Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 19, 1901, Sonntags-Blatt, Image 18
Feuerscelen stumm von hanc Hpchfkide Guts-tuned Heriha empfing ihren altenFreund mit offener Herzlichieit; weiter wie je war sie von dem Gedanken entfernt, er könne kommen, um ihre Hand zu werben. Doch als sie in sein Gesicht fah, und seine treuen, ehrlichen Augen mit so eigenem, stillgliicklichen Leuch ten auf sich gerichtet fühlt-, als er mit leichtem Zittern in seiner Stimme begann: »Comteß-, ich komme soeben von Jhrem Herrn Vater-« da fühlte sie einen plötzlichen, schneidenden Schmerz durch ihr Jnneres gehen, da wußte sie den Zweck seines Besuches-, und da wurde ihr blitzschnell klar, daß die Entscheidung für Kurt und sie fallen mußte. Was sollte sie thun? Sie durfte den Prinzen nicht aussprechen lassen, —— sie mußte ihn, wenn sie ihm auch den herben Schmerz der Täuschung nicht nehmen konnte, doch vor der Empfindung bewahren, seine Wer t-una durch sie mit Worten abgelehnt zu sehen! Aber wie konnte dies ge schehen? ——— Es gab nur ein Mittel: sie mußte ihm zuvoriommen, mußte ihm das Geheimniß ihresHerzens be kennen und an sein Freundesherz appelliren, ihn bitten, ihr und dem Geliebten zu helfen. Sie wußte, wie sehr PrinzBernhard ihr zugethan war, wie sehr siZ sein ganzes Herz erfüllte; trotzdem wollte sie ihn zum Beistand für ihre Liebe zu » einem Anderen gewinnen! : Das Alles hatte Hertha blitzschnell . überlegt; bevor der Prinz fortfahren 4 konnte, unterbrach sie ihn hastig: »Ich freue mich, daß Sie gekommen sind, Prinz, —- Sie sind dadurch einem un bewußten Wunsche von mir entgegen getommen. —- ich bedarf des Rathes eines treuen Freundes-, und daß Sie dies sind, — der einzige, den ich habe, der einzige, dem ich mich rückhaltlos anvertrauen kann, das weiß ich!« »Sie sagen nicht zu viel, Comteß, einen treueren Menschen werden Sie nie finden, als mich,« entgegnete der Prinz mit etwas beklommener Stim me. Hertha’s Worte machten ihn un ruhig, er fühlte instinktiv, daß sie ihn nicht zu Worte kommen lassen wollte. Hertha fuhr schnell fort, indem all mählich eine immer tiefere Röthe sich auf ihr Gesicht legte, und ihre Augen, diese so stolz und kühn blickenden Augen, sich scheu zu Boden senkten· »Es wird mir unsäalich schwer, die richtigen Worte zu finden, aber es muß sein!'« Sie athmete tief und angstvoll. »Prinz Bernhard, Sie wa ren schon der Freund meiner ersten Jugend· —- Sie waren schon damals mein Vertrauter. Alles, was mich bedrückte und bewegte, ich mußte es Jhnen sagen, und Sie zeigten mir immer vollstes Verständniß, liebevoll ftes Eingehen, und wußten auch im mer Rath und Trost für mich. Las sen Sie mich an diese Zeit anknüpfen, lassen Sie mich wie damals Ihnen als Bruder verrathen, was —- was mein Herz durchbebt und durchzittert, und —- und —- und dann helfen Sie mir!« Krampfhast griff sie nach seiner Hand und preßte sie heftig. Sie schlug dabei die Augen aus und blickte ihn Jmit dem flehenden Blick eines verwun oeren Meyes an. « Prinz Bernhard zuckte zufammen, als habe ihn hinterrücks ein Dolchftoß mitten in’s Herz getroffen; ein Zittern durchlief feine hohe, traftvolle Gestalt. Einen Moment schlon er feine Augen: er wußte, woran er war; sie brauchte ihm kein weiteres Wort zu sagen, er hatte es schon aus ihren Augen gele sen. Wer war derjenige, für den sie fein Vertrauen und seine Hülfe in Anspruch nehmen wollte. Dies war die Frage, die er sich vorlegte, nachdem er sich vom erften Schrecken erholt hatte und plötzlich erinnerte er sich an eine Scene, die er vor einigen Tagen beobachtet hatte. Jn der Gemäldeausftellung die Prinz Bernhard mit der gräflichen Familie und dem Affessor Thal besucht hatte. war er zufällig in einen Saan getreten, in dem sich Hertha mit dem Affessor allein befand. Beide hatten dicht nebeneinander in ftummer Be trachtung vor einem Gemälde gestan den, das ein junges Brautpaar zeigte, welches vor dem Altar kniete, während der Geistliche feinen Segen über sie ausfprach Bei feinem Nahen waren fie, sichtlich verlegen, schnell von einan der fortgetreten, und er hatte die Be mrkung gemacht, daß Hertha in die fem Augenblick schöner aussähe, als je zuvor, daß ein eigener leuchtender Glanz aus ihrtn Augen strahlte. Jeyt fiel es dem Prinzen wie Schuppen von den Augen. Er dreßte feine Hand an fein atmet zuckendes Herz, ferne Züge nahmen eine eigenthümliche Starrheit an. Deriho hatte voll tiefen Mitleids dein Kam e des treuen reundes zu gefehenx fühlte, was e ihm ange tdorn .Prinz«, begann fie leife, »mein treu-er rennt-, Sie ahnen nicht —« »Da en Sie! — Sagen Sie nichts! —ich —- ich weiß bereits AlleM — Mir-h tönien feineWorte ans der wun den Irqu hervor; er wendete fich tuez um« ing einige Schritte der Thüre zu, TO dann aber auf einen Sessel » , fein W mit den Winden Mr — · date-at Fee Mr helrtam si; — « » u er un h Its-dort W Stimme. die zu W items- .Ptiui- bete-be — Sie mir das Leid, das ich Jhnen an thun mußte!« Er fuhr in die Höhe und blickte wie irr um sich. »Was soll ich vergeben?" ftieß er hervor, »daß ich ein thörichter Träumer war, daß ich es wagte, nach einem Glück zu greifen, das fiir mich unerreichbar war. Sie müssen mir vergeben, daß ich in den Frieden Ihrer Seele einzugreifen die Absicht hatte. Jhr Geheimniß ruht bei mir in siche rer Hut — Ihnen zu helfen indeß, vermag ich jetzt nicht, aber Jhr treue fter Freund bleibe ich ewigl« Seine Stimme war zum Schluß faft unhör bar geworden. Mit dem Ausdruck un fäglichen Weh’s erhob er sich und ver ließ schnell das Zimmer! — Hertha sank weinend in einen Ses fel. Ein edles, großes Herz hatte sie bis zum Tode verwunden müssen. Das erfte Opfer in dem Kampfe fiir ihre Liebe war gefallen; wer würde dsa nächfte fein? Drittes CapiteL Gras Udo vonhohenlinden ging mit leichter Un eduld in seinem immer aus und as Schon weit ii r eine Stunde war verflossen, seit Prinz Bernhard ihn verlassen hatte und zu Hertha gegangen war. »Die Beiden müssen sich doch längst ausgesprochen haben!« sprach er vor sich hin. »Was zögern sie denn noch, zu mir zu eilen und meinen Segen zu empfangen.« « Er lächelte. »Jn ihrem jungen Glücke denken sie jetzt wohl kaum des Vaters; der kann ja warten. Ra, überlassen wir sie den ersten, berauschendenSiun den sich selbst!" schmunzelte er; »ich gönne es ihnen.'« Des Grasen Geduld wurde auf eine sehr harte Probe gestellt. Wieder war eine Stunde vergangen, und Niemand ließ sich sehen. »Jetzt ist es aber ge nug,« meinte er etwas ärgerlich fiir sich. »Alles hat seine Grenze!« Jn diesem Augenblicke brachte der alte, weißhaarige Kammerdiener auf einem silbernen Tablett einen Brief Mechanifch nahm der Gras das Schreiben in Empfang und warf ei nen obersliichlichen, leichgiiltigen Blick auf die Adresse, au welcher ein Post- » stempel fehlte. »Als-o von hier? «- Und die Handschrift? die muß ich doch schon gesehen haben.« Er wandte sich an den Diener mit der Frage: »Wer gab Dir den Brief?« »Der Portier unseres Hotels, Er laucht; ich glaube, er ist von Seiner Durchlaucht dem Prinzen Bernhard?« »Vom Prinzen?« — Unsinn!« stieß der Graf hervor. Mit einem Wink ent ließ er den Diener. Erst als er allein war, riß er schnell das Couvert aus. Seine Augen überflogen fieberhaft die Zeilen, dann ließ er langsam die Hand mit dem Brief sinken. Das Gesicht des Reichsgrasen sah verstört aus. Mit heftiger Bewegung fuhr er sich über Stirn und Augen, blickte dann von Neuem in den Brief und warf ihn heftig aus den Tisch. »Was soll denn das heißen?— Das ist ja unmöglich!« Eine tiefe Zornesfalte rub sich zwischen seine Augenbrauen; feine Augen blißten erregt aus. »hei tha sollte ihn zurückgewiesen haben?« fuhr er in seinem Selbstgespräch fort. »Das ist ja einfach lächerlich! — Er wird in seiner Unbeholfenheit ihre na türliche Zurückhaltung mißverstanven haben!« Er nahm zum dritten Male den Brief vor und las ihn mit halb lauter Stimme: ,,Hochgeehrter Herr Graf! Wenn Sie dieseZeilen erhalten, habe ich bereits Monte Carlo verlassen, urn nach Deutschland zurückzukehren Was ich erhoffte und ersehnte, hat sich als bittere Selbsttäuschung erwiesen, für die mich allein die Schuld trifft. Wenn Sie, hochberehrter Herr Gras, mir einen letzten Freundschasisdienst erweisen wollen, so bitte ich Sie, der Corntesse fiir ihre Entschließung tei nerlei Vorwürfe zu machen; sie hat so gehandelt, wie sie handeln mußte! Ge ben Sie ihr die Freiheit, sich ihr Zu kunftsgliick nach ihren eigenen Wün schen und ihrem eigenen Urtheil zu su s chen! Wen sie auch wählt, seien Sie « überzeugt«-» er wird ihrer würdig sein! Jn treuer Ergebenheit Jhr Bernhard Satzungen.« Der alte Gras blickte eine zeitlang düster vor sich hin, dann steckte er mit plötzlichem Entschluß denBrief in seine Brusttasche und schritt aus dem Zim mer. »Ich muß Hertha sprechen!« stieß er erregt hervor. Einige Minuten später klopfte er an die Thiir ihres Salons und trat schnell ein. Hertha blickte den Vater prüfend einen Augenblick an; sie fühlte, er wußte bereits von dem Geschehenen. Langsani zog der Graf den Brief Bernhard’s aus der Tasche und über reichte ihn seiner Tochter. »Lies!« sagte er schroff. Sie überflog schnell die Zeilen und reichte den Brief wieder zurück »Nun?« forschte er. »Der Prinz hat die Wahrheit mit getheilt, lieber Papa,« bestätigte Her tha, »ich habe den Prinpen sehr gern-, ich siihle mich zu ihm hingezogen, wie zu einem Bruder und achte ihn aufs Hschsty heirathen aber könnte ich ihn me.« »Also ist es wirklich wahr? —- Du hast den Prinzen direkt abgewiesen?« Die Stimme des alten Herrn verrieth . mehr Schmerz, aussen-. »Du hast mir dadurch ein t· I Weh bereitet liebes Kind —- Du hast den schönen Traum meines Alters vernichtet!« · In Hnthcks Augen traten Thränenz einem rnigen Wart, einein heftigen Tadei « sie Froh geboten, bei der tiefen Trauer und dem schwerle be i W Nu OUUUYD IN Ui IHUVIR UUUIS Vaters wurde sie weich. «Ziirne mir nicht, theuerster Papa, daß ich Deinem heimlichen Wunsche, den ich ja kannte, nicht Erfüllung geben konnte; der Liebe liißt sich nicht gebieten; sie kommt iiber uns ohne unser Wollen; sie gebie tet uns. Wolltest Du, gütigster Vater, der mir in allen sonstigen Dingen stets das Recht der eigenen Entschließung ewiihrt hat, gerade in dieser wichtig sten Frage des Lebens dieses Recht nicht lassen? hattest Du wollen kön nen, daß ich einen Mann ohne Liebe heirathen und ein langes. verfehltcs Leben führen soll? —- Nein, Papa, das kann nie DeinWille gewesen seini« Sie griff nach seinen Händen und blickte ihn zärtlich an Der Graf schüttelte, halb ärgerlich, halb bewegt, den Kopf. »Natürlich « werde ich Dich nicht zwingen, einen « Mann zu heirathen, den Du nicht lieb hast. Aber ich verstehe trotzdem Deine « Handlungsweise nicht! Jch habe doch auch meine Augen im Kopfe, und habe gesehen, wie Du Dich immer freutest, sobald der Prinz erschien, und wie Du ihn vor allen Anderen bevorzugt hast! Kannst Du das leugnen?" »Durchaus nicht« Papa; er war und ist mir jetzt auch noch lieb, aber nur als treuer Freund, als Bruder! Jch schätze und verehre ihn seiner edlen und guten Eigenschaften wegen, aber — ich liebe ihn nicht, wie man den Mann lieben muß, dem man sich fiir das ganze Leben zu eigen geben will.« »Kind, Kind! ich fürchte, Du machst Dir recht überspannte Begriffe von solcher Liebe!'« entgegnete der Graf mit leichtem Seufzer-. »Die-Z »hin· melhoch jauchzend, zu Tode betriibt«« macht sich zwar in Romanen ganz nett, aber eine gesunde und gute Basis fiir das Leben giebt es nicht. Dazu ge hört mehr. Das aus wahrer Schatz ung und Achtung des Anderen be ruhende Gefühl, das Du mit schim sterlicher Liebe bezeichnest, giebt meiner Ansicht nach die beste Garantie fiir eine glückliche Ehe. Wie gesagt, ich J spreche kein Machtwort, aber ich bitte " Dich herzlich, prüse Dich und Drin Gefühl fiir den Prinzen noch einmal genau. Ein schnelle-s Wort läßt sich wieder zurücknehmen, und wie ich den Prinzen beurtheile, so ——« »Nic! Nie!« schrie Hertha aus. »Hertha!« Der Graf blickte die Tochter streng an· »Woher diese Maß losigteit des Wesens?! ·——'« »Verzeihe, Papa, aber quäle mich nicht länger mit dem Prinzen!« »Nun gut, so sei es: ich werde mich mit dieser schweren Täuschung meiner Hoffnungen abzufinden suchen· Zusi schen uns Beiden ist diese Sache ein fiir alle Mal erledigt Aber ich will diese Gelegenheit benutzen, Dich da raus aufmerksam zu machen, daß Du bereits in Dein zweiundzwanzigstes Lebensjahr getreten bist. Die Zeit der Jugend eilt schnell vorbei, und Du wirst meinen Wunsch wohl begreiflich finden, die letzte Hohenlinden nicht ais einsames Stiftssräulein ihr Leben vertrauern zu sehen. Spanne aber Deine hochgeschraubten Empfindungen etwas herab, mein Kind: in unserer Zeit giebt es keine Märchenprinzen mehr, die dem Jdealbild eines Monta stischen Mädchentovfes entsprechen Die Freier heutzutage sind alle irdi sche, fehlende Menschen; man muß über Manches hinweg sehen, der Cha raiter ist das einzige, was leine- Fleck haben dars; er ist fiir mich der einzige Werthmesser, alles Andere ist Plan der dagegen« Verthag Augen leuchteten aut. »Ich halte Dich bei diesem Wort. Papa! Du hast mir aus der Seele gest-rochen- Der Charakter entscheidet, alle äußeren Verhältnisse kommen dem gegenüber - nicht oder doch nur nebensächlich in Betracht!« Sie stockte einen Augen blick, athmete schwer, dann den Kopf energifch zMEckwerfend und ihrem Vater frei und voll in die Augen blickend fuhr sie fort: »Du möchtest mich nicht ais Stiftsfräulein sehen, Papa; nun denn, mein Herz hat be reitez gewählt Ich habe den Mann gefunden-, dem ich angehöre für alle Zeiten !" Da war es gefallen, das- entschei dende Worts Der Graf blickte aufs Tiefste iibers rascht aus und sah in die Augen sei ner Tochter, in denen es eigenartig flimmerte und leuchtete. »Du — Du liebst? Und das sagst Du mir erst jetzt?« »Ja, Papa, ich liede!« Wie Glocken ton ertönte ihre Stimme, so voll, so gesättigt von Glück; »ich liebe mit der Kraft, die ohne Ende ist, fiir die es tein Sterben giebt!« Wie ein feierlicher Schwur klang dies Betenntnisz, und höher reckte sich ihre stolze Gstalt. Der Graf blickte die Tochter mit väterlichem Stolze und leichter Be wunderung an; sie schien ihm in dieser Minute gereister geworden. Sie liebte; da konnte sie natürlich des Prinzen Werbung nicht annehmen! Aber wel cher Mann tvar denn im Stande ge wesen, das z seines stolzen, klugen Kindes in diesem Maße zu»getvinnen. daii sie so gan ohne madchenhaste Scheu und iichternheit so feierlich wie eine Priester-in der Liebe vor ihm bekannte? Er liep im Geiste die Stan desgenossen, mit denen er verkehrt-» Revue passiren. « Von denen konnte es Niemand sein, ,dai waren Ja mehr oder weniger nur Durchschnitts-nen schw Doch tvo u grübeln? »Wer M et, der Dein elyes Vers gewonnen hatt« fragte et. W IIfirirbtl Thalkbäautehtäch die Jantttochoiretz i er a , a r an er· stand Hertha da; kein Glied an ihr regte sich. selbst der Atheni schien aus dein Körper entflohen, nur ihre großen Augen glühten fast geisterhaft aus dein farblosen Gesicht und senkten sich tief, bittend, forschend, fragend, ver langend und zwingend in die ihres ) Vaters. s Der Reichsgraf war zuriiekgeprallt, ; als hätte er einen Schlag in das Ge ; sicht erhalten; auch in seinen Augen glühte es auf, auch aus seinem Gesicht schien jeder Blutstropfen gewichen; seine Ziiae schienen wie erstarrt. Erst jetzt konnte man die fast erschreckende Aehnlichkeit der beiden stolzen Gestal ten erkennen, geistig und körperlich Naturen von Stahl, gleich an Energie und riielsiehtsloser Thatkraft, —- gleich bereit ihren Willen durchzusehen bis zur eigenen Vernichtungl Minutenlang herrschte ein tödtliches Schweigen in dein Salon; dann löste sich plötzlich die Starrheit in den Zit gen des Reichögrasenz die Adern an seinen Schläsen schmollen dick an, ein Zorneshlih loderte in den Augen aus, als er ausrief: »Bist Du plötzlich wahnwihig geworden oder wolltest Du Dir vielleicht nur einen unzeitigen Scherz mit mir erlauben?« »Ich habe nicht geschenk- ich sprach die Wahrheit!« Tonlos, mit unerschiitterlicher Fe stigkeit kamen die Worte ans dem Munde der jungen Comtesse. »Psui!« stieß der Graf heftig aus. »Pfui ist ein Ausdruck der Verach tnug und des Ekels; Du solltest ihn mir gegenüber nicht gebrauchen; denn meine Liebe ist rein, sie gehört einem Manne, der Viele bergehoch an Cha rakter, Geist und Vornehmheit über ragt. Du hast ihn kennen «elernt, hochgeschäyt, der Verkehr mit i m war Dir ein hoher Genuß; die Stunden des Zufammenlebens mit ihm hast Du selbst mir gegenüber mehr als einmal die schönsten genannt, die Du seit langer Zeit verlebt hast· Und nun, -—— da dieser Mann meine Liebe ge wonnen hat, —- oergifzt Du Alles und hast für mich nur jenes-häßliche Wart? Oh Papa!' ihre Stimme wurde weich und flehend, »hast Du nicht eben noch ausgesprochen, daß der Charakter eines Menschen die Hauptsache ist, der gegen iiber alles Andere orrschwindeti — Liebster Papa, ich weiß, daß Du eine andere, äußerlich glänzendeie Zukunft fiir mich erträumi hast und dasz Dir mein plötzliche-J Belenntniß eine schwere Enttäujichung gebracht haft aber ich weiß auch, daß Du zu grosi und zu edel denkst. um mir meiner Liebe wegen dauernd zu zürnen. Und wenn auch nicht heute, jetzt unter dein « ersten Eindruck, später, wenn Du znr Ruhe geistnmen bist, wirst Du unse- » rein Lebensbunde Deinen Segen nicht vorenthalten. Du willst ja nur Dei-— nes Kindes wahres Glück, und dies — dies ruht nur bei Kurt Thal." Aeußerlich ruhig nnd beherrscht. antwortete der Graf: »Ich habe Dich ausreden lassen. Daß Du auch nur ’ einen Augenblick glauben konntest, ich - würde Deinem wnhnwitzigen Begehan H jemals nachgrben annen, beweist mir, ; daß ich bisher Deinem phantastischen. s zügellosen Willen viel zu sehr nachges ( geben habe. Mich trifft daher ein J Theil Deiner Schuld mit. Doch das s soll fortan anders werden! Wenn Du » so wenig weißt, was Du dem Namen Hohenlinden schnidig bist, so ist es meine Pflicht. dafiir zu sorgen, dasz er nicht durch Dich mit Schande bedeckt wird.« Hertha wollte aussahren Der Gras ließ sie nicht zu Worte kommen: »Schweige.' hrrschte er sie an; Jetzt spricht Dein Vater! Dieser mdoerne Geist, der keine Schranken mehr anerkennen will, der alle gehei ligten Traditionen einsach wegsegen zu tönnen meint, ——— in meinem Hause soll er, so larnre ich lebe, nicht zur Herrschaft tmnmerrl Die geistige Re volution, die jener Unheilvolle Mann hier vor Unsean Ohren gepredigt hat und die ich als ein geistreicheg Spiel der Gedanten, dag- meiner Ansicht nach bei uns tein Unheil anrichten tonnte, rubig gewähren ließ, will ich in mei nem Hans-se nicht aufkommen lassen! s— Unsere Unsnabmestellung in der Gesellschaft ist historisch berechting Wer sie zertrümmern will, zertriinrs ; mert damit denBoden der ganzen heu ; tigen Gesellschaftsordnung und schasst i aus der Ordnung nur Anckrchiet IEinem Reichsgrasen Hohenlinden soll man nicht nachsagen. daß er selbst die Axt an den Baum gelegt hat, der ihm bisher Schutz gewährt hat.« »Wer will denn das thun?« ent gegnete hertha unter Ihrs-tm »Wir wollen ja nichts, als das Recht, glück lich zu werden!« Sie wars sich vor den Vater aus die Kniee und flehte schlach zend: »Uebe doch Gnade an uns, lieb ster Papa! —- slasz’ Dein der-z sprechen und nicht nur die Standesvorur theile!« »Steh’ aus, ungeratbeneö Mäd chen!« herrschte der Gras die Tochter an; stets aus und laß’ diese Komödie!« »Dies Wort von Dir schließt mir die Lippen,« entgegnete hertha klang kos, während ihr Körper wie von einem Schauer wrchschüttelt wurde; sie erhob sich schwer und langsam. »Du wirst durch kein weiteres Wort der Bitte in Zukunft von mir belästigt werden,« fuhr sie sort. »Aber höre noch ein« sie richtete sich hoch aus« nnd ihre rechte Hand wie zum Schwur ausstreckend ries sie tn sestem Ton .-- -- »So wahr und tief meine Liebe ist so . treu werde ich an ihr halten im Leben und im Sterben!« »Das mache, wie Du willst! Jeht besehle ich Dir, Deine Sachen zU packen; wir reisen heute Abend nach Deutschland zuriick!« Ohne einenGrusz verließ er das Zimmer. hertha blickte ihm starr nach. Wie ’ geistesabwesend fuhr sie mit der Hand ’ über ihre Augen, dann sank sie mit s einem erschütternden Ausschrei in ; einen Sessel; eine Thränensluth ent strömte ibren Augen. Doch nicht lange gab sich hertha ih rem Schmerze hin; sie dachte daran, daß Kurt von dem, was vorgesallen war, in Kenntniß geseht werden mitszte; sie that es in kurzen Worten. Kaum hatte der Assessor die Zeilen der Geliebten gelesen, als er sofort in das Hotel Metropole eilte, und sich beim Reichsgrasen melden ließ. Gras Hohenlinden hatte nur so lange seineFassung bewahrt, bis er von Her tha bis zu seinem Zimmer gelangt war; dort war er wie gebrochen zu sammengestürzt und starrte in dum psem, seelischem Schmerze stumm vor sich hin.——-— Hertha, sein Lieblingstind, in dem er sein veredeltes, besseres Ab bild gesehen hatte, das Geist von sei nem Geiste war, hatte so abirren tön nen? Wie war dies nur möglich ge wesen« —— Bei aller Freiheit seines Geistes war der Reichsgtas eben doch der alte Vollblutaristotrat geblieben. ein hervorragender Vertreter jener kleinen Kaste, die von der Geschichte nichts gelernt und von der Vergangen heit nichts vergessen hatte. Er schätzte zwar auch die Aristotratie des Geistes, er zog sie mit Vorliebe in seinen Ver tehr; aber ebenbürtia siir eine Vermi schung mit seinem Blute hielt er sie trotzdem nicht! Diese Verbindung durfte nicht zu Stande tomment Her tha würde von seibst wieder zur Ver nunst zurücktehren, wenn man sie Von diesem Manne fern hielt. Die glän zenden Eigenschaften jenes Mannes mußten aus die lebhaste Empfindung keines jungen unersahtenen Mädchens keinen ungewöhnlichen Eindruck ma f chen! Er hätte sich dies von vornherein sagen und den Verkehr mit ihm recht E zeitig abbrechen sollen. Die Anmeldung nun-s riß den ak-. . ten Herrn aus seinen düstern Gedan ken. »Ab, er kam selbst!« — Er wußte wahrscheinlich noch nichts von dem . Vorgegangenen!s——s— Sollte er ihn nicht einfach abweisen2 Schon wollte er dem Diener den entsprechenden Befehl ge ben, da besann er sich schnell eines Anderen. —- Nein, jener Mensch sollte nur lommeni —- er sollte erfahren, welch-Abstand zwischen einem Reichs grafen Hobenlinden nnd einem bürger lichen Assessor wäre; — eine kurz-, glatte liMirechnung zwischen ihnen war das Besie. »Laß’ den Herrn eintre ten!'·' herrschte er den Diener an. Kurt trat ein. Ein Blick auf die drohenden Augen des Grasen bewies ihm, daß der Kampf ein barter sein würde. Doch empfand er teine Furcht, nnd er begann mit freiem, hellem Blick aufschauend: »Ich bin Ihnen dantbar, Herr Graf, daß Sie mich empfangen haben: das giebt mir Hoffnung, daß es meinen Worten gelingen wird —-—"' »Ah ——- Sie find bereits orientirt?« unterbrach ibn der Graf. Kurt verneigte sich leicht und sprach j ,,Comtesse Heriha bat mir das Vorge » fallene nritgetheilt!« »Und trotzdem —- trotzdern wagen Sie es, vor mir zu erscheinen-W ,,Jst das nicht meine beiligePslicht?« Der Graf fuhr heftig auf. «Jbre Pflicht-? —- Sie reden von Pflicht-! ! T . zn vergessen, den Sie dem Namen nnd dem hoben Range des Reich-Tigran sdadenkinden schuldig waren!«« - »Ich wüßte nicht« wann ichs in dieser HBeziebung gefehlt hätte," antwortete s« Knrt ruhig. " »Ich bedauere, daß anen das Ge —iähl dafür abgeht! Doch, einerlei! k— darmn handelt es sich setzt nicht; ich babe anen nur mitzuthu1en, daß ich auf die Ehre Jbrer ferneren Besuche in meinem Hause verzichten mußt H Ebenso verbiete ich Ihnen jede weitere Anniiberung an irgend ein Mitglied meiner LFamilie! —- Vieemit sehe ich unsere nterreduna siir beendigt an»!' Er machte eine leichte, stolz verabschie deude Bewegung mit dein Kopfe und wendete sich ab. .. -. ---- Sie batten nur eine Pflicht zu ersiil- « len, nnd diese war, den Respekt nicht " Vatte der Gras gegrauor, aus omc Weise diese Angelegenheit erledigen Zu lönnen, so hatte er sich schwer geirrt. Kurt war bei den beleidigenden Worten des Grafen das Blut in das Gesicht gedrungen, aber er blieb in seiner Haltung gleichmäßig beherricht; nur ein leichtes Vibriren der Nasen slligel und eine tleine Falte zwischen den Augenbrauen verrietb etwas von der innerlichen Erreguna des Mannes-L Aber vor ihm stand derVater Vertha'2, das durfte er nicht vergessen. Außer dem verließ ibn selbst in dieser Minute nicht das bebe GerechtigkeitsgesiihL das ihn beseelte; er sagte sich, daß der alte Gras von seinem Standpunkte aus ein gewisses Recht zu tiefer Ent riistung hatte. »Verzeibung, Herr Gras,« antwortete er, »wenn ich Jhrem Wunsche nicht sofort nachkomme, aber diese Unterredung, die, wie auch ich glaube, siir lange Zeit unsere legte sein wird, tann ich siir meinen Theil noch nicht iiir beendigt betrachten. Jch bin Ihnen, herr Gras, wie mir selbst, noch einige Worte schuldig.« — I »Ich vekzichte paraufu stieß ver Graf hervor. »Und dennoch muß ich Sie bitten, « mich anzuhören. Jch begreife den . Schmerz, den das Geständnisz der «Comtesse Hertha von unserer Liebe Jhnen verursacht hat, weil Sie fiir die Zukunft Jhrer Tochter andere, von Jhrem Standpunkt aus höhere, Jhren Standesperhiiltnissen entsprechendere Pläne gehegt hatten, und ich bedauere es ties, daß unsere Liebe Jhnen eine schwere Enttiiuschung hat bereiten müssen!« « »Wenn Sie dies selbst fühlten, so lag es ja in Jhrer Hand, mir diesen Schmerz zu ersparen!« stieß der Graf heftig hervor. »Nein, Herr Gras, dies vermag ich nicht; dies könnte nur durch Aufgabe unserer Liebe geschehen, und das wäre siir mich ebenso unmöglich, wie für die Comtesse Heriha.« »Ich wünsche nicht mehr den Namen meiner Tochter in Verbindung mit dem Ihrigen zu hören,« rief der Gras in wilder Hestigteit aus. »Und doch werde ich es nicht ver meiden kiinnen,'« entgegnete Kurt in sich gleich bleibender Ruhe. »Gerade unserer Liebe wegen shabe ich ja um diese Unterredung gebeten. Jch bitte herzlich, mich bis zu Ende anzuhören,« rief er in lebhafterem Tone aus, als er bemerkte, wie der Gras ihn wieder unterbrechen wollte; »ich werde Ihre Geduld nicht allzu lange in Anspruch nehmen; es muß Jhnen doch selbst wünschenswerth sein, klar über mich und mein zutiinstiges Handeln zu sehen; ich schulde Jhnen volle Aufrich tigkeit und diese will ich Jhnen geben« Kurt athmete tief aus und fuhr dann fort: »Daß Comtesse Hertha des höchsten Glückes würdig ist und daß Niemand auf der Erde eristirt, der voll und ganz ihrer werth ist, das siihle ich; aber ich fühle ebenso, daß kein anderer Mann ihr eine gleich in nige und starke Liebe bieten tann, wie ich es thue; auch weiß ich es, daß nir-« gends das wahre Glück ihres Lebens in so sicherer Hut ruhen wird, wie bei mir. Unser Beider Leben ist fiir alle Zeit mit einander verflochten; teine Macht der Erde, Herr Graf, kann uns sere Seelen don einander lösen· Wer uns zu trennen versucht, ladet die schwerste Schuld aus sein Gewissen; er tödtet zwei Menschenleben, die vol len Anspruch haben, sich im reinsten Glücke auszuleben Kommt dem ge genüber etwas so rein Aeufzerliches in Betracht, wie es ein Name ist? Weil mir die Grafenlrone fehlt, bin ich da durch geringer als ein Mann? Giebt · es denn einen tleinlicheren Werts-mes ser als den Geburtsschein7 Wiegt denn der Mensch in seinen Leistungen, in seinem Charakter und dem inneren Adel seiner Seele nicht mehr? — Mag Ihnen, Herr Gras, feszt noch der Ge danke schwer-, ja unsaßlich erscheinen, den bürgerlichen Kurt Thal als Mit glied in Ihre Familie auszunehmen, so bitte ich nur darum, der versöhnen den Zeit ihr Recht zu lassen; prüfen Sie mich erst genau, legen Sie mir die schwersten Bedingungen aus« ich beuge mich denselben; lassen Sie mir aber die Hoffnung, die Hand Ihrer Tochter zu erringen, wenn ich mich voll bewährt habe!' lSeine Stimme war im Laufe der Rede immer bewegter geworden. Jetzt trat er nahe an den Grasen heran und ihn mit heißer Bitte in den Augen « anschauend, streckte er ihm die Hand entgegen Aber dieser wandte sich brüsl ab; einen Seh-ritt zurücktretend sagte er mit eisigein Tone: »Ich habe Sie ausreden lassen, Herr Assessor, «——— ich denke, es ’ ist mehr, als ich Jhnen hätte zugestehen sollen. Doch nun ist es genug! Sie mögen ein vortrefflicher Mensch, Jhr hohes Selbstbewußtsein mag durchaus gerechtfertigt sein; aber die Hand meiner Tochter erhalten Sie nie! Eine Conrtesse Hohenlinden wird nie eine Frau Assessor Thal!« Ein schneiden-— der, verächtlicher Ton lag in der Art. mit der Gras Hohenlinden diese letz tne Worte aufs-sprach »Dies- ist mein letztes Wort !« Er nickte hochmüthia mit dent Kopfe udn machte eine Wendung nach der Thür zu. Rurt schien unter den beißendcn Worten des Grasen noch zu wachsen, seine Augen sprühten ein elementares Krastgesiihl aus, als er unter ernster Verneigung antwortete: »So ist wes " nigstens volle Klarheit geschossen, Herr Gras: von je t ab fühle ich mich jeder presönlichen erpslichtung Ihnen ge genüber enthoben; als Mann iiimvse · ich gegen den Mann, der mir das Recht, glücklich zu werden, vertoeigert.« Hochausgerichtet verließ er das Zimmer. Entsetzung folgtJ Unter den Zuckereonsuntenten steht Onlel Sain obenan. All der Weisen, den wir ausführen, bezahlt nicht den Zucker, den wir einsühren. Die Frage der einheimischen Zuckertultur ist des halb von der größten ökonomischen Bedeutung. Es ist längst lein Geheim nisz mehr, daß wir nie hossen dürsten, unsern Zuckerhedars selbst zu ziehen. wenn wir aus Rohrzucker allein ange wiesen wären. Der Bau der Zucker rübe und ihre Verarbeitung hat er freulicherweise in den lehten Jahren hierzulande einen derartigen Aus schwung genommen, daß diese Indu strie laut neuestemBericht des Censuss dureaus nunmehr aus gesicherter Ba sis steht.