Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 05, 1901, Sonntags-Blatt, Image 11

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    Sonntags Blatt
beiiaeesga HieiTeIizg Wohl« -
J. P. Wind-W .Hemiks«xiäkkk".«
« Grund Island, Nebr» denä Lprl 1901
Jahrgang 21 Ro. 31.
M
its-Wo- drnttrhro yospitai.
III herrliqu Deus-rat vors cysorstswt
IM- Genus-them
Jn dr«- Stadt der am 1. Mai d. J.
zu erofsnendeu Panatneritanischen
Ansstellung» Busi·ito, N. Y» ist kürz
lich eine Schöpfung die insonderheit
dem dortigen Dcistschthriin zur Ehre
gereicht, ibxer sttiizixmzng übergeben
worden. Es ist dies das dortige deuts
sche sue-spitzt
Die Frage der Gründung eines sol
chen tout-de zuerst im Frühjahre 1895
von Ictitgrtiederrx des dortigen Perser-i
schcn streuten - Itnterstiiszungsvercius
aufs Tat-et gebracht. Es sand dann
zur Erörterung der Angelegenheit eine
allgem-eine deutsche Versammlung
statt, durch Veranstaltung eines gro
ßen Volkssesteo wurde fiir den Bau
ein Fonds geschaffen, der später durch
Abhaltung von Wohlthätigkeits-Vor
stellungen, Bällen und dergleichen
statttirh anwuchs. Bereits am 22. No
vember 1895 wurde eine Gesellschaft
unter dem Namen «Deutschez Postu
tal« von den Staatsbehörden intorpo
ritt. Die Erben des verstorbenen
Brauereihcsitzerg Lang schenkten ein
Grundstück siir den Pospitalbam siir
den der erste Spaten tich im Oktober
1898 gethan wurde. Jm Dezember
1900 fand in dem sast vollendeten Bau
siir das Unternehmen ein Bazar statt,
dessen sinanzielles Ergebnis ein über
aus günstiges war.
Das Hosvitalgebäude ist ein gelber
Sandsteinbau mit hellen Terraeotta
s . .- - 1
,s- .-. - -«.-.
———.-«,—
Temichee Hosvital in Bussato.
Verzierungenx es ist in moderner,
seuersicherer Konstruktion errichtet und
tann durch den Ausbau von zwei wei
teren Stockweetem sowie den Anbau
eines Flügeis bedeutend vergrößert
werden. Das Hospital hat Raum sitr
60 Patienten. Die Ausstattung ist
eine durchaus moderne. Ein elektri
scher Fahrstuhi vermittelt den Kran
kentranspvrt zwischen den verschiede
nen Stockwerten. Mehr als 30 der
besten Aerzte der Stadt sind siir den
Stab gewonnen worden. Superinten
dent der Anstalt ist Charles Dach
tnann. Jn dem Hosvttale sinden selbst
verständlich nicht nur Deutsche, son
dern Kranke einer jeden Nation Aus
nahme.
Diautschang neuer Garn-erneut
Its aus Takt-ye- Ismsmevee erfahrene
III eitel-u stillt-»Mein
An Stelle des unliingst verstorbenen
Gouverneurs von Kiautschau, Kapi
tiins z. S. Jäschte, ist Kapitän z. S.
Truppel ernannt worden.
Truppet wurde 1854 zu Katzhiitte,
Thüringen, geboren. Er trat 1871 in
A
sapttön z. S. Trick-yet
die deutsche Marine ein, wurde 1874
Unterleutnant und 1878 Oberleutnant,
als welcher er an Bord der Kreuzer
sregatte «Prinz Adalbert« Dienste
that. Jn 1886 zum Kapitänleutnant,
1893 zum Korbettenlapitän und 1897
ätm Fregattenlapitän befördert, wurde
r tüchtige Ofsizier von Anfang der
90er Jahre ab nur tn hervorragenden
Kominandostellen beschäftigt Von
1890 bis 1393 war er in dem damals
neuorganisirten Reichsmarinearnt tha
tig und, unmittelbar daran anschlie
ßend, bis zum Jahre 1897 im Ober
tommando der Mariae. Gegen Ende
des letthcnannten Jahres wurde Fre
gattentapiiiin Truppel zum Komman
danten des Auglandgkreuzzerg »Klein
zeß Wilhelm« ernannt, welches Kom
rnanto er reichlich ein Jahr innet)attc.
Diese Zeit, während der »Prinzei3
Wilhelm« sich ständig in den ostasw
tischen Gewäsfern aushielt, aab ihm
Gelegenheit sich aufs Griindliakste mit
den dortigen Berhöitnisseu bekannt zu
machen.
Bereits damals wurde er anläfklich
des ersten Gouverneurwechsels interis
mistisch mit der Wahrnehmung der Ge
schäfte des Befehlshabers der Streit
träste in Riautschan betraut, bis der
neue Gouverneur eintraf. Seit 1899
beileidete der in demselben Jahr zu die
ser Charge desörderte Kapitän z. S.
Truppet die Stellun eines Abwei
lungivorstandes im i eichsmarineanrh
Kapittin Trupp-l ist der dritte Gou
verneur, den Kiauttchau lett der Oltui
firung durch die Deutschen im No
sernber 1897 zu verzeichnen dat.
« ·-«.—-— «
Zier OliiriignngrL
Von A. Gubalke.
»Wollen Sie mir nicht sagen, wa
rum Sie eigentlich diesen alten, ver
rosteten Nagel ausheben? — Sind
Sie etwa abergläubisch nnd glauben,
das bringe Glück? —- Abrr, aber,
Fräuiein Marie! —- ich dachte, Sie
wären ein ganz ausgeklärtes Mäd
chen!"
Fräulein Marie sah mit ihren gro
ßen blauen Augen den Frager an
und sagte ernst: »Ich bin nicht aber
gläubisch im landläufigen Sinn —
ich hebe den Nagel aus — weil.
weil —- Aber das ist eine ganz kleine
Geschichte, Herr Doktor; soll ich sie
Jhnen erzählen?«
»Wie können Sie sragen?«
»Also, mein Ur-Großvater war
seines Zeichens ein wackerer Nagel
schmira. Er wohnte in einem Wald
dors, das noch heute wegen seiner
Eisenindustrie bekannt ist. Dort
stand er Tag siir Tag an einem Am
bos und schmiedete. Zur Zeit der
Messen zog er dann mit seinem Vor
rath hinunter in’s flache Land —
nach Leipzig oder nach Frankfurt
Er war ein schöner, stattlicher
Mann und hatte eine Frau und sechs
Söhne, die er überAlleö liebte. Wenn
er auszog, so nahm er mit ihnen nach
alter Sitte das Abendmahl und ließ
sich von seiner Lisbeth geloben, daß
sie ihm Haus und Hof gut bewahren
wetdr.
Das Reisen war damals teine
Kleinigkeit, besonders war es nicht
so leicht siir einen hochgewachsenen,
stattlichen Mann. denn solche Leute
waren damals ein gesuchter Artikel,
und die Weber und Häscher stellten
ihnen skruppellos mit List und Ge
walt nach, wo sie ihrer welche kriegen
konnten.
Einmal nun hatten sie ihm inLeip
zig besonders start zugesetzt. Er
konnte machen, was er wollte, sie ver
folgten ihn aus Schritt und Tritt,
sie hätten-ihn gar zu gern anch Pote
dam zur langen Garde gebracht.
Endlich waren die Geschäfte erledigt,
und er war froh, wieder heimwärts
fahren zu können mit einem leeren
Wagen und-ine: vollen Tasche. Er
war, als der Weg sehr steil bergan
ging, vom Wagen gestiegen und hatte
seinem Knecht die Zügel gelassen.
Froh, bald daheim zu sein, ließ er
den Knecht die Fahrstraße nehmen,
er selber schlug einen steilen Richt
weg ein, der ihn schneller zu seinem
Dorfe führen sollte.
lind wie er nun so schlendernd und
singend siirbaß steigt, hört er plötzlich
ein Knacken von trockenen Zweigen·
und wie er sich umwendet. sieht er
hinter sich die drei verwegenen Hit
scher, die ihm schon in Leipzig nach
gestellt hatten. Da packt ihn dieAngst
—- was soll er nun thun? Neben sich
ein tiefer Abgrund —- vor sich eine
steile Höhe und hinter sich drei trät
tige Männer —- was soll er allein
gegen diese Uebermacht ausrichtenT
Da nimmt er alle Kraft zusam
men —- und überlegt . . » Sie wer
den sich wohl hüten, denlt er, mich
aus dem schmalen Wege da anzufal
len» sie wissen’s genau: Der Ame
langt reißt sie alle Drei mit in die
Tiefe! Aber wenn er oben ist, wenn
sich der Weg abbiegt von der Schlucht
und aus eine breite Waldwiese aud
liiuft, s— wo es still und einsam ist,
—- wo die hohen Edeltannen stehen
und die ale Jägerhiitte —- da werden
sie ihn sangen und tnebeln und hin
schleppen zu dem derhaszten Froh-i
dienft —- dann werden sie einen Ju
daslohn siir ihn bekommen und er
wird dastehen müssen in dem ver
wünschten Assenrock er, der Cons
rad Anielang, der noch Keinem je ge
dient hat! . . ..
So leuchte er denn den Abhang
hinauf, die Schleicher immer hinter
ihm her Und nun war er oben;
-- — einen Augenblick zauderte er —
wars er die schwere Geldtatze ab und
setzte sich in einen gewaltigen Trab
eine Stunde noch war es bis zu sei
nem Haus!
Die Geldtatze aber hielt seine Hä
scher richtig einen Augenblick aus·
Der Eine nahm sie in Verwahrsam,
die anderen Zwei setzten ihm rasch
wieder nach lautlos —- mit Steinen
um den Arm, damit wollten sie ihn
sangen und binden.
Immer noch war er im Vorsprung
——— aber die Angst um die Seinen
lähmte seine Kraft und ließ sein
Herz zum Zerspringen klopfen. —
Der Vorsprung wurde immer klei
ner. immer kleiner —- da leuchtet
schon sein Haus drunten aus dein
Blättergriin der Obstbiiume am
Wiesenrand ——— da steigt der Rauch
aus feiner Esse -—— aber kein Mensch
ist zu sehen —- leiner, der ihm zu
Hilfe kommt —- er will rufen, aber
die Zunge klebt ihm trocken arn Gau
men — cr rennt weiter, unaufhalt
fam ——- endlich legt er die Hand auf
den Griff zur hölzernen Gitterthür
— da, ein lauter Aufschrei —- die
Hand des ersten Häschers packt ihn
von hinten ja, er hat ihn wirt
lich gepackt, noch an der Schwelle
seines Hauses, der elende Wicht, der
Menschenjäger! Aber im selben Au
genblick sank auch mein Dir-Urgroß
vater nach der furchtbaren Anstren
gung und Aufregung entseelt zu Bo
den —- es war wohl ein Herjschlag.
Auf den Schrei erst erschien Lisbeth
in der Thür und begriff nicht gleich, "
was sie sah --— erst auf ihren Hilfe
ruf lamen die sechs halberwachsenen
Söhne zusammengelaufen.
Der Werber fah, dasz er sein Spiel
verloren hatte, und floh davon. Die
Söhne aber trugen ihren todten Ba
ter in’s Haus, und am nächsten Tage
haben sie ihn in der Blüthe seiner
Jahre begraben . . . .
Und von jetzt an trat Frau Lis
heth selber-an denAmbos und schmie
dete Nägel —- und sie stand da, tag
aus taaein, weil sie den Schwur hal
ten wollte, den sie ihrem Gatten vor
seinem Abschied geleistet hatte. Sie
sorgte treulich für ihre sechs Jun
gen, daß ihnen nichts abging —- so
lange, bis die ihr den Hammer aus
der Hand nahmen und selber fiir die
Mutter sorgten.
Ein paar von Frau Amelang’s
Nägeln aber erbten sich in der Fa
milie fort und erinnern diese heute ,
noch daran, daß ihre Ur-Urgroszmut
ter dermaleinst durch dieNägelschmiek ·
den ihren Wohlstand begründete . . »Es
Das ist die ganze kleine Geschichte.
Nennen Sie das nun Aberglauben?« .
»Nein — aber Pietiit!« f
»Und ist Jhnen das nicht zu alt- «
modifch —- Jhnen, dern modernen
Mann?" .
Er nahm ihr den Nagel aus der
Hand, die er küßte. Lange und auf
merksam besah er das roftige Ding,.
dann steckte er es in die Tasche und
sagte:
,,Alfo lassen sie ihn auch für mich
ein Glückgshrnbol sein, Fräulein
Marie. Wollen wir an diefen Nagel
unseren kleinen Hader hängen und
ein Friedensbündniß fchlieszeni«
Und Fräulein Marie hatte nichts
dagegen, und hat sich als Frau Ma
rie schon oft an dem Gedanlen freuen
dürfen, daß der alte Glücksnagel ihr
Eheftifter geworden ist.
—
Bermizchtce.
Zu Zeiten, als noch auf dem Lan
de fleißig Torf gestochen wurde, hiel
ten die Bauern in Liibect aus dem
Klingberg mit ihren Taf-Fuhren
und warteten auf Kaufen die ihnen
dieselben ablaufen sollten. Zu einen
solchen Bauern tam ein alter würdig
aussehender Herr, handelte mit ihm
und beide wurden über den Preis
bald eins. Der Bauer versprach als
bald wieder anzuspannen und dem
Herrn die Fuhre nach einer näher be
zeichneten Adresse zu bringen. Froh,
seinen Tors schon so zeitig und zu
gutem Preise los zu sein, ging dann
unser Bauer zum Gastwirthe Olden
burg, kaufte sich einen steifen Grog
und dachte dann so nach und nach ans
Anspannen. »Jehann«, der Knecht
des Gasthoer, war ihm behülflich,
die Möhren vor den hochrädrigen
Fleckenwagen zu legen. Mit einem
lühnen Schwung saß unser Bauer
wieder oben aus seinem Torf und
wollte eben los lutschiren. »Ja, den
Deutscher, wie heet de Keerl nu man
noch, de mi den Torf abtösst hätt-«
wurde Johann mit verlegenem Ge
sicht gefragt. Johann wußte es na
türlich nicht und der Bauer stieg
wieder vom Wagen herunter, ging
wieder zum Wirth und fragte:
,,Heinrich, weest nich an wen ick mien
Torf vertiisst hev?« Ein »Me«
war die Antwort. Auch die in der
Nähe haltenden Droschtentutscher
hatten den Kauf nicht beobachtet, sie
wußten aber Rath. Sie sagten dem
Bauern, er solle nur zu Dr. Feit in
der Wahmstraße gehen, «De weet
alles«, de sleit sien grot Boot up, da
steiht dat in und denn givst Du em
acht Schilling.« —- »Ja,« sagte der
Bauer, »vor tümmt ol gornich up
an, ich hev ja mienen Tors fein ver
töfst.« —- Richtig fragte er sich zu
Dr. F. durch und trat bei dem ehr
würdigen alten Herrn ein. »Dur,
lann he mi nich seggen, wo de Leerl
heet, den ’t min Torf verköfft hev?«
— ,,Wat will he?« ——— War die Ant
wort und unser Bauer wiederholte
die Frage und sagte weiter: ,,Kiet he
man mal in dat grvte Boot.« —- —
»Ach Kerl he is ja wvll wunnerlich!"
antwortete der verwunderte Ge
lehrte. -—— »Ja dat stimmt,« sagte der
Bauer, ,,he hett Recht, Wunnerlich
heet he ot, hier hätt he acht Schil
ling« und war, ehe noch der gelehrte
alte Herr es verhüten konnte, von
dannen. Er hatte in der That seinen
Torf an Rath Wunderlich verkauft
und schwört nun auf den klugen ak
ten Herrn,,n1it dat grote Boot!«
VIII-II
Bekanntlich bereitet die Erfor
schung tropischer Gegenden, beson
ders in Afrila, große Schwierigkei
ten, weil es an den geeigneten Zug
tbieren fehlt, die der durch klimatische
Einflüsse schnell eintretenden Ermat
tung widerstehen, sich akklimatisiren
und auch aelehrig sind. Das Pferd
und der Ochs, der Esel und das
Maultbier weisen wohl diese Eigen
schaft auf, jedoch haben sie andere
Fehler. So leiden die beiden ersten
unter der Tsetsefliege so sehr, daß sie
zuweist an deren Vergiftungcn zu
Grunde gehen; die beiden letzten ,die
zwar gegen die Belastigungen der
Tsetsefliege unempfindlich sind, wei
sen wiederum nicht« die genügende
Körperkraft auf, um schwere Lasten
längere Zeit tragen zu können. Nur
ein einziges Thier, das in Afrita le
bende Zebra, entspricht allen Anfor
derungen, lebt aber in der Wildniß,
ist selten, schwer zu sangen und seine
Zähmung eine langwierige, auch kost
spielige Sache. So waren die wis
senschaftlichen Exkursionen lange Zeit
hindurch bezäglich ihrer Zugthiere
iibel daran und zogen zumeist
schwarze Träger für den Transport
idrer Bagage vor. Jetzt ist nun durch
geglüclte Züchtungen einer — man
lann sagen —- ,,neuen« Thiergattung
diesem Uebelstande abgeholfen wor
den, und zwar ist es das Verdienst
zweier Männer, die, unabhängig von
einander, fast zu gleicher Zeit ihre
Kreuzungen und Weiterziichtungen
vorgenommen haben. Der Schotte
Cossart - Ewart und der Brasilianer
Parana haben das Zebraid gezüchtet,
ein trotz seines komischen Namens
fiir den gedachten Zweck sehr ver
wendbares Zugthier. Sie erhielten
nach mannigfachen vergeblichen Ver
suchen ein Kreuzungsthier, das durch
seinen kräftigen Bau, seine ebenmä
fiige Gestalt, seine Schnellfiißigleit
und Gelebrigkeit sich auszeichnet und
als das »Maultl)ier der Zukunft«
bezeichnet werden darf. Die Thier
rrelt ist um eine neue Art bereichert
worden, mit deren Hülfe sich die na
turwissenschaftliche Erforschung des
schwarzen Erdtheiles leichter gestal
ten dürfte. Zu gleicher Zeit Reit
und Zugthier, erweist sich das Ze
braid thatfächlich als eine Hilfs
trast, von der die Naturforscher und
Colonisten in Zukunft große Lei
stungen zu berichten haben werden.
E E se
Die preußische Censurgeschichte des
18.Jahrhunderts weist noch ganz an
dere Stückchen aus« als die, iiber
welche man sich neulich im deutschen
Reichstag entrüstete. Wie man un
ter dem Soldatentönig mit mißliebi
gen Redakteuren verfuhr, zeigt der
»Fal! Ortgieß. Neben den gedruck
ten Zeitungen kannte das 18. Säm
lum auch die geschriebenen, die sog.
«Bulletins«. Es waren das Corre
spondenzen, die heimlich von Hand
zu Hand gingen und allerlei politi
sche Neuigkeiten, die nicht aedruckt
werden durften, in das Volk brach
ten. Auch Franz Herrmann Ort
gieß unterhielt solch eine Corresponi
den-s. Als Agent und Rath des Für
sten von Schmarzburg - Sonder5
hausen hatte er Verbindung mit al
len politischen Kreisen Berlins und
konnte somit interessante Nachrichten
bringen. Zu seinen Abonnenten ge
hörten fast alle höheren Beamten,
Ossiziere u. s. w. bis tief in die Pro
vinz hinein. 1735 kam die Regie
rung ihm aus die Spur. Am 13.
Februar 17353 ließ Friedrich Wil
helm der Erste den Ortgieß wegen
seiner unanständigen Zeitunggschrei:
berei verhaften und eintertern, eben
so den verlriipdelten Sohn des Un
gliickliclxem der weiter nichts verbro
chen, als daß er die Zeitungen des
Vaters abgeschrieben. Jn engen kal
ten Lijchern ohne Lust und Licht
mußten die beiden bei iiimmerlichstet
Nahrung beinahe sechs Monate
schmachten. Dann ließ man sie frei
unter der Bedingung, daß sie Berlin
den Rücken kehrten. Sieht man sich
die »unanständige Zeitungsschreibe
rei« des- Ortgieß genauer an, so weiß
man eigentlich nicht, wo die ,,Unan
s!itndigieit« steckt. Hofklatsch, lange
Kerle, Einquartierungen, Desertio
nen u. s. w. u. s. w. werden berichtet,
sonst nichts. Als besonders anstößig
galt eine Stelle, in der gesagt wird,
»daß es mit des Königs Krankheit
einen wie den andern Tag sehr ver
änderlich wäre« oder »daß der Kron
prinz start vor die sranzösische Na
tion postirt scheine«, weil sein Regi
ment französische Montur bekommen.
Uebrigens war auch Friedrich der
Große durchaus nicht der Feind der
Censur, als den man ihn gewöhnlich
hinstellt. Wenn die preußenfeind
liche Presse im Deutschen Reich ihn
schlecht behandelte, verstand er keinen
Spaß. Er ließ den ihm mißliebigen
Kölnischen Redakteur Roderique ein
fach »durch eine Tracht Prügel zur
Raison bringen« Ebenso bekam der
Redakteur der Erlanger Zeitung auf
seine Veranlassung 2:; aufgezählt
und mußte dem Obersten von Kleist
den Empfang der Hiebe noch »dan
teud quittiren:.
ge E
Die badischen Blätter führen aus
dem Aufsatz eines Offenburger Se
eundaners über die griechischen
Götter folgenden Satz an: »Die
Götter waren nach der Vorstellung
kser Griechen gerade wie die Men
schen beschaffen: sie hatten die glei
chen Tugenden, wie die Menschen,
und waren mit den gleichen Fehlern
behaftet. sie waren sogar verhei
rathet.«
si- -i- si
Zwanzig Dollars hat laut Ge
richtsentscheid ein Conditor in Pro
vidence, R. J» für zwei Küsse zah
len müssen, die er einer seiner Ver
täuserinnen geraubt hat. Wenn er
alle seine sonstigen Süßigkeiten so
theuer an die Frau bringen kann, ist
er bald ein gemachter Mann.
It- III st
Ein Landrichter irr-Missouri hat
ein samosesMittel gegen dieTramp
plage entdeckt. Er läßt alle Land
streicher vor sich bringen, verurtheilt
sie zu 30 Tagen Wegearbeit und
giebt ihnen dann je eine halbe
Stunde Frist, unt sich Werkzeug zu
verschaffen. Merkwürdiger Weise
suchen sich die Herren Tramps ihr
Werkzeug in weiter Ferne.
si: sc s
Jn New York kommen 13 Ver
hastungen wegen Trunkenheit auf
je 1000 Einwohner, in Chicago 28,
in Portland aber, der Hauptstadt
des Probibitionsstaates Maine,
weredn von je 1000 Bewohnern 42
wegen Trunkenheit verhaften Wenn
also die Prohibition irgend etwas
prohibiti, so ist es jedenfalls nicht
die Trunkenheit
si- e- si
Britische Kriegsschiffe sollen in
Zukunft nicht mehr mit französi
schem Champagner, sondern mit
Wein aus einer der Colonien ge
tauft werden. Am Drache-Fluß
soll ein Wein wachsen, der so sauer
ift, daß er förmlich den Magen zu
sammenziehi. Den sollten die Eng
länder zunächst anwenden, da sie sich
ohnehin dort den Magen verdorben
haben.
se si- si
Aus Landon wird gemeldet, daß
Alfred Austin, der ,,Poeta laurea
tus«, sich in finanziellen Schwierig
keiten befindet. Das ist ungefähr
das Cinzige, was er mit Dichtern
gemeinsam hat.
Il- Ilt slt
»Der größte Theil der amerika
nischen Bevölkerung besteht aus
Gentlemen«, sagt-r artig ein Profes
sor im Osten und war doch unga
lant, denn laut Cenqu besteht die
volle Hälfte aus Ladies·
si- sis st
Von Seiten mancher Aerzte wird
behauptet eine allzu schnelle Gang
art sei der Gesundheit unzuträalich
Die Botenjungen scheinen das schon
längst gewußt zu haben.
st- Itt It·
Ein Laundry-Trust soll im Osten
gebildet werden. Er kann leicht-Kun
den in der Verwandtschaft finden.
Bei manchen Trusts fehlt’s nicht an
schmutziger Wäsch:.
y
Englische Verlagsfirmen beabsich
tigen, nach den Ver. Staaten über
zusiedeln Sie haben wahrscheinlich
etwas von Herrn Carnegie’s Bi
bliotheten gewittert.
se si- se
Das beste Mannesalter sind die
Jünglingsjahrr.
si- a
Wenn Mädchen angeln, bleibt oft
ein Stockfisch hängen.
gumorisiischea «
Bomanktih
Herr Rentier Meier stand Ausgangs
der Dreißig« und vor seiner Haus
thür.
Erster Erfolg.
F « u »s! sw-« « ---s-t
l its W K·l
»Sie, in dieser Straße dürfen Sie
nicht fahren, das kostet drei Mark
Strafe.« —,, Aber gern! Wenigstens
einer, der anerkennt, daß ich überhaupt
fahren tann!«
Gipfeh
»Ist Frau Müller wirklich solche ge
sürchtete Gistzunge?«———,,Und ob! Die
soll noch im Schlafe-klat
schen«
Mode-me Ftitterwochpw
»Nun, wie waren denn Eure Fütter
tvochen?«—»Entziickend! Von früh bis
spät haben wir uns gegenseitig p h o -
tographirt !«
Yntüiertxk
»Der Rentier Piefke ist wohl unge
heuer geizig?«——»Na, ich sage Ihnen,
den habe ich noch nichts verschenken
sehen, .wie einmal-vier Augen im
Stat.«
Zug dem Zufratztjeftr des
trtrsinrn Hang-.
,,...Dcrt lag vor dem Bette ein
großes Bärener, das sich umsonst be
mühte, mich zu erschrecken!«
Ein wahrhafter Freund·
»Der Heinrich ist, scheint es, ein gut
müthiger Mensch, daß er sich immer
Deine Gedichie vorlesen läßt!«—»J-a,
und wenn er.einschläft, darf ich ihn
sogar tvecken!«
Du gefährlich.
Untersuchungsrichter (der
eine erkrankte alte Jungfer zu verneh
men hat, zu deren Arzt): »Kann ich
die Patientin vernehmen?«—A r zt :
»Gewiß! Aber nach dem Alter dürfen
Sie vorerst noch nicht fragen.«
Ylniibertegt
L e hre r : »Girgl, reiß’ doch das
Maul nicht so auf! Man meint ja,
-.
WUYMt LEN LLI
man wär’ in einer Nilpferd
Schule!«
»Du, Emil, wir müssen jetzt d’ran
denken, unsere Hulda zu verheirathen
-—da5 Mädchen ist bereits achtzehn
Jahre!«——» Die soll nur warten, bis
der Rechte tot-!mt!'«——»Waruin
denn?-——Hab’ Jch das vielleicht ge
than?«
Ein mitfühlcnder Dienen
»Gnä’ Herr, dieses Jahr haben wir
für hundert Mart Rothwein mehr
gebraucht wie früher!«——,,Ja, der Tod
meiner Frau—«——»Ach, gnä’ Herr,
das ist kein Grund-wenn Jch mich
nun a u ch meinem Schmerz so hin
geben wollt’!«
Gedanterntog.
Professor: »Bist Du endlich
einmal bei Müllers gewesen und hast
den leidigen Besuch gemacht?«——G a t
ti n : »Ja, ich wollte es thun, aber sie
wohnten nicht mehr dort.«——Pro
se s s o r : »Na, dann hättest Du doch
wenigstens Deine Bisitenlarte abgeben
sollen.«
Mitbernder Umstand
Freundin (empört): »Sie ge
ben also zu, daß ich letzten Sonntag
bei Ihnen abscheulich verleumdet wor
den bin?«——-H a u s s r a u (lleinlaut):
»Ja, ja, aber Sie müssen schon ent
schuldiqem wir feierten gerade das
zehnjähriae Bestehen unseres Kassee
Kränzel):n5!«
Ver sicitze Yolmmr.
Besuch (zum Vedienten): »Der
Herr Baron ist also nicht zu Hause-J
Na, dann melden Sie ihm, daß ich hier
war und richten Sie ihm eine herzliche
Empfehlung von mir aus.« — J o -
ha n n : »Ich möcht’ schon bitten, ihm
das selbst zu sagen-—(vertrauliek))
wissen S’, wir zwei sein näm
lich bös miteinander!«
Die «,·«)nri;.1tkarlie.
Jn den Kellereien des aroszen Wein
geschäsics Panscher di- Co. ist Feuer
ausgebrochen und der größte Theil des
Weinlagers ist verbrannt. Als man
im engeren Familientreis dem Chef
des Hauses sein Bedauern tier den
Unsall ausdrückt, erwidert er gefaßt:
.,Beruhiqt Euch, Kinder, die Sache ist
nicht so schlimm: Die Ettletten sind
gerettett«