yea- und «Evn. Eine Erinnerung an Cehlon von : A. de Geriolles. Gleich einem Paradies aus Blumen und Palmen taucht Cehlon, die geheim nisvolle, die göttliche Insel, die wun sderdare Serebendide der Scheherezade ghinter den blauen Schleiern des hort vzontes empor, und schon sendet uns die von der glühenden Sonne durchhitzte lErde au lauer Brise ihre schweren tro .pifchen iiste. Ein Eiland breitet sich vor uns aus, aus dem die Kolospalmem schlant und starr, den Fuß in den Wogen baden « und hoch in den Aether empor ihrc zit ternden Kronen strecken. Dicke Schichten von Jnsusorien stir-: g ben das Meer mit tiefem Noth und um«-— ; schließen wie mit einem Gürtel von - Rubinen die Flanlen der Insel. s Ein einziges großes Fest ist all das ; überschiiumende Leben dieser singhali- ; fischen Natur, und doch zittert es wie ; ein sanst melancholischer Hauch durch ; die linde Feuchtigleit der Lust. Um uns her wogt die steigende Fluth ’« der Eingeborenen; von Hunderten von f Pirogen getragen, schaulelt ein Ge wimmel hronzehrauner Wesen aus den Wogen, mit Geschrei und ohrlietiiuben- - den Rufen. « Endlich erreichen wir diesen Boden, den tvir mit immer gleicher Wonne be- s treten, und suchen Unterlunst in einem . .lomfortablen Hotei. Im prachtvollen F Speisesaal, von möcht gen Palmen be- s schaltet, versammeln sich zwei bis drei- i i l ! 1 i i « I l i I I i hundert Personen aller Rassen, aller Karl-en, aus allen vier Weltrichtungen rgeweht, um eine ungeheure, licht- s überslutheie, verschwenderisch mit Blu- j men geschmückte Tafel; am Plasond ! huschen kleine, eigenthiimlich rosig ge- ; siirbte Eidechsen hin und her und ha- » schen im Fluge die schwirrenden T Mücken. ! Um uns her gieiten barsiiszig mit lei- l sein Schritt, ernst und sanft, die singha- ; lesischen Diener in ihren engen weißen s Mitten, das ebenholzschwarze haar von ; einem Schildtrotlamm hoch zusammen- j gehalten s- d st« Des Morgens, bei Tagesanbruch, « tommen die Wagen mit den weißen Planen. Wir passiren Colombo. Langge dehnte, regelmäßige Allern, von Eben- ; holz- und Sandelholzhiiumen und rie- - senhaften Palmen in Schatten ge taucht. - Dann erscheint am Fuße der Koloss palmen die schwarze Stadt, reizende Hütten, unter deren Dächern hier und dort fremdartige Blumen nicken Auf der Schwelle die gra iösen Singhalesen, mit den arischen iigen und dem nackten, schlanlen Oberliirper, kämmen vom Morgen bis zum Abend ihr langes, wallendes Frauenhaar, das ihr Entzücken, ihren Stolz bildet. Die Frauen. weniger schon als die Männer, doch unendlich anmuthig mit ihren vielfarbigen Schürzen drapirt, « nehmen sich auf diesem Hintergrunle von Grün wie riesenhafte lumen aus die diesem Feuerboden entsprossen s nd - Wir verfolgen jetzt durch den Wald i eine rothe, zu dem »Jardin de la Can- . nelle« führende Straße; hinter uns, ! neben uns laufen Singhalesen, die Ell bogen an den-Körper gedrückt, mit aus l l gestreckter Hand, —- bettelnd Hier der Garten· Einige Kinder von zwölf fünfzehn Jahren, Gestalten - wie aus matter Bronze, von antiter Schönheit, bieten uns den ersrischenden Saft der Kolosniisse und anderer sü ßer, löftlich wohlschmeelender Früchte. Jn einem Kreis azurblauer Berge ein unendliches Thal von einem brei ten von Krolodilen wimmelnden Fluß durchstromt, der seine schweren Wellen in einem einzigen, mächtigen Fall da hinrollt, glatt faltenlos. Der feuchten, heißen Erde entsprießt in toll ausschiiumender Lebenskraft eine wunderbare, fremdartige Begetatiom triumphirenden Riesen gleich, strecken die Kotospalinen sich zur schöpferischen Sonne empor, und durch das sanftef Rauschen ihrer Blätter streicht das ewige Zittern des Bambusrvhres. s Fern am Vorkzont der Pic Adam, in ' violette Schatten getaucht. Von diesem Gipfel aus, so sagt die Legende, nahm, nachdem das graue irdische Werk voll bracht, Jehovah, mit seiner Schöpfung ufrieden, den ungeheueren Aufflug, der ihn in »den Himmel zurückschleuderte, während der » els die Spur seines gött lichen Fußes iir die Ewigkeit bewahrte. »Warst-en Sie an ein adsoluteö Glück »aus dieser Welts« stagte mich traumbes langen mein Gefährte, ein junger Leut iaifit, der sum vierten Male Indien be rei te. »An ein absolutes Glücks Nimmt juristi« »Nun denn, so kommen Sie mit mir zu Adam und Eva, und Sie werden lauben lernen, mein lieber heiliger homas.« »Wer ist das, Adam und Chai« «Eine der Sehen-würdigteiten der Insel, allen Neisenden bekannt; ich dek sichere Sie. ein interessantes Paar.« »So erzählen Sie mir doch Näheres darüber.« »Nein, ich will Ihnen die Ueber raschung nicht schmälern; kommen Sie.« Wir bestiegen wieder unseren Wa gen; die hihe hatte ein wenig abgenom men, und alliiberall in dem strahlenden Licht schwebten schillernde Schmetter lin e, Tausende von grünen Papageien mi Metallgeiunlel durch die Lust . . . The-Es Wik siFiZ engste-Hilf I E s i « ! I i W Unter einer Gruppe schlanien Bam busrohres, oon einem Patrnenbain ums « schlossen, eine blumenüberwucherte hätte; beim Eingang saßen aus einer ; Bank zwei seltsame Greise: ein Mann, ’ ein Weib. Der Mann groß, mit den Spuren männiicher Schönheit in seinen Zügen; die Frau mittelgros« sast dürr in ihrem singbalisischen Schutz. init slatterndeni, » noch blonden Haar, aber von einem sah « len, farblosen Blond. Um den Leib über dem Schutz trug dieses seltsame Paar einen breiten Blättergiirtel; wie in se ligem Traum verloren, hielten sie sich an der Hand. « Unser Nahen schien sie zu erwecken; leisen, schleppenden Schrittes traten sie näher und forderten uns lächelnden - Mundes in reinstem Englisch auf, ihre hütte zu betreten und uns dort zu er- i : frischen. z r- Jch war von ihrer Haltung, ihrem ; z Wesen aus-Z Tiefste verblüfft. Mein « E Freund wandte sich an die Frau und « ’ sagte: sj f »Seid gegrüßt, Eva, meine Mutter! ; T Euer Sohn sreut sich, Euch stets gleich ! i glücklich in dem Eden wiederzufinden, Edfaf Euch zur Wohnung angewiesen· - it·« T Die Greisin wandte sich ihrem Ge- ’ führten zu und suchte dessen Hand. »Ja, wie sind glücklich«, erwiderte sie, »immer, immer glücklich; nichts stört sortan unseren seligen Frieden; ihrer stets vergeblichen Versiihrungsoersuche müde, bleibt die Schlange endlich unse rem Paradiese sern, und wir sehen un sere Kinder in unendlicher Schönheit , und unendlicher Güte die Erde bevöl- s tern.« ; Der Leutnani wandte sich dem Greise z zu: l i ’ gleich reizend glauben und einander s i s sehen in allen Menschen ihre Kinder, »Und wie lange, VaterAdany gevenrr « Ihr diesesGliick zu genießen und in die- ; fer Welt der Wonne zu leben?« i Der alte Mann erhob die Blicke zum F Himmel, wie um eine Erinnerung, ein F liingst entschwundenes Bild dort zu » finden, und erwiderte: ; »Als mein Herr und Schöpfer, um i sich zum Himmel emporzuschwingen,; den Fuß auf jenen geheiligten Gipfel i setzte, sprach er zu mir: «Adam, mein ; vielgeliebter Sohn, Du wirst Eva, die i Gefährtin, die ich Dir lasse, lieben wie Dich selbst; Du wirst sie mit Deiner z Seele umhüllen, auf daß nichts sie ver- l lese, nichts sie verwunde, und Jhr wer- 1 det die Ahnen des ganzen Menschenge- z schlechtes werden. ! »Ich schenke Euch dieses Paradies, i das an Schönheit dem meinen fast ! gleicht, und ewig vereinigt werdet Ihr ; darin wohnen, wenn Eva der Schlange : widersteht, die sie versuchen wird.«« ’ Er zog die Geliebte an sein Herz und, sie mit unsagbarer Zärtlichkeit betrachtend, sprach er: »Sie hat überwunden . . . .« ; Jmmer noch Hand in Hand und von ihrem unbesiegbaren Traume hingeris sen, hatten sie unsere Gegenwart ver- ; gessen, . . . . in der Harmonie der umge- s benden Natur lauschten sie dem Ge-; sang ihrer alten, naiven Liebe. l se «- se l Jn schnellem Tempo rollten wir Co lombo zu, lächelnd betrachtete mich . mein Gefährte. »Wie tröumerifch Sie sind!« sagte; er. »Wie steht es nun mit Jhrer schö- I nen Theorie von der Unmöglichkeit ei nes absoluten Glückes? Haben Adam und Eva Sie nicht bekehrt? »Da haben Sie zwei Wesen, die im mer noch in den paradiesifchen Zeiten leben, die sich immer noch gleich schön, mit dem Glauben ihrer Unsterblichkeit vergöttern. Haben sie nicht wahrhaftig dieses absolute Glück erreicht, das Sie soeben noch leugneten?« «Fiigen Sie hinzu: und diese Wesen ihre gliich schönen, gleich guten Kin der· Gewiß, das beweist, daß in ihnen disEinbildungstraft unlvahrscheinliche Höhen erreicht hat; trotzdem beharre ich nicht weniger fest in meiner Theorie und kann nur sagen, daß ich wahrhaf tig weit habe reisen müssen, um eine Ausnahme zu- finden, die die Regel be stätigt. Uebrigens haben diese beiden, so abnorm glücklichen Wesen ihr Glilck unter völlig abnormen Umständen ge funden: es sind Geistestranke. Wie seltsam, dasz ber gleiche Wahnsinn zwei Individuen im gleichen Augenblick be fallen und sich in so abfolut gleicher Weise öuszertt h «s,k-srs »Nun heraus mit ver Geschichte, denn eine Geschichte muß dieses Phä nomen selbstverständlich haben. Jch zünde rnir eine Cigarre an und höre ; Ihnen zu.« »Gewiß hat es eine Geschichte, eine kurze und einfache Geschichte, die Je deimann hier kennt. «Diese guten. in sanftem Wahnsinn befangenen Leute. die wir soeben be sucht haben, waren vor vierzig Jahren ein reizendes Englanderpaar, sie schön und blond wie unsere unvernünftige Ahnmutter, er schön, kräftig und braun wie unser allzu nachgiebiger Stamm vater. »Sie waren aus England nach Cen lon gekommen, um die Erbschaft anzu treten, die ihr Onkel, ein reicher Plan tagenbesitzey ihnen hinterlassen. Sein Bungalow, ein prächtiger Wohnsitz, er- ; hob sich wenige Schritte von der Hülle, s die wir soeben verlassen ; er vereinigte : in seinen Räumen allen Luxus Indiens und allen aus Europa dorthin impor tirten Komfort. »So lebten Ite drei Jahre lang in l llicklicher Vere nigung das reiche Leben r Pflanzen W »Bald jedoch bemerkte man, da jhr i Geiist von den alten Leaenden der nsel ! selt am beeinflußt wurde ; zu wieder- E holten Malen bestiegen sie den Pics Adam und tehrten mit fieberhaft ent- I flammter Phantasie von dort uriicl. ; »Zum-new wenn sie ihre "chönheit I mit jener unserer Stammeltern vergli chen, nannten sie sich Adam und Eva. Dann schniiiclten sie sich spielend, wie jene, mit Laubgewinden ; dies Spiel ward bald zur unschuldigen Manie, und beunruhigende Schatten trübten ihren einstmals so reichbegabten Geist. ,,Eine Fintastrophe belchleunigte den Langbefiirchteten Ausbruch der Krank eit. ,,Jn einer Nacht landeten malahische Piraten auf der Insel, stürzten sich auf das Haus, zerstörten es und steckten eg in Brand, nachdem sie die Diener nie dergemetzelt Den jungen Besitzern des Gutes war es gelungen, halbnackt in den Wald zu flüchten, doch ihr Schicksal war besie gelt . .. der Geist war gestört. »Da ihr Wahnsinn harmloser Natur war, ließ man ihnen die Freihkkk- khk stilles Dasein in der blumeniiberwu cherten Hütte weiterzuleben und in ihrem engumsriedeten Paradies die Seligkeit ihrer Zärtlichkeit fortzuspins nen.« st- II O Zwei Jahre später traf ich in Cher bourg wieder mit Leutnant X. . . . zu sammen, der seit Kurzem aus Japan heimgekehrt war. »Und unsere alten Freunde,« fragte ich ihn, ,,wie steht es mit ihrem Glück?« »Sie genießen jetzt in Wahrheit das einzige Glück, das niemals endet,« er widerte er. »Denselben Abend haben sie Beide die ewige Reise angetreten ; sie sind geschieden, wie die Guten und die Einfaltigen scheiden, ein Lächeln auf den Lippen, die treuen Hände treu ver eint. ,,Seite an Seite hat man sie zur Ruhe bestattet, unter dem Bambusges striipp, das ihre Hütte beschattete ; er innern Sie sich noch ?« Er schwieg, meinen Geist durchzü terte ein Erinnern wie an rothe Erde, an feuchte Wälder, wunderbar fremd artige Blumen, an schwermiithige, sanfte Wesen, und auf dem Unmenge schmiiclten Grabhügel, worunter meine Eintagsfreunde ruhen, glaubte ich die grünen Kronen der Kolospalmeu sich neigen zu sehen, das Flüstern und Stöhnen des zitternden Rohres zu ver nehmen. , « —.—-— . Z m G r n tI e.« »M« ..»» - . Stizze von A. G a b e r. -—-·-.- - .- « Einen wundervollen Kranz hatte sie ceben irn Blumenladen erstanden. hryfanthemen, Lilien und Palmen, von einem Büschel herrlicher Rosen ge halten. Nun raffte sie die Schleppe ihres Kreppileides zusammen, zog den Schleier iiber das blasse Gesichtchen und schritt rnit vornehmem Gruße der Thüre zu, die ihr der jugendliche Vertäusir mit devotem Vernei en öffnete. Der Diener folgte mit dem tanze. Jn raschem Galopp sauste der Wagen durch die belebten Straßen. Bald be fand sie sich außerhalb des brausenden Lebens, draußen auf der stillen Chauf fee, nur hin und wieder ein Wohnhaus, ein Neubau, eine öde Bauftelle, welte Wiesenpläßr. Ja» der Kranz war fein Und ge fchrnacivoll. Sie freute sich ordentlich daran. Ja, sie hatte Geschmack. Das bewies auch das Denkmal, welches sie der Mama hatte aufs Grab setzen lassen und das heute aufgestellt werden follte. Und dann hatte sie Befehl gegeben, den Hügel mit Blumen zu schmücken, so schön und so reich wie möglich. Kosten puntt Nebensache. Traurig war ja das Alles eigentlich, furchtbar traurig. Daß die gute Mama so plößlich sterben mußte, gerade als Eise sich mit dem Gatten auf der Pari ser Reise befand. Man hatte ja schon viel früher zum Besuch der Ansstellung fahren wollen; aber der Sommer war so anhaltend schön gewesen und derAuf enthalt in Baden - Oben fo inter essant, daß Eise sich gar nicht davon trennen konnte. Und als sie dann in der iurzen Pause zwischen den beiden Rei sen die Mama auf ein paar Stunden besuchte, hatte gar kein Grund zur Be- J fdrgniß vorgelegen. Nein, wirklich nicht. Sie war ja schwach und zart, die gute Mama, und der böfe Huften quälte iie manchmal recht sehr. Das war man nber schon seit Jahren gewohnt gewe en. und oann plotzuch oas Ichreauaze Telegramm. das ihr der Pariser Por tier überreichte, als sie aus dem Theater zurückkehrte! Sie hatte es vergessen, daheim mitzu theilen, daß man das Hotel hatte wech seln müssen. Wer denit denn auch gleich an Alles! Nun kam das Telegramm mit einiger Verspätung an. Jn aller Hast beschasste sie sich noch die nöthige Trauertoiletie. Und als sie in Berlin eintraf, waren alleVorbereitungen schon erledigt; sie kam gerade zur Beerdigung zurecht. Ach ja, die Beerdigung. Sie hätte sie ern viel feierlicher gesehen. Der ein fache Sarg, die bescheiden dekorirte Lei chenhalle; man hätte doch Alles viel schö ner machen lisnnen, viel würdiger, viel kostbarer! Und dann der Platz. Das war das Schrecklichstr. So mitten unter den An deren, wie gerade die Nummer kam. Wie ollte man sich dahin durchwinden wi chen den anderen Gräbern, ohne si die Sachen zu zerreisekli Warum —- ei ! giebt doch Wahlstetlent ? Ja, wenn sie zu hause gewesen wäret J Wenn man sie wenigstens um Rath ge fragt hätte! Aber Schwester Anna hatte stets ihren Kopf sie sich. Das war . schon immer so. Doch nun liess sichksg nicht mehr än dern. Man mußte sich mit den Dingen abfinden, wie sie eben lagen, und das Trauerjabr hinnehmen und innehalten, wie es eben Sitte und Pflicht war. Und nenne auch recht- schwer wurde. Sie hatte sich sos auf den lommenken Winter und die Gesellschaften gesreut. Die ersten. die see als- junge Frau mit machen sollte. Denn in- vorigen Jahre —- du lieber Gott — da gings ja nicht; da mußte sie zu Hause bleiben, aus Ge sundheitsrücksichten Und als sie dann endlich, nach vieler Qual und Todes angst, ein kleines Wesen im Arm ihr ei gen nannte, da war’s auch eben nur wie ein Traum, das junge Glück. Denn nach acht Tagen starb ihr Kindchen. Sie trocknete die Augen mit dem schwarzumsäumten Batifttuch· Daß sie auch gar keine Freude haben soll im Le ben! Was hat ihr bis jetzt ihre Ehe ge bracht? Nicht eine glückliche Stunde. Und vorher. in der MädchenzeitZ Lie ber Himmel, knapp ging es daheim zu, knapp und streng. Arbeit und Mühen den ganzen Tag! Es war ja oft recht ge miithlich, dieses gemeinsame Schaffen mit Mutter und Schwester im trau » lichen Erterstübchen; das war aber auch Alles· Von Vergnügen keine Rede. - Das Erste, was sie sich von ihrem selbst verdienten Gelde kaufte — sie gab Mu sitstunden —- war denn auch ein Gesell ; schastgtleid, ganz einfach, nur weiße H Waschseide. Oben arn Halsausfchnitt, i und im lose gehaltenen Blondhaar ein i duftender Veilchentuff. So ging sie I zur Soirfse bei Koinmerzienrath Weid ner in der Lennästraßh in dessen Hause l sie Musikstunden gab. I Und dort war’s, daß der Bankier Beermann sie sah. Nur einige Worte 1 wechselte er mit ihr. Und dabei be ! rauschte er sich an dem Zauber ihrer Ithausrischery tnospendem Mschuldigen ; Schönheit. l Am anderen Tage hielt ein eleganter Landauer in der stillen Straße, wo Frau Winter mit ihren beiden Töchtern in bescheidener Zurückgezogenheit lebte. « Der Bankier Ernst Beermann standals . Werber vor Else. Und ne sagte ,,Ja". Masch, ohne Zau dern, ohne lange Ueberlegung. Ohne Gedanken an ein paar braune, lustige, ute Augen« die bis jetzt ihr Himmel, hre Zukunft gewesen waren. Jetzt Iarn ja das Glück! Sie seufzt. Wie ganz anders hat sich ihre Ehe gestaltet, als sie sich dieselbe ausgemalt! Sie liebt ihren Gatten nicht, hat ihn nie geliebt. Und deshalb leidet sie so sehr unter den Eigenheiten des schon alternden Mannes. Sie hat sogar schon an Scheidung gedacht. Aber was soll dann aus ihr werden? Der große Luxus, die sie unr gebende Pracht sind ihr schon gleich giltig aus tiefster Seele· Aber man gewöhnt sich daran und giebt nichts gern her von dem, was man einmal sein eigen genannt. Der Wagen hält. Sie steigt aus, nimmt den Kranz und befiehlt deni Kutscher zu warten. Dann geht sie langsam denJJauptweg entlang. Nach ein paar Reihen rechts hinein. Ah, da ist es ja. Ach ja, es sieht doch schön aus, das Monument. Wie hebt sich das schwarze Marmortreuz mit der goldenen Inschrift so wirtungsvoll von den wehenden Herbsischleiern ringsum ab, wie bunt und frisch breitet sich der Blumenteppich zu seinen Füßen ! Kaum findet sich ein geeignetes Plätz chen fiikihren Kranz. ,,Else !« Sie schaut sich um. Hinter ihr steht Schwester Anna und neben ihr ein jun . ger Mann mit ein paar braunen. lusti- « gen, guten Augen. . Franz Wallner, der Freund aus der Kinderzeii. Er hat den Arm um An nas Schultern gelegt. »Du Else,« sagt diese, und helles Noth steigt ihr in die blassen Wangen, »wir haben uns verlobt, wir Beide !« Und sie drückt die Hand des Gefährten. »Was-In. Jetzt ?« »Vorhin. Hier, an Mamas Grab. Wgr trafen zufällig hier zusammen un —« ,,»zwer Immer, das ist doch yier nicht der geeignete Ort dazu.« »Doch, gerade. Warum nicht ? Mir war’·g, als ständen wir vor der guten Mutter und schlössen den Bund vor ihren Augen, und sie legte selbst unsere Hände ineinander.« Franz zieht das blonde Köpfchen an seine Brust. »Sie war immer so einsam und so traurig, seitdem die gute Mama gestor ben, sonst hätte ich ja auch noch gedul dig ein Weilchen gewartets.« »Aber Anna, warum bist Du denn nicht zu mir gekommen ?« »Ach, Eise, nimm mirs nicht übel. tätige bei Euch ist immer so viel Be u .« Eise zuckt die Achseln. Dann deutet sie aus das Grab. »Gesällt es Euch ?« »Ach ja, wunderschön. Aber, das hättest Du nicht zu thun brauchen, wirklich nicht. Maina wäre auch mit · Einsacherem zufrieden gewesen. Eine H schlichte, grüne Epheudecke, ein kleiner z weißer Stein —« ’ »Ach Gott, es kommt ja gar nicht da raus an, was es kostet. Es sollte eben schön sein.« »Ja aber, Else, wenn Du das so kannst, warum hast Du denn der Ma ma so gar nichts geboten,.ais —- als-sie noch lebte ?« »Marna.? Aber die- hatte- doch alles ?« ,,Friiher, ja. Aber hast Du denn « vergej en -—- Papas Wechselscbuld, die uns damals so viel Sorge machte? z Du hattest Dich gerade verlobt l« »Ach ——— um Gotteswillen, Anna, ich j habe daran wirklich nicht msbr aedacht2 ! Und die mußte bezahlt werden ?« »Freilich -— von Mamas Pension l'· Eine helle Glut-; röthei Ecjens Ge- J sicht. »Warum habt Jhr mir davon nie etwas gesagt. ’« »Na, Du hast’ s doch gewußt-; und i betteln wollte ich cruch nicht. Wer » weiß, wie es Dein Mann aufgefaßt ljät- 7 te. Mama hatte« ja auch alles, was sie E brauchte. Jch sorgte ja so gern siir fiel« Else senkt den Kopf. Ihr fällt der Spruch ein, den sie einst itn der Schule gelernt : »Warum räucherst Du Deinem Todten? « Hätt st Du s ihm doch ine Leben gebo- ; Ja, wer Eure Verehrung nicht kennte: Euch, nicht ihm baut Jhr Monumente!« Eine Pause entsteht. »Und Jhr ? Wann wollt Jhr denn heirathen ?« »Na, so Gott will, im nächsten Som mer. Bis dahin haben wir uns beide was ges part, und dann machen wir eine kleine Privatschule auf Anna macht inzwischen das Vorsteherinnen- Exa men und ich schreibe mein neues Werk fertig. Wir werden uns schon einrich ten, wir haben uns ja so lieb. Nicht Annchen ?« »Wir haben uns ja so lieb! Oh Mut ter, welches Deiner Kinder ist das glückliche ?« Es fängt an zu dunkeln. Else zieht erschreckt die kleine schwarze Stahluhr. »Ich muß fort ! Um sechs ist Diner; mein Mann hat ein paar Freunde bei sich !« »Heute ?« »Ach, der läßt sich nicht dreinreden. Es ist auch nur ganz einfach. Fahrt Jhr mit herein ?« f »Nein, danke. Wir bleiben noch ein l bischen« Still geht Else dem Ausgange zu. Franz und Anna treten nochmals vor das Grab der Mutter. Fest schlie ßen sie die Hände in einander zum ge meinsamen Abschiedsgebet. Letztes Gliiktigleuüliesu Novelle von Elsbeth Meyer-· Foersier. Jch bin zum Grunewald hinausge sahren und da pas sirte mir etwas Selt sames: Jn das Coup6, das voll von allererstem Frühlingsgeruch, stieg ur plö lich der Herbst ein. as war so : Die Thür ging aus —- Station Schwarzendorf war’s — und ein Herr und eine Dame erschienen auf dem Trittbrett. Erregt und jugendlich stieg sie ein, aber sie war nicht mehr zu jugendlich. Um die Augen war es welk, Sprünge und Risse wie bei altem Marmor; die zierlich gebranntenStirns locken unter dem sehr chiken, tapriziösen Wagnerbarett aus veilchenblauem Sammet verdeckten nicht ganz die Linien in der Stirn. Nur ihre Ge « stalt war noch sein und schlank, und etwas Lichtes lag in ihrem Wesen. Der Herr folgte ihr langsamer. ,,Herrgott!« rief die Dame aus, noch mit einem Fuß aus dem Trittbrett, mit dem anderen im Couch »was liegt denn da auf dem Läufert Das ist ja ein gan er Groschen! Den soll ein Ar mer ha en.« Sie bückte sich und hob ihn auf. Der Herr war inzwischen gleichfalls einge stiegen, hatte die Couchthiir hinter sich zugezogen und beaugenscheinigte gut müthig nun gleichfalls ihren Fund. »Wahrhaftig,« sagte er, »Du findest aber auch immer etwas. Man braucht . mit Dir nur drei Schritt weit zu geh’n, gleich machst Du einen Fund.« i ,,So?« sagte sie munter und sah ihn » an. »Nun, was habe ich denn da schon alles an Deiner Seite aesunden CI Sags J« Er blickte kurz, aber mit einem un beschreiblichen Ausdruck in ihr Gesicht. »An meiner Seite? — Doch Dein Herz.« —————————— Diese Worte machten mich aufmerk sam. Sie waren leichthin gesprochen, —- gleichfam, als wären sie bestimmt, zum offenen Coupesfenster hinauszu fliegen. Sie klangen, oder sollten klin gen, wie eine Art Reisegefpräch. Man hörte die Mühe heraus, sie oberflächlich und gesellschaftlich glatt zu machen. Darum trafen sie mich doppelt. Beide, Herr wie Dame, schauten nach dem kurzen Gepliinkel prüfend zu mir hin. »Sie ist uns ftoclfremd,« sagte ihr rascher, tastender Blick. — »Fremd wie die Telegraphendrähte vor den Fen ftern.« »Du bist so gut!« sagte die Dante, indem sie flüchtig seine Hand ergriff. Er litt nicht, daß sie sie behielt. Ein wenig hastig, mit einer zärtlichen, nor vöfen Bewegung hob er er dieselbe em por, als müsse er nothwendig nach sei nem Schlapphut greifen und den in-. Wagennetz unterbringen. Dabei fchuui te er wieder prüfend nach mir hinüber. Sie saßen nunmehr still; und ich blickte von der Seite nach ihnen hin. Der Herr war leicht ergraut, wohl hoch in den Fünfzigern. Er hatte ein gutes, rothes, etwas verschwoininenes Gesicht, seit einer prächtig modellietes Adlernase. Er schien Jngenieur ode Axchitett, oder auch Kaufmann des oberen Kreise neit einem schsi as künftierischen Anflug in Miene isid Kleidung, Seme nnphlgeyflecP ern Hände, mit dem mittelgroßen Brillanq ten. am Goidfinger der Linken, waren die: Hände eines Bourgeoisz der große. seidenweiche Schlapphut die Atti-ra tesse und der gute Schnitt feiner Wä-. fche gaben ihm aber etwas Freie-, Frisches. Für den« Augenblick schwiegen sie alle beide. Man hörte nichts im Kon pese als das Surren der Eisenbahn räder,, den monotonen, steigendem schnu«rrenden Lärm. Von der Fichten schonung zu Seiten des Bahndammes kam durch die offenen Fenster Ozons gern-ch, mischte sich in« die Aus dünstung der Wagenpolster. Man sah das weite, noch märzlich brache Ber liner Vorftadtland in unendlicher Ausdehnung vor sich liegen; diese Aeckerchen und Aecker, noch ungepfliigt, und dazwischen Staletlauben und Miethstasernen, in’g freie Feld ge pflanzt, mit riesigen Reklamebildern beklebt, wie kolossale, hochaufgerichtete Schautästen. Eine trostlose Gegend, wie übernächtig -—— stumpfsinnig und seelenlos, —- aber von einem dünnen Frühlingsduft überzitteri, einem zar ten bläulichen Hauch, der tief zu Her-. zen ging. Das Paar blickte starr in die Land schaft hinaus. Plötzlich sagte der Herr, mit leiser, vorsichtiger Stimme: »Warst Du auch vorsichtig genugtt wird er nichts merken?« Und die Dame entgegnete ebenso leise und rasch, und gleichsam ausdruckslos: »Ich bin auf einen Tag zve meiner Schwester gereist. —- Wie sann et merken?« -.- - -· « - »- kI Wieoer schwiegen sie uno sahen sau mir hin. Aber ich blickte- angestrengt zum Fenster hinaus. Nun wußte ich Alles-. Spätsommerglutb. Der Herbst war da mit seinen rothen Blättern, seinen gedrängten, früh umdämmerten Aben den. Jch fühlte ihn im Coupee, ich las ihn nun ab von den beiden Gesichtern, ich hörte ihn wehen durch jedes Wort, das sie nun do chsprachen. Vielleicht Jugendgeliebtei Vielleicht Spötgesum dene! Sie haben nichts mit einandr zu schaffen, er hat sein Weil-, sie ihren Mann, — und sie thun sich zusammen zu einer stillen, seligen - Jchzk Nur UUM Tag lang — dann ist es vorbei, — Und jedes kehrt wieder heim. Ein einziger Tag und ihre Herbst gesichter, vom Leben müde, angeweltt von der großen Resignation, verloren die Falten und Linien. Jch sah nicht mehr den rüstigen, freundlichen Fünf ziger, nicht mehr das dankbare, ver blühte Weib; ich sah sie jung, unter den Küssen, deren armseligen Widerhauch , sie an diesem einzigen Tage kosten wür den, erschauern und erstarken Ich· hörte ihre Frühlings-Liebesworte, — und das scheus, vorsichtige und ängst liche Geplänkel von vorhin verlor sei nen Sinn. —————— «—·— — Sie stiegen aus. »Geh voran«, sagte der Herr. Und wie lange vorher ver abredet. verließen sie einander während des Ganges über den menschenbelebten Perron, —- der eine rasch, der andere langsam zuschreitend, als hätten sie nichts in der Welt mit einander zu »thun. ’ Nur leise, mit furchtsanier Wen dung schaute sie einmal erlünstelt gleichgiltig zurück; und er nickte un merklich mit dem Kopf, ,,sei ruhig, i bin da,« —— mit derselben, äußerliä gleichgiltigen Miene wie sie. Aber im Gedränge, am Billetschalter, wo Her ren ihr unter den Hut zu sehen suchten, hielt er sich dicht hinter ihr, und wie unwillkürlich streifte er mit seinerHand beschützend die ihre So gingen sie die Treppe zum Fern ortverkehr hinab. Die Dame immer ein großes Stück voraus. Aus ihrem Wagnerbarett die silberne Agraffe schillerte, ihre Röcke rauschten und ra schelten frou-srou. Und auch aus die sem Rascheln und Rauschen tönte das Wort: Herbst! Rothe, wirbelnde Blät ter! mir m oem ounrem Lunneh oer m den Fernbahnhof führt, vereinten sie sich wieder. Etwas athemlos, wie nach überstandenen Gefahren. Und ihre Angst und Noth erbarmte mich. Welch’ eine Welt, die toellende Men schen stehlen heißt! « Die sie mit ihrem Rest Lebensseuer in die Verborgenheit treibt, gleich Ver brechern! Zwei Menschen so voll Güte zu ein ander, daß das Geringste, was sie spre chen miteinander, ein Wort der ewigen Treue wird! Und ich mußte ihnen nachgehen und sehen, wie sie langsam die Treppe zum Billetschalter hinaufschritten. Ein Herr im sogenannten ,,besten Alter« —- das er nie gehabt hat. Und eine jugendlich geschnittene bit terarme Frau. Jedes sür sich ——— —- —- —— —- — — syco Natnral -Leistung. Zahnarzt: »Und so bitte icb denn um die Hand Jhrer Tochter Eninia.« Vater der Braut: »Ju, eine große Mitgift kann ich meiner Tochter nicht geben, jedoch bringt sie Jhnen eine sehr große Verwandtschaft mit schlechten Zähnen in Jhre Praxis!«