von Neuem erzittern. »Sie wird es thun!« sprach der Prinz. - Wie sicher das klang. Und der Gras wartete, Tag siir Tag, ebenso wie Dertha in Loearno aus einen Bries des Prinzen wartete. Von Ta zu Tag sant seine Hoffnung mehr; sein aupt beugte sich in irauerndem S merz immer tiefer. « (Schlusz solgt.)