Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 25, 1901, Sonntags-Blatt, Image 14

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»Das sind in alles nur Deine Ein
biwunaen!« erwiderte Anna. »Ich
habe Dich niemals nntetfchiitzt und
have nur-; nie irgend Jemand zur vor
gezogen Das ist einfach nicht wahr.«
»Musik« schrie er. «Meinft Du, ich
ware blind gen-eint vie drei Jahre
lang? Ja, wahrhaftig ich war vlino
und dlbdes Ader dann sind mir die
Augen aufgegangen WeißtDu, wann?
Als ich allein an kein Tisch faß, wie
ich von Szegedin zurückgekommen bin,
bei Der Veiickeneintveihuna Da habe
ich mich gekrümmt var Schmerzen wie
einThier, das man langsam Luni-rinnt
Du mußtest, was ich vorher durchge
macht hatte. Die Qualen. die ich aug
gestanden hatte. Das- hasi Du in mei
nen Briefen aelesen Du wuiztest auch,
wag mir bevorstand. Aber Dich nat
das nicht gegrämt, Du hast Die den
Champagner schmecken lassen nno v:.-ist
nicht zu mir gekommen und Hast ge
sagt: Wir wollen machen, daß wir
fortkommen. Sie haben Dot, Dir einen
bösen Streich zu spielen . . . Nein, Du
bist ruhig geblieben, Du haft Dich auf
die Schande gefreut. die man nsir nn
ilmn wärde.«
»Das ist nicht mai-»I! Jch haska nicht
Mußt Sonst wäre ich wohl nicht ge
tan-metal« ·
»Warum bist Du dann nicht mit
mir ausgestanden und nast gesagt:
Mit Mann Hat recht. Ihm ist uniecht
geschehen Ich mag nim: sum Beim
gern am Tisch sitzen. . .. Biber Du!
Du hast mit meinen Feinden gemein
inme Sache gemacht. Du hart Tkch
nicht nrn mich gen-minnt was mir in
der Nacht zustoßen svürce. »der in
dieser nach m Den folaenaen.'«
«J-ch«M’ mich sooåil um Dich ge
tiimmert.«
»Ja,:83kiizi:ien Hatt Zu smr auf Den "
Heu- geichicrt, dir mich einsaugen Mi
ten. Das war Deine Füägrie Du
Haft mich In die Zierde ausqeilefirh
Was ich Dir im Septas san-vertraut
habe, weit ich noch an DIE-re Treue
gut-im haft Du iixnen verrathen Und
als ich dann krank sind uxsn Tkllen ver
lassen nach Haus iumsp 821 sub: m in
meinem Zimmer gesessen nnd get;.-:kift,
gekauert nnd gelassen »Ich sachte, 1ie
wird zu dir kommen dein Weid, ras
Lir Alles verdankt, Jud faaent Wenn
alle Welt dich verläßt, ist«- ktehe tren zu
dir, ich theils Frei-d und Leid mit dir.
Aber was thateii Du? 2115 neun ich
ein Stück Holz wäre, oifi Du an mir
vorbei gegangen Hast mich der Obyur
fremder Leute anvertraut. Und mit
den Leuten, die mich verfolgten hast
Du gemeinsame Sache gemacht. Weis-,
wie bist Du verrucht gegen mich gewe
eni Ich habe ia die schlimmste Un
nkbarkeit ertragen, ich bin betrogen,
mit Fuszirikien heimqezatxslt, alles das
häzte ich überwunden, ich hätte mich
wieder heraufgetapveiti Aber daft D
nndantbar warst, Du Teufel, Du!
Du Bestiei Du haft an mir geireveiU
Wie eine Dirne iiuit Du Dich betragen
—-- und das foiist Du büßen!«
Während er sprach, hatte er vor ihr
akstandem fo nahe, daß sein teuchender
Bildern sie berührte, und hatte vie ge
basien Fäuste geaencinander geschla
9en.» Nun warf er sieh wie gebrwben
m— euren Stuhl uni- vreßte die Hand
vor seine Stirn. Anna beobachtete ihn
ichs-Denkt Ihr Empfind-en war gar-Z
ice-Zi, unwillkürlich beschäftigte sie sich
eins allerhand Kleinigkeiieir Auf der
weißen Tischdecke bemerkte sie einige
nkrnmmen und fragte sich, wer
sie habe fallen lassen. Sie börie inan
eken gegen die Fenster schlagen und
· Richte, dan ihreSchwester weder einen T
Schirm noch Gnmmiichuhe bei sich
htijn U · «· —
Das würde die Wash, mit der sie
ihr Haus verlassen hatte gewiß noch
steigern zwischendurch dachte sie an
ihren Mcinrn fie wer erstaunt, wie
fiießend er gesprochen hatte. Woher
kam es, daß diesem Stammler plötzlich
die Worte fo re: Ilzl ich- und leicht aus
drin Mund firsniten? Offenbar hatte
er sich das alles l»si: nkeit Mal überlegt,
während er auf feinem Zimmer Vor
ich hinbrütetr. Des waren feine Ge
danken gewesen, nährend sie qlanb:e,
er wäre einem fchläfriiien Morasinus
anheimgefallen Sie war tlJöricht ge
wesen« daß sie ihm nicht manch-mal ei
nen Brocken Zärtlichkeit hingeworfen
hatte. Sie hatte sich zu sicher qefiihlk.
Aber wenn sie jetzt aufstund, ihm die
Hand auf den Kopf leate und ihn
küßte, fo wiirde noch Alles qut zu ma
chen sein
»Es hilft nichis ich muß auffie
hem« sagte sie M
Mr sie, die fo oft geheucheit hatte,
liiiiplie gegen ihren Mann einen so töd
Hafz, daß es- ibr unmöglich war,
ihm zu nähern
»Warum thue ich es nicht?« dachte
sie Zoll Ferner iisber ihre Unklugheih
M will dre Augen schließen, ihn Lüf
sen nnd ein paar Tbeänen weinen.
Bier lieber gäbe ich ihm Gift! Lieber
feste ich ihm ein Wort fo gemeinm und
Wunde ihn der Schlag
M sen todt eilli Doch das ist Ia
» cki muß eian
» W M wie-der in meine Gewclt
"MÆMVO PUNITI
E
l
Aber nach Iangem Kampf stonnte sie
I ihren Haß nur so neit unterdrücken.
- daß sie ihm ein paar srostige Worte
? Katscher und Franz zeigend —- «sind
sagte.
»Wenn Du Dir Mühe asäbst,Dich zu
fragen, warum ich so gehandelt habe,
irre ich es»that, dann würdest Du fin
den, daß ich in der betten Ast-ficht sür
TiernWolzl gesorgt habe. AberDu hast
Ia tem Einsehen!«
«Still! Erlaube Dir nicht solche
sATqidtiickek Es sebtt Dir an Respect
der DeinemMann! Von ietzt an werde
ich Dir zeigen, tvie Du Dich zu benen
rnen hast.«—«
Nachdem er ein paar Mal im Zim
mer aus und ab gegangen war, schellte
er und sagte dem eintretenden Diener:
»Nu«s:-:: Sie die Mädchen und den
Litschetk Ich habe mit ihnen zu spre
i.,en.« »
» »Was haft Du ver?« fragte Anna
angstlich.
»Das wirst Du schon sehen!«
Nach einer Weile kam Franz rnit
dem Kutscher und den vier Mädchen,
der Köchin, den beiden Stubenmädcden
und Anncks Kammerjunafer herein.
Horsttnann trat aus die Köchin zu.
,,Wiinschen Sie hier länger im
Dienst zu bleibe-is« ;
»Jawol11,« antwortete diese er- j
staunt. l
»Dann können Sie bleiben. Sie« —
sagte cr, aus die drei Mädchen, den ·
entlassen, wenn der Conttact abläust.« »
Als er die oestiiezten Blicke derLente l
: bemektte. füate ee bin-iu:
»Ich habe meinen Haushalt
»Hm werde meinen Haushalt ein
schtänken, deshalb brauche ich nicht
» mehr so viel Dienstboten Geben Sie!'«
» sagtedfs Lichts-.
»Dann bleibe ich auch nicht mehr,«
. ,- «
; ten mehr geben, braucan wir sie nicht
’ mehr Außerdem wird Dir Lotie ikn
»C«Ul. Olc Fall cllllllsscIL
Als tie Leute draußen waren,
sprang Anna auf.
»Das :viderr:ifst-Du! Was fälltDir
ein« unser sämmtliches Personal zu
tündinens Ich kann doch nicht mit ei
nesn Mädchen ·1u·slominen!«
»Ehe Du mich heirathetefi hattet
Jhe auch nur ein Mädchen Außerdem
isi ja noch Mewes da oer natürlich
auch arbeiten muß. «
»Aber das qroße Haus läßt sich nn
möglich mit einer Person in Ordnung
halten
DieZimnier hier unten werden ab
ge chlosjen Da wir keine Gesellschaf
Haushalt helfen Du selbst brauchst
Euch nicht die Hände in den Schooß zu
legenk
Als sie auffuhr, um noch etwas zu
sogen, schnitt er Ehr hart das Wort ab.
»Stil« Ich dulde teinen Wider
spruch-« ·
Dann schellte er wieder und sagte
dezn eintretenden Diener:
»Das Mädchen soll sofort mein «
Bei im Schlaszimmer meiner Frau in
Ordnung bringen· Ich schlase wieder i
dar-U
Anna hatte sich gesetzt und starrte T
blaß v"vr sich hin. Ihr Mann trat aus !
sie zu und sagte mit leiser heiserer j
Stimme: i
Nun fängt ein neues Negimeni
an. Bis heute war ich Dein Narr, den l
Du um seine Liebe betrogen hast »Von
morgen an bist Du mein aehorsames
Weib, wie Du’s vor dein Altar ge- 1
schwtirea hast «
7
Da ann offnete er vie kklugeiryur zum
cßzimrner, drehte dort die Gasflamme
herunter und blies auch die Kerzen in
den hohen silbernen Leuchtern aus.
Ebenso machte er es irn Solon. Die
Flammen des verretianifchen Kron
leuchterå, unter dem Anna faß, erlo
schen eine nach der andern Auch das
bunte Licht der Arn-del erlosch, ebenso
wie die Lichter am Flügel und die ho
hen Kerzen, die in den vielarrnigen
Majolitavafen neckten. Mit jeder
Flamme, die noch einmal aufzudend
r·ayonluischte, wurde es duntler und
dunkler. All die schönen und glänzen
den Möbel, mit denen der weite Raum
so reich ausgestattet mer« verschwan
tcn eins nach dem anderen Nur noch
ein einziges, erbärmliches Licht schau
lelte sich an Den-. III-innen Docht der
Herze. Draußen pfiff der November
winv und raufslue derReaen. Eine na
nsenlofe Angst ergriff Anna. Einen
Augenblick dachte fie, daß sie morgen
zum Arzt laufen würde damit ii,«r
Mc nn wieder ins Jerenhaus lärne
Aber diefe Hoffnung verließ sie wie
der. Sie fühlte sich in der Gewalt die
fes Menschen. Der ftnrr seine Thötig
teit verrichtete und es dunkler und
dunkler um fie werten ließ. Die Schat
ten des Elends trocken an fee heran,
schwarz und troftlos lag die Zukunft
vor ihr. Sie fror und sehnte sich nach
der Stimme eines Menschen, ver zu
ilhrb fcgte: Fasse Muth, ich half Dich
Da kam das Mädchen zurück nnd
meldete, das Mfzimrner wäre m
Ordnung-.
»Zum-rel« sagte Horftrnann hart.
Es in Zeit zum Schlafenf
IX.
M einer entf lief-n Nacht Hatte
Anna erft gegen argen ein paar
I
W
Stunden Schlaf gefunden. Das Zim
mer war noch edit-ari, als sie in die
Döhe fuhr. oishr Mann stand vor ihr
und riittelte sie an der Schulter.
«Sieh’ anf!'«
Nachdem er Licht gemacht hatte, rieb
sie sich schlafteunlen die Augen und
ragte anaswoll:
»Wieviel Uhr ist es denn?«
«Sieben·'«
»Laß mich doch noch eine Stunde
schlafenk murmelie sie. »Ich bin wirt
iich iodtmiide.«
»Nein! Es aiebt deute viel zu thun!
Die Lanaschläferei hat nun ein Ende!'«
Er trat an den Waschtisch5 aber als
sie liegen blieb, sich die furchtbaren
Ereignisse von gestern zurückries und
sich vergebens fragte, wie sie sich non
diesem Würaer befreien könnte, iam er
wieder und sagte mit so drohender
Miene: »Wird’g bald?'. daß sie ihm
gehorchte. Beide zogen sich schweigend
an. Als sie halb fertig was, vesahl er:
»Geh' und bestelle den Rassen Es
scll in Deinem Zimmer aedeckt wer
den."
Lotte, die eine Frühaussieherin war,
iam ihnen schon entgegen. Schweigsam
setzten sich die drei an den Tisch. Es
war frosiig und grau in dem geheizten
Raum, zu dessen zierlichen, dünnen
Damenmöbeln der aedeckte Frühstück
iisch und diese drei mürrischen Gesich
ter schlecht paßten. Anna hatte Kopf
schmerzen und war so niedergeschlm
gen, daß sie kaum die Thränen zurück
halten konnte. Nachdem Horsimann
eine Tasse Kasfee hinuntergesiiirzt
hatte, stand er auf und schrieb einen
Brief. den er durch Mewes an seinen
Schwaaer besoran ließ. Dann befahl
er Franz· er sollte sämmtliche Möbel
iiherziige und Decken vom Boden ho
len. Als nach einer Weile Frau Regie- s
runastaih ans ihrem Zimmer kam, «
sagte Herstmann zu ihr:
« ch habe soeben an Ihren Sei-die- !
get ohn geschrieben und ihn er richt, I
Sie auszunehmen. Jch hoffe, daß Sie
gssPiiiiag Ihre Koffer awacki ha
n."
s- ·- -.- - .- «---..
»So schnell geht das unmöglich!«
wars Anna ein.
»O doch,« erwiderte die Mutter mit
dem lehren Rest ihrer Würde; »ich
Xwerde nach dem aestriaen Austritt lei
nen Augenblick mehr in diesem hause
l-leiben, so schwer es mir auch wird«
mich von meiner Tochter zu trennen.
Aker es wird ein Tag kommen, Herr
Fuge-neun wo Sie Ihre Rücksichts
osialeil bereuen!'
»Ehe Sie mir Vorwürfe machen,
bezahlen Sie lieber Ihre Schulden!«
erwiderte dieser trocken.
Dann ließ horiirnann die Drei al
lein. In Gegenwart Lotte’s konnten -
die Beiden sich nicht aussprechen Anna
drückte ihrer Mutter nur die Hand
und iliislerie:
»Es wird ihm noch leid thun!«
Die Alte verschluckte ihre Thriinen
und niclte.
Nach kurzer Zeit lam das Stuben
mädchen und bestellte. die gnädige
Frau und das Fräulein möchten her
unterlornrnen.
»Sol! ich gehen?« sragie Anna ihre
Mutter.
»Es ist besser. Gehorch inmi«
Jrn Salon waren Franz und der
Kutscher beschäftigt, die Teppiche aus
zurollen und nach draußen zu tragen.
Die beiden Mädchen bürsteten die sei
denen Fauteuils und bedeckien sie .nil
den Schutziiberziigem Horsimann stand
dabei und controllirie die Arbeitern
Als Anna eintrai, sagte er:
»Wenn Du von diesen Sachen noch
irgend-was brauchst, so laß es hinaus
iragen. Die Zimmer siehst Du süs
ersre nicht wieder.«
Anna zurlle die Achseln· Ihr war
alles aleichgiltia. Als sie aber hinauf
gehen wollte, fragte er:
«Wobin?«
«« will meiner Mutter helfen!«
« · lann ihre Siebensachen selbst
parte-al« «
-«--«---x-- --..
x
·an der Wand.
»Du willst wohl. daß sie sich list-l
arbeitet?«
Er runzelte die Stirn.
»Gut! Linse-, gehen Sie hinaus nnd
helfen Sie der Frau Regierung-rat l«
Anna stampfle mit dem Fuße an .
»Aber ich will mit meiner Mutter
nrch sprechen! Ich werde ihr doch wohl
Adieu sagen dürfen?«
,Tazu ist nich Zeit. Im Uebrigen
will ich nicht« daß Du länaer mit i r
sprichst. Die Abmachungen, die J r
tregt, sind doch nur Jntriguen gegen
mi .«
Anna gehorchie und sah dem Aus
riiumen des Zimmer-Z zu. Die Gardi
nen waren heruntergenommen vie
Spiegel verhignat, vie mit grauen Ue- (
berzüqen verdeckte-i Fnuleuils und
das Sessa in lanaen Reihen gegen die
Wand gerückt. Als Anna in einem I
Ansall ven trotziger Auflehnung ke
hauvteie, sie müsse ten Flügel nach i
oben haben, da sie ohne Musik nicht«
leben lönne, erwiderte er eudia2 !
«So lange ich noch leidend bin,
kann ich keine Musik Urlragen Du
mule also einstweilen Daraus verzich
ten«
Die Palme und die Blaltpslanzen
wurden aus dem Erler aebrachl, die
franjöscschen Biengen und Riesens-sa
chen n Kisten zwischen Holzwalle ver
packl, die Marmorbiisle der Medieeii
schen Venus, die hinter AnnaB
Schreibiisch gestanden hatte, lag mit
Masern und itunaspapiee umwi
ckelt in einem ori-. Der Manier-check
halte einen Umhana von Lumpen be
kommen, die Bilder standen in ihren
Blendralnnen Zeneneinanvet gelelmt
le Tepmche lagen aus
gerolll aus dein nßbodeen hoeslmann
inser die· norvnnnaen wie der
Unleen mer eines Weisheiten-experi
nnd gab in rauhem Ton Befehle M
die Leute ein Stück zu zaabast angrisi
sen, agte er:
« nr zugevackt. die Sachen sind
doch leine rohen Eikr.«
Es war, als wenn er auf alle diese
Kostbarkeiten an denen Arm-« Herz
so hing, einen Haß geworfen hatte.
Zuletzt ließ er Kann-her in die Ecken
streuen, dann sah er sich noch — einmal
um und fragte seine «,’frau:
»Jetzt ist wohl alles in Ordnung?«
Anna nickte stumm. Er aing an die
Fenster und ließ rasselnd die Roma
den herunteriallm Mit einem Mal
war es schwarz in dem Raum, der
nur durch die halbgeössnete Flügel
thiir des Eßzimmers einiges Licht er
hielt. Fassungsle hielt Anna die
Thürllinle umtlammett, als könnte
sie sich von diesem Raum. in dem ihre
glücklichsten Jahre. ibr bestes Stück
Leben, das Leben einer Weltdame, sich
abgespielt hatten, nicht trennen. Erst
als ibr Mann ihre Hand losmachte,
ließ sie die Klinke sabren. Er schlug
die Thüt zu und drebte den Schlüssel
um. Da warf sie sich in einen Stuhl
nnd brach in Weinen aus . . . .
Noch vor dem Essen ließ Herst
mann anspannen, um Frau Diisbach
fortzubrin en. Beim Abschied sagte er
zu ihr in qenwart Anna’s:
»Ich habe meiner Frau verboten,
Sie oder Deblvin ohne meine Erlaub
niß zu besuchen. Sollte sie diesem
Verbot zuwider-handeln so würde die
Folge davon sein, daß ich sowohl von
Lehnen wie von Hauptmann Dehrvitz
das Geld, das Sie mir schulden, bis
zum letzten Pfennig eintrei-be.
Nachmittags wurde auch das Eß
immer ausgeräumt und verschlossen.
ls am nachsten Tage der Jngenieur
auf seinem Zimmer war, benutzte An
na die Gele, heit, einen slebentlichen
Brief an i e Mutter zu schreiben,
sie möchte sie um Gottes-willen aus
den Händen dieses Menschen befreien.
Hvrsimann sei vsienbar wieder gei
siesgesiört und gehöre in eine Anstalt.
Den Brief ließ sie durch das ihr erge
bene Zimmermädchen bintragen. Aber
sie bekam von ihrer Mutter nur eine
kurze Antwort: Anna müßte sich ge
dulden und vor allem teine voreiligen
Schritte thun. Debwitz würde mit
Doktor Zimmer sprechen. Für den
Augenblick ließe sich nichts thun. Anna
warf den Brief mit bitterem Lächeln
in den Ofen. Es war llar, ihre Ber
wandten fürchteten, Horsimann wiiroe
seine Drohungen wahr machen.
Eine Woche lang war ne ganzitcy ·
von der Außenmelr avaeschnitten Sie
Trifte immer, daß Beet oder eine Thier
z reundinnen sie besuchen würden.
Aber Niemand liess sich sehen. Von
ihrer Kammerjuaner erfuhr sie, Bett
sei allerdings- zweirnal dagewesen,
Metves habe aber den Austrag, jeden
Besuch abzuweisen Arn fünfzehnten
entließ Horstmann sämmtliche Dienst
boten, indem et ihnen Lohn und Be
iöstigung bis zum Ende des Monats
vorausbezahltr. Eine neue Kiichin
kam. Seitdem fühlte Anna sich nach
verlassener.
Diese Zeit war für Anna die
schlimmste ihres Lebens. Jeder Tag
wurde zu einer Ewigkeit Sie starrte
aus dem Fenster, zerbisz sich die Lip
pen vor innerer Unruhe. zählte die
Schwäne auf der Landtrone, spähte
nach den Menschen« die vorbeigingen,
starrte auf die Uhr, deren Zeiger lan- -
samer als eine Schnecke schlich, lauscgs
te auf das Tickta:t. das immer lauter
dröhnte, das ihr weh that, wie horn
merschliige. die sie zerbriickelten Und
eine plötzliche Nervosität ergriff sie,
daß ihre Hände zitterten und ihr Herz
schlug, als wolle es ihre Brust spren
gen. Sie fuhr in die Höhe, es ging .[o
nicht weiter. dieser Zustand rna e re
verrückt. Die adenteueklichsten läne
schwirrte-r ihr durch den Kaps. Sie
wollte zu Bekannten laufen, denen ihr
Leid klagen. Sie muckten ihr gegen
sorsttnann helfen. Mr die Scham
hielt sie zurück. Sie wollte Bett
)
nach-reisen, ver jetzt in Paris war.
Aber fie fah ein, daß es unmöglich
war. Was thun? Was thun? Es
gab nur eine Nenn-un Der Arzt muß
te kommen und ihren Mann für ver
rückt erklären. Das war die letzte
Oeffnung, an die sie sich tlammerte.
Eines Ta es ließ sich Geheimrath
Zimmer wir lich melden. horstmann,
der gerade im Garten ge raben hatte,
begab sich sofort auf fein Staunen Der
alte Herr stand fröstelnd an den sta
min gelehnt und blätterte in einer tech
nischen Zeitschrift Er begrüjzte den
Jngenieur mit seinem stillen, diploma
tischen Lächeln-. Denn rieb er sich
die trebsrothen diplomatischen Lände,
die vom ewigen Waschen rauh wie eine
Reibebiirfte waren. I
»Ich wollte mich nur mal nach il;- J
rern Befinden erwartqu da ich ge
rade vorbeitarn. Es freut mich, daß
Sie so wohl aussehen«
»Es geht mir auch recht gut,« erwi
derte Horftmann. Er betrachtete den
At t mit argwöhnischerc Blicken. Von
sel it war dieser gewiß nicht auf den
Gedanken gekommen, ihn zu besuchen.
Racåeinigen gleichgiltigen Fragen gab
Her rzt das auch zu.
»Ich will ganz offen sein! Mein
Kommen hat eine besondere Veranlas
sung!« -
littJsie sind geschickt worden . . natiir
»Das diirfte doch nicht ganz »das
Wichtige sein. hohentlich ers int
Ihnen mein Besuch nicht als af
Vringlichsleii. Jchdchmeichle mir, baß
Sie mir eini es ertrauen bewahct
jäm. So te das nicht der Fall
e ...«
«Getpi habe zu Inei- neck,
»du-selbe riefean wie sähetscllso
tw- ist lass« -
W
« ben Sie nicht vor einiger Zeit
iern ich bedeutende Veränderungen in
Schrein auswesen vor nommen?«
Der heimrathtn e sich, ehe er
antwortete, vorsichtig mit deni frisch
geplätteteni Taschentuch über die brin
nen Lippen, die Nasenspihe, und fuhr
sich iiber die wimperlosen Augen, die
stu- ein wenig thriintem
»Sie wissen ja selbst, lieber Herr
Hurstmanth quamin convcniunt,
gar-rin- incipiunt. Ein Mann von
Jbrrr Stellung lann hier nichts unter
nehmen,ohne baß es in der Gesellschaft
lebhaft lommentirt würde.«
»Die Sache liegt einfach so, Zeit
Doktor: Meine Frau gab eine Ge ell
scl;aft, von ber ich nichts wußte. as
I war schon nicht recht. Es wurde Cla
vier gespielt. Da mich.das nerviis
machte, habe ich seht böslich gebeten,
das doch lieber zu lassen. Die Leute
sink- darauihin gegangen. Meiner
ofrciu habe ich gesaat, sie solle mir vor
ser mittheilen, wenn sie Jemanden
i einliidt. — t das etwa ein unbilliges
! Verlangen «
I »Gott versinkt Ich rann Ihnen va
riii nur beipfli ten, sowohl vom
menschlichem wie vom medizinisqen
Standpunkte Einstweilen mussenbie
sich schonen, später freilich. . .« »
»Ich will Ruhe haben! Die thut mir
vor allem noth!«
»Gewiß, einstweilen! Später aber
sollten Sie stri- doch wieder am öffent
lichen Leben betheiligen. Es ist im
mer gefährlich, wenn eine Kraft, wie
die Ihre, die so sehr an Beschäftigung
gewbhnt ist, plötzlich brach liegt.«
Horitmann runzelte die Stirn. ;
»Wenn einem die Arbeit mit Un
dankbarleit belohnt wirb, verliert .
man die Lust daran. Wenn Sie Je
manben von einer Krankheit weiten,
und statt daß er Jhnen die Rechnung
bezahlt, verseyt er Jhnen einen Fuß
tritt: was thäten Sie dann?«
Jedenfalls wiirde ich die Behand
luna dieses Menschen einem Collegen
überlassenf erwiderte der Arzt mit ei
nem Lächeln. »Ich begreise vollkom
men, das-« die Geichichte seinerzeit Sie
schwer aetrosien bat. Aber Sie wissen,
glaube ich· daß das Ganze mehr eine
nnaliielliche Verteilung von Mißver
ständnissen, als eine gewollte Zurück
setznna war. Uebrigens oin ich ganz
Ihrer Ansicht, Sie haben Jhre Ruhe
verdient. Aber deshalb sollten Sie sich
Leicht gänzlich von-. Leben zurückzie
n."
»Das habe ich auch nicht vorl«
Beide sahen sich eine Weile an. Doc
tor Zimmer sand, daß der Jngrnieur
einen vollkommen klaren und ruhigen
Eindruck machte. Er hatte sich auf
ganz etwas anderes gefaßt gemacht.
horstmann verlor seine anfängliche
Voreinaenommenheit. Der alte herr
mit feiner vornehrn zurückhaltener
Art erweckte in ihm bald wieder das
aleiche Vertrauen wie früher.
»Als ich hier norbeitam,« fuhr der
Gebeimtath leichthin fort, »siel mir
auf, daß im Partei-re alle Laden ge
schlossen sind· Jch dachte schon, Sie
wollten verreisen.«
»Die Gesellschaftszimmer sollen
nicht mehr benutzt werden. Wir drei
Menschen haben hier oben Platz ge
nug.«
»Jhrer Frau Gemahtin wird es
wohl ein bischen schwer werben, ganz
auf die Geselligteit zu verzichten.«
»Ja den ersten zwei Jahren unserer
Ehe hat meine Frau genugGesellschaf
ten mitgemacht, oder viel zu viel. Sie
war JedermannöGesellschafterin, nur
nicht die meine. Jetzt soll sie vor Allem
mit Fnir leben-J -
»Hm, UAIUUIOF l
Außerdem rniissen ers-Je uns ein
schränlen. So lanqe ich noch thätig
trat. konnte ich stolz wie die America
ner sagen: Gelt-verdienen ist das beste
Sparen! Heute, wo ich von meinem
Erworbenen lebe und alt bin, muß ich
sparen. Deshalb habe ich alle über
sliissiaen Dienstboten enllassen. Jch
bin wohlhabenb genug, um mit mei
nen Mitteln behaglich zu leben, aber
das Geld zum Fensier hinauswersen
kann ich nicht! Meine Frau wird das
mit der Zeit wohl einsehen!«
«Gewiß! Gewiß!« murmelie der
alte Herr. »Sie haben volllomrnen
recht! Empfehlen Sie mich Jhrer Frau i
Geinahlin.« I
»Wald-Sie ihr nicht guten Tag sa- ;
CM?« ;
horstmann ilinaelie und ließ Anna «
rufen. Athamas hatte diese gelauscht, «
ob es zwischen dem Arzt und ihrem
Mann nich-i zu einer heiligen Scene
käme. Als sie hereint( nahm sie
eine leidende Miene an, Hab dem Ge
heimraih schlaff die Hand und zuckie
aus die Frage nach ihrem Besinben«
. ohne zu antworten, die Achseln.
»Sie sehen aber recht gut aus, gnä
dige Frau!«
Anna ließ die Mundwiniel hängen
und warf ihm einen gebrochenen Blick
zu.
»Ein bischen blaß vielleicht, aber
das wird sich schon neben. Sie müssen
recht viel spazieren gehen. Jm Uebri
gen Ruhe, Ruhe. liebste gnädige Frau.
Was macht denn das Töchtercheni«
Ganz assungsloö über diese uner
wartete rage sprang Anna aus uno
sagte heftig:
»Es geht mir doch nicht so gut, wie
Sie glauben. Herr Geheiniraih!«
«Wad sehit Ihnen vermi« fragte er
in seinem harmlosesten Ton. z
Sie siarrte ihn an- Wuszte er denn
träg, was geschehen warf atie er
n mit ihrer Mutter gespeo g und
war-gekommen um diesem unmündi
gen dastand ein Ende zu macheni
I »Was mir sehlti Sehen Sie denn
nicht, daß ich leidend bin? Jch habe
Fieber! Jch bin schwach zum Um
fallen Jch chhabe nicht den geringsten
Appetit. Ich tann einsach die-l Leben
k nicht mehr aushalten sonst werde ich
verriirttl«
» Der alte Herr hatte sich ganz in den
« Anblick seiner gest-reizten Vand ver
» liest. Dann sah er plötzlich Anna an
«mit einem Lacheln, das zu sagen
schien: Sie haben syeben etwas sehr
Dummrs gesaat, kleine Frau.
Anna hatte dieselbe Meinung und
war loiilhend iiberThre :Dl:rsgebracht
. heit· .
Nun begann ein langes Erarnen.
Sie gab -hmplo««ne an, die nicht zu
einander stimmten Schließlich wars
sie sich aufs Sosa und begann zu
weinen.
Die zwei Wochen gänzlicher Verlas
senheit hatten sie schon iniirbe ge
macht.
Das Ende vom Liede war, daß der
Arzt erklärte, es fehle ihr nicht-H Be
sonderes-, sie sei höchstens ein bischen
» Zusterisckz Dagegen verschrieb er ihr
aldriantropfen und kalte Einwirk
lurgen
chon durch den Besuch bei Frau
Düsbach hatte der Geheimrath den
Verdacht geschöpft, man wollte ihn
benutzen, um in einein Streit zwischen
horstmann und seiner Familie diese
zu unterstühen cein Verdacht wurde
durch die persönliche Unierredung mit
dem Jngenieur noch gesteigert.
Dieser war vielleicht zu schrosf vor
ggangem vom gesellschaftlichen
tandpunlt aus war sein Benehmen
unllug und riielsichislos, aber es gab
nicht einen Punkt, worin er gegen den
gesunden Menschenverstand verstoßen
hätte. Menschlich waren beide zu be
lagem der alte Mann owohl der
sich nach der schweren snttiiuschung
von der Lebensbiihne zurückziehen
wollte wie diese jungeFram dir irnBr
wußtsein ihrer Schontkeit und ihrer
wahren Bestimmung darnach ver
langte, in der Komödie des Lebens
ihre Rolle weiterzuspielen. Aber zu
helsen war den beiden nicht. Sie
mußten ihr Verhältniß selber ordnen
vielleicht würde die Zeit den Mann
milder und die Frau resi nirter stim
nien Das war eine An icht iiber dir
ten Fall.
Horsimann war aus seiner Betäu
bung erwacht, nachdem er eine neue
Auf abe efunden hatte. Er wollte
sich fein deib zurückerobern, oder biet
mebr, er wollte sie sich neu erobern,
denn er hatte sie ja nie besessen. Er
liebte sie noch immer, aber seine in
brünstige, blind anbetende Liebe hatte
sich in Argwohn, Groll und herrsch
ucbt verwandelt. Die ganze unge
heure Kraft, die sich bis dahin an
Werten von Stein und Eisen erprobt,
in der herrschaft über hunderte bon
aussassigen Arbeitern geübt hatt-,
setzte er nun daran, um ihren Willen
zu brechen und sie ejiigig zu machen.
Gegen ibre Schlangen setzte er seine
Brutalitat, egen ibre hyfterifchen
Wuibausbrii feine nnerschiitterliche
Ruhe. Vom rühen Massen an hatte
er keinen anderen Gedan en als den,
sie zu beschäftigen und zu überwachen
Anna führte jetzt ein wahres Zucht
bausleben. Früh morgens-, wenn es
noch buntet war, wurde sie aus dem
Bett getrieben. Wehe, wenn auf dem
Frühstücttis nicht alles in Ordnung
war. Ja einem trockenen, harten
Ton, gegen den es teinen Widerspruch
gab, ert ilie er ihr eine Rüge. Den
anzen orgen über hatte sie irn
gabst-alt zu thun. , — · .
Wenn sie sich einen Augenvna aus
ruhen wollte, tam er mit irgend einer
Obliegenheit. Sie hatte ihn im Ver
dacht, daß er sich heimlich die Knöpfe
von einen Anzügen schnitt, nur da
mit te sie wieder annähen mußte
Nachmittags machten die drei einen
Spaziergang« immer denselben, durch
die einsamen Theile des Dafgarteng
am Rhein entlang zur golzheimer
eide hinunter. Es war ein melan
lischer Weg; auf der einen Seite
das schwarze, von kahlen Ufern einge
faßte Rheinhett, auf der anderenSerte
das Schlacht us und der Fried of.
Ein eschlo en von ihrem ann
und i rer Tochter, ging Anna wie
eine Gefangene. Manchmal begegne
ten ihnen Bekannte, deren Grußhorst
mann mit seindseligem Ingrimm er
widerte. Seitdem er zieht mit der Ge
sellschaft überwarfen nur« haßte er
alle, die früher in seinem Hause ver
lehrt halten«
Jn den ersten Wochen versuchte
Anna sieh aufzulehnem Jeden Tag
tam es zu einer Seene. Er bewahrte
stets denselben finster-en Ernst, wie
ein Warten der es mit einer Rekruti
; ten zu thun hat« Und er hatte eine
fürchterliche Wasse, mit der er sie
ä«l»)mte, das war das Geld. Sie, die
iruher nach Herzenslust getauft hatte.
ohne Je zu fragen, was es tostete, be
kam jetzt die Thaler einzeln zugezählt
und mußte über jeden Rechenschaft
ablegen. Horsimann ging so weit, daß
e·r das Wirthschaftsbuch durchlas. Ale
einnial ein paar Mart fehlten, stellte
er ein langes-Perhör an. Seine Frau,
Lotte, die Kvchim Mewes, alle muß
sten antreten und vorrechnen, was sie
in den letzten Tagen ausgegeben hat
ten. Tage vergingen. ehe er sich he
ruhigtr. Anna verlangte neue Win
tergarderobr. Er- erlaubte nicht ein
mal- daß sie ihre vorjiihrigen Sachen
umandern ließ. Er hätte kein Geld,
um allen Blödsinn der Mode mitzu
machen.» Frau Korftmann he ann
sich allmahlrchdor en Leuten au der
Strese zu »Einem Sie vermied ei,
am age in e Stadt zu gehen.
Fortsetzung stoqu