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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Jan. 25, 1901)
« " » siehe oder Ren-Mk Itsdellette von Karl von Thaler. » »so— 7," Un feinem großen Schreibtische, auf »Hm Mcher und Papiete in ziemlicher link-editing durcheinander liegen, sitzt Robert Wohlfeld und lramt in alten West-. die vor ihm ausgebreitet find-. Er hat sich vor veiner halben Stunde Zinses-It mit dem löblichen Entschlusse,. « tm wichtige Arbeit zu erledigen. Dazu besuchte er ein Schriftftiicl, das er ver legt hatte. Während er in den verschie denen Schiebladen danach s achte. gerieth ihm ein Wörtchen Briefe in die Hand. Wie lange hatte er diese nicht mehr he riihrti Fast waren sie seinem Gedächt niß schon entschwunden. Nun, da er He zufällig in den Fingern hat, über trmmt ihn die Erinnerung Er löst das Ländchen, welches die Briefe zusam seienhiilh und beginnt den ersten zu le en. »Mein theitrer Robert! Du weißt, wie ich Dich liebe, und wie schwer mir die Trennung von Dir fällt. Tag und Nacht denke ich Dein und sehne mich nach einem herzlichen Wort aus Deinem Munde . . ." Um Wohlstle Lippen zuckte ein hall schmerzliches» halb höhnisches Lächeln. Er nahm einen zweiten, einen dritten Brief und flog sie rasch durch. Alle zeigten auf rosenrothem oder blaß blauem Papier die gleiche, feste, langge zogene, fast männliche Handschrift, alle waren sie unterzeichnet: «Deine Dich in nig liebende Cousine Klara.'« Vor seinem Geiste stieg das Bild der Jugendgeliebten empor. die ihn ge täuscht und verrathen. Er sah die stolze, schwellende Gestalt in dem dunklen Sei denkleide, das ihr so prächtig stand; e: sah das liihne Prosil, die großen, wun derbaren, tiefblauen Augen, den. süßen, tausendmal getiißten Mund. Und die Augen blickten ihn unverwandt an, und der Mund bewegte sich, Und leise, ganz leise glaubte er die Frage zu hören: «Grollst Du nach immer? oder haft Du mir endlich verziehen? . . .'« « Ja, gerade so war sie ivrn entgegen: : getreten, als er sie zum ersten Mal ge- ’ sehen. Wie lange war das her! Kaum Vierundzwanzig Jahre alt, lam er aus ; Ver Provinz in die Hauptstadt, um hier eine Stellung zu finden. Mit viel Jbealismuä erblich belastet, Verfasser einiger hundert lyrischer Gedichte und glücklicher Besitzer mehrerer schöner ; Lusifchlösser, besaß er so gut wie gar keine Lebenserfahrung Ein Mutter söhnchen guter Art, schien er förmlich prädeslinirt für herbe Enttiiuschungen. Sein erster Gang galt dem Hause sei nes Oheims. Er hatte als Kind den Bruder feines Vaters flüchtig gesehen; tie Töchter kannte er nicht« Als die drei Egusinen ihn empfingen und als Vetter ; begrüßten, stand er ihnen verlegen und nnbehclfen gegen-Tiber. Alle drei waren sehr isiitfche Mädchen; er aber sah nur die ängste. Louise und Elise ließen ihn l, Klaräs Erscheinen brachte ihn außer Fassung. Markt hatte wenige Tage zuvor ih ren achtzehnten Geburtstag gefeiert nnd strahlte im Doppelglanz ber Ju gend und Schönheit. Ihre herrlichen Augen, ihr üppiger Wuchs, ihre tiefe, wobllcntende Altftimme entzündeten Roberts herz bei der ersten Begeg rinnen Nur wenige Wochen waren seit seine« ; Ankunft in der Hauptstadt verstrichen, ; kaum zehnmal hatte er Klara s Hand i gedrückt, und schon stand sein Entschlus- ! sest, zu streben und zu ringen, bis er I Klaras Hand ertcimpft haben würde Wie viele Hindernisse er zu überwinde« ; hätte darüber gab er sich keinem Irr-s i thun: hin. Es konnte lange dauern,l bis er sich in seinem Berufe soweit em- I vorgearbeitet hatte, um an eine Heirath ; denken zu dürfen. Und was für ihn i noch schlimmer war: Klaras Eltern sahen seine Liebe mit Mißmuth. i Als er eines Nachmittags zu Besuch lam, traf er die Geliebte allein. Der reizende Zufall durfte nicht ungenützt verübergehen Mit dem ganzen Un gestüm seiner vierundzwanzig Jahre erklärte er seine Liebe; wie ein Wild bnch strömten die zärtlichen Worte die iiberschwenglichen Betheuerungen von seinen Lippen. »Du mußt mein wer den,« rief er, »Du bist mein Alles-, ich Jana nicht leben ohne Dich." Da ,- schlang sie die Arme um seinen Hals und sagte: »Daft Du mich wirklich so Heb, Du Urmer?« Dabei sah sie ihn III mitleidig an Robert fühlte ihren its-einen Athem aus seiner Wange, ih: ·· IRS pochtndes Vers an seiner Brust. preßte sie an sich und küßte sie Kann ltes er beseligt davon. Aber dem Rausch folgte bald die Er nüchtern-n . Robert begann über die seit-same rt nachzudenken, mit welcher . Ilse- sein Geständnis ausgenommen , M hatte ihr schönes Gesicht einen I Wdruck der Trauer gezeigt? Warum « tesie ihn arm genannt, ihn, der sich ngenblick so reich deuchte? er Ist-rassan nicht gleichgültig war, hite er. Sie hatte sich hingeben chmiegt, doch um den Mund, km so willig bot, guckte ein leid Was war das? Soilte sie Weit-II ZKandel-en gebunden sein? Miß · s « Und Eifersucht ichltchm sich in I derz. Er marterti sich nnd - » nach wer don den Männern, « des Varro us besuchten, zwi ih- nd ara stehen könnte. —- ihm mer wenige In Se et III-Her Abg-Lep nen Gesichte und den schlechten Manie ren am allerwenigsten. Er iiberhäuste war-klars- mit plumpen Galanteries und serwiei ihr alle Ausmerlsamleit, aber eine geheime Beziehung des rei senden Mdchens zu dem ordiniiren fllnszigjährigen Börsenmenschen anzu : nehmen« —nein, das war unmöglich« ; So meinte Robert. Doch sein Arg « wohn sollte sich plötzlich gegen Herrn ·- Wendelmann kehren. Er hatte wieder E einmal den Onkel besucht und die ganze Familie im Salon getroffen. Licur Klara fehlte. Sie sei nicht zu Hause sagte man ihm. Er wartete geduldig. sie erschien nicht Endlich empfahl er sich, lehrte aber im Vot zimmer um, seine absichtlich vergessene-i Handschuhe zu holen. Jn dem Augen blick, als er wieder eintrat, öffnete sich die Thiir des Nebeniimmers, und iiber die Schwelle schritt Klara, hinter ihr — Herr Wendelmana in keiner ganzen protzigen Figur, ein vergnügtes ! Schmunzeln in dem breiten Geächz J Außer sich vor Zorn und Eifersucht Zsetzte Robert alle Rücksicht beiseite Es Tgab eine häßliche Szene. Am nächsten l Morgen schickte Robert dem Binsen I mann seine Zeugen. Allein Herr ; Wendelmann erklärte Roberts Kartells I tragern, er verwerse das Duell als un I moralisch und ungesehlich und iucrdr, » wenn man ihn nicht in Ruhe lcha den Schutz der Behörden anrufen. Der . Onkel aber verbot Robert fein Haus« weil er einen werthen Freund der Fa milie und diese selbst gröblich beleidigt habe. Armee Robert ! Jn bitteres Qual, Ychwanlknd zwischen dem herbsten Ur theil iiber die Geliebte und ist-: leisen Hoffnuna ihr vielleicht doch Unr chr zu thun, verbrachte er, zu jeder Arbeit un fahig, trübe Tage und schlaslose Nächte. Seine Freunde, vielmehr jene die er so nannte, vermehrten seinen Schmerz. Sie deuteten mit halben Worten, und wie sie dersicherten, in der besten Absicht an, der Ruf Klaras sei nicht matellos. Robert litt schwer un ter diesen Mittheilungenz sie stimm ten so sehr zu- dem, was er mit eigenen Augen sah und sich doch gern aus dem Sinn geschlagen hätte. Seinem Brüten entriß ihn ein Brief Klaus Sie schrieb im Tone einer schwer Gekräntten, doch aus Liebe Ver: zeihenden. »Du haft mir furchtbar; weh gethan, Du haft mich erniedrigt. Wie kannst Du mich fiir fähig halten, » meine Ehre wegzuwerfen —- und an ; einen geistig fo tief stehenden Men- E schen? Aber ich muß ihn schonen, denn ; ! ihm dankte ich es, daß ich nun eine J Laufbahn betreten kann, nach der ich i mich immer gesehnt habe. Jch wollte es Dir nicht verrathen, weil ich Deine Abneigung gegen die Damen vom Theater kenne, aber nun muß ich es Dir gestehen: Jch gehe zur Bühne. Die Erfüllung meines Herzenswun sches wäre unmöglich gewesen, wenn nicht W. die Kosten meines dramati- - schen Unterrichts und der Garderobe, die ich mitzubringen habe, großmüthig bestritten hätte. Ich bin ihm zu. Dank verpflichtet und muß ihn lie » benswiirbig behandeln. Grund zur Eifersucht hast Du nicht. Jch schwöre Dir bei dem Leben meiner Eltern daß ich rein nnd unschuldig bin ich schwöre i Dir daß ich es als Schauspielerin blei ! ben werde. Wenn ich auf der höhe dee Kuan stehe, magst Du mir wiederho len, daß Du mich liebst. Früher nicht. Jn einer Woche reife ich ab, um mein erstes Engagement einzutreten· Willst Du mich vorher noch sehen, fo komm übermorgen Abend zu meiner Halb I schpester D. ; ich« werde dort»fein." xseoreri war, ais er oieie seiten ge lesen, tief erschüttert. Man läßt sich so gern von der Wahrheit dessen über-· zeugen, was man wünscht. Er schalt sich fel bst, daß er an der Geliebten qe zweifelt Reuvoll faft demüthig bat er sie, ihm zu vergeben, und sie war »7fo gnädig, die Bitte zu gewähren. Sie we: nie sogar ein wenig bei dem Ab schiede, —- zutn Mindesten fuhr sie manchmal mit dem Taschentuch über die Augen und versprach, recht fleißig zu schreiben. l Darin bielt sie Wort. Drei Jahre J lang richtete tie die innigsten Briefe an i Robert, erst aus dem Norden, dann aus dein Süden, zuletzt aus den-. Westen Deutschlands. Sie blieb an keinem Theater mehr als einige Mo nate, zuweilen auch nur Wochen. Ro bert lehtktelte wohl den Kon aber die Liebe verscheuchte immer wieder die Zweifel. Endlich kam sie in das Vaterhaus zurück. Jrn Augenblick des Wieder sehens vergaß Robert alle finsteren Gedanken. Konnte er doch die Ge liebte irn Arm halten! Jhre Eltern behandelten ihn mit Freundlichkeit, denn er war inzwischen zu ansehnli chem Einkommen gelangt, unb die Mütter heirathzfiihiger Töchter war fen ihre Augen auf ihn Er aber dachte stets nur an die Eine, die er nun heimführen wollte. Daß Klara sieh stark verändert hatte, daß ihr Ge sieh bleich geworden und einen milden Ausdruck angenommen, —- er fah es nicht. Die hingebende Zärtlichkeit, welche fte ihm nun vor aller Welt be wies, verblendete und berauschte ihn. Er warb um ihre Hand; die Eltern Es Eos-: en freudig Ia; in einigen Monaten te die hochzeit sein. znaeh der Verlobung erllarte Am eines Tages, sie in ofort ins eine sech- vemtnu. o· scheu »siebe, wollte sie Anfangs nicht » ..... » sagen. Erst als Robert in hellen Zorn gerieth, zigte sie ihm eine Deutsche, die kurz autete: »Ernilie plözlich traut, bitte gleich hierher reisen, nnh.«' Dann packte sie rasch einen hand tofser und ließ sich von Robert zur Bahn führen. Aus dem Coupösenster winkte sie noch mit dem Taschentuch, als der Zug davonrolite. Am nächsten Tage sendete Klara ein Telegramm in dem sie berichtete, es gehe Emilie nicht so schlecht. wie sie befürchtet habe aber sie werde noch mindestens eine Woche, vielleicht län ger bleiben, bis die Freundin genesen sei. Robert sah die Depesche genau an, sie war nicht in dem berühmten Badeort, sondern in E» einer zwei Stunden davon entfernten, kleinen Stadt ausgegeben. Ein furchtbarer Verdacht bemächtigte sich seiner. Wa " rum hatte Klara verschwiegen, das; sie nJch E. ging? Warum hatte sie ihn g beioaens Er mußte Gewißheit haben. ; Jn E. lebte ja einer seiner Schulw i 3 meraden als angehender Recht-san «- nalt. Mit dessen hilse konnte er di: HWahrheit erfahren. Also fort mit I i i i f ! dem Nachtschnellzuge nach E. Der junge A nwalt machte : große Augen als obert ihn beiml I Frühstück überfiel und ihm in siebet- ; H haster Aufregung mittheilte, was er ; wolle. Der Jurist lacheite AnsangsJ ward aber dann sehr ernst »Sol! ich Dir die Wahrheit sagen?« meinte er etwas verlegen »Um Gotteswillem , ja!'« war Roberts Antwort — s Er saß da, wie ein zum Tode ver- j urtheilter. Der Rechtsanwalt aber Z fuhr fort: »Jn einem Nesi wie E. er- ; fährt man alles. Darum weiß ich auch, Z daß das Fräulein —- ich hatte trotz der z Gleichheit des Familiennamens keine · Ahnung von der Verwandtschaft mit I Dir —- vorgesiern hier angekommen ist. ; Man kennt sie hier von früher, denn sie f bat einmal einige Wochen bei uns zu- ; gebracht. Sie war in Gesellschaft eines : Jngrnieurs und führte ein recht lusti- Z aes Leben . . . Ja, noch mehr, sie hat ; hier ein Kind zurückgelassen Es ist F ein Mädchen, heißt Ernilie und befindet s sich biet in der Pflege einer Frau Fan- ; ntz Eckhart. Wahrscheinlich ist« die Klei- : ne tranl. und die Mutter eilte hierher, Z um sie zu pflegen. Du kannst Dich I durch den Augenschein überzeugen; ; FrauEckbart wohnt nicht weit entfernt, i nnd wenn Du gleich hingehst, trifsft Du ? Deine Consine sicher am Bette ihres Töchterchens.« Robert erhob sich todtenbleich, sein Gesicht war von Schmerz- und Zorn · verzerrt. »Hm zu ihr,« stieß er her aus. »Ich will Dich nicht allein lassen,« sagte derRechtsanwalt, »denn Du stehst so aus, als ob Du einen Mord begehen könntest Komm.« Jn fünf Minuten waren sie bei dem Hause angelangt· Kaum hatte sich die Thür geöffnet, so stürzte Robert in das gute Zimmer der bescheidenen Woh nung. March die sich eben iiber das Kind gebeugt, wendet sich erst um, als er dicht hinter ihr stand· Mit einein gellenden Schrei sant sie zusammen, dann brach sie in die Knie. »Vergieb. oergieb!'· ftammelte sie. »Ein Moment der Verirrung ich habe hart genug dafiir gebüßt . . « Jch schwör Dir, ich habe nur Dich lieb . . . ; erbarme Dich!« i Robert lachte grimmig auf· Witd ! stieß er sie von sich. ! Der Freund faßte ihn am Arm und E zog ihn hinaus. ——— —- I Es wahrte lange, bis vtovert reinen ; Schmerz überwand. Aber er war eir e ; gesunde Natur und aab sich weder trost- « loser Melancholie noch thörichter ? LFrauenverachtung hin Klara bot; alles aus um ihn zu versöhnen. Sie s schrieb ihm verzweifelte Briefe; er liess-, sie unbeantwortet. Sie tarn selbst, er aber blieb höhnisch abweisend, eisig talt. Dann trat sie wieder ein Engagemmi an. Aber sie hatte weder Rück noch Stern. Trotz ihrer Schön it, die überall anertannt ward, wanderte sie von einer kleinen Bühne zur anderen. Endlich heirathete sie einen Sänger, der die Stimme verloren hatte und sie als Erwerbsquelle betrachtete. Abges heßt, todesmatt, an Leib und Seele geknickt, erschien sie nach vielen Jahren in der heimath und bat den Vetter, an dem sie so schlecht gehandelt, um Geld; die Noth war ihre Genossin geworden. Kummer und Enttiiuschung nagten an ihr, vielleicht auch die Reue, und in ei nem Ansall von Tobsucht starb sie. Kurz vor ihrem Tode stüsterte sie: »Griißt mir Robertl'« War ihr Geist vor dem Scheiben noch einmal hell geworden, oder gautelte ihr die irre Phantasie der Ju end vor? Robert Wohlselb stellt si ost diese Frage. Und er knüpft die zweite daran: Hatte Klara ihn trotz alledem doch ge iebti Robert wußte, daß er gehandelt, wie es die Ehre gebot. Aber war er nur i gerecht, war er nicht hart gewesen, als er selbst iiir die unglücklich und hilfs bediirstig Gewordene der strenge, starre Richter ohne Gnade blieb? Warum meinte er allezeit. wenn er der Todten gedachte, ihre schönen Augen wären siehend aus ihn gerichtet-· Warum? Jetzt, seht sah er sie wieder. An der gegenüber-liegenden Wand stand sie, im nntelr Seidentleid, und ihm schien es, a II lenchteten die tiesblauen großen Dingen mit bittendem Ausdruck, ihre TM bewegten sich- — iliisterten sie betten-M «Grollst Du noch im mf Oder Du mir endii ver le « Mk W ch i Da ging die Thitr des Schreibwe - mers auf. Ein hübsches zwslsiiihriges Mädchen steckte den Kopf herein und rief mit lauter Stimme: »Aber · , lieber Papa. lomnr’ doch zum eith siiich Marna wartet schon lau e. E Robert fuhr empor. Die ächatten T der Vergangenheit derschwanden, die F Gegenwart behauptete ihr Recht. hastig i warf er alle Briefe, über denen er sin ; ncnd gelessen. in die Lade zurück und sagte mit einer lo weichen Stimme, daß seine Tochter verwundert ausschaute: »Du bist zur rechten Zeit gekommen, mein liebes Kind.« Für sich-aber mur melte er? Jhr sei vergeben! « —- —---·s.-— sit Kliulk Kulturbild aus der asiatischen Türkei. Von A. Theinert. Am frühen Morgen des langen Ju nitages hat die Gerichtsverhandlung begonnen und am Abend erst ist sie zum Abschluß gekommen: mit vielen from men Redesloöieln und weitschweisigen Parenthesen verkündet der Kadi von Selesteh das aus lebenslängliche Zwangsarbeit lautende Urtheil. Seit Jahren hat Ali Ahab in Cararnanien sein Unwesen getrieben; jetzt ist ihm das handwerl gelegt. Vier mit Kara binern bewaffnete Zapties nehmen den« Banditen in die Mitte, ihn zunächst nach dem eine halbe Stunde vom Ge richtsgebiiude entfernten Bezirtsge fängniß zurück zu bringen. Jhn zu fesseln, hat rnan für überflüssig gehal ten, oder man haks im gewohnten tür lifchen Schlendrian vergessen. Begleitet von einem Voltshausen, erreicht der Gefangenen-Transport die den Calytadnos überspannende Brücke, ; zwischen deren verwitterten Mauer-· pfeilern wirbelnd und schäumend die» Wasser des Flusses sich durchzwiingen, in dem, nicht weit von dieser Stelle, 3 der Kaiser Barbarosfa ertrunten. An ; der Brücke lehrt das Gros des Stra- ; ßenpöbels um. etwa ein Dutzend Bummler läuft noch weiter mit, darun- z ter ein schieffchulteriger Kerl, der den ; Kopf mit einein schmutzig-grünen Tur- T bantuche dicht umwunden und ein gro- ; ßegs schwarzes Pslaster übers linte Au ge geliebt hat. Aus der anderen Seit-. des Flusses ·’ führt der Weg, kaum fünf Schritte H breit, eine Strecke zwischen den Ufern T und einer sentrecht aufsteigenden Fetz- s wand hin. Die Sonne ist untergegan gen. die Dämmerung bricht herein Der schiene-unsrige Lump sorgt den Zapties aus den Fersen. Schon längst · hat er die Bummeltumpane mit saulen Witzen und anziiglichen Reden gereizt, jetzt wird er so ausfallen-, daß einer der Beleidigten mit geballten Fäusten aus ihn losstiirzL Ein paar andere ; der Kerle- mischen sich drein, und im i Nu entspinnt sich hinter Ali und um : ihn herum eine allgemeine Balgerei. k Zwei der Zapties stoßen mit den Kara- z binertolben in den Menschenkniiuel; hinein, der Gesangene aber erkennt - und ersaßt die giinstige Gelegenheit: Bliygeschwind umschlingt er mit seinen i starken Armen den Wächter zu seiner Linken, preßt ihn fest an sich und rollt mit ihm die steile Userböfchung hin- j unter in die über den versintenden Kör pern hoch ausspriyende Fluth Nach einer Weile tauchen im Strome zwei Köpfe aus neben einander. Drei » Schüsse knallen, drei Kugeln pseisenJ Die Körper verschwinden und kommen » siir die vom User ichars darnach Aus spähenden nicht wieder zum Vorschein Mit Cap Anomur und Monte Amo nus ins Meer hineinreichend, bildet hinter Salesteh der Taurus ein riesiges Amphitheater. Keine Einzelgipsel un terbrechen die Kammlinien des Berg massrv5, das in Terrassen sich ausbaut bis zu dem den Hintergrund bildenden öden « Plateau. Wer von der Rüste weg dieser un- E wirthlichen Höhe zustrebt, durchqueri,7 ehe er sie erreicht, eine streckentveife mit « üppiger subtropischer Vegetation über: ? wachsene Gegend. Da und dort, spär- . lich verstreut, erbärmliche Dörser und Spuren von Kulturem inmitten einer ; unbewohnten Fels- und Waldwildnisz. H Dohinein, in einem nur ihm und « Seinesgleichen bekannten Schlupswins ; tel hat Ali Ahab sich gestüchtet, nach- ; dem es ihm geglüelt, unter demSchleier - der aufsteigenden Abendnebel, weit un: « terhalb der Stelle, too er zuerst einige-· i taucht, das gegenseitige steile Ufer des I Calytadnos zu ertletiern und nacht » dem Berglande sich durchzuschleichen. ; » Zwei der beim Erscheinen der Köpfe ; adgeseuerten Kugeln sind seht gegangen, T die dritte hat den Lebenssaden des von « dem Räuber mit in den Fluß gerissenen Zapties durchschnitten. Eine tleine Höhle gewährt dem Flüchtling erträgltche Untertunst, hier gedentt er zu bleiben, bis teine Streis patrouillen mehr die Gegend unsicher machen. Länger als acht oder zehn To e werden sie nicht nach ihm suchen, er kennt die Apathie der türkischen Be hört-en. ’ Während der langen Untersuchungs hnst hat er mit schmaler Kost verlieh nehmen mütsem jetzt sammelt er Wur zeln, Pilze und Beeren« die Forderun gen des Magens zu befriedigen. Dann . und wann geräth ein Vogel oder wildes Kaninchen in die gelegten Schltn en. und an seischem Quellwosser ist ein Mangel. Arn Abend des vierten Tages solch einsamen Buschlebens sin Ali, über u tunstspliinen brütend, vor der Hd te, als ein Geräusch ihn outscheeckt Kein Zweifel, der Höhe zuftredend. bricht-»in , der Tiefe da unten ein roßes Thier pvek ein Mensch sich For-: durchs Dickicht. Näher und näher kommt das j Uascheln und Knacken nnd an einer ; lichten Stelle eri int iider einem Lor i beerkinfch das G icht eines Mannes. . Ali hat sich geduckt und scharf ausge ! schaue ptspiich aber spkiuge ek auf und " dem Kommenden entgegen, der keuchend « von der Anstrengung des Steigens, an i einem Baumstamme lehnt und den ! Schweiß von der Stirne wischt i »Du. Dimitri!" ruft der Geächtete. . »Du, dem ich ·die wiedergewonnene ! Freiheit verdaut-! kaum habe Ich Dich I erkannt im Gerichtshause mit Deinem F falschen Buckel und dem großen Pflafter I, überm Ange. Gut gelohnt haft Du mir, was ich fiir Dich gethan damals, als ich - zwischen die Wütdenden gefahren bin, ; die Dich steinigen wallten wegen der I falschen Würfel. Dentft noch daran?« »Kann das Kind die Mutter, der Sklave den gütigen Gebieter vergessen?« erwiderte der Angeredete, ein ichlanter, kaßenartig gefchmeidiger Grieche. »Aber fage, Herr-, wie bist Du dem reißenden Strome entronnen und glücklich bis hierher gekommen ?'« »Allad, der ewig Gätige, hat mich be schützt Doch davon später. erst erzähle Du, was nach mein-m Entweichen sich zugetragen.« » »Viel weiß ich nicht zu berichten«, be ginnt der Grieche, nachdem die Beiden sich gefeßt haben. »Dieweil die Zapties, das abermalige Auftauchen erwartend, flußabwärts liefen. im dichter und dich ter werdenden Nebel aber nichts erken nen konnten, ichliipfte ich iider die Brücke in die Stadt zurück und schlich zur Nachtzeit nach dem Dorfe. in dem das Haus Deiner Mutter steht. Sie tennt mich ja, sie weiß, daß sie mir ver trauen dari und sie hat mir beschrie ben, wie und wo ich Dich suchen foll. Dies hier schickt sie Dit; nimm urd Möge es Dir gesegnet fein-" Damit iiterreichte Dimitri einen Sack, gefüllt mit ungeföuertem Brot und gedörrtem Fteifch Begierig greift Ali darnach und fängt zu essen an; bald aber macht er eine Pause und mustert den Gefährten mit sorschenden Blicken. »Wie gebt’s meiner Mutter, Distri tri?«' sragt er — ,,Warum schweigst Du? —- Sprich!" »Die Zapties sind ins Dorf gelern men«, erzählte der Grieche zögernd· -- - »Der Bimbaschi bat Deine Mutter vers - hört. — Er hat ihr den Schleier vorn Gesicht gerissen, als sie teine Auelunit geben wollte.« " ,,Weiter, weiter!«« herrscht Ali den sondernden an. . »Sie berbarrte dabei, nichts zu wis sen und dann —- dann übergab der er grimmte Bimbaschi sie seinen Leuten.' «Und dann? —- Hal —- Dann wird man sie geschlagen huben", knirschte . Ali. »Ja, geschlagen, mit Rutben geschla gen haben sie Deine Mutter«. bestätigte der Grieche. «Geschlagen haben sie sie vor allem Belt, aber ihr Mund blieb geschlossen« stumm hat sie alle Unbill er tragen, Deinetwegen.« . Eine Weile starrte der Bandit :nit« finster zusammengezogenen Brauen vor « sich hin, dann schnellte er in die Höhe und ein solcher Schwall gräßlich-r Fläche und Vertviinschungen strömt über seine Lippen, daß es den Zuhörer talt überläuft. Nachdem der Wuthende ausgetobt, herrscht ininuteniangeg Schweigen. · Endlich niinint der Grieche wieder das Wort. «Verniinin jetzt, Herr, die Bot schaft Deiner Mutter." »Geh und sprich zu meinem Sohne in meinem Nanien,« so hat sie’g inir aufgetragen: »Siehe, ich bin geschlagen worden voii i den Schergen· und das Gesicht haben « fie mir entblößt. Und der Bimbasaxi hat gedroht, wenn ich nicht tundgeoe . Deinen Versteck, ehe drei Tage vergan: - gen, dann soll ich eingeteriert werden H an Deiner Statt lebenslang Komme nun Du, inein Sohn morgen iini die i Stunde des Soniienausgangs zuin Brunnen, der einen Steinwurf entfernt ist von der Felsgrotie iiber unserniE Dorfe; dort wollen wir zusammentref- z sen und Rath halten. Die Soldaten ; streifen in den jenseitigen Bergen, i « aber bis morgen Mittag werden siet Jniieder zurück sein. So, herr, ti « Deine Mutter gesprochen, thue nun Du i I nach Deinem Willenf · I Lange überlegt Ali, dann ergreift er , Diniitris hande. »Schtviire,« ruft er bei Deinem Gott und der Liebe zuDei . ner Mutter, daß Du wahr geredet das; ich auf Deine Treue bauen tann sicher i wie auf Felsgrund daß Du zu mir I hiiltst wie ein leiblicher Bruders« l »So wie ich bisher zu Dir gehalten, ; so thue ich’i auch diesmal. Ich schwöre J es bei meinem Gotte und der Liebe zu meiner Mutter,« entgegnete der Grie Der Mond steht tief im Westen ini Osten diiiniiiert der neue Tag. Eine Gestalt, barfiiszig und dicht eingehüllt in lange weiße Gewänder, tritt aus der Thüriisfnung einer halt-verfallenen Hutte des auf der ersten Bergstufe über Seiefteh gelegenen Dorfes und schreitet die von Unrath stronende Straße ent lang ins Freie Kein anderes mer sch tiches Wesen zeigt sich, alles bleibt still, nur da und dort hebt einer der halb Ztoilden Hunde, die in allen Ortschaften del Orientö haufen, schlaftrunten den i Kop und tnurrt. Die Gestalt steigt, in das Dorf hinter ihr liegt auf wärtiz ihr ei scheint der alte Brun nen In sein, ssen graue Umfassungso grauem beleuchtet von den festen ————-s LIE-. . ...-».. -.« ...- .-T.. . ... . ! Sitzeimsveefntiveudm Mpuizee M E abheben don dem dunkeln Gran der E Büsche. « « P Hoch oben am Berghange ist zur s nämlichen Zeit ein dunkles Etwas-, das » man fiir einen dort liegenden Baum ; stumpf hiitte halten können, lebendtg T geworden. Zögernd bewegt’s sich ab ’wärts, bald kriechend, dann wieder i ganz anhaltend, oder aber-, wenn gute « Deckung es erlaubt, rennend ni·«.·- sprin k gend, bis die den Brunnen übe-ragend E Klippe erreicht ist, iiber derenRMd jetzt i ein von wirrem Haar umrahniti. Topf f sich neigt: Ali Ahab hat sich zu der l, von seiner Mutter verlangten Zusam « mentunst eingefunden. Die weiße Ge ’ stalt sitzt regungslos am Brunnenran de; aus einen an ihr Ohr dringenden leisen Psisf hin steht sie aus und bewegt » sich wintend der nahen Grotte zu Behend wie eine Ziege ist Ali an der elswand heruntergellettert nnd der ftalt in die Grotte gefolgt. Dort will er sie, »Mutter, meine Mutterl« sliisternd, in die Arme schließen. Da bei verschiebt sich der weiße Schleier und Ali und Dimitri stehen einander Aug in Aug’ gegenüber. Mit einem Fluch prallt jener zurück; im nächsten Augenblick stürzt er wie ein wüthendes Raubthier auf den Griechen los. Der weicht geschickt dem Anprall aus« biickt sich blingeschwind, faßt den Geaner bei den Ftißgelenlen nnd bringt ihn zu Fall. Da tauchen aus dem dunklen Hinter grund der Gratte Zapties aus und wer sen sich über den Banditen. Dem ge lingt's mit Aufbietung seiner ganzen, in Caramanien seit Jahren schon sprichwöetlieh gewordenen Kraft, sich emporzurafsen und die nächsten seine-. Angreifer abzuschiitteln. Den einen hat er mit der Rechten im Nacken ge packt nnd mit solcher Gewalt gegen die Felswand geschleudert, daß der arme Teufel mit zerschmettettem Schädel umsintt. Doch die Uebermacht ist zu groß; ein Kotbenschlag streelt den Ban diten besinnungslos nieder und als er aus seiner Betäubung erwacht, fühlt er sich an Händen und Füßen gefesselt. Ein paar Zapties stehen am Brunnen und waschen sich das Blut ane- den Ges sichtern, ihnen ist in dem Handgemenge übel-mitgespielt worden. »So, Dich hätten wir wieder, mein guter Freund,'« schmunzelte der Bim baschi. »Ich denke, Du bist zum letz ten Male eingeiangen.« »Und habe ich die hundert Medjiez, die seine Excellenz der Paicha mir ver sprochen beim Barte des Propheten, nicht ebenso redlich verdient« wie die fünfzig, die ich vor fünf Monaten da fiir erhielt, daß ich die Verfolger auf Alis Spur gebracht? Jhr, Herr, wer det nicht vergessen zu berichten, tote gut ich Wort arhalten.« Der Offizier mißt den Griechen, der ihn angeredet, mit einem Blick ansag licher Verachtung, dann winlt er einen seiner Leute heran und läßt sich von ihm ein rundliches Leinwandsäckchen reichen. Dimitriö Augen leuchten vor Habgier, wie gebannt haften sie auf dem den Judastohn enthaltenden Bün del. »Mein hoher Herr, der Pascha,'« hebt der Bimhoschi an, «hat zu mir. seinem Diener. also gesprochen «Wenn durch Allohs Gnade Ali Ahab, der Satan, wieder in Deiner Gewalt sein wird, dann sollst Du dem Mauer-, der ihn verrathen hat, hundert Med jies auszahlen.« —- So, hier ist das Geld. nimm und zähl’s.« Lüste-n greist Dim«ri nach dem Beutel, öffnet ihn und iißt die großen Silberstiicke durch die Finger glei ten. Nachdem er sich von der Nich tigteit der Summe überzeugt hat« will er dem Osfisier die Hand küssen, der aber wehrt ihn ab mit einer Geberde des Etels und sährt sort: »Mein hoher Verr, der Pascha, hat noch weiter zu seinem Diener gespro chen: »Die hundert Medjies musz der Giauer betommen, weil ich’s so ver sprochen beim Barte des Propheten; doch ift mir bekannt die Verworsenheit der Seele dieses Griechenhundes, und ich weiß, daß er es gewesen, der am Ahende des Gerichtztages dein Räu ber zur Flucht verholfen. Wenn Du I mein Versprechen eingelöft hast, dann Ists-ge danke daß solch seine-um nich lebend die reine Luft Atlas-'s nicht lan lger.nerpeitet.«' —- Greist ihn, Zan lties.« Ehe Dimitri die Wendung der Din ge recht begriffen hat, ist er schon am nächsten Baumftamm seftgebunden. Vier Zaptieö formtren Linie zehn Schritte von dem sich windenden. laut heulenden Wicht. —- Ein turzes Kom mandowort —- ein zweites —- der scharfe Krach einer Salve —- ein Kör per in Todeszuetungem «Nehmt das Geld von dem Koda ver!« befiehlt der Eine barfch.—»Den Gefangenen in die Yittel —- Marsch!« If Drei Tage später sticht das türlische Kanonenboot, das auf der Rhede von Selelteh vor Anker gelegen, frühzeitig in See mit Ali Ahab an Bord. Ge gen Abend kommt das Boot zeitlich aber ohne Ali Adel-. Es heißt, er sei in einem unbewachten Augenblick in«5 Meer gesprungen und verfaulen. -—-·.-— »—s « — Die Kollegen. Und wenn der Erfolg auch sür·Dich spricht Und wenn Dein Veirdliienft auch unab we H ch — Unerlennen werben e Dich nicht« Aber ärgern werden e sich lcheußlichl