Yas Bild im Fluge Roman von F, Atuefeldt. . FODTOJMO O OJÆS - · HGB-s 90000000000 (1. Fortsetzung.) »Und dann hatte er solche Eile, konnte die Zeit nicht erwarten, bis Alles fertig war, wie hier beim Musik zimmer,« fügte Wilhelm hinzu. »Was war damit?" erkundigte sich der Commissar. aDie Raume hier waren die zu der Wohnung gehörende Küche und eine We Stube,« erklärte Wilhelm Koh Ie, »Den Mweiler sagte aber, er Besuche sie nicht, fein Essen würde ihm ja von meiner Mutter in unserer Kü che gekocht, ein Musitzimnier müsse er aber haben, und so baute er es sich.« »War denn der Hauswirth damit einverstandenlk erkundigte sich Dr. Beutler. »Warum nichts« entgegnete Frau Köhnr. »Der-r Ahrweiler hat Alles auf feine Kosten machen lassen, sich verpflichten die Räume, wenn er sie verlassen sollte, wieder in den vorigen Zustand versetzen zu lassen, und einen höheren Miethszins gezahlt, als alle Anderen. Herr haberland, was der Wirth ist, er wohnt in Berlin in der Burgstraße, weiß schon, wo er bleibt.« Die leyten Worte trugen ihr ein warnendes Kopfschiitteln ihres Soh nes ein. »Da könnte er sich nun doch verrech net haben," bemerkte der Arzt. »Die Erben ——« »Herr er Erden und rennen Die frei unterbrach ihn der Polizeileutnant, die legten Worte an Frau Köhne und ihren Sohn richtend. Erftere zögerte auffällig mit der Antwort und versuchte mit den Augen ihren Sohn zu befragen. Wilhelm gab aber nicht Acht darauf und sagte ganz unbefangen: »Es woh nen Geschwister von ihm in Berlin; ich kenne ste nicht, aber meine Mutter weiß von ihnen und kann Jhnen ihre Namen nennen.« »Es sind ——« begann Frau Köhne immer noch etwas widerwillig Aber der Polizeileutnant unter brach sie: »Lassen wir das jetzt; Sie werden mir das später zu Protokoll geben, denn ich muß Sie nebst Mann und Kindern ordnungsmäßig verneh men, sobald wir die Localbesichtigung beendet haben. Auch Jhre Aussage muß ich zu Protokoll nehmen« Herr Doktor, und dann helfen Sie wohl, daß die Leiche zur gerichtlichen Obhut tion ins Schauhaus geschafft wird.« »Jns Schauhaus!« schrie Frau Köhne voll Entsetzen. »Warum denn das-? Kann der arme Herr denn nicht —-—« Ein Händedruck Wilhelms ließ die Mutter zwar im Satze verstummen, die Vorstellung, die sie mit demSchau haus verband, mußte aber so furchtbar sein, daß sie dadurch ganz aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Nur mit Mühe waren ihr die Aufklärun gen, deren die Beamten bedurften,noch abzufragen. Die Wohnung endete beim Musik zimmer. Eine am Ende des hinteren Corridors befindliche Thitr führte zu einem Vorraum, von dort gelangte obtain mittelst einiger Stufen aus den ·- o . Frau Köhne erklärte, daß sie nur am Morgen,wiihrend sie die Wohnung reinigte, diese Thiir benutzte, wöhrent des Tages ging sie stets die Vorder treppe hinauf; und das Gleiche that immer ihre Tochter, die gar keiner s« Schlüssel zur Hinterthür besaß; dies wnrde von der Frau verschlossen unt außerdem durch eine Sicherheitslettt verkehrt Do war es auch Ietzt noch; man ot leifeste Spur eines gewaltsamen Ein beuchs war an der Thüre sichtbar, unt ebenso waren die Fenster fest verschlos sen und mit Läden verwahrt. Es konnte Niemand ohne Wissen unl Willen des Inhabers in die Wohnung gedrungen sein. Es ließ sich nur annehmen, das Ahrweiler der Person, die den mörde tischen Angriff auf ihn verübt, selbs die Thür geöffnet und sie in feinZim mer geführt hatte; es entsprach aber seinen einsiedlerischen Gewohnheitei so wenig, dies zu thun; es verginget nach Versicherung der Portiersfrak Wochen, ohne daß ein einziges Mal at seiner Thüt geklin elt ward. Er gal reichlich zu allen ammlungen, hatt aber Sorge getragen, daß er durch kei Inn Bitifieller behelligt ward. Rech strengem deren et wenig machte, tout den beim Portier abgegeben und dor bezahlt, X auch der Steuerbote hatt dort seine Roten in Empfang zu neh men. Wer war es, dem Den Ahtweile ZU seinem Unglück die Thür geöffne M? das war die Frage, die mai « then . W WANT-»Wi- » « hatten der Potizei Unmut und des commissat an des in der Mitte stehenden Tische Platz genommen, um die wenigenPersonem die augenblicklich bei der räihselhaften Angelegenheit in Frage kamen, zu ver hören. Dr. Beutler war der Erste, den man um seine Aussage ersuchte. Der Arzt konnte sich kurz fassen. Er war durch Wilhelm Löhne, den Sohn des Portiers in der Uhlandstraße Nr. 175, benachrichtigt worden« daß an dem daselbst wohnenden Rentier Abr weiler ein Mord veriibt war oder daß er Selbsttnord begangen habe. Un gefaumt hatte er sich dorthin begeben, den ihm als Ahrweiler bezeichneten Herrn in seinem Schlafzimmer auf dem Teppich in einer Blutlache liegend gefunden und conftatirt, daß dieses lut aus einer durch ein spitzez schar fes Instrument herbeigeführten Brust wunde geflossen war. »Sie fanden kein Lebenszeichen mehr an dern Berwundeten?« fragte der Leutnant. Mit Nachdruck antwortete Beutler: »Nein; der Tod muß beinahe augen blicklich eingetreten sein, nachdem der Stoß vollführt war, denn er ist gerade ins Herz gedrungen. Jch bin geneigt, die Person, durch die das geschehen, für nicht ganz unbewandert in den« Gesetzen der Anatomie zu halten.« Der Commissar schaute interefsirt auf und schrieb einige Worte in das vor ihm auf dem Tische liegende Ta schenbuch, machte indeß weiter ieine Bemerkung. ·Der Leutnant fragte weiter: »Sie sind der Ansicht, der Stoß sei mit dem neben dem Todten aufgefundenen Doth geführt?« »Uyllc clucll öwclfcl," cleDcklc Beutler lebhaft. . »Komm das durch Herrn Abwei ler selbst geschehen sein .’-" »Nein, nein,« war die schnell er theilte Antwort, »ich nehme diese Ver sicherung auf meinen Berufgeid Ein Selbstmord ist durch die Lage, in der ich den Todten gefunden, sowie durch die Lage, in der ich den Todten ge funden, sowie durch die Beschaffenheit der Wunde völlig ausgeschlossen.« »Und wie lange konnte der Tod schon eingetreten sein, als Sie dieLei che besichtigten«« »Zwei bis drei Stunden. Der Mord ift aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen 10 und 11 Uhr heute Bor mittag geschehen.« Auch Wilhelm Köhne, den der Leutnant vernahm, nachdem Dr.Beut ler abgetreten war und sich im Ein verständniß mit dem Polizeileutnant entfernt hatte, wußte verhältnismä ßig wenig zu berichten· Er war wäh rend des ganzen Tages vom Hause ab wesend, besuchte am Abend gern noch wissenschaftliche Vorträge oder saß le send in seinem Kämmerchem wenn die Mutter im Hause nicht noch seiner Hülfe bedurfte; um die Lebensverhiilt nisse der Miether hatte er sich nie ge kümmert Der junge Mann schilderte, wie er heute um ein Uhr zum Mittagessen in die elterliche Wohnung gekommen, sei ne Schwefter ganz fassungslos gefun den und erfahren habe, die Eltern wären oben bei herrn Ahrweiler, dem ein Ungliick zugestoßen sei. Er sei hinausgegangen, habe Herrn Abwei ler in seinem Blute schwimmend ge funden und sogleich gesehen, daß er todt sti. Er have die Eltern verhin dert, die Leiche aus ihrer Lage zu bringen oder irgend etwas in verunr gebung des Todten zu verändern, und sei dann fortgegangen, um einen Arzt zu holen und die Polizei zu benachrich tiaen. Er sei fast gleichzeitig mit den Herren wieder nach der Uhlandstraße gekommen. fis-L Kä- I-I- I-:-- Ic-....- h....-r. su- Va- Hut-ou unu- UVIUCIIVHIUSW wen der Mord verübt sein könntes« fragte der.Polizeileutnant, ein junger Mann, den sein Eifer ein wenig zu weit führte. Er mußte sich einen war nenden Fußtritt des Commissärs un ter dem Tisch gefallen lassen. Wilhelm Löhne tief anz erschrocken aus: »Wie sollte ich? eh sagte den Herren schon, ich habe Herrn Abwei ler kaum gekannt, geschweige Jemand« der zu ihm gekommen ist. Während dex drei Jahre, die er hier gewohnt hat, bin ich vieseicht zwei- oder drei mal in seiner Abwesenheit heraufge iommen, wenn meine Mutter hier rein gemacht hat« »Was haben Sie da in der Woh nung gethan?« fragte der Leutnant lebhaft. . Aus dem länglichen, faltenreichen Gesicht des Commissärs erschien eir humoristischez Lächeln, das sich noch verstärkte, als der junge Mann jetzt stehe gelassen weiter Rede und Antwort and. »Ich halt die Teppiche zum Klopfen nach dem haft-nnd wieder heran-stra gen nnd sah mir bei der Gelegenheit auck die vielen schönen Sachen an, be M londers die Waffen, file die ich großes Znæesse habe," erklärte der junge o e. .So tannten Sie auch den Dolch, mit dem der Mord deriibt worde istk sra te der Leutnant. »Gewigß, er gehört zu Herrn Aho weiler’s Sammlung und muß durch den Mörder herabgerifsen sein. Mit fiel die leere Stelle aus dekn rothen Teppich aus, noch ehe ich ihn neben dem Todten liegen gesehen hatte,« entgeg nete Wilhelm, und der eutnant dachte mit einer Art von Bes iirnung, daß der einfache Maschinenbauer da mehr gesehen hatte, als er selbst. So klar und bestimmt Wilhelm Köhne’s Aussagen gewesen waren, so confus waren die seines Vaters Der Portier schilderte, bei jedem Saß von einem pfeifenden Husten un terbrochen, breit und umständlich, wann er heute Morgen ausgestanden, was er getrunken und gegessen, was er zu seiner Frau gesitgt und wie er sich geärgert hatte, daß sie wieder so lange oben bei Herrn Ahrweiler geblieben sei, nachdem sie ihm um sieben Uhr den Thee gebracht hatte. »Er stand im mer so friih auf und brachte das ganze haus in Alarm7 seine Geschäfte wa ren auch noch besorgt worden, wenn er bis neun Uhr im Bette gelegen hätte.« seßte er hinzu, und sein Ton verrieth Gehässigleit gegen den Todten. Der Polizeileutnant wollte ihn be deuten, daß all dies nicht zur Sache gehöre Aber jetzt bemächtigte sich der Com missiir des Verhörsz er wat der Mei nung, daß aus dem Uebelwollsi, Zer sahrenen doch vielleicht Brauchbares herauszubringen sei. Der Portier fuhr denn auch fort, weit mehr von sich als von Ahrweiler zu erzählen und zu schildern, wie schwer er darunter habe leiden müssen, daß der Miether gar zu anspruchsvoll gewesen sei. Keine halbe Stunde habe er Ruhe gegeben, den ganzen Tag sei das Gebimmel gegangen, Frau und Tochter hätten beständig aus derTrep — pe gelegen. L »Er hat sich doch aber heute mehrere Stunden nicht hören lassen, so daß Jhre Frau besorgt geworden ist und die Tochter hinaufgeschiclt hat,« sagte der Leutnant. Mit einer an ihm befremdenden scharfen Logik ries Köhnet »Daran sehen Sie ja am besten, wie er es ge trieben hat; erberhielt sich ein paar Stunden ruhig, da gerieth meine Frau schon in Angst, und er toiirde es auch gewiß nicht gethan haben, wenn er am Leben geblieben wäre.« Wieder zeigte sich dag humoristische und dabei doch so zurückhaltende Lä cheln in den Mienen des Commissars. Der Polizeileutnant vermochte nur schwer seine Verlegenheit über die ihm zu Theil gewordene Absertigung zu verbergen. Um der Sache eine andere Wendung zu geben, machte et die nicht eben glückliche Bemerkung: »Der Ver storbene scheint nicht gerade Jhr Freund gewesen zu sein." Löhne lachte wegwerfend. »Wüszte nicht, weshalb. Habe nur Verdruß und Scherereien durch ihn gehabt. Da bei roar er so hochmüthig, daß er sich für zu gut hielt, jemals ein übriges Wort an Unsereinen zu richten. Der Herr Oberst aus der ersten und die Frau Wirkliche Geheimriithin aus der zweiten Etage gehen nie vorüber, ohne daß· sie sich ertundigen, wie es mit meinem Hasten steht.« Er wars sich bei diesen Worten in die Brust. »Sie scheinen es ungern esehen zu haben, daß hre Frau die edienung des herrn hrtoeiler besorgte,« nahm der Criminalcommissat das Wort und ließ seine dunkelgrauen Augen so durchdringend aus dem Portier ruhen, daß diesem siedendheiß ward. Hastiger als bisher antwortete Köhnet »Das lönnen Sie einem tran terk Mann, der setber seine Abmar tung braucht, doch nicht verdenlen, here Commissan Nicht eine halbe Stunde war ich sicher, daß Frau und Tochter mir von dem hochniisigen Pa tron, der mir kaum die Tageszeit bot, nicht sortgerusen worden« »Warum erlaubten Sie es denn’i« sra te Müseler und fügte, da Löhne ni t sogleich antwortete, hinzu: »Dort weil J en die Be ahlung, die Jhre Trau für die-geht ete·n Dienste er " chlh lllll ZU VIUUM Ism· Löhne schnitt eine Grimasse. »Ach, das war nicht so viel und hätte sich anderweitig auch verdienen lassen. Er schenkte nie etwas nnd gab nur genau, was ausbedungen war. Wären nicht die Einnahmen von den Verwandten gewesen —'· »Von welchen Verwandten?« »Was sitt Einnahmen?« sragten hier gleichzeitig der Commissar und der Leutnant. Köhne merkte, daß er eine Dumm heit gemacht habe. Er mußte irgend wo gehört haben, daß« Niemand ge zwungen sei, etwas aus usagen, wo durch er sich selbst bezi tigte, und so war aus ihm nichts mehr herauszu bringen. Er hustete, "coinselte, er sei ein kranker Mann, ein armer Krüp pel, der von nichts wisse, und es blieb nichts übrig, als ihn zu entlassen nnd die Frau vorzurusen. Frau Löhne hatte die Art und Weise, wie man Ahrtveiler gesunden schon wiederholt erzählt und auch ge schildert, wie ste und die Tochter ihn bedient hatten, daß darüber lurz hin stoeg egangen werden konnte, und ei war hr nun die Frage vorgelegt, welche Entlohnung sie sür ihre Dienst M letitungen erhalten habe. Zigernd nannte sie die Summe, die ihr monot lich gezahlt worden war. Kopfschiittelnd bemerkte der Leut nant: »Das ift eine recht anfe liche Bezahlung, und Ihr Mann prach noch von Einnahmen, die Sie außer dem gehabt hatten.« Frau We erschrak fo, daß die bereits auf ihrem Antlitz zurückgekehr ten blühenden Farben erblichen und einer fahlen Blässe Platz machten. Was hatte ihr Mann denn da für Dinge ausgefchwahtZ Da tonnte sie ja in eine arge Bedrängniß kommen. »Einnahmen, die ich außerdem noch gehabt haben soll? Jch weiß gar nicht, was mein Mann damit meinen ( kann!« stammelte sie. ( Der Commissar lam ihr zu Hülfe; i er glaubte. die Frau gedenke der vie- ! len Schtvtinzelgrofchem die sie bei den Einkäufen für Herrn Ahrweiler ohne Zweifel gemacht hatte, fürchtete, ihr Mann habe davon geplaudert und man werde fie ob diefer Unehrlichkeit zur Rechenschaft ziehen. Es lag aber gar keine Veranlassun vor, sie nach träglich wegen dieser «« chiidigung der ; Kasse des Verstorbenen noch in An spruch zu nehmen; dagegen konnte es ; von großer Wichtigkeit fein, etwas iiber die Beziehungen der Portierfrau - zu den Verwandten des Ermordeten T zu erfahren und so fogte er: »Ihr f Mann sprach von Verwandten des Verstorbenen, durch die Sie Einnah men gehabt hätten.« « Ein neuer Schreck durchzuckte Frau i Köhne und doch athrnete sie erleichtert auf. Daß Ahrweiler Verwandte ge habt, konnte ja fo wie so nicht ver schwiegen bleiben. »Ach, die paar Mark,« fagte sie, schon wieder gefaßt, »die ich von der Frau Majorin Depv- ! ner und der Frau Räthin Kunze be- F kommen habe! Er ftellt fich da viel mehr-vor; als es ist« Hm o-.. »Wer slllo olc Ukclu UCOIUIIIlLJcpsF I ner und die Frau Räthin Kunzei« fragte der Leutnant, während der Commissar eifrig in sein Buch schrieb. «Schwestern von Herrn Ahrweiler.« »Schwestern!« riefen beide Herren. »Herr Ahrweiler hatte Schivestern?« .Drei!« erzählte Frau Köbne, »aber eine ist todt; die war an den Kaus mann Jl ener verheirathen-der in der l Leipziger trasze das große Colonial waarengeschiist hat« »Aber Sie sagten doch, es sei Nie- i mand zu Herrn Ahrweiler getommen.« i »So gut wie Niemand. Jm ersten I Jahre kamen die Schwestern und die » Schwestertinder noch zu seinem Ge- I burtstage am 16. September und zu Neujahr; sie haben ihm aber zu viel Ausbeben von seinen schönen Sachen gemacht und sich zu sehr merten las len, daß sie davon etwas haben möch ten, da wollte er sie nicht mehr hier haben. Er ist aber zu ihnen gegangen und sie haben auch von ihm bekom men.« «Woher wissen Sie basi« »Von Herrn Ahrweiler nicht, das stimmil« lachte die Frau. »Der schwieg sich über Alles aus, aber die Damen haben es mir erzählt, wenn ich zu ih nen tam." »Sie gingen zu den Damen? Was thaten Sie da-« Frau Löhne spielte mit dem Schär zenband, schlug die Augen nieder und antwortete: »Je nun, wenn man einen einzigen Bruder hat« der ein schwer reicher Mann ist und hält einen so fern, da weiß man doch gern —« Sie hielt inne, osenbar in Verlegenheit,wie sie iich ausdrücken sollte. Der Polizeileutnant lachte. «Ob er noch lebt, ob er gesund oder krank ist, wer bei ihm ein- und ausgeht u. s. w. Aengstigen Sie sich nicht, derglei chen Berichte sallen nicht unter das Strafgesetz. haben Sie denn viel zu erzählen gehabt?« »Ach nein!« gestand die Frau. »Es kam ja fast Niemand zu ihm, er schrieb keine Briefe, oder wenn er welche schrieb, brachte er sie selbst zur Post und holte sie sich auch von dort ab; ein Priestriiger kam nie in? Haus und ein Coubert oder sonst etwas Schristliches hab ich nie im Papier iorb oder sonst wo gesunden.« Der Leuinant und der Commissar sahen sich belustigt an; die Neugierde der Frau mußte bei Herrn Ahrweiler arge Qualen erduldet haben. »Sie sagten vorher, es sei fast Niemand zu Herrn Ahrweiler etommen, also hat er doch zuweilen esuch gehabt.« »Ein Herr? Wie heißt er? Wie sah er aus?« »Seinen Namen hab ich nie gehört und beschreiben kann ich ihn auch nicht. Er war wohl ein Jugendfreund vom Herrn und stand ungefähr mit ihm im gleichen Alter. Jch glaube, er wohnt nicht in Berlin.« »Wer-us schließen Sie das-P »Ich denke, er würde öfter gekom men sein, wenn er in Berlin gewohnt hätte, denn der Herr freute sich, wenn er kam und hatte auch großes Ver trauen zu ihm. Vor vierzehn Tagen als er zuletzt hier war, hab’ ich Beide noch an dem eisernen Schrank sißen sehen. Alle Fächer standen offen und es lagen Gelt-rollen und Scheine auf dem Tisch-« Das haben Sie gesehen?« «Getvitz; der here schickte mich zwar sogleich hinaus, aber gesehen half ichs doch und es nachher meinem Wilhelm erzählt.« Frau Löhne hatte mit dieser Erzäh lung Alles gesagt, was sie zu berich ten vermochte, und es wurde ihr nun -.s--..——..---.-.-.——-.....-.--. fusgetragem ihre Tochter herbeizan en Da Marie den Ermordeten zuerst aufgefunden, hätte sie eigentlich fdie Erste in der Reihe der u vernehmen denPersoth sein mit m, ihr Vater hatte jedoch gebeten, sie noch zu ver chonen, da sie sich gar nicht fassen könne, und so hatte man ihr Verhör bis zuletzt aufgespart. Die Mutter hatte auch jeßt noch Mühe, sie hinauszubringen. Sie sträubte sich, behauptete, sie tönne nicht wieder in die Wohnung des Ermorde ten gehen und sie wisse auch gar nichts. Bei diesen Betheuerungen blieb sie, als sie endlich den Beamten gegenüber stand. Man mußte ihr jedes Wort förmlich abzwingen, Und man erfuhr von ihr nichts, als was bereits durch die Eltern und den Bruder ausgesagt worden war. Dem gewiegten Eriminalcommissa rius wollte es jedoch scheinen, als hol-« te das Mädchen mit irgend etwas zu rück. und ihre Angst und Verstörtheit rühre zumeist davon her, daß sie fürch te, es könne ihr trotz aller Vorsicht ein Geständniß entrissen werden, das sie nicht machen wollte. Er ließ sich indeß von dieser Wahrnehmung nichts mer len, sprach auch zu dem Polizeileut nant nichts davon, nahm sich aber vor« Marie Löhne im Auge zu behalten. Inzwischen waren die zum Trans port der Leiche nach dem Schauhause » telephonisch beorderten Beamten ange lommen und walteten ihres Amtes. »Der Todte wurde hinuntergetragen »unter dem Zulan einer Menge von Gassern, die die Kunde von dem schauerlichen Ereigniß bereits herbei gelockt hatte, in den Tragelorb gelegt, von sechs Männern auf die Schultern genommen und fortgeschafft Der Polizeileutnant schloß dasBer hör und ließ die Familie Köhne das» Instituan esntsksrbkoibon Dis Nin-dok- i und Hinterthiir der Ahrwetler schen Wohnung wurden verschlossen und je ein Siegel davor gelegt, dann entfern ten sich die Beamten. Der erste Art des Dramas hatte sein Ende erreicht. s. »Hast Du heute schon die Zeitung gelesen, Karl?« Die Gattin des Spinnereibesitzers ( ( Dornedden in Landeghut in Schlesienx richtete dise Frage an ihren Mann, « als sie ihm den Kaiser brachte, den er « nach dem Mittagsschläschen zu trinken » pflegte Noch etwas schlastrunlen, hob der Gesragte noch aus dem-S opha liegend » den Kopf in die Höhe, rieb sich die Au j gen, strich mit der hand über die hohe Stirn, von der das Haar schon start zurückgewichen war, nd wiederholte sich besinnend: »Die Zeitung gelesen?'« Nach einer kleinen Pause fügte er hin u. »Nein, dazu bin ich heute wirklich noch nicht gekommen; ich habe bei mei ner Deimtehr am Morgen eine solche Menge von Geschäften und meistens inicht gerade angenehmer Art vorge , sunden, daß mir teine Zeit zum Zei »,tunglesen geblieben ist« Wir mußten « ja auch das Mittagsessen um länger als eine Stunde hinausschieben.« »Und dann hast Du so gut wie nichts gegessen!« bemerkte die schlanke, blonde, noch sehr hübsche Frau und liesz das seelenvolle, hellt-laue Au e mit nur mühsam verhehlter Vesorgniß aus ihrem Manne ruhen, dessen start durchsurchtes, glatt rasirtes Gesicht schmal und lang war und durch den spitz zulausenden Bart am Kinn noch länger erschien. Es lam ihr vor, als sei et über Nacht umJ ahre iilter ge worden Schweigend goß sie den start dustenden Kassee in die Tasse, siigte Zucker und Sahne hinzu und reichte sie ihrem Manne. Dornedden richtete sich auf, nahm die Tasse, hob die breiten, schweren Augenlider-, durch welche die etwas müde blicktenden grauen Augen mei nens haio verschleiert wurden und fragte, sie forschend anbiickend: »Wie kommst Du auf die Frage, ob ich die Zeitung heute schon gelesen habe?« »Ach, wie man so fragt, es hat tei nen besonderen Grund,« erwiderte sie ausweichend und verzog den seinge schnittenen blossen Mund zu einem Lächeln, das ihr aber snicht vorn her zen kam. Wie um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, erkundigte sie sich dann: »Du hast Ahrweiler ge stern nicht gesehen?« Dornedden fuhr zusammen, die Frage schien ihn unangenehm zu be rühren, und mit einer ihm sonst nicht eigenen hast antwortete er: »Nein, ich würde Dir sonst bei Tische schon da von erzählt hat-ein« »Du warst bei Tische so in Dich ge lehrt, sprachst gar nicht, da wollte ich Dich nicht mit Fragen belästigen,« sagte sie mit einem Seufzer. »Wie hätte ich zu ihm nach Char lottenburg gelangen sollen?" erwiderte Dornedden. »Ich traf gestern Morgen in Berlin ein. mußte am Abend wie der abreisen, und Du weißt, was mir zu thun oblag!'« Auch er seufzte tief auf, und die Linien in seinem Gesicht schienen sich noch mehr zu vertiefen. Dieser Anblick schnitt der besorgten Frau in's Herz, und sie sagte leise: »Er hätte Dir doch vielleicht rathen, beispringen tönnent Er ist doch Dein Ireund.« Dornedden streckte wie abwehrend beide hände aus. »Er nennt sich so nnd sagt sogar, ich sei sein einziger reund; das wtirde aber sogleich vor i sein, wenn ich ihm mit einem An liegen käme." · »Sonderbare Freundschast,« mur melte die Frau. und ihre Stirn zog sich usammen. »Du kennst ihn nicht so wie ich, Elisabet Du weißt nicht, durch we - che Schi ale er mißtrauisch, ja bei nahe menschenseindlich gemacht wor den ist,'« entgegnete er. Frau Dornedden nahm an, ihr Gotte wolle durch diese Worte den Freund bei ihr vertheidigen und sagte einlentend: »Es würde Dir auch schwerlich etwas geholfen haben, wenn Du zu ihm gegangen wärest.« »Wieso? Was weißt Du von Ahr weiler2« fragte Dornedden. »Ruhig, ruhig, Karl!« bat die saus te Frau, ihre schmale, kühle Hand aus die des erregten Mannes legend. Aber et schob sie hinweg und wie derholte heftiger: »Du weißt etwas von Ahrweiler! Es hat etwas über ihn in der Zeitung gestanden! Deshalb fragtest Du vorhin, ob ich sie gelesen; hole sie mir, sie steckt in meinem Ue berroct.« »Es steht etwas über ihn in der Zeitung, Du kannst es aber noch aus sijhrlicher in einem Briese von Milli bald iesen," gab sie zu. - « illibald hat geschrieben-X Wann den-ji« »Du hattest Dich soeben zum Schlummer niedergelegt. Es war ein an mich gerichteter Eilbries.« Jhr Mann ließ sie nicht weiter re den; er wars die Decke, die er über sich gebteitet hatte, von sich und sprang mit beiden Füßen zugleich vom So pha empor. »Es —- es rst Ahrweiler etwas zugestoßen!« leuchte er. »Ja —— ja,« gab die Frau zu. sc- ZU t-h«l sc- äkt ----- L«4I« »So s.0 III-o VI lls ssIIIUDUIOO schrie Dorneddenz fein Athem tam ftoßwetse aus der Brust, tlappernd schlugen die Zähne aufeinander, große Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Der Anblick entsetzte Frau Elisabeth und bebend fragte sie: »Wiefo weißt Du das-Z« Der Anruf schien ihn etwas zu sich selbst zu bringen. Sich mit der Hand über das Gesicht streichend, antwortete er: »Weil — weil ich immer —- der- » gleichen gefürchtet habe bei seinem. einsamen Leben ohne Diener —'· »Er hatte doch die Portiersleute,« wandte seine Frau ein. Dornedden antwortete darauf nicht i und fuhr wie im Selbstgespräch fort: s »Und bei seiner Marotte, all sein Geld sund seine Werthpapiere im Hause zu ; behalten. Jn seinem eisernen Schrank ! liegen Millionen.« s »Aber das wußte doch Niemand,« s sagte Frau Dornedden. , Jhr Mann rief heftig mit dem ) Fuße stampfend: »Wie kannst Du das sagen! Zu diesen Portiersleuten hatte er ein blindes Vertrauen. Jch warnte ihn noch, als ich das letzte Mal bei ihm war. Die Frau tam dazu, als er den eisernen Schrank aufgeschlossen s und Geld und Papiere herausgenom I men hatte. Der Schrank wird ausge s räumt sein.'« »Nein. Willibald schreibt, er sei fest verschlossen gewesen; der Mörder habe allem Anschein nach ihn nicht zu öffnen verstanden und keine Beute ge macht.« »und —- und — hat man den Mör der —- gefaßt?'« stieß Dornedden abge brochen hervor. Wieder schlugen seine Zähne aufeinander; er wantte. Frau Elisabeth umfaßte den Gat ten und zog ihn zum Sopha; hier ließ sie sich neben ihm nieder, seine Hand in der ihrigen haltend. »Ich wußte es, daß die Nachricht Dich furchtbar erschüttern würde; Willibald hat das auch vorausgesehem er hat den Brief deshalb an mich und nicht an Dich ge richtet," sagte sie mit ihrer lieblichen« ein wenig verschleierten Stimme. »Ich sollte Dich vorbereiten, das ist mir nun doch schlecht gelungen.« »Wie Du es auch gemacht hättest· Du hättest den Stoß nicht abzuschwii chen dermocht.« entgegnete er und fügte ungeduldig hinzu: »Wo ist der Brief?« »Ich werde ihn Dir vorlesen«« sagte sie und zog aus der Tasche ein ziem lich umfangreiches Schreiben, das Willibald, der einzige Sohn des Ehe paares, der in einein großen Berliner Bantgeschäft eine Stelle bekleidete, arn Abend des vergangenen Tages an sie geschrieben hatte. " e Der Sohn bedauerte zunächst, daß er den Vater während dessen kurzen Aufenthaltei in Berlin nur flüchtig sprechen und ihn auch am Abend nicht zur Bahn begleiten gekannt. Die Ar beiten für den herannahenden Ultiino wären gar zu dringend gewesen. »Und ich hatte auch keine Zeit übrig!« seufzte Dornedden, «tröftete mich mit dem Gedanken, daß er ja nächste Woche zum Weihnachtsfeste nach Hause kommen würde.« Ein Freudenschimmer flog bei die sen Worten ihres Mannes über das Gesicht der Frau, verschwand jedoch sogleich wieder, als er hinzufügte: »Lies weiter.« (Iortseßung folgt.) —--. Zwischen Ja und Nein schlängelt ach dieLieblinngtomenade der Muth en.