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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (May 10, 1901)
W Strafe —-.—-. Von Dorothea Goebeler. Als er die Straße hoch im Norden s erreicht hatte hemmte er plöhlich der raschen Schritt. Die stürmende Glück seli·gteit, die ihn so lange vorwärts ge trieben, als hätte er Flügel, in die wie dergewonnene Freiheit hinein, machte einer jähen Bellommenheit Platz. Er sah die Straße entlang, finster und un freundlich lag sie da, auch jeht, wo die scheidende Frühlingssonne ein ledtes goldenes Licht darüber warf. Auf dem Fahrdamm liirmten die Kinder, und dazwischen liefen Frauen auf und ab, Frauen in rauhen Arbeitstleiderm aber alle geschäftig und hochbeparlt. Es war am Abend vor Charfreitag und sie mußten eilen, fertig zu werden. Ein tiefer Seufzer hob seine Brust, zögernd, mit mildem fchleppenden Schritten, ging er weiter. Da, Num mer 198, das war es. Sein Blick flog an dem Hause empor, ein unfreundli cher, verwitterter Bau. Zahllose Fen ster, aber alle duntel -—— nur aus einem brach grell blendender Lichtschein, dort wurde noch gearbeitet. Er stieß die schwere Haus-thut auf und trat ein. Das Gas brannte be reits, eine armselige, offenflackernde Flamme, die der Zugwind auf und nie der trieb. Langsam, langsam, den Flops tief gesenkt, stieg er die schmutzi grn, ausgetretenen Treppen empor, Jm ersten Stock eine Reihe von Na men, der, den er suchte, war nicht da bei: auch nicht im zweiten nnd dritten, dann aber s-—- ein dumpfer Schrei ent rang sich seinen Lippen, da zwischen Visitentarten und verschmierten Pa piersetzen, das lleine Schild - das Bronzeschild. Er starrte darauf hin, als wollte er die zierlichen Linien der verschniirtelten Einfassuna für ewig in sein Gedächtnis-, einprägen. Seine Augen glühten, mit heiserer Stimme wiederholte er oen ucamen —- sourrner — Burtiier. Vor seinem Geiste stand der Platz, ioo er dieses Schild zuletzt gesehen, das elegante Treppenhaus draußen iin Westen in der Lützow straszr. Einer plötzlichen Schwäche nachgebend, sehnte er sich gegen die Wand, aber schon im nächsten Moment hatte er sich wieder aufgerafft und zog tie Glocke. Drinnen rührte sich nichts, erst nach einer ganzen Weile näherten sich Schritte. Das Geräusch einer Sicher heitstette drang heraus, die Thür wur de vorsichtig aufgezogen. »Wer ist da?«' sagte eine Frauenstiinme durch den Spalt. Der Mann antwortete nicht »Wer ist da -" wiederholte die Stim ine mit ungeduldigeni Ton. Aber der Mann schwieg noch immer; erst als der Spalt sich langsam wieder schloß, trat er einen Schritt vor und sagte leise: »Ich bin es.« Eine lange Pause, dann flog die Thiir auf, ein erstickter Aufschrei: «Ferdinand?« »Ich bin es.« Er trat an ihr vor iiber und drückte den Riegel hinter sich in das Schloß. Auf dem halbduntlen Korridor standen sie sich gegenüber, er suchte ihre Hand: ,,Ainalie« und mit einein leise bittenden Ausdruck noch einmal: »Anialie.« »Du -—«?" sie konnte taurn ein Wort hervorbringen. An ihrer Stimme hörte er, wie sie bebte. »Du — nein aber, —- aber tomrn doch herein.« Wie eine Träumende, Willenlose wankte sie nach dein Zimmer, aus dem sie offenbar gekommen. als brauche sie einen lHalt, stützte sie sich mit beiden Händen auf den großen runden Sophatisch. Er blieb an der Schwelle stehen Eine ganze Weile sprach keiner von ihnen, dann sagte er: »Ja, ich bin nun wieder da, Amalie.« Seine Stimme schien sie wieder zu sich selbst zu bringen« Sie stürzte auf ihn zu und faßte seine beiden Arme: »Ja ---— aber, wie ist s— wie ist es mög. lich —-— jetzt schon -—-- wie ist »T« »Sie haben mir das letzte Vier-tec jahr erlassen« Er sagte es, ohne sie anzusehen. ,,Und Du bist srett -— trete —- Du bleibst jetzt hier? - · Bei mir?« Jhre Augen suchten die seinen. Ueber sein ernste5, tiesgesurchtes Ge sicht slog ein Leuchten, er legte den Arm um ihre Schulter: »Dars ich denn, Amalie?« »Ach Du -—-« ihr Kopf sanl an seine Schulter. ein Schluchzen erschütterte ihren Körper, dann sah sie plötzlich mit einem Lächeln zu ihm aus: »Nein, aber s— nun stehen wir hier - ziehe Dich doch erst einmal aus.« Sie nahm ihm den but ab und hals ihm aus dem Ueberrock und mit einem priisenden Blick seine hohe Gestalt umfassend: »Du bist aber magerer geworden." »Ja ---— Gesängniszlust!« Er suhr mit der hand durch das dunlle haar, in das sich schon graue Fäden mischten. -— «Also hier wohnt ihr nuni« »Seit zwei Jahren --—«, sie folgte sei nem Blick durch das Zimmer. »Ja, es ist anders geworden bei uns, nicht wahr? Keine sieben Zimmer mehr Die Möbel tennst Du wohl noch? — Unsere alte Fremdenstube —-« die we nigstens haben sie mir gelassen. Aber ist es nicht doch ganz nett hier? Wir haben den ganzen Vormitta Sonne. Siehst Du, hier im Zimmer chlase ich mit Erich, han« hat sein Bett in der tiiiche und Jlse schliist in der Kammer, weil die immer erst spät kommt und lange liegen bleibt, da stört sie uns an s LL deren nicht. Nein, was die Kinder sa gen werden!« Sie hatte ihn unter allem Geplauder ( durch die kleine enge Wohnung geführtJ als wollte sie ihm und sich damit fort-! helfen iiber die eigenartige verlegene Stimmung dieses Wiedersehens, nun blieb sie vor ihm stehen: »Aber sonst bist Du doch immer ge sund gewesen, ja? Du hast ja niemals von Dir hören lassen in diesen sieben · Jahren 9« »Du warst es, die mir keine Antwort ! sandte ——« Er ließ sich schwer in das altmodische « Ledersopha fallen. »Ja — das war damals« — sie rückte einen Stuhl an seine Seite und nahm die Stopferei, die sie vorhin bei seinem Kommen aus der Hand gewor fen, wieder auf, mechanisch zog sie den Faden hin und her ——- ,,damals. —— Jch hätte geantwortet —- ja glaube, ich hätte geantwortet. Aber siehst Du —— damals tam meine Schwester wieder und sprach dazwischen, ——— ich hätte » nicht auf meine Schwester hören sollen — niemals.« »Sie hatte schon Recht, Amalie!« — er sah finster vor sich hin. »Nein, sie hatte nicht Recht ---«, sie schüttelte heftig den Kopf- --— ,,damals glaubte ich ihr, —- so vergrollt wie ich war. —- ich hab’ ihr noch lange ge glaubt, als sie dann aber fortging, — s sie wurden nach Kolberg versetzt, weißt ; Du, — als ich allein blieb und nach I denken konnte« da habe ich doch klar ! sehen lernen. Nein, sie hatte nicht ? Recht Es hat Niemand Recht, der sich I eindrängt zwischen Mann und Weib, ! ——- Niemand- —« Sie brach ab und ) » machte eine Pause, sprach aber schon E nach wenigen Seinnden weiter: »Ich j hätte nicht auf sie zu hören brauchen, E gewiß nicht, aber Du weißt ja wie ich i damals war, jung und unerfahren und wußte nichts vom Mann und Män ! nerart. Und dann die Eifersucht — diese schreckliche untersucht, da tenn man schlimmen Worten gern sein Ohr. Ja, ich habe mir das Vertrauen neh men lassen, das Vertrauen zu Dir, das war all unseres Elends Anfang. Du hättest Dich zu mir zuriick gesunden, heut weisz ich’s --— und woher denn zu ; rückgesunden damals? Aus einem lu l stigen erundestkeig. Jch hätte stille i halten sollen -— aber ich habe Dich von f mir getrieben —— mit meinem Grollen i und Hadern habe ich Dich von mir ge i trieben --—- aus dem Hause --— zu —- zu f der Andern, in das ——— Verderben hin ein —« J »Du! —- Jawohl Du!« Er sprang empor und begann im Zimmer auf und niederzuschreiten, sein Athem ging schwer und keuchend, ein Zug namen loser Qual malte sich aus seinem Ge sicht. Hinter ihrem Stuhl blieb er stehen. —- »Und doch war ich nicht schlecht, Amalie. k— Jch habs nicht be halten wollen, das Geld. Nur eine An leihe — siir kurze Zeit » bis die Ge schäfte besser gingen, aber Du weißt ja, der große Zuckertrach, die Papiere fie -’len, Verluste, immer neue Verluste! i Und draußen das Leben, all die tolle i glänzende Lust, die ich so liebte, die ich I nun entbehren sollte, da überlams mich. s Leidenschaft, wilde Leidenschaft, nur » nicht aushörenl Und ich nahm mehr, i immer mehr, all die Depots, all daiz s Geld, das uns anvertraut war, es war l wie ein Rausch. Ja, ich bin zum Be trüger geworden, Ehre und Stellung, Weib und Kind hab ich verrathen um die Lust einiger Stunden. Aber ich habe gebiißt, Amalie, in den langen Jahren, in der einsamen Zelle hab ich gebüßt· Jch bin ein anderer geworden, ich will sühnen, und wenn Du es noch einmal mit mir versuchen willst, Ama lie? Er streckte ihr die hand hin. Sie antwortete nicht, aber sie legte ihre Rechte in die seine, und so hielten sie sich lange Zeit. Der Mann nahm zuerst das Wort: ’ »Ich —- ich tomme auch nicht mit lee ren Händen. Jch habe verdient. Sie haben mich in den Bureaus beschäftigt. Es ist nicht viel, aber doch siir den An sang genug, und dann habe ich auch eine Stellung. Unser Anstaltsprediger hat mich empfohlen —- als Buchhalter — bei seinem Schwager — er hat eine chemische Fabrik in der Neumari. Am Ersten fange ich an. Es wird alles gut werden« Amalie." I »Ja, es wird alles gut werden.'« Un ter Thränen lächelnd sah sie zu ihm aus. »Und nun bist Du da —- nein, ich sage, was die Kinder sür Gesichter machen werden!« »Ja, die Kinder," er setzte sich wieder neben sie, »von denen haben wir noch garnicht gesprochen. Die Jungens, wie ich mich manchmal nach den Jungens gesehnt habe! Sie sind wohl groß ge worden, nichts-« »Das tannst Du Dir wohl denken!« Sie nahm die Arbeit von neuem vor. Besonders Hanf-, der reicht Dir noch über die Schulter-, so ein langer Laban ist das, trotz seiner 18 Jahre. Du wirst ihn übrigens bald sehen. Er kommt gleich. Heute hören sie schon um Sechs aus in der Fabrtt.« »Was hören sie?« Er drehte langsam den Kopf. »Er hört um Sechs aus in der Fa bril, -— - ach so, das weißt Du ja gar nicht --— er ist nämlich Heizer in einer Maschinensabrit. Er hat schönen Ver dienst, 15 Mart die Woche und —« »Aber heiser —- Hans Heizer — ?« Er starrte sie an, als verstände er sie nicht. »Ja. was blieb denn weiter übrig!« L — sie zog ein sertiges Paar Strümpfe ineinander —- »es brach doch alles zu sammen damals, wir standen doch rein vor dem Nichts, da mußte der Junge doch verdienen. Und siehst Du, zuerst war er Hausdienet in einer Kunfthand- « lung —- aber da gab es nicht viel, und dann kam er auch einmal zu Leuten, die ] uns tannten —- von früher her. —- Ach s ja,« sie seufzte aus, »wir haben es manchmal schwer, wirklich sehr schwer. . Früher habe ich die Küche noch vermie- - thei, aber nun ist ja Erich aus der Schule und verdient auch, er ist Lauf junge drüben im Buttergeschäst, nun wollten wir es mal so versuchen, und etwas giebt Jlse dazu, viel nehme ich aber nicht von der.« »Aber Heizer —- Laufjunge,« er safz wie gelähmt. »Ja, es ist mir auch nicht leicht ge worden« —- sie ließ die Hände in den Schoon fallen und sah vor sich hin. »Ich hatte auch andere Pläne das weißt Du ja. Gott, es sind ja ordentliche Jungens —- aber die Umgebung —- was ( sie da lernen! Jch habe mir ja Mühe « genug gegeben, aber es nutzt nichts —- ; wirklich nicht!« Jhre Augen standen wieder in Thra nen. Er schlug die Hände vor das Gesicht d und stöhnte auf, dann sagte er: »Aber Du hast ja noch Jlse.« I ,,»Jawoht —- ich habe noch Hilfe-« I »Was ist mit Ilse?« Sie antwortete nicht. sie mühte sich, den Wollsaden durch die Nadel zu brin gen« aber es gelang ihr nicht, ihre Hände zitterten zu sehr. »Was ist mit Jlse?« » ,,-Oh nichts —- was soll denn sein?« - »Sie hat auch eine Stellung?« »Ja, sie hat auch eine Stellung.« Er maß sie mit einem langen Blick —- dann sprang er aus und packte ihren Arm: »Amalie, Du —- Du verbirgst mir etwas. Was ist mit Jlch« Nadel durch den Strumpf-dann warf »Nein. nein -—— gewiß nichts —- sie i ist nur — sie hat —- nein, ich kann es Dir ja ruhig sagen —- sie singt nämlich recht hübsch —- und weil es doch so gut J bezahlt wird — hat sie es angenom-« men, sie ist nämlich —- Sängerin ge worden — bei einem Variatfu Es soll aber ein anständige-s Lokal sein, ja, ein sehr anständige-z Lokal.« « »Und das hast Du gelitten?« Seine Arme sanken schlaff herab, es - lag kein Vorwurf in seiner Stimmc, aber ein schmerzliches Staunen. Sie schwieg, gleichmäßig schob sie die sie plötzlich die Arbeit fort: »Ja, was sollt’ ich denn machen? O mein Gott, nein, Du lannst Dir ja gar nicht den ken, wie es kommt, wenn man die Kin der aus Arbeit schicken muß und dann noch von ihnen abhängig ist. Das kann sich ja kein Mensch denken! Und sollt’ ich ihr denn die Thiir weisen? Dann wär’ sie mir ganz verloren gegangen — das ionnt’ ich doch nicht! Nicht wahr, das konnt’ ich doch nicht«-» Sie faßte seine Hand und sah mit einem verzwei felten Blick zu ihm aus. »Nein —- das — konntest Du nicht.« Er sagte es, ohne sie anzusehen. Und Du darfst ihnen auch nichts sa gen, Ferdinand——nein, nein, Du darfst den Kindern nichts sagen —— sie würden Dir schlimme Worte geben. —- Du weißt nicht, wie sie geworden sind. — Versprich mir, ihnen nichts zu sagen.« »Ich — ich verspreche es.« Er mur melte es mehr, als daß er sprach. Die Frau ließ seine Hände fahren und wandte sich ausseuszend wieder der Arbeit zu: »Ja, es kommt alles so an ders im Leben, Ferdinand, so anders! Aber —- schloß da nicht jemand?« Sie horchte aus. »Ja —- das ist Hans, ach, um Gottes-willen, und ich habe ihm noch nicht einmal die Küche ausgeräumt und Waschwasser hinge stellt, da will ich aber gleich —« sie stand aus und grisf nach der Lampe — ,,nein, bleib Du hier — ich san’ es ihm allein und« — ohne auszureden, eilte sie hinaus. Von draußen klang eine scheltende Stimme: ,,Jott nee, Mutter, nischt is in Ordnung. Allet liegt wieder us mein Bett. Des olle lüderliche Balj, die Jlse —- iann die nich ihre Kledage wechhängen? Aber nee, det jeht immer haste, wag de tannsie, det se hinloinint in ihr Tingeltangel.« ..Aber Hans — Hans!« Der Mann in der dunklen Stube hörte nichts mehr, er saß wieder in der Sophaecke, das Gesicht in den Händen vergraben. Vor feiner Seele stieg es auf wie eine Vision. Die Schuld, die er gefühnt und vergessen geglaubt, seine Schuld stand wieder vor ihm da — schwarz, drohend, riesengroß, und ex wußte, daß diese Schuld noch nicht ge biißt war, daß ihre Schatten weiter wachsen würden, daß jetzt siir ihn die Strafe erst begann —- die Strafe! — »So-—- - - — Ein unbilligesVerlangen. »Ich nehme diese Photographie nicht. Schauen Sie nur, was fiir ein Trum Nase ich darauf hab’.« »Thut mir leid, gnädige Frau, aber meine Apparate können nicht schmei cheln.« »So schaffen S’ Jhnen halt Appa rate an, die a schmeicheln tönnen.« Zu spät gekommen. Sie (in der Nacht aufwachend, im Flüstertone): »Du, Karl —- Karl, ich glaube in unserem Zimmer ist ein Ein kretchey der gerade Deine Taschen visi ir .« Er: »Das Vergnügen kann er ha ben. So viel ich weiß, bist Du ihm schon gestern Abend zuvoraetommen.« —-OOO-— Letzthin wurde eine Frage behandelt, s die für große Städte von hervorragen- . der Bedeutung ist: die Beseitigung und Nutzbarmachung des Hausmiills. Heute wollen wir uns mit einer andern ebenso wichtigen, oder vielleicht noch wichtige ren Aufgabe des Technikers, der Be seitigung und Nutzbarmachung der« städtischenAbwässer, beschäftigen.Schon m Lug der Welt der Ilectisiiä.W U J im alten Babylon, in Ninive und man- J chen altägyptischen Orten gab es bedeckte - Kanäle zum Fortschaffen von Schmutz- z und Regenwasser. Das alte Athen be- H saß theils überwölbte, theils nur mit H losen Platten bedeckte Ableitungsko- s näle. Rom befin in der Cloaca maxi ma eine noch jetzt benutzbare Kanalaik T lage, deren Bau dem Könige Tarqui nius Priscus, etwa 500 bis 600 v. Christus, zugeschrieben wird. Hier legte man auch schon Anschlußleitungen an, : während andernorts das Schmutzwas- ; ser in Eimern aus den Häusern getra gen werden mußte. Der erste Versuch, verunreinigte Abwässer zu klären und zur Berieselung von Gärten und Fel dern zu benutzen, dürfte in Jerusalem gemacht worden sein, wo aus dem Sa lomonischen Tempel das Blut der« Opferthiere durch einen Kanal in Klärteiche geführt wurde. Ein anderer geschichtlich bekannter Versuch, Abwäs ser zur Wiederberieselung zu verwen den, ist im zwölften Jahrhundert in «: Mailand gemacht worden« JmMittelal ter und später sind nicht selten kunst volle Entwässerungsanlagen für Klöster ; ausgeführt worden. Dagegen sind An lagen, die zum Entwässern ganzer Städte dienten, aus jener Zeit kaum be kannt. Allerdings gab es in Hamburg j schon um das Jahr 1300 Siele aus I Eichenholzbohlen, doch dürften diese nur für einzelsne Straßenzijge bestimmt gewesen sein. Erst m der zweiten · Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts s hat man diesem wichtigen Gegenstand - volles Verständniß entgegengebracht. Hamburg wurde 1842 planmäßig ka nalisirt, Frankfurt 1854. München 1857, Dresden 1860, Berlin 1873, noch später Köln, Magdeburg, Hanno ver, Bremen, Breslau. Dortmund, Düsseldorf, Elberfeld, Halle a. S. u. s s. w. Bei geringer Bevölkerungsdichtig teit lassen sich die Abwässer, die aus dem Regen- und Spülwasser, den menschlichen Auswurisstoffen u. s· w. bestehen, noch landwirthfchaftlich ver werthen, auch tritt eine Verunreinigung tei Brunnen bei genügender Tiefe der selben noch nicht ein. Bei größerer Be rölterungsdichtigkeit als 100 Personen auf das Hektar machen sich schon gewisse Uebelstände bemerkbar. Jn manchen Orten hat man das Regenwasser ge trennt von dem Brauchwasser abgeleitet, so z. B auch in dem längs des Rheines liegenden Theil von Köln, während die übrige Stadt durch Schwemmtanalisa tion entwässert wird. Wo die Verhält nisse so günstig liegen. daß die Abwäs fer - Kanäle gleich in das Meer oder in einen wasserreichenFlußlaufeinmün den, sodaß ihr Inhalt in tausend-, ja in millionenfacher Verdünnung in die sem verschwindet, da können der soge nannten ,,selbstreinigenden Kraft« der Gewässer alle Abfallprodukte ohne Bedenken anvertraut werden« Befinden sich dagegen am Flusse unterhalb der Zuflußstelle der Abwässer menschliche Ansiedlungen, und zwar in Entfernun gen, die noch nicht hinreichend groß sind, um all die vielen Abfallstoffe »berat beiten« zu können, so müssen die Kanal wässer künstlich gereinigt werden, bevor sie in den Fluß abgelassen werden dür fen· Die hierfür üblichen Verfahren lassen sich in drei Gruppen eintheilen. Man unterscheidet 1· das Berieselung8 verfahren, 2. das Zusatzklärverfahren und s. die Oxydations- bezw. Reduk tionsverfahren. Jedes dieser Verfah ren hat seine Vorzüge und seine Nach theile. Vorn bolkswirthschaftlichen Standpunkt sind jene Verfahren die besten, die eine Nutzbarmachung der Ab fcllftoffe ermöglichen; wo das nicht an gängig ist, bleibt die Beseitigung durch Fällung mittels eines Zusatzes von Niederschläge erzeugenden Chemikalien am vortheilhaftesten, während die Ver nichtung der Verunreinigungen durch Oxhdatton, unter Zuhilfenahme der l Elektrizität, am interessantesten, aberl auch am theuersten ist. Theoretisch s wäre es am richtigften, die Abwässer zu i verdampfen und den Flüssen nur das destillirte Wasser zuzuführen. Dabei lonnten die festen und gelöst gewesenen Stoffe gewonnen und nutzbar verwer thet werden. z Auf gewöhnlichen Wege ausgeführt? würde dieses Verfahren an den hohen Kosten scheitern. Anders ist es, wenn man den von Hermann Stitz in Halle vorgeschlagenen Kreisprozeß einführt, welcher daraus beruht, die zur Ver dampfung nöthige Wärmemenge stets wieder zu gewinnen. Nach diesem pa tentirten Verfahren soll man im Stande sein, mit einem einzigen Kilo gramm Dampf etwa 140 Kilogramm Wasser zu verdampfen. Der Prozeß geht wie folgt vor sich. Das Abwas see wird in geschlossenen Kammern aus Stampfbeton unter Luftverdiinnung durch Dampfheizung in Dampf ver wandelt. Die Lustverdünnung wird durch einen Dampfftrahl-Saugeappa rat erzeugt, der gleichzeitig auch den entstehenden Dampf abfaugt, wobei sich letzterer mit dem dem Strahlapparat zugeführten Dampf mischt. Das Dampfgemisch wird nunmehr in einer Rohrleitung Heizlörpern ähnlichen » Rippenrohren zugeführt und in diesen wiederum zu Wasser verdichtet, wobei es seine Wärme an das zu verarbeiten de Abwasfer abgiebt, während das rei ne Wasser abfließt. Der Schlamm, der in dem Kasten zurückbleibt, wird mittels Filterpressen von seinem Was sergehalt befreit und die daraus ge wonnenen Preßtuchen werden getrock net und zu pulverförmigem Düngema terial vermahlen. Die gleichzeitige Mitverarbeitung von Latrineninhalt macht die Verwerthung des «Kanalwaf sers weit erträgnißreicher. Die Ge .——. .-——-.- -—————— ——.--— U fammttoften einer Anlage, die in 24» Stunden 20,000 Kubitmeter Kanak E wasser verarbeiten soll, also etwa für eine Stadt von 100,000 Einwohnern passend wäre, werden auf 720,000 Mark angegeben, wozu allerdings noch die Kosten für Grund und Boden kä men. Die jährlichen Betriebsunkosten « würden sich auf rund 140,000 Mark ftellenz aus der Verwerthung des ge wonnenen Düngers soll sich dabei noch ein Reingewinn ergeben. Das im Vorstehenden ftizzirte Verfahren von Stitz dürfte auch fiir die Industrie zur Reinigung von Kesselspeisewafser von Bedeutung sein, und ein oberschlessi sches Werk soll damit beschäftigt sein, diesen Prozeß für den erwähnten Zweck einzuführen. s- se si Zum Heben gesunkener Schiffe be nutzt man am einfachsten die auftrei- - bende Kraft der Luft, die in luftdicht ; geschlossenkn Behältern enthalten ift.; So einfach die Sache in der Theorie ist, so schwierig gestaltet sich jedoch dte J ganze Aufgabe bei ihrer praktischen Ausführung. Der französische Jn genieur L. Matognon hat daher vorge schlagen, zum Heben der Schiffe nicht Luft, sondern Acetylengas zu nehmen, und seine Verjuche nno ro gunnigs ausgefallen, daß sich auf Grund der- « selben schon eine Aktiengesellschaft für H die Benutzung von Acetylen zur He-? bung gesunkener Schiffe gebildet hat. Sie verwendet statt der oben erwähnten Behälter wiederstandsfähigeKautfchut säcte, die unbenutzt nur wenig Raum - beanspruchen. Bevor sie ins Wasser « hinabgelassen werden sollen, werden sie « mit einem Netzwert bedeckt, an dem unten eine schwere eiserne Stange her-: abhängi. An diese Stange werden die ; Ketten befestigt, die unter dem Boden z des Schiffes hindurchaeführt werden. Besondere Rohre verbinden die Kaut- - schucksäcke mit den Acetylengasentwielis ; lern. Wie aus dem Gesagten hervor- F geht, scheint das Acetylen berufen zu ; sein, auch auf diesem Gebiete demnächst eine größere Rolle zu spielen. Man ist ja sogar so weit gegangen, Schisd bauen zu wollen, bei denen das Un tersrnten durch Anwendung dieses Mit tels überhaupt verhindert werden soll. IIc III sit Eine recht zeitgemäße Neuheit ver- « danken wir den Holländern. Es ists dies ein selbstständiger Sandstreuer fin ; Straßenbahnen, Partanlagen u. s. w. : Er besteht aus einem für Hand- und Pferdebetrieb eingerichteten Wagen. unter dessen Boden eine rehbare ; Scheibe angebracht ist, auf die der; Sand durch eine im Boden angebrachte Oeffnung fällt, und die ihn infolge« ihrer selbstthätigen Bewegung aug streut. Je schneller die Scheibe sichZ dreht, um so weiter wird der Sands geschleudert und umgekehrt. Der Wagen saßt 250 Hilogramm trockenen Sand, womit ein einziger Mann meh rere hundert Meter eines H Meter breiten .Weges bestreuen kann. Nach entsprechendem Berstellen der am Bo den befindlichen Oeffnung kann man statt Sand auch gröber-en Kies, Asche u. dergl. aus-streuen. s- -I- si Eine Frage, die sich wohl mancher Hüttenmann beim Eintritt in dag neue Jahrhundert vorgelegt haben dürfte, ist die, ob die Elektrizita1, deren umgestalx tender Einfluß sich auf so vielen Ge: bieten der Technik in aufallender Weise fühlbar gemacht hat, auch imstande wa re, an den althergebrachten und wohl bewährten Methoden der Eisendarstel lung zu rütteln, oder ob es ihr dereinst gar gelingen sollte, diese durch neue, bessere, oder wenigstens elegantere Ver fahren zu ersetzen. Man mag hierüber denken, wie man will, die Thatsache steht fest, daß der emsig schaffenden kraft-, licht- und wärmespendenden ju: gendlichen Schwester des rußigen Rie sen Dampf gerade im Reiche der Cytla l pen noch ein unabsehrbares Feld zur Bethätigung ihrer Wunderkraft offen steht. Der an sich sehr verlockende Plan, unmittelbar aus den Erzen das schmiedbare Eisen oder den harten Stahl auf elektrischem Wege auszu schmelzen, ist keineswegs neu; große Männer, ernste Forscher wie Karl Wil helm Siemens und der Schwede de La val, denen wir manche hervorragende Erfindung auf, anderen Gebieten ver-— danken, haben sich eingehend mit dem vielverheißenden Problem, Eisen elet trisch vorzustellen, beschäftigt, und in der That besitzen wir in dem elektrischen Ofen ein vorzügliches Mittel, um das Eisen entweder frei von allen störenden Beimengungen oder aber als Legirung von ganz bestimmter, schon vorher be rechneter Zusammensetzung zu erhalten. Dazu kommt noch, daß de elektrische Ofen uns in den Stand seßh, das fer tige Eisen bezw. den Stahl aus jede ge wünschte Temperatur zu erhitzen, um das so vorbereitete Mtall alsdann in ·--. zweckentsprechender Weise weiter-verar beiten zu können. Für manche, von der Mutter Natur mit mächtigen Wasser trästen besonders reich bedachte Län der, wie die Schweiz, Oberitnlien, die standinavische Halbinsel u. a. m» de nen es dagegen an guten, abbausähigen Steintohlen zur Colesbereitung man gelt, hätte die elektrische Eisendarstel lung ohne Zweifel in erster Linie eine besondere Bedeutung, weil jene Länder erst dadurch in die Lage kämen, ihre Eisenerze in vollem Maße im eigenen Lande zu verhütten und sich « chanch nach dieserRichtung hin vom Auslande ganz unabhängig zu machen Auf dem Pa pier wurde die ganze »Frage ja auch mehr als einmal gelöst nnd wiederholt erscholl die Kunde, daß infolge einer meist amerikanischen Erfindung das Geschick der Hochösen so gut wie besie gelt sei. Wenn Jemand sich der recht undankbaren Aufgabe unterziehen wollte, die Patentlitteratur der letzten dreißig Jahre darauf hin durchznmn stern, er würde sich, am Ende seines Studiums angelangt, mindestens nach Schilda versetzt fühlen, wenn er jetzt noch seine guten Bekannten, die alten Hochöfen, in Betrieb sähe. Jn aller jüngster Zeit machte das elektrische Schmelzverfahren des italienischen Ar tillerie-Hauptmanng Stassano viel von sich reden, nnd sollen ja auch, wie ita lienische Fachzeitschriften berichteten, in dem romantischen Thale von Camonica drei derartige Schinelzöfcn von je 500 elektrischen Pserdekräften gebaut wer den, mit denen man eine Jahresleistung von 4000 Tonnen zu erzielen hofft. Das Verfahren selbst ist, wie alle elek trischen Schmelzverfahren, sehr einfach; man braucht nur das feingepnloerte, gewaschene und auf magnetischem We ge präparirte Eisenerz mit der ent sprechenden Menge Cokspulber und den ebenfalls feingemahlenen Zuschliigen · innig zu mengen, aus dieser Masse nip dann Brileits zu pressen und diese end lich in einem continuirlich wirkenden elektrischen Schmelzofen zwischen den beiden Kohlen-Elektroden niederzu fchmelzen. Zur Durchführung des Verfahrens sollen für eine Tonne Me tall 3000 Pferdetraftstunden nöthig sein, sodaß sich dasselbe, nach Angabe des Erfinderg, für Italien wenigstens, billiger stellen würde, als die Stahler zeugung nach den jetzt üblichen Metho den. Ein großer Vorzug der elektri schen Oeer bor den Hochöfen alten Stils soll darin liegen, daß man in ersteren auch bulverförmige Erze, die sich bekan tlich ini Hochaer nicht leicht berhüttenliassem bequem und mit Vot theil oerschinelzen kann. Dieser Um stand fällt namentlich dort schwer ins Gewicht, wo man gezwungen ist, die Eisenerze auf elektro-niagnetifchem Wege ausweichen-« wie dies in neuerer Zeit vielfach in Schweden und Finland in größerem Maßstabe geschieht, weil hierbei die Erze zum Zweck der Aufbe reitung sehr stark zerkleinert werden müssen. So schön das Alles klingt, so ist der thatsächliche Erfolg Stassanos bisher ein negativer gewesen, denn · wenngleich es nach den uns zu Gesicht gekommenen Proben erwiesen ist, daß man im elektrischen Schmelzofen aus reichen und reinen Erzen ein reines und " gutes Eisen herstellen kann, so ist der « Schritt aug dein Laboratorium in die Großindustrie doch zu weit und sind die zu bewältigenden Hindernisse vor läufig noch zu groß. (Köln. Zig.) —-- --——s.-— — L e tz t e F o h r t. Kein Blaum, kein Kranz, kein Kriiz, kein Stein, Kein Wurd dorup dun Wedderseihn! Ganz still un glatt liggt blos dat Hasf Un deckt en grotes Seemannsjgrasf Bi Malaga an’n span’schen Strand. — Doch bab’n in’t nedderdiitsche Land Ganz buten rut up wide Haid’ Einsam en lütten Kathen steiht; Dor sitt en junge bleike Diern Jn deipen Gram. ——- Nu herk, vun « fiern , Vun’t Siiden her klitigtKloelentlang, « Den dröggt de Wind de Haid’ entlank. Segg, lüden sei mit framen Sinn « Jn’t Kartdörp all de Wilntacht in? Ach nee. Hürst Du nich, tnin liitt Kind, Dut dit man —«- Dodenkloelen stindtt Dor smitt sei sick up ehre Knei Un jaminert lud in Nod un Weib Hei söd mi doch, vertrug up mi, Noch düsse Reis’, denn frig iek Di! Hei säd mi doch, up Wedderseihn Jn’t Vörjohr, wenn de Blaumen bläuhnl Hei säd, holl nii Din Hart b:wohrt, Dit is bestimmt min letzte F o h r t —-— Ja, Seemannsbrud, dat hett hei seggt Und höll sm Ward ok slicht un recht. Tau tidig leep sei man tau Ente -— Sin letzte Fohrt! ——- Hei tunn’t nich ( wenn’n. Hei sprung stn’n Konimandanten nah - Jn’t wille Hass bi — Malagai - - —-...-— - Sie weiß das zu schätzen. Dienstmädchen: »Sehen Sie mal, Madame, da finde ich im Spiilwasser einen von Willy’s Bleisoldaten!« Madame 0Ach, werfenSie das Ding weg·« - Dienstmädchen: ,,Nee, Madame, das . woll’n mer doch nicht; wer das Kleine nicht ehrt, ist das Große nicht werth!« - Druckfehler «Dn wirst es noch so weit treiben, « bis ich hornig werdet« warnte der« Gras seine kotette Gattin.