Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, February 15, 1901, Sonntags-Blatt, Image 16

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    e
I—
Schwankenke Lieb-.
Roman non Jerdinnnd RnuteL
GIVE-J
Da kam auch schon Doktor Korn
wie gerufen, ihr dienstbarer Sklave,
ten sie in wahnsinniqer Berblendnng
einmal u lieben eglaubt hatte. Sie
eilte au ihn zu, ign herzlich grüßend.
Aber Streitberg, der langsam durch
die dunklen Laubengänge herantam.
schien die auffälligen Vertraulichieiten
gar nicht zu bemerken.
»Griiß Gott, lieber Doktor. Alle
Getrenen erscheinen wohl heute bier
draußen?«
»Selbstverstiindlich! Wenn unsere
Königin feiert, miissen wir alle da
sein. Don Quichote und Elena sind
auch schon auf dem Weg. Bechtel und
Charles werden nicht auf sich warten
lassen, und ehe eine Stunde vergeht, ist
der ganze Hofstaat zusammen. Kommt
Kaufmann auch?«
Mit diesen Worten wandte er sich
an Angelika, die mit lächelndemJJtunde
antwortete:
»Aber selkstverstiindlich! Der Ge
sttenae kommt direkt von der Börse
Vier-her, und wir warten mit dem Ti
ner auf ihn. Er hat in der letzten Zeit
Anwandlunqen von Eifersucht bekom
men, und er fürchtet, seine Frau in der
Nähe so vieler anziehender Männer
allein zu lassen!«
Dabei tatst-hielte sie vertraulich dem
Doktor die bärtiae Wange, und er
haschte blitzschnell ihre Hand, Die er
leidenschaftlich cn die Lippen zog. An
gelika sah mit einem triumphirenden
Lächeln nach Streitberg hinüber nno
begegnete einem finsteren, verächtlichen
Blick, der sie aber nicht schreckte, son
Jernizn Gegentlzeix mit-einer gewissen
L.1,
L
Befriedigung elfuulh auftut tout uns-u -
auch blos ein Mann, so dachte sie, und
ließ fich von Korn hinunter nach dem
See führen, wo eben Gumprechi die
Goudel auf den silberfchiwnernden
Sand trieb.
Ietzt kamen auch Olsshausen und
die schöne Elem, in deren Begleitung
sich ein eigenartiger alter herr befand
Er war ganz in bvannen Manchester
fannnet gekleidet und trug einen riesi
gen Kalabrefer auf feinen blauschwap
zen Locken. Das dunkekolivenfarbiae
Gefaßt war von einein spätlichen Boll
bart antraf-rat Die großen schwarzen
klagen erinnerien in ihrem weichen-.
fanviirrnerischen Ausdruck lebhaft an
die der beiden Vernhardiner Hugin
nnd- Munin
Olsbausen bearüßte seinen Kollegen
Streitbera herzlich und stellte den Al
ten als seinen «Schwiegervater.Giu
Irrt-e Capuano. Bildhauer und Gips
fiaurenbätrdler aus Neapel vor. An
sgeliia reist-te dem Italieners die Hansdz
»Es ist recht. alter Giuseppe, das-,
Sie sich wieder einmal bei uns sehen
iassen.«
»Ja, ja. Verlanzi viel Zeit Gefchäfi.
Haben wir aber jetzt entdeckt, »un.
nuova cvsa'«, die viel Geld bringt.
Werden reisen nach Italien, Und Olsi
ans wird lapiren aroße Meister,« und
nun zwinlerte er listig mit den großen
treuen Hundeaugem »alter Giuieppe
verkaqu sie fiir echi.'«
»Aber das ist ja Betrug, Papa Gin
leppe,'« tin-d Angelika drohte ihm da
bei mit dem Finger
»Nein e gabbarnento. Papa Gin
teppe macht alte Leinwand und Oli
aus lppirt täuschend Niemand wird
Jrrthum sei-en. Und wenn Niemand
siebt, ist Bild erlit«
Streiibera lachte
»Der Alte stebt wahrhaftig jenseits
rkin Gut und Böse.«
Und min traf ein ironifcher Blickdie
schöne Angelika Sie zuckte zusammen,
als ob fie ein-en Schlag erhalten hätte,
nnd wandte sich neuen Anlömmlinaen
zu, in deren Menge man Bechtel und
Elsas-les erkannte. Korn macht-e fis
ietzt an Streitbera und erklärte ihm
die Namen und das- Metier verschiede
ner neu Anaelominener.
»Sagen Sie, Doktor-, was bat es
eigentlich für Belvandinisse mit dem
alten Italiener?«
Korn lachte.
..Daa ist ein Künstlerronran iri- «
Halfter Sorte. Tie kleine Elend n:.if«,:s:
wie ihre unmündigen Brüdercxen Zur-:
Unterhalt der Familie etwa-J beitra
gen, Denn in so einer Gipsfigurfami
·lie arbeitet jedes- Mitglied. Da fre
nur-lichtes anderes gelernt hatte. als ein
kühl-ists Geächz zu machen, so gqu sie
als Modell nach der Mal-ernie- Dort
Taufe sie der lange Olåhaufen kennen-.
verliebte sieh in sie und heirathete daä
hübsche Ding vom Fleck weg. Sie sind
lebt alle Unangenehm ist nur Der
«Fan:ilienaul:ang. VapaCapuano ist
ein Btigant ersten Neuges, er stehl! je
Vem Bildhauer, lebenden oder todten,
seine Ideen nnd nipst sie blitzschnell in
Hunderten von Exemplaren aus. Na
tiiclich verändert er die Armstellunq
Oder die Kopfbultung, so daß man ihm
nicht recht beikommen kann· Das
Autotemechl an Werken der bildend-en
Kunstlst dazu noch sehr mngelhaft,
dadurch W der alle Brigant ganz
scher. .
»Ich bitte Die Hecken zum Diner zu
« sengagivmz Lieber Meister, führen Sie ;
weit-e Inn-al« Damit wandte sich ;
- »Auf-name an Streilberq, der in an- ;
«Ggpikschkkuntetbcltuuq a·uf einer
H i s e um eine hohe Kiefex lief.
, Sie-i Rand auf und naherle
s. W. .
itte helfend-mal um Entschul
z
«R w ichs mich ver qkpßm Enk
. . . , « the ·
W IM- Wes-THAT
« -
f »O, das ist schade- eiu seltsam
: fwei llyastu Blick aus den halb ge
. chlo nen Augen Kaufmann- ivas
den Malen Er schien tausend Fragen
zu gleicher Zeit zu stellen. Was ist
denn zwischen Euch angefallen habt
Ihr Euch denn erstand oder ist die
Oailie noch nis- so Hielt-. wie ichsiitchs
iet, oder ist es überhaupt nichts.
»Meine Frau wird seht böse sein« lie
ber Streitbetg. Und mein baden Sie.
nenn ich fragen dars- den Vorzug vor
der Königin des-; stes Jeden
»Natürlich ditxn See tagen. Es
ist ja absolut kein Gebeinen-is denn
in weniger als siinss Minuten wird ed
die ganze Gesellschaft wissen. Jch habe
Fräulein Auserwald um die Ehre ge
beten, sie führen zu dürfenf
,.Die Rot-he oder die Blaue?«
,,Ftäulein Dotis.«
»Ah, mein Kompliment Sie sind
rcch naiv, mein lieber Meister. Ich
hätte Sie iiir einen Goutmand gehal
ten, aber ich steue mich immer, wenn
im noch soviel Juqendlickileit. soviel
Natur sehe. Unsere Deladenten sieben
die Frau stets dem Mädchen vor. Aber
Sie sind ja etwas Besonderes.«
Nun reichte et ihm die Hand-.
Streitberg fühlte einen herzlich-en
Druck, und aus den Blicken des Ban
kiers leuchtete ibm ein freundschaftli
che-r Strahl entgegen Sollte diITer
Mann seine Frau lieben? Das war
dir-Ob wohl kaum möglich Ader was
trat es denn? Vielleicht blos dasj- Ge
fityl lscfriediaxer Eitelkeit Einerlei!
was- aing ihm Kaufmann an.
»Nun, ich werde dafür sorgen. Haß
Sie meiner Frau wenigstens geaenjgbcr
sitzen, denn eine kleine Entschädigung
sind wir ihr doch schuldig. Und wir
dürfen sie nicht zu sein empfinden
lassen, daß man ihr die Jugend var
zieht.'«
»Schön! Ich bin Hanz zu Ihren
Tienfien.«
Korb-I- nno- «-fon FIE- Mn-Tnfi3
sucht Sie schon.« » .
Streiqu näherteJUO dem liebli
chen. that-frischen Alsdann-, das lich
mit einer naiven Vertraulichlect in
seinen Arm hina. » »
«ch dachte schon, Sie wurden mir
untreu.«
»Wie konnten Sie so was glauben.«
»Nun, Euch Malerei ist nicht zu
treuen, und Angelika ist eine schlimme
Kcnkurreniin.«
»So was spricht die Befcheidenheit. ;
Wer zwischen anen und Angelika zu
wählen hätte, müßte ein blinder Tbor
sein, wenn er nur einen Augenblick
zögerte. die Knospe der Blume vorzu
ziehn.«
Ein itrablenber, dankbarer Blicks
traf ihn.
»Sie sind sent und liebenswiirdia." "
»O nein! Jch bin nur ehrlich und »
cufrichtig.«
»Aber man faat doch. Sie lieben
Anaelila. Ich könnte es Ihnen ja
auch nicht verargen, sie ist so göttlich
fchiin.«
»Wer sagt das?«
Und nun zog er feine Stirn in fin
fiere Falten, so daß das kleine Mäd
chen ibn erschrocken anblicklr.
»Aber werden Sie nnr nicht aleich
löse. Jeder faat es, der Sie beide an
den Empfangstagen in Anaelilasi Sa- T
lau beobachtete. Sie naiven sich ja
gar teine Mühe, Ihre Bewunderung ;
zu verbergen«
»Klatfch, mein anädiaes Fräulein· "
weiter nichts. glauben Sie mir. Jä
babe den Auftrag, Frau Kaufmanns
Porträt Hin melen.«’
»Ein winken hörte ickxk
»Gewiß! Zu radiren aber das bleibt
sich ja gleich. Ich bin nicht gewöhnt,
einen derartizen Austrag Hals über »
Kopf zu erledigen. Ich stnvire mein
Metzelb damit ich- jebe Jntcmitcit vall
enrpiinre. Nur so erreicht man ein
reizvolleå und interessantes Bildniß.« :
»Weder war es wirklich nicht«
»Wiril«ich nichts. Jch könnte Ihnen »
nnin Wort geben« wenn ich das um
solcher Kleinigkeiten willen für nöthig
erackstete.'«
»Aber da bin ich wirklich krab. sehr
frob.« und nun lächelte sie glücklich
Streitbera nasbni ihre kleine, weiche
Hand und drückte sie galant an die
Lippen.
»Sie find ein liebes, kleines-, gutes
Mädchen« .
»Als Ah ·:- Ast-- «»I-«- ---I
»....» .·«» »m« .».,-»,..
EIZlTann.«
»Z-.t-elm!« Er drohte ihr lächelnd
mit dem Finaer, und nun aingen sie
die breite Marmort eppe binan in
das Speisezimmer, as ein Muster
vornehmen Stils war.
Streitberq ließ srch neben Doris
Auerswald nieder, und es wollte dem
acschäftigen Kaufmaan nicht gelingen,
Angelika ihm aegeniiber zu plaziren.
Jn etwas weiterer Entfernung erst
fand sie neben Korn eine sreie Stelle,
ern wo aus sie den junqu Maler
wohl sehen, aber sich nicht mit ihm
unterhalten konnte.
DasDiner verlies proqrarnmmäßig.
Angelika zitterte innerlich vor Eifer
sucht, als sie die ahrmlofe Tändelei
ihres Geliebten und ihre-r Freundin
bemerkte.
Empiirt hob Angelika die Tafel auf.
In ihrer answallenden Eifersikcht ver
gaß sie fpch vollständig und ries über
den Tisch weg:
»Was hat Dir Herr Streitbera
denn so Liebenswiirdiaes gesagt, daß
Du ihm unter dem Tisch die Hand
drücktesi?'«
Doris wurde seuerroth und blickte
den Maler angstvoll bittend an. Er
MÆF Mihmde . Fee
» , e gnii ’ge»ss u, was
s- pieiea Æt verdient hatt-. "
versprach III-elek- Aseetttald b vi,
genäsiesem reisenden sssiiiir II
s
— ——:l
»So? Das ix ja sehr. hübsch.
Dann torntnen ie mit mir, lieber
Meister ich will Ihnen mein byzanii
nischez Museum zeigen dort werden
Sie viel Anregung zu einem solchem
Bildnis sinden.«
In Streitberg’s Herzen wogien ge
äensiitz kliche Empfindungen Er lie te
lila, das war sicher Aber diese
Liege war unllu und verldrecherisrljI
Warum also fo te er sich nicht ihrem
verderblichen Reis entziehen und sich
in den Schutz der kleinen süßen Dorii
flüchten. Da fühlte er plsslich von
zwei weichen Armen chlun n und
glühende Küsse braune en au senen
Lippen. Ein leidenschaftlichet Taumel
bemächtigte sich seiner Sinne. Er
drückte das zierliche, schlanke Mädchen
fest an sich, strich ihr liebiosend iiber
das wirre Blondhaar und iiißie ihr
wieder und wieder Stirn, Augen und
Mund.
»So habe ich Dich doch wieder hier
her gelockt, Du böser, ialier Mann!«
Einen Augenblick nur dachte er an
das Zweifelhafte, Unwahre seines Be
ginnens. Aber nur einen Augenblip.
Dann schwand Angelitas Bild wie
ein bleicher Schatten vor der naiven
Gluih dieses jungen, verführerischen
Geschöpfes-. Er überließ sich ganz
dem eigenartigen Zauber, den diese
neue Liebe auf ihn ausiibir. Es war
ein gedankenloser. verwirrender Neig,
dem sich hinzugeben, Streitberg kein
Bedenien iurg, trotzdem er empfand,
daß das Gefühl für Doriss weniger
Liebe als vielmehr sensuelle Eitelkeit «
sci. Aber es war so unendlich süß und ?
berauschend, in dieser träumenden T
Frühlingsnacht ein reines-, leiden
schaftliches Mädchen im Arm zu hal
ten.
Sie saßen lange und innig um
schlungen unter dem Schutze der ver
:11-4-.- :-.—- S- -.·-4 -AA- .- L-- --
WIIIICITII UIIII07 Ists kukscse Up. us
ten, hohen Bäume, entfernt von der
Gesellschaft, deren Geräusch sie nur
dumpf empfunden Streitberg mochte
nicht reden. Jn der Liebe fehlte ihm
öderhnupt die Jtnpuisitiit. Er war
zu sehr Künstler, um auch zu gleicher
Zeit der gedankenlos zugreifende
Mann zu sein. Stirne-jungen und
Empfindungen toie die des Angen
blickgließ er auf sich wirken, ohne
selbst attio zu sein. Unbewnßt war er
eine von den starken Männernatnrem
die nicht lieben, sondern sich lieben los
I sen deren ganze Kraft unter den ton
’ eben ständen einer Frau dinschrnilzt,
die nur nehmen wollen und nicht ge
n.
Doris schien das zu empfinden.
Das jugendliche Ungestüm ihrer Lei
denschaft, dos sie fortwährend zu
" heißen Liebtosungen hinriß, schien
Streitbergs Kälte nicht schmelzen zu
können und den tausend kleinen Jn
, nigteiten einer ersten Liebe fragte sie
; idn mit einer Stimme, die tote dass
Girren einer werdenden Taube klang:
»Warum bist Du so still?«
Und er tiißte ihr statt aller Ant
wort den kleinen verlangend-en Mund.
»Sag’ mir doch« einmal, daß Du
mich liebst.«
»Ja, ich liebe Dich.'«
»Du wirst mich immer lieben?'·
»Ja. immer.« " «
»Und wenn ich einmal sterbe, wirs:
Du nicht wieder heirathen?'«
»Aber-kind, warum denkst Du denn
an so etwas jetzt in dieser heiligen
Standes« .
»Sag« es mir doch- Es beunruhigt
mich, daß nach meinem Tode ein An
dere an Deiner Brust liegen tönnte."
»Laß doch den Tod aus dem Spiel.
Du bist jnnq und gesund und wirf
Inich überleben.« «
»Nein, das will ich nicht. Wenn Du—
stirbst, mache ich eine Reise in die
Schweiz und toerfe mich von einem
Gietscher herunter, damit die Leute
glauben, ich sei abgestiirzi. Das if:
. dumm, nicht wahrs«
s »Du bist ein liebes, gutes- stind und
« sollst Dich nicht ängstigen rnit solchen
i Dingen«
; »Und morgen wirft Du kommen
) nnd mir Papa sprechen. Er wird sele:
. hsossssuhsvc sososs Abs- tv III ones nssxk «
vornehm ex n- ed meineWahl billigen.
Er izai Uns oft qeani, Jhr seid reich,
Kinder, chst könnt Euch den Luqu
gestatten, nur nach Eurer Neigung zu
wählen, aber ein qanzer Kerl man
Euer Mann sein. Bist Du ein ganzer
Kerl, Schetz?«
»Ich weiß es nicht, mein Liebling
Aber ich denle doch.«
Streitbetg versank in tiefes-Schwei
qen und er anlwottetenichiss niein auf
das leise. liebe Plauschen des glückli
chen Kindes an feiner Seite. Was
follle er auch antworten?
»Alles, was Du willst, foll ge
cheth-« · «
Dotis liißte ihm dankbar den fis-!
zen Mund nnd flüfteele ihm zu:
»Ist es Dir nicht, als ob ringsum
lautet noldige Blumen aufgebläht
wären, als ob sich die ganze Welt neu
verjüngt hatte? Und wie weich und
fiiß trifft uns der Athem der Nacht f
und das ferne Rauschen des Baches. ;
Ach mein Geliebier wie ift es doch fo
fchönf
Er zog fie leidenschaftlich an feine
Brust und vergrub feine Lippen in ih
rem Haar
Das Rauschen eines Kleides urb
fllichiige Tritte näherten sich
,,Alsp hier findet man die Tifchi
nachbarni Das geht nicht, das eelckude
nichts«
Die Liebenden fuhren erfchevcken
Weinf. Inspi
JWUMW Aue-«
l—- —
blitzteii in wilder Dämonie, dann zit
terte ein ironifches Lächeln iiber ihr
bleiches Gesicht.
»Ich habe Jhnen schon einmal ge
sagt, lieber Meister, bei mir ehört
Keiner dem Anderen allein. r ge
biiren Alle Allen. Ein derartiges Ab
sentiren muß ich mir streng verbittent
Und Du, Dort-. sog begreife Dich
nicht, was hast Du r denn ebaeM
Gen-ist mein haus ist eine reistatt
file alle wirklichen Empfindungen ich
gestatte Jedem eine kleine Jlirtatiom
aber Du . . .«
O Streitber ’i Seele stieg ein bes:
ttger Unger an . Er verachtete die
Frau in diesem Augenblick, weil sie sich
nicht entbliidetr. bat unschuldige Kind
in seiner Gegenwart in Berlegenbeit
zu senen Dei-halb trat er fest toic
schützend vor und sprach mit sester
Stimme:
,Ich bitte sehr umVerzeilmng, aniis
digstc Frau, Sie haben lein Recht,
meiner Braut Vorwürfe zu machen«
»Das ist etwas anderes. Jch gratu- »
lire Dir, mein Kind,« und sie tzoq Do
ris an ihre Brust, um ihr bli schnell
in die Ohren zu zischeln: » alsase J
s Katze!«
; Dann stief-. sie das Mädchen vor-.
sich. Aber sie faßte sich sofort wieder.
»Das aqu sehr überraschend, lieber
Meister, gestatten Sie, das; ich be
Gcsellichaft diese entzückende Neuigkeie
kittheich«
»Ich möchte bitten, meine Angele
genheiten mir zu überlassen. Jch finde
es zwar reizend, baß Sie sieh unserer
so liebevoll annehmen, aber ich möchte
doch lieber, daß die Publilation unse
rer Verlobuan von den Eltern meiner
Braut ausginge.«
»Oh! Sie vergessen ganz, daß diese
Verlobun unter meinen Auqen und
unter mei em Schuye stattgefunden
hat« Ich bin Toris Eltern berant
WA-——-—
warmen-a
»lttnsotnebr ist es richtig, wenn Sie
iiber die Angelegenheit zunächst
schweigen.«
Und nun gingen die Drei wotiloå
die dunklen Paripsade entlang, zu der
eielltchain
»Warum tomnrt der Herr so spär?«
sragte Streitberg Paris.
»Weißt Du. er ist strenggliiubiger
Maslern und ißt nichts bet den Uni
gliiubigen, darum erscheint er immer
erst nach dem Diner.«
»So, so! Liebchen, Du darfst in Ge
genwart der ganzen Gesellschaft nicht
Du zu mir sagen.«
»Warum nicht? Es würde nicht auf
fallen. Hier sind mehrere Künstler, die
mit jungen Damen Brüderschaft ge
trunten halten«
»Gut, wenn Du glaubst Jch dachte
nur« es toiire Dir angenehmer, unser
Verhältnis noch geheim zu hatten.Vor
Angelika hätte ich es gern verbargen
ader so sie es nun doch weiß, brauchen
wir auch ver den Anderen tein Ge
heimnis daraus zu machen. Wir wal
len es ihnen nicht dirett sagen, aber...«
»Ich tönnte tnich auch gar nicht
mehr beherrschen, dazu habe ich Dich
viel zu lieb·«
Rad sie drückte seinen Arm seit an
sich nnd fah ihm innig in die Augen.
Dabei wurde Streitberg seltsam un
behaglich zu Muth, denn er hemmt-,
wie Angelika ihn beobachtete
Gunwrechr machte die Beiden be
kannt und nach einigen gleichgiltigen
gesellschaftlichen Flotteln war man
beim Thema Kunst. ..
»Ich tomme aus dem cubanischen
Krieg,«« antwortete der »«Tiirte auf
Streitbergs Frage nach dein Waben
»Halte mich ein paar Monate in Pa
ris aufgehalten nnd witl nun hier blei
ben, um die deutsche Armee zu studi
ren nnd im herbft die Kaisetmaniiver
mitzumachen.'·
»Waren Sie nicht mit im Feldzng
gegen Griechenland?«
,,Selbstverstiindlich! Wo die Völter
auf einander schlagen, bin ich dabei."
Er sprach das in der eigenthiinrli
then Reinheit des Arcentes, in dern die
Oäentalen fremde Sprachen meistens
re n.
Korn-« der etwas abseits staat-, hakt-«
ein Wort nufnefangen und tief jeg:
lnieeitven
»Ah, Sie haben den vTfjicmst gelesen-.
Herr Muitafa.«
»Gewiß, Herr Dotter! Der-Schlach
tenmatet mus- fich mit der Literatur
der bedeutendsten Militärvölter be
schästigen.·«
Korn wurde noch aufmerksamer und
trat näher.
»Sollte die Poesie des Bettes mit
feiner Stkategie zu thun haben-»
»Nein, aber mit dem Vollegeifi.
Und ein Schlachtenmaler, der diesen
nicht kennt, wird nun Pulvetdampf
und bunte Ptppen malen.«
»Ich meine. im Kriege heißt der
Geist jeden Volkes Bestialität.« , «
- »Da irren Sie gewaltig Der rich
tige Schlachtenmaler wird in seinen
Parteien einen weit größeren Unter
selcied zu machen haben, als den der
Uniform.«'
»Das ift Literatur, Muitcfa,« warf
- Gmnpeecht hin, «nue um estvillen
« keine Literatur in der Mit erei. Der »
Maler soll nicht denken, der Maler I
fett schein« - .
»Jeder macht es so gut, wie er's
ZEIT antwortete der Tütte gleich
eq.
»Das« tft auch meine Ansicht,«
meinte Fest Sttettbetg, Jeder muß
nach seiner Individualität arbeiten.
und der Gedankenteichthum hat noch
KRANICH Eis-den Me- Wen
Sie nackt eine frage-, lieber Kollege,
W
ich hörte, Sie seien ein strenger Musel
mann.«
»Den-TM «
d Mun, giebt es nicht ein Gese , das
Ihnen verbietet gotigeschassenes esen
nachzubi i«
»Ein oiches Gesetz giebt es aller
dnqx a rich reeime das zu den Vor
schi sien einer versunkenen Periode
inferei Gewinns Jn unserem Jahr
hundert nunmi man taz nicht mehr
so streng.«
»Aber ich höre, Sie halten die
Speiiegesefe sehr pünktlich.«
, »Gut-is· Aber mehr im « Gefiih!,
. neinem aier gefällig zu sein« der
, seht streng daraus sah, als um ein
» gottgefälliaes Werk u ihnn.« .
; « ·ne icheußliche Gesellschaft, diese
J Mohamtnedaner,« fliisterie Doris ietzt
gcnzleise Sireitberg zu
. ber worum denn, mein Kind. sie
-s·nd Menschen wie wir.'·
«Gch mir doch mit ihrer Viel
treiberesi.« .
Siteitberg mußte lachen.
»Frag« ihn doch einmal, wie viel
Weiber er den«
»Fräulein Auersroald möchte gern
wissen, lieber Kollege, vie viel Weiber
Sie haben.«
»Pfui! Du bist ungezogen«
Gnmprechi horchte aus, als er den
veriraulichen Ton des ileinen Mäd
chens bemerkte. Unwilliiirlich san er
s1ch nach Angelika um und eriannte
nun deutlich den Grund ihrer Ver
siiinmuna. ,,Aha,« sagte er sich, »die
Juaend hci gesiegt«
Der Türie schien dieFrnae gar niebi
so ungereimt zu finden, denn er- ani
r.·orteie aanz ruhig:
»Ich« bin dar nicht verheirathet.
Werde mich auch nie verheirathen denn
mein Beruf, der mich aus iedessirieqs
tieaier, sei es im Osten oder Weiten.
im Süden oder Norden, zieht, würde
jede Familienbande vernichten«
Angelika hatte sich immer noch nicht
beruhigt, und die irauriae Schwein
iamleii der Hausfrau macimndem Fest,
das toms vlo tief m UN- quui Ves
deuert hätte, ein vorzeitiges Ende.
Gumprecht trat auf Streitberg zu:
«Thedi. auf ein Wortl«
»Ich habe Fräulein Jmmatulata
Auserwald urn die Ehre gebeten, sie
nach se bringen zu dürfen, denn
es ist seht neun Uhr, nnd die Damen
haben ihren Wagen erst unt zwölf Uhr
bestllt. Lito wollte Zwar siir sie nn
spannen lassen, aber Doris d:ntte.
Ich nehme an, daß sie gern in Deiner
Begleitung nach Hause gehen möchte
und es ist besser, wenn ein Freund,
nie ich. die ältere Scknoester fährt.
Habe ichDich recht verstanden, Thedi?«
,.Volltoinmen! Und wo bleibt Pickp
ler. ich habe ihn ten ganzen Abend
nicht mehr qesehen.'·
»Pichler? Der hat heute sein Herz
an Marie Reznitschet verloren.«
»Die Schriftstellerin?« . fragte
Streitberg erstniinL
»Ja!«
»Und sein herz verloren?"
»Aber so vollständig verloren, daß
er mir vorhin gestanden hat, er würde
Maiie heirathen«
»Im Ernst?«
»Ganz irn Ernst!«
»Das wäre noch etwas früh, denn
Ernst ist trotz seines phänomenczjen
Talents doch immerhin noch-bohrt
anfertig, und wollte er ietzt heirathen.
so wäre es mit seiner Kunst zu
Ende«
Jst das Deine Ueberzeugung,
»Vollstiindig?«
»Dann beherzige sie gut, denn Du
bist im »Begriff, dieselbe Dummheit zu
mtchktL
Streitbergs Gesicht verfinsterte sich.
Er hatte eine harte Erwiderung auf
den Lippen, unterdrückte sie aber, als
Gumprecht ihm treuherzig die Hand
rekchtr. «
«N"imm’5 «inir nicht übel, alter
Freund, ich habe es nicht biiie ge
meint . . . aber da tomrnen unsere
Damen.«
Die beiden Freunde näherten sich
den Scknoesterrh und Theodor wandte
sich an Doris mit den Worten:
»Ich will mich nur erst von der
Fiau des Hauses oeradichteden."
»Das ist nicht nöthig.« antwortete
oaå junge Mädchen schnell, »n1an ver
laßt diese Feste nach einem stillen
Ueber-einkommen ohne jeden Ah
schied.«
Und ihm keine Zeit zur Erwiderung
lassend, schob sie ihren- Armi unter
den seinen und zog ihn sort die dun
telen Pariwege entlarzye dein Ausgange
zu, wo Huqin und unin- getreulich
Wache hielten.
Streits-ern hatte nach den Au regun
aen des Festes Ruhe in der Ae eit ge
sunden. Abwechselnd hatte er an sei
nem großen Bilde gemalt und an An
gelilad Porträt radirt. Das letztere
war eine gefährliche Arbeit, denn die
Phantasiestudie nach dem ersten- Besuch
Angeliias ries ihm mit vollkommener
Deutliehleit den Eindruck zurück« den
sie aus ihn gemacht hatte. Und wenn
er mit der Nadel in der« band über
die Kupserplatte gebeugt saß und Zug
fin Zug die Linien ihres schönen
Kopfes studirte, überiam es ihn wie
Pe; Schmerz nach einem großen Ver
u t.
Es waren nun schon wieder vier
zehn Tage hin, dasz er Angelita nicht
nesehen hatte und dennoch beschöstiate
sie seine Gedanken mehr, ais ihm lieb
» war. Auch von Dort-?- hntte er sich ab
sichtlich seen gehalten, weil er sich wie
ein Verbrecher ihr gegenüber vorkam
Er hofft die Trennung wilrde sie so
sehr erdichtet-in daß sie ihn verabschie
dete. Das Gegentheil hatte er er
reicht. Einige Tage wohl waren ver
W
strichen, dann aber hatte Doris selber
die Initiative ergriffen, und es wur
den Nendezvous bald hier. bald dort
verabredet Streiibcrg war ties un
glücklich. Seine gerade, ehrliche Natur
ertru« das Dilemma nicht, aber das
Mitled mit Doris verschloß ihni e
desinal den Mund, wenn er aus n
gelita und sein Berhaltnisi zu ihr
tonimen wollte. Er hatte schon iin
Stillen den Entschluß gesagt, Berlin
und seine neuen Wirkungskreis wieder
zu verlassen. Aber wenn er daran
dachte, Doris zu verlieren« zog sich
ihm das Herz zusammen vor Wels. Er
ahnte, daß seine Leidenschaft siir An
gelika eine Krankheit sei, von der ihn
nur seine Braut heilen könnt:· Auch
Grimm, wenn er nur entfernt von ei
ner Abreise zu sprechen ansinn» erieth
in eine ungebeuchelte Entr ung,
schalt ibn leichtsinnig und gin ernst
lich böse aus dem Atelier. Nu dieser
Richtung war also keine Lösung zu
snden«
Korn hatte in eiitlzusiastischen Fan
saren über das-Bild geschrieben. Er be
grüßte Streitbera als den Bringer ei
ner neuen Offenbarung in der Male
rei, als dxn Mann, dessen gewaltiges
Genie die alte, neue und neueste Rich
tuna in siai vereinigte. ,,Ja,« so schrieb
ir, »wir einer solchen Anwendung dek
atadeiiiiictien Haut-weils wollen wir
unz« gern einverstanden erliären.Theo
vor Streitberg tonmii mir va, wie
Sokrates, der mit dem ganzen Rüst
zeug der Sophisten seine eigenen Leh
rer vernichtete und den Gedanken einer
neuen Zeit zur Herrschaft siihrte.«
Jnsolge dieses Fionr’schen Artikels
waren noch andere Kräuter erschienen,
um tax Bild, dass nun fast sertig aus
der Staffelei sinnt-, zu betrachten und
in ihrenBlLittern darüber zu reseriren.
Nur einer war aus-geblieben, und
nach dessen Urtheil sehnte sich Thedi
ivie der unschuldig Angeklagte nach
Im Freispruch der Geschworenem
»Im-»- S-- Allem-ch-- Æ-Z- II-sk.-;f
»....... ».. .. V» .. .... .,...
erst würde siir ihn ausschlaggebend
sein. Und wollte er auch heute nicht
lonirnen? Schon war es sast Mittag,
die Zeit. in der Professor Grimm seine
Meisterschiiler auszusuchen pslegte.
Streitberg hatte sich entschlossen, heute
in das Atelier seines Lehrers hinaus
zusieigen und ibn zu rusen, denn ein-E
wichtige technische Frage quälte der
jungen Künstler Eil-schien ihm eir
Ton in der Landschast noch zu hart.
zu bestimmt, er stand noch wie in. de:
ersten llntermaiung, und der Künstler
hatte anfänglich die Absicht gehabt,
ihn durch eine indisserente Lasur ein
zudettem Gumprecbt hatte ihn aber
irre gemacht Er wollte gerade diesen
Ton iii der Frische der Empfindung
nicht vermissen, und Str- .tberg selbst
hatte tein rechtes- Urtheil niebr. Er
wartete daher aus Grimm. Ihm sollte
die Entscheidung bleiben. Aber der
alte Meister war offenbar verstimmt
über das Tateraia in den Zeitungen
Er liebte dergleichen nicht denn er
ginq von dem alten Gedanken aus
daß ein Talent sich in der Stille bil
det.
Streitbcra sah nach der Uhr, die
vor ihm aus der Aupserplatte lag und
entdeckte daß die Besuchszeit seines
Lehrers schon sait boriibergegangen
und er beschloß, ihn bei seiner Arbeit
zu iibersallen. Aber da wurde die
Thür geriiiischvoll geössnet und der
Langersehnte trat iu’s Atelier. Aus
dem herzlichen Händedruck sprach
nichts von Verstimmung. aus dein
freundlichen Ton teine Jronie.
»Nun sehen Sie mein lieber Streit
berg, nun sind Sie schon entdeckt. Die
Oeffentiichteit hat sub Ihrer schon be
mächtigt und Jhrem Lehrer bleibt
nichts iibrig, was er stir Sie thun
könnte Jst das nicht trauri ? An
Ihnen habe ich jagar tein Re t, denn
Sie tanien als sertiger Meister zu
mir, Ihnen habe ich nichts als- ein Un
terkommen geben tönnenf
Und Ihr Rath, Jhre Ausinunte
rang, war das nicht-Ostm
Grimm zucktc die Achseln.
»Warte mr Gegensatz zu dem, was
ich Anderen gegeben, die mir,ebenso
aus den Händen geglitten sind wie
Sie. Glauben Sie· das thut Einem
weh. Man liebt und hegt seine Jun
gen, man hofft, sie eines Tages stolz
vor dar- Publilurn stellen zu können
und so irgend ein Zeitungsschreiber
kommt daher von ungefähr und raubt
uns die Frucht Jahre langer Arbeit.«
»Aber die Schiller vergessen der-)
ihre Lehrer-. nicht«
»Die Schlechten nicht, die Guten
wachsen über uns hinaus und denken
nicht mehr daran, daß wir sie lausen
gelehrt hassen Aber das will ja auch
aar nicht-«i sagen, das nehme ich Rei
nem übel, denn es ist so natürlich und
menschlich. Jn der Erinnerung lebt
Ihnen immer der alte Schulmeister,
dersce die langweiligsten Sachen zu
gilt-neuthun-keckc sDetrß esers-r diesßr
wang tknen r e pä erex r. t a ,
daran denkt Keiner mehr.« hei g
Grimm trat jetzt vor das große
Bild.
»O, o, das ist ia wirklich eine ge
wattrae That, lieber Streitberg. Die
ses·sel-one,·1ugendliche Feuer und diese
Frrsehedreser Glanz im Kolorih und
liebend-est strenge Selbstsucht in der
Techan Sie können jth malen, was
Sie wellen. Sie lsnnen ießt Natura
lssr, Jnrpressionist, Pletnnirist oder
Sprecht-list werden« Ihnen schadet seine
R7chtunq mehr, denn Sie hoben den
festen Boden des Handwerls unter den
Füßen. Warum haben Sie biet bis
Drrrzontlinie to hart aeurachep
Gortsesung folgt) J