Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 11, 1901, Sonntags-Blatt, Image 9

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    sEine wahre Geschichte von G. Reigebauer·
Joban Dörfer genoß seit einer lan
gen Reihe von Jahren in der Provin- l
italbauvtftadt B . . . . den wohlberech
tigten Ruf, seinen Gästen einen vor
trefflichen Rebensaft zu credenzen. Jn
feinen Weinstuben versammelte sich
die Elite der Gesellschaft, für einen
Theil der Stammgäste aber wurde
noch ein besonderes Zimmer re
fervirt. Hier versuchten allabenblich
die reichften Rittergutgbesiher ver Um
argend, Offiziere und andere vor
nehme Cavaliere, bei der edelsten
Blume vorn Rhein des Lebens Sorge
zu vergessen.
An einem Winterabende bewegte
fich wieder eine buntgemischte Gesell
schaft von Offizieren und Civiliften
vvon jungen und alten Herren in dem
eleganten Salon. Nur wenige von ih
nen waren nicht nach dem Zufchnitt
der Alltiiglichleit. Graf D. z. B.,
wohl fchon an sechzig, war nech ein
stattlicher Mann, bei den Frauen be
liebt wegen seiner glänzenden Convm
fationsgabr. Freiherr v. L., der viel
bewunderte Held der Damen, ein
schmucker Kürassieroffi,-.ier, der befte
Reiter weit und breit, genoß wohl ge
rade darum die schwärmerifche Vereh
runci des schönen Geschlechts, weil er
ängstlich den gesellschaftlichen Verkehr
mit Frauen vermied.
lieber die guten und schlechten Ei
genschaften deshosraths von W. hatte
die Etiauette einen Sammetmantel
voll Gefchmeidigleit und Weichheit ge
worfen. Die Zielfcheibe des Spottes
war fo manchmal der gutmüthige,
aber nicht mit Verstandesgaben aus
aestattete Commerzienrath Petsch, der
sich auf seinen vornehmen Umgang
viel zu gute that. — Auch Alfreb von
Leiden« ein junger Jnsanterie - Leut
nant, befand sich unter den Anwesen
den. Reich an Ahnen, aber arm an
Geld, verlangte es sein Stand, daß er
sich unter die Gesellschaft seiner Ka
meraden und Adelsgenvssen mische.
Schon umnarnte ihn ein Netz von
Schulden« und um es zu zerreißen,
spielte Alfreb mit dem Wagemutbe
der Verzweiflung Noch eine Persön
lichkeit konnte besondere Aufmerksam
teit erregen —— der Eavaliere Pioru
belli. Der füdliche Typus-, der unver
tennbar auf feinem gebräuten Ant
lit; mit dein schwarzen, vollen
Schnur-wart Und den dunllen Augen
ausgeprägt war, bestätigte theilweise
feine Behauptung, daf-, er ein Italie
ner: wovon er aber lebte, ob er wirt
lich von altem Adel, ob er Vermögen
Desaß, das wußte Niemand. Er war
Von einem der Herren eines Abends
eingeführt worden und wurde seitdem
ceduldei. ·
Die herren waren heute in ienr
animirter Stimmung. sie tamen aus
deni Eichs, der zum ersten Mal seine
Pforten aeössnet hatte.
»Wer baceo!« ries der Italiener,
»die kleine Mis-, Ellen zeigt wirklich
entzückende Grazie in ihren Bewegun
cien.« .
,.Jatvohl, und die englische Voll
blutstute, woraus sie ritt, ivar ein
mächtige Thier«, - mischte sich der
Commerzienrath in das Gespräch
· Ein schallendes Gelächter war die
Antwort aus diesem emphatischen Aus
drucl der Bewunderung.
»Cvninierzien:iithchen,« jubelte der
funae Leiden, »Sie sind löstlicht Als
Jäger halten Sie einen Hasen für ei
nen ausgewachsenenEisbären und als
Reiter einen ostfriesischen Bauerngaul
siir englisches »Vollblut«.
»F mode-T Piombelli,« wandte sich
ietzt Leiden an den Italiener, »wir
müssen heut’ wieder unser Glück ini
Spiel versuchen, ich stehe start iii
Schuld bei Ihnen und bin heut' dazu
ausgelegt, ,,Va banque" zu bieten!"
»Ich stehe zu Diensten, aber wagen
Sie nicht zu viel, Fortuna wendet
nartnäckia den Rücken, wenn nun sie
erhaschen will!«
Vioinbelli nahm die Bank, und
bald zeigte es sich, dasz er, der 'onst
des Glückes-volle Huld besaß, .it’
ini Nachtheil blieb. Husehends ver
rinaerte sich das Häu en Goldstücke,
das er vor sich ausg chichtet hatte,
während Leutnant von Leiden sort
und sort hohe Gewinne einstrich
Auch die anderen Theiliiehiner festen
mit mehr oder minder Glück. Mom
belli hatte große Verluste und sein
hauptsächlichster Gegner, Lieutnant
v. Leiden, wurde immer waghalsiger.
Bald ertönte ein energische-Es »Da
banaiie« von seinen Lippen. Eine
Pause-trat ein. Pioinbelli erwo den
Bestand der Bank —- sein sicht
ward einen Schein fahlen als er die
Karten zu der-neuen -«Taille mischte
—— Alte harrten im steinern Schweigen
auf den Ausgang der hohen Partie.
-—— Da —- Carreaubube -· Eman
tönin — Taste-TM —- für Piombelli. ;
Leiden zahlte rnit einem bitterem Lä
cheln. Sondetbnr —- mit einem
Male hatte sich die Situation verän
« deri. wieder und wieder flossen die
immer höheren Einsiitze in die Kasse
des Bonllmltets. Auch die Goldstücke
des Hofraths rollten beständig dem
Günstlinq Fortunas, Piombelli, zu.
«»Waqe!« rannte ihm der Spielteufel
zu· nnd auch er näselte »Ve- banque!«
Mit kalter Ruhe ordnete der Cavaliere
die Karten, während der Hoftath
in fieberhaster Erwartung feinen Be
wegungen folgte. Jeder Muskel in
seinem faltenreichen Gesicht war ge
heilage Cle- ,,Euzeiger mia bewile
J P Windolph, Herausgeber.
Jahrgang 21. No) 19.
spannt. und die lleinen grauen Augen
drohten aus ihren Höhlen zu treten.
Und abermals war der Erfolg auf
Seiten des Italieners. Mit einem un
artitulirten Laut zerrte der lleine
hofath einige Scheine aus feinem
Portefeuille, warf sie dem Bantier zu
raffte sein Geld zusammen und fchied
aus dem Kreise, ganz die Formen der
Höflichteit vergessend. DerAerger über
den Verlust hatte über die Etiquetie
gesiegt.
Da wurde plötzlich an der Thür
geklapr Die Spieler, die sich über
die Flucht des Hofraths laut moquir:
ten. überhörten es.
»Im Namen desGesetzeg liege ich
auf alles Beschlag!« Diese Worte un
terbrachen schroff die Unterhaltung
Die Cavaliere sprangen von ihren
Sesseln empor. Ein hochgewachfener
herr in schwarzem Gesellschaftsan
zuge, der den Eindruck eines Beamten
in Civil machte, stand vor ihnen.
»Ich bitte die Herren um ihre Na
men. ich bin der Criminalbeamte
hoffrnann.«
Wie in einem Bann zog jeder der
herren feine Visitenlarte, nur Al
fred fas-, noch stumm und starr, bis
er, durch einen Freund aus tiefem
hinbrüten aufgeschreclt, mechanisch
auch die seinige dem Beamten ein
händig-te. Hoffmann zählte die Sum
men und notirte sie unter die dazu
gehörigen Namen mit einer Sicherheit
und Gewandiheit, das-» alle in verwun
dertem Erstaunen ihm«zusahen, ohne
daß ein Laut die feierliche Stille
störte.
,
Der Beamte strich daswelv in einen
Beutel ein und empfahl sich dann mit
militiirischem Gruße·
Die Erstarrung der Gemüther
wirkte noch lanqe fort, als der uner
wartete Spielverderber sich bereits
entfernt hatte. .
»Da soll doch gleich das Wetter
dreinschlagen!« platzte endlich der alte
Nittmeifter heraus. »Was hat der
Kerl hier herumzuschniisfelM Beauf
traat tann er doch unmöglich fein,
denn der lPräsident weiß ganz gut,
daf- wir hier« mitunter unser Spiel
chen machen.«
»Er muß doch auch eine Legitimas
tiorix als Criminalbeamter haben!«
nahm ein anderer das Wort.
»Warum hat denn diese Niemand
verlanat2« warf der Commerzienrath
ein, und der Angstfchweiß stand ihm
noch auf der Stirn.
»Ja, warum? Weil wir alle zu
überrascht waren!« gab als Lösung
der niiifziaen Frage Graf D. zur Ant
wort. »Aber beruhigen Sie sich,
meine Herren, der Polizeipräsident
ist ein intimer Freund von mir.
Gleich more-en sriih, noch ehe ihm die
Beamten Bericht erstatten, werden ich
mich bei ihm melden lassen und ihn
bitten, das Ganze zu vertuschen.«
Man war allgemein mit diesem
Vor-schlage einverstanden, und die
Gesellschaft trennte sich, noch immer
von dem Ereigniß betroffen, ziemlich
aeräuschlos.
Der.-Polizeipräsident war hiichlichst
verwundert iiber die Erzählung des
Grafen. Er kannte weder einen
Criminalbeamten Hoffmann, noch
hatte er irgend einen mit dem Vor
fall zusammenhängenden Auftrag er
theilt. Die Untergebenen »des« Poli
zeichess brachten ihre Rapporte, aber
keiner wußte etwas von dem geheim
nifivollen Spielverderber.
Der Betrüger blieb, um die hochge
ftellten Spieler nicht dem öffentlichen
Spott auszusetzem unbehelligt im
Besitz seiner Beute. Er war spurlos
aus B. verschwunden und mit ihm
der Cavaliere Piombelli aus dem al
ten Geschlechte —- der Jndustrieritter.
Stauden Sie beide im Bunde, oder
Hatte einer den anderen überlistet?
Ein höflicher Itzt-ist«
Was sich bei einer Ausführung ron
Goethe's »Fausi« ereignete.
Fürst Anton Heinrich RadziwilL der
» in: Jahre 1863 in Berlin starb, war
ein eifriger Bewunderer Goethes. Der
hochmusitaliskfx Fürst tomponirte nicht
nur Arien und Chöre aus Goethes
,,"fauit«, sondern brachte ihn auch am
23. Mai 1880 zur Feier des Namens
tcges einer Gemahlin, der Prinzesiin
Luise k riederite von Preußen, aus der
kleinen Bühne feines Berliner Palais
(des jetzigen ReichskanzlernmteD zur
uAssiihrung Ueber die eigenartige
Vorstellung bat Zelter, der Dirigeut
der Sin atademie, an seinen Freund
Goethe erichtet: ,,Denle Dir nur den
Kreis dazu, in dem alles vorgeht; ei
nen Prinzen Gerzvg Karl von Mect
lenburq) als Mephisto, unseren ersien
Schauspieler iPius Alexander Wolfs)
als Faust, unsere erste Schauspielerin
Grau Auqufte Stich, gebotene Cre-in
ger) als Gretchen, einen Fürsten als
Komponisten, einen wirklich guten Kö
ni (Friedrich Wilhelm der Dritte) als
er ten Zuhöret mit seinen jüngsten
Kindern und dein ganzen Hofe, eine
Kapelle der erstenArt, wie man sie nir
gends findet (die königliche) und end
lich einen Singchor von den besten
Stimmen unserer (Sing-) Alademie
aus ehrbaren Frauen Darunter Laura
Förster, die Gattin deg Schriftsteller
Friedr. Förster, die den gesanglichen
Theil Gretchens übernommm hattet
schönen Mädchen und Männern von
Rang — und dies alles ausgeführt
von dem General - antendantE Per
koniglichen u piele — ra en
Brühl), so sollteIYu mir den Wunsch
nicht schlimm beißen, Dich unter uns
gehabt zu baben«. Diese Vorstellung
wurde öfter wiederholt. Dabei lam es
einmal, wie der Bär erzählt, zu einem
drolliaen Zwischenfall. Der Darstel
ler des Mephisto, Herzog Karl von
Mecllenburg, ließ nach den Worten der
Veschwörungsformeh »Der Herr der
Ratten und der Mäuse« die nächste
Zeile weg —- mit Rücksicht auf fein
vrrnebmes Publikum! Da tauchte aber
der weiße Kopf des alten Fürsten Rad
itvill aus einer Versenlun auf, und
feine mächtige Stimme rie : »Der-zog
Karl! Jch lann Jhnen die weggelas
sene Zeile nicht schenken! N einmal!
Da rapo!« Man lann sich as Ver
gniigen der uPauer vorstellen, als
sich der höfli ieplsisto nun auch als
fsur der »Fltegen, Frösche; Wanzen
Läuse« bekennen mußte.
W l
Wie sich die Milch bildet
Die Milch ist ein Product des Eu
ters. Das Euter felost ist aber ein ;
Drüsenotgan, wie andere Drüsen auch,
- . B· die Speicheldriisen, die Talgdrii
sen der Haut, die Leber etc. Wie diese
gewisse Stoffe absondern, so das Eu
ter die Milch. Wenn man auch iiber
die Milchbildung noch nicht vollständig
llar ist, so steht doch so viel fest, daß
sie durch die Driisenbläschen bewirtt
wird. Diese kleinsten Organe des
Euters sind in Bindegetvebsubstans
eingebettet und bilden mit dieser in
ihrer Franzen Masse die zwei Euter
hälften, an denen man wieder se ein
vorderes und ein hinteres Viertel un
terscheidet. Jedes Viertel hat nach
unten einen Strich. Ueber diesen be
findet sich je eine so enannte Mächti
fterne, ein größerer Zohlraum der sich
nach oben zu baumartig in Caniile
verzweigt, bis die feinsten Canälchen
direct mit den Driisenbiäschen in Ver-:
bindung stehen« Das anze Euter ist
nun wectercgån von Sch ag- und Blut
adern dur ogen, deren feinste Vers
zwei ungen ebenfalls wieder mit den
Drüszenbläschen in Verbinduna stehen.
Die Milchbildung muß man sich nun
derartig vorstellen, daß die Drüsen:
bläschen das Vaumaterial aus dem
Blute nehmen, wachsen und wenn sie
eine gewisse Größe erreicht haben oder
von außen ein Reiz auf sie ausgeübt
wird, wie dies durch das Saugen des
Kalbes, sowie durch das Melken ge
schieht, zerfallen und dabei Milch und
verbrauchte Stoffe (venöse23 Blut) bil
den. Die Milch nimmt ihren Weaj
nach unten und sammelt sich, falls s
nicht gemalten wird, in der Milch- s
cisterne an.
-.——.———.
Die Lamms reicher Damen.
Die Launen reicher Damen sind
mannigfaltig; neu ist es aber, daß eine
Ameritanerin in London um einen
Omnibuskutscher wirbt und ihn, was
ja nicht sehr verwunderlich ist, auch
erobert. »Sie« ist una, kaum zwan
zig Jahre alt, hübs und versügt über
8150,000, man steht, es waren alle
Bedingungen vorhanden, das; sie be
tresss eines Gatten wählerisch sein
kennte. Aber sie zog einen Omnibus
wann allen andern vor, die Liebe
kennt eben keine Standesunterschiede.
Die Geschichte der Werbuna, wie sie
der Kutscher, ein junger Mensch, der
an einer sittlichen Linie Londons an
gestellt ist, er ählt, ist kurz und erman
gelt eigentli der Sensation. Die
Dame kam, sah und siegte. Sie be
wunderte die Pserde des Oriitribus.
und ihre Bewunderung übertrug sich
aus den Kutscher. Jhre Neiguna, im
Omnibus zu fahren, obgleich sie eine
zn eispännige Kutsche zu ihrer Versä
grng haben könnte, beschränkte ich
nunmehr aus diesen besonderen Omni
bus,und schließlich bat sie ten Kutscher
selber, »bei Papa anzuhalten«. Die
erste Vorstellung war, -ivie man sich
denken kann, nicht sehr erfolgreich.
Aber beim zweiten Besuch fand der
alte Herr sich in die Lage und aab sei-«
nen Gegen. Nun ist die Familie mit
der Braut in die Heimath abgefabren·
In einer Woche folgt ibnen der aliickli
che auserwrhtte Bräutigam, für den
eine aeniiaende Summe zur Bezahlung
der Uebersahrt und zum Antan einer
Ausstattung hinterlassen wurde.
Was bedeutet »Bei-mits
Tie Ableitunq des Namens »Ver
lin« hat den Sprachgelehrten schon
außerordentlich viel Kopszerbrechen
verursacht. Da soll Berlin zunächst
das Verkleinernngswort von Bär oder
Beere oder auch Perle sein. Man hat
das Wort sogar vom Griechischen av
zuleiten versucht und dazu kurzweg die
Voraussetzung gemacht, daß Berlin
eine grie ische Niederlassung gewesen
sei. Eine ganze Anzahl Erklärungen
geht auf das Keltiscoe zurück. Es ist
jedoch außerordentlich fraglich, ob Kel
ten in die zu ihrer Zeit n völlig
versumpsle und versandeteMar Bran
denburg, die zur Ansiedlung nur wenig
verlocken konnte, gekommen sind. Es
bleibt die Ableitung aus dem Stam
schen übrig, und siir diese spricht schon
der Umstand, daß das am rechten
Spreeufer gelegene Kölln slavischen
Ursprungs ist: Kölln bedeutet im Was -
ser stehende Pfahlbauten. Der am
linken Spieeufer liegende Theil hieß
ursprünglich »der« Berlin. Der Ritter »
Hermann Borlaut zu Lichtenberg
1392, der Ritter Heinrich von Reichen- s
bcch 1394 und Wichatd von Rochow
ini Anfange des 15. Jahrhunderts
schreiben »die vier Gewerke und die
ganze Gemernheit, die Rathsherren, die
ehrsamen Bürgermeister und Raths
herren — An dem Berlin«. Aber auch
von slavischen Wörtern hat man sehr
verschiedene zur Erllärung des Wortes
Berlin herangezogen, z. B. »ber«,
nimm, nnd »lin«, die Schleic. oder
,,l)r-r'«, der Wald. nnd »glino«, der
Lehm, oder ,,bor« und »rolina«, der
Acker, oder auch »bero«, die Stange,
das Scepter. Nach dem ,,Bär" ist das
Wort jedoch von »pero« abzuleiten,
was im Slavischen die Feder bedeutet.
Die zweite Silbe weist auf einen noch
iin Polnischen erhaltenen Stamm hin,
dessen Bedeutnnei »sich 1nausern« ist.
Tarncch bezeichnete Berlin den « rau
serplatz der Gänse nnd Enten, den
Weideplatz sitr das Federvieh der REFU
; izer Bürger, welche Erklärung auch
H ausgezeichnet siir die anderen Ort
schaften, die »Bedin« oder ähnlich
heißen, passen würde-.
—-—-—-—»,
Im wilden Europa.
Der Geograph der Tiibinger Hoch
schule, Professor Hassert, ist von einer
Reise durch Montenegro zurückgekehrt
Als das ,,dunlle Euro a« bezeichnet er
dieses wilde, vom Schleier des Ge
: heimnißvollen umhüllte Land, das in
seinem Innern theilweise noch unbe
tcnnter ist« als das Innere Afrilas
und in dem Menschen und Natur sich
vereinigen, um das Reisen auf das
Lieuszerste zu erschweren. Trotzdem un
ternahm der orscher von Stulari aus
eine Anzahl irderungen ins Innere.
insbesondere auch in die wildromanti
schen, von einer räuberischen Bevölke
ring bewohnten oberalbanischen Al
Pen. Den Culturzustand der Einwoh
ner schildert Prof. Hassert als ein-en
unglaublich niedrigen, was hauptsäch
lich darauf zurückzuführen ist, daß die
Albanesen geradezu eifersiichtig um"
ihre Abgeschlossenheit von der Auszeni
tkselt besorgt sind. Bei seinen geogra
plfsischen Ausnahmen begegnete Prof.
Hassett den größten Schwierigkeiten,
weil man in ihm einen Straßenbau
Jngenieur witterte; wiederholt wurde
der Versuch gemacht, ihm seine Auf
zeichnungen zu rauben und zu zerstö
ren. Die turchtbarite Geißel des Lan
des sei der tief eingewurzelte Gebrauch
der Blutrache, gegen die sich alle Ein
sliisse, auch die der Religion, als
machtlos erweisen. Mituntser werden
durch sie ganze Geschlechter ausgem
tet. Ein Menschenleben ailt so wenig,
daß jährlich 25 bis 75 Procent aller
Todesfälle auf die Blutrache zurückzu
siihren sind. Weg-en der Blutrache sind
in den oberalbanischen Bergen alle
Häuser aus Steinen erbaut und statt
mit Fenstern mit Schießscharten ver
sehen. Niemand wagt sich unbewafsnet
ins Freie, und wenn man den Atham
sen auch nur in den seltensten Fällen
mit einem Hemde bekleidet antrisst,
ohne Gewehr trifft man ihn nie. Da
Prof. Hassert ein bedenkliches Renkon
tre mit einer Räuberbande hatte, ver
weigerte der Wali der Provinz die Er
laubniß zu weiteren Reisen ins Jn
nere, da er iie Verantwortung nicht
mehr übernehmen zu können glaubte.
Hoheitsvoasmscnvusik
Könian Viktoria liebt nur sehr ein
fnche Pnrfiim5. Sie bevorzugt Pat
schuli, dos mit der Einführung der in
bischen Sbawls Mooe wurde. Für die
Wäsche liebt die Köniqu das aute
altmodische Hansmiitel englischen La
rendeL das sich in Ennlnnd in allen
Klassen Einaanq verschsasfte. DiePrin
Resssn von Wales bat daqegcn einen
nltramodernen Geruchssinn. Ihr ae
niiaen die altmodischcn Parfüms nicht
nicht, und es aiebt kaum eine neue Er
sinduna aus diesem Gebiet, die sie nicht
gründlich und unparteiisch prüft. Kö
nigin Wilhelmine vor-. holland hat ein
ganz besonderes Vertrauen zu den
Vorzügen von ,,Eau de Cologne«, von
dem sie einen sehr ausgiebigen Ge
brauch macht. Sie gießt jeden Mor
gen eigenhändig einen Theil der Flüs
sigkeit in ihr Bad, nachdem sie die
Qualität über einer Lampe geprüft
hat. Die Kaiserin von Rußland hat
eine große Vorliebe für Pnrfümsz den
französischen giebt sie entschieden den
Vorzug. Jhre Gemächer und die zu
ihnen führendeii Korridore werden mit
Parfüms, wie Jonquille, Jasmim
Frangipan, Veilchen unsd anderen, be
sprengt. Der Zar hat übrigens auch
eine Sschwöckszpe für Parfiims. Die
deutsche Kai erin liebt persdnlich am
meisten den Geruch von frischgemähtem
Heu, im Zimmer aber »Eau de Co
ogne«. Die Königin-Wittwe Mar he
rita bevor ugt fchon feit JaPren ak
lermo-Sei?e. Auf ihrem Toi ettentifch
steht Chinin-Zahn ulver für ihre
Zähne, arabisches undwa er und
,,Eau de Cologne« für ihr Ta chentuch.
Die einzigen Parfiims, die die Kaise
rin Friedrich benützt, sind Maiglöck
eben und ebenfalls »Er-tu de Colo ne".
Ein sehr Lein entwickelte-Z Gefüh für
Parfüms esitzt die Kronprinzefsin von
Rumiinien. Sie gebraucht Rosenwaf
fe: für den Teint, und zur Abwechs
lung ein bestimmtes tonisches Pflan
zenmitteL Jhre Tafchentücher sind
mit Jasmin parfümirt und ihre
; Wäfchetruhen, die alle mit Sämisch
» leder aus-geschlagen find, mit weißem
Heliotrop.
-———.—————
Exn skanzösiches Klauditt
Seit einigen Monaten ist man in
Frankreich durch Nachrichten aus Ma
dcgaskar über erhebliche Goldfunde
im Flußthal des Amspasary in eine
nicht geringe Aufregung versetzt wor
den. Jen November ist die Ausbeute
bereits auf 200 Kilogramm Gold ge
stiegen. Der von den Eingeborenen er
zielte Gervinn ist zuweilen beträchtlich
und Daher hört ter Zufluß von Gou
suchcrn nach den Plätzen nicht aus, ob
gleich eine Sterblichteit von geradezu
ungeheuren Maße unter den Arbe:
tern wiithei. Nach den neuesten Pro
srecten wird vie vcn Nord nach Siid
deiiiletiasary-Fluß parallel laufende
Bergtette als die glvdreichste Zone be
i
zeichnet, aber auch alle Zuflusse von s
links her sind ditiem Gebiete Hinzurech
nen. Das Schwemmland dieser Fliisse
ist besonders reich an Gold und wird
binnen kurzer Zeit den bereits am
Amvasary arbeitenden Goldsuchern
ein sehr asisgedehntes Feld der Thä
tigkeit bieten. Es ist daher zu erwar
ten, daß das neue Goldland immer
neue Scknvärme von Menschen herbei
ziehen wird, die ihr Glück suchen wol
len, allerdings zum großen Theil Lin
Tod finden werden. Aus dem Gold
reichthum der Seiten-Thäler des les
rsarh wird dre Schluß gezogen, daß
vie dstlichen Gebirae, wo sie entsprin
gen, wirkliche Goldlager von Bedeu
tung enthalten mußten, und es wird
als wahrscheinlich angenommen, daß
auch die nach Westen von jenem Ge
birge herabströmenten Flüsse Gold in
großen Mengen enthalten. Besonders
scheinen die Thdsler des Saka und des
Fanamara dem Amipasary den ersten
Rang streitig zu machen, sie werden
für die an sich reiche ProvinzI Meinun
zarh ein neues Element großen Wohl
standes bedeuten. Der gleichnamige
Hauptort dieser Provinz ist der zweit-—
lsedeutendste Hafen an der Ostliiste;
dort hat sich schon eine Gesellschaft
Zur Getvnhrung von Credit an die
Goldsucher gebildet, um eine schneller-e
Entwicklung des neuesten Klondyke
in die Wege zu leiten.
Ein fchnurriges Testament.
Ein schnurriges Testament hinter;
ließ der schweizerische Nationalraty
Feller in Thun. Dasselbe wurde nach
letzter Willens-verfügung des Verstor
benen allen Bürgern der Gemeinden
Thun, Noflen und Uesbeselii gedruckt
31.gestellt. Haupterbe ist das bernische
Kunstmuseum; es erhält 135,000
Franken und verdankt dies nicht etwa
der Kunstsreundlichteit, sondern der
persönlichen Freundschaft Feller's mit
dem Director Davinet des Kunstmu
seums in Bern. Die Summe wäre
wohl auch der Gemeinde Thun zuge
kcmmen, wenn seine Mitbiirger ihn
1896 bei der Nationalrathswahl nicht
im Stich gelassen hätten. Die Ce
mtinde Thun erhält immerhin noch
etn « anständiges Stimmchen, sofern
te die sonderbaren Bedingungen fes-Z
Testators erfüllt. Absaesehen von
zahlreichen Vermächtnissen an die
Vereine erhält die Stadt Thun IT
000 Franken, sofern sie den .-·»"«:ers.«n
fetten - Michel aus allen feinen L
amtunaen entfernt und dem Pein-ur
lrlkrer Lämmlin verbietet, weiter in
den Thuner Localansieiger zu schrei
ben! Andere Veraabunaen THIer
sind an die Bedinanna aelniivft, das-;
die Gemeinde Ihm bestimmte Zum
men zur Herstellung und Verbesserung
der Trottoirs nnd der-W«ver
wendet, was thatsiichlich M
Zäa e sein soll. Endlickt UNr
r orge getroffen, daß fein -
ten bei den Bei-achten treu . t
werde. So sind jährlich 700 Frau n
ausegesetzt fiir ein Dantett, n dem
die Direktion und tie Cornmis wn des
Berner Kunstmuseumb. die Mk lie
ter des Kunstvereins und die » r
an der Kunstfchule eingeladen
sollen. Diesem Festeffen hat der Te
stator seinen reichen Flas nieset,
seine silbernen Becher-, seine igarren
und Tabate vermocht. Es darf bei
dem jährlichen Festessen nur aus den
silbernen Bechern getrunken und aus
den zahlreichen Pfeifen und Eigarren
spitzen des Schenkers aeraucht werden.
Tunnellimng der Meer-enge von
Gibt-klirren
Eins der nächsten roßen Projelte
zur Verbindung der rdtheile durch
neue große Verlehrssirageen wird in
einem Tunnel unter der eerenge von
Gibraltar bestehen. Wie die über den
Bosporus projektirte Eisenbahnbrücke
Europa und Asien verbinden soll, so
soll jener Tunnelbau die direkte Eisen
bchnverbindung zwischen Europa und
Lxsien herstellen.
Vom Viceconsul Murphy in Magde
burg hat d-s Staatsdepariement in
Washington einen Bericht über den
ssiejektirten Tunnel erhalten. Der
französische Jngenieur Verlier-, welcher
den Regierungen von Spanien und
Marokko seine Vorschläge fiir dieses
Projekt unterbreitete,soll vollkommenes
Vertrauen in die Ausführbarkeit des
Planes haben; er behauptet, es biete
keine größeren Schwierigkeiten als die
Durchtunnelung des Mont Eenis, Si.
Gotihard oder des Arlberges.
Die einzig nennenswerthen Schwie
rigkeiten seien die Ventilirun des sub
marinen Tunnels und die ortschaß
frn der sich beständig ansamme nden
Waffermassen Trotzdem behauptet
Verlier, daß er durch einen Ge ·mpro
zeß, der sein Eigenthum i , diese
Schwierigkeiten überwinden und den
Tunnel zu einem Preise herstellen
tdnne, der die Kosten des St. Gott
hard-, Arlberg- und des Simplontum
nels nicht übersteigt. Er erklärt, wenn
der Tunnelbau von beiden Seiten
gleichzeitig in Angriff genommen wird,
lönne dessenVollendung bis 1907 sicher
erfolgen. Die Länge des Tunnels soll
nicht mehr als 25 Meilen betragen, da
von würden sich 20 Meilen unter dein
Meere besinden. Die Kosten des Tun
nels werden auf etwa Z28,000,000 ver
onschlagt.
Die Bnren auf St. Helena.
Dieser Tage kehrte Fürst Begra
tion - Muchransti «von St. Helena zu
rück, wo er sechs Monate gefanan ge
halten wurde, und Zwar als Adxutant
des Generals Villebo-is, dessen kleine
Al)theilunq, bestehend aus H10 Mann,
am 5. April von den Englanderngek
fangen genommen wurde. Der Fsurit
erzählte hochinteressante Tetatls uher
den Aufenthalt des Generals Cronje
und seiner Leitensgefährten. Der
tepsere Cronje haust in einem zerfal
lenen Häuschen, bestehend aus vier
Zimmern, wo auch seine Frau, sein
Neffe, sonie der Feldcornet und Se
lritär unteraebracht sind. General
Crrnje theilt mit allen anderen
Kiieqsaesangenen die gleiche schmale
Krist, nämlich 1 Pfund Fleisch und 2
Lfix Brot pro Tag. Man nimmt
keine Rücksicht aus seine Stellung noch
Gewohnheiten Das Essen wird ihm
auf einem rohfrezimmerten Tisch ohne
Tischtuch und Serniette serrirt, das
dazu aethiqe Salz direkt auf den
Tisch geschüttet. General Cronje so
wie den mit ihm qefanaenen 55 Offi
zinen und 2000 Soldaten mangelt es
hauptsächlich an auter Verpflegung
und Bekleiduna. Die Soldaten kom
inen bei letzterer- Fraqe noch besser da
von, während man von Cronje und
seinen Ossizieresi erwartet, daß sie sich
Kleider und Wäsche selbst beschaffen
können, und dabei ist zu berücksichti
csen, das-, selbst für Geld auf jener
itden Insel Nichts zu erstehen ist. Of
siziere sowie Mxnnschaften sind ins en
gen Zellen unterqcbracist, deren je ei
nes-I nur Platz siir zwei Personen Thie
iet, worin sich jedoch vier Osfiziere
oder ztrdls Unterinilitärs theilen
müssen. Nun mit dem einen russischen
Krieqsaesanaenen, dem Freiivilliqen
Fürst Baqration - Muchransli. ha
ben die Engländcr einet Ausnahme ge
rne-ht. Er erhielt ein eiaenes Zelt und
srrgsaltige Verpslegung.
Wer war der erste RadsahrerP Dar
iiber gibt eine ernsthaste AnekdoteAus
kunst, die lsei einem alten Anton ver
graben, neuerdings an’s Licht ge ogen
wurde. Der römische Schri tsteller
Hyginus,Freigelassener und Bi Its-the
kar des Augustus, hat außer Fabeln
auch vier Bricher über die Astronomie,
d. h. Aber Bedeutung und Entstehung
von Sternbildern und -sagen hinter
lassen. Er berichtet über Triptolemus,
tem die Griechen in Verbindung mit
Ceres die Verbreitung des Ackerbaues
zugeschriebrn, folgende intressante No
tiz (Bnek,- L, C, 14), die zu deutsch
l(utet: »Ceres hieß ihn, der zuerst sich
eines einzigen Rades bedient haben
scsll,. um im Laufe rascker vorwärts zu
kcmmm Getreidekörner überall ver
tlnilen.« Natürlich handelt es» sich
hier eben so Inn ein artechisches Phan
t(«sieaebilt.i.«, wie bei der Flugnmschine
des- seliqen Diidal11s. Aber es ist doch
denkniiirdiq. das: der weitschauendc
bisllenische Geist der auchaus techni
sebem Gebiete manchesStaunenswerthe
geleistet hat, sich mit der Idee des
Fahrraves alles Ernsteö beschäftigte.