— Ver til-set füllt ntebt weit oain Stamm. Von G. Glas. Die Scene ist ein hitbsch eingerich tetes Wohnzimmer am Tempeihofer Ufer in Berlin, die Zeit neun Uhr an einem sonnigen Frühlingsmorgen Zwei junge Leute —- Mann und Frau augenscheinlich, —- sitzen zusammen am Cseitlsstitetstischz doch scheint dass-Mahl chon vorüber, denn sie sind beide in die »Vossische Zeitung« vertiest.» Sie liest sonderbarer Weise den« Binsen dericht, et eine Kritit iiber eine Posse« die den Abend vorher am Centralthea ter egeben wurde. Sie ist eine aller lieb e Bionsdine von zweiundzwanzig Jahren, et ein großer, etwas melancho lisch aussehender Mann von dreißig. »Eifenhittte ist wieder Es aefallen!« murmelt Frau Schmidt. »Seit den letzten vierzehn Tagen sind sie immer fort heruntergegangen Sie sind frü her Papas Lieblinaspapiere gewesen« Jn diesem Augenblick erscheint das Dienstmädchen und bringt einen Brief fåir Frau Schmidt und ein Partei für i n. , »Ein Brief von Papa! Seine wun derliche Handschrift ist nicht zu ver kennen!«' ruft Julie »Meine Geschichte zuriick vom »Uni versum«!" stöhnt Herm-ann, indem sich sein Gesicht zusehends verlängerte. »Ist ie solches Pech dagewesen? Ich werde bald auf den Gedanken kommen. daf: ich zu nichts weiter aut bin, als zum Steinetlopfen.« Aber seine-Frau hörte ihn nicht; sie war in ihren Brief vertieft. Jlir Ge sicht erbleichte, während sie las, und Tbriinen traten in ihre Augen. »Ich tzäite mir denken tönnen, was Papaä Antwort sein würde, aber ich hatte teine Ruhe, bis ich ihm geschrieben.« Sie erhob sich plötzlich, legte den Bries vor ihren Mann hin und verließ das Este-nimm Herniann nahm ihn auf und Ca. »Meine liebe Julie! Ich fand Deine Briefe bei meiner Riicltebr von Paris vor. Da sie sich beide mit demselben Geaenstand befassen, so wird eine Ani tvoit aeniiaen. Du bittest michDir zu derarbeni Daraus erwidere ich, das-, ich nichts zu verarben bade. Dir bist ntajorenn und also alt genug-, iiir Dich selbst zu urtheilen. Bei dem eriistesten Schritt Deines Lebens hast Du meine dsiect ausgesprochenen Wünsche aufier Acht gelassen, und Du mußt nun die Folan Deiner Thorbeit tragen. Uslllu Million-. P. S. Nachdem ich das Obenstehende geschrieben, ist mir ein neuer Gedante artommem Du weißt, es war stets meine Absicht, Dir eine Mitaist von jwanziatausend Thalern zu geben« wenn Du nach meinem Wunsche Dick, oerhetrathet hättest. Nun verspreche ich Dir, daß ich das Geschehene übersehen nnd Dir die zwanzigtausend Thaler neben will an dem Tage, an welchem Dn mir nachweist, daß Jhr selbst im Besitze einer gleichen Summe seid. »Der Alte könnte ebenso gut von mir verlangen, daß ich ihm den Mond herunterhole!« sagte Hertnann mit ei nem Seufzer, als er den Brief wieder aus den Tisch legte. »Julie hat mi imtner erzählt, daß er ein exentrischer staut ist, und die Bedingung, die er da stellt, beweist, wie recht sie hat« Nach einigen Minuten tam Frau Schmin wieder in’s Wohnzimmer zu rück; sie hatte geweint, ihre Augen waren noch roth, aber ihr Gesicht sah wieder heiter und hoffnungsvoll aus. Sie le te beide Hände aus ihres Man nes ultern, beugte sich über ihn unt- küßte ihn. »Ein Trost- ist,« sagte Hermiann, ,,tas2 wir nicht schlechter daran sind, als wir vorher waren.« »Nicht ein Bischen.« »Du siehst, wohin Du aelommen bist dadurch, daß Du einen Bettler gezi rathet wie mich.« - »Ich habe ven liebsten und besten Menschen der Welt geheiraihet,« ant wortete sie und tiißte ihn wieder. »Unsere Aussichten siir die Zukunft gönnen nicht sehr rosige genannt wer en·« «Gestern habe ich den Rechnungs atsszug von unserem Bankier nachgese hen und aesnnden, dasr noch 4000Mart vorhanden sind.« »Wenn wir also noch zehn Monate so weiterleben, dann haben wir so viel trte nichtö?« »Unaesähr so!« »Dann must irh mich, te eher je besser, nach einer Stellung umsehen.« »Aber lange, bevor die zehnMonate zu Ende sind, tvird vielleicht Deine Novelle erschienen oder Dein Lustspiel angenommen sein.« »Meine liebe Julie, was nützt es, daß wir uns selbst betrügen-Z Jch be sitze ein Bündel Manuscripte, die zu weiter nichts gut sind, als Käse darin einzuwickeln!« »Sprich nicht so berzagt.« »Jn drei Monaten habe ich fiinszig Thaler verdient. in den nächsten drei werde ich vielleicht ebenso viel erringen, vielleicht auch das nicht einmal.« »Du mußt nicht so schnell den Muth verlieren, Geliebten dret Monate ist solch eine turze Zeit. Wie vtete unse rer besten Schriftsteller sind jahrelang nicht im Stande gewesen, einen Ver leger zu sinden.« herneann schüttelte den Kapi »Meine liebe Julie, Dein Mann ttt tein Genie. und Niemand wet das besser als Du selbst. Die Lect on tit eine harte wesen, aber ich muß ein« Fest-ehren sie nicht anbetdtent ist. t i i i » i ,,eWi bitter Du sprichst Was kann ich« sagen, um Dich zu trösten?« Vermann stand auf, ging zu Julie und nahm ihre hand. »Du« bist mein Trost, jegt und im mer« , sagte er. »Ich habe einsehen gelernt daß vorläufig keine Aussicht vorhanden, daß ich Dich und mich durch meine Feder erhalte. Und da her mustt Du mit mir darin überein stimmen, daß es durchaus nothwendig ist, daß ich mich einem andern Berufs zweige zuwende Die Frage ist nur: Wozu bin ich sähin?« »Wir haben noch mehrere Monate Zeit, während welcher wir uns stack ; etwas umsehen tönneii. " »Und indessen schmilzt Dein Geld — . Deines, Julie —- das eigentlich hatte ! unberührt bleiben müssen, von Tag zu i i ; t 7 wären Tag« »Du närrischer Mann! Al s ob ich und mein Geld nicht Dein is- .izenthum mit denen Du thun taiinst, was Du willst! Wir hätten vielleicht eine billigere Wohnung und Einricky tung wählen sollen?« »Was ist diese Wohnung, verglichen : mit dein Heim· das Du um are nettoes « um ihren Hals und küßte sie gen aufgegeben?« Er schlang den Arm Dann Z begab et sich nach der Bibliotbel. Julic nahm wie-der den Brief ihre T« Vaters auf und las ihn langsam nack. einmal durch. »Zwanzigtause:in Tha ler« ,murmelte fie, »wenn ich die hätti, : würde er inir vergeben und skva Mig « tausend als Mitgift hinzusüqr :.i er gelacht haben muß Wie al? er diese . Worte schrieb! Nur eianndek könnte ! uns dazu verhelfen!« Sonst eine der thätigsten jungen Frauen, die man sich denken tann, rührte sich Julie heute nicht von ihren Stuhle, bis ihr Mann nachHause tain. Sie legte ihres Vater-Z Brief bei Seit-c, als Herniann die Thiir öffnete. »Ver stehst Du etwas vom TelegrapizirenP war ihre erste Frage. »Theoretisch weiß ich etwas dariiber, aus Büchern; praktisch nichts. « »Du tönntest z. B. teine Depesche von einer Station zur anderen sen den«-« »Sicher nicht. und wenn mein Leben « davon abhinge.« »Du tönniest es aber lernen.« »Ich dente, ja, wenn die Rothwei « digteit dazu sich je ergeben sollte.« »Ich wünschte, Du lerntest es.« »Mit Vergnügen, wenn Du es wirt lich sehr tviinschst, obgleich ich wirklich nicht einsehe, wozu es mir nützen lönnte." »Es lann Dir von Nutzen werden, von sehr großem Nutzen und ich möcht-. . Dich bitten, ohne Zeitverlust damit an « zufangen.« »Gut, aber darf ich fragen ——-« »Vorläufig nichts. Glaube und der trauri« Zwei Monate später legte Herniann Schmidt ein Papier in die Hände sei ner Frau, worin ihm bezeugt wurde, daß er volle Fertigleit iin Telegraphis ren erlangt. Julien-H Augen glänzten als sie ec- las. »Morgen«, sagte sie, »wer-de ich mei Y nein alten Freund und Vatlzem Herrn Utichard Möller, einen Besuch abstat «- ten.« i »Was! Was-! Sag das noch ein « mal!« - Der aiso Sprechende war Herr ,Richard Motten uno die Person, zu - der er sprach, seine Pathe Juiie Schmidt. Er hatte Julie immer sehr lieb gehabt und war über ihre Minder rath entsetzt gewesen. Es war dies das » erste Mal nach dem betriibenden Ereig 7 niß, daß sie sich wiedersahen »Du bist Präsident des Aufsichts raths von der Beraerode - Hernberqs Eisenbahn, und in dieser Eigenschaft tannst Du doch wahrscheinlich thun, was Du tvillit.« »Bitte-harte nicht« metn Kind, durch ans nicht. Drei oder vier Mitglieder des Aufsichtsraths, iet) will teineNamen nennen —-— sind solche --—— daß ich nie etwas durch-setzen tann.« »Aber was ich von Dir erbitten will, z ist solch eine Kieiniateit und iann Dir , teine Schevieriateiten niachens Ich z.möchte, daß Du meinem Mann den iPosten eines Stationsvoritehers aus ; der Bergerodee Station atcbst!« i »Was? Dein Mann Satisonsvcrste her in Beraerode? Ach. es ist die Sta S tion für Obra. Deines Vaters Gutt« z »Das ist eben der Grund, warum ich . Dich bitte. meinem Mann die Stelle zu geben« S »Ich verstehe. Briese haben nichts geholfen, nnd so denkst Du, daß, wenn » Du in Bergerode wobniL Du Gelegen « heit haben wirst, den Papa abzupassen, wenn er ans dem Zug steigt, ihm dort zu Füßen zu sallen und feine Verzei hung zu erstehen-" · « »Wie kannst Du nur so etwas den Lieni Ich werde überhaupt gar nicht I in Erscheinung treten. Jeder Mensch Z tennt mich ist Vergerodc. Jm Gegen s theil, Papa darf auf teinen Fall wis jsen, dasz mein Mann in Bergerode ist.« l »Aber derName — der Name. Dein iPapa wird doch sicher dadurch aus mertiam werden« »Wie kannst Du so etwas sagen! Dunderte von Menschen heißen Hec inann Schinidt.« , »Das ist richtig. Du hast aber je densvlls ein Ueberraschung siir Papa vor, warum müßte ei sonst Bei-gerade sein. Uebrigens ist eine andere Schwie i i i i i Zigbteit da, die ich noch nicht erwähnt a e.0 »Was fiie eine Schwierigkeit?« »Der Mann, der jetzt die Stellung ausfällt, ift fehr tüchtig, warum foll ten wir ihn also absetzen?« »Bei-jeden ihn. Gieb ihm ein bes geres Gehalt und schicke ihn wo anders in.« »Keine schlechte Idee. Aber zuge geben, daß wir eine Vacanz für Dei nen Mann finden oder machen, fo tcikd das nicht viel helfen. Er versteht nicht von der Sache.« »Mein LJiann besitzt ausgezeiiivnete Kenntnisse in der Tekegraphie. Und was die Routine anbetrifft, fo tönt-te er ja einen Monat bei dem Manne, der jetzt den Posten versieht, seine Pflichten kennen lernen.« »Hört das Mädchen an! Gerade wie ihr Vater. Läßt sich durch nichts « tiictschrecken Wahrhaftig, ich weiß nicht« tras ich saaen soll.« »Es ist gar nicht nöthig, daß Du überhaupt noch ein Wort sagst. Jch betrachte die Sache als abgemachi. Morgen werde ich mit Hermann her kommen, nnd Du wirft ihn so schnell als mögkich nach Betaetode schicken, damit er in feine Pflichten eingeweiht wird!« M O I Fiinf Wochen nach der Unterredung seiner Frau mit ihrem Pathen, Herrn Möller, war Hertnann Schmidt wohi bestallier Stationsvorsteher in Berge rode. Er befand sich seit ungefähr einer Woche in seiner neuen Stellung als Herr Selchow, sein Schwieger vater, eines Tages den Zug verließ. Er war ein starker, weißhaariger Mann, der sich schwer auf einen kräf tigen Stock stüizie, wenn er gi ng. Dis Hitze feines Temperaments schien Ein fluß auf Feine Gesichtsfarbe zu üben, sie hatte viel Aehnlichkeit mit der eine-· gekochten Krebses. »Sie sind also der neue Staiiors Vorsteher, he?« sagte er zu Hermann, ihn vom Kon bis zu den Füßen mu sternd. Ahnen zu dienen, mein Herr.« ! Dann haben Sie wohl die Gute und veranlassen, das-, Sendunan sur und an mich mit der ardßten Schnel jliakeit befördert werden, da mitunrer nur kleine Feitverlufte in der Zustä Iluna sehr aroszen Schaden für mich zur zyolae haben.« »Ich werde anordnen, daß eine Vot Iichaft von Ihnen mir augenblicklich iiberbracht wird, wo ich mich auch de finden man, und Sie können sich d.-1 ran verlassen, daß Jshre Aufträge stets E fosrsrt ausgeführt werden.« ’ Mehrere Wochen- waren seit diese1 Unierreduna verstrichen, und eine aron . Unzahl Depeschen waren inywischen ir Vernerode fiir Herrn Selchow anqe to :-.nmen welche Hermann immer erf :einer Frau zur Durchsicht aab ehe r! sie durch einen besonderen Boten nact Okra sandte Manche dieser Te.e aromme waren in Chiffrefchrift, abe das hinderte Julie nicht, sie zu lesen Sie hatte vor ihrer Verheirathuna ih Ieem Vater oft als Secretiir gedient s und die Schlüssel zu den zwei verschie d: nen Arten von Chiffreschrifi, derer er sich bediente, waren ihr vollkommer aeiaufia. Edlich kam eines Taan eine Depe Isae für ihren Vater welche Julie ir ikie allerarosite Aufreauna versetzie Sie kam aus- Unaarn und truq die Un itersckrift »Adolf Srlchow«. »Es ift von meinem Onkel Adolf.« saate Julie Asann fvrang sie plötzlich von ihren Sitz auf, wars sich an- ihrrs Mannes Brust nnd brach in Thränen aus ·,(fndlich,« murmelte sie, »endlich!« " »Kann ich es lesen?« fragte Her wann Sie nicktr. Er nahm dagVai hier-, auf welchem sie eben die Ueber iehung der Chiffreschrift niederqefchrie » b -·n und las: »Kan Theodosia! Eint niiichtiae Ader gesundem Zuverlässia Bis ietzt unbekannt.« f »Was soll das heißen?« fragte Her Ins-Unl I »Das ist doch sehr einfach. Theo: siosia iit der Name eines Goldbera ; Ioerts in Ungarn, dessen Actien mai -c:n der Berliner Börse kaufen kann Tiefe find während des letzten Jahres sehr niedrig notirt worden« weil nie-r glaubte die Mine wäre erschlipr On iel hat nun erfahren, dan eine reich-« Ader wieder entdeckt worden und trie reropbirt deshalb an Papa, sofort die - Llerien zu laufen. Ich darf keine Mi . nute verlieren.« i Julie ergriff eine Feder und setzte intgende Depeiche an den Bankiei Weltmer anf: »Kaner Sie sofort olle Itseodosia, die en haben sind. Manier Efriih um 10 Uhr werde ich bei Ihnen vorsprechen!« s ,,Sende dies iofort,« saate Julie, als » sie ihrem Mann das-Papier überreichte Hernmnn qehorchte und kehrte nack fiini Minuten in die Stube zurück. »Ist es fort?« . »Ja. Und nun bitte, erkläre Dick» s näher. Aber soll ich nicht ietzt erst die Deveschc an Deinen Vater senden?« ! Julie sah auf die Uhr. ».« alb zwöti,'« sfnnte sie. »Ja, Du tannt das Tele: Jena-um senden-. Wenn Wellmer seine xtiifiicht gethan hat, werden morqeu Hxine Theodosia- Actien an der Börse Heu haben iein.« i »Das heißt also," sagte Hermann »daß Du Vortheil siehst aus der Jn icrmation, die Dein Onkel fiir Deiner Vater gesandt und sie fiir ihn werth ios machst.« . Allerdings thue das," antworte te Julie, »ich bin ni t umsonst so lan ae Bat-as Schreiber gewesen. Er wic mir nur unter der Bedi ung vergeben daß ich ihm nachweier ann, wir be s sitzen zwanzigtausend Thaler. Er fragt nicht, ob ich glücklich bin. Er will denMann nicht kennen lernen, der mein Gatte geworden. Jch muß ihn also « mit seinen Waffen schlagen. Im Krieg, in der Liebe und an der Börse ist jedes Mittel recht.« »Ich fürchte, Du machst mich zum Mitichuldigen bei einem sehr dunkeln Unternehmen,« sagte Hermann, der kaum wußte, ob er lachen oder ernst bleiben sollte. »Der Zweck muß die Mittel heiligen Papa würde der Erste sein. der solch’ · eine List gebrauchen würd-M se Den nächsten Morgen um 10 Uhr er schien Julie in Herrn Wellmer’s Vu reau. ,,.Haben Sie mein gestriaes Te learamm erhalten?« war ihre erste Frage. »Ja, und sofort danach gehandelt Sie werden mir aber die Bemerknna gestatten aniidiae Frau, das-, die Wahl Des Papier-Z mich in Erstaunen setzte.« »Das glaub-e ich,« versetzte Inlie ru ljjsg »Aber ich hatte meine Gründe« »Ok) natürlich« stimmte Wellmer bei. »Ihr Vater ist einer unserer kühn sten und aliicklichsten Speculanten, Inl- 3ie, als seine Tachter,· werden taum so leicht einen Jrrthum begehen. Aber trotzdem ——« i ,Wiirden Sie für Ihre eiaene Rech nnna nicht diese Actien getauft haben.« I »Sicher nicht, es sei, daß ich nicht ! müßte, was ich mit meinem Gelde an ssanaen soll, und dann auch laum.« I »Ein Trost ist, daß sie jedenfalls nicht tiefer sinken können, als sie jetzt k«.c..·- « ist y s »Ein tüchtiaes Frauenzimmer — die seclyte Tochter ihres Vaters,« iaate sich s-Wellmer, als er am nächsten Morgen l:m:er den Depesclien in der »Börsen Rettung« solaende Notiz sand: »Noch sossiciellen Mittheilungen ist man bei - der Theodosia-Grube aus außerordent ·!irls. ergiebiae Goldadern gekoßem die die scktweraeprijften Actionäre endlich ssi.ir die lange Zeit der Dividendenlo. sialeit entscheidigen werden« Julie bekam jeden Nachmittag eine Depesche von Wellmer. Drei Wochen lang stiegen Theodosia täglich. Dann blieben sie zwei Tag-e stationär. Den folgenden Morgen fielen sie um ein AchteL Julie wurde änastlich und aab Ordre, sofort zu vertausen. Drei Ta ae nachher erhielt sie einen Brief, den sie ilJrem Manne mit den Worten über reichte: »Lie;5, was er uns bringt, und qirb sofort Deine Stellung hier ausk« ,,Fiinsundzwanzigiausendsünshum tert Thaler,« las Hermann voll Er staunen. »Ja, und Alles durch unsere glück H licke Spekulation in Theodosia-Actien. Jetzt wollen wir uns Papa präsenti ««. ren.« Jn einian Tagen hatte Hermann, I" für ten sich schnell ein Vertreter ge j' funden, sein Amt in Beraerode nieder aeicat, und sie zöaerten nun keinenMoi :nent, sich zu Herrn Selchow Zu beac s ben. Julie hatte erfahren, daß er sickf » ceraensblicklich in Berlin befand, und sie ; wußte, daß er dann immer im Kaiser s lsjs wohnte; dorthin also eilte sie. Als sie sein Zimmer betrat. befand sich ar rade Richard Möller bei ihm· Selchorv soranq von seinem Stuhl aus, als er dir Eintretende erkannte. »Julie, wag soll das heißen? Wie kommst hierher-s Habe ich Dir -n·(ts.t unter aat — « Aber ehe er vollenden konnt-. hatte Julie ihre Arme um seinen Hals ge » schliman und bedeckte sein Gesicht mit Küssen »Du hast mir untersaqt, zu Dir zu krmmen, Papa, und es war sehr grau-· sam von Dir. Du wolltest mich erst wiedersehen, wenn ich die Bedingung erfüllte, die Du mir aestellt.« »Eine Bedingunal Ich weiß von lei ner Bedingung. Was in Himmels ; Namen meinst Du?« »Erinnerst Du Dich nicht« daß in rein Brief, den Du mir nach meiner Verheirathuna schriebst —— den einzi jgcm den ich oon Dir erhalten —, Du ikrir sagtest, daß. sobald ich Dir nach neisen könne, daß ich im Besitz von zwanzigtausend Thalern sei, Du mir nicht nnr alles Geschehene verzeihen, sondern auch noch zioanziatausendTba · l.-r Fazu geben wolltest ——« die Mitgift, Eic LEU mir cillll VcillMML " ; »Habe ich das wir lich aeschrieben?« · »Gewiß Ich habe den Brief in der Tasche, Du kannst es selhst lesen.« »Das ist nicht nöthig. mein Gedächt ipih ist zwar zu Zeiten schwach, aber den Brief habe ich- doeli noch nicht ganz .de·.«aeisen. Undss »si( kommst also, um n is in sagen, daszd ie Bedingung eine f·««.-is.erfiillhare ist, dajz Du» und Dein V ann die Armuth ——- —— i Einen Augenblick, Papa, ich kom ins-, um Dir mitzntheilen, daß die Ve dingung erfiillt ist. Sieh in dieses lVlickx und Du wirst finden, daß auf lass Conto des HerrnHarmannSchinidt eTne Summe von sijnfnndzwanzigtaus send Thalern eingetragen is.« Selrhow sagte nichts, aber seine Liand zitterte so, als er das Checkbnch nahm, das-, er es kaum halten konnte Er öffnete es, starrte eine Weile hinein nnd wars es dann wieder aus den Tisch. »Diese Bsankbeamten schreiben eine so abscheuliche Hand daf: es unmög lirk ist auch nur ein Wort zu lesen « iaate er »Hier steht es klar und deutlich,« sagt-e Möller. »Die Summe Von fünf undzwanziqtausend Thalern ist fiir das Conio des Herrn Herinann Schmidt bei der Deutschen Bank am I 28 Rohenrber einaezahlt worden « s Aber Julie saß inzwischen aus ihres Vaters Knie und küßte ihn mit Thra nen in den Augen nnd einein Lächeln auf den Lippen. »Sie wenden nachgeben müssen, alter Freund, es wird Jhnen nichts helfen. iMenn Sie ihr solch’ ein Versprechen eemacht müssen Sie s halten« ,,A Der — aber —- ich versteh-e nicht, « stamelte Selchow »Ich denke Du hast I einen armen Mann geheirathet?« Z I »Mein Mann besaß nichts, als wir uns heiratheten.« ) »Dann hat er also ein-e Erbschaft. « gemacht?« »Nein, durchaus nicht Wir sind zu Dir in die Schule gegangen, Papa, und Ibiben an der Börse speculirt « ; s »Speculirt? Und das ist das Re H snltat?« I l »Das ist das Resultat.« l »Die echte Tochter. ihres Vaters,«c niurmelte Möller. »Wie schade, daß » sie nicht ein Junge aewor’den.« I I »Dann müßt Jbr aber verteufelt aliieklich operirt haben — viel aliikklis jäei als ich schon seit lanqe Darf ich fraaen, wselche Papier Ihr mit Eurem Bertnauen beelyrtet?« ,,f)ermann Und ich haben das Geld ldurch eine Speculaiion in Theodosia. Bzrawerisactien erworben.« « I Selchow war wie versteinert. »Wo ist Dein Mann?« brachte er endlich i bei-von i »Hei-wann wartet unten.« I »Brinae ihn her, ich muß mir ihn einmal besehen.« s Mehr als ein Jahr veraina. ebeEmil Selchow erfuhr, woher sein Schwieger solssn die Information erhalten, die ilm veranlaßte, in Theodosia- Aktien zu Ispeculiren Er hatte inzwischen Her ininn wie einen Sohn lieben gelernt l und war stolz auf ihn. lDas Verlangen, reich zu scheiiieii.i Das Verlangen, reicher zu scheinen alS man ist, entspringt nicht immer; dem unedlen Motiv des »Scheines«j überhaupt; oft hat es einen tieferen Grund: nicht bemitleidet zu werden,! unt-i nicht ganz ausgeschlossen zu blei-; , ben von den kleinen Vergnügungen des-« Tages und von jenen Wohlthätigkeit-H anspriichen, die man an vermögendere Leute zu Gunsten der Aermeren und ItZtermsten stellt. Warum ganz unbe acbtet, ganz als Null im Kreise seiner «Mitbürger stehen? Warum nicht lie-: .ber mit einigen Opfern eine Stelle be haupten, sei’s auch nur eine ganz be ischeidene Stelle, wobei man aber doch Hmitgerechnet wird zu denen, die etwas gelten? Das sind keine schlechten Ge Idanten und Triebfedern; es sind im JGegentheil Antriebe, die von unserem Zfreieren Geist ausghen Dann wären Lwir stumpf und dumpf, so wäre eH .ung sehr gleichgiltig, ob man uns be achtet oder nicht. ! Aber das Verlangen, reicher zu !scheinen, als man ist, bleibt dennochl ·eine gefährliche Sache. Denn die cr-I ssten, bescheidenen Ansprüche an unsere «Kasse bleiben nicht die einziger-. Sie ssteigern sich —- und bald übersteigen lsie das Maß dessen, das wir mit gri-« tem Willen und kleinen Opfern zu leisj zsten im Stande sind. Nun sagen wir; ltraurig und abwehrend: ich kann; nicht! Wir wiederholen es bei weite-: rem Drangen ungeduldig und ver-— drießlich. Aber man ist nicht geneiak, uns zu glauben, da wir einst freudig« ,gaben, und übersetzt das »ich kanns «nicht« in »ich will nicht«. Wo lrsir einst liebevolles Entgegenkommen und herzliche Aufnahme fanden, begegnet man uns jetzt mit einer gewissen Zu trijckhaliung mit fremderen Blicken, und bald merken wir es aus allerBe nehmen und hören es ans dem Mund einzelner in mehr oder weniger ver-l steckten Sticheleien: die Frau ist gei »zig. Wie das quält, wie das schmerzt! Noch einmal raffen wir uns auf und ischenlen iiber unsere Verhältnisse, mit; recht tiefem Griff, unter dein die« Wirthschastgkasse und das häusliche« Behagen leiden. Wir wollen bewei sen, daß wir nicht geizig sind. leerk » wag erreichen wir? »Ihr seht, sie tanns ’geben, sie hat es dazu,« heißt es, undi wenn Du jetzt in freiester Offenheit siausendmal Deine beschränkten Ver hältnisse klar least —- man alaubt Diri l « ) Inicht mehr. I Es ist eine unerquickliche Sache» »wenn man mit dem wohlthun will-l idag man selbst nicht hat, in diesemi sFalle das Geld. Muß es Geld sein? iSteht Dir nicht eher Zeit zur Verfü Egung'«3 Und kannst Du mittels Zeit .und Fleißes nicht auch Gutes the-n. wenn auch vielleicht unbecnerkbar ach smit dein blinden Zaubergolde, das alle Welt blendet und verblendet? Und. jDu bleibst dann der arsährlichenBaan jdeg Scheines fremd, deren gleitende .Stnsen schon mancher hinabfie!, der isich ihnen unbedacht näherte. Man stellt an die Menschen selten -die Ansprüche so, wie man sie stellen » Iniiszte, wollte der Mensch sich frei und wahr geben; man beuriheilt ihn viel sniehr immer so, wie die Verhältniss-ei scheinen, und wie er sie den Mitmen schen vorzuspieaeln sucht. Niemand istelle sich ärmlicher dar, als ihn wirk ilich dag Schicksal stellte; aber one-h S niemand erhebe sich zu einer Höhe, die set nicht wirklich hat. Wer nicht frei iist, wem die Hände im eigenen Hautci ,gebunden sind, der dränge sich nicht in den Vordergrund. an die Stätte der Ansprüche und bittenden Wün lsche; der bleibe bescheiden zurück Und Ihelfe nach seinen Mitteln. Freilich, Iwer die Mitel hat und unthätig im Otntergrnnd bleibt, der begeht eine ,.Unterlassungssiinde«, die früher oder später ihren Stachel offenbart. Der Weg der Menschen ist ein ver tvorrener, so eng und ausgetreten die — Pfade auch sein mitgen. Nie dürfen wir gedankenlos fortschreiten, und das Gute des einen auch für unser Bettes halten« Wir sind ja nicht ein Einerl nes, Ganzes, wir sind ja nur einG ied und müssen an der Stelle wirken, wo hin das Schicksal irns wieg. Und wir müssen unser Thun nicht nach frem dem Vorlzild einrichten, sondern nach unserer eigenen Vernunft. A. N. — Darsteller-. Kiirzlich sagte mir eine altere Da me in ironischem Ton, daß ihr eben die große Ehre zutheil geworden sei, einem ganz jungen Mädchen dorgestellt zu werden. Zugleich sprach sie ihre Verwunderung darüber aus-, daß die die Bekanntschaft Vermittelnde, die Frau eines angesehenen Kaufmanns, mit den allereinfachsten Umgangsfor men nicht besser vertraut sei: Jch war weniger erstaunt. Leute,,die nicht bes ser dariiver unterrichtet sind, gehen-von , der Annahme aus, daß bei einer Vor stellung diejenige Persönlichkeit die mehr geehrte sei, deren Name zuerst ge nannt wird, während es doch thatsäch lich die ist, welche zuerst den Namen der anderen erfährt. Jm Allgemeinen gilt daher die Regel, dasz jüngere Leu te den älteren, Einsachere den Höher stehenden, und Herren den Damen vor gestellt werden. Ausnahmen machen alte oder sehr vornehme Herren. Sehr jungen Damen und Herren wird der Name älterer und svornehmer Leute überhaupt nicht gesagt. Eine in einer Gesellschaft oder Versammlung bin zukommender wird den Anwesenden vorgestellt, daraus nennt man den Na men der ältesten oder vornehmstean me, bezw. Herrn, denn die Namen der iibrigen Anwesenden der Reihe nach. Führt man Jemand in eine Familie ein, so nennt man zuerst nur den Na men des Einführenden, da dieser ja weiß, bei wem er sich einführen läßt, und dasz er da Herrn oder Frau X., Fräulein X. usw. sich gegenüber sieht. Sind drittePersonen anwesend, so ver mittelt die Dame, bezw. der Herr des Hauses die weitere Bekanntschaft. Trifft man in größeren Gesellschaften mit Unbekannten zusammen, so läßt man sich diesen, falls Wirth oder Wir thin daran verhindert sind, durch eine dritte Person alsbald vorstellen. Stellt ein Herr sich einer Dame vor, so nennt diese ihren Namen nicht. - A. B. Die Brutalität der rufsischen Po tizei. Daß der gegenwärtigen Gährung unter der russitchen Studentenschaft schwere Provokationen der russischen Behörden zu Grunde liegen, wird auch durch folgenden Vorfall bestätigt: Am 19. Februar lalten .Stitst, das heißt am Jahrestage der Aufhebung der· Leibeigentschaft, sammelte sich sruh morgens in der Stadt Charkow eine Schaar Studenten und Bürger, im Ganzen gegen 100 Personen, wel che verbotene politische Lieder sangen Sie waren schon im Begriff ausein ander zu gehen, die Augenzeugen sa gen, daß nach ungefähr siinf bis zehn Minuten Alles still gewesen sein wür de —- da ritten plötzlich Kosateu un ter die Menge und schtugen mit ihren Kosatenpeitschen, welche an den Spi tzen bleierne Kugeln haben, auf die Studenten wie auch auf harmlose Zu schauer ein. Einem Techniier wurde ein Auge ganz ausgeschlagen EH er litten auch viele Frauen Verletzungen Die Nachricht von diesem Polizeiakt verbreitete sich blitzschnell in der Stadt und erregte allgemeine Emporung nicht nur unter der Studentenschaft, sondern unter der gesammten Beool kerung Eg- sammelte sich eine Volks menge von wohl 4000 Personen an. Darunter waren neben Beamten, Mädchen und Frauen aus der besseren Gesellschaft hauptsächlich Arbeiter aus den Fabrik-en. Diese Menge benahm sich durchaus friedlich. Sie sang nur die Liliarseillaise und ähnliche Lieder und pfiff die Ftosaken auå Aber a lein schon die « Thatsictse, das-: sich eine Menschcnmenge angesam nett hatte, geniigte den russischcu Behörden, um kurzen Prozeß zu machen. Die- sto salen attariirten abermals und schlu gen mit flacher lelinge und mit Peit schen auf die Leute und lieser Frauen und Kinder von den Pferden nieder smmpsen. Soldaten mit gesalllem Bajonneit dergriiszerten die Vanil, in dem sie aus die Menge eindrangeir Das währte bis gegen 11 llhr Nacht-; Endlich wurde die Menge auseinan der getrieben, aber die Rosaken jagten noch immer durch die Straf-zeu, auf alle Vorübergehenden einschlagend. Viele Verletzte wurden in die strau tenhiiuser gebracht. liin Student wurde durch einenSiibelhieb so schwer verwundet, das-, er schon gestorben ist« Einem anderen wurde das Eltiielarat gebrochen. lis- sind gewiss, sehr viele Personen sehr schwer verwundet wor den, aber man kann Genanes darüber nicht erfahren, da Beamte und Aerzte nicht darüber sprechen diirsen. Daß durch ein so brutales Vorge hen der bewaffneten Macht die Erre gung, welche unter der studirenden Jugend Ritßlandg wegen mancherlei Vorkommnissen herrscht noch mehr angest achelt wird, liegt auf der Hand Vergeltungåkath wie das Attentat auf den Unterrichts- Minister Bogolepow, werden dadurch, wenn auch nicht erst schuldbar, so doch selbstverständlich gemacht —- Dame: »Wir haben heut Ver wandte zu Tisch; soll ich Ihnen in der Küche helfen?« —- Köchim Nein gnä Frau, ich hoc Ihnen ja auch net in Jhr Ressort hinein.«