Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 17, 1901, Sonntags-Blatt, Image 15

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    .-"«sz Ofenen Schreibebrief non FE
cizzie Hanfstengex
No. 84 Heu ich
Jhne dann schon
verzehlt, daß mer
Kompenie hen
kriegt? Jehö, die
Anna is do; wisse
Se, die Anna is
« das Mehdche, wo
:- ’:" mer in Perris an
die Weltsfehr hen
kenne gelernt un
wo ich inweited gehabt hen an uns zu
kahle. Well, jetzt is se do, un ich muß
sage, daß ich noch nie e diejenteres
Mehdche hen kenne gelernt. Wi die
Anna sann mer gar tei Mehdche mehr
- rufe, die is e Lehdie un das is all«
was se is. Se hot e Weus, sell is e
Dehntiez ei tell juh, die kann wahr
bele, daß es eim ganz grien und
schwarz in Front von die Auge wird.
Sie is e große Singer un mer hen so
lang an se getahki, bis se ihren Meind
uffgemacht hot, mit ihre Weus zu«
ikitfowele. Der Phil, wo mein Hos
band is, der is ilfr Mennenischer un.
ei tell fuh, der ver tehts! Wei ich hen
nie gedenkt, daß soebbes in ihm wär.
Off Kost-Z gleich ich nii so eckstra, T
daß er o viel mit die Anna fortgeht«
awwer ich lann doch nit helfe, das is
Bißneß un dann is auch die Anna e
viel Änjtrehtes Mehdche; off Kohrs
ucu pyu II uu zu non-, um«-u sau
wern ja seyn. ennihau muß ich e wenig
ilohs wat che. De annere Dag hen
ich mol en Kahl an die Missuö We
desweiler gemacht. Se bot er cht gar
nit gwißt, was te sage sollt. » mei,«
hot se gesagt, »ich hätt dich ja mitti
niehr gar nit geiennt, o mei, was en
strebnlchet Beinch! ch hen gedenkt,
eidem du die sie lische Kompenie
hättst, deiyst du die arme Leit gar nit
mehr lenne. Well, well, setz dich doch
wenigstens e wenig. Nemm en Stuhl
un dann lanst du auch e Kopp Kassee
den« ebbes strongeres will ich dich garz
nit offere, bilahs Jhr scheint den
Stoff, wo mein Hosband in sein’
Stobr hol, nit mehr zu gleiche." Sell
war ofs Kohrs en Hint, weil der Phil
oen Wedesweiler schleich duht un nit
mehr in sein Saluhn geht, awwer ich
heu-geäcit, als wann ich se nit verstehn
deht. Mer ben von den Wetter ge
talstt un von di Lahdlch un do is die
Wedesweilern so bei un bei widder e
weni wärmet gworde. »Lizzie«« hot
se use eimal gesagt, »ich hen en große
Kummer un ich ben iein Mensch, wo
ich emol meiherz’che ausschiitte tann.«
Wei, watts die Miitter mit dich? hen
ich gesagt. Wisse Se in die erschte
Lein sin ich akig neigierig gewese, wag
dan eigentlich die Mütter mit den
Wedes«weiler’n sein könnt un dann hen
ich doch auch e wenig sarrie sor se ge
sieblt. Znetscht hot se gar nit mit die
Sprach eraus gewollt, wie ich se
awwer e wenig getiest heu, do bot le
estatt zu greine un sagt, ach Lizzie
got se esaat, ich sin so atig unglick
lich, dag ich dich’s gar nit sage kann,
mein Alter sauft lo schrecklich un er
duht gar nicks mehr um mich gewwe.
O, well, hen ich gesagt, so schlimm
werd’s doch nit sein. Jehs, bot se ge
sagt, es is noch viel schlimmer un ich
duhn’s erscht nohtisse, seit dem der
Phil mit mein Mann den Rrach ge
habt hat un nit mehr in sein Platz
komme dicht. Seitdem dubt der We
desweilet m ein Stick Bierche drinte
un er is die mehrlchte Zeit unner den
Jnsluen3. Wann ich nor ebbes wißt,
wi ich das beese Häbbit breche könnt
ich dedt wer weiß was, ichs, ich deht
einigesdrmn gewwe. L Ammliebste deht
cui Hcclwc, IUUIUI Ucl Mcscslscllck
ganz ausverlause deht un deht ebbes
annerschter starte. Wischt, er duht
auch gar kein Bißnes mehr, seit dein
Hosband nit mehr komme duht. O,
well, hen ich gesagt, do kann ich mein
Phil gar nit so arig for blehme. Der
Wedegwciler hätt ihn different triete
solle; mein Mann is doch sozusage
auch lein Nindvieh un tann noch lang
nit alles stende, was einer zu ihn
duht. Do hat die Wedel-weitern e
Fehg gemacht un hot gesagt, der We
desweiler hätt ganz recht gehabt; der
Phil deht denke, weil erepaar Schil
ling mehr hätt wie ihr Alter« do wiir
er de ganze Busch; er deht denke, mit
die Saluhntieper do könnt mer mache
was mer wollt, sie wißt awwer, daß
die Saluhnlieper gewissermaaße auch
Mensche wäre. Do hen ich gsagt:
Sell is Nonsenz, ich weiß gut genu ,
daß die Saluhnlieper auch Mens e
fm un se sin sogar ganz nothwendige
Mensche un mitaus Saluhnkieper
lann mer gar nit duhn, denn wenn’s
keine Saluhnø mehr gewwe deht, dann
mißte die arme Männer elendig ver
dorschte un das gleicht teine diesente
Frau. Awwer es hot unner alle
Klasse Mensche schmarte un dumme
un die Saluhntieper wer'n wohl auch
leine Eckzepsckzcn von die Ruhl sin.
Sell is sor die Wedesweilern zuviel
givese. S hat g agt, ob ich damit
meine deht, daß i rn hoshand e Ka
meel wär odder» gar e Rindsoiehch
Jch hen gesa t,- ich deht gar nicks mei
ne, awwe: ie müßt ja am Beste wisse,
was ihm Voskand wär, ich wißt ganz
genau, wag er wär. Gasch, do is
awwer die Wedesweilern mähd ge
worde. »Du enseltiges Dicht-, hot«se
gesagt, ich sage mich los von dir. Jch
kenne Jhne nit mehr, mach Se, daß
Se autseit komme, du bist grad so
dumm wie dein Hoshand.« Do hen
ich awwer emol diesend ausgepacctx
»Wede5weilern,« hen ich gsagt» Jud-e
hiek, du bist so dumm, daß dich die
Guhses heiße; wann ich en Hund wör.
dann wollt i dich noch nit soe en
Freind heu. ein Hosband is anz
techi, daß et nii nieht zu beim ann
geht, der is viel zu siinschie sot eini
en gebildete Men che, er is mit eiin
ort e Rinohzet .'« Sell hoff ge
» settelt. Was is eti hoi die Wehes
I weitern gesagt un befohr dasz ich hen
ennsere geiönnt, do hen ich eine »usf
mei lesstseit Ohr gehabt, daß ich ganz
dissie geworde sin. Mistet Chitin-L
ich sm schuhr genug teinFeiter, awwer
jetzt is es los gange. Wei ich hen die
Wedesweiletn en Opperkott gewwe,
daß se de lan e Weg hingefalle is,
dann sin ich u s se getschumpt un hen
se doch so Verhammat cht, das es e
Schehm war. Jch hen se geschttätscht
, ich hen se geiLe und ich weiß gar
» nit, was ich alles zu se gedahn ken.
I Jch sin u mähd gewese. Ei tell sub,
ich sm efchehmt von meiselbst gewese«
owtvet unner die Zitiumstenzes hen
ich doch nicks annetschter duhn könne.
. Jch denke, jetzt hot unser Freundschaft
mit die Wedesweilersch e Loch. was
nie nit zuheile duht. Mit beste Rie
gahrs Juths
Lizzie Hansstengei.
Ihr erstes Bouquct.
Von L. Dillon.
Y, .
Hinter dem Stoffvorhange, der die
Arena von den intimen Regionen des
Eirtus scheidet, roch es nach Süge
fpöhnen, Gas und neuem Holz. Von
einer Seite tlan das ungeduldige
Stampfen der Pferde, von der ande
ren die Töne des Orchesters. Durch
eine Oeffnung im Vorhange waren —
in amphitheatralischen Reihen —- die
Köpfe des Publikums sichtbar.
Ein jugendlicher Reiter sprinat
durch Papierreifen, zwei Clowns er
gehen ssch in den alten albernen Spä
ßen, und das Publikum applaudirt wie
gewöhnlich.
Draußen in dem sogenannten Gar
derobenzimmer stehen und liegen ver
schiedene Requistten für eine Panto
mime, ein Teppich für den Atrobaten
und Barrieren für die sprin« enden
Pferde. Ein frostschauernder unst
reiter, der einen Winterüberzieher lose
über seinen Tritotanzug geworfen hat«
lehnt an der Mauer. Jn einer Ecke
neben dem Vorhan» e steht eine Fami
liengruppe. Der ater, ein dicker,
blaß und ungesund aussehender Mann
in schwarzem Frack und gelben Glaces,
mit einem großen, imitirten Brillant
in der Kravattr, einer glän enden,
schwarzen Perrücke und gefarbtem
Schnurrbart, macht einen fast peinvoll
unechten Eindruck.
Die Mutter ist eine kleine, vertrock
nete braune Person mit dünnem,
schwarzem Haar und durchdringenden
Augen. Sie trägt ein fadenscheinige5,
fleckiges Wollkleid und einen verschaffe
nen, mit mottenzerfressenem Pelz ver
brämten Sammetmantel. Ein verbolz
ter Strohhut mit zerdrückter Feder
deckt ihr Haupt. Niemand, der sie jePt
sieht, vermag sich vorzustellen, daß re
dereinst der vielbewunderte Stern der
Gesellschaft gewesen. Nun sitzt sie ge
wöhnlich an der Thür und nimmt die
Billets in Empfang, um, so oft es
angeht, die erstarrten Hände in einem
alten, schäbigen Mnff zu vergraben.
Heute aber ist sie von ihrem Posten
dispensirt, denn heute feiert ihre Toch
ter Paula ihr erstes Debüt.
Das ist ein hochbedeutsames Ereig
niß, ja geradezu eine Lebensfrage für
die Familie, denn die Artisten dieses
Gent-es sind in der Regel darauf an
gewiesem ihre Kinder zur Stütze ihres
Alters heranzuziehen.
- Der Pater, dessen Glieder ihre Ge
H
Ichmeioigreu verloren, Iooatz «er das —
Reiten auf, eben mußte, macht sich nun
als Jmpre ario nützlich und schreibt
die Kontratte für die Artisten aus,
während die Mutter siir die Truppe
tocht und wäscht und die Kostiims mit
Goldtressen und Flittern benäht. Ja,
Papa und MamaCarrambino find alt,
und all ihr Hoffen beruht auf ihrer
Tochter. Zwar haben sie auch einen
Sohn, Ricardo, einen geschickten jun
gen Jongleur, der die gewöhnlichsten
Kunststückchen mit Tellern, Ballen etc.
macht, aber in diesem Fach ist zu viel
Konkurrenz und seine Einnahmen sind
nicht derart, um der Familie eine we
sentliche Unterstützung zu gewähren.
Doch Paula "-—— falls sie nur llug
ist und sich nicht an den ersten Besten
sorttvirst, der mit ihr schönthut —
Paula könnte das Glück der Familie
machen. Sie könnte einen Graien oder
Baron oder gar einen Fürsten heira
then. Auch ein reicher Bankier wäre
gar nicht übel. Wie ost hat man von
derartigen Fällen schon gehört. Und
ist Paula nicht ein hübsches, anmuthi
ges Mädchen?
Stolz und hoffnungssroh ruhen der
Eltern Blicke aus ihr, wie sie dort
steht, zwar bebend vor Kälte und Er
regung, doch ein Bild holder Lenzsri
sche mit ihren dunklen, leuchtenden Au
gen und dem üppigen rosengeschmiictten
haar.
Ein alter, weißer Mantel, den ihre
Mutter sor lich über ihren nackten
Schultern zusammengezogen, verhüllt
ihre Gestalt
Die Nummer ist beendet, ein Bei
sallssturm durchbraust denCirlus. Der
Atteur wird hervorgerusen und er
scheint noch ganz außer Athem, um sich
dankend zu verneigen.
Nun ist die Reihe an Paula. Ein
schneeiveiszes Pserd mit weißer, rosen
bestielter Satteldecke wird vorgesiihrt.
Sorglich löst Mama Carrambino
den Mantel von den Schultern der
Tochter, und gleich dem sich entbunden
den Schmetterling steht Paula jetzt,
—
strahlend von Jugend und Schönheit
inmitten duftiger Wolken von ro en
rothem Tarlatan. Ein mit Silber
tressen garnirtes Leibchen von rofa
Seide umfchlieszt ihre schlanke Taille.
Glazedelsteine von wunderbaremGlanz
funkeln an Hals und Armen.
Eifrig ordnei Mama Carrambino
die Falten des tur en Tarlatanrockes
und befestigt ein Rossenbouquet an einer
Schulter. Dann streichelt sie sanft die
dunklen haarwellen und küßt die Toch
ter, während ihre Thränen auf den
alten, schädigen Muff in ihrer Hand
niederträufeln. Nachdem Paula auch
den Vater geküßt hat, reicht sie ihm
die Hand. Papa Carrambino wirft
sich stolz in die Brust und führt sie mit
seinem stereotypen Artistenlächeln zum
Eingange der Arena, woselbst die
Kunstreiter in ihren Galakoftiimen
Spalier bilden.
Das Orchester spielt eine locken-he
Melodie. Der Vorhang fliegt zur Seite
und Paula erscheint im Arme des Va
ters und schaut mit lächelndem Blick
in den Raum. Verwirrt, geblendet
durch das grelle Licht, erschreckt durch
die Reihen der sie anstarrenden Häup
ter, bleibt sie einen Moment zögernd
stehen, dann sich ermannend, schwingt
sie sich graziös auf ihr Roß, ordnet mit
leichter Hand ihre rosafarbenen, Ge
wänder und läßt, mit ihrer kleinen,
silberbeschlagenen Peitsche spielend,
den Blick durch die Arena schweifen.
Ein kleiner Knabe in blauer Uni
form mit zwei Reihen blanler Kniipfe
bietet kleine Bouquets feil — schlichte
kleine Sträußchen von Jmmortellen,
Moos und in leuchtenden grünen und
rothen Tönen gefärbten Gräsern; doch
gleich den Glasedelsteinen, die Paula
trägt, erscheinen sie im Gaslicht nahe
zuAechL
Zug Paula langsam durch die Arena
reitet, fällt ihr Auge auf die hohe,
schlanke Gestalt eines jungen Mannes-,
äeslsen Hand eines dieser Bouquets
ii t.
Sie hat ihn tags zuvor während der
Probe gesehen. Von einer Musterung
der Pferde zurückkehrend, hatte er
einen Augenblick an dem Eingange der
Artisten gestanden undjden Vorhang
zur Seite schiebendk mit einem Blick
voll kühner, unverhohlener Bewunde
rung nach der kleinen Paula geschaut.
Jhr armseliger, häßlicher Anxug -——
eine blaue Kattunblouse und ein
schmutziger, zertnitterter Tarlatanrock
— hatte ihr jähe Schamröthe in die
Wangen gejagt Und schnell war sie
hinauizgerittmf
Später hatte sie von dern Direktor
gehört, daß es ein Graf gewesen, und
das konnte ja auch gar nicht anders
sein, er war ja so schön und el:gaist.
Ein kostbarer Pelzrock umhüllte die
hohe, gebietende Gestalt. Sein blasses
Gesicht war von feinem, ebenmäszigeni
Schnitt, ein blonder Schnurrbart be
schattete den auffallend schönen, doch
von einem miiden Zuge umlagerten
Mund.
Und nun steht er dort und schaut sie
an, und sie liest dieselbe unverhohlene
Bewunderung in seinem Blick. Das
Bouauet in seiner Hand ist sicherlich
für sie bestimmt. Jhr Herz klopft vor
Entzücken. Er ist so schön und ein
Graf, und es ist ihr erstes Bouquet.
Mit stolz erhobenem Kopfe und fei
nem unwandeloaren Lächeln tritt jetzt
Papa Carrambino an die Seite de
Pferdes und tnallt mit seiner langen
Peitsche.
Cis-m THE-- hu rh- ;.. fu«-km ist«-.
wis- —s,sss fdvb its-» IsI VUQVFFO PUR
la springt empor und steht nun in gra
ziäser Haltung auf dem lustig dahin-«
galoppirenden weißenNoß, um sodan-.1,
unter lautem Applaus, verschiedene
kühne Reitersiiiclchen auszuführen Alt
sie wieder einmal an dem Grafen vor
übereitet, steht sie, wie dieser sich Ver
neigt, und, mit scharfem Auge zieleud,
das Bouauet direkt an ihreBrust wirft.
Lächelnd fängt sie es auf. Doch im
selben Moment macht das Pferd einen
jähen Satz. Paula verliert das
Gleichgewicht und stürzt, wobei ihr
Kon gegen die Barriere schlägt. Das
Bouquet fest mit der kleinen, weißen
Hand umschlossen, liegt sie dort still
und reglos.
Ein Schrei des Entsetzens geht durch
das Publikum. Die Musik verstummt.
Fast gelähmt vor Schreck, in einer Art
dumpfer Betäubung, taumelt Paar
Carrambino auf den regungs«lose;r
Körper zu und trägt ihn mit Hülfe
zweier Kunstreiter hinaus.
Gleich dem Brausen der sturmbe
wegten See hallt das Gemurmel der
Menge durch den Raum. Der ele
ganie junge Mann erhebt sich nuo ver
läßt den Cirlus.
Draußen aus dem bunten Atrobai
tenteppich liegt Paula mit geschlossenen
Augen, ihr Bouquet fest an die Brust
gepreßt. Die Mutter schluchzt zu ihren
Füßen. Des Vaters bleiches Gesicht
erscheint wie eine Todtenmastr. D :
Artisten stehen im Kreise umher, und
unter ihnen der junge Clown Odoart c.
»Das Bouquet, das elende Bouquet
ist schuld daran!« rin·t es sich wie
ein Aechzen aus seiner ruft.
»Es war ihr erstes Bouquet,« flü
stert die Mutter unter Thränen.
»Und solch ein gewöhnliches Ding!'
bemerkt einer der Artisten verächtlich.
Mama Carrambino hebt das thriis
neniiberströmte Gesicht. »Es ist vou
Jmmortellen,« sagt sie, »und die wel
ken nicht« Mein erstes Bouquet bestand
aus Rosen, und die vertveltten·«
Der Direktor erscheint mit der Mel
dung, daß der Doktor bald zur Stelle
sein wird. Dann begiebt er sich in die
Arena und verkündet dem Publikum,
daß Mademoiselle Pgula außer Ges
sahr ist.
Der Clown Odoardo tritt jetzt auf,
L
aber das Publikum lacht über seine
Späße nicht, die aus todestvehem Her
zen kommen. Thriinenfurchen ziehen
sich über seine gemalten Wangen, und
darum wirst er sich so oft mit der
Nase in den Sand, um dem Publikum
die Verzweiflung seiner Seele zu ver
bergen.
Währenddessen liegt Paula immer
noch bewußtlos. Nur einmal hat sie
die Augen geöffnet und das Bouquet
lächelnd noch fester an’s Herz gedrückt.
Der Dottor kommt; allein er findet
hier nichts mehr zu thun. Der Direk
tor hat Recht gehabt. Paula ist außer
Gefahr denn allen Gefahren des
Künstlerlebens ist sie für immer ent
rücktq Rein und unschuldig, inmitten
des Applauses, im glücklichsien Augen
blick ihres Lebens ist sie dahingegan
gen.
Wie sie dort ruht auf dem bunten
Atrobatenteppich, umwoat von rosen
rothem Tarlatan, ein Lächeln auf den
Lippen, das Bouquet fest an’s Herz
gedrückt, scheint sie nur zu schlummern.
Es ist kein tostbares Bouquet stolzer
Rosen, die so schnell verwellen und
son von so mancher ihrer Schwestern
mit ihrer Ehre bezahlt worden, nein,
nur ein Sträußchen von schlichten Im
1nortellen. Die aber welken nicht.
Mustapha und seine Brüder.
Von Z. Jarzebccki.
Zum weisen Kadi Jbrahim kam
eines Morgens der reiche Kaufmann
Mustapha, wars sich ihm zu Füßen
und bat: »O, Du Weisester aller Wei
sen, hilf mir,«
Ernst, bedächtig, nickte der Kadi:
»Erzähle!«
Und Mustapha begann: ,,Siehe, ich
kehrte soeben von einer weiten Reise
in mein Haus zurück. Jn diesem, mei
nem Hause wohnin meine vier jünge
ren Brüder. Sie haben kein Glück ge
habt, sie sind arm geblieben, aber sie
sind rechtliche Leute.
Und doch ——- meine Lippen sträuben
sich, es auszusprechen — einer von
ihnen muß ein — Dieb sein. Denn
höre:
Mein Geschäftsfreund schuldete mir
5(),000 Piaster in Gold. Heute bat er
mir nun mitgetheilt, daß er mir dieses
Geld am Tage nach meiner Abreise
durch seinen treuestm Diener Ali zu
rückgeschickt hätte.« Zum Zeichen des
erfüllten Auftrages hat ihm der Diener
einen werthlosen Ring und meine ge
fälschte Unterschrift hinaebracht. Eine
Stunde darauf war der alte Ali todt.
Ein Schlagansall hatte seinem Leben
ein Ende gesetzt.
Ich kann und will keinen meiner
Brüder verdächtigen, mein Gut ge
raubt zu haben, doch der Abscheu schüt
telt mich« wenn ich denke, daß ich mit
dem gewissenlosen Dieb und Fälscher
unter einem Dache weilen soll. Aber
wie, o weiser Jbrahim, wie finde ich
den Schuldigen ?«
»Wir lassen das Haus durchsuchen,«
sagte der Kadi. «
,,Nein!« rief Mustapha, ,,o nein, nur
das nicht! Mein ältester Bruder hat
eine schwerkranke eMau. Der Schreck
wäre sie tödten. Und meine alte Mut
ter würde mir nimmer verzeihen, wenn
sie erfuhre, daß ich meine leiblichen
Brüder eines Verbrechens verdächtigt
hätte.«
»Du hast recht,« meinte der Kadi.
»Bringe mir unter irgend einem Vor
wande am Abend Deine Brüder hier
her, so will ich das Urtheil sprechen.«
Zur festgesetzten Stunde erschien
Mustapha mit seinen vier Brüdern
beim Kadi. Jbrahim ließ sich dieselben
mit Namen bezeichnen. Dann, ohne
sich lange zu besinnen, wies er auf
Mustapha’s jüngsten Bruder Sadi,
und mit lauter Stimme rief er strenge:
,,Dieser hier ist der Dieb!«
Wie vom Blitze getroffen stürzte
Sadi zu Boden. Er begann zu zittern,
das Haar sträubte sich ihm auf dem
Kopfe, so daß der bunte Turban zu
wanten begann, und mit bleichen Lip
pen wimmerte er um Gnade.
Mustapha aber und seine Begleiter
waren höchlichst erstaunt über die
schnelle Entdeckung des Schuldigen.
und sie baten den weisen Kadi, sie da
rüber aufzuklären. Und Jbrahim er
zählte: ,,ZurMittagszeit, da ich wußte,
daß alle zu Hause waren, schickte ich
einen Fremden insgeheim von einem »
Bruder zum andern. Sagtest Du nicht,
oMustapha, daß Deine Brüder arm,
sehr arm wären? Nun gut. Der
Fremde sprach mit ihnen. Als geschick
ter und erfahrener Agent beredete er
sie, sich gegen Einbruch versichern zu
lassen.
Wir besitzen nichts, antworteten ihm
wehmiithig die drei ältesten Brüder.
Welches Gut könnte uns wohl geraubt
werden? Aber siehe, Dein jüngster
Bruder Sadi —- er hat sich mit drei
Piastern gegen Einbruch versichert.«
—,-.-—..
Gold und Silber gelten als die kost
barsten Metalle, der Chemiter aber
kennt andere, die den Werth derselben
in den Schatten stellen. Da ist z. B.
Chronium und Tellurium, die gemein
sten unter den Königen dieser Metalle.
Ein Pfund davon würde man taum
für 8700 kaufen können, währendGold
für 3340 das Pfund zu haben ist. Di
dymium wird zu 86,800 das Pfund
leicht zu verkaufen sein, wenn Jemand
das Glück haben sollte, eine Quantität
desselben zu besitzen. Der Marttpreis
von Thoriunt ist 38,400, von Rubi
dium x13,0()0 und von Gallium aar
877,500 das Pfund.
-.--...
humoristischw
- In der Ganwaukh
»Sind Gnädigste schon einmal aus
Gern Leim gegangen?«
LNZ
,«’ Der brauste Trinken
»Ihr Mann klagt wohl viel übek
Durst?«——»Nee, Herr Doktors-über
den freut et sich nur!«
thilfa
L W U« I
L e h r e r: »Mit dem Schreiben
will’g halt gar nicht recht vorwärts
gehen bei Jhrem Buben-"—B a te r :
»Macht nichts, Herr Lehrer; -hab’ ihm
schon a Schreibtnaschin’ kauft.««
Ist-lodern- gesinnt
A.: »Du hast keinen Hausschliis
sel? Stehst Du so unter dem Pantof
fel?«—B.: »Das nicht, aber meine
Frau braucht ihn selber!«
Ein bescheidene- Gemütli.
H e r r : »Warum laufen Sie denn
so rasch, Fräulein Rosa?«—A e l t -
liche Jungfrau: »Ach,esist gar
so süß—das Herzklopfen!«
graue Windes-.
P s a r r e r : ,,Wohin geht Jhr
denn, liebe Kinder?«——P e p e r l :
»Ja Nachbars Lieschen—wir haben
heute unser Leberthran
K r ä n z ch e n ! "
Zofensgoøtwit
»Sind die Herrschaften zu spre
chen?«—»Es ist Besuch da!«—-,,Wissen
Sie das gewiß?«——»Ja. Jch habe so
eben gehört, wie der gnädige Herr
iJl i.e b e Marie' zur Gnädigen gesagt
at.«
Wenn sie kocht.
Junger Ehemann (tniß
trauisch): »Was ist denn das, was Du
da gekocht hast?«—F r a u : ,,Nr. 207
ans dem neuen Kochbuch, Männchen;
den Namen habe ich leider augenblick
lich vergessen!«
Wut gegeska
P r o s e s s o r sals sehr zerstreut
betannt): »Ich habe die Bestimmung
getroffen, daß meine Leiche ’mal ver
brannt, und daß die Asche in alle
Winde zerstreut werden soll.«———»Sie
wollen also auch nach Ihrem Tode
noch ein zerstreuter Professor sein.«
Wie die guten langem
Mu tter: »Fritz, gehe doch zum
Wildprethändler und hole den bestell
ten Hasen ab!« (Nach einer Weile
kommt der kleine Fritz zurück, aber
ohne den Hasen) »Ja, bist Du denn
schon wieder da? Und wo hast Du
denn den Hasen?«—Frit3: »Weißt
Du, Mann-, mir ist vor der Thüre eine
alte F r a u begegnet und da bin ich
gleich wieder umgekehrt.«
O«4fl-««u . - .. .9 j
v-t-ssscssut; Uczgpusuuugo
Das Personal einer großen Firma
hat im »schwarzen Bären« den Ge
burtstag des Chefs gefeiert. Verschie
dene der jüngsten Herren haben dabei
des Guten zu viel gethan und liegen
später zu einer anmuthigen Gruppe
vereint im Chausseegraben. Frem
der (der mit dem Nachtwächter des
Orts vorübergeht): »Was ist denn
das hier?«—N a ch t w ä ch te r : »Ach,
eine Niederlage der Firma
Schlaumarm D Co.«
Grmütlilich.
Kellner: ,,Soll ich die Müller
und Schmidt taus schmeißen?«——
W i r Eh : «Haben sie schon bezahlt?«
———K e l l n e r : »Der Müller hat be
zahlt.«—Wirth: »Schmeißen Sie
dann den Müller taus!«
sp- M TRI- « - «
. . n
, dati l«
JZJIÆ »M- iVSJ »F E
sch o n se l b st ! «
Barte znkpielrmg.
»Warum, Frauchen, freusi Du Di?
s
jedes Mal so sehr, wenn ich auggehef
—,,Weil ich jedes Mal denke: diesma
wird er mir wohl was mitbringenl«
xoyhh
»Hoheit»hat also geruht, neulich eiti
Spielchen mit Ihnen zu machen-und
wer hat gewonnen, Herr Ratt-VE
» ch hatte den Schmerz, zu ge
w nnen.«
Individueue Just-gang. »
Moritz (in einem Buche lesend)
,,Tateleben, was heißt das: Handels
immer recht!' "—,,Nu, wenn Jemandi
wird Verlangen für ä Waare zehrt
Mark, wirst Du ihm geben drei Mark.«,«
schrecklicher Traum.
,,Komm’, Lude, jeh’n wir ’mal ’n
bischen nach de Bauplätz’ und schau’n
wir den Ax be ite r n zu!«—,,Nee,
nich’ for Alles in der Welt! Det lehte
Mal hat mir die janze Nacht vom
A r b e i t e n jeträumt!«
Gröstlich.
Herr Mutz ist Mitglied einer Sterbe
tasse, bei der jedesmal, wenn ein Mit
glied gestorben, von den anderen Mit
gliedern ein Beitrag erhoben wird;
M u tz : »Sie kommen nun schon zum
dritten Mal in dem Monat. Da müs
sen ja jetzt furchtbar viel Leute ster
ben.«—B o te : ,,Freilich, aber trösten
Sie sich, Herr Muß, Sie kommen auch
einmal d’ran!«
Zuversictjttirtp
s- E
Karlchen (Sexianer, der vom
Ordinarius schon verschiedentlich
Strafarbeiten erhielt, als ihm wieder
eine solche zudiltirt wird): «Watt’4
nur, wenn ich einmal Minister
Denk-Du bist der Erste, den
ich abs äg’ ! « «
anerbelferlich.
Junge Frau: »Es isi jetzk
schon das dritte Mal, daß Du plöhs
lich verreisen mußt, wenn Mama
ihren Besuch anmeldet! Was soll sie
denn davon denken?« — J u n g e r
Ehemann: »Nun-alle guten
Dinge sind drei!«
Aus der guten alten Zeit.
f
I
» unseres Daseii;3. Stoßen Sie mit mitJ
H a n p t m a n n (zu einem Gardi
sten): »Nimm Dich z’samm’, Micheli
beim Exerzier’n; dort drüb'n stehf
Deine Alte und schaut uns zut«
Zur-grade Beschäftigung s
»Warum sieht man denn Euch ZweH
immer miteinander laufen?«—,,Jct
weißt Du, wir haben uns asso-j
ciir t. Wir besuchen mitsammen diq
Schwurgerichtsverhandlungm Regel
mäßig bekommen wir dann Streit; der.
Eine von uns sagt immer ,Er wird-«
srei,’ der Andere meint ,Er wird ver-.
urtheilt.’ Schließlich wetten wir,;
und das Geld wird dann Abends g e-s
meinschaftlich vertrau
t e n ! «
Eine Musik-rude.
Grimnasiallehrer Ruck, ein ausge-x
zeichneter junger Gelehrter, ist aus dem
Kleinstädtchen Döslirchen an die Uni
versität berufen worden. Heute feiert
man seinen Abschied. Der Bürgermei
ster hält eine sulminante Rede und
schließt mit den pathetischen Worten:
,,Hochgeehrte Anwesende! Hier sitzt er,
der große Mann, unter dem gemeinem
Volk und schämt sich nicht. Jn weni
gen Tagen geht seine Wenigteit von
hier sort in ein neues Amt und da5·ist
kläglich. Aber wir freuen uns trotz
dem dariiber; denn das ist der Zweck
das Glas an und den Ruf aus: ,Ders
Ferr Professor lebe hoch-hoch-H
och!’ «