Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, February 08, 1901, Sonntags-Blatt, Image 16

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    Inn f eines-Fiebe.
—-.—
Roman von Ferdinand RunkeL
Entsetqu
Kaufmann hatte ruhig ein Glas
Tognat nach dem ander-en mit Eistpasi I
lHer verdünnt und Musen Keine ;
Muskel in seinem Gesicht verrieth die
Spannung, mit der er den Entschlnßs
seiner Gattin erwartete. Er war ein !
gewandter« und fchnrssinniger Mann, I
Und er fühlte. daß nur kaltes Blut ihn i
netten konnte. Entdeckte Angelika, daß i
von ihrem Wort Tod und Leben abhing, ’
so stellte sie ihre Bedingungen Aber er
follte sich keine Bedingungen stellen las
.en ...... «
Endlich unterbrach die schöne Frau
die schwüle Pause mit der Frage:
»Ja welchen Papieren hast Tu ge-!
spiei:«s« ;
»Känd, tümmcre Dich nicht um Ge
xchijftszngetegenheitew laß Dir genügen
asz ich die Differenz eines Knrssturzes
Von einem Prozent mit fast drei Mit
fiinnen mein-er Deponenten gedeckt habe. j
Heute ist ein Stillstand eingetreten, mor- ;
gen tznn es wicer Ieise zu sinken be
ginnen, es kann auch wieder steigen.«
»O Her Menschl« Angelika sah iLfsren
Gmen mit großen, erstaunten Augen-«
nn. »Wenn schon die Differenzen in die ;
Millionen gehen!«
»Ja, ja,« unterbrach er sie, »ich habe
einen großen Schlag gewagt, aber habe «
keine Angst, er wird gelingen!«
»Aber warum vertanfst Du nicht?«
»Frage nicht dumm. Wenn ich ver- l
kaufe, bin ich ruiniri. Rvihschild in
London und ich allein habendie PFFierr. i
L
Wird Vertaust, th ich truner Denkens
Itothschild eben nur einen großen Posten
Gelb einbüßt.«
«·;llber willst Du rnich nicht auswä
sen «
»Nein! Jch frage Dich nur, giebft
Du das Gelb oder nicht?"
»Ich gebe es nicht!"
»Dann, gute Nacht! Vielleicht mor
genchschon zeigt Berlin mit Fingern auf
Di «
»Die Frau- eines Schurken ist un
Lchnslbig Wer will mich verantwortlich
achen siir Deine Speinlationen?«
»Ohn, mein Kind, ein elegantes Pa
lais im Potsdarner Viertel, ein Schloß
in Tirol und ein Sanssouci in Wit
mersdorf, ein Haushalt, der beinahe an
derthalb Millionen kostet. Mein liebes
Kind, der Leichtsinn einer Frau, die
glaubt, so viel Geld werde ehrlich ver
dient, ist ebenso groß wie die Schutte
srei eines Mannes, oer aus Spanis
tionssucht die anvertrauten Gelder seiner
Freunde angreift. Jedermann wird si
gen, vie schöne Angelika hat ilsren Mann
iruinirt und ins Verbrechen getrieben,«
nun richtete er sich stolz auf unb schloß
- mit metallisch harter Stimme: »Ich
gebe der Menge Recht. Gute Nacht-An
gelitn.«
Er wandte sich zum Gehen, sie sprang
ihm nach:
." leibe noch einen Augen"biick.«
»Was sollå noch?'«
»Hu-sitt Du Dich rnit meinen drei .
Millionen retten zu tönnen2«
»Ja! Jch erwarte noch heute Nacht
ein Telegrsnnm aus Siibarnerita, dann
. vieFeicht tann ich Dir größere Gewißheit
geeen.«
Jn Diesem Augenblick wurde die Au
ßentliitgiel heftig gezogen nnd die beiden
Garten terchten ani.
»Jetzt wird die Depesche eintreffen,"
Lasgte Kaufmann und verließ das Bau
vir.
» Als er zurückkehrte, zeigte sein Gesicht
eine freueige Erregung, er reichte feiner
Gattin die erbrochene Depesche.
»Hier, liest Nun brauche ich Dein
» elb nicht mehr.«
Die Depefche enthielt nur die zwei
Worte: «" ,,Eno1ich gefunden-«
»Was heißt hast« fragte Angelika. ,
»Das heißt, daß ich morgen statt drei
Millionen zu verlieren, dreißig gewinnen
werde.«
»Dann nrntsiiire ich Dir.·« «
»Im Gecientikih schsne Frau, islss
c: amlire Tit Aoer wenn Du Te ne
Drei Milli onen ve rzecnfachen willst, so
vextraue sie mir jetzt an Jch
bin kein rachsüchtiger Gatte. Was
Du mir eben noch verweigert hast, ge
wäbre ich Dir jetzt als eine Gunst.«
»Ich danke Dir Aber ich ziehe es
vor-, mit dem Wenigen, was ich habe,
nicht zu spekulirew "
»Wie Du besiehlst.'«
Er verbeugte sich galant und verließ
mit einemleisen ,,Gute Nacht« das
Quid-ein
aelita lehnte sich in den weichen
Sessekzuriick und träumte still vor sich
Vl.
zUnter Arbeit und Festen war es
Wtsrwordem ein später farben
streichet F bling Tbedi hatte sich seit
W von jedeni Verkehr zurückge
Hm zu arbeitet-. Er hatte viel
M verdient und sich das Leben so
lieb gemacht, auch seine
war ehr verändert nnd gzi ch
MW M wir-kleben Minstlerheinn
Wld sind nicht mehr in
vor ihm wie
se schelten
dmi ersieii berau
d hatte er ängstlich
sit ihr MS
s
macht gleichgiltig, nur das Sehnen al- i
lein riickt die Geliebte in eine höhere s
Sphlire Seine etwas philiströse l
rooinzmoral wollte absolut nicht um
weigen kommen. Das platonische
Verhältnis, wie es augenblicklich be
stand, bestiedigte ihn. Er machte sich
bittere Vorwürfe, daß er die Frau ei
nes Anderen im Arm gehalten und ge
iiißt hatte. Darum hielt et sich auch
jetzt schon wochenlang ganz von ihr
zurück. Sein Herz schlug ruhiger.
Nur die Erinnerung an den Augenblick
des Gewinnens übte einen verwirren- -
den Zauber aus ihn aus, und es wollte
ihn dann bedünten, daß er ohne Ange
lika nicht mehr leben könne. Aber er
bezwang sich und antwortete der schö
nen Frau aus ihre sehnsüchtigen Lie
besbriese stets mit dem einen starren ;
Wort: Arbeit! i
Draußen polterte Jemand gegen die i
Thür. Er stand auf, um zu öffnen. s
Pichler trat ein. I
»Gott sei Dani, wenigstens der Ei- ’
ne schläft nicht wie ein Murmeltbier I.
Arnald Böcklins Nachfolger nebenan ist «
selbst durch den größten Radau nicht zu ;
erwecken.«
»Grüsz Dich Gott, Ernst warum bist ;
Du so früh aus den Beinen?" i
»Tbedi, Mensch, Künstler. das ;
fragst Du noch-Z Wirs mal Deine bei- z
den Lichter hinaus-. Sieb den blen- I«
denden Tag, den Farbenschimmer. den
Frühlingszauber, sieh, wie die Bäume
ringsum geworden sind. Wir wollen
einen Männerspaziergang machen.«
»Aber Ernst ich habe bei dem be
sten Willen keine Zeit. Jch möchte
mein großes Bild gern noch zur Eröff- i
nung der Kunstausstellung fertig ha- j
ben. Grimm hat mir einen Aufschub ,
ausgewirtt Jch muß arbeiten, unds
·-·
Du weint, day mir oret Tage in oer
Woche schon siir Brand verloren
gehen.« ·
»Der Moloch kann wohl nicht genug
Karten von Dir bekommen? Sein ein
bischen vorsichtig, aus einmal bist Du
ausgearbeitet nnd hast nichts mehr zu
»Oho! Soweit wird’s nicht kom
men. Die Phantasie ist ein höchste
selbstsam Ding, und wem sre ausgeht,
der hat sie nie gehabt. Jeder Gang
von der Atadeniie durch den Thier-gar
ten hierher bringt mir neue Motive.
Jch glaube, ich könnte nie in Verlegen
heit kommen. Die Stoffe iisberstiirzen
sich und jagen sich in meinen Gedan
ken. Jch sehe immer nur Neues, und
ich brauche mich gar nicht anzustrengen,
mich nicht zu zwingen. Meine lie
benswürdige Muse giebt alles freiwil
iig her.
»Das ist sehr schön und von großem
Vortheil siir Dich, aber glaube mir,
auch den tiefsten Brunnen schöpft man
aus«
»Nicht, wenn er von dem Utwaiier
ans dem Erdinnern gespeist wird. Jch
glaube nicht an ein Erlahmen der
Phantasie. So lange der Künstler in
seinen Gedanken arbeitet und seine Au
gen ossen hält. strömen ihm die Mo
tive zu, er mag wollen oder nicht« Die
Phantasie ist wie ein Mitsieh je mehr
man ihn beschäftigt« desto kräftiger
wird er. Deshalb halte ich es siir
Blödsinn, von sogenannte-c geistiger
Ueberarbeitung zu sprechen. Klarer
Kopf, guter Magen und eine robuste
Mustutatur, das sind die Kriterien des
Genies."—
»Du bis ja ein trasser Materialist.«
»Ich weiß nicht, was ich bin. Jch
meine, der gesundeste Geist ist auch der
empfindlichste. Was mimrine Phan
tasie bietet, nehme ich dankbar an, und
wie ich es male, .so muss es recht sein,
denn ich male, so gut ich kann, und ein
Schusi giebt mehr als er hat«
»Ganz recht, mein«Jnnge, die Mase
stät steht iiber den Parteien.«
»Und die Dummheit auch, nicht
wahr? Jchtann nun zwischen beiden
wählen.«
»Ich brauche Dir keine Schmeichelei
zu sagen. Wenn ich die Hälfte von dem
hätte, wase Du hastszich wüßte mehr da
—-. — —- h-- ---
UlU ullzuiuuscsh Heut-«- n.--.i., »Hu-w
Freunde, wir lassen Dich nicht Unterge
hen. Hab keine Angst, wir ersetzen Dir
dag, was Dir fehlt. Wir ergänzen
Dich. Willst Du mit Guinprecht zu
sammen ausstellen?"
»Gem! Aber ich müßte erst etwas
haben.«
»Na, die Menge Siizzen.«
· »Nein, mein lieber Sohn, Slizzen
stelle ich nicht aus. Entweder komme
ich mit etwas Fertigem oder gar nicht.«
»Aber da höre ich ja Gumprecht pol
tern. Wir wollen doch hinübergehen
und ihn aus dem Nest heben.«
Das war nicht nöthig, denn gerade
trat der junge Künstler zu den Beiden
sin die Sirt-be. Er trug einen langen
Scharlachsamrnetrnantel und eine Ka
lotte von derselben Farbe auf dem »
Kopf. Er fah mit feinem bartlosen
Gesicht wie ein hoher Geistlicher der ka
tholischen Kirche aus. Beide Freunde
» lachten hell auf, Streitherg faßte sich
zuerst.
»Aber Schorschi, was haben sie denn
aus Dir gemacht. Du bist wohl Kar
dinal geworden?«
»Ach, Jhr Kardinalschafsköpfe, das
ist das Gewand des Schöpfers, ich
brauche es zu meiner Anregung. Und
wenn tch einmal so viel Geld verdiene
wie die großen Pinsel unseres Jahr
hunderts, dann werde ich noch ganz an
dere Sachen machen.«
ler lachte vergnügt
B alt-Ast
W
ster Tnchfabritanten mühen sich ab· je
den Tag ein neues Grau zu entdecken,
mauzgrau, fandgrain hellgrau, dunkel
grau, grüngrau, rothgrnu, blaugrau,
es graut Einem ordentlich. Die einzige
Wohlthat ist noch das Militär in sei
nen sarbensrohen, glänzenden Unisor
men. Warum soll ich nicht zum Bei
spiel ein rothes Jaquet mit weißem
Chapeau tragen, warum nicht sraissars
bene Beinlleider rnit weißer Jacke und
weißen Stiefeln? Der Teufel hole das
Moderne! Mein Auge sehnt sich nach
Glanz und Pracht.«
»Du bist ein wunderlicher Kerl,
Schorschi.·«
»Aber so Unrecht hat er nicht,« wars
Pichler ein, »das Farbengesühl geht im
rner mehr zu Grunde.«
»Natürlich! So will ich wenigstens
in meinem eigenen Heim das Recht der
Buntheit haben, Farbe ist die Parole.
Tod dein Grau und der Jndissetenz.«
Draußen hörte man einen schwerfäl
ligeri Tritt die Treppe herauskommen,
dann klang die Außentlingel an Streit
bergss Thür, und der junge Mqler
wandte sich-. um zu öffnen
»Wer kann das sein, doch noch nicht
der Briefträger Z«
Aber wie um die Meinung Tbedis
Liigen zu strafen, erschien jetzt im Rah
men der geöffneten Tbür die Postuni
form, und mit einein fröhlichen »Guten
Morgen!« reichte der Mann mit der
Willen Tesche Streitberg einen Rohr
postbrief herein. Er war noch spat
Abends ausgegeben und mit der Bemer
lung versehen, ihn nicht vor acht Uhr ;
Morgens zu bestellen. «
Thediriß das Kuhert auf und zog
sich- als er Angelitaå Handschrift et
tannte, mit einer Bitte um Entschuldi- s
gung in die Tiefe seines Zimmerchens
zurück. Jn wenigen Augenblicken hatte
er das lurze Schreiben überflogen und
sagte dann zu feinen Freunden:
i
(
i
l
i
1
l
»Unsere Absicht, einen Spaziergang s
zu machen, wird von Frau Lila durch-«
treuzt, sie lädt uns Alle zu einein Gar- l
tthest nach ihrer Ban in Wilniers
dors ein. Weiß Einer von Euch, wo die
liegt?" —
»Na, gen-ist« antworteten die I
Beiden zu gleicher Zeit, und Cum-i
precht erklärte dann in der höchsten i
Begeisterung daß diese Gartenseste zu :
den schönsten Veranstaltungen der Re- ?
sidenz gehörten.
»Weißt Du. Thedi. sprudelte er her
vor, »diese Bin-i ist das kostbaka Ju- !
wel in dem fürstlichen Besitz Kaus- J
manns. Sie liegt an lauter belebten j
Straßen, ist aber doch von außen we- ;
der zu sehen, noch zu fühlen. Du;
kannst rund um das große Grund- ;
stiäck hernrngehen und hast die Eint-sin- »
dung eines furchtbar vertvabrlosten,
der-wilderten Stück Landes· Hinter ei
nem eingestiirzien Holzzaun wuchert
Uniraut und eine wüste, dornige Hecke,
dann loninren Bäume und Ilnterholz. "
und wa sich die ein wenig lichten, siehlt
Du tangere Kartoffelfelder und Gras
plätzr. Eine breite Thür mit eingera
stetem Schloß bildet an der abgelegen
sten Seite des Besitzthumå den Ein
gang. Aber selbst von dort kannst Du
nichts sehen, denn der breite Weg ver
liert sich mit einer itarten Krümmung
in einer hohen Allee.
»Alle ein vollständig verwunschenes
Schloß.«
»Ganz recht! Ein verwunschenes
Schloß. Die wenigsten Menschen« die
an diesem oertvikderten Grundstück vor
übergehen wissen, daß ein Bijou von
Parl und haus darin verborgen ist."
»Alfo gut, gehen wir din!«
»So sriih«i« fragte Pia-ler
,,Sosort nach Empfang der Einla
dung,« lautete Angelitas Befehl. Ich
soll Euch ausgreisen und mitbringen."
Nnn ließen sich die beiden jungen
Künstler nicht mehr halten. Sie
drängten und trieben zum Fortgehen,
denn sie wußten, ein wie herrlicher
Ausenthalt die verzauberte Villa Kaus
rnann sei.
Schnell war das Nöthigfte gethan.
und die Freunde wanderten in den
s««k.4--.s--- -I-:I-wh-v Most-'- III-;
der ihnen ans den Bäumen und Rasen
plkzitzen des Thiergartenz entgegenladks
te. Auf den dunklen Wasserslächen
wiegten sich die zahmen Schweine in be
haglicher Ruhe, und eine Menge Spa
ziergänger bevöllerte die sauberen
Wege.
»Wollen wir nicht fahren Z« fragte
Thedi.
»Aber nein! Ernst,-Du bist doch
auch dafür. daß wir gehem«
»Selbstversrändlich ! Erstens ist es
nicht übermäßig weit und zweitens der
morgensrische Thiergarten . . . .«
Wo wir auf die nächsten Häuser sto
ßen, können wir ja die Pferdebahn neh
men,« meinte Pächter, .sie bringt uns
sFast an die Grenze des Gebietes unserer
ee.« -
n den hoben, dunkelm Rüstern der
Karserallee zwitscherten die Vögel.
. Stieitberg sah sich bewundernd um und
blieb vor dem alterthümlichen Monu
mentalbau des JoachimstbsalschenGymg
nasiurns stehen, aus dessen Inneren
man die abgerissenen Worte von Leb
rern und Schülern hören konnte. Ein
Dampswagen schoß mit Fauchen und
Klingeln an den Freunden vorüber und
unterbrach die erhabene Ruhe der dun
kelschattigen Aller. Man folgte einer
Querstrasze, die aus das Feld leitete.
Dann fährte der Weg eine junge Ka
stantenallee entlang, und endlich sah
W sich an dem alterggriknen Planieni
sann, hinter dem die Natur eine geän
Indnrchdrtngliche Mauer aufgerichtet
W
»Wir wollen erst einmal unt das
ganze Besisthurn herumgehen, wenn's
Dich interessirt, Thedi.'«
»Aber gewiß, Schorschi, mich inte
ressirt alles Neue und diese malerische
Wildnis erst recht. So etwas mußt
Du malen. Jungchen, aber nicht in gro
ßen, modernen Flecken, sondern rnit der
oerlösterten akademischen Atrihtr.
Siehst Du, hier ist alles grün, und doch
! hast Du kaum einen Centimeter Raum,
der nicht eine andere Nuance austoiefe.«
»Das habe ich alles gesehen und al
» les beobachtet, aber es malen können,
« wie es da vor mir liegt ?«
f »Nicht wie es da vor Dir liegt, son
l dern wie der Reiz auf Dich wirlt. Du
« siehst nur die Natur, aber die tausend
Zsiiltigen Nuancen ihrer Farbe, das
s« fymplqoniicte Rauschen dieses grünen
H Meeres schafft erst Deine Phantasie.«
E »Ja : Du haft gut rede-U
»Aber er hat Recht, Schorschi,« wars
..—.»..—... »f- --..-. «...
: jetzt seichte-« ein. »Seh- ich doch auch ,
mein monotone-Ei Material in tausend ?
Farbenessetten flimmern, tvo der Un
geiibte nur das todte Weiß oder Braun
siebt. Aber reden wir nicht schon wie- «
der vom Geschäft wir wollten doch das '
Runstsalbadern unterlassen.«
« Diejttaftanienalleg in dir die Freunde z
jetzt bintchrtttm wurde päötziich dunkel. -
Tie Bäume des vermiicerten Bartes
kamen mit i;:rem traumkaften Schatten ,
toeit teriitken Das Licht des Tages fiel ;
m arunen Rettexen auf den Pfad und;
versetzte die Freunde in eine eigenthiim—-s «
ltche Märchenftimmung. Nun leitete der «
Weg rechts ah, bis wo sich der Port im
freien Feld verlor. Dort befand sich die
Thür rnit dem oerrosteten Schloß« aber
sie war toeit offen und nur von zwei
mächtigen Bernhatdinern bewacht, die in
fauler Ruhe halb von Gras und Jas
tninbiischen verborgen lagen. Sie hoben
jetzt ihre schönen, fingen Köpfe. Einer
von ihnen ftand sogar auf unoftellte sich
oen Freunden entgegen, roooer er qeme
finfteren Augen ruhig auf sie geheftet
hielt. «
»Die Befiien lassen keinen Fremden
derein,« erklärte Gumprecht. nNur wer
-die Losung kennt, iann passiren.«
»Ja. aber ich tenne sie nicht,'« erwi
derte Thedi mit einer Miene komischer
Verzweiflung »Warum hat mir Frau
Angeliicr davon nichts geschrieben?«
»Weil sie wußte, daß Du doch nicht
obne uns kommen würdest. Hugin und
Pinam, Platz fiir die Freunde des Hau
fee.«
Die beiden Thiere stießen ein kurze3,
freudiges Gebell aus und kamen dann
wedeind den Dreien entgegen. Nachdem
fie sich hatten liebiofen und streiche-n
lassen, gaben fie den Weg frei und kehrs
ten gedorfain auf ihren Posten zuriick.
· Die Freunde gingen nun in die Wild
niß hinein und Zurchdrangen die griine
Wand auf dem breiten Weg, der durch
eine geschickte Biegung dass Innere des
Porkes nicht gewisse-en ließ.- In diesem
Augenbziek ftiefz Streitberg einen Schrei
der Ueberraschung aus, denn vor ihm
fonete sich ein eniziickender Prit, in
dessen hintergrund am Ufer eines tiei-. «
nen Sees ein byzantinisches Schiößchen
lag, das Jung in weißem Marmor aufge
führt war. Eine Kuppel von Marien
gias hob sich nur wenig über dieBäunie,
fo daß iein Mensch von außen dieses
tempeiartige heiligttzum bemerken konn
te. Auf den sonnigen Stellen des Par
tes waren seltene Blumen angesiedelt,
und ein refpektabter Bach eiite piäts
ichernd in den See, auf dem in träumen
der Ruhe zwei schwarze venetianische
Gondeln fchaukelten. Ueberall die Ruhe
des Frühiingsmorgens. Das Grund
stück mußte recht groß fein, denn
« das durch feine blendende Weiße fo nahe
scheinende Schiößchen lag ziemlich weit
in der Tiefe des Parm. Man mußte
auf einein gen-diktiert Steg einen schmu
len Arm des Sees überschreiten und ge
langte fo in einen farbenreichen Borsier
ten, der bis an die Treppen-ed hauses
heranreichte. Eine breite Marmorballns
strade umfing das anze haus. Sie
war mit Blumen, angenbiiumen nnd
feitenen Palmen reich dekorirt, und end
HA sub-O nie-in ims Larvenkörpers-ro MUS
s
l .« ..-’ ..,".. ’f-- :«’--Jbsvf «- f - !
i dul, Das- vcsn oer grunen Marien-Flas
tnppel ein Iämrnernoeå Halbkicht em
.piina. Noch immer kein Mensch. Tie
Freunde sahen sich erwartungsvoll um
und nakmen schließlich aus einer Mar
morbanl « lag. Aber sie sollten nicht
lange sitzen. Eine Thür aus bunten
byzantinischen Glasfenftern schob sich
jetzt geräufchlos auseinander, nnd vie
Herrin des Hauses, von «zwei jungen
Mädchen begleitet, erschien in der grünen
halle. Sie trug ein byzantiniiches Ge
wand von schwerem, weißem Atlas, das
in der Taille und unter der Viiste von
starken, goldenen Stricken zusammenge
halten bis auf vie in weißen Lackschuhen
steckenven Fäße herabwallte. In dem
dunklen, griechisch aufgesteckien Haar
trug Angelika als einzigen Schmuck ei
nen alvenen Lorbeerkranz, dessen Beeren »
von schwarzen Diamanten waren. Aehn« »
lieh waren die beiden jungen Damen ge- !
kleidet. Die eine in ein ganz zartes
Rvsa enit buntelrothen Teagebändern,
die ansere in ein fahles Blau mit schim
mernden Gall-säumen
Streiiberg vergaß beim Anblick Ange
litas alle guten Vorsiik er war hinge
rissen von ihrer bezaubernden Anmuth
und er vergaß ganz, sich vor den beiden
jungen Damen zu verbeuan, die er in
ver seltsamen Tracht erst gar nicht er
kannte, Es waren vie beiden Schwestern
Immaculata und Doris Sternwald
M irenlrxiiinnett-Angelika· nnd von ihr
m M case dem der M
Schwester begegnete, tras ihn ein
Strahl aus ihren reinen, blauen Au
gen, der ibn verwirrte und doch zugleich
beglückte. Wie anders muthete ibn dies
Frauenbild an, wie rein, wie .edel. wie
groß. , wenn ihn nicht eine wahn
sinnige eidenschaft mit einer wahrhaft
mystischen Gewalt an Angelila fesselte,
diese Doris könnte er lieben, lieben mit
einer stillen, sich selbst genügenden Lei
denschaft, die sern ist von jenem tollen
Wirbel, der zwissien rasendem Ent
zücken und todttraurigen Gewissens
bissen lreiste. Es war ihm, als ob er
dem alten Marienbild in seiner lleinen
turhessischen Kirche in die Augen ge
schaut hätte, und eine tief innerliche
Stimme sagte ihm, daß von Dort-S
seine Rettung kommen lönnte. Er
trat auf sie zu, reichte ihr die Hand,
und als er fühlte, daß sie seinen Druck
freundschaftlich erwiderte, sagte er mit
einer gewissen Verlegenheit:
»Wer-seiden Sie. mein gnädiges
Fräulein, daß ich Sie im Augenblick
nicht ertannte.«
»O gern, verehrter Meister. vor der
Sonne erbleichen die Gestirne.«
»Nicht doch, Sie verkennen den
Werth der Gestirne. Wir sehnen uns
aus dem versengenden Brand in die
stille, iriediiche Herrschaft ihres lieben
Lichtes-if
Mit einem leisen Händedruck beglei
kete er seine Worte, in denen eine eigen
thiimliche Erregung zitterte, und ihre
Augen begegneten sich mit sprechendem
fast einander lieblosenden Blicken.
Aber schon trat Angelika dazwi
chen:
»Lassen Sie uns in den Garten ge
hen!« «
Man ging langsam durch das das
tende Blumenparterre hinunter an den
See. Dort wurde halt gemacht.
»Herr Gumprecht, Sie waren doch in
Venedig?« fragte die eine der jungen
Damen.
m--—!k- II
« - Its-»h
»Nun, dann miissen Sie doch auch
die Gondelrudern lönnen.«
»Es lacht der Gondoliere," wars der
schweigsame Pichier hin, in altes Lied
zitirend, als er Gumprechts vergnügtes
Gesicht bemerkte.
»Wenn Sie sich meinem Ruder an
vertrauen wallen, meine Damen, ich
werde meine ganze Kraft und Kunst
aufdieten." -
Und nun hüpften die Beiden auch
schon leichtfiißig auf den Steg zu und
etablirten sich in der einen Gent-et
Pichler kletterte schwerfällig nach, und
als »das schlanke Fahrzerug unter sei
nen wuchtigen Schritten zu schauteln
begann, stießen die jungen Damen lo
mische Entsetzungsschreie aus. -
«Wollen Sie nicht mitfuhren, Frau
Lita?« fragte der übermitthige Gondo
liere.
»Nein, Schorschi, ich will Freund
Thedi den Part zeigen-«
»J r adt Euch schon tüchtig ange
freun t, war Gumprecht scherzhast
hin und trieb n schweren Nachen in
den See hinaus.
»Ja, sehen Sie, Sie glauben ja nicht
an die Liebe aus den ersten Blick.«
Und nun wandte sich Angelita vom
Ufer des Sees ab und führte den jun
gen Maler in die unergriindliche Tiefe
des Partes.
»Warum gehst Du nicht dislreter mit
unserer Liebe um?«
Streitberg wandte der schönen Frau
sein-s finster-es Gesicht»zu. » Sie aber
fuhr ihm lächelnd iiber die umwöltte
Stirn und zog ihn rascher mit sich
fort, bis sich hinter einer hohen Tarni
hecke ein derschwiegener Watdwintel
mit einer weichen Rasenbant austhat.
»Du sorgst schon durch Dein fast be
leidigendes Fernbleiben, daß unsere
Liebe geheim bleibt, aber setz Dich und
höre mir zu, ich habe ernste Dinge mit
Dir zu besprechen.«
Sie schmiegte sich an ihn, und er ver
lor im Augenblick die Gewalt iiher sich.
Er preßte im Feuer überwallender Lei
denschaft seine Lippen in ihr duftendes
Haar. Sie aber, als ob diese zurück
haltende Liebtosun ihr Temperament
wach-ernten hätte. ot ihm mit Verwir
tendem Lächeln den kleinen Mund, nnd
als er zögerte, tiißte sie ihn heiß und in
nig.
»Du hattest mir etwas Ernsthaftes
zu sagen?«
»Ja! etwas sehr sensthaftes. Mein
Mann quält mich mehr als jemals. Ge
rade weil Du nicht mehr kommst,
glaubt er, ich betrüge ihn mit Dir, Du
mußt je t wieder öfter kommen, und
wir mii en anz unbefangen sein-«
»Aber wo r weiß er . . . . sicherlich
Deine höuligen Briefe . . . . Briefe wer
den leicht abgefaßt.«
»Nein, meins Freund, Kaufmann hat
unser Verhältniß am ersten Tag durch
schaut, und er ist ein ungerechter Tyrann
wie alle Männer.«
«So miissen wir uns eben trennen.«
»Wenan - Das lagst Du so lalt,
aber ich kann es ja nicht mehr. Tag und
Nacht dente ich an nichts Anderes mehr
als an Dich, ich gehöre Dir ganz mit
allen Fibern meiner Seele, und Du
sprichst vom Trennen? Kannst Du Dich
» von mir trennen, so leicht und schmerz
» os «
Und nun blitzten ihn ihre Augen mit
thriinenfeuchtem Glanz an. Die ganze
leit Wochen niedergehaltene Leidenschaft
brach wie ein wildes Feuer aus ihm her
vor, et riß lie ungefliim in seine Arme,
und seine Küsse ergossen lich wie ein
Lavaltrom iiber ier Miit-endet Antlid.
»Nein, neint Jch will mich nie von
Dir trennen. sich lann es Ia nicht·
Use-, m ich m r fern von Dir einge«
( -
IO
redet habe, bat in Deiner Nähe keinen
Bestand. Jch fühle, daß Alles Dir gei
biirt, mein herz, meine Seele, mein
Wille, meine Grundfiiße, meine Ehre.
mein Alles.«
Sie überließ sich mit einer seling
Schlaffheit dem Feuer feiner Leiden
schaft, und schürte es durch ihre schmei
chelsnde hingebung zu immer wilderer
Glutb. So verrann eine Viertelstunde
nach der anderen im Auttausch ihrer heiß
zitternden Zärtlichkeiten, und Angelika
war die erste, die aus dem Taumel er
wachte.
»Noch wagt er nicht, mich direkt zu be
fchuldigen, er adnt nur, was zwischen
uns befteht, aber er weiß es nicht und
darf es nie wissen. Wir müssen klug
sein wie die Schlangen, und ich habe
deshalb so friitz meine Sommerresidenz
bezogen, um freier in meinen Bewegun
In zu sein. Komm’ mit mir, ich will
« ir einen geheimen Eingang zeigen, der
Dich jeden Augenblick unbeobachtet zu
» mir bringt.«
; Und sie wandelten Arm in Arm die
verfchlungenen, fchattigen Pfade des
herrlichen Bartes entlang, traten dann
auf ein fonniges Kartoffelfeid hinaus,
hinter dem sich die griine, schützende
Mauer gegen die Außenwelt ertob. Aber
als sie sich dem Dickicht näherten, scho
den sich die Gebüsche wie Kuiissen aug
einanrer, und sie standen pxötzlich vor
dem altersoeiinen Plankenzanm Kein
Mensch hätte hier einen Eingang ver
muthet, auch-Streitberg suchte vergeblich
danach. Aber Angelika zeigte ibm, wie
sich mit Leichtigkeit eine schmale Füllnng
ausheben ließ, die den Zugas zu dem
versteckten Heiligthum öffnete. Draus
ßen wogte ein saftiggrsines Kornfeld und
weiter dahinten feste sich eine Laubens
stadt der lleinen Leute von Wilmersdorf
an. Ganz in der Ferne zeichnete sich ein
schmaler Pfad ab, der sich durch Wiesen
und-· Baumftiicke zog und schließlich im
leuchtenden Frühlingsnebel verschwand.
- »Du wirft mit Leichtigkeit die Stelle
finden, Fu brauchst nur im Gen-irritir
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see sausen-und Wachen aus on- nein
«hiiuschen mit der polnischen Ilagge zu
achten. Von dort siihrt ein Pfad um
das Kornseld herum, und Du erreichst
nach wenigen Schritten arn Rande inei
ner Besihung diesen Eingang, den Du
nicht verfehlen kannst, wenn Du einmal
gesehen hast, daß die bewegliche Fülluns
einen Schatten heller ist als der Zaun.
»Sollte Niemand wissen, daß hinter
dieser grünen, wilden Mauer eine so
luxuriöse Van liegt?«
»O, natürlich, wir konnten sie doch
nicht itn Verborgenen bauen. Jeder
weiß es, der hier in der Nähe Grund
stiicte besitzt, und die Bürger der Lau
» benstadtdda draußen wissen es auch alle.
- Es lag ja auch nicht in unserer Absicht,
u
diesen Wohnsitz zu verbergen, wir woll
ten blos ungestört und unbeobachtet
.eka.« «
« »Aber die Bürger dieser Laubenstadi
werden mich doch kommen sehen?"
»An Sonntagen und nach Feierabend
wohl. Aber wol-end des Tages hatten
sich dort höchstens ein paar Frauen und
Kinder aus und selbst die sind zur Zeit
der Börse, wo Kaufmann stets in Berlin
ist, damit beschäftigt ihren Eheliebslen
das Mittagsbrod zu kochen. Nun aber
komm, wir müssen nach unseren Freun
den sehen!« -
»Ich hatte die beiden Damen erst gar
nicht erkannt. Fräulein Doria ist wirk
lich eine Schönheit die ernst genommen
zu werden verdient«
»O ja, sie ist reizend und liebenswerth
und eine Million Mitgift schadet ihr
durchaus nicht. Jch sah es wohl, daß
sie Dir ungemein gefiel, wiire ich eiser
siichtig . . . aber ich bin es nicht. ch
weiß ja. daß ein solches Kind Dene
Seele nicht ausfüllen tann.«
»O, man sehnt sich oft nach der Rein
heit eines Kindes, die trante Seele wird
gesund an gesunder Liebe.«·
»Du bist ja ein recht trister Liebhaber .
heute, es scheint mir, ich thue besser, Dich
einmal der naiven Doris zu überlassen
Mache ihr nur den hof, es wird uns in
den Augen Kaufmanns entlasten, aber
sei vorsichtig mitithixie ist eine ternperas
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tilcussch Unser treu-»un, un» sue-,- «- -·,
den tleinen Finger reichli, faßt sie sofort
nach der ganzen Hund«
»Mir,widerstrebi ein solches Spiel.«
»Mir eigentlich auch, denn ich liebe
das kleine Mädchens aber es ist ja weiter
nichts als eine Kriegälist Kaufmann ge
genährt-"
»Aber eine solche Ariegslist könnte ei
nem unschuldigen Wesen das ganze Le
ben bergisten, und daran möchte ich teine
Schuld tragen.«
»Nicht doch. Du mußt die Sache nicht
so tragisch nehmen« Doris ist-in Dich
verliebt, das ist tein Zweifel, und ein
kleiner Flirt wird ihr grzchen nicht in —
Berwirrun bringen. u bist wirklich
komisch in einer lleinbiirgerlichen Mo-«
rol. Stelle Dich jenseits von Gut und
Böse« nnser Leben ist so furchtbar kurz.
Wenn wir uns auch noch durch die Ge
danken an Andere der wenigen Glücks
monrenie berauben sollen, thöten wir
besser daran, uns gleich eine Kugel dur
den Kopf zu schießen.« «
Theovor blickte die schöne Frau ent
etz»t«an. Er wagte sich nicht, We n
chaft darüber u geben« daß aus eni
iißen, lieben elliund solch grauseran
Worte gefallen seien, nnd er zittert der
vor, welche Gedanken noch hinter ieser
herrlichen,« weißen Stirn schlummerten
»Du konntest also um Deiner eigenen
Glück eligkeit willen Leib nnd Seele ei
nes nderen opseen2«
Entseng folgt.) »