Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 03, 1901, Sonntags-Blatt, Image 16
. ———; ? Hugenieur Horstmanw ...Roman von... Yikhekm Hegeketx ------------------------fl.—j W -«-.ktt. Fortsetzung nnd Schluß-) Jn Diesem Augenblick trat Bert ein. Er hatte einen schwarzen Rock an, ei ne große dunkle Arabatte, aber weder einen Fez anf, noch sonst ein Masken zeichen. Er blickte sich hochmüthig um und nickte dann Anna zu, oie ange etelt von der übermiitlzigen Lustigleit, blaß un Sosa saß. tllH ein Herr ihn heranwintte ging er auf oiesen zu unz) unterhielt sich mit ihm. Einen Augenblick schloß Anna die Augen oor unerträglichem Schmerz. Jn ver Secunor. wo sie Bett in der offenen Thiir gesehen, hatte sie ge fühlt, daß ibre Angst recht hatte. Er betrat dies Haus wie ein Fremder, der innerlich alle Beziehungen abgebrochen hat. . .. Sie schämte sich der Maske rade, sie hätte alle diese Leute hinaus tret-sen nnd sich selbst dies schreien-z beleidigende Eostiim vom Leibe reißen mögen. Als einige Minuten vergangen wa ren, ohne daß Beet die Unterhaltung abbtach, ging sie ihm entgegen. Am Spiegel vorbeitommend, glaubte sie zu sehen,wie ihr Gesicht ihr blaß und ver zetrt entgegenstarrtr. Sie zwang sich ein Lächeln ab und streckte Bsrt die Hand kin, die er an die Lippen führte. »Wenn der Berg nicht zi-. Madam neev kommt« muß Muhammed zum Berge tomnien!« Der Offizier, mit dem Holleder tsch knterhalten Ha te, wer guigestan sen und sagte: »Denten Sie, gnädige Frau, unser Freund läßt sicb nicht bereden, mit auf ten Schwoof zu gehen. Dieser Mensch trirrs edlsrch unheimlich solide!« »Das sinke ich ehr richtig!« sagst Anna. s »D. 4—.1 HI- !c.,.- s» L» r- - le thut Its-«- lligtl UI pcll ULIZZ Im Sahn war nieder Ruhe herste itellt. Der Strrlch stand mit einem Pensionfräulein vor einem Bild, oas sie. von ihren Malerinftintten plötzlich fortgerissen, eifrig kritsirten. Der Vo iizeihiittel hatte einen Kreis von DO men Um sich, denen er Steckhrieie ent werf. Tie alten Römer rückten ihre kahlen Glatzen zurecht, leaten die Toqa in ernstere Falten, da gleich die Er mrrdung Caesars, wie es hieß, zum fiebentenund letzten Mal, getreu nass Mommfens Geschichte, vor sich gehe-i srlltr. Nur Frau Düsbach irrte um her. Sie hatte ihren Pompadout ser lrren, der wichtige Papiere enthielt. »Ist was Besonderes passir«?« ing te Bett zu Anna. »Nichts. Warum?« »Ich dachte, weil Du mir schriebst, ich sollte tommen.'« »Ich hatte Sehnsucht nach Dir, Tu hast Dich ja eine Ewigkeit nicht sehen lassen!« »Du weißt auch, warum! Die Leute klatfchen . .. Uebrigens können wir hier Unmöglich lange stehen. Das fällt auf.« — «Laß heb die Leute! Komm heut-. Abend! Ich sehne mich nach einem vernünftiaen Gespräch-F »Unmöalich. Jch lann nicht. Jch tritt heute Abend auf den —.«" »Auf den Ball in die Tonhalle,woll test Du sagen?« »Nein. Aber ich habe eine Einla dung·« »Ein wem?« »Z« Frau Oswald!« «So!« sagte Anna, und sie fühlte, wie ihre Augen zu tanzen anfingen, und wie eine tödtliche Schwäche fie nieder-H » aßt Dir das etwa nicht?« » ech« ja...geh’ nur hin, Du hist ja mit ihr verlobt.« EINIGE IIIYIUJFEtsst »Hu vak- Iv sama-ums male ne schwach. »Je«cenfallk gratulire ich Tit!" Er wandte sich um, im Begriff, die Stuer hinunter zu gehen. Sie hielt ihn am Arm fest. «Sag’ mir ein Wett, Beet! Ob es wahr ist oder nicht? Jch will Klarheit! Ich werde Dir keine Vorwürfe ma chen. Du bist ja frei!« »Das meine ich Vcch auch,« mur tnriie er. Anna fah ihn an und wurde th tenblaß. Sie setzte sich auf die Bank und fiel zusammen in Dem banfchigen Costüm« V-- - Is« ·Mach' keine Scene, Anna! Sie-M aqu Ums Himmelsteillem cie Leute sehen ja schon het!« »Ah es ist wirklich cus!« murmel te sie. Im Salt-n war man im Begriff die Etmvtdung Cäsars auszuführen Dieser war schotd ven einigen Ge treuen auf die Schulter get-oben und hie-ff eine Pathseiische. mit düsseldorser Netzt-rücken gespickteRede an scinVolk, Um Messer wetzten Yes Lächeln nnd machte Haut-bewe xesngeey als wenn et mit ihr in der -.Mehmsten Unierhnltunq wanderte « s »Nun-. matt-« keine SceneS Du hast M busi- immee mit Deiner Selbst H ahlt Nimm Dich ani E est ja alles niche wabe - . grau Dis-le- uud mir ist . zei. seit-site Muth sswiihtend die Vetschworenen heimlich Oe sue-r uxcht sein liebenswürdi- « »Ich-W doch rie Leute ferti« bat sie, immer schwächer werdend. »Zum Kuckuck nochmal, steh’ auf!'« sicgte et rauh. »Einen Augenblick! Es ist ja ai leH nichtv. .. Es ist aus- ja, geh nur, ich halte Dich nicht . . . .« Sie preßte die Hand gegen ihre mit lcltem Schweiß bedeckte Stirn und fuhr iiber die straffe Seide, die von ihren langen Nägeln knirschte. Bett zuckte die Achseln und wollte schon hinunter-gehen, aber er blieb ite ben. da er sah, daß im Solon etwas Besonderes vorgefallen sein mußte.i Cäsar hatte piiitlich aufgehört zu ges itituliren und starrte nach Jemandern bin, den Bett nicht erkennen konnte. Hauptmann von Dehrvitz hatte das BrwlengiaT das er erade angesetzt hatte, sinken lassen, sßeine stieren Au gen traten unnatürlich aus seinem dunkeln-then Gesicht hervor-. Horftmann war eingetreten. Eine Weile hatte er vor seinem hans ge ftcnden, an dessen hell erleuchteten Fenstern bunte Eoftiime und trotzen hatte Gesichter mustauchten Dann hatte er nefchellt und war. ohne sich um das öffnende Mädchen zu Hirn nierrn eingetreten Nun ging er lang sam in feiner greiicntxaften Haltung, mechanisch den Hut abnehmend, durch Den Satan nnd ließ die Augen umher schweifen Jn der furchtbaren Aufre ezunq dieses Augenblicks that er alles wie unter einem fremden Zwang. Er sah die Leute und sah sie nicht. Die, nselche er suchte, hatte er noch nickt entdeckt Die übrigen türnmerten ibn Ieicht »Was itt denn das s« l »J,der ist doch mastirt!« meinte der Lrgelsvieler. »Das wäre ein schlechter Witz.« »Wenn im Terr! Weiter!« rief Frau von Dehtritz, die nichts merkte Dabei tlatschte sie in die Hände. »Aber stehen Sie doch aus!« flüster te eine Dorne ihr zu. »Ist das nicht Herr Horstmann?« »Sind Sie auch echt, Qntelchers?« fragte im Diskant ein als- Pensionii tin mastirter Atademiter, indem er an Horstmann’s Haaren zapfte. Dieser erwiderte nichts, sondern gina weiter. »Was ist denn das-? Das ist ja tei ne Mastet·« murmelte der Akademi te: in seiner natürlichen Stimme er schrocken zurücksadrend »Alter herr, was wollen Sie?" schrie Jemand »Kiterrti!' machte ein Anderer. »Brosit! Prosit!« riesen welche und hielten die Gläser drein Plöylich stand Horftmann Nase ge gen Nase vor Frau Düsbach Diese stieß einen unter-drückten Schrei aus untr- fuhr zusammen, daß ihr der Pkrnpadovr wieder ans der Hand siel. Horitrnann ging hastig weiter zum Fenster hin. Vor dem Erter blieb er stehen und schob die schweren Seidenaardinen zurück. Jn diesem Augenblick stand er vor den beiden. Er sah sie in diesem verrätherifchen Halbduntel in einer Stellung, die the Jntimität verrietd. Aber ietzt, wo nichts ihn hinderte, sich auf sie zu stür ;en, fühlte er nicht diesen Wuihfchouer triie damals-, als er sie aus dem Schiff zusammen gesehen hatte. Er schien Bert zu übersehen und nickte sinster seiner Frau zu. Sie starrte ihn an, mit blutlosem Gesicht, und erwiderte tein Wort. Heller-en den der erste Schreck ieitaek nagrlt hatte, wollte den Jngenieur jetzt äriseite schieben, um sich davon zu ma "cn. Jm selben Augenblick aber zoa die ser den Revolvm Doch ehe der Schuß ioåknallle, hatte Beet ihm einenFaust schlag versetzt, sodaß die Kugel in den Laden qinq. Dann riß er ihm rnit eine-m Ruck die Waffe aus de: Hand und stieß ihn herunter. Ein wilder Tumult entstand. Jn Nu drängten alle Masken auf borst rncnn, so daß r wie von einer Mauer umgeben war. Deliin der aus dem Häntergrund nicht herankommen konn te, schrie: Zum Teufel, haltet »Festhallen! ihn! Er ist verrückt!« Aliee schrie, Frau Diisbach lreischte, die Diener schrieen: »Feiibalten! Er ist verrückt! Haltet den Verriickten!« Hotftmann wurde von Entsetzen ge packt bei diesem Wori. Er vergaß al les andere und suchte zu fliehen. Die welche unmittelbar vor ihm standen, - wichen zurück, und hinderlen so vie Uebrigen. Immer lauter schrie Deb witzt »Haltei ihn! Er ist verrückt!« in dem er sich mit Faustflößen Platz zu machen suchte. Schon wollte Bett Hand an den Jmenieur legen, als Frau Hahn-ZU : aufschrie: »Beste-Hen! Rühr« ihn nicht an!« ! In ihre acsenden Rufe milchte sich » das- Gelchrei der anderen. Die Mai l len, die zunächst standen,wußien nicht, « mas thun; wenn Jemand den Juge " nieue ergreifen wollte, fchlu ein an derer ihm den Arm zurück. r avze , Keil drängte naöch der Thier-« Ast c i mann mitsrlyiebend. xlö lich stand dieser ans dem Flur. r iirzte hin aus. Aber das Geschrei: »Haliet den Verriickten!' tobte hinter ihm her. Der ganze Schwarm der Maslirten wälzte s«ch aus die Straße, während Herst mann, qeiagt von dem Entsesen ver teuer Gefangenschaft, in wilder hast Reißaus nahm. Er wußte nicht, wo hin er im Dunkel lief, hörte nur die Rufe, das Klappern der Stiefel aus sunen Fersen. Auch fett nrch wollten die einen seine Flucht begünstiaen und lJelten die Versolger zurück. Aber das Geschrei wurde immer lauter. Vom »O·orneliusplatz tam jetzt die Menge s beibeigerannt, in der Hoffnung, daß , es was zu sehen gebe. Jn wilden s Sprüngen jagten Maslirte und Un ) nxaslirte an Horstmann vorbei, daß ihnen derSchmutz um die Köpfe spritz » ge. Alles schrie jetzt wirr durcheinan « cr: ,.Oaltet inn! Den Dieb! O ist-! ; Schlaat ihn todt! Hurra! Feuer! Feuers« Dazwischen gemenPfisse,Schtk-eins blasen nnd Pritschen lnallten. Jun een sprangen hoch in die Luft. Die heitere Parteien waren argeneinander »als-rauh einen Knäuel bildend. Deb wiß, der seinen Schwager nicht mehr fab, wurde hin und her genoßem Plönlich wurde er von dem Hausen ge gen des Gitter einer Häuser-eck- ge drängt. Dort sah er den Jngenieur zusammenaebrochen auf der Erde lie oen. Zwei Polizeibeamte,die von ver schiedenen Seiten aufeinander zusta bind. mit schnellen Schritten lftrbeis marschirt waren, schesften sich ietzt mit Rippenstöszen Platz und drängten auch »in dem am Boden Liegenden. Ded wiiz richtete mit Hilfe der Prnsionmuts ter, die im tiefster- Baß fluchte. Herst rnann aus und trua ihn in eineDrosch te, die vom Corneliusplatz beransuhr. Ei selbst nnd einer der Schutzleme stsseaen mit in den Wagen. Als text Schutzmann staate. wohin, erwiderte der Hauptmann: »Aus die Wache! Der muß einge srerrt merden8« Olc IVCllc Wskcll soll. Allk Vlc pel den als Dienstmänner maslirien Ma ler kamen zurück i-.«.d holten ihre Mordgeschichte ab. Anna, ihres-dene ster und ihre Mutter saßen allein in dem Salt-m in welchem noch alles ivirr data-einander stand. Alice nnd Frau Düsbcch besprachen ausgereat den Vorfall nnd die eventuellen Fol aen. Etwa nach einer Stunde lan: Ichin wieder. Er hatte seinen Schwager im Polizeigewabrsam ge iassen und mit einem Revierbeamten alles geordnet Es war nach Grafen berg ielegrapbirt worden, ob dortPlatz sei. Jedenfalls wiirde Horstmann need diesen Abend dorthin transpor titt werden. Es war nur ein Arrest des Geheiinraih Zimmer nöthig, daß Horstmann ein gemeingesiibrlicherGei-« sieskranler sei. Debwitz war schon bei dem Geheimraih gewesen, der aber erst in einer halben Stunde nach hause kommen würde. Dann wollte er ihn nack- einrnal aussuchen· Anna sagte, sie sühle sich nmvobl und wollte zu Bett gehen. Sie stand auf und ging hinaus, ohne den ande ren die Hand zu geben. Jbr Zimmer verriegelie sie und setzte sich ans Fen ster. Von der Straße llang noch im mer das Schlaaen der Pritschen ber aus. Manchmal psiss Jemand Stell, nnd eineStirnme aröhltet »O MI, wat bannner Freud!" Anna hatte den-Topf ausgestith und starrte an der buntge bliiinten Seide ihres Costüms hinun ter. Ihr Lächeln war bitter, ein un saabar rniider Ausdruck lag Um ihre Augen« Nach lurzem Ueberleaen steckte sie die Lampe an. Dann sehee sie sich an den Schreibtisch und legte den Revol ver ihres Mannes, den sie in die Ta sche gesteckt hatte. neben sich. Ohne nachzudenlem wars sie solgende Zeilen arrs’ä Naniow j »Herr Geheimraihi Mein Mann ist nicht verrückt· Wir haben Sie alle bei lege-. ich am schlimmsten Seine Be rsbachiunaen, die Sie für Wahn-Linn hielten, sind alle richtig. Es ist mein letzter Wunsch, Daß er freiaelassen wird. Ich sterbe jetzt. Ich setze lernen anderen Aus-trea. Erfüllen Sie mei nen Wunsch! Größen Sie meiner-. Mann, sagen Sie ihm, daß ich nicht gliicklich war. Jhre Anna Herstrnann.« Sie klinaelte und qab den Brief der Jungfer, rnit dem Auftrag, ihn dem Geheimratb selbst zu geben. »Es-sich gnädige Frau nicht erst isirziehen?« »Nicht nöthia!« . Sie drückte dem Mädchen, das sie gern gehabt hatte, die Hand, und be fabl ihr, den Auftrag qenau auszu führen. Sie blieb lauschend auf dem Bor saal stehen, bis sie die Hausthür ge len hörte Dann verschloß sie das Zimmer und feste sich auf ihren ge wöhnlichen Plat. Den Kopf leicht aufgestützt, in derselben sinnenden unr eleganten Haltun , wie sie in mancher 1 Diammersiunde Zier gesessen Hatte-, i blickte sie in den runden Spiegel an ; der Aussenseite ihres Ienfters, in dein f·.ch die fernen Lichter des Corneliutsp » rlatzes spiegelt-en. Neul- einiaen Au genblicken eReriss sie rnit gelchlossenen Augen den volverz und während sie tie Zähmkzulamrnenbiß urv den-Topf krampshaf ge n das Stuhlsissen pr te, f te sich in die rechte S löse. U rnan yon unten herauf geeilt war und die Tlnir gelptenqi hatte, lag sie schon in den leßten Zie nen. Der Geheimrath Zimmer, der rot dem Haus mit Lotte und den« i A« Wörter zusammengesioßen war, sand sie- todt bor. - If s O Es war gegen drei Uhr morgens. Bis Mitternacht hatte große Aus regung im Hause geherrscht. sEine Menge Leute waren ein und aus ge gangen. Nun war man endlich zu Ruh gekommen. Nach langen Aus- und Ab rvandern hatte Frau von Delikt-M die bei der Verstorbenen wachte, sieh auss ; Bett gelegt und versuchte in einem : Buch zu lesen. Der Hauptmann lag Hirn Zimmer nebenan. Er hatte vor Schreck, Kummer und Angst soviel Rothwein getrunken. daß er in einen bewu tlosen Schlaf gesallen war· Auch ie« Dienstboten waren in ihre Betten geltochen, nachdem sie den Fall ein langes und breites besprochen hat ten. Die einzige, die noch vollständig munter war. war Frau Regierungs rath. Jn allem Hing und her-rennen und Reden hattesie die llarste Em Pfindung behalten. Nachdem der Ge heimrath ihr Anna-ei Brief gezeigt hat te, und er dann mit Fräulein Vorsi mann aus das Polizeibureau gegangen war, sab sie mit unheimlicher Deut lichkeit die Folgen der Assaire voraus. Der tollen Fastnacht würde ein iibler Aschermittwoch folgen. Ebenso ruhig und nüchtern, wie ihr Schwiegersohn betrunken war, sann sie nach. was zu machen iei. Und als sie das Richtige erlannt hatte, tras sie ihre Maßregeln Sie schlich die Treppe hinunter in horstmanns Ar beits-Zimmer und verbrannte einige tompromittierende Briefe. Dann entnahm sie dem Geldschranl alles, wag an baarem Geld darin lag und that es in eine Kuriertasche, die sie fest mit einem Stück Wachstuch das sie früher zu Priesznitzschen Umschlägen benutzt hatte, umwickeltr. Darauf ver lieiz sie das Haus Ganz vorn am Eingang, wo die Tüsfel unterirdisrb tveiterilieszt, um dann in die Land-Strom zu münden, befand sich ein dichtes Gebüsch. Sie duckte sich scheu, blickte sich noch einmal nach allen Seiten um und lrocb dann dinein. Mitten in dem Gedulcd ftand ein Faulbaum der im Frühjahr weit hin duftete. ein mächtiger Baum mit neiundem Stamm, der hier wohl noch eine Reihe von Jahren aushalten würde. An einer Stelle bildeten feine Wurzeln eine Knorpel die aus der Erde ltervorragtr. Genau drei Hand breit von dieser dicken Knorvel ents fernt, fing Frau Regierungsratd an zu graben. Sie legte ihr Paaet hin ein und füllte das Loch zu. Vier tiefe Glockenlchläge klangen durch die Nacht, denen noch dröhnender fiinf andere folgten, al-; sie endlich nach Haufe eilte. 18· Da der Geheimrath gutmüthig ge nug gewesen war, ein Atteft auszustel len, daß Frau Horftmann in einem Anfall von Geistesftörung Hand an sich gelegt habe, wurde ihr ern kirch liches Begräbnis gewährt. Ein langer Zug von Leidtragenden folgte den Verwandten auf den Kirchhof. Diese zeigten sich am Grade etwas nernötzf und warfen mit ziemlicher Haft dem Sarge die übliche Hand voll Erde nach. Noch am Tage der Beerdigung wurden hauvtrnann von Dehwiy und Frau Regierungsrath in Untersuchungs-haft genommen. Es stellte fich heraus, daß zwei Drittel von horftmanns Ver mögen nicht mehr vorhanden waren. Auf Veranlassung des Gerichts begab sich der Jngenieur in die Klinil eines Bonner Professors. Nach fechswös chentlichem Aufenthalt dort ftellte der Professor ein Gutachten dahin lautend aus, daß, wenn Horftmann nach fei ner ersten akuten Crtranlung über haupt wieder äriftestrant aewefen fei, er fest jedenfa H gesund fei· Vor allem tönne an feiner Dispositionsfähigteit nich-t» gezweifelt werden«-» sha Uqc IJUllllliullllV Cllllllllllslgullg f von Gerichtowegen beschlossen werden tonnte, mußte das Urtheil im Prozeß von DebioitziDiisbach abgemattet wer den. Dieser Prozeß verbreitete, bevor er noch an die Oessentlichleit lam. ein großes Gerede in Ditsseldors. Auch Bett holleder hatte seit einigenWochen ein unangenehmeo Bewußtsein. Doch ließ er sich nichts merken, zeigte sich überall da, wo er seither verkehrt batte und sprach von FrauHorstmanns Tode mit Ausdriicten ausrichtigen Be dauern-. Aber je mebr von den srlOe ren Ereignissen ruchbar wurde, eine delto stärkere Antipathie machte sich gegen ihn geltend. Selbst die Leute, die sonst nicht gerade beilel waren, ·ingen ihm aus dein Weg· Eines Tages, als er Frau Oswald besuchen wollte, wurde ihm mitgetheilt, die gnädige Frau sei abgereist. Adresse unbelannt. Nachdem Bett sich noch einige Wochen in Düsseldors still her umgedriiclt hatte, nur von Zeit zu Zeit vom Staatsanwalt und von seinen Gläubigern ins Gespräch gezogen, er grisf ihn ein gewisser Unmuth, und er sehnte sich nach Lustveriinderung. Er ließ einen Trödler kommen. verlauste, was zu oertausen war, schloß dann seine Wohnung ab und schries an die Thür: »Sie itnr ad astra!« Darauf reiste er nach Paris ab. Nachdem Horstmann aus der An stalt zuriictgetebrt war, bewohnte er « mit seiner Tochter zusammen wieder das haus in der Hosgartenstraszr. Lotte theilte ihrem Vater mit, baß sie sich verlobt habe, er billigte die Wahl. Klaus Fernow lam jeden Tag, und das junge Paar suchte dem alten -—s Mann das Leben so leicht trle möglich« zu gestalten Ader am Tage der öffentlichen Ver handlung warhorstrnnnn plötzlich ver schwanden. Jm les-ten Augenblick hatte ihn ein Grauen gepackt, vor den Richtern zu erscheinen und in langem Hin- und Herreden vor den Ohren der neugieri gen Menge das auseinander-zusehen was das Unglück seines Lebens aus gemacht hatte. Er sand keinen Haß rnehr gegen seine Feinde. Nachdem Horstmann einiges Geld zu sich gesteckt hatte, ging er am Mor gen, ohne seiner Tochter Adieu gesagt zu haben, aus die Bahn und löste ein Billet nach Elderseld. Dort angekom men, schlug er den Weg nach Luringen ein. Es war ein weiter Weg. Er tam durch viele Ortschaften Manch-· mal ruhte er sich aus. Dann wanderte er weiter, dem Lauf der Wut-per sol gend; er sah schwarze Rauchsäulen aus den Schloten steigen, er hörte das Zischen der Wasserdkimpie, das Schnur-ten der-Rädern Er begegnete Fabritarbeitern, die in dichten Trupp-K an ihm vorübergingen Allmählich wurde das Wasser des Fiusses heller, zu beiden Seiten der aus und abstei genden Chaussee erhoben sich mächtige Buchen und Eichen irn ersten Grün Aber ihn lockte nicht der Goldglanz in den jungen Blätter-ji« nicht das Schmettern des Buchsian. nicht der Judelrus der ans den fernen Aeckern aufsteigenden Lerchen. Sein Blick war vorwärts gerichtet, in die Ferne. Er tannte ganz genau die Stelle, wo man die Briicke zum ersten Mal rskn der Chaniiee ans erblicken konnte. Als-— er sich ihr nahme, sing sein Herz an zu schlagen sein Sei-ritt beschleunigte Fiel-« ein Lächeln der Erwartung umspielte seinen neiizrchten Mund- stlber als er dann an die Schieleq tan: -- eine Steäns dunl irr-nd hier unter einem Wall-run baum tsni iiber dem Fluß, der in drr engen Tiefe rauschte — -- blieb er ent tiiuscht sieben. lcr spöite zur-«- —— er sah iie nicht« Jn seit-ein Inneren sing der Groll noch ein-not .::r zu rumorern « kum aner arm-i seiner maden Augen « spähte er in die Ferne. Und dann er tannte er iie endlich: aanz schwach, ganz dünn tvölbte sich der eiserne Bo aen darch die sonnizie Lust ioie ein der dichteter Nebelitreit, ateich dem Ge bilde eines- Traiinig. tfr stand lange in Betrachtnna versunken So hatte sie ihm vorgeichiveht in ihrem ersten, undeutiichen Bild, ais er zuerst den Gedanken erwogen hatte, das waldige Thal mit einem einzigen Bogen zu überipannen, und jetzt schien es ihm. als hätte sie ihm immer io vorge fanvelm schon in feinen Kinderjadrery schon in den Jahren seiner Knecht ichait, als wäre dirs biaue Phantom das Bitt-. dein er nachgejagt war, sein ganzes Leben lang. Lan sam schritt er weiter. Bei jeder iegung der Eli-ausser tauchte das Bild deutlicher aus« Jrn Geist machte er alle Phasen ihrer Entwicklung noch einmal durch. Dann erblickte er auch das mächtige Schild mit den goldenen Buchstaben: 18 Luringer Brücke 81. Gegen Abend hatte er das auf hal ber Höhe des Bergriickens gelegene Waldrettaurant erreicht. Auf der Terrasie waren noch die Tische gedeckt, Gäste saßen nicht mehr draußen. Als horstmann Maß genommen hatte, tam ein Kellnen «Wiinschen Sie vielleicht ein Gläs chen Bierss — — L . Da Vornnmnn man gieten antwor tete, sondern unvertoandt die Brtide anichaute, trat der Kellner hinter ihn und sagte nach einer Panie: »Großartig. nicht wahr ?« Der Jngenieur nicktr. »Sie sind wohl hergekommen um sich unsere Brücke anzusehen;" sagte der Kellnenwieder. »Er-Urteil iit sie ja, das muß man ihr lassen. · .. Also ein Gläschen Bier, nicht wahr .'« »Ja ein Glas Bier und wag zu essen-' »Wenn Sie länger bleiben wollen, aehen Sie doch lieber hinein. Ta sitzen Sie doch geiniiihlicher.« horsinrann warf einen Blick auf die Tbiir —— er kannte sie so aut, er rannte auch den großen IeiisaaL »Ich bleibe hier.« Der Kellner kam wieder mit dem Bier und der Speiselartr. horitntann bestellte ein Butterbrot. Aber schon nach dein ersten Bissen verlor er den Appetit. Während der Gast aß, fühlte sich der Kellner veranlaßt, arti der Terrasse auf und abzugeben nnd sich seinen spärlichen Kinnbarr zu kratzen, indem er von eit zu « it nachdenklich den einiarnen afi an chauir. Als die ser den Teller beiseit geschoben hatte und mit auigeitiistent opf in das Thal hinunterfah, lant er wieder an seinen Tis heran ..Wenn ie sich mal die Brücke von unten ansehen wollen« brauchen Sie nur biegen chrnalen Weg entlang zu geben« a önnen Sie sieh überzeugen, wie oeh sie eigentlich ist. Von hier aus ehi sie ja nach gar-nichts aus. Aber sie hat doch gut ihre vierhundert Fuß Höhe, und dreihundert Fuß Liin e. ,, ch tveiß.« murmelte Horitmann «" ielleichi nehmen Sie sich eine Phoiographie mit. Ausgezeichnete Ausnahmen vom besten Elberfelder Photographen, lasche —- wenn Ih nen der Name lanni ist. Jch will Ihnen mal ein paar zeigen« »Danle! Ich kenne das alles ..... Bringen Sie mir lieber ein paar Cigarren.« i Der Kellner lam wieder Und brachte zwei Kisten zur Auswahl. Nachdem Horstmann eine Eigarre angesteckt hatte, ftühte er den Arm aus und starrte von neuem die dunkler wer dende Eisenlonstruktion an. »Viele Millionen bat sie geioftet,«« sagte der Kellner im Vorübergehen. Der Jngenieur nickte und tauchte weiter. Der Thalgrund lag jekt schon in grauer Finsternis Die Mühle mit ihrem verfallenen Moosdach war laum noch zu sehen. Ueber dem Wasser bil deten sich Nebelt die sich langsam von wallenden Flocken zu einem weißen, langen Schleier verdichteten. Am Ge länder der Brücke slammten nach und nach Laternen auf. »Ja-ei Jahre haben sie daran ge baut. Ueber vierhundert Arbeiter! Während der ganzen Zeit ist nicht der kleinste Unglücksfall passiert.« »Wer bat denn die Brücke gebaut?" fragte horstmanm Einen Augenblick besann sich der Kellner. Dann erwiderte er: »Der Staat.'« Nachdem Horstmann bezahlt hatte, ging er den vom Kellner bezeichneten Weg hinunter, der durch tiefen Bu chenwald führte, bis er ans Ufer der Wupper lam. Hier setzte er sich nieder, gegen die eiserne Wand des Brücken psseilersrv gelehnt. Ueber ihm wülbte sich der eiserne Bogen. Er athmete tief auf, in dem Gefühl, daß er an die Stätte gekommen war« wo fein von Groll und Haß und Furcht ermüdetes Herz Frieden sand. Er lebnte den sion noch fester an. Es war ihm, als müsse er mit der Hand gegen das Eisen Eli-bien. wie man einem alten, braven Freunde auf die Schulter klopft. Jn einer einfachen, großen Linie wie dir Bogen, der sich über seinem Haupt-.- wöibte, laa sein Leben vor ibrn ausgebreitet Jetzt, wo es zum Ab icbhrsz gekommen war, hatte er keinen Groll mehr. Von dort, wo aus der Hist-e ärmtiche Lichter blinlten, war er ausgezogen zsrr rnübseligen Wander schait Voller TtIecksseliälle nnd Schick t-ts-« t -.!.-.. k- --t::flt stika ctlsl(’-· Hut-c UW IIIUJI sU (lIUl-sl, wie sein Turms es sich gedacht hatte. Ader das Bette irae ihm doch beschie den gen-ein«fl Er hatte wacker die Hände rieb-en djiriem und die Spuren seines Wirt-ne vergingen nicht mit sei nem Tode. Mochte man sich nun sei nes Namen- erinnern oder nicht. Unter ihn: rauschte der Fluß, die Sterne dlintten, ein schwache-z Säu ieln durchschauern manchmal die zar ten Blätter-. Er dachte an längs-i der aangene Zeiten. Kleine Einzelheiten fielen ihm ein aus feinen Kinderjalp ren, als er hie: mit der Angelrnihe am Wasser gesessen hatte und später, als er ein herumstromender Arbeitsdursche gewesen war. Jn diesen Gedanten hätte er die ganze Nacht sitzen und träumen tön nen. Aber als der Mond ausgina, fiel ihm ein« daß es Zeit war, den letzten Weg anzutreten. Langsam, da er wußte, daß er" sich noch Zeit nehmen tönnte, lloenm et den steilen Bergrücken hinan. Bei jedem Schritt tatnen ihm Ertnnerungen an Vater und Mutter, an Kameraden- Er hatte den Babndantm erreicht und schritt nun behutsam dem Gleise nach bis auf die Mitte der Brücke. Dann setzte er sich nieder. Plötzlich, bei dem Gedanken an fei nen Tod. iiel ihm Annas Ende ein« und er fühlte dies wilden Schmerzen wieder erwachen. Wieder stand das Bild Holleders vor seinen Augen. nnd wenn das Leben itnn einen Wunsch uneciiillt gelassen hatte, so war eä ...!A L-- D Uki, VII (l, lqls III-III Alls Mc IJUUII niederaeichlaaen hatte. »Du Schust! Du Hund!« murrnelte er und ballte die Hände, in denen die Adern schwollen. Aber da hörte er plötzlich aus weiter Ferne einen schwachen Psisi. Gleich darauf war aller- still. Er richtete sich aus. Den Hut nahm er ab, der Wind spielte mit seinem weißen Haar-. Mit weit ausgerissenen Augen spähte er in in die Nacht. Ganz sern am Rücken des Berges sah er zwei glühende Punttr. Standen sie still? Bewegten sie sich? War es die erwartete? Da tönte der Psiss noch einmal voller und störten Jhn durchriesetten brünstige Schauer, während er diesen Tönen lauschte, die ihm süßer und schöner tlangen, als das hellste Lied einer Sängerin. Nun hätte er das Rollen der Räder, das sich weithin iiber die Schienen sortpflanztr. Er hatte eine Stelle zwischen zwei Laternen ausge sucht, wo es am dunkelsten war. Die beiden Augen lamen näher-, weite Lichtstreiien aus die Eisenstriinge wer send. mmer stärker das Brausen in der Lu t, von fernem Raus en zu be täubendem Donner an chwellend. Horstmann hatte sich erhoben und tau melte vorwärts-, die Arme wie zum Willtornm ausgebreitet Er wußte nicht mehr-, was er that. Ein Schauer hatte ihn über·wältigt, wie damals vor vielen, vielen Ja ren, als die Ei sentolosse zum ersten al an ihm vor bergerast waren. Und nun ein Aus schrei, der ihm durch Mart und Bein grau. Ganz nah gleich riesigen Son nen die blendenden Lichter. Jeht schnaubte das eiserne Thier heran. Er wars sich aus die Kniee. Da im letzten Augenblick schrie es noch einmal aus, marterschiitternd. brei, vier Schreie hintereinander-. wie ein lebendiges We sen. das sich vor Entsehen ausbiiunit. Aber die Räder nahmen unaufhaltsam ilnen Laus und zerrnalmten den, der darunter ina. End-.