Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 03, 1901, Sonntags-Blatt, Image 12
»Die « eleletrifairnmA Schnetttsnlsaen der »Zukunft. .- .-. « .-.. Die extopäischen Eifenbabnsachleute haben aus der alten Dampslototnotive M die Vottheile gezogen, die dieses Mit altes Eisen überhaupt von sich Iden kann. In erster Linie die Lu xnzziige und in zweiter die D - Züge bilden den Gipfelpuntt des aus ento päischemfiontinente Erreichbaren Auch das reifende Publitutn findet sich mit allen Unannebmlichleiten einer langen Eisenbahnfahrt schließlich dadurch ab, daß esJ sit-rückblickt auf die Zeit des Postioagenå, wo noch der »Schwager« seine Peitsche schwang, nnd das mehr oder minder melodische Horn blies, so bald er durch Regen, Koth nnd Kälte mit seinen niiiden Gäulen endlich ein Dörfchen erreichte. Andere Zeiten, an- ’ here Lieder-! Die Vertehrgbediirfnisse der Nenzeit sind ins Enorrne gestiegen. Wir würden es als sexbstverftändlich finden, wenn ein pseilgefchwinder Zug » uns in schnurgerader Linie von Berlin nach Hamburg im Verlauf einer einzi- ; gen Stunde brächte. Hamburg läge gewissermaßen vor den Thoren Ber lins, ebenso dann Leipzig. Dresden, Halle, Breslau u. s. w. Die nächsten dieser schönen Städte wären die Ziel: · punlte eine- Rachniittagsaussluges. , Jede von ihnen läge vor den Thoren T der andern, wäre nicht mehr als eine Vorstadt der andern und das ganze« Reich würde verlehråtechnisch auf einen « Raum von wenigen Stunden zufam- I nrenschmelzen Dabei würden Handel nnd Gewerbe gesellschaftliche und Treundschaftliche Beziehungen wissen- « chaftliche und künstlerische Verbindun- « aen in arofiem Maßstabe aewinnen; ( insbesondere das persönliche Eingrei fen in alle wichtigen Angelegenheiten; des Lebens wird ermöglicht —- was ja dem individualistischen Zuge unserer Zeit herrlich entgegen kömmt. Der l ungeheure Aufschwung den die Jn-I duftrie Deutschlands im letzten halben F Jahrhundert genommen, wiirde eines erneute lraftvolle Ausdehnung ersah-—- F ren, und zwar sowohl dirett als indi- «« rett. Denn die Verbesserung der Ver- : tehrsmittel gehört zu den produktivsten I wirthschaftlichen Schöpfungen. Di rekt, indem beim Bau eleltrischer Schnellbahnen die einschlägigen Jn dxistriern Maschinenbau Elektrotechnit, Itahlenbergloerte u. s. w. ein Feld siir ; erhöhte Anstrengungen und fruchtbrin gende Thätigleit finden, indirekt, insj dein allen Industrien und Gewerben überhaupt große A»hsatzgebiete räumlich näher riicktem Käufer nnd Fabrikant sich öfters nnd leichter finden, die Be dürfnisse ini Verkehrs- und Meinungs austausch rapider wachsen. Noch alle neuer- Vertehrsrnittei. seien es Stra ßenbahnem seien es Verbindungen zwi schen nahen Stödten, sei es blos die Bewilligung der Vorortgvreise um Großstädte herum. haben über Er warten plötzlich anwachsendes Publi kum gefunden. Es steckt also in all die- s TM Schaesderbindungen eine unzwei felhafte Erhöhung der wirthschaftlichen Vortheile Nicht eine Verbesserung der alten tsnvrrbesserlichen Bahn, sondern eine IT Neuschöpfung wird angestrebt. «Der " alte Schnellzug hat mit Mühe 90 oder qar die phänomenale Zahl von 100 Ki lometer in der Stunde erreicht. Der Schnellzug der Zukunft läßt nicht mit sich spotten. 200 Kilometer ist das mindeste, das er leisten muß. Man könnte ja weiter gehen, aber das Ma terial —— Eisen und Stahl ——- ist wahr scheinlich der Aufgabe nicht gewachsen. -Reit iiber eine stündliche Zuggeschwin , digieit von 300 Kilometer hinaus, tä z men die Räder in Gefahr-, durch die error-ne Centrifugallrast auseinander Zu reißen. geradezu zu erplodiren. Jch habe schon im Jahre 1892 über das großartige Projekt deH bekannten Jn Znienrs Carl Zipernowsth berichtet. r mit der Pester Firma Ganz öd Co. , den ersten elektrischen Schnellvertehr « " Fischen Pest unt-Wien einrichten woll . Das Projekt war genial und er regte Aus-sehen in allen Fachtreisen Leider scheiterte es an der Ausbringung Ort Mittel. da irgend welche Garantie ·"-Oentebilität der neuen Linie «- —:1-s tL-4— f:-k. Q- CI---Ak-s-I--L Jus-I ule »Hu-u III-D- I)n Ukuishqsunu , « arbeiten die Bauräthe A. Philippi nnd l CI. Geiebel seit dem Jahre 1894 ans einem ähnlichen Projekt, das zuersti Krupp in Essen nnd zwei Jahre später E der Allgemeinen Elektriziiätsgeselli j schaff, sowie der Elettrizitätesgesellsi schast Sinnen-H und Halgke nntekbrei- I tet wurde Am 10. Oktober 1899 ist ; eine Studiengesellschast siik elettrischex Schnellbahnen unter Mitwirkung ho-! her Behörden, großerBontinstitnte und T Industrieller ins Leben gerufen wor- : den. Die Behörden haben außer den « national-ökonomischen Interessen auch die Vortheile siit Postbetrieb und Mo . bist-meistens Hm Auge.« Die Studien gesellschqft M von dem als hervorra » Mo bekannten Professor Stabn gelei ksj M. Fäe die Wahrscheinlichkeit eines jJL praktischen Erfolges spricht das Jn sk fee-esse des Geheimen Baurathes Ra ssen-un der- heute die erste Persönlich seåt Ins diesem Gebiete ist« Wir wol IM biet nicht daraus zueiietkommen, VII schon in den Tagesblätteen dat M Musen bot, so z, B. über die Wdigkeii, alle Zwischenslationen Ists-wie jede-estimaan Ins Miit »W- its-I ebne knoc "Mohenben W auf moglichst s tin- Linse Don einer Geoßstave zur .-... -.-..,. . . andern binzublihern Die neue elektri sche Schnellbabn wird zwei bis dreiGe leise erhalten, je eines für je ein ahrti » ritt-jung während das dritte leist f zur Reserve dient in jenen Fällen, da " die andern beiden inspizirt oder repa kirt werden müssen. Denn die Pro » jettanten denken sich einen Fünfminm I tenvertehr. der rastlos iiber die Strecke jagt und bei feiner ungeheuren Ge schwindigkeit den Aufsicht führenden Beamten ein Betreten der Linien aus Griinden der Lebenssicherheit verbietet Als erste Anlage haben die Herren Ber lin-Hamburg ins Auge gefaßt, da hier die Reichsbauptftadt, als die größte deutsche Industrie- und Binnenbam delsstadt, bei ihren innigen Beziehun gen zur größten deutschen Seehandels und Hafenstadt einen großartigen Auf schwung des Verkehrs verspricht. Die bisherige Fahrtzeit Von drei bis vier Stunden wird auf ein und eine Vier telstunde herabgesetzt Auch die Fahr preise fiir l. und ll. Klasse sollen nied riger fein als gegenwärtig für die drit te und Vierte. Es sind nämlich in Ans sicht genommen Preise von 7.50 Mart und 5 Mart fiix die einfache Fahrt. Ein sehr großer und breiter Bahn törper wird unzweifelhaft nöthig fein, da die drei Geleife einen Abstand von mindestens zwei Meter von einander haben müssen. damit kein allzugroßer Luftwiderstand entstehe. wenn sich zwei Züge in entgegengesetzter Fahrtrich tung begegnen. Zipernowsty hatte so gar Diftanzen zwischen je zwei Schie nen-Strängen von mindestens 10 Me ter vorgesehen, um keine üblen Rück wirtungen der gegeneinander ftiirmen den Luftftrörne eintreten zu lassen. Freilich hatte er auch 300 Kilometer Geschwindigkeit in Vorschlag gebracht. Nmi um Gans-Um soll im- pimelne ak L. nügende Stärke beschen, Um der Last der Betriebsmittel und den Stößen des Zuges den nöthigen Widerstand zu lei sten. Auch hier hat Zipernowsly siir die Räder Doppelspurtränze vorgese hen, damit jedes Rad die Schiene von beiden Seiten umfasse und schon für sich allein ein Entgleisen nach rechts oder links erschwere oder gänzlich ver hindere. Selbstverständlich trachten Philipoi und Griebel die Schienensiöße zu vermeiden und dadurch einen stoß freien Oberbau und ein stoß- und er schütterungssreies Fuhren zu ermögli chen, während ja sonst unsere Nerven durch dieses Uebel der Schienenstösze leider sehre energiscb in Anspruch ge nommen werden. Ob sie die Schienen aus einen besonders gemauerten Unter bau verlegen wollen, wie seiner Zeit Zipernowsty, ob sie sie mit einander derschweißen wollen, ist der späteren Ausarbeitung des Projetteå überlassen. Besondere Sicherheitsmaszregeln wer-· den getroffen, um einen Zusammenstosz der in so kurzen Abständen aus einan der folgenden Züge zu vermeiden. So soll jeder Zug eine Strecke weit hinter sich die Bahn siromlos machen, sodaß der nächstfolgende Zug. wenn er zu nahe heranbraust, teine Betriebskraft mehr zugeleitet erhält. Ferner erhal ten durch besondere Borrichtungen die Stationsbeamten inhamburg undBer lin aus elettrischem Wege Nachricht von der Stelle. an der sich augenblicklich der Zug befindet, sodaß sie von ihrem Bu reau aus die Fahrt jedes einzelnen Zu ges beobachten tönnen. Aehnliche Si cherheitsavdarate hat ja der Breslauer Erfinder Biermann bereit-Z entworfen Das Zugoersonal, das nur aus zwei oder drei Personen bestehen soll, wird mit den Sicherheitsoorrichtungen mög lichst wenig zu thun haben. So soll schon vor, dem Einlaufen in die Sta tion die dem Elektromotor zugeführte Stromstärte selbstthätig derart der-« tnindert werden, daß der Zug langsam einsahren muß, selbst wenn der Füh rer zerstreut, eingeschlafen oder alkoho lisch begeistert sein sollte. Ueber die Krastzufiihrung ist vor läufig nicht viel zu sagen, obwohl sie zu dem schwierigsten Theil des Problems gehören dürfte. Jn mehreren Central stationen wird elektrischer Strom er zeugt, und dieser durch besondere Leit schienen dem in Fahrt begriffenen Zuge zugeführt Die Elektromotoren des Zuges streifen mit einer Rolle über die Zuleitungsschiene und entnehmen ihr den für den Betrieb nöthigen Arbeits strom. Zur Anwendung kommt hoch gespannter Drehstrom, der mittelst Transformatoren zur erforderlichen Betriebispannwg heruntertrangsop mixt wird. « -. « . -·.- -.- - AUT) Ock Kollcllclcll III Uccellö clUYcch stellt. Er beläuft sich Alles in Allem auf rund 140 Millionen Mart. Um diese mit 5 Prozent zu verzinsen und außerdem alle nothwendigen Betriebs und Verwaltung«-kosten Abschreibun gen u. s. to. zu decken, wäre eine Roh einnahme von 28 Millionen Mart im Jahre nothwendig. Dazu gehören rund 4Js; Millionen Fabrgäste pro Jahr, oder täglich 12,767, von denen 40 Prozent aus die l. und 60 auf die ll. Klasse gerechnet iverden. Da nun Berlin und hambuzg sammt- ihren näheren und ferneren Vororten auf rund 8 Millionen Einwohner ange nommen werden können, so müßten auf jeden Einwohner jährlich 0,78 Fahrten hin und ebenso viel zuriiel entfallen. Nun sollen die Züge aus drei Wagen bestehen, und irn Fünsrninutenverlehr 16 Stunden t« lich den Betrieb aus reche erhalten, an würde damit nach beiden Richtungen zusammen täglich EM Personen befördern können. Der Verlehr hamburtkserlin wird sich jedoch nicht dies auf die genannten Städte und deren Bororte liess-ran E;len auch von nahe gelegenen Stadten, wie z. V Leipzig, werden Passagiere hinzufitörnem um die lurze und rasche .Verb"indung zu benii en. Außerdem wiirden beispielser durchreisende Fremde die Schnellreise nach haniburg « als einen lohnenden Nachmittag-aus flug betrachten können. Wahrschein « lich werden nach dem ersten Erfolg in Kürze auch die Schnelllinien Berlin «Dresden, Berlin-Leipzig Berlin Ftanlfurt a. M. u. s. w. entstehen. Budapest-Wien hat zwar vorläufig die Führung verloren; die beiden Städte werden aber vermuthlich das ; Versäumte nachholen. Ebenso wird »für die Strecken PiirissCalais und I Daher-London ein Schnellverlebr loh « nend sein« da sich dann die Verbindung zwischen der französischen und engli schen Hauptstadt aus ein Mindestmaß reduzirt. Die Unternehmer sehen so « gar noch weiter in die Zukunft. Die Kontinente zwischen dem Atlantischen und dem Stellen Ozean. Amerika, wie Europa und Asien, werden wir einst ; in ebenso viel Tagen durchfliegen, als T wir heute Wochen benötbigen. Ein I Ziel aufs Jnnigste zu wünschen. L. Silberstein. —- - «-o.-— Ein Verlobten -Humoreste von E u ge n J s ola n i. -—-- « o i ,,Wissen Sie. meine Herren, was ein ; »Versaßter« ist? Nein? Nun, ich will ; Jhnen erzählen, wie mein Freund Al- ; F sred Starr —- wir nannten ihn immer ; nur »den kleinen Pippin«, weil er ei- ; E neu Kon kleiner war, als wir Studien genofsen alle —- zu seiner Frau gekom z men ist. und dann. meine Herren, wer den Sie begreifen, was es heißt, ein Verfaßter zu sein, denn der kleine Pio pin ist ein Versaßter und fühlt sich sehr : wohl dabei, im Gegensatz zu dem Aug-— - --.-« sprach irgend eines bedeutenden Mau nes « ich weiß nicht gleich, wer es war —- der einmal die Behauptung nieder- « schrieb: »Ueber die Pein der Empfin dung, ein von einem Andern versaßter Mensch zu sein, geht nicht« Glauben Sie mir, meine Herren, diese Sentenz iit unwahr, wie alle Sen tenzen, die soeben von mir ausgespro- : chene selbstverständlich ausgenommen Doch ich wollte Ihnen ja von Pippin dem Kleinen, meinem lieben Freunde, erzählen! Also ich sage Ihnen, meine Herren, mein Freund Pippin der Kleine — er ist feines Zeichens wohlbeftallter Ober lehrer ——-— war ein Büchern-arm wie er im Buche steht. Von der Existenz des onmuthigen, weiblichen Geschlecht hatte er sicher nur durch die Bücher eine Ahnung Ra, ich erinnere mich noch, wie er einmal während unserer gemeinsamen Studienzeit aufbrauste und geradezu grob gegen mich wurde. Wir hatten nämlich, ein kleiner Kreis bon Studien genossen, die Verabredung getroffen. allwöchentlich in einem Kneipzimmer zusammenzukommen wo wir iiber Le bensanschauungen und Weltweisheit debattirten und uns oftmals bis in den ; frühen Morgen hinein erhitzten Da hatte ich mir nun einmal den Vorschlag zu machen erlaubt, ein Tanzkriinzchen zu arrangiren. zu dem jeder der Stu diengenossen die ihm besteundeten Fa milien einführen sollte. Na, ich sage Ihnen, meine herren, wie mich da der kleine Pippin anfuhr und abkanzeltel Jch kam mir dor, wie der ärgste Don Juon und Bruder Leichtsinn. Nun können Sie sich wohl meine Ueberraschung vorstellen. als ich von diesem Freunde plöhlich die Ver lobungsanzei erhielt. Natürlich ragte ich sofort bei Vip pin den Kleinen an, wie das so mit sei ner Verlobung gekommen sei, als ich ihm meinen Gliickwunsch sandte. Und er antwortete mir lurz und bündig «Jch habe mich verloht, weil ich verfaßt worden bin! Nächsteno erzähle ich Dir das ansiiihrlichl« Und das Ausführliche erzählte er rnir dann auch wirklich und iwar in der folgenden Weise: i Ungefähr drei Wochen vor ieineri Verlobung war er an einem Sonntag i Nachmittag in einen der reizend gelege- Z nen Vorotte von B. ich sagte anen j wohl schon, daß mein Freund in B. als F Oberlebrer am Gymnasium wirtt ; hinausspaziett ganz allein, nur in der i guten Gesellschaft seiner Gedanten 1 Und da der kleine Pippin niemals ein i flotter Spaziergänger war so war er » in dem Vorort sehr ermüdet angelangt f setzte sich dort ein Stündchen beim; Glas Bier fest und benutzte sodann beim hereinbrechenden Abend die Pfer debahn zur Fahrt in die Stadt. wo am Kneiptiich mit Kollegen der Sonntaa fröhlich beschlossen werden sollte. Kaum aber war er ein Viertelstünd g,efabren als eine junge Dame auf die Pferdebahn sprang. Er hatte auch beobachtet, wie das junge Mädchen auf der tro des Sonntags ziemlich einsa men C ussee von zwei Studenten be lästigt wurde und, um diesen zu ent Eber-, auf die gerade betantommende te ßenbabn wartete und in ichnellstec Fahrt betrittst-karge Mein Freund hatte das zufälliger ile schon von Weitem bemerkt er Me lieb finde , er der Dame beim Inst-ringen M lich me und alz die Studenten ihre eechbeit so weit treiben wollten, um aus die s Bahn zu springen da ftellte er sich vor die Dame und warf den jungen Leuten so energisch abweisende Blicke zu, daß ße von ihrem Vorhaben abließen und ehD seitwärts in die Busche fchlu en Die Dante — mein Freund ippin E der Kleine bemerkte ersi viele Tage sp i E ter daß sie noch sehr jung und hübsch war —- verneigte sich ein wenig zum s Zeichen des Dankes und ieizte sich in « den inneren Raum des völlig leeren Wagens s— die Zeit des Züriiclte.1 , rens der Spaziergänger aus den Vor I orten war noch nicht hereingebrochen — wäbrend Pivvin der Kleine. als sib nichts vor-gefallen wäre. unerfchiitter lich wieder seinen Gedanken, auf dem Außenverron stehend. nachhing Er ar beitete just in den Tagen an einem Werk iiber »Disserential: und Inte gral s- Rechnung«. und, mein Gott, das war dem lieben Pipvin weit interessan ter und wichtiger, als eine junge, schöne . Dame. Da aber forderte der Konduiteur ron der Dante das Fahrgeld ein« und nun erst bemerkte das junge Mädchen, taß sie iein Geld in der Tasche hatte, Pipvin der Kleine aber sieht das, und ; kühn, wie et es vordem nie gewesen, ; springt er herzu und bietet der Dame an, das Geld auslegen zu dürfen. Die Dame nickte zustimmend, Pipvin über-— « reichte ihr seine Karte. die sie schwei gend annahm. nnd dann nahm der gute i Junge wieder wie vorher seinen Plan s cui dem Außenperron ein und dachte an seine Jntregal- und DifferentialsRech nung. Als Die Dame sann ausstieg, VALle ? schiedete sie sich noch einmal durch eine stumme Verbeugung· die Pipvin mit ei- ; ner gleichen beantwortete. Mein Freund ; aber seßte seinen Weg sort in die Stammlneipe, wo bereits die Kollegen seiner warteten. Beim Abends-rot nun erzählte er denselben sein Erlebniß auf der Pserdebahn. Und da denken sie sich nun, meine Her -ren, da kommt einer der Rneipgenossen meines Freundes, ein Literaturlehrer an einer Mädchenschule, der auch zuwei len schriststellert, aus den Einfall, das Gehörte zum Gegenstand einer lleinen Geschichte zu machen, die er an das ge lesenite Blatt von B. sandte. Das heißt, davon hatte Pippin der Kleine keine Ahnung, sonst hätte er dem indiskreten Freunde nicht am an dern Tage noch mitgetheilt, daß er vom ? Geheimen Kommerzienrath F. einen; Brief erhalten habe, in dem dieser —- E der Vater der Pserdebalxndame — ilxm unter vielem Dank sitt den ritter lichen Beistand, den er der Tochter ge leistet. das verauslagle Geld zurück sandte. »Ich hoffe«, so ungefähr schloß der Brief« »daß Sie mir sehr bald einmal das Vergnügen machen, Ihnen versöhnlich meinen Dant abstar ten zu können." « Nun hören Sie, meine herren, be reits wenige Tage daraus -— der Mäd chenschullehrer muß sehr eilig Geld ge braucht haben —- liest Pippin der Kleine in der Zeitung beim Morgen lassee eine Geschichte, in der sein ganzes Erlebniß geschildert wird, genau mit dem Brief, den er vom Kommerzien rath erhalten hatte, nur daß er den helden der Geschichte sehr verliebt sein läßt in die Dame« und daß er einen Schluß hinzudichtete. Die Geschichte schloß damit, daß. nachdem Bippin tag täglich mehrere Male vor dem Hause seiner Schönen Fenstervromenade ge macht, er dem Mädchen seine Hand an trägt und Erhörung findet. Natürlich waren die Namen der betheiligten Per sonen geändert. Nun lönnen Sie sich den guten klei nen Pippin denken, als er das in der Zeitung liest! Er war entseßt. er wagte sich taum noch aus die Straße. Jm ersten Augen blicl wollte er schleunigst hinlausen zum Kommerzienratd F» ihm seineUnschuld oder auch Schuld an der Veriissent lichung jener Geschichte darlegen, und sich zu allem, was er nur irgend der langen sollte, bereit erklären. Dann aber war er zunächst u dem Verfasser der Geschichte. dem rheber seines ganzenAergerS. hingeeilt, zu dem Mädchenschullehrer und Geschichten schreiber. Ra, der suchte den jungen Pippin natürlich zu beruhigen, von ei nein Duell. das der zornige Pidpin in feiner Erreatbeit in Vorschlag brachte. « wollte jener durchaus nichts wissens Und es gelang ihm in der That, den s «Verfas«,ten« so weit zu beruhigen, daß I er ihm versprach, vorläufig in derSache nichts zu thun. Ginge Piopin, so mein te der Mädchenschullehht mit Recht, zum Rommerzienrath, so könnte das vielleicht aufgefaßt werden, als wolle er toirtllch dieWege seines verfaßten »alt» ego« wandeln. Durch die Geschichte, so erlliirte il1r Autor, sei ja keine der be theiligten Personen iompromittirt, : denn diejenigen, welche urn den Vorfall , wußten, der zu derselben Anlaß gegeben g hatte, und den Zusammenhang des Ge- d schehenen und der Er ählung lannten, j lcnnten ia doch nur Freunde oder An- z gehörige der betlzeiligten Personen sein« ; Nun, wie gesagt, Pivvin der Kleine gab sich in der That vorläufig zufrieden und wollte die Angelegenheit an sich herankommen lassen. Jede Stunde, so dachte er bei sech, lonnte ja auch der Kommerzienratlt zu ihm lautener um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Er begab lich also zunächst in seine Wohnung und wartete der Din , die da tonmsen sollten. Zur Arbeit fand et keine Muße. Sein Wert til-er »Mi ferential- und Jnte tal - Rechnung« machte leine Zeile wei Fortschritte Er L = fette sich ans Fenster. und sobald er ei nen refpeltabel aussehenden Herrn dle Straße herauskommen sah, fühlte er tas Bedürfniß ihm entgegenzustehen nnd ihn als Kommerzienrath F. zu be grüßen. Es lamen «edoch sehr viele respeltabel ausse nde herren oie Straße heraus, aber tein Kommerzien rath ließ sich blicken. Pippin der Kleine verharrte in seiner Unruhe· er— ging Abends nicht in die Stammlneipe und schlief Nachts taum eine Stunde Der andere Tag tam heran. Er war tete wieder big zur zehnten Stunde in derselben Aufregung, dann mußte er aber in die Schule, hinterließ jedoch daß er, gegen feine Gewohnheit, um zwölf Uhr wieder zu Hause sein würde Er war’s auch pünktlich. Es hatte je doch zu seiner Ueberraschung Keiner Mich ihm gefragt, und seine Aufreaunc steigerte sich zu einer lranthaften Rei vosität. Nun machte er sich doch aus den Wra zum Kommerzienrath Aber drei Mal faßte er den Entschluß, dem Rath einen Besuch zu machen, ohne dieses Vorha ben auszuführen Alle drei Male gina er bis vor das Haus« in welchem der selbe wohnte, um dann sogleich wieder umzukehren; und alle drei Male traf er in der betreffenden Straße Kollegen und Bekannte, aus deren ihm seltsam erscheinenden Mienen er annehmen zu können glaubte, daß sie ihn bei seiner Fensterprornenade gestört zu haben toähnten. Und nach jedem der drei Gänge wurde er wüthender auf alle Schriftsteller und Zeitunasschreiber. Alle Literaten wünschte er in die Hölle hinein, aber dort, wo sie am heißesteu ist. « «za, aqo vie Uenireroromenaor aus der Zeitungsgeschichte hatte mein Freund nun auch ganz nach Wunsch seines Verfassers ausgeführt Aber kurz und gut, der liebe Pippin der Kleine hielt sich auch in den anderen Theilen ganz streng an seine ihm von seinem Verfasser vorgeschriebene Rolle, wenn’s auch nicht ganz so schnell ging, wie der Mädchenschullehrer es in seiner I Geschichte haben wollte. Der Kerl hat- « te es eben in allem etwas eilig. ; Den Besuch machte Pippin allerdings programmmiißig am andern Sonntag. Der Kommerzienrath war sehr lustig über die ganze Geschichte, auch die Da men, das heißt die Geheimröthin und j das Pferdebahn-Fräulein, fabten die H Sache von einem humoristischenStandi puntt auf. Sie hatten natürlich auch die Zeitungsgeschichte gelesen und hat- J ten, einen ähnlichen Zusammenhang J dermuthend, wie er wirklich vorhanden ; war, bereits recht herzlich darüber ge lacht. Na, aber Pippin war nun wenigstens nach langer Zeit wieder einmal in ruhi gerLStimmung Der Kommerzienratb dankte ihm noch vielmals für den Bei stand, den er seiner Tochter geleistet und erzählte ihm. durch welche Folge don Zuföllen sie an jenem Abend den Weg hatte allein machen müssen, und bat den kleinen Pipdin, als er sich empfahl, sehr freundlich, er solle ein baldige-·- Wieder tommen nicht vergessen. Na, das ilebrige brauche ich nicht weiter ausführlich zu berichten; Vip- l bin kam öfter-Z in das Haus seiner J PferdebahnsBetanntschaft, ert geladen und dann ohne Einladung, und bald s daraus hielt er um die Hand des Kom- , merzienrath-Töchterleins an. die ihm l auch vom Vater deg lieben Mädchens j wie von diesem selbst aern gewährt wurde. Und er lebt sebr glücklich mit seiner jungen, hübschen Frau. Jch bin auch überzeugt, daß mein » Freund, der das Zeug zu einem guten l Ehemanne, zu einem zärtlichen Gatten l und treusorgenden Vater hat, bis an l das Ende seiner Tage in glücklichster s Ehe leben wird. Jch sehe ihn auch in · l l l l meiner Phantasie als glüasvendender Mittelpuntt einer das Atoma der So liditüt ausströmenden HäuslichteiL Jch könnte Ihnen. meine herren, diese echte, . deutsche Gelehrtennatur schildern, s tönnte Ihnen genau sein häusliches» Glück im Kreise der Seinen ovrfiiheen. J Aber ich wage nicht, meinen Vorstellun en Ausdruck zu geben, denn ich habe hnen ja gezeigt, wie gewissenhaft mein reund sich an solche Vorschriften zu hal en pflegt, mögen sie auch noch so phantasieboll sein. Ich will ihm teine Vorschriften machen, mde er seine Zu kunft selbst verfassen. —- i—«-s—--—-—I—s-—- s- · I Der Latini-record Von A.Wahlenberg. Kurt hallet hatte sich vor vier Jah ren in der kleinen Stadt als Musitleh rer niedergelassen Hatte Notwendig teii hatte ihn von der Heimath und den Eltern bintveggekriebem In der ersten Zeit drohte auch das Deimiveh ihn zu überwiiliigem aber dieser Zustand dauerte nicht lange, denn er besaß ei nen unverwüstlichen Humor, mit dem er alles Bittere und jede Unannehnilich teii abichiitieltr. ån den lehten Monaten schien es je do , als ob etwas ihn quälte und be drückte. Und so war es. Den Tod icherzt man nicht hinweg! Er hatte sein Urtheil in den Augen des Arztes gelesen, als dieser sich zu ihm hinabbeugte. und er laut-te deutl« das Wort »Sei-wind u t« zu vern- en n seinem kahlen. unfreundlichen « Zimmer paaten ihn immer die Todes Lf v- — gedanten mit ergreifender Macht. Eine : quälende Unruhe bemächtigte sich seiner, ; und oft tonnte er nicht verhindern, dasz E seinen Lippen ein hilserus entfloh. Ader wer sollte ihm wohl helfen? f Seine Freunde? Ach! diese verstanden ; ihn nur« wenn er scherzte und lachte. . Seine Eltern? Wie weit fort wohnten sie! SeineMittel erlaubten es ihm nicht, die weite Reise zu unternehmen. Und I si-. sollten ihn auch nicht sterben sehen! Wie gut erinnerte er sich der weichen : Hände seiner Mutter. die so oft liebto send über sein haar ge litten waren! « Wenn er sich nur einen ugendlick an eine theilnehmende Brust schmiegen und noch einmal so geliebt-ist werden könnte. Als ei eines Tages seine Thiir aus schließen wollte. iali er,dasz wie gewöhn lich die gegenübcrlicgende Thür geöffnet wurde. Ein kleiner blonder Junge tom her aus und folgte hüpfen-i Kurt Holler in dessen Zimmer. Wie sonst tollte ei mit dein kleinen Kerl umher, und kurz be tsor sein Gast sich entfernen wollte. fragte et ihn: »Pflegst Du Deine Mutter manch mal zu küssen?« »Nein, sie tiiszt mich.'« .Aber Du mußt es auch können. Ver such«es, mir einen Kuß zu gehen!« Zögernd niiherte sich der kleine Mund und schließlich beriihrten die weichen Lippen Kurts die bättige Wange. Dieser aber schlang heftig seinen Arm um den Kleinen, drückte ihn seit an sich und tiißte ihn wieder und im mer wieder. «Dann wars er sich aufs Sopha, um die aussteigenden Thränen zu verder flssl Am selben Abend war er eingeladen, und er folgte der Einladung, «nur um nicht allein zu sein. Er hatte sich jedoch zu viel zuge traut, und als der Tanz begann, ge lang es ihm schließlich, sich in einen der Nebenriiume zu schleichen, wo ein an genehmes halbdunlel herrschte. Er stellte sich ans Fenster und schaute hin aus in die schweigende Winternacht. Nach einer Weile hörte er seinen Namen rufen. Hastig drehte er sich um. Aus dem Sopha sasz eine junge Frau, die aus den Knieen ihren schlafenden klei nen Jungen hielt, --- Kurt hallet-s Spielkamerad vom Vormittag. Die Mutter war ihm auch bekannt, und so liesz er sich am Tisch nieder und begann sriihlich zu plaudern wie immer· »Sie sind immer bei guter Laune, Herr ller·', sagte die junge Frau. »Es it wirklich ersrischend, Jhr Nach bar zu sein. Sie denken hossentlich nicht daran. aus unserem Hause fort zuziehen? Jch glaube, mein kleiner Junge würde sterben« Mit einem abweisenden Lacheln er widerte er: »Oh. es tann schon sein« daß ich aus ziehen werde!« ,,Wirtlich? Nein, thun Sie es nicht, herrhallerl Sie sollten sehen, wie mein Junge jeden Tag am Fenster sieht und guckt, um Sie ja.nicht zu verfehlen, wenn Sie Mittags nach Hause kom men. Wir beide würden Sie so vermis sen.« Sie mußte schließlich schweigen, da er nicht antwortete. Um keinen Preis hatte er jetzt ein Wort hervorbringen lönnen. Sein sehnlichster Wunsch war ersiillt. Man würde ihn vermissen. Je mand würde noch manchmal an ihn den ten. Starr blickte er aus die lleine Hand, welche aus dem Sophakifsen ruhte. und unwillkürlich ergriff.er sie. Aber ehe er siir seine Kühnheit gestraft werden kennte, ließ er die Hand wieder sallen und siihrte das Taschentuch an die Lip pen, iiber die sich eine Blutwelle ergoß Die junge Frau schrie auf und wollte hilse herbeiholen, er aber bat sie ruhig zu bleiben. Der Ansall war noch ein Mal vorübergegangen und er lehnte sich matt in die Kissen. qMeine Stirn ist so heiß«, sliisterte er schwach. Sie verstand ihn. Die kühle, weiße band lam freiwillig und drückte sich gegen seine Schläsen Und nach einer Weile sing diese fand an sich zu bewe gen. Siest strich se n Haar und liebkoste als wiire er ein Kind. Er schloß die Augen und träumte von seiner Hei math. Mutter. liebe Mutterc sliisterte er sast unhörbar. Der Tanz war zu Ende und laute Stimmen ertönten aus dem Neben raum. Kurt beugte sich vor. »Wenn Sie wollen« werde ich Ihnen zum leyten Mal etwas vorspielen. Es soll mein Dank sein.'« » Bald saß er am Klavier. So hatte man ihn noch nie spielen hören, und nach dem Schlußailord wollten die Bei sallsöußerungen garnicht verstummen. Ahek plöglich war es erschreckend still in dem roßen Saal. Der Künstler hatte sich nicht von sei mm Plas erhoben. Den Kopf hielt et ebeugt« und über seine Lippen sloß ein lutsirvm. Man stüyte ihn, man holte Wasser, denn er bewegte unruhig seine Hand, als ob er etwas suchte. Aber als das Glas lam, schüttelte et den Kons. Da kam anstatt dessen eine weiche nd, die er trampshast mit seinen zitternden Fin rn umklammern Da nach hatte er ch gesehnt. Die andere fand legte sich aus seine Stirn, und ein Kopf konnte sich an eine weiche Brust lehnen. Er blickte aus. Ein mil des auengesidw e sich über ihn, und in brechender s is sah noch zwei - Augen voller Theil-ten — Thtiinen, die l um feinetwillen vergessen wurden.